Informationen zum Thema Fracking

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UNTER DIE LUPE GENOMMEN
Tiefe Bohrungen, hohe Risiken
TIEFE BOHRUNGEN,
HOHE RISIKEN
Trinkwasser ist unsere wichtigste Ressource:
Da es aus dem Grundwasser im Boden aufbereitet
wird, dürfen dorthin keine Schadstoffe gelangen.
Genau das könnte aber geschehen, wenn im
Münsterland nach Gas gebohrt wird.
Überall hört man von ihr, sie ist allgegenwärtig: die Ressourcenknappheit. Rohstoffe wie
Kohle und Erdöl werden knapper, die Suche
nach neuen Energien ist im vollen Gange. Eine
mögliche Lösung zur Überbrückung des drohenden Engpasses ist Erdgas, und zwar direkt
vor der Haustür: Experten vermuten, dass
auch im Münsterland riesige Mengen davon
im Boden schlummern – bislang ungenutzt,
doch das soll sich ändern.
Das Gas kommt nicht von alleine hoch
Energiekonzerne aus Kanada, den USA, Australien und Deutschland wollen durch sogenannte
Explorationsbohrungen herausfinden, wo sich
die Gasförderung besonders lohnen könnte.
Der Profit lockt, doch das Vorhaben ist schwierig umzusetzen: Denn das Gas strömt nicht von
alleine in die Tanks, sondern lagert in Zwischenräumen von Gestein und in Kohleflözen –
Hunderte Meter unter der Erdoberfläche. Eine
spezielle Bohrmethode könnte dieses Problem
lösen: Beim sogenannten Fracking wird ein
Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien
durch Bohrlöcher in die Tiefe gepumpt, um in
das Gestein Risse zu sprengen und so das Gas
fördern zu können. Die Chemikalien sollen
dabei sicherstellen, dass Bakterien die Risse
nicht sofort wieder schließen.
Chemikalien bleiben zum Teil im Boden
Doch die geplanten Bohrungen im Münsterland
– unter anderem bei Drensteinfurt und Nordwalde – sind umstritten. Neue Erkenntnisse
stützen diese Sorgen: Amerikanische Wissenschaftler haben im Trinkwasser von bebohrten
Regionen deutlich erhöhte Methan-Werte
gemessen. Das entzündliche Treibhausgas ist
ein Hauptbestandteil von Erdgas. Auch in der
Fracking-Flüssigkeit haben Forscher bedenkliche Stoffe entdeckt, zum Teil sogar krebserregende. Da das Wasser-Chemikalien-Gemisch
nach der Bohrung nicht komplett entfernt wird,
stellt sich also auch die Frage, was mit diesen
Stoffen anschließend im Boden passiert.
Diese Ergebnisse beunruhigen auch Trinkwasser-Versorger: Zwar liegt das Gas Hunderte
Meter tief unter der Erdoberfläche, während
etwa die Stadtwerke in Münster sich an Grundwasser in zwölf bis 35 Metern Tiefe bedienen
– doch gesicherte Erkenntnisse darüber, ob
und wie Stoffe aus den Tiefen des Erdreichs
durch Bohrungen zum Grundwasser gelangen
können, gibt es bislang nicht.
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UNTER DIE LUPE GENOMMEN
Tiefe Bohrungen, hohe Risikenn
GRUNDWASSERMODELL
MÜNSTERLÄNDER BECKEN
Schicht um Schicht: Wasser, Kalk, Gas
Das Wasser ist nah: Höchstens 35 Meter müssen die Stadtwerke sich durch eine Schicht aus Sand und Kies bohren, um auf
Grundwasser zu stoßen. Das Erdgas, einige Hundert Meter tiefer,
ist von diesem Grundwasserspeicher durch den Emscher Mergel
getrennt: eine dicke Schicht aus Tonmergelstein, darunter liegt
Kalkstein. Etwas tiefer lagert vermutlich das Erdgas – verborgen
in zahlreichen Poren und kleinen Zwischenräumen im Untergrund.
Um etwa in Drensteinfurt daran zu gelangen, müsste schon für
erste Explorationsbohrungen der darüber liegende Gesteinsriegel
durchbrochen werden.
Teutoburger Wald
Münster
Drensteinfurt
Hellweg-Quellen
Soest
Grundwasserfließrichtung
Kalkstein
Tonmergelstein
Untergrund
Sand und Kies
Mögliche Erdgasbohrung
Verantwortung vor Profit:
Das ist das Credo von Dominik
Pollok, Abteilungsleiter
Wasserwerke bei den
Stadtwerken Münster.
Dominik Pollok (33) ist als Abteilungsleiter
bei den Stadtwerken für die Wasserwerke zuständig. Im Interview erläutert er die Gefahren,
die von Erdgasbohrungen für das Grundwasser
ausgehen – und warnt davor, bei der Suche
nach neuen Rohstoffen die Bedeutung des
Lebensmittels Trinkwasser zu vergessen.
Herr Pollok, gegen die geplanten Explorationsbohrungen nach Erdgas im Münsterland
regt sich Widerstand. Was hat denn das Trinkwasser damit überhaupt zu tun?
Unser Trinkwasser beziehen wir aus dem
Grundwasser – und das befindet sich nun mal
unter der Erde, genau wie das Erdgas. Das Gas
liegt viel tiefer als das Wasser, deshalb war
das bislang auch überhaupt kein Problem. Das
könnte sich aber durch die eventuell geplanten
Bohrungen demnächst ändern.
NN
-1.000 m
-2.000 m
Sind Gas und Wasser im Untergrund denn
nicht voneinander getrennt?
Doch, natürlich. Hier in Münster zum Beispiel
schottet der sogenannte Emscher Mergel das
Grundwasser der oberen Stockwerke von den
tiefer gelegenen ab. Diese Gesteinsschicht ist
mehrere Hundert Meter dick, aber es gibt keine Belege dafür, dass sie auch flächendeckend
dicht ist. An einigen Brunnen im ländlichen
Raum sind bereits Methanaustritte bekannt,
und niemand weiß bislang, wo sie herkommen.
Außerdem kann der Emscher Mergel auch
durchbrochen werden – zum Beispiel durch
eine Bohrung.
Was genau kann dann mit dem Grundwasser
passieren?
Wenn im Münsterland wirklich Erdgas gefördert werden soll, müsste die Gegend dafür
wie ein Schweizer Käse durchlöchert werden. Diese Masse der Bohrungen wäre sehr
bedenklich: Wir glauben jedenfalls nicht, dass
da alle Löcher wie geplant dicht bleiben. Dann
könnte unter anderem salziges Wasser aus
tieferen Schichten zu anderen GrundwasserStockwerken gelangen.
Ist das auch eine Gefahr für das Trinkwasser
in Münster?
Wir bedienen uns in Münster am obersten
Grundwasser-Stockwerk, dem Münsterländer
Kiessandzug. Der liegt nicht so nah am Erdgas
wie die tieferen Wasservorkommen. Die Gefahr
ist aber, dass durch die Bohrungen die Stockwerke miteinander verbunden werden – und
dann kann auch das Grundwasser im Münsterländer Kiessandzug betroffen sein.
Die Bohrmethode des „Fracking“ steht
besonders in der Kritik. Warum?
Beim Fracking wird ein Chemikalien-Cocktail
mit hohem Druck in den Boden gepumpt, um
für das Gas Förderwege zu schaffen, nämlich
kleine Risse im Gestein. Die Gefahr besteht
darin, dass wir nicht einschätzen können, wie
weit sich die Chemikalien mithilfe dieser Risse
ausbreiten können. Möglicherweise können die
Chemikalien nach dem Fracking in die oberen
Grundwasserstockwerke aufsteigen.
Was müssten die Stadtwerke in Münster in
einem solchen Fall machen?
Unserer Auffassung nach darf es zu solchen
Verunreinigungen erst gar nicht kommen. Es
muss alles getan werden, diese zu vermeiden.
Sollten jedoch tatsächlich Salz oder sogar
Chemikalien in unser Grundwasserstockwerk
gelangen, müsste das Wasser sehr aufwendig
gereinigt werden. Es ist aber grundsätzlich
schwierig, kostspielig und im Einzelfall sogar
unmöglich, solche Inhaltsstoffe rückstandslos
aus dem Grundwasser zu entfernen.
Daher ist die jüngste politische Entscheidung
unseres Umweltministers, das Fracking auf
Eis zu legen. So lange, bis Studien die Wissenslücke um die umstrittenen Fördermethoden schließen.
Viele Politiker sehen im Erdgas trotzdem die
ideale Energie, um unabhängiger von Atomstrom und Kohlekraft zu werden. Ist das nicht
ein sehr wichtiges Ziel?
Ja, aber: Wir als Wasserversorger haben eine
Verantwortung für die Menschen, auch für die
kommenden Generationen. Denn irgendwann
sind diese Gasvorkommen erschöpft, Wasser
brauchen wir aber weiterhin. Trinkwasser ist
und bleibt das wichtigste Lebensmittel, ohne
das wir nicht existieren können. Solange wir
nicht alle Gefahren beim Bohren nach Erdgas
abschätzen können, muss uns diese Verantwortung wichtiger sein.
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