HochleistungsEthernet ABB erweitert ihr Angebot an Ethernet-kompatiblen Geräten Kai Hansen Industrielle Leit- und Steuerungssysteme enthalten eine Vielzahl von eingebetteten Geräten (Sensoren, Aktuatoren, Controller usw.) sowie eine Reihe von Computern, die zusammen ein physikalisches System steuern. Solche Systeme sind in der Lage, die verschiedensten Anlagen von Prozessanlagen über Systeme zur Stromerzeugung und -verteilung bis hin zu Automobilfabriken und Klimaanlagen in Einkaufszentren zu steuern. ABB bietet neben Steuerungssystemen eine große Auswahl an eingebetteten Geräten für derartige Anwendungen. Während für manche Anwendungen nur relativ einfache Steuerungen auf der Basis einzelner, für sich arbeitender Komponenten erforderlich sind, wünschen sich immer mehr Kunden Geräte, die in der Lage sind, miteinander zu kommunizieren, Informationen auszutauschen und dem Bediener bei Bedarf aktuelle Daten und Statusinformationen bereitzustellen. Die Geräte von ABB zeichnen sich nicht nur durch ihre Benutzerfreundlichkeit und Zuverlässigkeit, sondern auch durch hervorragende Kommunikationslösungen aus. So können Kunden die Geräte wählen, die auf die Anforderungen ihrer Systeme zugeschnitten sind, und sich einer hohen Qualität und effizienten Kommunikation sicher sein. Da sich auf dem Markt ein verstärkter Einsatz von Ethernet zur Deckung der Kommunikationsanforderungen abzeichnet, hat ABB ihr Angebot an Ethernet-kompatiblen Geräten erweitert. D er Trend zum Einsatz von Ethernet in Industrieanlagen ist zum Teil auf das gute Preis-/Leistungsverhältnis und die Unterstützung von Lichtwellenleitern, elektrischen Kabeln und drahtloser Technologie in einem einzigen System zurückzuführen. Ein weiteres Argument ist, dass die unter Ethernet verwendeten TCP/IP-Technologien (transmission control protocol/internet protocol) eine Netzwerkstruktur ermögABB Technik 2/2006 lichen, die sich auf einheitliche Weise verwalten lässt. Dadurch wird die Implementierung und Wartung der Infrastruktur rationalisiert, was wiederum Einsparungen bei Schulungen und Ersatzteilen ermöglicht. Die Kommunikationsanforderungen im Bürobereich unterscheiden sich von denen in der Industrie ebenso wie verschiedene Industrieanwendungen unterschiedliche Anforderungen an eingebet- tete Geräte stellen. Eine typische Anforderung in der Industrie ist das Echtzeitverhalten von Regelungen. Ist eine Kommunikationslösung an einem Regelkreis beteiligt, ist die Reaktionszeit entscheidend. Dabei wird die akzeptable Verzögerung von den physikalischen bzw. chemischen Gesetzen vorgegeben, die den geregelten Prozesses bestimmen. So kann die zulässige Verzögerung bei der Regelung von Hochspannungs-Wechsel43 Hochleistungs-Ethernet Technologien mit eingebetteten Systemen strömen zum Beispiel einige Millisekunden und bei der mechanischen Bewegungssteuerung weniger als eine Millisekunde betragen. Bei chemischen Reaktionen, die in der Regel wesentlich langsamer ablaufen, kann dagegen eine Aktuator-Ansprechzeit von einer Sekunde ausreichend sein. Trotzdem müssen die Toleranzen strikt eingehalten werden, denn sobald eine chemische Reaktion eingesetzt hat, lässt sie sich schlecht aufhalten. Kommunikationslösungen müssen in der Lage sein, diese Anforderungen zu erfüllen, entweder in Form einer einzelnen Lösung oder durch Kombination mehrerer Technologien. Durchsatz und Zuverlässigkeit Weitere entscheidende Faktoren bei der Wahl einer Kommunikationslösung sind der Durchsatz und die Zuverlässigkeit. Auch hier ergeben sich aus unterschiedlichen Anwendungen unterschiedliche Anforderungen. Hohe Ansprüche an den Durchsatz können sich negativ auf die Echtzeitfähigkeiten eines Systems auswirken, da bei hoher Belastung eine Reaktion in Echtzeit behindert werden kann. Das physikalische Element bestimmt die grundlegenden Möglichkeiten bei der Auslegung einer Kommunikationslösung. Der Einsatz von Ethernet auf Kupferkabeln und Lichtwellenleitern ergibt ein äußerst effizientes System mit geringem Rauschen und daraus resultierenden Verlusten. Die drahtlose Kommunikation ist dagegen weniger zuverlässig, da eine erhebliche Anzahl von Datenpaketen verloren gehen kann. Zwar sorgt die Protokollsoftware dafür, dass verlorene Pakete erneut gesendet werden, doch dadurch wird der Durchsatz gesenkt und der Echtzeitbetrieb behindert. Sind andererseits Kabel oder Lichtwellenleiter stark beschädigt, gelingt es auch der ausgefeiltesten Software nicht, die Nachricht zu übertragen. Dieses Problem lässt sich nur durch physikalische Redundanz in den Kommunikationsschnittstellen in Form eines zweiten oder dritten Kabels bzw. Lichtwellenleiters lösen. Dies kann allerdings zu einer komplizierteren Benutzerschnittstelle führen. In den letzten Jahren wurden im Automatisierungsbereich üblicherweise Feldbusse zum Anschluss von Prozessgeräten und Ethernet zum Anschluss von Terminals, Servern und Controllern verwendet. Nun geht der Einsatz von Ethernet zunehmend über Controller hinaus 44 und immer weiter in den Feldbereich hinein, was wiederum mit höheren Anforderungen hinsichtlich der Echtzeitfähigkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit verbunden ist. Dies erfordert gute Ethernet-kompatible eingebettete Lösungen und standardisierte Protokolle für die Datenübertragung über Ethernet. Zurzeit werden mehrere Protokolle verwendet, von denen FF HSE, PROFINET, EtherNet/IP, Modbus TCP und einige speziell für die Bewegungssteuerung ausgelegte Lösungen am vielversprechendsten sind. Während die theoretische Durchsatzgrenze bei der Verwendung von Ethernet mit Kabeln und Lichtwellenleitern für die meisten Automatisierungsanwendungen kein ernsthaftes Problem darstellt, kann die Leistungsfähigkeit der zentralen Recheneinheit (CPU) eingebetteter Geräte hingegen zum Engpass für den Kommunikationsfluss über das Netzwerk werden. Die effiziente Implementierung des Kommunikationsstacks in einem eingebetteten Gerät ist allein entscheidend für den Durchsatz. Wird der Durchsatz von der mangelnden Fähigkeit des Prozessors zum Parsen eines Protokolls beschränkt, kann es sein, dass die Aufrüstung einer sehr kleinen CPU in einem Gerät nahe der Feldebene von 10 Mbit/s Ethernet auf 1 Gbit/s Ethernet keine Steigerung des Durchsatzes bewirkt. Eine Bandbreite von 10 Mbit/s ist für so ein Gerät meist ausreichend. Um die erforderliche Effizienz beim Abarbeiten des Stacks zu erreichen, müssen einige der üblicherweise mit Ethernet-Büroanwendungen verwendeten Standardprotokolle modifiziert oder mit anderen Protokollen kombiniert werden. Ein Vergleich der gemessenen Verzögerung bei der Kommunikation über UDP/IP mit dem Betriebssystemen Windows XP auf einem 2,5-GHz-Pentium-Prozessor 1 zeigt, dass selbst bei einem so schnellen Prozessor die meiste Zeit für die Verarbeitung der Nachricht im Prozessor benötigt wird. Mit einem 1-Gbit/s-Ethernet ist die Netzwerkverzögerung allerdings sehr kurz. suchen, gleichzeitig (bzw. nahezu gleichzeitig) Daten zu senden. Nach einer quasi zufälligen Wartezeit versuchen beide Geräte erneut, die Daten zu senden. Treten mehrere solcher Kollisionen nacheinander auf, kommt es zu einer erheblichen Verzögerung, die sich nur schwer vorhersagen lässt. Neue Ethernet-Systeme basieren dagegen auf einer Vollduplex-Switch-Technologie, bei der solche Kollisionen ausgeschlossen sind. Jedes Gerät verfügt über eine eigene physikalische Leitung zu einem Switch, der alle Datenpakete kurzzeitig speichert und weiterleitet. Falls der Anschluss zum nächsten Switch oder Gerät gerade belegt ist, wird das Paket in eine Warteschlange gestellt und gesendet, sobald der Anschluss wieder frei ist. Dies ermöglicht ein Echtzeitverhalten, das für die meisten industriellen Anwendungen ausreicht. Für anspruchsvollere Anwendungen wie die Bewegungssteuerung können die unteren Echtzeitanforderungen Echtzeitanforderungen sind besonders für «altmodische» Ethernet-Systeme auf der Basis von Koaxialkabeln oder Hubs problematisch. Diese Systeme verfügen über eine Kollisionserkennung, die dafür sorgt, dass beide Datenpakete verloren gehen, wenn zwei Geräte verABB Technik 2/2006 Hochleistungs-Ethernet Technologien mit eingebetteten Systemen Ebenen des Ethernet-Protoordneten prozessspezifischen 1 Vergleich der gemessenen Verzögerungszeit für die Kommunikation kolls mithilfe der PROFINET Schicht sein 3 , die das Komüber UDP/IP mit den Betriebssystemen Windows XP und Linux auf IRT, EtherCAT, Ethernet POmunikationsprotokoll um eine einem 2,5-GHz-Pentium-Prozessor [1]. neue Schicht erweitert. Diese WERLINK und SERCOS III Stack traversal Network delay (theoretical minimum) «Sicherheitsschicht» folgt den Technologien so verändert Interrupt related latencies Regeln der sichereitsgerichteten werden, dass ein hochgradig deterministisches ZeitschlitzSoftware-Entwicklung und ist in der Lage, alle relevanten system zur Verfügung steht. 125 μs Windows XP 100 Mbps Fehler zu erkennen, die im Alternativ können die stren106 μs Windows XP 1 Gbps gen Echtzeitanforderungen für grauen Kanal auftreten. Bei 0 25 50 75 100 125 die Bewegungssteuerung auch PROFINET ist dies die PROFIμs safe-Schicht, und bei EtherNet/ durch eine Synchronisierung IP die CIP-Sicherheitsschicht. der lokalen Uhren realisiert sowie für mechanisierte Industrieanlawerden 2 . Dies ist mit normalen EtherImplementierung net-Paketen möglich, doch die Umsetgen sind üblicherweise die Stufen SIL 2 Während für manche Produkte eine zung ist mit einigen Herausforderungen und SIL 3 erforderlich. standardmäßige Ethernet-Platine ausverbunden. Ein Knoten wird als «ZeitDie Sicherheit von Ethernet-Systemen reicht, ist Ethernet bei ABB-Geräten normaster» definiert und liefert Zeitinformakann ebenfalls zertifiziert werden. Da malerweise in einer speziell konzipiertionen an alle anderen Knoten, anhand eine Anwendung der Sicherheitsnorm ten Hardware integriert. Dazu stehen derer die lokalen Uhren synchronisiert IEC 61508 auf alle Software- und HardEthernet-kompatible Prozessoren, die für werden. Die vorherrschenden Standards warekomponenten eines Ethernet-Sysden Betrieb bei bestimmten Temperatuzur Synchronisierung sind NTP (Nettems nicht praktikabel ist, basiert die ren oder unter besonderen Bedingungen work Time Protocol), SNTP (Simple NetSicherheitszertifizierung auf so genannerforderlich sein können, von einer work Time Protocol) und PTP (Precise ten „grauen“ Kanälen. Dies kann zum Reihe von Anbietern zur Verfügung. Time Protocol, IEEE 1588). Diese StanBeispiel TCP/IP mit einer darüber angeDies sind z. B. PowerPCs von Motorola dards werden von vielen ABB-Produkoder IBM, ColdFire-Prozessoren oder ten unterstützt. So unterstützt der indus2 Die strengen Echtzeitanforderungen bei der ARM-basierte Chips. Die Wahl des Protrielle PLS-Controller AC800M zum BeiBewegungssteuerung können durch Synchrozessors ist abhängig von den funktionaspiel SNTP, und der PicMaster Roboter nisierung der lokalen Uhren erfüllt werden. len Anforderungen, wobei viele Varianunterstützt IEEE 1588. Die Hauptursache ten mit unterschiedlicher Kommunikatifür Ungenauigkeiten bei der SynchroniController onsunterstützung erhältlich sind. Mittlersierung sind Zeitschwankungen (Jitter) Empfängt Sensorwerte mit weile gibt es auch spezielle Chips, die bei der Ausführung der Software, die lokalen Zeitstempeln die verschiedenen Ethernet-Varianten für die Ethernet-Telegramme beim Entreffen die Bewegungssteuerung unterstützen. an einem Knoten mit einem Zeitstempel Ethernet Dies sind entweder ASICs (üblicherweiversieht. Deshalb ist es wichtig, dass die Sensor 1 Sensor 2 se mit einer eingebauten ARM-CPU) Zeitmarkierung so schnell wie möglich oder FPGAs, die die Ethernet-Protokolle ausgeführt wird. Sie sollte innerhalb der auf den unteren Ebenen realisieren. ersten Interrupt-Routine für Ethernet Lokale Uhr Lokale Uhr oder sogar noch früher stattfinden, d. h. SensorSensorDie Zukunft in der Hardware, bevor das Betriebssyselement element Die verstärkte Nutzung von Ethernet ist tem der eingebetteten CPU die Verarbeiein wichtiger Trend auf dem industrieltung der Nachricht übernimmt. Durch len Markt. Zwar gibt es bereits eine eine gute Implementierung der Software Reihe von ABB-Produkten, die Ethernet können hierbei einige Mikrosekunden 3 Schichten eines typischen Kommunikationsunterstützen, doch angesichts der wachgewonnen werden, während eine geeigprotokolls senden Bedeutung von Ethernet wird nete Hardwarelösung die Genauigkeit ABB in Zukunft weitere eingebettete bis auf 100 Nanosekunden senken kann. Safety Safety Geräte entwickeln, um dieses Hochleisapplication application Sicherheit tungs-Kommunikationssystem zu unterStellt das gesteuerte System eine Gefahr stützen. Safety layer Safety layer für den Menschen oder die Umwelt dar, Process Process verlangt der Gesetzgeber einen Nachlayer layer Kai Hansen weis über ausreichende Sicherheits- und TCP layer TCP layer ABB AS Notfalleinrichtungen. Diese SicherheitsGray IP layer IP layer channel Billingstad, Norwegen systeme müssen internationalen StanPhysical Physical [email protected] dards wie der IEC 61508 entsprechen, layer layer die auf Sicherheitsintegritätsstufen, den Literaturhinweis: so genannten SIL-Kategorien (safety [1] G. Prytz, S. Johannessen: «Real-time PerforEthernet cable/fiber integrity level) basiert. Für chemische, mance Measurements using UDP on Windows and Linux», ETFA 2005. petrochemische und Offshore-Anlagen ABB Technik 2/2006 45