Gestationsdiabetes: Ernährungs- und Diabetesberatung Referat im Rahmen der Weltstillwoche, 21. September 2017 Andrea Buchwalder, HöFa l, Diabetesberaterin Dominique Scherrer, BSc BFH, Ernährungsberaterin SVDE Gabriela Bachmann, BSc, Ernährungsberaterin SVDE Ernährungs- und Diabetesberatung Kantonsspital Frauenfeld Ernährungs- und Diabetesberatung [email protected] / [email protected] 052 723 79 81 / 052 723 78 07 Scherrer Dominique Breitenmoser Sara Buchwalder Andrea Schwager Sibylle Beyer Barbara Morf Mirjam Bachmann Gabriela Llukes-Kengji Marija Inhalt • Screening mit oGTT • Diabetesberatung (DB) • Ernährungsberatung (ERB) • Fallbeispiele Screening mit 75g oGTT • Alle Schwangeren zwischen 24. – 28. SSW • Als GDM wird das Erreichen oder Überschreiten von mindestens einem der drei Grenzwerte im venösen Plasma gewertet: Zeitpunkt Empfehlung in der Schweiz Nüchtern Nach 1 Stunde Nach 2 Stunden ≥ 5.1 mmol/l ≥ 10.0 mmol/l ≥ 8.5 mmol/l Quelle: DDG, DGGG-AG (2017) S3-Leitlinie GDM Prof. Dr. med. R. Lehmann, Diabetologie Universitätsspital Zürich GDM-Diagnostik nach Bariatrie • Die Diagnostik über ein oGTT ist nicht empfehlenswert (Gefahr falsch positiver Test, Dumping-Syndrom) • Diagnostik soll über Blutzuckertagesprofile mit nüchtern und 1 Stunden postprandialen Werten erfolgen (unter normalen, individuellen Ernährungsbedingungen) Quelle: DDG, DGGG-AG (2017) S3-Leitlinie GDM Übersicht Ablauf DB/ERB nach ärztlicher Anmeldung 1. Termin Diabetesberatung (DB) Instruktion Blutzuckerselbstmessungen, Info zu GDM, Empfehlung: keine Süssgetränke/Säfte 1 Woche nach DB: 1. Termin Ernährungsberatung (ERB) Interpretation Blutzuckermessungen, Rücksprache mit DB, Ernährungsoptimierungen Kontrolltermine bei DB/ERB Je nach Schwerpunkt bei DB oder ERB Abschlusstermin DB Info zum Verhalten nach Geburt, Prävention, Abschlussbericht an Arzt Arzt Screening mit 75g-oGTT 6-12 Wochen nach Geburt Anmeldung Diabetes- und Ernährungsberatung • • • Telefonischer Kontakt mit Diabetesberatung Erste Fragen/Sorgen Termin Schwangerschaft Hormoneller Ausnahmezustand « sich freuen » Diagnose GDM Diagnose betrifft sich selbst und das Kind Akzeptanz der Diagnose ist schwierig, hohe Hürde Verunsicherung und Ängste Inhalt Diabetesberatung • • • • Anamnese Aufklärung GDM BZ-Selbstmessung 4 Punkte-Messung: nüchtern und je 1 Stunde (2 Stunden) nach den Hauptmahlzeiten • Dokumentation im Tagebuch • Zielwerte: nü ≤ 5,3 mmol/l, 1 Std pp: ≤ 8,0 mmol/l, (2 Std pp: ≤ 7,0 mmol/l) Blutzuckerzielwerte während der Schwangerschaft Zeit Nüchtern Zielwert kapillares Plasma ≤ 5.3 mmol/l 1 Stunde postprandial 2 Stunden postprandial ≤ 8.0 mmol/l ≤ 7.0 mmol/l Zielwerte gut merkbar, da Patienten-Blutzuckergeräte ungenau (+/-15%) Quelle: Schweizerische Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie, 2009 Blutzuckerselbstmessung • • • • • Ängste/Umstellung Selbstverletzung Zeitaufwand Arbeitssituation Sprache/Verständnis Hilfsmittel Broschüren bei Schweizerischer Diabetesgesellschaft in mehreren Sprachen erhältlich Quelle: Schweizerische Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie, 2009 Ziele der Ernährungsberatung • Blutzuckerwerte im Zielbereich • Angemessene Gewichtszunahme von Mutter und Kind unter einer bedarfsdeckenden Ernährung • Diabetes mellitus Typ 2-Prävention – Lifestylemodifikation Quelle: DDG, DGGG-AG (2017) S3-Leitlinie GDM Inhalt Ernährungsberatung • Anamnese – Sozial, Medizinisch, Ernährung, Bewegung, Antropometrie – Vorwissen und Erwartungen/Ängste • Fachinput und Interventionen – Kohlenhydratlehre, Mahlzeitenzusammensetzung und Verteilung, Zwischenmahlzeiten – Gewichtsverlauf und Bewegung – Umsetzung Ernährungs- und Bewegungsempfehlungen – Ziel: Handlungskompetenz bei Blutzuckerwerten über Zielbereich Fallbeispiel «Der Test ist falsch» «Ich esse nun kein Brot mehr» Blutzuckerwerte Empfohlene Gewichtszunahme in Schwangerschaft Untergewicht Normalgewicht Übergewicht Adipositas BMI vor der Schwangerschaft Empfohlene Zunahme in kg < 18.5 kg/m2 18.5 – 24.9 kg/m2 25.0 – 29.9 kg/m2 > 30.0 kg/m2 12.5-18 11.5-16 7-11.5 5–9 Quelle: Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen - BLV 09/2015, Ernährung rund um Schwangerschaft und Stillzeit, Broschüre Essen für Zwei? • Nein, nicht doppelt so viel, dafür qualitativ doppelt so gut • Erhöhter Bedarf eventuell mit Zwischenmahlzeiten decken, z.B.: • 1 Joghurt nature / Quark mit frischer Frucht • 1 kleine Handvoll Nüsse • kleines Stück Vollkornbrot mit 1 Stück Käse Optimale Mahlzeitenverteilung Gemüse Frühstück Müsli mit Haferflocken, Naturejoghurt, Mandeln, Obst Naturejoghurt mit Obst Mittagessen Bratkartoffeln Spiegeleier gemischter Salat Guetzli 1 Glas Milch Abendessen Teigwarensalat mit Gemüse, Ei und Käse Zwischenmahlzeiten bei Bedarf 2. Beratung «Der Test ist falsch» «Ich esse nun kein Brot mehr» Interventionen • • • • • • Bestärken Bedarfsdeckende Ernährung in der Schwangerschaft Normale Gewichtsentwicklung Keine unnötigen Einschränkungen Postnatale Gewichtsreduktion Interdisziplinäre Zusammenarbeit Präventionsprojekt • 2 Beratungen finanziert über „Thurgau bewegt“ • Ernährung in der Schwangerschaft und/oder Stillzeit • Ziel: gesundes Körpergewicht für Frau und Kind Quelle: Perspektive Thurgau „Thurgau bewegt“; www.thurgau-bewegt.ch, www.essen-tg.ch, www.buggyfit-tg.ch Fallbeispiel 1. Schwangerschaft, mache mir Sorgen Fühle mich bei der Arbeit sehr gestresst Gewichtszunahme von 15 kg bis jetzt. Ausgangsgewicht 58 kg (BMI: 18.9 kg/m2) Trinke nur noch Wasser 75g oGTT in der 24. SSW Nü: 4.9 mmol/l 1 Std pp: 11.1 mmol/l 2 Std pp: - Blutzuckerwerte Interventionen • Bestärkung • Kohlenhydratlehre • Optimierung Mahlzeitenzusammensetzung • Blutzuckerselbstmessungen Kohlenhydratlehre Ausgewogene Mahlzeitenzusammensetzung Proteinkomponente Stärkekomponente Gemüse/Salat Optimale Mahlzeitenzusammensetzung Ausgewogen Ausgewogen 30g Kohlenhydrate 30g Kohlenhydrate Blutzuckerwerte Mahlzeitenzusammensetzung Unausgewogen Ausgewogen 70g Kohlenhydrate 40g Kohlenhydrate Blutzuckerwerte Ernährungsempfehlungen • • • • • Kohlenhydratfreie Getränke Regelmässige Mahlzeiten Ausgewogene Mahlzeitenzusammensetzung Süssigkeiten/ Snacks massvoll Regelmässige Bewegung Insulintherapie 25% der Frauen mit Gestationsdiabetes brauchen Insulin, wenn: • Blutzuckerziele nicht erreicht • Exzessives Wachstum Foetus • • Verordnung durch den Diabetologen Basalinsulin/Mahlzeiteninsulin Quelle: DDG, DGGG-AG (2017) S3-Leitlinie GDM Insulininjektion • • • • • • Schlechtes Image Ängste Nadelphobie Spritzstellen Zeitaufwand Allergie Trotzdem gute Therapieerfolge Frauen sind in der Mehrheit compliant take home message • Screening mit 75g oGTT • Anmeldung Diabetes- und Ernährungsberatung • Empfehlungen werden individuell nach Blutzuckerwerten / Gewichtsverlauf / Wohlbefinden gemacht • Es soll zu keinen unnötigen Ernährungseinschränkungen kommen! • Prävention Diabetes mellitus Typ 2 und Übergewicht Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Quellen • Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG) und Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) (2017). S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge, AWMF-Registernr: 057-008 • Schweizerische Diabetes-Gesellschaft (SDG): https://www.diabetesschweiz.ch/diabetes/schwangerschaftsdiabetes/ • Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen - BLV 09/2015, Ernährung rund um Schwangerschaft und Stillzeit, Broschüre • Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE): http://www.sge-ssn.ch/ich-unddu/essen-und-trinken/von-jung-bis-alt/rund-um-die-geburt/ • Perspektive Thurgau „Thurgau bewegt“: www.essen-tg.ch, www.buggfit-tg.ch