Induktorerkennung und Allosterie des Tet Repressors

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Induktorerkennung und Allosterie des
Tet Repressors
Den Naturwissenschaftlichen Fakultäten
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
zur
Erlangung des Doktorgrades
vorgelegt von
Eva-Maria Henßler
aus Neuendettelsau
Als Dissertation genehmigt von den Naturwissenschaftlichen Fakultäten
der
Universität Erlangen-Nürnberg
Tag der mündlichen Prüfung:
16.12.2005
Vorsitzender der Promotionskommission:
Prof. Dr. D.-P. Häder
Erstberichterstatter:
Prof. Dr. W. Hillen
Zweitberichterstatter:
Prof. Dr. P. Dietrich
Ich danke...
Prof. Wolfgang Hillen für die Möglichkeit, diese Arbeit durchführen zu können, die
hervorragenden Arbeitsbedingungen am Lehrstuhl, seine Diskussionsbereitschaft und
sein großes Interesse am Gelingen dieser Arbeit.
Prof. Petra Dietrich für die freundliche Übernahme des Zweitgutachtens.
Prof. Gmeiner und Susanne Lochner vom Lehrstuhl für Pharmazeutische Chemie für
die Bereitstellung von 4-ddma.
Prof. Yves Muller und Michael Klieber vom Lehrstuhl für Biotechnik für die Kooperation
zur Strukturaufklärung der TetRi2-Kristallstruktur.
Allen Mitgliedern des Lehrstuhls für Mikrobiologie für ein wirklich tolles Arbeitsklima.
Den ehemaligen und aktuellen Mitgliedern der Tet Gruppe, ganz besonders:
Oliver Scholz und Christian Berens für viele Diskussionen. Martin Köstner, Annette
Kamionka, Ralph Bertram, Sanya Ün und Marius Majewski für eine exzellente
Zusammenarbeit. Steffi Wisshak für die besten Western Blots auf der ganzen Welt
und ein Jahr sehr saubere Laborgemeinschaft. Sanya Ün für die gemeinsamen
Erfahrungen bezüglich der Tücken eines Phage Displays und den Ün-sinn. Henry Zall
für bunte Unterwäsche und Verena Aumiller für großartige Ellmann Titrationen. Und
natürlich allen drei für die Mitarbeit an den jeweiligen Projekten in ihren Praktika.
Den Computerbeauftragten für sofortige Hilfe; Olly (und natürlich auch Gerald) für
schlechte Witze; allen Mensa-Essern für den täglichen Spaziergang (ganz besonders
Klaus und Kristin dafür, dass sie fast immer pünktlich waren); Franz und Mareen dafür,
dass ich nicht immer die Kaffeeliste angeführt habe; Martin für gemeinsame Arbeiten
an den Chromatographen und der Xenon-Lampe; Gesine und Patrick, sowie allen
Gregor Samsa- und LBP-Gängern, für viele lustige Abende.
Für die Ermöglichung eines reibungslosen Laboralltags: Dr. A. Rösch, H. Storck, M.
Hanuschick, M. Müller, Frau Prell und Frau Wehr. Außerdem W. Cimander, K. Oliva,
Frau Leicht und Frau Ingram.
Gerald für BIAcore, Bindekonstanten und noch vieles, vieles mehr....
Timo für Kölsch.
Meinen Eltern dafür, dass sie in der ganzen Zeit immer für mich da waren und mich
unterstützt haben.
Für Gerald
Inhaltsverzeichnis
1.
Zusammenfassung/Summary
1
2.
Einleitung
3
2.1
Wechselwirkung von Liganden mit Proteinen
3
2.2
Tetracyclin und Tetracyclinresistenz
4
2.3
Struktur und Funktion des Tet Repressors
6
2.3.1
Induktorerkennung des Tet Repressors
8
2.3.2
Allosterie des Tet Repressors
9
2.3.3
Der reverse Tet Repressor
10
2.4
Anwendungen des Tet Systems
10
2.5
Ziele dieser Arbeit
12
3.
Material und Methoden
13
3.1
Materialien
13
3.1.1
Chemikalien
13
3.1.2
Verbrauchsmittel
14
3.1.3
Geräte
14
3.1.4
Verwendete Enzyme, Proteine und Größenstandards
15
3.1.5
Antikörper
16
3.1.6
Oligonukleotide
16
3.1.7
Kommerziell erhältliche Systeme
18
3.1.8
Bakterienstämme und Plasmide
18
3.2
Puffer und Medien
20
3.2.1
Puffer für Western Blot
20
3.2.2
Puffer für DNA- bzw. Protein-Gelelektrophorese
20
3.2.3
Puffer für Zellaufschluss und Chromatographie
21
3.2.4
Puffer zur Proteincharakterisierung
22
3.2.5
Bakteriennährmedien
22
3.2.6
Fakultative Zusätze
23
3.3
Methoden
24
3.3.1
Allgemeine Methoden
24
3.3.2
Anzucht von Bakterien
24
3.3.3
β-Galaktosidase-Aktivitätstest
24
i
Inhaltsverzeichnis
3.3.4
Western Blot
25
3.3.5
Methoden mit Nukleinsäuren
26
3.3.5.1 Restriktionsspaltung von DNA
3.3.5.2 Dephosphorylierung von 5`-DNA Enden
3.3.5.3 Ligation von DNA-Fragmenten
3.3.5.4 Herstellung kompetenter E. coli Zellen
3.3.5.5 Transformation von E. coli Zellen mit Plasmid DNA
3.3.5.6 Herstellung elektrokompetenter E. coli Zellen
3.3.5.7 Elektroporation von Plasmid DNA in E. coli
3.3.5.8 Ethanol-Fällung von DNA
3.3.5.9 Sequenzierung von DNA
3.3.5.10 Mutagenese mittels PCR
26
26
26
29
27
27
27
27
27
27
3.3.6
29
Methoden zur Proteincharakterisierung
3.3.6.1 Anzucht der Zellen
29
3.3.6.2 Aufschluss der Zellen
29
3.3.6.3 Chromatographische Reinigung
29
3.3.6.4 Konzentrationsbestimmung von Proteinlösungen
29
3.3.6.5 Bestimmung der Induktorbindeaktivität
30
3.3.6.6 Bestimmung der Assoziationsgeschwindigkeitskonstanten kass
30
3.3.6.7 Titration von 4-ddma mit MgCl2
31
3.3.6.8 Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten von [tcX-Mg]+ mit TetR durch
direkte Titration
32
3.3.6.9 Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten von [tcX-Mg]+ mit TetR durch
Titration mit MgCl2
34
3.3.6.10 DNA-Retardationsanalysen
34
3.3.6.11 Oberflächenplasmonenresonanz
35
3.3.6.12 Stabilitätsmessungen
36
3.3.6.13 Oxidation von TetR Proteinen
37
4.
Ergebnisse
38
4.1
Tet Repressoren mit veränderter Induktorerkennung
38
4.1.1
Mutagenese der Position 82 in TetR
39
4.1.2
Mutagenese der Position 135 in TetR
40
4.1.3 Verbesserung der Induktorspezifität von TetR
Aminosäuren nahe der 4-Dimethylaminogruppe
i1
durch Mutagenese von
42
4.1.3.1 Einfluss von Tryptophanen an den Positionen 82, 134 und 138 auf die
Induktorerkennung von TetRi1
4.1.3.2 Mutagenese der Codons für N82 und S138 in TetRi1
4.1.3.3 Untersuchung des Einflusses der einzelnen Mutationen in TetRi2 auf die
Induktorerkennung
47
4.1.4
49
In vitro Untersuchungen der TetR Mutanten
4.1.4.1 Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten von 4-ddma mit Mg2+ (KM)
4.1.4.2 Bestimmung der Mg2+ unabhängigen Gleichgewichtskonstanten von TetR
Varianten mit tcX Derivaten
4.1.4.3 Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten von [tcX-Mg]+ mit den TetR
Varianten
ii
43
44
49
50
51
Inhaltsverzeichnis
4.2
4.2.1
Untersuchungen zur Ligandenbindung und Entafltung von reversen Tet
Repressoren
54
Auswahl der reversen TetR Varianten
54
4.2.2 Auswirkungen unterschiedlicher atc Konzentrationen auf die in vivo
Regulation reverser TetR Varianten
56
4.2.3. Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten von [atc-Mg]+ mit revTetR durch
direkte Titration
59
4.2.3.1 Titration von [atc-Mg]+ mit revTetR
4.2.3.2 Titration von revTetR mit [atc-Mg]+
59
61
4.2.4 Bestimmung der Assoziationsgeschwindigkeitskonstanten kass der revTetR[atc-Mg]+2 Komplexbildung
66
4.2.5 Bestimmung
Repressoren
68
der
thermodynamischen
Stabilität
der
4.2.6 Thermodynamische Komplexstabilität der revTetR-[atc-Mg]
reversen
+
2
Tet
Komplexe
4.2.7 Bestimung der Gleichgewichtskonstanten von tetO mit revTetR in An- und
Abwesenheit von atc und [atc-Mg]+
4.3
4.3.1
71
76
Analyse von Konformationsänderungen im reversen TetR durch
reversible Disulfidbrückenbildung
85
Auswahl der Positionen für Disulfidbrücken
85
4.3.2 Konstruktion und in vivo Charakterisierung der revTetR-cysteinmutanten
87
4.3.3
87
Ausbildung der Disulfidbrücken in vitro
4.3.4 Untersuchungen zur Korepressorbindung unter reduzierenden und
oxidierenden Bedingungen
89
4.3.5 DNA-Bindung reduzierter und oxidierter TetR-107C-165C` Varianten
90
4.3.6 Ausbildung von Disulfidbrücken in Abhängigkeit vom Liganden
92
4.4
Tet Repressoren mit veränderter Induktorbindung und Allosterie
95
4.4.1
Randomisierung der Helices α1, α4 und α6 in TetRi2
96
4.4.2
i2
98
i2
Kombination von TetR mit Mutationen von V99
4.43
Kombination von TetR mit Mutationen von L17
100
4.4.4
In vitro Untersuchungen von TetRi2-L17A und –V99N
103
5.
Diskussion
106
5.1
TetR Varianten mit veränderter Induktorerkennung
106
5.2
TetR Varianten mit veränderter Allosterie
111
5.2.1
Überexpression und Aufreinigung der revTetR Varianten
112
5.2.2 Vergleich der Methoden zur Bestimmung der Glöeichgewichtskonstanten
von [atc-Mg]+ mitTetR
112
5.2.3 Korepressorbindung der revTetR Varianten
iii
113
Inhaltsverzeichnis
5.2.4 tet Operator-Bindung der revTetR Varianten
115
5.2.5
119
Analyse der reversiblen Disulfidbrückenbildung
5.2.5.1 Variable Schleife und Proteinkörper
5.2.5.2 DNA-Bindekopf
119
120
5.3
Tet Repressoren mit veränderter Induktorerkennung und Allosterie
122
5.3.1
Zusammenhang zwischen Induktorerkennung und Allosterie von TetR
124
6.
Literaturverzeichnis
125
7.
Eigene Publikationen
134
Abkürzungsverzeichnis
135
iv
1. Zusammenfassung
1.
Zusammenfassung
Der Tet Repressor (TetR) reguliert die Expression von Tetrayclin-Resistenzdeterminanten auf
Transkriptionsebene. Aufgrund der hohen Spezifität für den tet Operator und den Induktor
Tetracyclin wird das Tet System in vielen Organismen zur Genregulation angewendet.
Das Entfernen der 4-Dimethylaminogruppe vom Tetracyclin führt zum Verlust der Induktion
von TetR. In dem ersten Projekt dieser Arbeit sollte die Induktorerkennung von TetR so
verändert werden, dass nur noch 4-ddma, ein tc-Derivat dem die 4-Dimethylaminogruppe
fehlt, zur Induktion führt, und die sehr potenten Induktoren Anhydrotetracyclin und Doxycyclin
nicht mehr erkannt werden. Hierfür wurde versucht, im Wildtyp TetR und auf der Basis einer
TetR Variante mit relaxierter Induktorspezifität, TetRi1 (H64K S135L), durch Einführen einer
großen Aminosäure nahe der 4-Dimethylaminogruppe eine direkte sterische Hinderung für tcDerivate mit dieser Funktion zu erzeugen. Von 43 untersuchten Mutanten konnte eine
Variante mit dem erwünschten Phänotyp erhalten werden. Diese trägt die Mutationen H64K,
S135L und S138I (TetRi2) und zeigt eine 440-fach bessere [4-ddma-Mg]+-Bindung im
Vergleich zum Wildtyp, aber gleichzeitig eine 3 x 107-fach verschlechterte [atc-Mg]+-Bindung.
Die Analyse der Auswirkungen der Mutation S138I in vivo und in vitro lassen vermuten, dass
der Austausch zu einer direkten sterischen Interferenz mit der 4-Dimethylaminofunktion von tc,
atc und dox führt, während bei Derivaten ohne diese Gruppe keine Beeinträchtigung zu
erkennen ist. Außerdem weisen die Daten auf eine leicht veränderte Lage von 4-ddma in der
Bindetasche hin.
Im Gegensatz zum Wildtyp TetR benötigen reverse TetR Varianten atc um DNA binden zu
können. Die in dieser Arbeit durchgeführten in vivo und in vitro Analysen sollten einen
genaueren Einblick in den Mechanismus der Umkehrung der Allosterie eines Proteins geben.
Es zeigte sich eine Beeinflussung der Korepressorbindung, obwohl die mutierten Aminosäuren
nicht direkt an der Koordination beteiligt sind. Hierbei konnte auch eine Beeinflussung der atcBindung in Abwesenheit von divalenten Metallionen festgestellt werden, für die bereits ein
alternativer Mechanismus postuliert wurde. Durch die Austausche wird anscheinend nicht nur
die Allosterie des Proteins beeinflusst, sondern auch die Signalweiterleitung bei
Korepressorbindung oder die Koordination des Korepressors verändert. Die Untersuchung der
tet Operator-Bindung ergab eine deutliche Abhängigkeit der DNA-Bindung vom Korepressor
atc, wobei dieser Effekt aber nicht durch eine geringere Stabilität der freien Proteine und eine
Erhöhung der Stabilität bei Korepressorbindung bedingt ist. Die Analyse von
Konformationsänderungen durch reversible Disulfidbrückenbildung zeigte eine offenbar
gleiche Bewegung der DNA Bindeköpfe bei tetO-Bindung, wobei revTetR jedoch atc als
Korepressor benötigt. Für die Cysteine E107C und N165C` ergaben sich unterschiedliche
Disulfidbrückenbildungsraten bei atc-Bindung für den Wildtyp und revTetR. Es finden folglich
unterschiedliche Bewegungen in den Proteinen statt.
Um die Zusammenhänge zwischen Allosterie und Induktorerkennung zu untersuchen, wurden
Mutationen in der Kontaktfläche zwischen Proteinkörper und DNA-Bindekopf mit der
induktorspezifischen Variante TetRi2 (H64K S135L S138I) kombiniert. Austausche in diesen
Bereichen können völlig unterschiedliche Auswirkungen auf den Phänotyp haben, je nach
dem, ob der Wildtyp oder TetRi2 betroffen ist. Obwohl die Aminosäuren an den Positionen 17
und 99 nicht direkt an der tc-Bindung beteiligt sind, zeigte sich ein deutlicher Einfluss auf die
Erkennung von 4-ddma bei Mutation dieser Aminosäuren. Es konnte eine 4-ddma-vermittelte
Korepression allein durch Mutationen von V99 oder L17 im Wildtyp festgestellt werden,
während die atc-Induktion unverändert bleibt. Der gleiche Austausch kann die Allosterie von
TetRi2 umkehren, ohne die Induktorerkennung zu beeinflussen. Mutationen die die Allosterie
des Tet Repressors betreffen können folglich beides, die DNA-Bindung und die
Induktorbindung beeinflussen. Somit konnte ein neuer Kommunikationsweg im Tet Repressor
identifiziert werden, der aus den Kristallstrukturen nicht ersichtlich ist.
1
1. Summary
1.
Summary
TetR is a transcriptional regulator protein responsible for regulation of tetracycline resistance
determinants in prokaryotes. Because of its highly specific binding to tet Operator and of the
inducer tetracycline, the TetR System is widely used for gene regulation in prokaryotes, as
well as in eukaryotes.
Removal of the 4-dimethylamino grouping from tetracycline results in loss of TetR inducibility.
A mutant of the tetracycline inducible repressor protein TetR was constructed, showing
specificity for the tc analog 4-ddma, which lacks the 4-dimethylamino moiety. The relaxed
specificity mutant TetRi1 (H64K S135L) displays reduced induction by tc but full induction by
dox, atc and 4-ddma. To create induction specificity for tc derivatives lacking the 4dimethylamino grouping like 4-ddma the residues which are located close to that moiety in the
crystal structure of the TetR-[tc-Mg]+2 complex, were randomized in TetR and TetRi1, because
a residue with increased size may lead to sterical hindrance for tetracyclines carrying the 4dimethylamino function. Out of 43 exchanges the addition of S138I to TetR H64K S135L
yielded a mutant (TetRi2) with the desired phenotype. In vivo and in vitro analyses suggest that
S138I introduces a sterical hindrance for tc derivatives carrying the 4-dma function. The
binding constants revealed 440-fold increased [4-ddma-Mg]+ binding and 3 x 107-fold
decreased [atc-Mg]+ affinity compared to the wildtype. The contributions of each single mutant
to specificity indicate that 4-ddma binds a slightly different position in the TetR tc binding
pocket.
Unlike the wildtype, the reverse TetR needs atc for tet operator binding, being no longer an
inducer but a corepressor for this variant. In order to get more insights in the mechanism
leading to activity reversal, in vivo and in vitro analyses were accomplished in this project.
Albeit the mutated residues do not directly participate in atc binding, the affinities were strongly
reduced compared to the wildtype and influence on Mg2+-independent atc binding could be
detected. Thus, the mutations seem not only to alter TetR allostery, but also to interfere with
signaltransduction or with corepressor binding. Nevertheless, tetO binding is strongly
corepressor dependent, which is not due to reduced stability of the free proteins and
stabilization of the structure by atc binding. Using engineered cysteins, the rate of disulfide
bond formation upon ligand binding can be measured. The distance-increase upon tetO
binding between residues in the DNA reading heads indicates similar conformational changes
for the wildtype and revTetR, but the reverse variants need binding of atc for this movement.
Analysis of the cysteins E107C and N165C´ revealed different cross-linking rates upon ligand
binding. Thus, different conformational changes might occur in these proteins.
To learn about the correlation between allostery and ligand binding the effect of mutations in
the DNA reading head-core interface on the inducer specific TetRi2 (H64K S135L S138I)
variant was analyzed. The same mutations can lead to completely different activities in the
wildtype and TetRi2 mutant. Although neither L17 nor V99 participate in inducer binding,
mutations of these residues result in altered 4-ddma recognition. Exchanges of one of these
residues can lead to corepression by 4-ddma without altering DNA binding in the wildtype but
4-ddma-dependent repression in combination with reduced DNA binding in the absence of
effector for TetRi2. Thus, mutations in this interface can influence DNA binding as well as
inducer binding, albeit both ligand binding sites are not in direct contact to these altered
residues. This finding represents a novel communication mode of TetR. Thus, allostery may
not only operate by the structural change proposed on the basis of the crystal structures.
2
2. Einleitung
2.
Einleitung
2.1
Wechselwirkungen von Liganden mit Proteinen
Die biologische Funktion von Proteinen hängt entscheidend von deren physikalischen
Wechselwirkungen mit verschiedenen Substanzen ab. Bei den Liganden kann es sich um
einzelne Atome wie zum Beispiel Metallionen handeln. Die Calcium-abhängige Regulation von
intrazellulären Prozessen wird über Proteine wie Calmodulin gesteuert, die durch
Calciumbindung eine Konformation einnehmen, welche es ermöglicht Zielproteine zu binden
und deren Funktion zu modulieren (Tan et al., 1996). Ebenso können Substanzen mit
geringem Molekulargewicht als Liganden dienen. Beispiele hierfür sind die Interaktionen
zwischen Nukleotiden und der Aspartat Transcarbamylase (Lipscomb, 1994), zwischen
Tryptophan und dem Trp Repressor (Hu and Eftink, 1994) und Allolactose mit dem Lac
Repressor (Horton et al., 1997). Zu den hochmolekularen Liganden zählen DNA, wie bei der
RNA-Polymerase Promotor Interaktion, aber auch Proteine.
Die Spezifität der Ligandenbindung wird durch mehrere Faktoren beeinflusst. Hydrophobe
Interaktionen können bei der Assoziation eine Rolle spielen (Morton et al., 1995), ebenso wie
Wasserstoffbrücken und ionische Kontakte (Zheleznova et al., 1999) für die spezifische
Interaktion verantwortlich sein können. Bei der Bindung von cAMP an CRP wird die
spezifische Erkennung durch zwei geladene Aminosäuren vermittelt, deren Austausch gegen
hydrophobe Reste den Verlust der Spezifität zur Folge hat (Lee et al., 1994). Eine
Veränderung der Ligandenbindung kann durch Mutation von Liganden-kontaktierenden
Aminosäuren, aber auch Mutationen außerhalb der Ligandenbindestelle hervorgerufen
werden. Bei Mutationen außerhalb der Ligandenbindestelle können entweder elektrostatische
Interaktionen manipuliert (Loladze et al., 1999) oder das konformationelle Gleichgewichtes
eines Proteins beeinflusst werden (Marvin and Hellinga, 2001).
Die
häufigste
Antwort
eines
Regulators
nach
Bindung
eines
Liganden
ist
eine
Konformationsänderung die von der Ligandenbindetasche zur DNA-Bindedomäne fortgesetzt
wird und z. B. die Affinität des Proteins für die DNA verändert. Durch die Komplexierung eines
Liganden kann die DNA-Bindung ermöglicht, wie bei TrpR (Grillo et al., 1999), oder aber
verhindert werden wie bei LacI (Horton et al., 1997).
Die Strukturänderungen zwischen Proteindomänen sind durch die Flexibilität einzelner
Segmente
im
Protein
möglich.
Diese
Segmente
können
sich
mit
nur
geringem
Energieaufwand gegeneinander verschieben. Die Flexibilität umfasst dabei im Wesentlichen
zwei Arten von Bewegungen:
3
2. Einleitung
(1) Die relativ starren Domänen eines Proteins sind durch eine flexible Region verbunden,
die eine Art Scharnier bildet. Bei Scharnierbewegungen werden die jeweiligen
Sekundärstrukturelemente bzw. Domänen an den sie verbindenden Peptidschleifen
gekippt.
(2) Bei der Scherbewegung summieren sich viele kleine Konformationsänderungen der
Aminosäureseitenketten in der Region zwischen den Bereichen der Domänen auf und
resultieren in einem Vorbeigleiten der beteiligten Bereiche im Protein.
Umfassende Veränderungen im Protein bedingen die Überwindung größerer Energiebarrieren,
die bei multimeren, allosterischen Proteinen beobachtet wurden. Allosterische Proteine
besitzen mehr als eine Ligandenbindestelle, welche miteinander in Verbindung stehen. Diese
Ligandenbindestellen können identisch sein, wie z. B. beim Hämoglobin (Baldwin and Chothia,
1979), oder unterschiedlich, wie bei vielen induzierbaren Repressoren oder bei allosterischen
Enzymen. Die Kontakte zum Liganden werden dabei häufig von beiden Untereinheiten eines
Dimers ausgebildet. Dies wurde zum Beispiel bei CRP (Harman, 2001), TrpR (Hu and Eftink,
1994) und MetJ (Hyre and Spicer, 1995) festgestellt.
2.2
Tetracyclin und Tetracyclinresistenz
Seit ihrer Entdeckung 1948 werden Tetracycline (siehe Abbildung 2.1 für die chemische
Struktur) weitläufig in der Humantherapie, Tiermedizin und zur Wachstumsförderung in Tieren
angewendet (Chopra and Roberts, 2001). Ihre breite antibiotische Wirkung beruht auf der
Hemmung der Proteinbiosynthese. Tetracyclin bindet an die 30S Untereinheit prokaryotischer
Ribosomen und verhindert dort die Anlagerung der Aminoacyl-tRNA an das Ribosom. Durch
Kristallisation von Ribosomen im Komplex mit Tetracyclin konnten mehrere Bindestellen
identifiziert werden (Brodersen et al., 2000; Pioletti et al., 2001).
Abb. 2.1.
Tetracyclin.
Chemische
Struktur
von
Die Bezeichnungen der Ringe und C-Atome
ist nach der IUPAC Nomenklatur angegeben.
Die intensive Nutzung der Tetracycline führte zu einer sehr schnellen Verbreitung von
Resistenzen gegen diese Substanzen unter den Mikroorganismen (Levy, 1989). Dabei
4
2. Einleitung
existieren verschiedene Wege die Wirkung zu unterbinden.
Tet(M)- und Tet(O)-abhängige Tetracyclinresistenzen heben den Effekt des Antibiotikums auf
der Stufe der Proteinsynthese auf. Tet(M), das nicht-kovalent am Ribosom assoziiert ist,
katalysiert die GTP-abhängige Freisetzung von Tetracyclin von der ribosomalen 30SUntereinheit (Dantley et al., 1998, Connell et.al., 2003). Das tet(X) Gen codiert für ein
cytoplasmatisches Protein, das Tetracyclin in der Anwesenheit von Sauerstoff und NADPH
chemisch modifiziert und dadurch inaktiviert (Speer et al., 1991). Außerdem wurden
Mutationen der ribosomalen RNA als Schutz vor dem Angriff des Tetracyclins gefunden (Ross
et al., 1998; Trieber and Taylor, 2002).
Der am weitesten verbreitete Mechanismus ist das aktive Ausschleusen von Tetracyclin durch
einen Antiporter aus der Zelle (McMurry et al., 1980). In Gram-negativen Bakterien wird diese
Resistenz
unter
anderem
durch
eine
auf
dem
Transposon
Tn10
kodierte
Resistenzdeterminante vermittelt. Die Familie der Tetracyclin-Resistenzdeterminanten kann in
zwölf Klassen eingeteilt werden, die zwischen 38 % und 90 % Sequenzidentität zeigen: A bis
E, G, H, J, Z, 30, 33 und 39 (Levy et al., 1999; Tauch et al., 2000; Tauch et al., 2002; Agerso
and Guardabassi, 2005). Die Einteilung erfolgt nach Resistenzstärke gegenüber Tetracyclin
oder seiner Derivate und DNA-DNA-Kreuzhybridisierungen. Sie ähneln sich in ihrer
genetischen Organisation (siehe Abb. 2.2).
Das Regulatorprotein Tet Repressor (TetR) kontrolliert in seinem natürlichen System die
Expression von Tetracyclin-Resistenzdeterminanten zum aktiven Efflux des Antibiotikums auf
Transkriptionsebene. Dabei findet sowohl Regulation der Expression des Efflux-Proteins TetA,
aber auch Autoregulation der eigenen Expression statt. Die Gene tetA und tetR sind divergent
um die Kontrollregion mit überlappenden Promotoren und Operatoren angeordnet (Abbildung
2.2). In Abwesenheit von tc ist die Transkription beider Gene durch die Bindung von TetR an
tetO reprimiert. Tc diffundiert bei Gram-negativen Enterobacteriaceae durch die Porine OmpF
und OmpC (Chopra and Roberts, 2001). Im Komplex mit zweiwertigen Metallionen kann
Tetracyclin in den Tet Repressor binden und diesen induzieren. Somit wird die Expression von
tetA und tetR freigegeben.
5
2. Einleitung
Abb. 2.2 Genetische Organisation und Mechanismus der durch das Transposon Tn10
vermittelten Tetracyclin Resistenz.
Die Cytoplasmamembran ist als offener Balken, die DNA als grauer Balken dargestellt. Die Gene tetR
und tetA sind als graue Pfeile und die beiden tet Operatoren O1 und O2 als blaue Kästen gezeigt. TetR
wird von den zwei großen und zwei kleinen grauen Kreisen und TetA von zwölf Balken in der
Cytoplamsmembran dargestellt. Der [tc-Me]+ Komplex ist als weißes Rechteck skizziert.
2.3
Struktur und Funktion des Tet Repressors
TetR ist ein homodimeres, 46 kDa großes Regulatorprotein (Abb. 2.3). Die Tet Repressoren
Klasse B und D weisen eine Sequenzidentität von 63% in der Aminosäuresequenz und daraus
resultierend isomorphe Tertiär- bzw. Quartärstruktur auf. Sie wurden genetisch und
biochemisch am besten untersucht (Berens and Hillen, 2004). Die Kristallstrukturen des tcgebundenen TetR (D) (Hinrichs et al., 1994; Kisker et al., 1995), die des freien TetR (BD)
(Orth et al., 2000), sowie des DNA-gebundenen TetR (D) (Orth et al., 1998a) konnten gelöst
werden. Für viele neuere Mutagenesestudien wurde eine Tet Repressor Chimäre, TetR (BD),
verwendet. Da TetR (D) eine schlechtere Repression als TetR (B) vermittelt, von TetR (D)
jedoch die Kristallstrukturen mit Tetracyclin und tet Operator gelöst wurden, wurden hier die
Aminosäuren 1 bis 50 von TetR (B) mit dem TetR (D) Proteinkörper fusioniert (Schnappinger
et al., 1998).
6
2. Einleitung
Abb. 2.3 Kristallstruktur des TetR (D)-[tc-Mg]+2 Komplexes (Hinrichs et al., 1994).
Tetracyclin ist als schwarzes Stäbchenmodell gezeigt. Die Helices α1 bis α10 sind in unterschiedlichen
Farben gekennzeichnet. α1, α4 und α6 bilden die Kontaktfläche zwischen DNA-Bindekopf und
Proteinkörper und sind in orange gezeigt. Helix α8 und α10 bilden zusammen mit den Helices α8- und
α10- des anderen Monomers das Vier-Helix-Bündel und sind in rot dargestellt. Alle anderen Helices
sind in blau hervorgehoben.
Die Monomere des Tet Repressors sind aus 10 α-Helices aufgebaut (Abbildung 2.3). In jedem
Monomer können der DNA-Bindekopf und der Proteinkörper als zwei funktionelle Domänen
voneinander unterschieden werden. Der DNA-Bindekopf (Helices α1 bis α3) vermittelt mit
seinem Helix-turn-Helix-Motiv (HTH) die Bindung an den tet Operator. Der Proteinkörper
(Helices α5 bis α10) beinhaltet die tc-Bindetasche und die Dimerisierungsdomäne. Helix α4
verbindet diese beiden Domänen miteinander. Die Struktur zwischen Helix α8 und Helix α9
(Aminosäuren 151 bis 166) ist in den Tet Repressoren unterschiedlicher Klassen nicht
konserviert und wird deshalb als variable Schleife bezeichnet. Aufgrund der hohen Flexibilität
konnte die Struktur der Aminosäuren 155 bis 164 nicht aufgelöst werden und wurde daher
modelliert.
Die Bindung an die tet Operatoren wird durch den DNA-Bindekopf vermittelt. Der
Proteinkörper enthält das Vier-Helix-Bündel für die Dimerisierung und die TetracyclinBindetaschen für die Induktorbindung. Entsprechend dieser drei unterschiedlichen Funktionen
werden die Bereiche des Tet Repressors eingeteilt.
Die N-terminale Domäne enthält ein Helix-Turn-Helix-Motiv (HTH), das aus den Helices α2
und α3 besteht. Helix α3 trägt die DNA-Erkennungsspezifitäten für die tet-Operator-Erkennung
7
2. Einleitung
(Helbl and Hillen, 1998; Helbl et al., 1998). Die Erkennungshelix ist im Vergleich zu vielen
anderen HTH um drei Aminosäuren verkürzt. Helix α2 dient als Positionierungshelix. Die
Dimerisierungsfläche wird von den Helices α6 bis α10 gebildet, welche ein Vier-Helix-Bündel
als Dimerisierungsmotiv besitzen (Schnappinger et al., 1998). Bei der Dimerisierung werden
27 % der solvenszugänglichen Oberfläche eines Monomers jeweils durch das andere bedeckt
(Kisker et al., 1995). Die dritte Funktionalität des Tet Repressors stellt die Induktor-bindung
dar. Die Bindung des Tetracyclins erfolgt mit sehr hoher Affinität unter Beteiligung
zweiwertiger Metallkationen (Takahashi et al., 1986). Mit einer Bindekonstante von 3,3 x 109
M-1 (Takahashi et al., 1991) zählt die Bindung zu den stärksten, die für eine InduktorRepressor
Wechselwirkung
gefunden
wurde.
Andere
gut
charakterisierte
Transkriptionsregulatoren wie LacI, PurR oder TrpR besitzen um etwa drei Größenordnungen
geringere Ligandenaffinitäten.
2.3.1
Induktorerkennung des Tet Repressors
Die Bindung von [tc-Mg]+ wird durch zwei Bindetaschen bewerkstelligt, welche sich im
Proteininneren befinden und von beiden Monomeren gebildet werden. Insgesamt sind 17
Aminosäuren an der tc-Bindung beteiligt (Abbildung 2.4). Wasserstoffbrücken von und zu tc
werden von H64, N82, F86 und Q116 ausgebildet. Der A Ring liegt in einer vorwiegend
hydrophilen Umgebung. Ring D bildet hauptsächlich hydrophobe Kontakte aus, und zwar zu
P105, L170, L174 und M177. Modifikationen in diesem Bereich beeinflussen die Bindung an
TetR kaum (Müller et al., 1995). Die 6-Methylgruppe wird ebenfalls durch hydrophobe
Interaktionen von L131 und I134 gebunden. V113 geht eine abstoßende Wechselwirkung mit
6-OH ein: Tetracycline ohne diese Gruppe werden deutlich besser gebunden (Lederer et al.,
1996). Mg2+ ist in der Kristallstruktur oktaedrisch koordiniert. An der Bindung sind drei
Aminosäuren beteiligt: H100, das eine Wasserstoffbrücke ausbildet, und T103 und E147, die
Mg2+ indirekt über Wassermoleküle binden.
Abb. 2.4 Kontakte zwischen [tc-Mg]+ und
TetR.
Die an der tc Bindung beteiligten Aminosäuren
sind im Ein-Buchstaben Code angegeben, in
grün die des einen und in blau die des anderen
Monomers.
Längs
gestrichelte
Linien
symbolisieren Wasserstoffbrücken und quer
gestrichelte Linien hydrophobe Wechselwirkungen. Das Magnesium ist als gelbe Kugel
dargestellt.
8
2. Einleitung
Um die TetR-Induktor Wechselwirkungen zu untersuchen wurde ein Alaninscanning der
Bindetasche durchgeführt (Scholz, 2002; Schubert, 2001) und die Induktorbindung in vivo und
in vitro, sowie die thermodynamische Komplexstabilität der Mutanten bestimmt. Hierbei
wurden
vor
allem
die
unterschiedlichen
Wechselwirkungen
von
Tetracyclin
und
Anhydrotetracyclin untersucht. Die Wechselwirkungen mit der „Unterseite“ des Tetracyclins
stellten sich hierbei als wichtig für die Induktorbindung heraus. Außerdem kann atc Im
Gegensatz zu tc den Tet Repressor auch in Abwesenheit von zweiwertigen Metallionen
binden und induzieren (Scholz et al., 2000). Hierzu wurde ein weiterer alternativer
Mechanismus postuliert, der als unabhängig von den an der Magnesiumkoordination direkt
beteiligten Aminosäuren H100 und E147 angenommen wird.
Die 4-Dimethylaminogruppe des Tetracyclins hat sich als besonders wichtig für die
Tetracyclinerkennung erwiesen. Die Substitution dieser Gruppe durch Wasserstoff führt zu
einer ca. 5000-fach erniedrigten Affinität zu TetR (Lederer et al., 1996). Durch in vitro
Evolution konnte eine TetR Doppelmutante identifiziert werden, die durch ein tc Derivat, dem
diese Gruppe fehlt, induziert werden kann und im Vergleich zum Wildtyp eine 300-fach
verbesserte Bindung zeigt (Scholz et al., 2003). Diese Mutante zeigt eine relaxierte
Induktorspezifität, da atc und dox auch noch zur Induktion führen können.
2.3.2
Allosterie des Tet Repressos
Aus dem Vergleich der [tc-Mg]+-gebundenen und DNA-gebundenen TetR-Kristallstrukturen
(Hinrichs et al., 1994; Kisker et al., 1995; Orth et al., 1998a) konnte ein Mechanismus für die
Induktion postuliert werden. Während der Induktion ändert sich die Lage und Orientierung der
HTH-Motive zueinander. Der Abstand der Erkennungshelices α3 und α3‘ verändert sich von
36.6 Å auf 39.6 Å. Nach Eindringen des [tc-Mg]+-Komplexes in die tc-Bindetasche binden die
funktionellen Gruppen des Ring A des Tetracyclins über Wasserstoffbrücken an die
Seitenketten der Aminosäuren H64, N82, F86 und Q116. Nach Induktorbindung bleiben diese
Aminosäuren in ihrer Position (Orth et al., 1998a). H100 und T103 aus der kurzen Helix α6
werden von dem tc-komplexierten Mg2+-Ion um 1.9 Å bzw. 3.9 Å verschoben. Daraus resultiert
eine Verschiebung der Helix α6 in Richtung ihres C-Terminus um 1.5 Å und gleichzeitig ein
„Aufwickeln“ ihres C-Terminus zur Bildung einer Typ II β-Schleife. Helix α6 steht in van der
Waals Kontakt mit Helix α4. Durch die Bewegung der Helix α6 wird α4 in dieselbe Richtung
abgedrängt. Die Helix α4 ist an der Regulationsdomäne mit H64, das am tc festgehalten wird,
verankert. Dadurch schwingt deren N-Terminus in einer pendelförmigen Bewegung um etwa
5° nach außen. Durch diese Bewegung beider Helices α4 und α4‘ werden die beiden DNABindeköpfe
voneinander
wegbewegt
und
vergrößern
damit
den
Abstand
der
Erkennungshelices α3 und α3‘ um 3 Å. Diese Bewegung unterbricht den Kontakt der
9
2. Einleitung
Bindedomänen zum Operator und verursacht die Dissoziation des TetR-Operator-Komplexes.
2.3.3 Der reverse Tet Repressor
Die Tet Repressormutante EK71 DN95 LS101 GD102 wurde durch chemische Mutagenese
und anschließender Selektion auf einen Induktionsdefekt mit tc gefunden (Müller, 1995). In
Anwesenheit von tc zeigt diese Vierfachmutante Repression, die in Abwesenheit des Induktors
verschlechtert ist. Nach diesem Phänotyp wird diese Mutante reverser Tet Repressor genannt.
Der Aminosäureaustausch EK71 ist dabei für die Ausprägung des reversen Phänotyps nicht
essentiell (Wellmann, 1997). Diese Variante diente als Grundlage für die Entwicklung des
rtTA, einer Fusion des reversen TetR mit der Aktivatordomäne VP16 des Herpes simplex
Virus, die in Eukaryoten breite Anwendung findet (Berens and Hillen, 2003; Forster et al.,
1999; Gossen et al., 1995; Kistner et al., 1996). Durch gerichtete und ungerichtete
Mutagenese wurden verbesserte Transaktivatoren der Klasse B entwickelt (Urlinger et al.,
2000), deren Phänotyp jedoch nicht auf E. coli übertragbar ist (Schubert, 2001).
Die in vitro Untersuchungen des ersten aufgereinigten reversen TetR bestätigten die Funktion
von atc als Korepressor (Kamionka et al., 2004a). Es konnten Gleichgewichtskonstanten von
revTetR mit [atc-Mg]+ von KA = ∼108 M-1, für die tetO Bindung ohne Korepressor von KA = ∼105
M-1 und mit Korepressor von KA = ∼108 M-1 erhalten werden.
Durch Mutagenesestudien konnten in E. coli über 100 reverse TetR Varianten mit sehr viel
besseren Regulationsfaktoren identifiziert werden (Scholz et al., 2004). Diese tragen
Mutationen vorwiegend in den Bereichen der Helices α1, α4 und α6, welche die Kontaktfläche
zwischen
DNA
Bindekopf
und
Proteindomäne
bilden.
Es
konnten
hierbei
auch
Einzelmutationen identifiziert werden, die zu einem reversen Phänotyp führen. Da sich diese
Mutationen vorwiegend an Positionen im Protein befinden, deren Lage sich während der
Induktion nicht ändert, wurde eine Verschiebung der DNA Bindeköpfe relativ zueinander
postuliert, wobei die Konformationsänderungen während der Signaltransduktion gleich bleiben
sollten.
2.4 Anwendungen des Tet Systems
Die Anwendungen des Tet Systems zur Genregulation erstrecken sich auf nahezu alle
Organismen und sind in einigen Übersichtsartikeln detailliert beschrieben (Berens and Hillen,
2003; Toniatti et al., 2004). Darüber hinausgehende Vorteile des Tet Systems für die
Anwendung zur Genregulation ergeben sich durch neue Entwicklungen. Es konnte z. B.
gezeigt werden, dass die unabhängige Regulation zweier Reportergene durch Einsatz von
zwei Tet Repressor Varianten in E. coli (Kamionka et al., 2004b) und in Eukaryoten (Krueger
et al., 2004) möglich ist. Für diese Systeme
wurde eine Tet Repressor Mutante mit
10
2. Einleitung
veränderter Induktorspezifität verwendet. Induktorspezifische Varianten bieten den Vorteil,
dass Sie nicht mehr von Tetracyclin induziert werden und somit unabhängig vom Wildtyp TetR
reguliert werden können. So ist ein von häufig in der Umwelt vorkommenden TetracyclinVerunreinigungen unabhängiger Einsatz des Tet Systems mit Substanzen möglich, die
zusätzlich keine antibiotische Wirksamkeit besitzen. Die zweite verwendete Variante besitzt
eine hohe Spezifität für eine tet Operator Sequenzvariante und bindet nicht mehr an den
Wildtyp Operator.
Die unabhängige Regulation zweier Gene mit dem Tet System in Eukaryoten ist auch durch
eine Kombination aus TetR mit KRAB-Repressordomäne (Deuschle et al., 1995) und revTetR
mit VP16-Aktivatordomäne (Gossen and Bujard, 2002) möglich. Die beiden Regulatoren
besetzen dabei abwechselnd den Operator, je nachdem, ob Doxycyclin vorhanden ist oder
nicht (Forster et al., 1999; Freundlieb et al., 1999). Für eukaryotische Organismen machen
reverse Tet Repressoren als Fusion mit einer Aktivatordomäne die Verabreichung einer
Substanz nur dann nötig, wenn das Gen angeschaltet werden soll. Ein solches Konstrukt kann
die Stillegung eines Zielgens ermöglichen, ohne dass permanent Induktor vorhanden sein
muss.
Neben der Anwendung zur Genregulation ist das Tet System auch effizient genug, um die
Genexpression eines pathogenen Organismus z.B. in einem Säugetierwirt zu steuern. Um
essentielle Gene für Wachstum und Pathogenese von Krankheitserregern zu identifizieren,
wird eine Vielzahl von Strategien verwendet. Weit verbreitet sind Inaktivierung oder Knockout
durch Insertionen, Deletionen oder Punktmutationen. Der Vorteil von kontrolliert regulierbaren
Systemen ist, dass ausgesuchte Gene reguliert werden können, dadurch deren Funktion
analysiert und quantitative Daten über das Genprodukt gewonnen werden können. Das Tet
System findet hier bereits in einer Vielzahl von pathogenen Organismen Anwendung. Eine
neue, vielversprechende Entwicklung stellt hier die erfolgreiche Herstellung von konditionalen
Null-Mutanten in Bacillus subtilis durch Verwendung des reversen TetR dar (Kamionka et. al.,
2005).
11
2. Einleitung
2.5 Ziele dieser Arbeit
Im Rahmen dieser Arbeit wurden drei Hauptziele verfolgt:
1.
Die Induktorerkennung des Tet Repressors sollte so verändert werden, dass nur noch
4-ddma, ein atc Derivat ohne 4-Dimethylaminogruppe, erkannt wird und nicht mehr atc oder
dox. Dazu sollten Aminosäure Positionen untersucht werden, die eine wichtige Rolle bei der
Induktorerkennung spielen oder sich in der Nähe der 4-Dimethylaminogruppe befinden. Als
Startpunkt diente hier der Wildtyp TetR, aber auch eine bereits vorhandene TetR
Doppelmutante mit relaxierter Induktorerkennung (TetRi1). Durch das Einführen einer großen
Aminosäure in die Bindetasche von TetRi1 sollte die durch das Fehlen der 4Dimethylaminogruppe in 4-ddma vermutete Leerstelle in der Bindetasche aufgefüllt werden.
2.
Aus den über 100 verschiedenen reversen TetR Varianten sollten solche revTetR
gefunden werden, die sich mit guter Ausbeute aufreinigen lassen. Von diesen Proteinen
sollten Vertreter mit Mutationen in unterschiedlichen Bereichen des Proteins in vitro bezüglich
Korepressor- und tet Operator-Bindung charakterisiert werden. Die Bestimmung der
thermodynamischen Stabilität der Proteine in An- und Abwesenheit von atc sollte Aufschluss
über den Einfluss des Korepressors auf die strukturelle Stabilität geben. Um proteininterne
Bewegungen zu analysieren sollten Cysteine an Positionen im Protein eingeführt werden, an
denen
im
Wildytp
bereits
durch
Analyse
der
reversiblen
Disulfidbrückenbildung
Konformationsänderungen bei der Induktion nachgewiesen werden konnten.
3.
Um den Zusammenhang zwischen Induktorerkennung und Allosterie zu untersuchen
sollten Mutationen die einen reversen Phänotyp herbeiführen mit Mutationen kombiniert
werden, die die Induktorerkennung von TetR verändern. Durch in vivo und in vitro Analysen
sollten so neue Erkenntnisse bezüglich der beiden Eigenschaften von TetR erlangt werden.
12
3. Material und Methoden
3.
Material und Methoden
3.1
Materialien
3.1.1
Chemikalien
Chemikalien
β-Mercaptoethanol
Acrylamid : Bisacrylamid (19:1), 40 %
Agar
Agarose
Ammoniumperoxodisulfat
Ampicillin
Anhydrotetrazyklin-Hydrochlorid
Anti-Maus-IgG-AP-Konjugat
Bio-Rad Protein-Assay Farbstoffkonzentrat
Borsäure
Bromphenolblau
5-Brom-4-chlor-3-indolyl-β-D-galactosid (X-Gal)
Chloramphenicol
Chloroform
4-De-Dimethylamino-Anhydrotetracyclin
Dimethylsulfoxid (DMSO)
Doxyzyklin
Dithiothreitol (DTT)
Essigsäure
Ethanol
Ethylendiamintetraacetat (EDTA)
Ethidiumbromid
Formamid, deionisiert
Glutathion oxidiert
Glutathion reduziert
Glycerin
Harnstoff
Hefeextrakt
I-Block-Reagent
Isopropylthio-β-D-galacto-pyranosid (IPTG)
Isopropanol
Kanamycin
Kaliumhydrogenphosphat
di-Kaliumhydrogenphosphat-Trihydrat
Kupfer-II-Sulfat
Magnesiumchlorid
Magnesiumsulfat
McConkey Agar Base
Methanol
N, N`-Dimethylformamid (DMF)
Natriumacetat
Natriumcarbonat
Natriumchlorid
Natriumdihydrogenphosphat
13
Bezugsquelle
Merck, Darmstadt
Roth, Karlsruhe
Oxoid, Heidelberg
Sigma, Deisenhofen
Sigma, Deisenhofen
Roth, Karlsruhe
Acros, USA
Amersham Life Science
Bio-Rad, München
Merck, Darmstadt
Serva, Heidelberg
Boehringer, Mannheim
Sigma, USA
Roth, Karlsruhe
Prof. Gmeiner,
Lehrstuhl für Pharmaz. Chemie
Merck, Darmstadt
Sigma, Steinheim
Serva, Heidelberg
Roth, Karlsruhe
Roth, Karlsruhe
Roth, Karlsruhe
Roth, Karlsruhe
Sigma, USA
Sigma, USA
Sigma, USA
Roth, Karlsruhe
ICN, Meckenheim
Oxoid, Heidelberg
Tropix, USA
PeqLab, Erlangen
Roth, Karlsruhe
Sigma, München
Roth, Karlsruhe
Roth, Karlsruhe
Merck, Darmstadt
Roth, Karlsruhe
Merck, Darmstadt
Beckton-Dickinson, USA
Roth, Karlsruhe
Roth, Karlsruhe
Merck, Darmstadt
Merck, Darmstadt
Roth, Karlsruhe
Merck, Darmstadt
3. Material und Methoden
Natriumdodecylsulfat (SDS)
Natriumhydrogencarbonat
Natriumhydrogenphosphat
o-Nitrophenyl-β-D-galacto-pyranosid (ONPG)
1,10-o-Phenanthroline
Saccharose
Salzsäure
Tetracyclin- Hydrochlorid
N, N, N‘, N‘-Tetramethylethylendiamin (TEMED)
Tris(hydroxymethyl)aminomethan (Tris)
Triton-X-100
Trypton
Tween 20
3.1.2
Verbrauchsmittel
Verbrauchsmittel
Einmalspritzen
Eppendorf Reaktionsgefäße (1,5ml; 2.2ml)
Entwickler und Fixierer für Röntgenfilme
Filterpapier
Filtron centrifugal concentrator
Fluoreszenzküvetten (Acryl, 10x10x48 mm)
Fluorotrans Transfer-Membran (PVDF)
Gelfiltrationssäule Superdex 75
Greinerröhrchen
Gewebekulturplatten mit 96 ∅7,5mm
Halbmikroküvetten, Kunststoff
Mikroliterpipetten
Nitrocellulose Dialyseplättchen
Petrischalen, Kunststoff
Pipettenspitzen, Kunststoff
PCR-Reaktionsgefäße MicroAmp, 0,2 ml
Poros HS/M Kationenaustauscher
Quarzküvetten
Röntgenfilm X-AR-5
Sensorchip SA
Sterilfilter Filtropur S 0,2
Sterilfilter Steritop
Ultrazentrifugenbecher
Zentrifugenröhrchen, 12 bzw. 50 ml
Zentrifugenbecher(JA10,JA20)
3.1.3
Serva, Heidelberg
Merck, Darmstadt
Roth, Karlsruhe
Sigma, USA
Sigma, Deisenhofen
Merck, Darmstadt
Roth, Karlsruhe
Fluka, Neu-Ulm, Schweiz
Merck, Darmstadt
Boehringer, Mannheim
Serva, Heidelberg
Oxoid, Heidelberg
Roth, Karlsruhe
Bezugsquelle
Becton Dickinson, Irland
Eppendorf
Tetenal Photowerk, Norderstedt
Whatman, England
Filtron, USA
Sarstedt, Nürnbrecht
Pall, UK
Pharmacia, Freiburg
Greiner, Nürtingen
Greiner, Nürtingen
Greiner, Nürtingen
Gilson, Brand
Millipore, Eschborn
Greiner, Nürtingen
Greiner, Nürtingen
Perkin Elmer, USA
PE Applied Biosystems, Freiburg
Hellma, Mühlheim
Kodak, England
BIAcore, Schweden
Sarstedt,Nümbrecht
Millipore, Eschborn
Beckmann, München
Greiner, Nürtingen
Valgene
Geräte
Gerät
ABI PRISM 310 Genetic Analyzer
Äkta Prime
Äkta FPLC
Autoklav
Bezugsquelle
PE Applied Biosystems, Freiburg
Amersham Biosciences, Freiburg
Amersham Biosciences, Freiburg
Sitram
14
3. Material und Methoden
BIAcore X
Biocad Vision Workstation
BIAcore, Schweden
Applied Biosystems,
Weiterstadt
Biofuge A, fresco und primo
Heraeus Christ,
Osterode
Elektrophoreseapparaturen für Agarose- und PAA-Gele B. Macht, M. Müller Uni ErlangenNürnberg
Elektroporationsgerät Gene Pulser + Pulse controller
Bio Rad, München
Feinwaage Sartorius Analytic
Sartorius, Göttingen
Fluorolog 3 Double Spectrometer
Spex, USA
Heizblock Dri Block DB3
Techne, England
Kühlzentrifuge Avanti J-25
Beckmann, München
Kulturschüttler G25
New Brunswick, NeuIsenburg
Kulturschüttler Innova 4430
New Brunswick, Nürtingen
pH-Meter 766 Calimatic
Knick, Berlin
Refraktometer
Zeiss, Oberkochen
Spektralphotometer Photometer 3000
Pharmacia Biotech,
Freiburg
Thermocycler Gene Amp PCR-System 2400
Pharmacia Biotech,
Freiburg
Thermocycler Primus 96
Peqlab, Erlangen
TECAN SpectraFluor Plus
TECAN, Crailsheim
Ultraschallgerät Sonoplus HD2200
Bandelin, Berlin
Ultraschallgerät Sonoplus HD2070
Bandelin, Berlin
Ultrazentrifuge L7-55
Beckmann, München
Vakuum-Zentrifuge
Heraeus Christ,
Osterode
Mini V 8x10 Elektrophorese - und Blotkammer
Gibco-BRL
Wasservollentsalzungsanlage
Millipore, Frankreich
3.1.4
Verwendete Enzyme, Proteine und Größenstandards
Enzym/Protein/Größenstandard
Enzyme für die Polymerasekettenreaktion:
Pfu DNA-Polymerase
Pwo DNA-Polymerase
Vent DNA-Polymerase
rTaq-DNA-Polymerase
Restriktionsendonucleasen:
Bezugsquelle
Stratagene, USA
NEB, Frankfurt am Main
NEB, Frankfurt am Main
Pharmacia, Freiburg,
NEB, Frankfurt am Main
MBI Fermentas,
St.Leon-Rot
Pharmacia, Freiburg
Gibco/BRL, Karlsruhe
PE Applied Biosystems, Freiburg
Sigma, München
Roth, Karlsruhe
Peqlab, Erlangen
Peqlab, Erlangen
Seqlab, Göttingen
Serva, Heidelberg
Serva, Heidelberg
Big Dye Termination
Lysozym
DNAseI
PeqGoldII Proteinstandard
PeqGoldIV Proteinstandard
Polyklonale anti-TetR(BD) Antikörper
Rinderserumalbumin (BSA)
RNAse
15
3. Material und Methoden
T4 DNA-Ligase
Shrimps Alkalische Phosphatase
3.1.5
NEB, Frankfurt am Main
Roche, Mannheim
Antikörper
Rb-anti-TetR(BD), polyklonaler AK
Seqlab, Göttingen
Monoklonale AK Gemisch aus:
To 17a“
To 38 DI 3D
To 61
TOM 3
TOM 4
Top 19/35
(Pook, 1998)
(Pook, 1998)
(Pook, 1998)
(Pook, 1998)
(Pook, 1998)
(Pook, 1998)
3.1.6 Oligonukleotide
Tab. 3.1: Oligonukleotide
Name
Sequenz (5´nach 3´)
α4deg
AATAAGCGGGCCCTACTGGATGCGCTGGCGGTGGAGATCTTGG
CGCGTCATAAGGATTAT
K64_ApaI
S138W
GGTTATATGCGATTTCAGCGTCTGGCATTTTACCTTAGG
N82W
TTTCTGCGCAATTGGGCAATG
I134WS135L
TTATATGCGTGGTTAGCGGTC
I134W/S138W
TATGCGTGGTCAGCGGTCTGGCATTTT
82mut_FspI
TCATTTCTGCGCAATNNSGCAATGAGTTTC
BD-138I
ACCTAAGGTAAAATGGATGACCGC
SL135/138mut
TTAGCGGTCNNSCATTTTACTTTAGGTGCC
S135mut
TTAGCGGTCNNSCATTTTACTTTAGGTGCC
E23C-L25V-BD
GTTTGTTACACCGCAGATTCCGACCTC
E23C (3´-5´)
GGTTGTTAAACCGCAGATTCCGACCTC
Creus-48v
CTAATAAAATTAATCATTTATGGCATAGGCAACAAG
Creus-48r
CTTCGTATAAAACTTGTTGCCTATGCCATAAATGAT
tetO1a
GGGTGTCCGACACTCTATCATTGATAGAGTTATTATAACC
16
3. Material und Methoden
tetO1b
CGGTATAATAACTCTATCAATGATAGAGTGTCGGCACACC
BD-ApaI
AATAAGCGGGCCCTACTGGATGCG
DP1pUC
GGGCCCGCTATTACGCCA
DP4
GCCACCAGTCCCGCCG
DP6
GAGCTGTAGAACCAATGG
DP9
CACTTTTCGGCAAAAGACAG
D-BglII
GCGGTGGAGATCTTGGCGCGTCATC
D-MluI
GCACCTCGGCACGCGTCCTGATGAAAAACAG
P7
CGCCGTACTGCCCGCTTGG
610gv
GGATAACAATTTCACACAG
610gh
GGGCGGCGACGTTAACTC
1925gv
GCAAACCGCCTCTCCCGC
1925gh
GGGCGATCGGTGCGGGC
1411gv
TGATCCTCGCCGTACTGC
1411gh
GGCGGCGACGTTAACTCG
Unterstrichene Nukleotide wurden graduell randomisiert. Dabei betrug die Verunreinigung mit
nicht-Wildtyp Basen 11 %. N = A, C, G, T; S = C oder G.
Tab. 3.2: Oligonukleotide für Oberflächenplasmonenresonanz
Name
Sequenz (5´nach 3´)
biotinteto1
CCCTAATTTTTGTTGACACTCTATCATTGATAGAGTTATTTTACCACTC
teto1_kompl
GAGTGGTAAAATAACTCTATCAATGATAGAGTGTCAACAAAAATTAGG
biotin_teto1_rand
CCTAATTTTTGTTGACTGTGTTAGTCCATAGCTGGTATTTTACCACTC
teto1_kompl_rand GAGTGGTAAAATACCAGCTATGGACTAACACAGTCAACAAAAATTAGG
17
3. Material und Methoden
3.1.7
Kommerziell erhältliche Systeme
Bio-Rad Proteinassay
NucleoSpin
NucleoSpin Extract
Nucleobond AX 100
ECL+ - Kit
Bio Rad, München
Macherey-Nagel, Düren
Macherey-Nagel, Düren
Macherey-Nagel, Düren
Amersham Biosciences,
Freiburg
Amersham Biosciences,
Freiburg
GFX Gelelution
3.1.8 Bakterienstämme und Plasmide
Die verwendeten Bakterienstämme sind in Tabelle 3.3, Plasmide in Tabelle 3.4 aufgelistet.
Tab. 3.3: Bakterienstämme und Bakteriophagen
Stamm
Genetische Marker
Referenz
E. coli WH207
galK, rpsL, thi, ΔlacX74, recA13
(Wissmann et al., 1991)
E. coli RB791
IN[rrnD-rrnE]l, lacIq, L8
(Brent and Ptashne, 1981)
E. coli DH5α
recA1, endA1, gyrA96, thi, hsdR17(rK-,
mK+);relA1, supE44,
80dlacZΔM15,Δ(lacZYA-argF)U169
(Hanahan, 1985)
λtet50
Tn10 tetA-lacZ Transkriptionsfusion bet+,
gam+, cIII+, cI+
(Brent and Ptashne, 1981)
λWH25
lacI´POwtOidgalKλt°lacZY´, cI857, Sam7
lacP/O – galK Transkriptionsfusion
(Wissmann et al., 1991)
Tab. 3.4: Verwendete Plasmide
Plasmid
Genetische Marker
Referenz
pWH1401
CmR , ohne tetR
(Baumeister et al., 1992)
pWH1411(BD)+
CmR , pACYC177-Derivat, tetR Expression
(Baumeister et al., 1992)
pWH1925delta
ApR, pUC19-Derivat, ohne tetR
(Scholz et al., 2004)
pWH1925
ApR, pUC19-Derivat, tetR Expression
(Scholz et al., 2004)
pWH414
ApR, tetA-lacZ und tetR-lacI
Transkriptionsfusion
(Wissmann et al., 1991)
pWH1201
KmR, pACYC177-Derivat, ohne tetR
(Altschmied et al., 1988)
pWH519
KmR, pACYC177-Derivat, tetR Expression
(Altschmied et al., 1988)
18
3. Material und Methoden
pWH610
ApR, tetR unter Kontrolle des tac Promotosr
(Ettner et al., 1995)
Tab. 3.5: Konstruierte Plasmide
Plasmid
Charakteristika
Kapitel
pWH1411(BD) + X
X = S135A; S135G; S135L; S135I; S135H; S135V;
S135T; S135Q; S135Y; S135N; S135P; S135W
4.1.2
X = H64K S135I; H64K S135V
4.1.2
X = N82F; N82W; N82R; N82A; N82L; N82S
4.1.1
pWH1411-tetRi1+ X
pWH1925-tetRi1 + X
pWH1925 + X
pWH519 + X
pWH610 + X
X = N82W; I134W; S138W; N82W I134W; N82W
S138W
4.1.3.1
X = S138A; S138G; S138T; S138C; S138V; S138L;
S138I; S138P; S138D; S138Q; S138H; S138R
4.1.3.2
X = N82G; N82T; N82S; N82V; N82L; N82I; N82M;
N82F; N82W; N82E; N82Q
4.1.3.2
X = V99G; V99A; V99S; V99T; V99C; V99L; V99I;
V99M; V99P; V99F; V99Y; V99W; V99D; V99E;
V99N; V99Q; V99H; V99K; V99R
4.4.2
X = L17G; L17A; L17S; L17T; L17C; L17V; L17I;
L17M; L17P; L17F; L17Y; L17W; L17D; L17E; L17N;
L17Q; L17H; L17K; L17R
4.4.3
X = D95A V99G; A97T V99G; N18Y; L17V V20F;
E15A L17V; I59S; I59V H63Q; I59L L60M; G96V;
D95H; K98N; R94C D95C; D95A N81S; Y93C
V99M; R94H K98I V99R; R94S K98I H100Q; R94H
D95N G96R
4.4.1
X = H64K; S135L; S138I; H64K S135L; H64K S138I;
S135L S138I
4.1.3.3
X = L17G; E15A L17G L25V; V99R; R94P V99E;
A56P V57L E58V
4.2.3
X = L17G; E15A L17G L25V; V99R; R94P V99E;
A56P V57L E58V
4.3.2
X = E23C; E107C N165C; L17G E23C; L17G E107C
N165C; E15A L17G L25V E23C; E15A L17G L25V
E107C N165C; V99R E23C; V99R E107C N165C;
R94P V99E E23C; R94P V99E E107C N165C; A56P
V57L E58V E23C; A56P V57L E58V E107C N165C.
4.3.2
X = H64K; S135L; S138I; H64K S135L; H64K S138I;
S135L S138I
4.1.4
19
3. Material und Methoden
3.2
X = L17G; E15A L17G L25V; V99R; R94P V99E;
A56P V57L E58V
4.2.3
X = E23C; E107C N165C; L17G E23C; L17G E107C
N165C; E15A L17G L25V E23C; E15A L17G L25V
E107C N165C; V99R E23C; V99R E107C N165C;
R94P V99E E23C; R94P V99E E107C N165C; A56P
V57L E58V E23C; A56P V57L E58V E107C N165C.
4.3.3
X = H64K S135L S138I L17A; H64K S135L S138I
V99N
4.4.4
Puffer und Medien
Medien und Puffer wurden mit Millipore- oder deionisiertem Wasser angesetzt und bei Bedarf
20 Minuten autoklaviert. Lösungen mit hitzelabilen Stoffen wurden durch Filter mit einer
Porengröße von 0.2 μM sterilisiert. Puffer für Säulenchromatographische Experimente wurden
filtriert und der pH-Wert nach abkühlen auf 4°C eingestellt.
3.2.1
Puffer für Western Blot
Transferpuffer:
10 mM NaHCO3
3 mM Na2CO3
20 % (v/v) Methanol
10 x PBS:
580 mM Na2HPO4
170 mM NaH2PO4
680 mM NaCl
Blockierlösung:
1 x PBS
0,2 % (w/v) I-Block-Reagenz
0,1 % (v/v) Tween 20
I-Block-Reagenz wurde zunächst unter Erwärmen in PBS
gelöst und nach Abkühlen auf RT mit Tween 20 versetzt.
3.2.2
Puffer für DNA- bzw. Protein-Gelelektrophorese
20 x TAE:
Agarose:
800 mM Tris
600 mM NaOAc
pH8.3 (Eisessig)
Verwendet wurde eine 1, 2 oder 3 %-ige wässrige Lösung aus
Agarose, die bei 70°C im Trockenschrank aufbewahrt wurde.
20
3. Material und Methoden
DNA-Farbmarker:
0.05 % (w/v) Bromphenolblau
0.05 % (w/v) Xylencyanol
0.2 % (w/v) SDS
0.1 mM EDTA
50 % (v/v) Glycerin
5 % (v/v) 20 x TAE
10 x Proteinlaufpuffer (PLP):
1.92 M Glycin
0.5 M Tris
10 % SDS
pH8.5 – 8.8
5 x Proteinauftragepuffer (PAP):
nicht reduzierend
140 mM Tris-HCl pH7.0
1.5 % (w/v) Bromphenolblau
50 % (v/v) Glycerin
4 % SDS
20 mM EDTA
5 x Proteinauftragepuffer (PAP):
reduzierend
1.5 % (w/v) Bromphenolblau
50 % (v/v) Glycerin
4 % SDS
16 % (v/v) β-Mercaptoethanol
890 mM Tris-Base
890 mM Borsäure
10 M MgCl2
10 x TBM
Waschlösung:
45 % Methanol
10 % Essigsäure
Färbelösung:
0.5 % (v/v) Coomassie Brillant Blue R250
10 % (v/v) Essigsäure
45 % (v/v) Methanol
Entfärbelösung:
10 % Essigsäure
3.2.3
Puffer für Zellaufschluss und Chromatographien
Solution Puffer
50 mM NaCl
100 mM Tris-HCl pH6.8
25 % Saccharose
10 mM DTT
Lysis Puffer
50 mM NaCl
100 mM Tris-HCl pH6.8
1 % Triton X-100
10 mM DTT
Phosphatpuffer:
49 ml 0.5 M Na2HPO4
51 ml 0.5 M NaH2PO4
Ak-Puffer:
50 mM NaCl
20 mM Phosphat-Puffer
2 mM Dithiothreitol
21
3. Material und Methoden
Bk-Puffer
1 M NaCl
20 mM Phosphat-Puffer
2 mM Dithiothreitol
ZAP-Puffer:
10 mM Tris-HCl pH8.0
200 mM NaCl
5 mM Dithiothreitol
3.2.4
Puffer zur Proteincharakterisierung
K-Puffer:
100 mM Tris-HCl
100 mM NaCl
0.1 mM EDTA / 1 mM EDTA
pH8.0 mit NaOH
O-Puffer:
100 mM Tris HCl
100 mM NaCl
pH8.0 mit NaOH
100 mM Tris-HCl
100 mM NaCl
5 mM MgCl2
1 mM EDTA
pH8.0 mit NaOH
F-Puffer
F-Puffer II
100 mM Tris-HCl, pH8.0
100 mM NaCl
20 mM MgCl2
HBS-EP
10 mM HEPES, pH7.4
300 mM NaCl
3 mM EDTA
0.005 % (v/v) Polysorbat
Oxidationspuffer
20 mM NaH2PO4
50 mM KCl
50 mM NaCl
50 mM MgCl2
Cu-(II)-Phenanthrolin
150 mM Kupfer-II-Sulfat
500 mM 1,10-o-Phenanthrolin
25 % (v/v) Ethanol
3.2.5
Bakteriennährmedien
LB-Medium:
10 g/l Trypton
5 g/l Hefeextrakt
10 g/l NaCl
22
3. Material und Methoden
10x M9-Salze:
60 g/l Na2HPO4
30 g/l KH2PO4
10 g/l NH4Cl
5 g/l NaCl
Der pH-Wert wurde auf 7,4 eingestellt
Minimalmedium :
MacConkey Medium:
GYT-Medium
1 x M9-Salze
0,2 % Glukose-Lsg.
1 mM MgSO4-Lsg.
56 g Fertiggemisch
14 g Laktose
10 % Glycerin
0.125 % (w/v) Hefeextrakt
0.25 % (w/v) Trypton
Festmedien:
Zur Herstellung von Vollmediumplatten wurde dem Medium 1.5 % (w/v) Agar zugegeben und
anschließend autoklaviert.
Um Minimalmediumplatten herzustellen, wurde zuerst Wasser mit 1.5 % (w/v) Agar
autoklaviert und anschließend die restlichen Komponenten bei ca. 50°C steril beigefügt.
3.2.6
Fakultative Zusätze
Antibiotika:
Antibiotika wurden zunächst als Stammlösungen angesetzt. Tetracyclin, Anhydrotetracyclin
und Doxycyclin, sowie Chloramphenicol wurden in 70 % Ethanol gelöst. Ampicillin wurde in
Wasser aufgenommen und anschließend sterilfiltriert. 4-ddma wurde in DMSO gelöst.
Die Antibiotika wurden in folgenden Konzentrationen verwendet:
Ampicillin
Kanamycin
Chloramphenicol
Anhydrotertacyclin
Doxycyclin
Tetracyclin
4-ddma
100 mg/l
30 mg/l
25 mg/l
0.4 μM
0.4 μM
0.4 μM
0.4 μM
X-Gal:
X-Gal wurde als Stammlösung in DMF (4 g/l) angesetzt und zur Herstellung von
Farbtestplatten in einer Konzentration 40 mg/l zugesetzt.
23
3. Material und Methoden
Farbtestplatten:
Für den Blau-Weiß-Test wurden M9-Minimalmediumplatten verwendet, die 40 mg/l X-Gal
(Zusatz einer sterilfiltrierten X-Gal-Stammlösung in DMF) und die Antibiotika Chloramphenicol
und Ampicillin zur Plasmidselektion enthielten.
3.3
Methoden
3.3.1
Allgemeine Methoden
Methode
Absorptionsmessung von DNA-Lösungen
Denaturierende Protein-Gelelektrophorese
Elution von DNA aus Agarosegelen
Ethidiumbromidfärbung von DNA
Elekroporation von E. coli
Gelelektrophorese von DNA
Ligation von DNA-Fragmenten
Plasmidisolierung
Präzipitation von DNA
Sequenzierung von DNA nach der
Kettenabbruchmethode
Bedienungshinweise zum ABI 310 Sequenzierapparat
Transformation von E. coli
3.3.2
Referenz
(Ausubel et al., 1989)
(Laemmli, 1970)
Macherey-Nagel, Düren
(Sambrook, 2001)
(Sambrook, 2001)
(Sambrook, 2001)
(Sambrook, 2001)
Macherey-Nagel, Düren
(Ausubel et al., 1989)
Instructions for
Pharmacia T7
PE Applied Biosystems
(Sambrook, 2001)
Anzucht von Bakterien
Sofern nicht anders vermerkt, wurden Bakterien im gewünschten Volumen LB-Medium bis zur
erforderlichen Zelldichte bei 37°C oder 28°C auf einem Rundschüttler inkubiert (250-300 rpm).
Über-Nacht-Kulturen (ÜNK) wurden 10 bis 16 h inkubiert. Zur β-GalaktosidaseAktivitätsmessung wurde LB-Medium 1/100 mit einer ÜNK von E. coli WH207λtet50 beimpft,
und bei 37°C bis zu einer OD600 0.3-0.5 angezogen. Für den Western-Blot wurde ebenso
verfahren wie für die β-Galaktosidase-Aktivitätsmessung. Die Zellkulturen wurden bis zu einer
OD600 von 0..6 angezogen und anschließend geerntet.
3.3.3
β-Galaktosidase-Aktivitätstest
Zur Bestimmung des Repressionsniveaus der TetR-Mutanten wurden jeweils drei Klone der zu
untersuchenden E. coli-Stämme über Nacht in 4 ml LB-Medium mit Antibiotikum in der
gewünschten Konzentration zur Selektion angezogen. Für die Induktionstests mit
Anhydrotetracyclin, Doxycyclin, 4-ddma und Tetracyclin wurde zu den LB-Medien noch der
entsprechende Induktor in der Konzentration 0.4 μM zugegeben. Zur β-GalaktosidaseAktivitätsmessung wurde LB -Medium 1/100 mit den ÜNK von E. coli WH207λtet50 beimpft,
und bei 37°C oder 28°C bis zu einer OD600 0.3-0.4 angezogen, danach 30 min auf Eis gestellt
und anschließend die OD600 bestimmt. Zur Bestimmung der β-Galaktosidase-Aktivität wurden
24
3. Material und Methoden
zwischen 20 und 200 μl Zellsuspension in insgesamt 1 ml eines Gemisches aus 200 µl 5 x ZPuffer und 600 – 780 µl LB-Medium gegeben, die Zellen durch Zugabe von ca. 5 Tropfen
Chloroform und anschließendem Vortexen aufgeschlossen. Nach 30 minütiger
Thermostatisierung bei 28°C wurde die Reaktion durch Zufügen von 200 μl ONPG-Lösung (4
mg/ml in Z-Puffer) gestartet. Sobald eine Gelbfärbung der Lösung zu beobachten war, wurde
die Reaktion durch Zugabe von 500 μl 1 M Na2CO3-Lösung gestoppt, und die Absorption bei
420 nm bzw. 550 nm bestimmt.
Die Berechnung der spezifischen Aktivität erfolgte nach Miller (Miller, 1972), bezogen auf die
Zelldichte der jeweils eingesetzten Kultur:
1 U = [1000 x (OD420 – 1.75 x OD550)] / [OD600 x V x t]
mit:
OD420 :
Absorption von o-Nitrophenol
OD550 :
Absorption der Zelltrümmer
OD600 :
Zelldichte der Kultur
V
:
Probenvolumen in ml
t
:
Reaktionszeit in min
1x Z-Puffer:
60 mM Na2HPO4
40 mM NaH2PO4
10 mM KCl
1 mM MgCl2
50 mM β-ME
pH7.0
ONPG-Lösung: 4 mg ml-1 in 1 x Z-Puffer
3.3.4
Western Blot
E. coli WH207λtet50 Zellen wurden gemäß Kapitel 3.3.3, aber in einem Volumen von 100 ml,
bis zu einer Zelldichte von OD600 = 0.5 angezogen: Die Zellen wurden bei 4°C mit 8500 U/min
10 min pelletiert. Die Pellets wurden in 300 μl 1 x ZAP aufgenommen und 1 x 30 s bei 40 %
mit der kleinen Ultraschallsonde aufgeschlossen. Die Gesamtproteinkonzentration wurde
mittels Bradford bestimmt und dann je 50 bis 100 μg Proteinrohextrakt auf das Gel
aufgetragen. Als Kontrolle wurden jeweils 50 ng bereits aufgereinigter Tet Repressor
verwendet. Der Proteintransfer wurde nach der Methode von Tobwin (Towbin et al., 1979) mit
folgenden Modifikationen durchgeführt: Nach der Elektrophorese wurde das Gel 30 min in
Transferpuffer geschwenkt, während die PVDF-Transfermembran für 10 min in Methanol
eingelegt und anschließend in Transferpuffer gewaschen wurde. Die Übertragung der Proteine
aus dem PAA Gel auf die PVDF - Membran erfolgte über Nacht in Transferpuffer in einer
“Mini V 8x10“ Elektrophorese - und Blotkammer (Gibco-BRL) bei 4°C und 120 mA. Nach dem
Blot - Vorgang wurden die Membranen bei RT auf einem Schwenkbad in
Kunststoffpetrischalen mit folgenden Lösungen behandelt:
25
3. Material und Methoden
2 x 10 min
Waschlösung
1h
Blockierlösung
1h
1 : 20000 Verdünnung eines Gemisches monoklonaler TetR - Antikörper
in
Waschlösung
bzw. 15 min
1 : 20000 Verdünnung eines Gemisches polyklonaler TetR - Antikörper
in
Waschlösung
2 x 10 min
Waschlösung
30 min
anti-Maus-IgG-AP-Konjugat 1:10000 in Waschlösung
2 x 10 min
Waschlösung
1 min
ECL+-Kit-Lösung
Nach fünfminütiger Inkubation der PVDF-Membran mit der ECL+-Kit-Lsg. wurde die Membran
auf einen Röntgenfilm aufgelegt und dieser nach unterschiedlicher Belichtungszeit entwickelt.
3.3.5
Methoden mit Nucleinsäuren
3.3.5.1 Restriktionsspaltung von DNA
Die Restriktion von DNA mit Endonukleasen wurde in dem jeweiligen vom Hersteller
empfohlenen Puffersystem durchgeführt. Die Menge an Enzym und die Inkubationsdauer
richteten sich nach der eingesetzten DNA-Menge und der Anzahl an Schnittstellen im Plasmid.
Das Gesamtvolumen des Restriktionsansatzes betrug mindestens das Zehnfache des
Enzymvolumens. Die Inaktivierungn der Enzyme wurde, falls möglich, nach Anleitung des
Herstellers durchgeführt.
3.3.5.2
Dephosphorylierung von 5`-DNA-Enden
Um die Religation von linearisierten Vektoren mit kompatiblen Enden zu verhindern, wurden
die Phosphatgruppen an deren 5`-Enden mit Shrimps Alkalischer Phosphatase abgespalten.
Die Durchführung erfolgte nach Anleitung des Herstellers (Gibco BRL, Life Technologies,
USA).
3.3.5.3
Ligation von DNA-Fragmenten
DNA-Fragmente können mit Hilfe der T4-DNA-Ligase kovalent verknüpft werden, sofern die
Enden kompatibel sind. In die Ligation wurden jeweils 50 - 200 ng Vektor mit Insert in den
molaren Verhältnissen 1 : 1, 1 : 2 und 1 : 3 eingesetzt. Die Ligationsansätze wurden nach
Anleitung des Herstellers (NEB, Frankfurt am Main) pipettiert und 4 h bei 15°C oder über
Nacht bei 4°C inkubiert.
3.3.5.4
Herstellung kompetenter E. coli-Zellen
Die Methode (Hanahan, 1985) wurde wie folgt modifiziert:
LB-Medium wurde 1 : 100 mit einer E. coli ÜNK angeimpft und bei 37°C bis zu einer Zelldichte
von 0.6 oD600 geschüttelt. Die Zellen wurden geerntet und im halben Volumen der
26
3. Material und Methoden
ursprünglichen Kultur kalter 0.1 M CaCl2-Lösung resuspendiert und 30 min. auf Eis gestellt.
Nach erneuter Zentrifugation wurde in 1/10 Volumen CaCl2 resuspeniert. Nach 2 h auf Eis
wurden die Zellen zur Aufbewahrung mit sterilem Glycerin (Endkonzentration 15%) versetzt, in
flüssigem Stickstoff eingefroren und bei –70°C aufbewahrt.
3.3.5.5
Transformation von E. coli Zellen mit Plasmid DNA
In einem Eppendorf-Gefäß wurden 200 μl kompetente Zellen mit 50 – 100 ng DNA oder mit
einem halben Ligationsansatz für 60 min auf Eis inkubiert. Nach einer Hitzebehandlung von 2
min bei 42°C wurde 1 ml LB zugegeben. Dieser Ansatz wurde für 45 min bei 37°C auf einem
Schüttler inkubiert und anschließend in geeigneten Volumina auf antibiotikahaltige LB-Platten
ausplattiert und bei 37°C bebrütet.
3.3.5.6
Herstellung elektrokompetenter E. coli-Zellen
Die Methode wurde wie in (Sambrook, 2001) beschrieben durchgeführt. LB-Medium wurde 1 :
100 mit einer E. coli ÜNK angeimpft und bei 37°C bis zu einer Zelldichte von 0,4 oD600
geschüttelt. Die Zellen wurden geerntet und im halben Volumen der ursprünglichen Kultur
kaltem Millipore resuspendiert. Nach erneutem Waschen mit 1/4 des Kulturvolumens Millipore
und 10 ml 10 % Glycerin wurden die Zellen in 1 ml GYT Medium aufgenommen, in flüssigem
Stickstoff eingefroren und bei –70°C aufbewahrt.
3.3.5.7
Elektroporation von Plasmid-DNA in E. coli Zellen
In einem Eppendorf-Gefäß wurden 40 μl elektrokompetente Zellen mit 50 – 100 ng DNA oder
mit einem halben Ligationsansatz auf Eis vorsichtig gemischt. Der Ansatz wurde in
Elektroporationsküvetten (PeqLab, Erlangen) überführt und die Elektroporation bei 200 Ohm,
2.5 V durchgeführt. Die Zellen wurden in 2 ml warmen LB Medium aufgenommen und für 45
min bei 37°C auf einem Schüttler inkubiert und anschließend in geeigneten Volumina auf
antibiotikahaltige LB-Platten ausplattiert und bei 37°C bebrütet.
3.3.5.8
Ethanol-Fällung von DNA
Die DNA-Lösung wurde zunächst mit 1/10 des Volumens 3 M Natriumacetat (pH5.2) versetzt,
danach 2 Volumina auf -20°C vorgekühlter Ethanol zugegeben und für ca. 10 min auf Eis
inkubiert. Nach Zentrifugation (Biofuge fresco, 40 min, 13000 rpm, 4°C) wurde der Überstand
abgenommen, 1 ml 70 % Ethanol zum Rückstand gegeben, erneut für 10 min zentrifugiert und
anschließend die DNA nach Verwerfen des Überstandes in der Vakuumzentrifuge getrocknet.
3.3.5.9
Sequenzierung von DNA
Grundlage des angewendeten Verfahrens war die Kettenabbruchmethode von Sanger. Als
Terminatoren der Sequenzierreaktion dienten unterschiedlich fluoreszenzmarkierte Didesoxynukleotide, die als vorgefertigtes Reagens bezogen wurden (Big Dye Terminator Mix,
Perkin Elmer). Die Durchführung der Sequenzierreaktion erfolgte nach den Empfehlungen des
Herstellers. Sie wurde mit folgendem Programm durchgeführt:
27
3. Material und Methoden
25 Zyklen mit
96°C
55°C
60°C
10 s
5s
4 min
Analysiert wurden die Produkte der Sequenzierreaktion mit dem ABI PRISM Genetic Analyser
310.
3.3.5.10
Mutagenese mittels PCR (Polymerasekettenreaktion)
Die Einführung der Mutation erfolgt im ersten PCR-Schritt, wobei das jeweilige
Ausgangsplasmid als Matrize diente. Als hitzestabile DNA-Polymerasen wurden Pfu-,
Phusion-, Taq- und Vent-Polymerase in dem vom Hersteller gelieferten Puffersystem
verwendet. Die für die Synthese der verschiedenen Mutanten eingesetzten Oligonukleotide
und die in der PCR-Reaktion gewählten Anlagerungstemperaturen sind in Tabelle 3.5
wiedergegeben. Für die zweite Stufe der PCR-Mutagenese wurde das mittels
Gelelektrophorese gereinigte, und durch NucleoSpin Extract-Kit isolierte Produkt der ersten
PCR als Primer eingesetzt. Für die Synthesen wurden die beiden DNA-Polymerasen Phusionund Vent eingesetzt, um jeweils mit den saubersten DNA-Fragmenten weiterarbeiten zu
können. Außerdem wurde ein Temperaturgradienten–PCR-Gerät genutzt um die optimale
Annealingtemperatur zu bestimmen.
Reaktionsansatz
Matrizen-DNA
Oligonukleotid I
Oligonukleotid II
Polymerase
10 x Polymerase-Puffer
10 mM dNTP-Stammlösung
Millipore-Wasser
erste PCR-Stufe
300 ng
200 pmol
200 pmol
7U
10 μl
4 μl
ad 100 μl
zweite PCR-Stufe
300 ng
200 pmol
200 pmol
7U
10 μl
4 μl
ad 100 μl
Programm
Denaturierung
Hybridisierung
Polymerisation
Zyklen
94°C, 1 - 2 min
60 - 45°C, 1 - 2 min
72°C, 1 - 2 min
25 - 35
Nach Abschluss des Programms wurde auf 4°C abgekühlt.
28
94°C, 1 - 2 min
60 - 40°C , 1 – 2 min
72°C, 1 - 2 min
25 - 35
3. Material und Methoden
3.3.6
3.3.6.1
Methoden zur Proteincharakterisierung
Anzucht der Zellen
Zur Überexpression von Proteinen wurde E. coli RB791, transformiert mit pWH610 Derivaten,
bei 20°C, oder 28°C angezogen und bei einer Optischen Dichte zwischen 0.4 und 0.6 mit
einer Endkonzentration von 1 mM IPTG induziert und für mindestens 3 Stunden weiter
inkubiert. Für Überexpressionstests wurden 20 ml LB-Medium 1 : 100 mit einer
Übernachtkultur angeimpft. Es wurden 10 ml vor der Induktion und 10 ml der Kultur nach der
Induktion durch Zentrifugation geerntet und in Ak Puffer resuspendiert. Für die Aufreinigung
von Protein wurden mindestens 3 l LB-Medium verwendet.
3.3.6.2
Aufschluss der Zellen
Die sedimentierten Zellen wurden in 1/100-tel des Ausgangsvolumens Ak Puffer resuspendiert
und unter Verwendung der Ultraschallsonde Sonoplus HD 2200 aufgeschlossen. Durch
Kühlung mit Eiswasser wurde verhindert, daß die Temperatur der Zellsuspension während der
Beschallung 10°C überstieg.
Eine alternative Zellaufschlussmethode wurde für schlecht aufzureinigende Proteine
verwendet. Die Zellen aus 1 l LB-Medium wurden in 13 ml Solution Puffer aufgenommen und
resuspendiert. Nach einer kurzen Ultraschallbehandlung (40 %, 40-sec.) wurden 5 mg
Lysozym, 250 μg DNase I und 2 mM MgCl2 zugegeben, mit 12.5 ml Lysis Puffer gemischt und
1 Stunde bei Raumtemperatur inkubiert. Nach Zugabe von 6 mM EDTA wurden die Zellen in
flüssigem Stickstoff eingefroren und anschließend bei 37°C wieder aufgetaut.
Nach dem Zellaufschluss wurden die löslichen Bestandteile von den unlöslichen durch
Ultrazentrifugation abgetrennt.
3.3.6.3
Chromatographische Reinigung
Die Säulenchromatographische Reinigung erfogte über eine Kationen-austauschersäule
(Poros HS/M 20 ml Volumen) an einer Biocad Vision Anlage und eine Gelfiltrationssäule
(Superdex G75, 1,6 x 60 cm) an einer Äkta Prime oder Äkta FPLC. Die Proteine, die sich nach
Zellaufschluss und Zentrifugation im Überstand befanden, wurden auf den Kationentauscher
aufgetragen und durch einen linearen NaCl-Gradienten eluiert. Die Flußgeschwindigkeit
betrug zwischen 4 und 20 ml/min. Protein enthaltende Fraktionen wurden auf einem 10 %SDS-PAA-Gel analysiert und die Fraktionen mit den geringsten Verunreinigungen vereinigt.
Die vereinigten Fraktionen wurden mit einer Endkonzentration von 60 % Ammoniumsulfat
gefällt und das Pellet nach Zentrifugation in 2 bis 5 ml ZAP Puffer resuspendiert. Die
Gelfiltration wurde mit einer Flußgeschwindigkeit zwischen 0.5 und 1 ml/min durchgeführt. Die
Fraktionen mit dem meisten Protein wurden vereingit und in einem Mikrokonzentrator (Filtron
centrifugal concentrator) auf Volumina zwischen 300 μl und 1 ml eingeengt. Das so erhaltene
Protein wurde zu einem Endgehalt von 50 % Glycerin und 1 x ZAP verdünnt und bei – 20°C
gelagert.
3.3.6.4
Konzentrationsbestimmung von Proteinlösungen
Die Ermittlung der Proteinkonzentrationen für Überexpressionstests und Western Blot erfolgte
nach der Methode von Bradford (Bradford, 1976) mit einem vorgefertigtem Reagenz (Bio-Rad,
München). Als Referenz diente eine BSA-Lösung, deren Konzentration spektralphotometrisch
bestimmt wurde. Die Messungen wurden in 96-Napfplatten im TECAN Plattenleser
29
3. Material und Methoden
durchgeführt. Die Konzentration von aufgereinigtem TetR wurde durch Messung der
Absorption bei 280 nm bestimmt. Nach Lambert-Beer läßt sich aus der Absorption die
Konzentration c einer Proteinlösung bestimmen, wenn der Extinktionskoeffizient ε bekannt ist.
c = A/( ε · d)
wobei A die Absorption bei 280 nm und d die Schichtdicke ist. Durch Umformung läßt sich die
Konzentration bestimmen, indem man für ε die folgende Summe einsetzt:
ε = x · εy + y · εW ; εW = 5700 M-1; εY = 1300 M-1
x ist die Anzahl der Tryptophane (W) und y die der Tyrosine (Y) des Proteins. Die Anzahl
wurde dabei stets auf das Monomer bezogen.
3.3.6.5
Bestimmung der Induktorbindeaktivität
Die Menge an aktivem Tet Repressor wurde durch Titration von 4 oder 8 nmol TetR mit
Induktorlösungen bekannter Stoffmenge in F-Puffer durchgeführt. Das Volumen betrug 2 ml.
Nach der Zugabe von Induktor wurde die Lösung 3 Minuten bei 25°C inkubiert und dann die
Fluoreszenzzunahme gemessen.
Die Anregungs- und Emissionswellenlängen betrugen 370 nm/ 515 nm für tc und dox, 420
nm/540 nm für 4-ddma und 455 nm/545 nm für atc. Nach graphischer Auftragung der Punkte
wurde der Äquivalenzpunkt bestimmt. Hierzu wurden zwei Geraden definiert: eine Gerade, auf
welcher der Nullpunkt und die ersten drei bis sechs Werte liegen und eine zweite, die durch
die Sättigungswerte festgelegt war. Der Schnittpunkt dieser zwei Geraden wurde auf die
Abszisse projiziert und so die Menge an Induktor ermittelt, die gleich der Menge an
bindefähigem Protein ist.
3.3.6.6
Bestimmung der Assoziationsgeschwindigkeitskonstanten kass von [atc-Mg]+
mit TetR
Zu 2 ml einer atc Lösung in F-Puffer wurde zum Zeitpunkt t = 0 äquimolar TetR zugegeben
und die Fluoreszenzzunahme über einen Zeitraum von 2000 s verfolgt. Die Auswertung
erfolgte unter Annahme einer bimolekularen Assoziationsreaktion nach (Takahashi et al.,
1986).
T+R
TR
(T = [atc-Mg]+, R = TetR)
Aus dieser Gleichung lässt sich folgendes Gleichgewicht aufstellen:
-dc(T)
dt
= kass · c(T) · c(R)
da c(T) = c(R) vereinfacht sich das Gesetz:
30
3. Material und Methoden
-dc(T)
dt
= kass · c2(T)
Nach Integration und Umformen dieser Gleichung erhält man:
c(T)0
c(T)t
= kass · c(T)0 · t
mit c(T)0 als die Tc-Konzentration vor der TetR Zugabe und c(T)t die Konzentration zum
Zeitpunkt t. Weiterhin kann formuliert werden:
Fmax = m · c(TR)∞
F0 = n · c(T)0
Ft = n · c(T)t + m · c(TR)t
Mit m und n als Proportionalitätsfaktoren und Fmax als maximal erreichbare Fluoreszenz, F0 als
Fluoreszenzwert ohne TetR und Ft als Fluoreszenz nach Zugabe von TetR zum Zeitpunkt t.
Da c(TR) ∞ = c(T)0 muss c(TR)t = c(T)0 – c(T)t sein. Die relative Maximalfluoreszenz ΔFmax und
die Änderung der relativen Fluoreszenz können wie folgt formuliert werden:
ΔFmax = Fmax – F0 = (m - n) ·c(T)0
ΔF = Ft – F0 = (m – n) · (c(T)0 – c(T)t)
Daraus folgt:
ΔFmax
(ΔFmax - ΔF)
= c(T)0 / c(T)t
ΔFmax
(ΔFmax - ΔF)
= kass · c(T)0 · t + 1
was einer Geradengleichung mit der Steigung kass · c(T)0 entspricht. Hiermit kann kass durch
die Auftragung von ΔFmax/(ΔFmax - ΔF) gegen die Zeit bestimmt werden. Das Einzeichnen einer
Geraden mittels linearer Regression an den linearisierten Graphen innerhalb der ersten 100
Sekunden ergab den gesuchten Wert.
3.3.6.7
Titration von 4-ddma mit MgCl2
Zur Bestimmung der Mg2+ Bindekonstanten an 4-ddma wurde zu 20 μM 4-ddma in 2 ml OPuffer mit MgCl2 Lösungen titriert. Die in der Küvette vorliegende Konzentration variierte dabei
von 0.1 μM bis 100 mM. Nach jeder Zugabe wurde ein Absorptionsspektrum von 220 nm bis
550 nm aufgenommen. Die Auswertung erfolgte wie beschrieben (Scholz et al., 2000).
31
3. Material und Methoden
3.3.6.8
Bestimmung von Gleichgewichtskonstanten von [tcX-Mg]+ mit TetR durch
direkte Titration
Der Gleichgewichtsreaktion für die Bindung eines Liganden L an einen Akzeptor A
A+L
AL
lässt sich nach dem Massenwirkungsgesetz die Gleichgewichtsbindekonstante
(AL)
(A) · (L)
=K
zuweisen. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei (A) und (L) nicht um die bei der Messung
eingesetzten Gesamtkonzentrationen handelt, sondern um die Konzentrationen an freien
Reaktanden nach Einstellung des Gleichgewichts. Diese sind in der Regel bei einem
Titrationsexperiment zunächst unbekannt. Zur Bestimmung von K wird zunächst der
Sättigungsgrad υ des Rezeptors als
(L)total – (L)
(A)total
=υ
definiert. Weiterhin gilt:
(AL) = (A)total – (A) = (L)total – (L)
Durch Einsetzen und Umformen erhält man
(AL)
(A)total
=υ
K · (L) · (A)
(A) · (AL)
=υ
K · (L)
1 + K · (L)
=υ
Wird eine Gleichgewichtstitration von Rezeptor mit Ligand durchgeführt, kann aus dem
Fluoreszenzsignal (S) die fraktionelle Sättigung FS als
(S – Smin)
(Smax – Smin)
= FS
errechnet werden.
Stammt das Signal vom Liganden, so muss berücksichtigt werden, dass sich die
Ligandenkonzentration, und somit das Hintergrundsignal, bei jedem Schritt ändert. Hierzu
kann eine Titration von Puffer mit Ligand durchgeführt werden und das Signal direkt von dem
Signal der Titration von Akzeptor mit Ligand abgezogen werden.
Zur Berechnung der Werte für das (molare) Signal des freien Liganden Smin und des
vollständig komplexierten Liganden Smax wurden zusätzliche Titrationen durchgeführt. Für die
Smin Bestimmung wurde Puffer mit dem Liganden titriert und daraus direkt Smin berechnet. Für
die Smax Bestimmung wurde eine Titration von Ligand mit Akzeptor durchgeführt. Aus der
32
3. Material und Methoden
doppelt reziproken Auftragung von 1/S gegen 1/c(L)total kann Smax als Achsenabschnitt der
Ordinate abgelesen werden.
Es gilt:
(L)total
(A)total
· FS = υ
Die Konzentration des freien Liganden errechnet sich als:
(L) = (L)total – FS · (L)total
Stammt das Signal vom Akzeptor, so gilt:
υ = FS
und die Konzentration des freien Liganden errechnet sich nach
(L) = (L)total – FS · (A)total
Die Bindung von [atc-Mg]+ (L) durch den dimeren Akzeptor Tet Repressor (A) kann durch die
beiden Gleichungen (1) und (2) beschrieben werden:
A + L = AL1
(1)
AL1 + L = AL2
(2)
Für jede dieser Reaktionen kann eine Gleichgewichstkonstante K formuliert werden:
(AL1)
(A) · (L)
= K1
(3)
(AL2)
(AL1) · (L) = K2
(4)
Durch Umstellen der Gleichungen und Auflösen nach den Liganden-gebundenen Spezies
entstehen die Gleichungen (5) und (6).
(AL1) = K1 · (A) · (L)
(AL2) = K2 · (AL1) · (L) = K1 · K2 · (A) · (L)2
(5)
(6)
Ausgehend von den Gleichungen (1) bis (6) kann der Anteil an gebundenem Ligand υ
formuliert werden (7). Durch Umformen erhält man Gleichung (8), nach der die Bindefunktion
berechnet werden kann.
33
3. Material und Methoden
(AL1) · 2(AL2)
(A) + (AL1) + (AL2)
=υ
K1 · L · (1 + K2 · L)
1 + K1 · L · (1 + K2 · L)
=υ
(7)
(8)
Diese Gleichung wurde für die Auswertung der Titrationen von Ligand mit Akzeptor zur
Berücksichtigung von kooperativer Bindung verwendet.
3.3.6.9
Bestimmung von Gleichgewichtskonstanten von [tcX-Mg]+ mit TetR durch
Titration mit Mg2+
Bei der Fluoreszenztitration von TetR-atc mit Mg2+ wurde ein EDTA haltiger Puffer verwendet.
In diesem Fall wird die Konzentration des freien Liganden Mg2+ durch die Komplexierung
durch EDTA bestimmt. Die Auswertung erfolgte wie in (Scholz, 2002) beschrieben.
EDTA haltige Pufer erlauben die Einstellung freier Mg2+ Konzentrationen zwischen 10-9 M und
10-2 M. Da EDTA eine vierprotonige Säure ist und nur das komplett deprotonierte Anion A4- als
Akzeptor wirkt, hängt die Komplexkonstante vpm pH ab. Für diese Gleichgewichtskonstante
gilt:
K` = KβA
βA ist der Anteil an freiem A4- an der EDTA Gesamtkonzentration und wurde nach (Kunze,
1996) zu
1
βA
c2(H+)
= K3 · K4
c(H+)
+
K4
errechnet. Dabei ist c(H+) der pH des Puffers. Für die Konstanten der
Proteolysegleichgewichte K3 und K4 von EDTA wurden dazu die Werte pK3 = 6.12 und pK4 =
10.34 eingesetzt. Bei einem pH von 8.0 erhält man K` = 2.25 x 107 M-1. Die frei vorliegenden
Mg2+ Mengen erechneten sich unter Berücksichtigung der obigen Gleichungen wie folgt:
2+
c(Mg ) = 0.5 ·
3.3.6.10
1
K´
2+
+ ctota(Mg ) – ctotal(EDTA) +
1
K`
2
2+
- (ctotal(Mg ) + ctotal(EDTA))
+4·
ctota(Mg2+)
K`
DNA-Verzögerungsanalysen
Oligonukleotide mit komplementären Sequenzen wurden in Millipore gelöst und im molaren
Verhältnis 1 : 1 in 70 mM Tris-HCl pH8.0, 10 mM MgCl2 gemischt. Die Hybridisierung erfolgte
2 min. bei 94°C und durch anschließendes abkühlen auf Raumtemperatur über einen Zeitraum
von mindestens 2 Stunden und wurde anschließend auf einem 8 % PAA Gel überprüft. Für die
Gelmobilitätsanalysen wurden 6 pmol tet Operator tragendes DNA Fragment (tetO) mit
steigenden Mengen an TetR in 1 x Komplexpuffer mit und ohne 0.1 mM atc oder 4-ddma
mindestens 15 Minuten bei Raumtemperatur im Dunkeln inkubiert. Das Volumen des
34
1/2
3. Material und Methoden
Reaktionsansatzes betrug immer 15 μl und wurde mit 5 μl nativem Auftragepuffer versetzt. Die
Auftrennung erfolgte auf einem 8 % nativem PAA Gel bei 100 V für ca. 1.5 Stunden im
Dunkeln. Die DNA wurde durch anfärben mit Ethidiumbromid sichtbar gemacht.
3.3.6.11
Oberflächenplasmonenresonanz
Die Messungen wurden an dem Gerät BIAcore XTM der Firma Pharmacia Biosensor AB
durchgeführt. Das Analysenprinzip beruht auf der Nutzung eines optischen Biosensors. Die
Basis eines Biosensors bildet die Kopplung eines biologisch sensitiven Elements (Ligand) mit
einem Signalwandler. Der Signalwandler koppelt bei Reaktion oder Wechselwirkung des
Liganden mit einer zu untersuchenden Komponente (Analyt) ein der Bindung proportionales
Signal aus, das bei der Messung verfolgt wird. Zur Untersuchung der Wechselwirkungen
zwischen den Komplexkomponenten muss eine von diesen als Ligand am Biosensor
immobilisiert werden. Zur Messung wird der in Gerätepuffer gelöste Analyt in einem
kontinuierlichen Fluss über die Oberfläche des Biosensors geleitet, an der sich der Ligand
befindet.
Als Ligand wurde biotinylierte tet Operator Sequenz (Kapitel 3.1.6) in Flusszelle 2 und eine
randomisierte, nicht-palindromische Sequenz in Flusszelle 1 als Referenz gekoppelt. Für
Messungen unter Gleichgewichtsbedingungen wurden ca. 1000 RU DNA gekoppelt, für
kinetische Messungen zwischen 100 und 120 RU. Konzentrationen von atc, MgCl2 und TetR
sind in Kapitel 4.2.7 zusammengefasst und wurden für jedes Protein bestimmt. Als
Gerätepuffer wurde HBS-EP Puffer verwendet. Die Gerätebedienung erfolgte gemäß den
Angaben des Herstellers. Kinetiken und die daraus resultierenden Gleichgewichtskonstanten
wurden mit dem Programm BIAevaluation 3.0 ausgewertet und bestimmt. Die Auswertung der
Gleichgewichtsmessungen erfolgte über einen Scatchard Plot. Req bezeichnet die
Komplexkonzentration von mit tetO gesättigtem TetR. Es gilt:
Req = (RI · D)
RI = TetR-[atc-Mg]+2; D = tetO
Die Komplexkonzentration wurde direkt durch das Differenzsensorgramm im Gleichgewicht
bestimmt. Die Konzentration an freiem Analyten (RI) entspricht der Konzentration an freiem
Analyten im Puffer, da dieser während des Flusses ständig erneuert wird. Die Bindekapazität
von tetO entspricht der gesamten Menge an gekoppelter DNA (D0). Die Konzentration an
freiem Liganden ist (D), und die an gesättigtem Liganden (Deq). Es gilt:
(D) = (D0) – (Deq)
Da die Konzentration von gesättigter DNA und gesättigtem TetR gleich ist, gilt:
(D) = (D0) –(Req)
Die gesamte Bindekapazität von TetR (Rmax) entspricht der maximal zu bindenden Menge an
DNA:
(Rmax) = (D0); (D) = (Rmax) – (Req)
Die
Differenz
zwischen
der
gesamten
35
Oberflächenbindekapazität
und
dem
3. Material und Methoden
Gleichgewichtssignal entspricht der Konzentration an freiem Liganden (D). Da
(RI-D)
(RI) · (D)
= KA
erhält man durch einsetzen
Req
(RI) · [Rmax – Req]
= KA
Nach Umformen:
Req
(RI)
= KA · Rmax – KA · Req
Die Scatchard-Gleichung entspricht einer Geradengleichung, aus der KA direkt ermittelt
werden kann.
3.3.6.12
Stabilitätsmessungen
Die thermodynamische Stabilität von revTetR und revTetR-[atc-Mg]+2 Komplexen wurde mit
Hilfe der Harnstoff-abhängigen Denaturierung bestimmt. Die Entfaltung wurde über
Fluoreszenz wie beschrieben verfolgt (Schubert et al., 2001; Schubert et al., 2004). Die
Proteine wurden in 1 x F-Puffer mit unterschiedlichen Harnstoffkonzentrationen bei 22°C
mindestens 14 Stunden inkubiert. Bei Ansätzen mit atc fand die Inkubation im Dunkeln statt.
Zur Herstellung einer 10 M Harnstofflösung wurden 1.1 g Harnstoff pro 1 g F-Puffer
eingewogen, gelöst, der pH mit HCl auf 7.5 eingestellt und der ganze Ansatz steril filtriert. Die
genaue Harnstoffkonzentration der einzelnen Proben wurde über den Brechungsindex nach
folgender Gleichung bestimmt:
c(Harnstoff) = 117.66 · Δn + 29.753 · Δn2 + 185.56 · Δn3
wobei Δn die Differenz der Brechungsindizes der jeweiligen Lösungen mit und ohne Harnstoff
ist. Die Harnstofflösungen wurden jeden Tag frisch angesetzt. Zur Analyse der Harnstoffabhängigen Denaturierungskurven wurde das Zwei-Stufen-Modell angewendet (Kapitel 4.2.5).
Bei diesem gilt für alle Punkte der Kurve, dass nur natives, dimeres Protein (D) und
denaturiertes Monomer (M) in signifikanten Konzentrationen vorhanden sind. Für die
Denaturierung eines dimeren Proteins gilt:
D
2M
Die Gleichgewichtskonstante der Entfaltung Ku ist definiert als
Ku = (M)2 / (D)
(I)
Die Konzentration der einzelnen Konformationen an jedem Punkt ist definiert durch:
(M) = Pt · fu
(II)
36
3. Material und Methoden
(D) = ½ Pt · [1-fu] = ½ Pt · fN
(III)
Dabei stellt Pt die totale Proteinkonzentration in Monomer und fu bzw. fN den Anteil an
ungefalteten bzw. gefalteten Protein dar. Durch Kombination der Gleichungen (I) bis (III) kann
die Gleichgewichtskonstante Ku durch messbare Größen ausgedrückt werden:
Ku = 2 · Pt · fu2/fN
Die Grundlinien der Übergangskurve wurden auf 100 % bzw. 0 % normiert und gegen die
Harnstoffkonzentrationen aufgetragen. Die freie Energie der Entfaltung ΔG0u für eine dem
Zwei-Stufen-Modell folgende Denaturierung ist linear abhängig von der Harnstoffkonzentration
(Pace, 1986).
ΔG0u = ΔG0u(H2O) – m(Harnstoff) = -R · T · lnKu
Der Schnittpunkt mit der y-Achse liefert den ΔG0u(H2O) Wert. Die Harnstoffkonzentration, bei
der die Hälfte des Proteins in denaturiertem Zustand vorliegt, lässt sich anhand der Gleichung
(IV) ermitteln:
(Harnstoff)1/2 = - [(lnPt) · R · T + ΔG0u(H2O)] / m
(IV)
Dabei ist m die Steigung der Geraden, die durch Auftragung der Werte für ΔG0u zu jeder
Harnstoffkonzentration gegen die Harnstoffkonzentration definiert wird. R ist die allgemeine
Gaskonstante und T die absolute Temperatur in Kelvin.
3.3.6.13
Oxidation von TetR Proteinen
Die Oxidation cysteinhaltiger Proteine durch Sauerstoff wurde durch Cu-(II)-Phenanthrolin
katalysiert (Kobashi, 1968). Die Proteinstammlösung wurde hierzu in 1 x Oxidationspuffer auf
die geforderte Konzentration verdünnt, mit dem vorher bestimmten Volumina Cu-(II)Phenanthrolin versetzt und 10 min. bei Raumtemperatur inkubiert. Die eingesetzten
Konzentrationen an Cu-(II)-Phenanthrolin wurden empirisch ermittelt. Dazu wurden 100 pmol
TetR Monomer mit steigenden Mengen Cu-(II)-Phenanthrolin gemischt, inkubiert und auf
einem 10 %-nicht-reduzierenden SDS-Gel analysiert. Es wurden solche Konzentrationen
ausgewählt, bei denen ca. die Hälfte des Proteins über Disulfidbrücken verknüpft ist.
37
4. Ergebnisse
4
Ergebnisse
4.1
Tet Repressoren mit veränderter Induktorerkenung
Die Basis für die Suche nach neuen Induktorspezifitäten von TetR sind Tetracyclin-Derivate,
denen die 4-Dimethylaminogruppe fehlt. Diese sind keine Induktoren für den Wildtyp Tet
Repressor mehr und zeigen nur geringe antibiotische Aktivität (Lederer et al., 1996). Durch in
vitro Evolution konnte eine TetR Variante (TetRi1: H64K S135L) identifiziert werden (Scholz et
al., 2003), die nicht mehr durch den natürlichen Induktor Tetracyclin, dafür aber durch ein
Tetracyclinderivat dem die 4-Dimethylaminogruppe fehlt (cmt3) induziert wird (siehe Abbildung
4.1 für einen Vergleich der Strukturen). Es konnte jedoch keine Differenzierung bezüglich der
sehr viel potenteren Induktoren Anhydrotetracyclin (atc) und Doxycyclin (dox) erhalten werden.
Folglich handelt es sich hier nur um eine unvollständige Induktorspezifität. Ziel dieses
Projektes war es deshalb, die Induktorspezifität von TetR durch Einführung neuer Mutationen
zu verbessern oder basierend auf der TetR Doppelmutante, TetRi1, eine Differenzierung zu atc
und dox zu erreichen.
H3C
OH
H
H3C
H
N
CH3
CH3
H3C
H
OH
N
OH
NH2
OH
O
OH
OH O
NH2
O
OH
Tetracyclin (tc)
CH3
H
CH3
H3C
CH3 OH N
H
H
OH
CH3
OH
OH
O
O
NH2
O
OH
Anhydrotetracyclin (atc)
OH
OH O
O
Doxycyclin (dox)
H
OH
H
OH
NH2
OH
OH
O
OH
O
NH2
O
4-De-dimethylamino-Anhydrotetracyclin (4-ddma)
O
OH
O
OH
OH O
O
4-Dedimethylamino-6-demethyl-6-deoxytetracylin (cmt 3)
Abb 4.1 Vergleich der Struktur der verwendeten Tetracyclin-Derivate.
Gezeigt sind Tetracyclin (tc), Anhydrotetracyclin (atc), Doxycyclin (dox), 4-De-dimethylaminoanhydrotetracyclin (4-ddma) und 4-De-dimethylamino-6-demethyl-6-deoxytetracyclin (cmt3).
Da das Tetracyclinderivat cmt3 zu Beginn dieser Arbeit nicht zugänglich war, wurde in einer
Kooperation mit dem Lehrstuhl für Pharmazeutische Chemie von Prof. Gmeiner das Derivat 4-
38
4. Ergebnisse
ddma zur Verfügung gestellt. Beiden Substanzen fehlt die 4-Dimethylaminogruppe, jedoch
basiert 4-ddma auf dem atc Grundgerüst, während es sich bei cmt3 um ein 6-demethyl-6deoxy-Tetracyclin-Derivat handelt (Abbildung 4.1). In in vivo und in vitro Untersuchungen
zeigten sich jedoch gleiche Eigenschaften bezüglich Induktion und Bindung von TetR und
TetRi1.
4.1.1
Mutagenese der Position 82 in TetR
Die Aminosäure N82 bildet eine Wasserstoffbrücke mit dem Sauerstoff des A-Rings des
Tetracyclins und eine direkt zum Stickstoff der 4-Dimethylaminogruppe (Hinrichs et al., 1994;
Kisker et al., 1995). N82 spielt eine wichtige Rolle für die Induktorbindung. Mutationen können
zu verschlechterter Induktion oder vollständig fehlender Induzierbarkeit führen (Hecht et al.,
1993; Müller et al., 1995; Smith and Bertrand, 1988). Durch die direkten Kontakte zu der 4Dimethylaminogruppe wäre es denkbar, dass durch Einführung anderer Seitenketten eine
Spezifität für 4-ddma erzeugt werden könnte.
M. Köstner konstruierte bereits in seiner Diplomarbeit ein Plasmidgemisch, das zufällige
Mutationen von N82 in TetR trägt. Dabei wurde nur eine Mutante, N82F, gefunden, die einen
induktionsdefekten Phänotyp zeigt. Die PCR-Mutagenese wurde deshalb wiederholt und in
einem in vivo Auswahlverfahren nach Kolonien gesucht, die eine 4-ddma induzierte
Expression der β-Galaktosidase zeigen. Dafür wurde E. coli WH207/pWH414 (Wissmann and
Hillen, 1991) mit dem Plasmidgemisch transformiert und auf Minimalmedium mit X-Gal und 0.4
μM 4-ddma nach blauen Kolonien gesucht. Unter 300 untersuchten Kolonien konnten keine
positiven Kandidaten gefunden werden. Um zu überprüfen, ob sich überhaupt Mutationen in
dem Plasmidgemisch befinden, wurden zufällig Kolonien ausgewählt und die Plasmide
sequenziert. Es konnten aus 48 sequenzierten Kandidaten sechs unterschiedliche Mutationen
erhalten werden. Die in vivo Aktivität der Mutanten wurde in E. coli WH207/λtet50 (Wissmann
and Hillen, 1991) durch Messung der β-Galaktosidase-Aktivität bestimmt und ist in Tabelle 4.1
zusammengefasst.
Alle erhaltenen Mutationen führen zu einem vollständigen Verlust der Induzierbarkeit mit allen
getesteten Tetracyclin-Derivaten.
39
4. Ergebnisse
0.4 μM
0.4 μM
0.4 μM
Repression
atc
tc
4-ddma
wtTetR
1.1 ± 0.1
82 ± 5
65.8 ± 0.5
1.1 ± 0.1
N82F
1.0 ± 0.1
1.0 ± 0.1
1.5 ± 0.1
1.1 ± 0.1
N82W
1.0 ± 0.1
1.2 ± 0.1
1.4 ± 0.1
0.9 ± 0.1
N82R
1.0 ± 0.1
1.7 ± 0.1
1.4 ± 0.1
1.2 ± 0.1
N82A
1.0 ± 0.1
1.7 ± 0.1
1.4 ± 0.1
1.1 ± 0.1
N82L
1.0 ± 0.1
1.3 ± 0.1
1.1 ± 0.1
1.1 ± 0.1
N82S
1.0 ± 0.1
1.5 ± 0.1
1.1 ± 0.1
1.1 ± 0.1
TetR
Variante
Tab. 4.1 Repression und Induzierbarkeit von TetR Mutanten mit Austauschen an Position N82.
Die Messung wurde in E. coli WH207/λtet50 durchgeführt. Alle tetR Allele sind auf pWH1411 codiert.
Die Anzucht der Zellen erfolgte bei 37°C in LB-Medium mit oder ohne 0.4 μM Induktor. Die Expression
der β-Galaktosidase in Abwesenheit von TetR wurde als 100 % gesetzt
4.1.2
Mutagenese der Position 135 in TetR
Die Mutation S135L führt in TetR zu einer relaxierten Induktorspezifität (Scholz et al., 2003),
d.h. es werden tc, atc und dox erkannt und es können zusätzlich auch Tetracycline ohne die 4Dimethylaminogruppe zur Induktion führen. In der TetR Kristallstruktur zeigt sich für S135 kein
direkter Kontakt zu Tetracyclin (Hinrichs et al., 1994; Kisker et al., 1995), sondern es befindet
sich in der zweiten Schale um die Tetracyclin-Bindetasche. Der Einfluss auf die
Induktorerkennung muss folglich durch indirekte Effekte ausgelöst werden, zum Beispiel durch
Beeinflussung anderer, tc-kontaktierender Aminosäuren. Um die Auswirkung anderer
Aminosäure-Seitenketten als der von Leucin an dieser Position auf die Induktorerkennung zu
untersuchen und gegebenenfalls eine bessere Differenzierung zwischen atc/dox und 4-ddma
zu erhalten wurde das Codon für S135 über zweistufige PCR-Mutagenese randomisiert und
der Phänotyp der unterschiedlichen Aminosäure-Austausche in vivo untersucht (siehe Tab.
4.2). Die Bestimmung der Induzierbarkeit erfolgte in E. coli WH207/λtet50 (Wissmann et al.,
1991), der mit den unterschiedlichen TetR Mutanten, die auf pWH1411 (Scholz et al., 2003)
codiert sind, transformiert wurde.
40
4. Ergebnisse
0.4 μM
0.4 μM
0.4 μM
0.4 μM
Repression
atc
tc
dox
4-ddma
wtTetR
1.1 ± 0.1
82 ± 5
65.8 ± 0.5
72 ± 10
1.1 ± 0.1
S135A
40 ± 12
86 ± 6
68 ± 10
92 ±3
53 ± 0.2
S135G
0.8 ± 0.1
S135L
0.8 ± 0.1
70 ± 2
41 ± 2
81 ± 3
35 ± 2
S135I
0.8 ± 0.1
61 ± 2
68 ± 7
74 ± 5
39 ± 0.1
S135V
0.8 ± 0.1
69 ± 9
54 ± 12
81 ± 5
11 ± 2
S135H
0.8 ± 0.1
71 ± 4
33 ± 7
92 ± 6
1.0 ± 0.1
S135T
0.8 ± 0.1
S135Q
0.8 ± 0.1
75 ± 8
37 ± 6
78 ± 0.3
1.0 ± 0.1
S135Y
0.8 ± 0.1
70 ± 2
7±2
80 ± 18
1.0 ± 0.1
S135N
0.8 ± 0.1
34 ± 7
1.1 ± 0.1
S135P
66 ± 3
65 ± 2
91 ± 0.1
S135W
0.8 ± 0.1
26 ± 9
1.2 ± 0.1
TetR
Variante
23 ± 9
1.1 ± 0.1
34 ± 1
1.5 ± 0.1
Tab. 4.2 Repression und Induzierbarkeit von TetR Mutanten mit Austauschen an Position S135.
Die Messung wurde in E. coli WH207/λtet50 durchgeführt. Alle tetR Allele sind auf pWH1411 codiert.
Die Anzucht der Zellen erfolgte bei 37°C in LB-Medium mit oder ohne 0.4 μM Induktor. Die Expression
der β-Galaktosidase in Abwesenheit von TetR wurde als 100 % gesetzt.
Acht der zwölf Aminosäure-Austausche zeigen nahezu den Ausgangsphänotyp. Die
Mutationen S135A und S135P führen zu stark verminderter Repression. Die Erkennung von 4ddma scheint vor allem durch hydrophobe Aminosäurereste an Position 135 vermittelt zu
werden. Die Mutation S135I erhöht die Induktion durch 4-ddma auf 11 %, S135V auf 39 % und
S135L auf 35 %. Es konnte jedoch keine Mutante isoliert werden, die eine Diskriminierung
zwischen 4-ddma und tc, atc oder dox aufweist.
Da für S135L die Kombination mit dem Austausch H64K zu einer Diskriminierung zwischen 4ddma und tc führt (Scholz et al., 2003), wurden S135I und S135V ebenfalls mit der Mutation
H64K kombiniert. Die Ergebnisse der β-Galaktosidase-Aktivitätsmessung sind in Tabelle 4.3
zusammengefasst.
41
4. Ergebnisse
0.4 μM
0.4 μM
0.4 μM
0.4 μM
TetR Variante
Repression
atc
tc
dox
4-ddma
wtTetR
1.1 ± 0.1
82 ± 5
65.8 ± 0.5
72 ± 10
1.1 ± 0.1
H64K
0.8 ± 0.1
7.1 ± 0.4
0.9 ± 0.1
1.7 ± 0.1
5.3 ± 0.1
S135L
0.8 ± 0.1
70 ± 2
41 ± 2
81 ± 3
35 ± 2
S135I
0.8 ± 0.1
61 ± 2
68 ± 7
74 ± 5
39 ± 0.1
S135V
0.8 ± 0.1
69 ± 9
54 ± 12
81 ± 5
11 ± 2
H64K S135L
1.1 ± 0.1
67 ± 3
4.6 ± 2
59 ± 1
97 ± 9
H64K S135I
1.0 ± 0.1
87 ± 1
3.4 ± 0.1
57 ± 1
72 ± 3
H64K S135V
0.7 ± 0.1
58 ± 4
4.1 ± 0.1
31 ± 0.3
79 ± 3
Tab. 4.3 Repression und Induktionseigenschaften der Kombinationen von S135L, S135I und
S135V mit H64K.
Die β-Galaktosidase-Aktivitätsmessung erfolgte in E. coli WH207/λtet50. Alle tetR Allele sind auf
pWH1411 codiert. Die Messung wurde in An- und Abwesenheit von 0.4 μM Induktor durchgeführt und
die Expression der β-Galaktosidase ohne TetR als 100 % gesetzt.
Die Kombination mit dem Austausch H64K führt für alle drei Mutationen, S135L, S135I und
S135V, zu verbesserter Induktion durch 4-ddma und stark reduzierter tc Erkennung. Den
besten Phänotyp zeigt jedoch die Doppelmutante H64K S135L mit einer Induktion von 97 %
durch 4-ddma und 21-fach erniedrigter Induktion durch tc. Somit konnten keine Mutanten mit
verbesserten Phänotypen erhalten werden.
4.1.3
Verbesserung
der
Induktorspezifität
von
TetRi1
durch
Mutagenese
von
Aminosäuren nahe der 4-Dimethylaminogruppe
Weder H64 noch S135 befinden sich in der Kristallstruktur in direkter Nähe zu der 4Dimethylaminogruppe (Hinrichs et al., 1994; Kisker et al., 1995; Orth et al., 1998a; Orth et al.,
1999). Durch Einführung von großen Aminosäuren an Positionen in TetRi1, die in der
Kristallstruktur in direkter Nähe zu der 4-Dimethylaminogruppe liegen, sollte durch direkte
sterische Hinderung eine verbesserte Induktorspezifität erzeugt werden. Dazu wurde in der
TetR Kristallstruktur nach Aminosäuren gesucht, die weniger als 4 Å von der 4Dimethylaminogruppe entfernt sind (Hinrichs et al., 1994; Kisker et al., 1995) (siehe Abbildung
4.2).
42
4. Ergebnisse
S135
S138
I134
N82
H64
Abb. 4.2 Lage der Aminosäuren H64, N82, I134, S135 und S138 relativ zu Tetracyclin in der
TetR (D) Kristallstruktur (Hinrichs et al., 1994).
H64 und S135 sind in rot dargestellt, N82, I134 und S138 in gelb. Die Wasserstoffbrücken zwischen
N82 und Tetracyclin sind als violette Striche und die hydrophoben Kontakte von I134 und S138 als
blaue Striche skizziert..
I134 bildet hydrophobe Wechselwirkungen mit der Methylgruppe an Position 6 des C-Rings
des
Tetracyclins
und
S138
ist
in
hydrophober
Wechselwirkung
mit
der
4-
Dimethylaminogruppe. Auch F86 ist weniger als 4 Å von der 4-Dimethylaminogruppe entfernt.
Da es sich bei Phenylalanin jedoch bereits um eine große Aminosäure handelt wurde auf die
Einführung eines nur geringfügig größeren Restes wie Tryptophan verzichtet. N82 ist ebenfalls
in direkter Nähe zu der 4-Dimethylaminogruppe und bildet, wie bereits in Kapitel 4.1.1
beschrieben, zwei Wasserstoffbrücken zu tc aus.
4.1.3.1 Einfluss von Tryptophanaustauschen an den Positionen 82, 134 und 138 auf die
Induktorerkennung von TetRi1
Die Aminosäuren N82, I134 und S138 wurden einzeln und in Kombination miteinander gegen
Tryptophan ausgetauscht, in pWH1411-tetRi1 kloniert und in E. coli WH207/λtet50 auf ihre
Induzierbarkeit in vivo überprüft (Tab. 4.4).
43
4. Ergebnisse
0.4 μM
0.4 μM
0.4 μM
TetR Variante
Repression
atc
tc
4-ddma
wtTetR
0.4 ± 0.1
95 ± 3
65 ± 2
0.5 ± 0.1
TetRi1
1.8 ± 0.3
86 ± 6
1.3 ± 0.1
96 ± 9
TetRi1-N82W
0.2 ± 0.1
0.7 ± 0.1
1 ± 0.1
4.4 ± 0.2
TetRi1-I134W
5 ± 0.4
58 ± 3
7.5 ± 0.2
12 ± 8
TetRi1-S138W
0.2 ± 0.1
0.9 ± 0.1
1.1 ± 0.1
5 ± 0.5
TetRi1-N82W I134W
4.6 ± 1.2
1.4 ± 0.1
3.1 ± 0.4
3.9 ± 0.9
TetRi1-N82W S138W
2.8 ± 0.2
66 ± 3
30 ± 3
24 ± 10
Tab. 4.4 Repression und Induzierbarkeit von TetRi1 Tryptophanmutanten mit atc, tc und 4-ddma.
Die Messungen wurden in E. coli WH207/λtet50 bei 37°C mit und ohne 0.4 μM Induktor durchgeführt.
Alle tetR Allele sind auf pWH1411 codiert. Die Expression der β-Galaktosidase in Abwesenheit von
TetR wurde als 100 % gesetzt.
Die Mutation I134W führt zu einer fünffach besseren Induktion mit atc verglichen zu 4-ddma,
während die Einführung von Tryptophanresten an den Positionen 82 und 138 zu einer vier- bis
fünffach besseren Induktion mit 4-ddma im Vergleich zu atc führt. Folglich zeigen TetRi1-N82W
und TetRi1-S138W den erwünschten Phänotyp, jedoch nur mit stark erniedrigten
Induktionsfaktoren. Im nächsten Schritt wurde deshalb eine Randomisierung der beiden
Positionen durchgeführt.
4.1.3.2 Mutagenese der Codons für N82 und S138 in TetRi1
Die Codons für N82 und S138 wurden durch zweistufige PCR-Mutagenese randomisiert und
in pWH1925-tetRi1 bzw. pWH1411-tetRi1 kloniert. Für das in vivo Auswahlverfahren wurde
E. coli WH207/λtet50, ein Stamm mit einer chromosomalen tetA:lacZ-Fusion, verwendet. Es
wurde auf McConkey-Platten mit 0.4 μM 4-ddma nach roten Kolonien gesucht, um Expression
von β-Galaktosidase identifizieren zu können. Positive Kolonien wurden auf McConkey mit
0.4 μM atc, 0.4 μM 4-ddma und ohne Induktor ausgestrichen und ein weiteres Mal vereinzelt.
Nach erneuter Bestätigung des Phänotyps wurde das Plasmid präpariert und sequenziert.
Zusätzlich wurden zufällig Kolonien ausgesucht und sequenziert um die Variabilität der
Mutantengemische zu überprüfen.
Insgesamt wurden 11 Mutanten mit Austauschen an Position 82 erhalten und 13 mit
44
4. Ergebnisse
Mutationen von S138. Die TetR Varianten wurden auf ihre Induzierbarkeit durch 4-ddma, atc
und tc in vivo untersucht. Die Ergebnisse sind in Tabelle 4.5 für Mutationen an Position 82 und
in Tabelle 4.6 für Mutationen von S138 zusammengefasst.
0.4 μM
0.4 μM
0.4 μM
TetR Variante
Repression
atc
tc
4-ddma
wtTetR
1.1 ± 0.1
82 ± 5
65.8 ± 0.5
1.1 ± 0.1
TetRi1
1.1 ± 0.1
67 ± 3
4.6 ± 2
65 ± 9
TetRi1–N82G
1.1 ± 0.1
39 ± 1
1.1 ± 0.1
28 ± 2
TetRi1–N82T
0.9 ± 0.1
57 ± 2
1.1 ± 0.1
38 ± 2
TetRi1–N82S
0.9 ± 0.1
14 ± 1
2.0 ± 0.9
4.6 ± 0.6
TetRi1–N82V
1.0 ± 0.1
1.6 ± 0.1
1.1 ± 0.1
8.4 ± 0.4
TetRi1–N82L
0.9 ± 0.1
1.7 ± 0.2
1.4 ± 0.3
2.7 ± 2
TetRi1–N82I
1.0 ± 0.1
1.8 ± 0.1
0.8 ± 0.1
8.4 ± 1.3
TetRi1–N82M
0.9 ± 0.1
0.9 ± 0.1
0.8 ± 0.1
6.8 ± 0.6
TetRi1–N82F
0.9 ± 0.1
1.0 ± 0.1
1.2 ± 0.3
1.3 ± 0.2
TetRi1–N82W
0.3 ± 0.1
0.7 ± 0.1
0.6 ± 0.5
4 .4 ± 0.2
TetRi1–N82E
0.9 ± 0.1
11 ± 2
1.5 ± 0.9
2.2 ± 0.2
TetRi1–N82Q
1.00 ± 0.1
1.1 ± 0.1
0.8 ± 0.1
1.9 ± 0.1
Tab. 4.5 Repression und Induzierbarkeit von TetRi1 Varianten mit Mutationen von N82.
Die Messungen wurden mit 0.4 μM atc, tc und 4-ddma durchgeführt. E. coli WH207/λtet50, wurde mit
den tetR Allelen, die auf pWH1925 codiert sind, transformiert. Die Expression der β-Galaktosidase in
Abwesenheit von TetR wurde als 100 % gesetzt.
Alle Austausche an Position 82 führen in TetRi1 zu erniedrigter Induktion mit allen TetracyclinDerivaten. TetRi1-N82G, -N82E, -N82S und -N82T zeigen verschlechterte Induktion durch atc
und 4-ddma aber keine Induktion durch tc. N82L, N82F und N82Q führen zu vollständig
induktionsdefekten Phänotypen. TetRi1-N82V, -N82I, -N82M und -N82W resultieren in
Proteinen mit stark reduzierter Induktion aber einer verbesserten Spezifität für 4-ddma im
Vergleich zu atc. Jedoch erreicht das Induktionsniveau nur 15 % der Höhe der
Ausgangsmutante TetRi1.
45
4. Ergebnisse
0.4 μM
0.4 μM
0.4 μM
TetR Variante
Repression
atc
tc
4-ddma
wtTetR
1.1 ± 0.1
92 ± 5
65.8 ± 0.5
1.1 ± 0.1
TetRi1
1.1 ± 0.1
90 ± 1
8.0 ± 0.7
96 ± 2
TetRi1–S138A
0.9 ± 0.1
80 ± 2
2.4 ± 0.1
83 ± 3
TetRi1–S138G
3.3 ± 0.6
100 ± 1
16 ± 1.0
92 ± 3
TetRi1–S138T
0.8 ± 0.1
79 ± 3
3.9 ± 0.3
84 ± 3
TetRi1–S138C
1.2 ± 0.1
54 ± 4
8.7 ± 0.4
75 ± 3
TetRi1–S138V
2.2 ± 0.2
56 ± 3
3.9 ± 1.0
86 ± 5
TetRi1–S138L
1.4 ± 0.1
2 ± 0.1
1.2 ± 0.1
8.0 ± 0.1
TetRi1–S138I
2.9 ± 0.3
7 ± 0.1
2.5 ± 1.4
97 ± 2
TetRi1–S138P
62 ± 1
75 ± 2
79 ± 2
67 ± 2
TetRi1–S138W
0.2 ± 0.1
0.9 ± 0.1
0.6 ± 0.1
5 ± 0.5
TetRi1–S138D
1.5 ± 0.8
54 ± 2
2.5 ± 0.8
88 ± 7
TetRi1–S138Q
1.1 ± 0.1
83 ± 4
1.5 ± 0.2
81 ± 2
TetRi1–S138H
1.4 ± 0.1
96 ± 3
10 ± 2
95 ± 3
TetRi1–S138R
5.1 ± 0.3
6.5 ± 0.2
5.7 ± 0.2
4.9 ± 0.4
Tab. 4.6 Repression und Induzierbarkeit von TetRi1 Varianten mit Mutationen an Position 138.
Die Messungen wurden in E. coli WH207/λtet50 in Anwesenheit von 0.4 μM atc, tc, 4-ddma oder ohne
Induktor durchgeführt. Alle tetR Allele sind auf pWH1411 codiert. Die Expression der β-Galaktosidase in
Abwesenheit von TetR wurde als 100 % gesetzt
Mutationen an Position 138 zeigen weniger starke Auswirkungen auf die Induzierbarkeit als
solche von N82. Austausche zu kleinen Seitenketten wie in S138A und S138G, zu polaren
Seitenketten in S138T und S138Q und die Mutation S138H führen zu keiner oder nur einer
schwachen Änderung der Induktorerkennung. Kein Einfluss auf die Induktion durch 4-ddma
aber ein schwacher Effekt auf die Induzierbarkeit mit atc wird durch die Mutationen S138C, D
und V ausgelöst, während P oder S zu einem fast vollständigen Verlust der Repression
führen. Der Austausch S138R führt zu erniedrigter Induzierbarkeit mit allen TetracyclinDerivaten. Der deutlichste Effekt wird durch hydrophobe Seitenketten an Position 138
ausgelöst. S138V führt zu schwach verringerter Induktion mit atc, S138L und S138W
46
4. Ergebnisse
erniedrigen die Induzierbarkeit durch atc, aber gleichzeitig auch die Erkennung von 4-ddma.
Als einzige Mutante mit dem erwarteten Phänotyp wurde TetRi1-S138I gefunden. Die Induktion
in Gegenwart von atc wird auf 2.5 % verringert, während kein Einfluss auf die 4-ddma
Erkennung zu sehen ist. Somit zeigt die Dreifachmutante H64K S135L S138I mit einer 39-fach
besseren Induktion durch 4-ddma im Vergleich zu atc einen deutlich verbesserten
induktorspezifischen Phänotyp und wird deshalb im Folgenden auch als TetRi2 bezeichnet.
4.1.3.3 Untersuchung des Einflusses der einzelnen Mutationen in TetRi2 auf die
Induktorerkennung
Ausgehend
von
der
Dreifachmutante
TetRi2
wurden
alle
möglichen
Einzel-
und
Doppelmutanten hergestellt und auf Induzierbarkeit mit den unterschiedlichen TetracyclinDerivaten untersucht. Der Effekt der Mutationen H64K und S135L auf die Induktorerkennung
von TetR wurde bereits in pWH1411 untersucht (Scholz et al., 2003). Da es sich bei bei dem
hier verwendeten Plasmid pWH1925 um ein Plasmid mit anderen Eigenschaften handelt,
H64K S135L S138I
S135L S138I
H64K S138I
H64K S135L
S138I
S135L
H64K
wt
Ohne TetR
TetR
wurden die Austausche nochmals vermessen.
Abb. 4.3 Western-Blot Analyse der Expression der TetR Varianten.
Die Anzucht der Zellen erfolgte Analog zu den β-Galaktosidase-Aktivitätsmessungen. Zur Detektion
wurde ein ein Gemisch monoklonaler TetR (BD) Antikörper verwendet. Es wurden 50 ng aufgereinigter
TetR BD (TetR) und 50 μg Proteinrohextrakt der Mutanten aufgetragen. Als Leervektor wurde ein
pWH1925-Derivat verwendet, das kein tetR Gen trägt.
Die Western Blot Analyse zeigt keine Unterschiede bezüglich der intrazellulären ProteinExpression (Abbildung 4.3). Alle Unterschiede bezüglich Induktion und Repression bei der
Analyse der in vivo Aktivität müssen folglich nicht auf reduzierte Proteinmengen zurückgeführt
werden.
47
4. Ergebnisse
0.4 μM
0.4 μM
0.4 μM
0.4 μM
TetR Variante
Repression
atc
tc
dox
4-ddma
wtTetR
0.9 ± 0.1
82 ± 5
44 ± 1
93 ± 3
1.1 ± 0.1
H64K
0.8 ± 0.1
7.1 ± 0.4
0.9 ± 0.1
1.7 ± 0.1
5.3± 0.1
S135L
0.8 ± 0.1
70 ± 2
41 ± 2
81 ± 3
35 ± 2
S138I
0.9 ± 0.1
54 ± 9
0.9 ± 0.1
19 ± 0.7
0.9 ± 0.1
H64K S135L
1.1 ± 0.1
67 ± 3
4.6 ± 2
59 ± 1
65 ± 9
H64K S138I
1.1 ± 0.1
1.3± 0.2
1.8 ± 0.2
2.5 ± 1.9
7.0 ± 0.4
S135L S138I
1.1 ± 0.1
77 ± 5
5.6 ± 2.7
69 ± 2
2.8 ± 0.2
H64K S135L S138I
1.6 ± 0.1
3.1 ± 0.4
2.2 ± 0.4
1.7 ± 0.1
57 ± 4
Tab. 4.7 Repression und Induzierbarkeit der Einzelmutanten und Kombinationen aus H64K,
S135L und S138I.
Die Messungen wurden in E. coli WH207/λtet50 in Anwesenheit von 0.4 μM atc, tc, dox, 4-ddma oder
ohne Induktor durchgeführt. Alle tetR Allele sind auf pWH1925 codiert. Die Expression der βGalaktosidase in Abwesenheit von TetR wurde als 100 % gesetzt
Die Einzelmutante S138I zeigt verringerte Induktion durch dox und atc, während mit 4-ddma
keine Induktion erfolgt. Somit zeigt dieser Austausch den gewünschten Phänotyp, nämlich
keinen Einfluss auf die Erkennung von 4-ddma aber Auswirkungen auf die atc, dox und tc
Erkennung. Zusammen mit der Mutation H64K verstärkt sich dieser Effekt. H64K alleine führt
zu einer fünffach stärkeren Induktion durch 4-ddma im Vergleich zum Wildtyp, während die
Induktion durch atc stark erniedrigt, jedoch aber höher als die durch 4-ddma ist. Kombination
mit S138I verringert die atc Induktion, beeinflusst jedoch nicht die 4-ddma Erkennung. Die
Einführung der Mutation S135L in TetR führt zu relaxierter Induktorspezifität, d. h. die Mutation
zeigt keinen Einfluss auf die atc oder tc Erkennung, erhöht aber gleichzeitig die Induktion
durch 4-ddma 30-fach. Die Doppelmutante S135L S138I wird voll von atc und dox induziert,
dabei jedoch schwächer durch tc und 4-ddma. Nur die Dreifachmutante TetRi2 zeigt den
erwünschten Phänotyp.
4.1.4
In vitro Untersuchungen der TetR Mutanten
Um die Bindung der Tetracyclin-Derivate in vitro zu untersuchen wurden die TetR Varianten in
pWH610 umkloniert und über Kationenaustauscher-Chromatographie und Gelfiltration
aufgereinigt (Ettner et al., 1996). Die Anzucht der Zellen erfolgte dazu bei 28°C. Die Aktivität
48
4. Ergebnisse
der Proteine wurde durch Titration mit atc oder 4-ddma am Fluorimeter bestimmt (Takahashi
et al., 1986).
Die Berechnung der Bindekonstanten von [tcX-Mg]+ Komplexen mit TetR (KA) erfolgt über ein
gekoppeltes Gleichgewicht (Scholz et al., 2000; Takahashi et al., 1991). Deshalb werden die
Gleichgewichtskonstanten von tcX mit Mg2+ (KM) und die Mg2+-unabhängigen Bindekonstanten
der Tetracyclin-Derivate mit TetR (KT) für die Auswertung benötigt.
4.1.4.1
Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten von 4-ddma mit Mg2+ (KM)
Die Gleichgewichtskonstante von 4-ddma an Mg2+ wurde über Absorptionsspektren mit
steigenden MgCl2 Konzentrationen und Verfolgen der Änderung der UV-Absorption bei
Bildung
des
[4-ddma-Mg]+-Komplexes
bestimmt.
Die
Berechnung
der
Gleichgewichtskonstante wurde wie beschrieben durchgeführt (Scholz et al., 2000). Für die
Bildung des [4-ddma-Mg]+ Komplexes gilt:
4-ddma + Mg2+
[4-ddma-Mg]+
c([4-ddma-Mg]+)
c(4-ddma) · c(Mg2+)
= KM
Der erhaltene Wert ist zusammen mit den KM Werten für atc, cmt3 und dox in Tabelle 4.8
zusammengefasst. Die Bindekonstante von 4-ddma mit Mg2+ ist fünffach höher als die von atc
und zweifach erhöht im Vergleich zu dox, jedoch um den Faktor zwei niedriger als die von
cmt3.
Tc-Derivat
KM [x 103 M-1]
4-ddma-atc
17.5
cmt3
44*
atc
3.4*
dox
7.2*
Tab. 4.8 Gleichgewichtskonstanten der verschiedenen Tetracyclin-Derivate mit Mg2+.
* Werte aus (Scholz, 2002)
49
4. Ergebnisse
4.1.4.2 Bestimmung
der
Mg2+-unabhängigen
Gleichgewichtskonstanten
von
Tetracyclinderivaten mit TetR
Für atc wurde eine Bindung an TetR auch in Abwesenheit von divalenten Metallionen
beschrieben (Scholz et al., 2000). Da es sich bei 4-ddma um ein atc Derivat handelt ist auch
hier Mg2+-unabhängige Bindung zu erwarten.
KT [x107 M-1]
TetR Variante
4-ddma
atc
dox
wtTetR
<0.01
6.5*
5.3
S135L
<0.01
338
51.6
S138I
<0.01
1.7+
0.8
H64K S135L
0.6
0.1
0.03
S135L S138I
<0.01
16.1
11.6
H64K S135L S138I
0.4
<0.01
<0.01
Tab. 4.9 Gleichgewichtskonstanten von 4-ddma, atc und dox mit TetR Varianten in Abwesenheit
von zweiwertigen Metallionen.
* Wert aus (Scholz, 2002). Die Standardabweichungen liegen zwischen 10 % und 40 %, bei dem mit +
markierten Wert lag die Standardabweichung bei 50 %. Die Werte <0.01 waren unter 1 x 105 M-1, was
zu klein für eine Quantifizierung ist.
Zur Quantifizierung der Gleichgewichtskonstanten wurden die TetR Varianten mit 4-ddma, atc
oder dox in einem Puffer mit 1 mM EDTA titriert. Durch die hohe EDTA Konzentration wird die
Konzentration an freien Mg2+ Ionen so gering, dass ein Beitrag zur Bindung ausgeschlossen
werden kann. Die Auswertung der Bindekonstanten erfolgte wie beschrieben (Scholz et al.,
2000). Die so erhaltenen Werte sind in Tabelle 4.9 dargestellt.
Wie atc und dox zeigt auch 4-ddma Mg2+-unabhängige Bindung. Für die TetR Mutante S135L
wurde eine 52-fach erhöhte Bindekonstante mit atc und ein 10-fach erhöhter Wert für dox im
Vergleich zum Wildtyp TetR erhalten. Auch in Kombination mit S138I erhöht die Mutation
S135L die Mg2+-unabhängige Bindung von atc und dox.
50
4. Ergebnisse
4.1.4.3 Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten von [tcX-Mg]+ mit den TetR
Varianten
Für die Quantifizierung der Bindung der [tcX-Mg]+-Komplexe an die TetR Varianten wurden
1 μM, 0.1 μM, 0.01 μM oder 0.001 μM Induktor und ein 10 % molarer Überschuss TetR mit
MgCl2 titriert. Es wurde der Fluoreszenzanstieg durch Bindung der [tcX-Mg]+ Komplexe in
TetR verfolgt und die Bindekonstante wie beschrieben unter Berücksichtigung von KM und KT
berechnet (Takahashi et al., 1991) (Scholz et al., 2000). Für die Bindung von [tcX-Mg]+ an
TetR kann formuliert werden:
TetR + [tcX-Mg]+
TetR-[tcX-Mg]+
c(TetR-[tcX-Mg)+)
c(TetR) · c([tcX-Mg]+)
= KA
In Abbildung 4.4 sind Titrationskurven für die Bestimmung der [4-ddma-Mg]+ Bindung an TetR,
TetR H64K, TetRi1 und TetRi2 graphisch dargestellt. Die Gleichgewichtskonstanten sind in
Tabelle 4.10 zusammengefasst.
120
rel. Fluoreszenz
100
80
60
40
H64K S135L
20
H64K S135L S138I
H64K
0
TetR (BD)
-20
1e-10 1e-9 1e-8 1e-7 1e-6 1e-5 1e-4 1e-3 1e-2 1e-1 1e+0
c(Mg2+), M
Abb. 4.4 Fluoreszenztitrationen mit MgCl2 zur Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten von
[4-ddma-Mg]+ mit TetR Varianten
Die Kreise und Quadrate zeigen die relative gemessene Fluoreszenz und die zugehörigen Kurven den
Fit für die Bindefunktion. Die Auswertung erfolgte nach (Scholz et al., 2000; Takahashi et al., 1991). Die
entsprechenden Gleichgewichts-Bindekonstanten sind in Tabelle 4.9 zusammengefasst.
Die Gleichgewichtskonstante von [4-ddma-Mg]+ an den Wildtyp TetR ist 4 x 105-fach geringer
als die von [atc-Mg]+ und 5 x 104-fach als die von [dox-Mg]+. Im Gegensatz dazu ist die
51
4. Ergebnisse
Affinität der Dreifachmutante H64K S135L S138I für [4-ddma-Mg]+ verglichen zum Wildtyp
Protein 440-fach erhöht, während die [atc-Mg]+-Bindung 7 x 104-fach und die [dox-Mg]+
Affinität 2 x 104-fach erniedrigt ist.
KA [x107 M-1]
TetR Variante
[4-ddma-Mg]+
[atc-Mg]+
[dox-Mg]+
wtTetR
0.3
119600
16700
H64K
4.9
42.5
19
S135L
75
240200
14600
S138I
0.5
252
578
H64K S135L
224
260
64
H64K S138I
6.2
0.7
0.7
S135L S138I
1.6
980
14020
H64K S135L S138I
132
1.7
0.9
Tab. 4.10 Gleichgewichtskonstanten von [tcX-Mg]+ Komplexen mit den TetR Varianten.
Die Standardabweichungen liegen zwischen 10 % und 40 %.
Die Einführung der Mutation S138I in die Ausgangsmutante TetRi1 führt zu deutlich erhöhter
Spezifität. Die Affinität für [4-ddma-Mg]+ bleibt unverändert, während [atc-Mg]+ 150-fach und
[dox-Mg]+ 70-fach schlechter gebunden wird. Diese Tendenz wird bereits bei der
Einzelmutante S138I deutlich, die eine unveränderte [4-ddma-Mg]+ Bindekonstante, jedoch
470-fach erniedrigte [atc-Mg]+-Bindung aufweist. Wie bereits für [cmt3-Mg]+ und [tc-Mg]+
beschrieben (Scholz et al., 2003), zeigt die H64K Mutante reduzierte [atc-Mg]+- und [dox-Mg]+Bindung, aber 17-fach höhere [4-ddma-Mg]+ Affinität.
Für S135L bestätigt sich die relaxierte Induktorspezifität: [4-ddma-Mg]+ wird 250-fach stärker
als vom Wildtyp TetR gebunden, während die Affinität für [atc-Mg]+ zweifach erhöht und die für
[dox-Mg]+ nicht beeinflußt wird. Für TetR H64K S135L lässt sich eine deutliche Summierung
der Eigenschaften bezüglich der [tc-Mg]+-Bindung erkennen. Dies ist jedoch nicht der Fall für
die [4-ddma-Mg]+, [atc-Mg]+ oder [dox-Mg]+ Bindung. Die Bindekonstanten der H64K S138I
Mutante stimmen mit den in vivo Eigenschaften überein. Die [4-ddma-Mg]+ Affinität ist in der
Doppelmutante leicht erhöht, während für [atc-Mg]+ und [dox-Mg]+ eine deutliche Reduktion
ergibt. Das Protein mit den Mutationen S135L und S138I zeigt erhöhte [4-ddma-Mg]+-Bindung
52
4. Ergebnisse
im Vergleich zu S138I, jedoch erniedrigte Affinität verglichen zu S135L, während sich die
Bindung von [dox-Mg]+ nur schwach erniedrigt im Vergleich zu S135L, aber stark erhöht im
Vergleich zu dem S138I Protein ist. Die Affinität von [atc-Mg]+ ist dreifach erhöht verglichen mit
S138I, jedoch 330-fach erniedrigt im Vergleich zu S135L.
Ein Vergleich der Gleichgewichtskonstanten der Einzelmutanten H64K, S135L und S138I mit
der Dreifachmutante TetRi2 zeigt, dass S135L die [4-ddma-Mg]+ Erkennung vermittelt, H64K
die Bindung aller tc-Derivate außer von [4-ddma-Mg]+ erniedrigt, und S138I die [atc-Mg]+ und
[dox-Mg]+ Erkennung beeinflusst, jedoch nicht die von [4-ddma-Mg]+. Nur alle drei Mutationen
in Kombination miteinander führen zu dem induktorspezifischen Phänotyp.
53
4. Ergebnisse
4.2
Untersuchungen zur Ligandenbindung und Entfaltung von reversen Tet
Repressoren
Anders als der Wildtyp Tet Repressor reprimieren reverse TetR Varianten die Transkription in
Anwesenheit von atc. Atc ist somit kein Induktor mehr für diese Varianten, sondern ein
Korepressor. Im Falle der reversen Mutante G96E L205S, die durch DNA Shuffling (Stemmer,
1994) von tetR gefunden wurde, konnte gezeigt werden, dass atc auch in vitro als Korepressor
wirkt (Kamionka et al., 2004a). Jedoch zeigt diese Mutante eine schlechte Regulation mit nur
fünffach erhöhter Repression in Anwesenheit von atc und trägt außerdem die Mutation L205S,
die außerhalb der Kontaktfläche zwischen DNA-Bindekopf und Proteinkörper liegt, was eine
Interpretation der Effekte erschwert.
Durch gezielte Mutagenese der an der Signaltransduktion beteiligten Regionen in TetR
konnten in in vivo Auswahlverfahren über 100 verschiedene reverse Tet Repressor Varianten
mit dem Wildtyp entsprechenden Regulationsfaktoren isoliert werden (Scholz et al., 2004).
Diese Mutanten tragen vorwiegend Austausche in den Helices α1, α4 oder α6, die die
Kontaktregion zwischen DNA-Bindekopf und Proteindomäne bilden.
Ziel dieses Projektes war es deshalb, die Auswirkung von Mutationen in den drei
verschiedenen, an der Signalweiterleitung beteiligten Bereichen von TetR zu untersuchen, und
ein besseres und umfassenderes Bild vom Mechanismus des reversen TetR zu erhalten.
Hierzu sollte untersucht werden in welcher Weise atc zur DNA bindenden Konformation führt,
ob sich Unterschiede bezüglich der Lage der Mutationen im Protein ergeben und ob eine
Stabilisierung durch atc eine Rolle spielt.
4.2.1
Auswahl der reversen TetR Varianten
Die Analyse von reversen TetR in vitro ist durch die stark verringerte lösliche Überexpression
erschwert (Schubert, 2001; Kamionka, 2005; Köstner, persönliche Mitteilung). Aus diesem
Grund wurde bisher nur eine Variante in vitro untersucht und ansonsten vor allem in vivo
Charakterisierungen durchgeführt. Deshalb wurde in Überexpressionstests nach solchen
Mutanten gesucht, die eine lösliche Überexpression aufweisen und somit einfach zu
präparieren sind.
54
4. Ergebnisse
Name
Bereich Helix α1
Helix α4
Bereich Helix α6
RF
ÜE
TetR
r1
L17G
20
+++
TetR
r2
E15A L17G L25V
102
+++
TetR
r3
V99R
30
+
TetR
r4
R94P V99E
82
+
TetR
r5
102
++
TetR
r6
L17S E23K
86
+
TetR
r8
E15V L17A E19D
95
+++
TetR
r10
N18I E19G V20G E23V
62
+
TetR
r11
N18K V20G
80
+
TetR
r12
V99E
20
+
TetR
r13
G96E
8
-
TetR
r14
V99K
10
+
TetR
r18
29
-
TetR
r19
40
+
TetR
r20
88
+
TetR
r21
G96R
19
-
TetR
r22
Y93C G96R K98N
65
+
TetR
r23
V20F G21R
R49S
27
+
TetR
r24
N18Y
D53Y A54V
54
-
TetR
r25
L17H I22F E23G
53
+
TetR
r26
L16R E19D E23D
D95G V99A
80
++
TetR
r27
L14F
D95A V99G
54
+
TetR
r28
L14F E15A L17V
G96V
73
++
TetR
r29
L14I I22L
R94H V99E
78
+
TetR
r30
L14F
G96V K98E V99L L101P
59
+
TetR
r31
V99G A97V
43
-
TetR
r32
V20G
A56P I59L
64
+
TetR
r33
N18K E19V I22T
D53Y A54S
87
+
A56P V57L E58V
A54E L55S A56S
D53Y I59T
G96R A97P
L17V E19A I22F
D53Y A54T
Tab. 4.11 Zusammenfassung der Regulationsfaktoren, Abkürzungen und Mutationen der auf
Überexprimierbarkeit überprüften reversen Tet Repressor Varianten.
RF bezeichnet den Regulationsfaktor der Mutanten, d.h. das Verhältnis zwischen DNA-gebundenem
und freiem Zustand. ÜE bezeichnet die lösliche Überexpression bei 22°C. +++ bezeichnet eine sehr
gute Überexpression, + eine sehr schlechte Überexpression und – keinen sichtbaren TetR im
Überstand.
55
4. Ergebnisse
Die 28 Mutanten mit den besten Regulationsfaktoren (siehe Tabelle 4.11) wurden ausgesucht,
in pWH610 kloniert und in E. coli RB791 auf lösliche Expression des Proteins bei 22°C
untersucht. Fünf der 28 Varianten wurden schließlich für weitere Untersuchungen ausgewählt.
TetRr2 mit Mutationen im DNA-Bindekopf, TetRr4 mit solchen in Helix α6 und TetRr5 mit
Mutationen in Helix α4 wurden ausgewählt, da diese Varianten die besten reversen
Phänotypen zeigen. TetRr1 und TetRr3 tragen die Einzelmutationen L17G bzw. V99R.
Die Aufreinigungen der fünf revTetR Varianten je aus 3 Liter LB-Medium ergaben
unterschiedliche Ausbeuten und Aktivitäten, die in Tabelle 4.12 zusammengefasst sind. Die
Ausbeute
und
Aktivität
von
TetRr3
und
TetRr4
konnte
durch
ein
alternatives
Zellaufschlussprotokoll wie in Kap.3.3.6.2 beschrieben deutlich verbessert werden.
Ausbeute
TetR Variante
aus 3 l
Aktivität
wtTetR
40 mg
96 %
TetRr1
35 mg
96 %
TetRr2
18 mg
94 %
TetRr3
4 mg*
85 %*
TetRr4
11 mg*
82 %*
TetRr5
15 mg
88 %
Tab. 4.12 Ausbeute und Aktivität bei der Aufreinigung der reversen Tet Repressoren.
Die Anzucht der Zellen erfolgte bei 22°C. Es wurde aus 3 l LB Medium aufgereinigt. Die Aktivität wurde
durch Fluoreszenztitrationen mit atc bestimmt (Takahashi et al., 1986). * Die angegebene Ausbeute und
Aktivität des Proteins wurde durch Verwendung des in Kapitel 3.3.6.2 beschriebenen Protokolls
erhalten.
4.2.2
Auswirkung unterschiedlicher atc Konzentrationen auf die in vivo Regulation
reverser TetR Varianten
Die ausgewählten revTetR Varianten zeigen alle einen ausgeprägten Phänotyp mit
Regulationsfaktoren zwischen 20 und 102. Da sich bei der Repression in Gegenwart von
0.4 μM atc keine deutlichen Unterschiede ergaben, wurden im Folgenden β-GalaktosidaseAktivitätsmessungen mit unterschiedlichen atc Konzentrationen durchgeführt. Dafür wurde
E. coli WH207/λtet50, transformiert mit pWH1925-Derivaten, mit 0.0004 μM bis 0.4 μM atc
56
4. Ergebnisse
inkubiert und die TetR regulierte Expression der β-Galaktosidase untersucht. Die Ergebnisse
sind in Abbildung 4.5 dargestellt.
Eine Induktion des Wildtyp TetR ist ab einer atc Konzentration von 0.01 μM zu erkennen,
während die vollständige Induktion bei 0.1 μM atc eintritt. TetRr1 und TetRr2 benötigen nur
0.01 μM atc für eine komplette Korepression, TetRr5 0.2 μM atc und TetRr3 und TetRr4 0.04 μM
atc. Somit ergeben sich unterschiedliche Sensitivitäten bezüglich der atc Konzentrationen, die
nach der Lage der Mutationen im Protein zusammengefasst werden können:
Mutationen in Helix α1 zeigen die höchste Sensitivität, Mutationen in Helix α6 mittlere und die
Variante mit Mutationen in Helix α4 die geringste Sensitivität bezüglich der Anwesenheit von
atc in vivo.
57
4. Ergebnisse
120
β-Gal.-Aktivität [%]
100
w /o
0 .0 0 0 4
0 .0 0 1
0 .0 0 4
0 .0 1
0 .0 4
0 .1
0 .2
0 .4
80
60
40
μM atc
20
E
V
99
TetRr5
4P
99
R
TetRr4
V
5V
L2
TetRr3
7G
7L
E
w
TetRr2
7G
TetRr1
58
t
wtTetR
L1
V
0
Abb. 4.5 Abhängigkeit der Induktion des Wildtyps und Korepression der revTetR Mutanten von der atc Konzentration in vivo.
Die Messungen wurden in E. coli WH207/λtet50, transformiert mit pWH1925 Derivaten, durchgeführt. Die Zellen wurden in Gegenwart von 0.0004 μM bis 0.4 μM
atc angezogen.
58
4. Ergebnisse
4.2.3
Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten von [atc-Mg]+ mit revTetR durch
direkte Titration
Bei der Bestimmung von kleinen Gleichgewichtskonstanten über die Methode des
gekoppelten Gleichgewichtes ergeben sich oft sehr geringe Fluoreszenzausbeuten die das
Ergebnis
verfälschen
können.
Deshalb
wurde
eine
direkte
Bestimmung
der
Gleichgewichtskonstanten durchgeführt. Hierfür können zwei Methoden angewendet werden:
die Titration des [atc-Mg]+ Komplexes mit den revTetR Proteinen oder eine Titration von
Protein mit [atc-Mg]+. Beide Methoden sollten zu dem gleichen Ergebnis führen.
4.2.3.1 Titration von [atc-Mg]+ mit revTetR
Für die Titration von [atc-Mg]+ mit revTetR wurden zwischen 0.1 μM und 0.001 μM atc
eingesetzt.
Für
alle
Proteine
wurde
bei
mindestens
zwei
unterschiedlichen
atc
Konzentrationen eine Messung durchgeführt und daraus der Mittelwert berechnet. Um die
Anwesenheit von freiem atc, und somit den Einfluss Mg2+-unabhängiger atc Bindung an TetR,
möglichst gering zu halten, wurde der Überschuss von MgCl2 im Puffer so hoch gewählt, dass
unter Berücksichtigung der Gleichgewichtskonstanten, KM, von atc mit Mg2+ über 95 % der atc
Moleküle im Komplex mit Mg2+ vorliegen.
1.2
Abb. 4.6 Titration von atc mit TetRr2
bei
unterschiedlichen
MgCl2
Konzentrationen.
1.0
Die Titration von 0.01 μM atc mit TetRr2
wurde in 1 x F-Puffer mit 1 mM, 5 mM,
10 mM
und
20 mM
MgCl2
durchgeführt.
0.8
υ
0.6
0.4
1 mM MgCl2
5 mM MgCl2
10 mM MgCl2
20 mM MgCl2
0.2
0.0
1e-11
1e-10
1e-9
1e-8
1e-7
1e-6
1e-5
c(TetR)frei, M
Es wurden Messungen mit 1 mM, 5 mM, 10 mM und 20 mM MgCl2 im Puffer durchgeführt und
kein Einfluss auf die Bindung durch eine zu hohe Ionenstärke festgestellt (Abbildung 4.6). Der
Puffer mit 20 mM MgCl2 wurde für die Messungen ausgewählt.
Für zwei voneinader unabhängige Bindetaschen kann die Bindung von [atc-Mg]+ an das
59
4. Ergebnisse
revTetR Monomer (TetRM) nach der Gleichung (1) formuliert werden:
TetRM + [atc-Mg]+
TetRM-[atc-Mg]+
(1)
daraus ergibt sich die Gleichgewichtskonstante KA nach
c(TetRM-[atc-Mg]+)
c(TetRM) · c([atc-Mg]+)
(2)
= KA
Nach Umformung kann die Gleichung für die Bindekurve wie folgt formuliert werden:
K · c(TetRM)
1 + K · c(TetRM)
(3)
=υ
Die freie TetR Konzentration kann unter Berücksichtigung der [atc-Mg]+ Konzentration und der
fraktionalen Sättigung Fs nach
c(TetR)frei = c(TetR)total – Fs · c([atc-Mg]+)total
(4)
berechnet werden. Als Beispiel ist die Titration von [atc-Mg]+ mit TetRr1 in Abbildung 4.7
gezeigt.
1.2
Abb. 4.7 Fluoreszenztitration von
0.1 μM [atc-Mg]+ mit TetRr1.
1.0
Die ausgefüllten Kreise zeigen die
gemessenen
Werte
und
die
durchgezogenen schwarze Linie die
berechnete Bindekurve.
0.8
υ
0.6
0.4
0.2
Messwerte
Bindekurve
0.0
1e-10
1e-9
1e-8
1e-7
1e-6
1e-5
c(TetRr2)frei, M
Die Analyse der Daten in einem Scatchard Plot zeigt für alle reversen TetR positive
Kooperativität für die [atc-Mg]+-Bindung (siehe Abbildung 4.8). Die Auswertung muss folglich
für
zwei
voneinander
abhängige
Bindetaschen
Dimerkonzentration erfolgen.
60
und
unter
Berücksichtigung
der
4. Ergebnisse
2e+7
4e+7
TetRr1
1e+7
TetRr3
TetRr2
2e+7
8e+6
2e+7
1e+7
υ/c(TetR)frei, M
υ/c(TetR)frei, M
υ/c(TetR)frei, M
3e+7
1e+7
8e+6
4e+6
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
0.0
1.2
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
0
1.2
0.0
0.2
0.4
υ
υ
0.6
0.8
1.0
υ
2e+6
1e+7
TetRr4
TetRr5
2e+6
υ/c(TetR)frei, M
8e+6
υ/c(TetR)frei
4e+6
2e+6
0
0
6e+6
6e+6
4e+6
1e+6
8e+5
4e+5
2e+6
0
0
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
0.0
1.2
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
1.2
υ
υ
Abb. 4.8 Auftragung der Titrationen von [atc-Mg]+ mit revTetR nach Scatchard.
Die Proteinkonzentration beträgt 0.01 μM.
Für die Titration eines Liganden mit einem Protein, das zwei Bindestellen für den Liganden
enthält,
wurde
noch
keine
Auswertemethode
unter
Berücksichtigung
kooperativer
Ligandenbindung beschrieben. Auch für die hier gezeigten Titrationen konnte keine geeignete
Methode gefunden werden
4.2.3.2 Titration von revTetR mit [atc-Mg]+
Für die Titration von TetR mit [atc-Mg]+ wurden zwischen 0.01 μM und 0.5 μM revTetR mit
steigenden Mengen atc in einem Puffer mit 20 mM MgCl2 titriert. Da die detektierte
Fluoreszenz vom Liganden stammt, muss berücksichtigt werden, dass sich die Konzentration
des Liganden, und somit das Hintergrundsignal, bei jedem Schritt ändert. Deshalb wurde
zusätzlich eine Titration von Puffer mit atc durchgeführt. Ein Besipiel für eine solche Titration
ist in Abbildung 4.9 gezeigt.
61
1.2
4. Ergebnisse
6e+5
Abb. 4.9 Fluoreszenztitration von
TetRr1 mit [atc-Mg]+.
Fluoreszenz [cps]
5e+5
Gezeigt ist die Titration von 0.1 μM
TetRr1 (weiß) mit [atc-Mg]+ und eine
Titration von Puffer mit Korepressor
(schwarz).
4e+5
3e+5
2e+5
1e+5
Puffer + [atc-Mg]+
0
0.1 μM TetR + [atc-Mg]+
r1
-1e+5
0.0
2.0e-7 4.0e-7 6.0e-7 8.0e-7 1.0e-6 1.2e-6 1.4e-6
c(atc), M
Die durch den freien [atc-Mg]+ Komplex verursachte Fluoreszenz kann direkt von dem Signal
des TetR-[atc-Mg]+2 Komplexes abgezogen werden. Nach Berechnung des Sättigungsgrades
und der freien atc Konzentration basierend auf den korrigierten Fluoreszenzsignalen nach den
Gleichungen (5) und (6), kann die Gleichgewichtskonstante nach Langmuir berechnet werden.
Der Sättigungsgrad υ entspricht in diesem Fall der fraktionalen Sättigung Fs.
c([atc-Mg]+)frei = c([atc-Mg]+)total – Fs · c(TetR)total
(5)
Die fraktionale Sättigung errechnet sich als:
Smax - S
Smax - Smin
(6)
= FS
Eine zweite Möglichkeit für die Auswertung ist die Bestimmung der spektralen Eigenschaften
von freiem und TetR gebundenem [atc-Mg]+ und Berechnung der Gleichgewichtskonstanten
unter Berücksichtigung dieser Werte nach (Winzor and Sawyer, 1995). Hierfür werden die
Titrationen von Puffer mit [atc-Mg]+ bzw. von TetR mit [atc-Mg]+ verwendet. Bei der
Berechnung der fraktionalen Sättigung ist Smax die Fluoreszenz des TetR gebundenen [atcMg]+ und Smin die Fluoreszenz des freien Komplexes. Der Sättigungsgrad υ entspricht:
c([atc-Mg]+)total
c(TetR)total
· Fs = υ
Die freie [atc-Mg]+ Konzentration wird als
c([atc-Mg]+)frei = c([atc-Mg]+)total – Fs · c([atc-Mg]+)total
erfolgte nach Langmuir. Für TetRr1 passt sich
berechnet. Die Bestimmung der Bindekurve
62
4. Ergebnisse
die Kurve für eine 1 : 1 Stöchiometrie nicht optimal an die Datenpunkte an (Abbildung 4.10).
Deshalb wurde zusätzlich eine Bindekurve für kooperative Ligandenbindung berechnet. Zur
Berücksichtigung kooperativer Bindung muss die Bildung des revTetR-[atc-Mg]+2 Komplexes
über die beiden Gleichungen (7) und (8) beschrieben werden:
TetR + [atc-Mg]+
TetR-[atc-Mg]+ + [atc-Mg]+
TetR-[atc-Mg]+
(7)
TetR-[atc-Mg]+2
(8)
TetR bezeichnet in diesem Fall das dimere Protein. Für jede dieser Reaktionen kann eine
Gleichgewichtskonstante K formuliert werden:
c(TetR-[atc-Mg]+)
c(TetR) · c([atc-Mg]+)
c(TetR-[atc-Mg]+2)
c(TetR-[atc-Mg]+) · c([atc-Mg]+)
= K1
= K2
(9)
(10)
Durch Umformen erhält man die Gleichung für die Bindefunktion (siehe Kapitel 3.3.6.8):
K1 · c([atc-Mg]+) · (1 + K2 · c([atc-Mg]+))
1 + K1 · c([atc-Mg]+) · (1 + K2 · c([atc-Mg]+))
=υ
(11)
Das Ergebnis für die Titration von TetRr1 mit [atc-Mg]+ aus Abbildung 4.9 ist in Abbildung 4.10
gezeigt.
1.2
Abb. 4.10: Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten von TetRr1 mit
[atc-Mg]+ durch Titration mit [atc-Mg]+.
1.0
Die Proteinkonzentration beträgt 0.1 μM.
Die Auswertung wurde nach (Winzor and
Sawyer, 1995) durch Bestimmung der
spektralen Eigenschaften von freiem und
durchTetR-gebundenem
[atc-Mg]+
geführt. Gezeigt sind die berechneten
Bindekurven für zwei unabhängige
Bindetaschen (schwarz) und kooperative
Bindung (grau).
υ
0.8
0.6
0.4
Messwerte
ohne Kooperativität
mit Kooperativität
0.2
0.0
1e-9
1e-8
1e-7
1e-6
1e-5
c(atc)frei, M
Die Kurve für kooperative Ligandenbindung passt sich deutlich besser an die Punkte an, als
für die 1 : 1 Bindung. Während bei der Titration von [atc-Mg]+ mit Protein für alle fünf reversen
TetR kooperative Bindung auftrat, konnte bei dieser Methode nur für TetRr1 Kooperativität
63
4. Ergebnisse
detektiert werden (siehe Tabelle 4.13).
Bei der Auswertung ein und derselben Titration über die zwei beschriebenen Methoden
ergeben sich Kurven die unterschiedliche Verläufe zeigen (Abb. 4.11A). Die Steigung in dem
Übergangsbereich ist sehr ähnlich, weshalb die berechneten Gleichgewichtskonstanten nur
um ca. 20 % voneinander abweichen. Die Unterschiede betreffen vor allem den
Sättigungsgrad, der für die Bindung eines [atc-Mg]+ Komplexes an ein TetR Monomer gleich
eins sein sollte, hier aber nur 0.7, 0.8 bzw. 0.98 erreicht (siehe auch Abbildung 4.11B).
1.2
1.0
Abb. 4.11 Vergleich der Ergebnisse für
die Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten von TetRr1 mit [atc-Mg]+
durch Titration mit [atc-Mg]+.
A
υ
0.8
Die
Bindekurven
wurden
unter
Berücksichtigung kooperativer Ligandenbindung berechnet.
0.6
0.4
Auswertung: Differenz
Auswertung: Windsor & Sawyer
0.2
Bindekurve
Bindekurve
0.0
1e-9
1e-8
1e-7
1e-6
1e-5
c(atc)frei, M
1.2
1.0
B
(B) Vergleich der Bindekurven für die
Titration von 0.1 μM TetRr1 (weiß) und
0.2 μM TetRr1 (schwarz) mit atc. Die
Auswertung wurde nach (Winzor and
Sawyer, 1995) durchgeführt. Die Werte für
die
Gleichgewichtskonstanten
sind:
KA1 = 8.5 x 106 M-1 und KA2 = 3.8 x 107 M-1
für 0.1 μM TetRr1 und KA1 = 6.2 x 106 M-1
und KA2 = 5.3 x 107 M-1 für 0.2 μM TetRr1.
υ
0.8
0.6
0.4
0.2 μM TetRr1
0.1 μM TetRr1
0.2
0.0
1e-9
Bindekurve
Bindekurve
1e-8
1e-7
1e-6
(A) Vergleich der Ergebnisse der zwei
unterschiedlichen Auswertemethoden für
eine Titration. Die Auswertung wurde unter
Berücksichtigung
der
spektralen
Eigenschaften von freiem und TetR
gebundenem [atc-Mg]+ durchgeführt (weiß)
oder durch Substraktion der Titration von
Puffer mit atc von der Titration von TetRr1
mit atc (schwarz). Die Proteinkonzentration
beträgt 0.1 μM. Die errechneten Werte für
die Gleichgewichtskonstanten betragen:
KA1 = 9.3 x 106 M-1 und KA2 = 3.3 x 107 M-1
(schwarz) und KA1 = 8.5 x 106 M-1 und
KA2 = 3.8 x 107 M-1 (weiß).
1e-5
c(atc)frei, M
Der Vergleich von Bindekurven unterschiedlicher Titrationen, die aber mit der gleichen
Auswertemethode berechnet wurden, zeigt große Schwankungen, wie für zwei Titrationen von
TetRr1 mit Korepressor in Abbildung 4.11B gezeigt. Deshalb wurden für alle weiteren
Gleichgewichtskonstanten die Auswertungen mit beiden Methoden durchgeführt und
anschließend der Mittelwert aus den Gleichgewichtskonstanten berechnet.
64
4. Ergebnisse
Da die Gleichgewichtskonstante des Wildtyp TetR mit [atc-Mg]+ zu hoch für eine Bestimmung
über direkte Titration ist, wurden zusätzlich Titrationen von revTetR-atc2 mit Mg2+ durchgeführt
(Scholz et al., 2000; Takahashi et al., 1991). Die Ergebnisse der unterschiedlichen Methoden
sind in Tabelle 4.13 miteinander verglichen.
Mg2+
Titration
TetR
Variante
Titration mit [atc-Mg]+
K
7
K1
K2
-1
7
K
-1
7
-1
[x10 M ] [x10 M ] [x10 M ] [x107 M-1]
wtTetR
120000
*
*
TetRr1
200
0.7
4.5
TetRr2
15
2.4
TetRr3
5
1.9
TetRr4
8
0.9
TetRr5
0.09
#
*
Tab. 4.13 Gleichgewichtskonstanten von [atc-Mg]+ mit dem Wildtyp und den reversen TetR.
Gezeigt ist ein Vergleich der Werte aus der direkten Titration mit den Werten der Mg2+-Titration. Die
Standardabweichung beträgt zwischen 20 % und 50 %. * Die Bindekonstante ist zu hoch für eine
Bestimmung über direkte Titration. # Die Gleichgewichtskonstante ist zu niedrig und konnte deshalb
nicht bestimmt werden.
Für alle reversen Proteine ergeben sich stark erniedrigte [atc-Mg]+ Gleichgewichtskonstanten
im Vergleich zum Wildtyp mit beiden Methoden. Erstaunlicherweise zeigen alle revTetR
Varianten positive Kooperativität bei der Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten durch
Titration mit Protein (siehe Abbildung 4.7). Bei der Titration mit [atc-Mg]+ konnte nur für TetRr1
Kooperativität festgestellt werden, wobei die Gleichgewichtskonstante für die Bindung des
zweiten Korepressor-Moleküls sechsfach erhöht ist. Die Mg2+-abhängige Titration ergab keine
Kooperativität.
Der
Vergleich
mit
den
über
Mg2+-Titration
bestimmten
Gleichgewichtskonstanten ergibt leicht erniedrigte Werte für TetRr2, TetRr3 und TetRr4,
während die [atc-Mg]+ Bindekonstante für TetRr1 bei der direkten Titration 40- bzw. 200-fach
erniedrigt ist und für TetRr5 keine Quantifizierung mehr möglich war.
65
4. Ergebnisse
4.2.4
Bestimmung der Assoziationsgeschwindigkeitskonstanten kass der revTetR-[atcMg]+2 Komplexbildung
Die Assoziationsgeschwindigkeitskonstante betrachtet einen Teil des kinetischen Verlaufs der
Bindung eines Liganden an ein Protein und ist mit der Gleichgewichtskonstanten über
Gleichung (12) verknüpft. Die stark erniedrigten Gleichgewichtskonstanten von [atc-Mg]+ an
die
revTetR
Proteine
könnten
deshalb
durch
erniedrigte
Assoziationsgeschwindigkeitskonstanten bedingt sein.
KA =
(12)
kass
kdiss
Für die Quantifizierung der Assoziationskinetiken wurde zu dem [atc-Mg]+ Komplex reverser
Tet Repressor gegeben und die Zunahme der atc Fluoreszenz bei TetR Bindung über 2000
Sekunden verfolgt (Abbildung 4.12). Die Auswertung erfolgte unter Annahme einer
bimolekularen Reaktion und wurde wie in (Takahashi et al., 1986) beschrieben durchgeführt
(Kapitel 3.6.6). Der Anfang der erhaltenen Kurve wurde linearisiert, wobei die Steigung der
Geraden die Assoziationsgeschwindigkeitskonstante kass ergibt. Die so berechneten
Assoziationsgeschwindigkeitskonstanten sind in Tabelle 4.14 zusammengefasst.
Für TetRr1 wurde der Mittelwert aus den Gleichgewichtskonstanten K1 und K2 berechnet. K1,
K2 und K können über die Gleichungen (13) und (14) in Beziehung miteinander gebracht
werden. Durch Einsetzten und Umformen ergibt sich Gleichung (15), aus der K ermittelt
werden kann. α stellt den Kooperativitätsfaktor dar, der für die Berechnung des Mittelwertes
gleich eins gesetzt wurde.
K1 = 2 · K
(13)
K2 = α · K/2
(14)
K = α · (K1 · K2)1/2
(15)
66
4. Ergebnisse
2.2e+5
Abb. 4.12 Fluorimetrische Bestimmung
der Assoziationskinetik am Besispiel
der TetRr1-[atc-Mg]+2 Komplexbildung.
2.0e+5
Fluoreszenz [cps]
1.8e+5
TetRr1
und
[atc-Mg]+
wurden
in
äquimolaren Konzentrationen (0.1 μM)
eingesetzt und die Änderung der
Fluoreszenz bei Komplexbildung über
2000 Sekunden verfolgt.
1.6e+5
1.4e+5
1.2e+5
1.0e+5
8.0e+4
6.0e+4
4.0e+4
0
500
1000
1500
2000
2500
Zeit [S]
2.0
ΔFmax/(ΔFmax-ΔF)
1.8
1.6
1.4
1.2
1.0
0.8
0
20
40
60
80
100
120
Zeit [S]
kass
KA/mittel
kdiss
TetR Variante
[x105 M-1s-1]
[x 107 M-1]
[x 10-3 s-1]
TetR (D)
70*
120000
0.006
TetRr1
0.84
1.8a
4.7
TetRr2
0.88
2.4
3.2
TetRr3
2.1
1.9
11
TetRr4
2.6
0.9
29
TetRr5
0.56
#
#
Tab. 4.14 Assoziationsgeschwindigkeitskonstanten von revTetR mit [atc-Mg]+, Mittelwerte der
Gleichgewichtskonstanten und daraus berechnete Dissoziations-geschwindigkeitskonstanten.
a
Mittelwert aus den Gleichgewichtskonstanten K1 und K2, nach Gleichung (15) berechnet. * Wert aus
(Schubert et al., 2004).
67
4. Ergebnisse
Für die reversen TetR ergeben sich stark erniedrigte Assoziationsgeschwindigkeitskonstanten
im
Vergleich
zum
Wildtyp.
Die
maximal
125-fach
niedrigeren
Assoziationsgeschwindigkeitskonstanten stimmen jedoch nicht mit den maximal 4 x 105-fach
niedrigeren
Gleichgewichtskonstanten
überein.
Dissoziationsgeschwindigkeitskonstanten
stärker
Folglich
müssen
unterscheiden
sich
als
die
die
Assoziationsgeschwindigkeiten. Die Berechnung von kdiss kann durch Verwendung der
Gleichgewichtskonstanten und Assoziationsgeschwindigkeitskonstanten erfolgen. Hierfür
wurden die Mittelwerte der Gleichgewichtskonstanten aus Tabelle 4.13 verwendet.
4.2.5
Bestimmung der thermodynamischen Stabilität der reversen Tet Repressoren
Die schlechtere lösliche Überexpression der reversen Tet Repressoren könnte durch eine
geringere Stabilität der Proteine bedingt sein. Ebenso ist es möglich, dass die Struktur der
revTetR, insbesondere die DNA-bindefähige Konformation des Proteins, durch Bindung des
Korepressors stabilisiert wird. Um dies zu untersuchen, wurde die konformationelle Stabilität
der revTetR Varianten analysiert.
Die Stabilität des Wildtyp Tet Repressors wurde durch Harnstoff-abhängige Entfaltung
erfolgreich quantifiziert (Hecht et al., 1993; Schubert et al., 2001; Schubert et al., 2004). Als
Messsonden zur Detektion der Entfaltung wurde sowohl Fluoreszenz als auch CD (Circular
Dichroismus) eingesetzt (Backes et al., 1997; Schubert et al., 2001; Schubert et al., 2004). Um
die Entfaltung der reversen TetR zu untersuchen, wurden fluoreszenzspektroskopische
Messungen durchgeführt. Hierbei macht man sich zunutze, dass sich die intrinsische
Tryptophanfluoreszenz des Restes an Position 75 bei der Entfaltung des Proteins aufgrund
der
Änderung
der
Sekundärstruktur
und
der
damit
verbundenen
Änderung
der
Solvenszugänglichkeit verschiebt. Das Tryptophan an Position 43 spielt für diese Methode nur
eine untergeordnete Rolle, da es bereits im nativen Protein solvensexponiert vorliegt
(Schubert, 2001). Die Änderung der Fluoreszenzeigenschaften nach Inkubation mit Harnstoff
wurde in einem Fluoreszenzemissionsspektrum verfolgt (Abb 4.13). Dafür wurden die Proteine
zwei Stunden bei 25°C in 1 x F-Puffer bzw. 1 x F-Puffer + 8 M Harnstoff inkubiert, und das
Spektrum bei einer Anregungswellenlänge von 295 nm aufgezeichnet. Die maximalen
Wellenlängen der Emissionsspektren für die nativen und denaturierten Proteine sind mit den
entsprechenden Fluoreszenzintensitäten in Tabelle 4.15 zusammengefasst.
68
4. Ergebnisse
nativ
denaturiert
λ max
Fluoreszenz
λ max
Fluoreszenz
TetR Variante
[nm]
[cps]
[nm]
[cps]
wtTetR
340
1.1 x 106
370
0.7 x 106
TetRr1
334
1.2 x 106
370
0.9 x 106
TetRr2
334
1.5 x 106
370
0.9 x 106
TetRr3
335
2.2 x 106
358
1.6 x 106
TetRr4
335
1.9 x 106
359
1.1 x 106
TetRr5
334
1.3 x 106
371
0.7 x 106
Tab. 4.15 Maximale Wellenlängen der nativen und entfalteten Proteine und maximale
Fluoreszenz.
Die Emissionsspektren wurden mit 0.4 μM Protein bei einer Anregungswellenlänge von 295 nm
aufgezeichnet. Für die Denaturierung wurden die Proteine in 8 M Harnstoff inkubiert.
2e+6
2e+6
Fluoreszenz [cps]
Abb. 4.13 Emissionsspektren des
nativen und entfalteten TetRr4.
TetRr4
TetRr4 + 8 M Harnstoff
Gezeigt sind die Emissionsspektren
des nativen Proteins (___), des mit 8 M
Harnstoff denaturierten TetRr4 (···) und
deren Differenzkurve (---). Die Proteinkonzentration beträgt 0.4 μM.
Differenzspektrum
1e+6
5e+5
0
-5e+5
250
300
350
400
450
500
λ [nm]
Durch die Denaturierung tritt wie beim Wildtyp eine Rot-Verschiebung der Emissionsmaxima
auf, was mit einer Erniedrigung der Fluoreszenzintensität von ca. 20 - 50 % einhergeht. Die
Emissionsmaxima liegen für die jeweiligen nativen und entfalteten Proteine in den gleichen
Wellenlängenbereichen, und auch die Fluoreszenzintensitäten zeigen ähnliche Werte.
Lediglich für TetRr3 und TetRr4 ist die maximale Emissionswellenlänge des denaturierten
Proteins um mehr als 10 nm verschoben.
Die Entfaltung des Wildtyp TetR lässt sich durch das Zwei-Stufen Modell beschreiben (Pace,
1986), nach welchem nur zwei Zustände und
69
keine Zwischenstufen während der Entfaltung
4. Ergebnisse
auftreten, nämlich natives Dimer und entfaltetes Monomer. Um dieses Modell auch für die
Entfaltungkurven der reversen TetR anwenden zu können müssen drei Voraussetzungen
erfüllt sein:
(i)
Abwesenheit von Faltungsintermediaten
(ii)
Reversibilität der Entfaltung
(iii)
Abhängigkeit der Entfaltung von der Proteinkonzentration
Die Abwesenheit von Zwischenstufen bei der Entfaltung kann durch einen sigmoidalen
Kurvenverlauf ausgeschlossen werden. Die Reversibilität wurde durch Denaturierung,
anschließende Renaturierung und Bestimmung der Aktivität des rückgefalteten Proteins durch
Titration
mit
atc
nachgewiesen.
Proteinkonzentration
wurden
Proteinkonzentrationen
Für
die
Abhängigkeit
Titrationen
durchgeführt
mit
(siehe
Abb
Harnstoff
4.14
für
der
Entfaltung
bei
ein
von
der
unterschiedlichen
Beispiel)
und
der
Entfaltungsmittelpunkt, sowie die freie Enthalpie der Entfaltung bestimmt. Während die freie
Enthalpie konzentrationsunabhängig ist, unterscheiden sich die Harnstoff1/2-Konzentrationen
für die Entfaltungsübergänge.
Das Zwei-Stufen-Modell der Entfaltung konnte für TetRr1 und TetRr2 nachgewiesen werden.
Die für die Entfaltungsparameter ermittelten Werte sind in Tabelle 4.16 zusammengefasst. Für
TetRr3 und TetRr4 ergaben sich nicht-auswertbare Kurven, während für TetRr5 die Reversibilität
der Entfaltung und die Abhängigkeit der Entfaltung von der Proteinkonzentration nicht
nachgewiesen werden konnte.
Anteil gefaltetes Protein [%]
120
Abb. 4.14 Harnstoff-induzierte Entfaltungskurven von TetRr2.
TetRr2 0.4 μM
TetRr2 1 μM
100
Die
eingesetzten
Proteinkonzentrationen
betragen 0.4 μM (schwarze Kreise) und 1 μM
(weiße
Dreiecke).
Mit
steigender
Proteinkonzentration verschiebt sich der
Mittelpunkt des Entfaltungsübergangs zu einer
höheren Harnstoffkonzentration
80
60
40
20
0
0
2
4
6
8
10
[Harnstoff], M
70
4. Ergebnisse
H1/2
H1/2
ΔG0H2O
1 μM TetR
0.4 μM TetR
TetR
Variante
[KJ/mol]
[M]
[M]
wtTetR
58 ± 4
3.8
3.6
TetRr1
59 ± 3
3.9
3.3
TetRr2
59 ± 6
3.8
3.3
Tab. 4.16 Thermodynamische Stabilität und Übergangsmittelpunkt der Entfaltung von TetR,
TetRr1 und TetRr2.
Die Stabilität wurde über Harnstoff-induzierte Entfaltung durch verfolgen der Fluoreszenzänderung
während der Entfaltung mit 1 μM und 0.4 μM Protein bestimmt.
Die freie Enthalpie der Entfaltung von TetRr1 und TetRr2 unterscheidet sich nicht vom Wildtyp.
Der Entfaltungsmittelpunkt, angegeben durch die Harnstoffkonzentration bei der die Hälfte des
Proteins entfaltet ist (H1/2), ist ein direktes Maß für die Stabilität eines Proteins gegenüber
Harnstoff-abhängiger Denaturierung. Auch hier ergeben sich keine deutlichen Unterschiede
zum Wildtyp Protein.
Thermodynamische Komplexstabilität der revTetR-[atc-Mg]+2 Komplexe
4.2.6
Für die Bestimmung der Stabilität von revTetR im Komplex mit [atc-Mg]+ können zwei
unterschiedliche Messsonden verwendet werden. Bei der Bindung von [atc-Mg]+ in TetR findet
bei Anregung der Tryptophanfluoreszenz ein Energietransfer vom Tryptophan 75 auf atc statt,
wodurch die atc Fluoreszenz ansteigt. Eine weitere Sonde stellt die atc Fluoreszenz an sich
dar, die sich bei TetR Bindung ändert.
Die
thermodynamische
Stabilität
der
Komplexe
wurde
über
die
Änderung
des
Energietransfersignals und der atc Fluoreszenz bestimmt. Erstaunlicherweise ergab sich für
die revTetR Varianten keine Stabilisierung durch [atc-Mg]+ wie sie für den Wildtyp beschrieben
wurde (Schubert et al., 2004) (siehe Abbildung 4.15A). Bei Messung der intrinsischen
Tryptophanfluoreszenz statt der atc Fluoreszenz oder des Energietransfers und einer
Überlagerung dieser Kurve mit der Entfaltungskurve des Proteins in Abwesenheit des
Korepressors ergibt sich ein gleicher Verlauf bezüglich des Entfaltungsüberganges (Abb.
4.15B).
Die
Entfaltungskurven
Konzentrationen
(Abbildung
für
4.16)
TetRr5
in
ergeben
Gegenwart
bei
unterschiedlicher
Betrachtung
der
[atc-Mg]+
intrinsischen
Tryptophanfluoreszenz eine Konzentrationsabhängigkeit für den ersten Teil der Kurve,
71
4. Ergebnisse
während der Entfaltungsübergang nicht von der Korepressormenge abzuhängen scheint. Es
scheint sich folglich nicht um eine Destabilisierung des Proteins durch [atc-Mg]+, sondern um
eine Dissoziation des Korepressors vor der vollständigen Entfaltung des Proteins zu
handeln.
0.4 μM TetRr5
0.4 μM TetRr5 + 2 μM atc
120
100
100
A
Anteil gefaltetes Protein [%]
Anteil gefaltetes Protein [%]
120
80
60
40
20
B
80
60
40
20
0
0
0
1
2
3
4
5
6
7
0
[Harnstoff], M
1
2
3
4
5
6
7
[Harnstoff], M
Abb. 4.15 Entfaltungskurven des TetRr5-[atc-Mg]+2 Komplexes im Vergleich zum freien Protein.
Gezeigt ist eine Überlagerung der Entfaltungskurven gemessen als (A) Änderung des
Energietransfersignals für den TetRr5-[atc-Mg]+2-Komplex (weiß) und Änderung der intrinsischen
Tryptophanfluoreszenz für das freie Protein (schwarz) und (B) Änderung der intrinsischen
Tryptophanfluoreszenz für den komplexierten (weiß) und freien (schwarz) TetRr5. Die
Proteinkonzentration beträgt 0.4 μM, die [atc-Mg]+ Konzentration 2 μM.
Anteil gefaltets Protein [%]
120
100
0.8 μM [atc-Mg]+
4.0 μM [atc-Mg]+
80
+
6.0 μM [atc-Mg]
+
ohne [atc-Mg]
Abb. 4.16 Entfaltungskurven des
Komplexes
bei
TetRr5-[atc-Mg]+2
unterschiedlichen
[atc-Mg]+
Konzentrationen.
Gezeigt
ist
die
Änderung
der
intrinsischen Tryptophanfluoreszenz für
das Protein ohne Korepressor (weißer
Kreis) und in Gegenwart von 0.8 μM
(schwarzer Kreis), 4 μM (weißes Dreieck)
und 6 μM (schwarzes Dreieck) [atc-Mg]+.
Die Proteinkonzentration beträgt 0.4 μM.
60
40
20
0
0
2
4
6
8
10
[Harnstoff], M
Ein ähnliches Verhalten wurde für den Tet Repressor bisher noch nicht beschrieben. Für TetR
Mutanten bei denen direkte Kontakte zum Tetracyclin betroffen sind, wurde eine fehlende
Stabilisierung
bzw.
eine
Destabilisierung
durch den Induktor angenommen (Schubert,
72
4. Ergebnisse
2001). Deshalb wurde für alle fünf reversen Varianten ein analoges Experiment durchgeführt.
Die Entfaltungskurven für die Änderung der atc-Fluoreszenz und der intrinsischen
Tryptophanfluoreszenz sind in Abbildung 4.17 zusammengefasst.
Für TetRr3-[atc-Mg]+2 und TetRr4-[atc-Mg]+2 ergeben sich ähnliche Kurvenverläufe wie für
TetRr5-[atc-Mg]+2. Jedoch unterscheiden sich die Harnstoffkonzentrationen bei denen der
Korepressor vollständig abdissoziiert ist. Für TetRr3-[atc-Mg]+2 und TetRr4-[atc-Mg]+2 beträgt
diese 3.5 M, während für TetRr5-[atc-Mg]+2 3 M Harnstoff ausreicht.
Die Entfaltungskurven der TetRr1-[atc-Mg]+2 und TetRr2-[atc-Mg]+2 Komplexe ergaben
auswertbare Kurven. Jedoch konnte auch hier keine Stabilisierung durch Bindung des
Korepressors festgestellt werden (Tabelle 4.17), was auch deutlich bei einer Überlagerung der
Entfaltungskurven des freien und [atc-Mg]+-gebundenen TetRr1 zu erkennen ist (Abbildung
4.18).
73
4. Ergebnisse
TetRr2-[atc-Mg]+2
TetRr1-[atc-Mg]+2
60
40
20
0
0
1
2
3
4
5
[Harnstoff], M
6
80
60
40
20
0
7
0
1
2
3
4
5
[Harnstoff], M
6
120
A
100
80
60
40
20
0
7
0
1
2
3
4
60
40
20
0
0
1
2
3
4
[Harnstoff], M
5
6
B
100
80
60
40
20
0
7
0
1
80
60
40
20
0
0
7
1
2
3
4
[Harnstoff], M
5
6
7
120
120
Anteil gefaltetes Protein [%]
Anteil gefaltetes Protein [%]
Anteil gefaltetes Protein [%]
A
80
6
B
100
TetRr4-[atc-Mg]+2
120
100
5
120
[Harnstoff], M
TetRr3-[atc-Mg]+2
120
Anteil gefaltetes Protein [%]
80
B
100
2
3
4
5
6
7
A
100
80
60
40
20
0
0
[Harnstoff], M
Anteil gefaltetes Protein [%]
A
100
Anteil gefaltetes Protein [%]
120
Anteil gefaltetes Protein [%]
Anteil gefaltetes Protein [%]
120
1
2
3
4
[Harnstoff], M
5
6
7
B
100
80
60
40
20
0
0
1
2
3
4
5
6
7
[Hanstoff], M
TetRr5-[atc-Mg]+2
120
Anteil gefaltetes Protein [%]
Anteil gefaltetes Protein [%]
120
A
100
80
60
40
20
0
0
1
2
3
4
[Harnstoff], M
5
6
7
B
100
80
Abb. 4.17 Entfaltungskurven der TetRr-[atc-Mg]+2 Komplexe.
60
Als Messsonden dienten (A) das Energietransfersignal und (B) die
intrinsische Tryptophanfluoreszenz. Die Proteinkonzentration beträgt
0.4 μM und die [atc-Mg]+ Konzentration 2 μM
40
20
0
0
1
2
3
4
5
6
7
[Harnstoff], M
74
4. Ergebnisse
Anteil gefaltetes Protein [%]
120
Abb.
4.18
Überlagerung
der
Entfaltungskurven von TetRr1 und dem
TetRr1-[atc-Mg]+2 Komplex.
0.4 μM TetRr1
0.4 μM TetRr1 + 2 μM [atc-Mg]+
100
80
Gezeigt
ist
die
Änderung
des
Energietransfersignals für das Protein im
Komplex mit [atc-Mg]+ (weiß) und die
Änderung
der
intrinsischen
Tryptophanfluoreszenz für das freie
Protein
(schwarz).
Die
Proteinkonzentration beträgt 0.4 μM und die
[atc-Mg]+ Konzentration 2 μM.
60
40
20
0
0
1
2
3
4
5
6
7
[Harnstoff], M
+ [atc-Mg]+
ΔG0H2O
ΔG0H2O
TetR Variante
[KJ/mol]
[KJ/mol]
wtTetR
58 ± 4
134 ± 6
TetRr1
59 ± 3
56 ± 3
TetRr2
59 ± 6
52 ± 2
Tab. 4.17 Thermodynamische Stabilität im Vergleich zur Komplexstabilität von TetR, TetRr1 und
TetRr2.
Die Proteinkonzentration beträg 0.4 μM, die [atc-Mg]+ Konzentration 2 μM
Während die Bindung des [atc-Mg]+ Komplexes an den Wildtyp die freie Energie der
Entfaltung um 76 KJ/mol erhöht, ändert sich der Wert für die beiden reversen Proteine kaum.
Ein Vergleich der Änderung der atc-Fluoreszenz mit dem Signal der Änderung der
intrinsischen Tryptophanfluoreszenz für den Komplex (Abbildung 4.17) zeigt, dass
anscheinend auch hier alle [atc-Mg]+ Moleküle von dem Protein dissoziiert sind bevor die
Entfaltung abgeschlossen ist. Die hier berechnete freie Enthalpie der Entfaltung stellt folglich
nicht die Entfaltung des Komplexes dar, sondern die Dissoziation von [atc-Mg]+, welche jedoch
nicht direkt mit der Proteinentfaltung einhergeht.
75
4. Ergebnisse
4.2.7
Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten von revTetR mit tetO in An- und
Abwesenheit von atc und [atc-Mg]+
Die Bindekonstanten der reversen TetR Varianten an den tet Operator wurden mittels
Oberflächenplasmonenresonanz (SPR) mit Hilfe des BIAcoreX Biosensors bestimmt. Diese
Methode wurde bereits zur Quantifizierung der Interaktion des Wildtyp TetR und des
revTetR G96E L205S mit tetO verwendet (Kamionka et al., 2004a). Auf einem StreptavidinSensorchip wird dabei biotinylierte DNA gekoppelt. Durch die Möglichkeit gleichzeitig zwei
Flusszellen zu verwenden, kann eine Referenz direkt mitvermessen werden. Bei
kontinuierlichem Fluss von Protein über die Oberfläche kann die Zunahme an Masse bei
Bindung des Proteins an die gekoppelte DNA detektiert werden.
Die Gleichgewichtskonstanten der revTetR Proteine mit der DNA in Abwesenheit des
Korepressors atc konnten nicht quantifiziert werden. Injektionen von 50 μM TetR Dimer
ergaben nur sehr geringe Signalstärken mit circa 40 % des maximal möglichen Signals (Abb.
4.19). Deshalb wird eine Bindekonstante kleiner als KA = 1 x 105 M-1 angenommen.
Abb. 4.19 Sensorgramme der
TetRr1-tetO Bindung.
Es wurden 20 μM, 30 μM,
40 μM und 50 μM TetRr1 bei
einer Flussrate von 40 μl/min
injiziert.
Eine Quantifizierung der tetO-Bindung in Anwesenheit des Korepressors war für die reversen
TetR nur über kinetische Messungen möglich, da unter Gleichgewichtsbedingungen kein
stabiles Signal erhalten werden konnte. Bei dieser Art der Messung werden die Assoziationsund
Dissoziationsgeschwindigkeitskonstanten
bestimmt
Gleichgewichtskonstante berechnet
TetR + tetO
kass
TetR-tetO
kdiss
76
und
daraus
die
4. Ergebnisse
KA =
kass
kdiss
c(TetR-tetO)
c(TetR) · c(tetO)
=
Für die Untersuchung der Bindung der reversen TetR an die DNA wurden in einem ersten
Schritt die benötigten atc und MgCl2 Überschüsse, sowie die optimale Flussrate für die
Vermeidung von Massentransfer bestimmt (siehe Tabelle 4.18).
[atc-Mg]+ abhängig
Flussrate
TetR Variante
[μl/min]
c(atc)
atc abhängig
c(MgCl2)
c(Protein)
c(atc)
c(Protein)
[mM]
[nM]
[mM]
[nM]
[mM]
TetRr1
40
0.07
1
10 - 300
0.07
1 - 100
TetRr2
60
0.04
4
0.5 - 100
0.06
15 - 400
TetRr3
50
0.05
3
TetRr4
50
0.03
3
1 - 100
0.08
50 - 1000
TetRr5
60
0.1
2
Tab. 4.18 Zusammenfassung der Flussraten, atc-, MgCl2- und Proteinkonzentrationen für die
Bestimmung der tetO-Bindung der reversen TetR Varianten.
Die tet Operator-Bindung von TetRr3 und TetRr5 konnte nicht quantitativ, sondern nur qualitativ
erfasst werden. Für beide Proteine zeigt sich eine starke Abhängigkeit der DNA-Bindung von
der Anwesenheit des Korepressors [atc-Mg]+ (Abbildung 4.20). Der TetRr5-[atc.Mg]+2-tetO
Komplex dissoziiert nur sehr langsam, was auf einen hochaffinen Komplex hinweist. Die
Untersuchung
der
Korepressorbindung
ergab
Gleichgewichtskonstante (siehe Tabelle 4.13).
77
jedoch
eine
stark
erniedrigte
4. Ergebnisse
A
B
Abb. 4.20 Sensorgramme für die Bindung von TetRr3, TetRr3-[atc-Mg]+2, TetRr5 und TetRr5-[atcMg]+2 an tetO.
(A) 8 μM TetRr5 oder 100 μM atc und 2 mM MgCl2 mit und ohne 100 nM TetRr5 wurden bei einer
Flussgeschwindigkeit von 60 μl/min injiziert. (B) 10 μM TetRr3 oder 50 μM atc und 3 mM MgCl2 mit und
ohne 50 nM TetRr3 wurden inkubiert und bei einer Flussgeschwindigkeit von 50 μl/min injiziert.
Die Sensorgramme für die [atc-Mg]+-abhängige DNA-Bindung von TetRr1, TetRr2 und TetRr4
sind in Abbildung 4.21 zusammengefasst und die entsprechenden Geschwindigkeits- und
Gleichgewichtskonstanten in Tabelle 4.19.
78
4. Ergebnisse
Abb. 4.21 Sensorgramme für die Bestimmung der [atc-Mg]+-abhängigen tetO-Bindung von
revTetR Varianten.
(A) 300 nM, 200 nM, 150 nM, 100 nM, 50 nM, 25 nM und 10 nM TetRr1 wurden mit 70 μM atc und 1 mM
MgCl2 inkubiert und bei einer Flussrate von 40 μl/min injiziert. (B) 50 nM, 25 nM, 10 nM, 5 nM, 2.5 nM,
1.5 nM und 1 nM TetRr2 wurden mit 40 μM atc und 4 mM MgCl2 inkubiert und bei einer Flussrate von
60 μl/min injiziert. (C) 100 nM, 50 nM, 25 nM, 15 nM, 10 nM und 5 nM TetRr4 wurden mit 30 μM atc und
3 mM MgCl2 inkubiert und bei einer Flussrate von 50 μl/min injiziert.
Der TetRr2-[atc-Mg]+2 Komplex zeigt die stärkste Bindung an tetO, mit einer im Vergleich zum
Wildtyp nur um den Faktor Vier erniedrigten Affinität. Die Bindekonstante von TetRr4-[atc-Mg]+2
mit tetO ist neunfach und die von TetRr1-[atc-Mg]+2 17-fach erniedrigt.
79
4. Ergebnisse
+ [atc-Mg]+
KA
7
ka
-1
6 -1
ohne
kd
-1
KA
-3 -1
TetR Variante
[x10 M ]
[x10 s M ]
[x10 s ]
[x107 M-1]
wtTetR
0.04#
+
+
560 #
TetRr1
32
3.9
1.2
*
TetRr2
140
7.7
5.5
*
TetRr4
64
1.6
2.5
*
Tab. 4.19 Geschwindigkeitskonstanten und Gleichgewichtskonstanten für die Bildung der
revTetR-[atc-Mg]+2-tetO Komplexe im Vergleich zu den Werten ohne [atc-Mg]+.
Die Standardabweichung beträgt zwischen 10 und 40 %. # (Kamionka et al., 2004a). * Die
Bindekonstanten sind kleiner als 2 x 105 M-1 und konnten deshalb nicht quantifiziert werden. + Die
Gleichgewichtskonstante für die tetO-Bindung des Wildtyps in An- und Abwesenheit von [atc-Mg]+
wurde nicht über Kinetiken bestimmt.
Es konnte gezeigt werden, dass atc den Wildtyp TetR auch in Abwesenheit von zweiwertigen
Metallionen binden und induzieren kann, jedoch mit einer um den Faktor 104 erniedrigten
Affinität
(Scholz
et
al.,
2000).
Die
Bestimmung
der
Mg2+-unabhängigen
Gleichgewichtskonstante für die reversen Proteine war aufgrund der niedrigen Affinität nicht
möglich. Deshalb wurde die atc-abhängige DNA-Bindung in SPR-Messungen untersucht
In Abbildung 4.22 ist das Sensorgramm für die Kinetik der Assoziation und Dissoziation des
TetRr4-atc2-tetO Komplexes dargestellt. Nach Abschluss der Injektion des Protein-atc
Komplexes und Fluss von Laufpuffer über die Oberfläche findet eine sehr schnelle
Dissoziation des Komplexes statt. Eine Auswertung der Messung ist aufgrund dieser schnellen
Dissoziation nicht möglich. Außerdem kann nicht unterschieden werden, ob es sich bei der
dissoziierenden Spezies um freien TetRr4, TetRr4 im Komplex mit einem atc oder mit zwei atc
Molekülen handelt.
Um dieses Problem zu umgehen, wurden aufeinanderfolgende Injektionen von TetRr4-atc2 und
atc durchgeführt. Nach Stoppen der Injektion von TetRr4-atc2 wurde manuell Laufpuffer mit atc
injiziert. Aufgrund der langsameren Dissoziation des Komplexes und des Überschusses an atc
im Laufpuffer kann nun davon ausgegangen werden, dass nur die Dissoziation des TetRr4-atc2
Komplexes betrachtet wird. Die sehr schnelle Dissoziation in Anwesenheit von Laufpuffer ist
außerdem ein Hinweis auf die geringe Stabilität des Komplexes. Da dies für die
Sensorgramme in Anwesenheit von [atc-Mg]+ nicht beobachtet wurde, scheint es sich hier um
eine besonders schwache Bindung von atc an TetRr4 zu handeln.
80
4. Ergebnisse
Abb. 4.22 Assoziationsund Dissoziationskinetik
der TetRr4-atc2 Bindung
an tetO.
Die rote Kurve zeigt die
Dissoziation ohne Zugabe
von atc in den Laufpuffer,
die blaue Kurve die
Dissoziation des TetRr4Es
atc2-Komplexes.
wurden 500 nM TetRr4 mit
80 μM atc inkubiert und bei
einer Flussgeschwindigkeit
von 50 μl/min injiziert..
Auch für TetRr1 und TetRr2 wurden die tetO Bindekonstanten in Anwesenheit von atc statt [atcMg]+ quantifiziert (Abb 4.23 und Tab.4.20). Bei keiner der beiden Varianten ergab sich eine
ähnlich schnelle Dissoziation des Komplexes wie für TetRr4-atc2-tetO, obwohl sich die [atcMg]+ Bindekonstanten in einem ähnlichem Affinitätsbereich befinden.
81
4. Ergebnisse
Abb. 4.23 Sensorgramme für die Bestimmung der atc-abhängigen tetO-Bindung von revTetR
Varianten.
(A) 200 nM, 100 nM, 50 nM, 30 nM, 15 nM, 10 nM und 5 nM TetRr1 wurden mit 70 μM atc inkubiert und
bei einer Flussrate von 40 μl/min injiziert. (B) 400 nM, 300 nM, 200 nM, 100 nM, 75 nM, 50 nM und
30 nM TetRr2 wurden mit 60 μM atc inkubiert und bei einer Flussrate von 60 μl/min injiziert. (C)
1000 nM, 600 nM, 550 nM, 500 nM, 250 nM, 100 nM und 50 nM TetRr4 wurden mit 80 μM atc inkubiert
und bei einer Flussrate von 50 μl/min injiziert. Nach Stoppen der Injektion wurde 80 μM atc manuell
nachinjiziert.
Alle drei revTetR zeigen DNA-Bindung auch in Gegenwart von atc ohne zweiwertige
Metallionen. Die Gleichgewichtskonstanten von TetRr2-atc2 und TetRr4-atc2 sind jedoch 18bzw. 27-fach erniedrigt im Vergleich zur [atc-Mg]+ vermittelten tetO-Bindung, während die von
TetRr1-atc2 um den Faktor sechs erhöht ist. Die Zugabe von Magnesium scheint hier
unterschiedliche Auswirkungen auf die tet Operator-Bindung zu haben.
82
4. Ergebnisse
+ atc
KA
7
ka
-1
6 -1
kd
-1
TetR Variante
[x10 M ]
[x10 s M ]
[x10-3s-1]
wtTetR
0.02
+
+
TetRr1
190
4.0
2.1
TetRr2
7.8
0.25
3.2
TetRr4
2.4
0.067
2.7
Tab. 4.20 Geschwindigkeitskonstanten und Gleichgewichtskonstanten für die Bildung der
revTetR-atc2-tetO Komplexe.
Die Standardabweichung beträgt zwischen 10 und 40 %. + Die Gleichgewichtskonstante für die Bindung
des Wildtyps an tetO in Gegenwart von atc wurde nicht über Kinetiken bestimmt.
Die Bindung des Wildtyp TetR in An- und Abwesenheit von [atc-Mg]+ an tetO wurde durch
Messungen unter Gleichgewichtsbedingungen quantifiziert (Kamionka et al., 2004a). Für die
Messung der Bindung in Anwesenheit von atc wurde deshalb auch eine Titration unter
Gleichgewichtsbedingungen
durchgeführt.
Die
resultierenden
Sensorgramme
sind
in
Abbildung 4.24 zusammengefasst.
Die Berechnung der Gleichgewichtskonstanten erfolgte durch einen Langmuir Fit und einer
Auftragung nach Scatchard. RUmax entspricht der gebundenen Menge an TetR, [BD] ist die
injizierte Konzentration an freiem TetR.
Da
Req
[RI]
= K · Rmax – K · Req
der Geradengleichung y = mx + t entspricht, ist t in diesem Fall -K · Req. Es ergibt sich ein Wert
von KA = 2 x 105 M-1 (Abb. 4.25). Dieser Wert unterscheidet sich nur zweifach von der tet
Operator-Bindung in Gegenwart von [atc-Mg]+.
83
4. Ergebnisse
Signalunterschied [RU]
1200
900
600
300
0
-300
-200 -100 0
100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200 1300 1400 1500
Zeit [s]
Abb. 4.24 Sensorgramme der Titration zur Bestimmung der Bindung von TetR an tetO in
Anwesenheit von atc.
Die Messungen wurden unter Gleichgewichtsbedingungen durchgeführt. 1 μM, 2 μM, 4 μM, 6 μM, 8 μM,
10 μM, 15 μM, 25 μM, 30 μM, 35 μM und 40 μM TetR Dimer wurden mit einem 30-fach molaren
Überschuss atc inkubiert und bei einer Flussgeschwindigkeit von 5 μl/min injiziert.
600
Abb. 4.25 Bindekurve und
Scatchard Auftragung der
Daten aus Abbildung 4.24.
500
Die Gleichgewichtskonstante
aus der Bindekurve beträgt
2.0 x 105 M-1 und aus der
Scatchard
Analyse
2.6 x 105 M-1
Rmax
400
1.2e+8
300
Rmax/[BD]
1.0e+8
200
8.0e+7
6.0e+7
4.0e+7
100
2.0e+7
50
100
150
200
250
300
350
400
Rmax
0
0
1e-5
2e-5
3e-5
4e-5
[BD]
84
5e-5
4. Ergebnisse
4.3
Analyse von Konformationsänderungen im reversen TetR durch
reversible Disulfidbrückenbildung
Da noch keine Kristallstruktur eines reversen Tet Repressors vorliegt, kann über
Konformationsänderungen im Protein während der Korepressorbindung keine Aussage
getroffen werden. Um die Bewegungen im Protein zu untersuchen wurden deshalb Cysteine
an Positionen eingeführt, an denen bereits Konformationsänderungen im Wildtyp TetR
nachgewiesen werden konnten. Durch die Analyse der reversiblen Disulfidbrückenbildung in
Abhängigkeit vom Liganden können so proteininterne Bewegungen nachgewiesen werden
(Tiebel et al., 1998; Tiebel et al., 1999; Tiebel et al., 2000).
4.3.1
Auswahl der Positionen für Disulfidbrücken
Es wurden drei Positionen, E23 sowie E107 und N165, für die Einführung von Cysteinresten
ausgesucht, die schon erfolgreich für die Untersuchung des Wildtyps verwendet wurden
(Abbildung 4.26). E23 befindet sich in der Schleife zwischen den Helices α1 und α2 im DNABindekopf. Betrachtet man die Dimerstruktur, so liegen die Reste einander gegenüber in den
beiden Monomeren. Die Analyse der Liganden-abhängigen Disulfibrückenbildung zwischen
diesen Resten ermöglicht so eine Aussage über den Abstand der beiden Bindeköpfe relativ
zueinander. Für den Tet Repressor Klasse D wurde die Liganden-abhängige Bewegung der
Bindeköpfe für dieses Cysteinpaar in vivo untersucht (Tiebel et al., 2000). Es konnte eine
Veränderung des Abstandes bei tetO-Bindung festgestellt werden.
Um die Bewegungen im Proteinkörper zu untersuchen, wurden die Positionen 107 und 165
ausgewählt (Abb. 4.26). E107 befindet sich in der Schleife zwischen Helix α6 und Helix α7.
N165 liegt in der variablen Schleife zwischen den Helices α8 und α9. Die Einführung von
Cysteinen an diesen Positionen kann zur Verbrückung der beiden Monomere über zwei
Disulfidbrücken führen. An diesen Positionen konnte für den Wildtyp TetR eine Tetracyclinabhängige Bewegung festgestellt werden (Tiebel et al., 1998).
85
4. Ergebnisse
E23
E107
N165´
Abb. 4.26 Kristallstruktur des TetR(D)-[tc-Mg]+2 Komplexes (Hinrichs et al., 1994) mit
hervorgehobenen Positionen 23, 107 und 165.
Das dimere TetR Protein ist in grau und Tetracyclin in weiß dargestellt. E23, E107 und N165 des einen
Monomers sind in grün und die Seitenketten des anderen Monomers (bezeichnet als N165´) in rot
hervorgehoben.
4.3.2
Konstruktion und in vivo Charakterisierung der revTetR-Cysteinmutanten
Alle fünf bereits in vivo und in vitro charakterisierten revTetR Varianten (TetRr1, TetRr2, TetRr3,
TetRr4 und TetRr5), sowie der Wildtyp TetR (BD) wurden mit den Austauschen E23C und
E107C-N165C kombiniert und in pWH519 kloniert (Krec, 1993). Der Phänotyp der neu
erhaltenen Varianten wurde in vivo in E. coli WH207/λtet50 untersucht. Die Ergebnisse sind in
Tabelle 4.21 zusammengefasst.
Bis auf TetRr2-23C und TetRr5-23C zeigen alle Cysteinmutanten keinen oder nur einen
schwach veränderten Phänotyp im Vergleich zum Ausgangskonstrukt und konnten somit für
weitere Experimente verwendet werden.
86
4. Ergebnisse
0.4 μM
TetR Variante
Repression
atc
wtTetR
1.1 ± 0.1
100 ± 6
wtTetR-23C
0.9 ± 0.1
85 ± 4
wtTetR-107C-165C´
1 ± 0.5
86 ± 1
TetRr1
98 ± 2
4.2 ± 0.1
TetRr1-23C
85 ± 3
1 ± 0.1
TetRr1-107C-165C´
100 ± 3
4.3 ± 0.2
TetRr2
100 ± 4
1 ± 0.1
TetRr2-23C
96 ± 6
77 ± 6
TetRr2-107C-165C´
100 ± 5
1.1 ± 0.1
TetRr3
42 ± 0.4
1 ± 0.1
TetRr3-23C
94 ± 7
6±1
TetRr3-107C-165C´
68 ± 5
1.4 ± 0.1
TetRr4
97 ± 2
1 ± 0.1
TetRr4-23C
93 ± 6
1.5 ± 0.2
TetRr4-107C-165C´
102 ± 2
1.1 ± 0.1
TetRr5
84 ± 5
2.1 ± 0.1
TetRr5-23C
86 ± 4
47 ± 2
TetRr5-107C-165C´
101 ± 6
5.3 ± 0.4
Tab. 4.21 Repression und Induzierbarkeit von TetR Varianten mit Cysteinen an den Positionen 23
und 107-165´.
Die Messungen wurden in E. coli WH207/λtet50, transformiert mit pWH519-Derivaten, in Anwesenheit
von 0.4 μM atc und ohne Induktor durchgeführt. Die Expression der β-Galaktosidase in Abwesenheit
von TetR wurde als 100 % gesetzt
4.3.3
Ausbildung der Disulfidbrücken in vitro
Die Ausbildung der Disulfidbrücken in Abhängigkeit vom Liganden wurde in vitro untersucht.
Dafür wurden die Mutanten in pWH610 kloniert, E. coli RB791 mit den Plasmiden
transformiert, und die Proteine über Kationentauscherchromatographie und Gelfiltration
87
4. Ergebnisse
aufgereinigt (Ettner et al., 1996).
In einem ersten Schritt wurde überprüft, ob die Cysteine unabhängig vom Liganden vollständig
reduziert bzw. oxidiert werden können. 50 pmol TetR Dimer wurden dafür mit 2 nmol atc,
150 pmol tetO oder beiden Liganden in Anwesenheit von 1 mM DTT beziehungsweise 0.5 mM
Cu-(II)-Phenanthrolin (Kobashi, 1968) inkubiert und das Laufverhalten in einem 10 % nichtreduzierendem SDS-Gel überprüft. In Abbildung 4.27 ist beispielhaft ein solches SDS-Gel für
die Verknüpfung der Cysteine in TetRr1-107C-165C´ und in Abbildung 4.28 für TetRr1-23C
gezeigt.
50kDa
40kDa
25kDa
20kDa
DTT
Cu-(II)-Phe.
Abb. 4.27 Analyse der Ausbildung von Disulfidbrücken zwischen den Cysteinen 107C und 165C´
in TetRr1 auf einem 10 % nicht-reduzierenden SDS-Gel.
50 pmol TetR wurde mit den angegebenen Mengen atc und tetO in Gegenwart von 1 mM DTT oder
0.5 mM Cu-(II)-Phenanthrolin inkubiert.
50kDa
40kDa
25kDa
20kDa
DTT
Cu-(II)-Phe.
Abb. 4.28 Ausbildung von Disulfidbrücken zwischen 23C und 23C´ in TetRr1, analysiert auf einem
10 % nicht-reduzierenden SDS-Gel.
50 pmol TetR wurde mit den angegebenen Mengen atc und tetO in Gegenwart von 1 mM DTT oder
0.5 mM Cu-(II)-Phenanthrolin inkubiert.
88
4. Ergebnisse
DTT kann die Cysteine unabhängig von der Anwesenheit eines Liganden vollständig
reduzieren, während Cu-(II)-Phenanthrolin ein verändertes Laufverhalten hervorruft, das auf
eine Verknüpfung der Cysteine hinweist. Wie bereits für den Wildtyp TetR gezeigt (Tiebel et
al., 1998; Tiebel et al., 2000), kann also auch bei den reversen Varianten eine vollständige
Disulfidbrückenbildung stattfinden. Das Auftrereten von zwei Banden bei Verknüpfung der
Cysteine 107C-165C´ kann auf die Ausbildung von entweder zwei oder nur einer
Disulfidbrücke zwischen den beiden Monomeren zurückgeführt werden.
4.3.4
Untersuchungen zur Korepressorbindung unter reduzierenden und oxidierenden
Bedingungen
Um die Korepressorbindung der Cysteinmutanten im oxidierten und reduzierten Zustand zu
vergleichen, wurden Gleichgewichtskonstanten der revTetR Varianten mit [atc-Mg]+ bestimmt.
Für die reversen Mutanten wurden direkte Titrationen von Protein mit [atc-Mg]+ in Anwesenheit
von 1 mM DTT oder 0.5 mM Cu-(II)-Phenanthrolin durchgeführt. Um eine vollständige
Reduktion bzw. Oxidation zu gewährleisten, wurden die Proteine vor der Titration mindestens
30 Minuten mit DTT bzw. Cu-(II)-Phenanthrolin inkubiert.
Die Bindekonstanten der Wildtyp Konstrukte wurden durch Titrationen mit Mg2+ bestimmt
(Scholz et al., 2000; Takahashi et al., 1986). Reduzierende Bedingungen wurden durch
Inkubation mit 1 mM DTT hergestellt. Bei der Verwendung von Cu-(II)-Phenanthrolin als
Oxidationskatalysator ergaben sich jedoch nicht auswertbare Bindekurven. Zur Einstellung der
exakten Mg2+ Konzentrationen wird ein Puffer mit 0.1 mM EDTA verwendet. EDTA kann
jedoch auch Cu2+ komplexieren. Des Weiteren ist es möglich, dass 1, 10-Phenanthrolin neben
Kupfer auch Magnesiumionen komplexiert oder Cu2+ statt Mg2+ atc bindet. In allen Fällen ist
eine exakte Berechnung der Bindekonstante anhand der freien Mg2+ Konzentration nicht
möglich. Um dieses Problem zu umgehen wurde eine Mischung aus Glutathion Disulfid in
einem dreifach molaren Überschuss über Glutathion für die Oxidation der Cysteine verwendet
(Meister and Anderson, 1983). Die Ergebnisse sind in Tabelle 4.22 zusammengefasst.
Für die TetRr5 Varianten ergaben sich stark erniedrigte Gleichgewichtskonstanten, die nicht
quantifiziert werden konnten. Die Verknüpfung der Cysteine 107C und 165C führt für alle
Proteine zu erniedrigten Gleichgewichtskonstanten, wobei dieser Effekt bei den Varianten
TetRr1-107C-165C´ und TetRr4-107C-165C´ offenbar am stärksten ausgeprägt ist. Durch die
Mutation E23C ergibt sich kein Einfluss auf die Korepressorbindung des Wildtyps und TetRr1,
sowohl unter reduzierenden als auch unter oxidierenden Bedingungen. Für TetRr3-23C und
TetRr4-23C ergaben sich erniedrigte Affinitäten nach Verbrückung der Cysteine, die nicht
quantifiziert werden konnten. Kooperative Ligandenbindung konnte nur für die TetRr1-
89
4. Ergebnisse
Varianten festgestellt werden.
Mg2+ Titration
red.
Titration mit [atc-Mg]+
ox.
reduziert
K
K1
K2
[x107 M-1]
TetR Variante
oxidiert
K
K1
[x107 M-1]
wtTetR
120000
110000#
wtTetR-23C
56000
13000#
wtTetR-107C-165C´
72000
270000#
K2
K
[x107 M-1]
TetRr1
0.7
4.5
0.6
5.4
TetRr1-23C
2.7
5.2
4.0
15
TetRr1-107C-165C´
0.4
4.3
<
<
TetRr2
2.4
2.4
TetRr2-107C-165C´
3.4
0.6
TetRr3
1.9
0.5
TetRr3-23C
1.9
<
TetRr4
0.9
0.8
TetRr4-23C
0.8
<
TetRr4-107C-165C´
1.0
<
Tab. 4.22 Gleichgewichtskonstanten reduzierter und oxidierter TetR Varianten mit [atc-Mg]+.
Die Standardabweichungen liegen zwischen 10 % und 40 %. Es wurde 1 mM DTT bzw. 0.5 mM Cu-(II)Phenanthrolin für Reduktion bzw. Oxidation verwendet. # Es wurde eine Mischung aus Glutathion und
Glutathion Disulfid im Verhältnis 1 : 3 für die Oxidation verwendet. <: Die Gleichgewichtskonstanten sind
zu klein für eine Quantifizierung.
4.3.5
DNA-Bindung reduzierter und oxidierter TetRr-107C-165C´ Varianten
Die in vitro tetO-Bindung und Induzierbarkeit oder Korepression der TetR Varianten mit den
Cysteinen 107C-165C´ wurde in DNA-Retardationsanalysen untersucht. 6 pmol tet Operator
wurden mit 36 pmol TetR mit und ohne Cysteinen in An- und Abwesenheit von 0.1 mM atc im
Dunkeln für mindestens 15 Minuten inkubiert, und das Laufverhalten auf einem 8 % nativem
PAA Gel untersucht. Das Experiment wurde sowohl unter reduzierenden Bedingungen (1 mM
DTT)
als
auch
mit
0.5
mM
Cu-(II)-
90
Phenanthrolin durchgeführt. Das Ergebnis für
4. Ergebnisse
den Wildtyp und TetRr4 mit den Mutationen E107C-N165C´ ist in Abbildung 4.29 dargestellt.
Eine Verbrückung der Cysteine führt für TetR-107C-165C´ zu verschlechterter Induktion und
für die reversen TetR Varianten zu verringerter Korepression. Die Mutationen zeigen keinen
Einfluss auf die tetO-Bindung unter reduzierenden Bedingungen. Für TetRr1-107C-165C´ und
TetRr2-107C-165C´ wurde ein ähnliches Verhalten erhalten, während für TetRr5-107C-165C´
keine tetO-Bindung detektiert werden konnte.
Abb. 4.29 DNA-Verzögerungsanalyse von TetR-107C-165C´ und TetRr4-107C-165C´ unter
reduzierenden und oxidierenden Bedingungen.
Es wurden 1 mM DTT bzw. 0.5 mM Cu-(II)-Phenanthrolin eingesetzt.
4.3.6
Ausbildung von Disulfidbrücken in Abhängigkeit vom Liganden
Die
Effizienz
der
Ausbildung
von
Disulfidbrücken
91
in
Proteinen
hängt
vom
4. Ergebnisse
Abstand der entsprechenden Cysteine voneinander ab (Thornton, 1981). Dabei besteht eine
direkte Korrelation zwischen dem Abstand der Cysteine und der Ausbildungsrate der
Disulfidbrücken (Careaga and Falke, 1992). Die Ausbildungsrate ist proportional der initialen
Rate der Disulfidbrückenbildung (Hughson et al., 1997). Die Anfangsgeschwindigkeit kann
durch die Konzentration des Katalysators variiert, und somit ein geeignetes Messfenster zur
Detektion konformationsbedingter Änderungen während der Disulfidbrückenbildung eingestellt
werden. Die geeignete Cu-(II)-Phenanthrolin-Konzentration ist abhängig von der Konzentration
an reduziert vorliegendem DTT im Reaktionsansatz und verändert sich deshalb mit dem Alter
einer Proteinpräparation. Die benötigte Konzentration an Oxidationskatalysator wurde deshalb
empirisch für jede TetR Variante ermittelt. Das Protein wurde hierzu mit unterschiedlichen
Mengen Cu-(II)-Phenanthrolin inkubiert und auf einem 10 % nicht-reduzierendem SDS-Gel die
Ausbildung der Disulfidbrücken untersucht.
Abb. 4.30 Bestimmung der zur
Oxidation
benötigten
Cu-(II)Phenanthrolin Konzentration.
50 pmol TetRr1 wurden mit 0, 4, 6, 8, 10, 12
und 14 μM (von links nach rechts) Cu-(II)Phenanthrolin inkubiert. Die Ansätze
wurden mit nativem Proteinauftragepuffer
versetzt und auf einem 10 % nichtreduzierendem SDS-Gel analysiert. In
diesem Fall wurden 10 μM Cu-(II)Phenanthrolin für weitere Experimente
verwendet.
50 kDa
40 kDa
25 kDa
20 kDa
Um die Verknüpfung in Abhängigkeit vom Liganden zu untersuchen, wurden 50 pmol Protein
mit 150 pmol tetO, 2 nmol atc oder beiden Liganden für 10 Minuten inkubiert und dann Cu-(II)Phenanthrolin zugesetzt. Nach nochmaliger Inkubation für 15 Minuten wurde das
Laufverhalten auf einem 10 % nicht-reduzierenden SDS Gel analysiert.
In Abbildung 4.31A sind die Ergebnisse für die Konstrukte mit Cysteinen an Position 23
dargestellt. Für alle Varianten, den Wildtyp und die reversen Proteine, ergibt sich eine
langsamere Verbrückung der Cysteine in der tetO gebundenen Form. Wobei die reversen
TetR jedoch atc benötigen um die DNA-bindefähige Form einzunehmen.
Die Ergebnisse für die Cysteine 107 und 165´ sind in Abbildung 4.31B zu sehen. Bei der
Wildtyp Variante kann deutlich eine schnellere Verbrückung der Cysteine in der tetO
92
4. Ergebnisse
gebundenen Form erkannt werden. Die Bindung an die DNA scheint eine Änderung der
Orientierung der beiden Reste zueinander auszulösen. Für alle reversen Varianten wurden
ähnliche Ergebnisse erhalten. Die Bindung von atc scheint eine Disulfidbrückenbildung zu
verhindern, unabhängig davon, ob tetO zugegeben ist oder nicht. Die freie Konformation
unterscheidet sich von der atc-gebundenen Konformation in diesem Bereich des Proteins. In
Anwesenheit
von
DNA
und
ohne
Korepressor
Konformationsänderungen statt.
93
finden
anscheinend
keine
4. Ergebnisse
A
1 TetR
2 TetR + atc
3 TetR + tetO
4 TetR + atc + tetO
B
Abb. 4.31 Ausbildung von Disulfidbrücken in Anwesenheit von tetO, atc, und atc und tetO.
Die Disulfidbrückenbildung wurde in einem 10 % nicht-reduzierenden SDS-Gel mit Cu-(II)-Phenanthrolin als Oxidationskatalysator untersucht. Es wurden
50 pmol TetR Dimer, 150 pmol tetO und 2 nmol atc eingesetzt.
94
4. Ergebnisse
4.4
Tet Repressoren mit veränderter Induktorbindung und Allosterie
Nachdem es möglich ist den Tet Repressor an neue Induktoren anzupassen oder die
Allosterie des Proteins zum reversen TetR umzukehren, stellte sich die Frage, ob eine
Kombination der beiden Eigenschaften in einem Protein möglich ist. In Zusammenarbeit mit
Ralph Bertram wurden deshalb reverse TetR Varianten ausgewählt und die Mutationen mit
den induktorspezifischen Varianten TetRi1 (H64K S135L) bzw. TetRi2 (H64K S135L S138I)
kombiniert. Die Phänotypen wurden in vivo in E. coli WH207/λtet50 überprüft, und sind für
sechs der Konstrukte in Tabelle 4.23 zusammengefasst.
0.4 μM
0.4 μM
0.4 μM
TetR Variante
atc
tc
4-ddma
wtTetR
82 ± 5
44 ± 1
1.1 ± 0.1
TetRi1
67 ± 3
4.6 ± 2
65 ± 9
TetRi1-D95A V99G
100 ± 5
100 ± 5
61 ± 4
TetRi1-A97T V99G
11 ± 3
76 ± 2
6 ± 0.3
TetRi2
3.1 ± 0.4
2.2 ± 0.4
57 ± 4
TetRi2-D95A V99G
90 ± 7
96 ± 7
57 ± 0.2
TetRi2-A97T V99G
91 ± 1
87 ± 3
78 ±2
TetRi2-R94P V99E
92 ± 3
93 ± 1
77 ± 2
TetRi2-A97V V99G
100 ± 17
93 ± 9
78 ±1
Tab. 4.23 Induzierbarkeit von Kombinationen aus induktorspezifischen TetR Varianten mit
reversen Mutationen.
Die β-Galaktosidase-Aktivitätsmessung wurde in E. coli WH207/λtet50, transformiert mit pWH1925Derivaten, durchgeführt. Die Zellen wurden in Medium mit 0.4 μM atc, tc oder 4-ddma angezogen und
die Expression der β-Galaktosidase ohne TetR als 100 % gesetzt.
TetRi1-A97T V99G zeigt Repression in Gegenwart von atc und 4-ddma. Die zusätzliche
Mutation S138I in TetRi2-A97T V99G führt zu einem Verlust der Repression. Alle anderen
Konstrukte
zeigen
ebenfalls
stark
verschlechterte
Repressionsfähigkeit.
Kombination der Mutationen führt somit nicht zu den gewünschten Phänotypen.
95
Die
direkte
4. Ergebnisse
4.4.1
Randomisierung der Helices α1, α4 und α6 in TetRi2
Da über eine direkte Kombination von reversen Mutationen mit induktorspezifischen TetR
Varianten keine effiziente Kombination der Eigenschaften in einem Protein erreicht werden
konnte, wurden wie bei der Suche nach reversen TetR die Helices α1, α4 und α6 randomisiert
(Scholz et. al, 2004), dabei aber nicht der Wildytp, sondern TetRi2 als Ausgangsmutante
eingesetzt.
Die Plasmidgemische mit den mutierten Helices α1 und α6 wurden aus pWH1925 bzw.
pWH1411 (Scholz et al., 2004) in pWH1925-tetRi2 kloniert. Für die Randomisierung von Helix
α4 wurde eine erneute PCR-Mutagenese mit einem Mutagenese-Oligonukleotid, welches die
Mutation H64K enthält, durchgeführt. Das PCR-Produkt wurde ebenfalls in pWH1925-tetRi2
kloniert.
Das Auswahlverfahren wurde in E. coli WH207/λtet50 auf McConkey Agar Platten
durchgeführt. Auf Platten mit 0.4 μM 4-ddma wurde nach weißen Kolonien gesucht, was einer
Repression der β-Galaktosidase-Expression entspricht. Weiße Kolonien wurden auf Platten
mit 0.4 μM 4-ddma, 0.4 μM atc und ohne Korepressor ausgestrichen und danach noch ein
weiteres Mal vereinzelt. Die Plasmide wurden präpariert, sequenziert und in E. coli
WH207/λtet50 auf ihren in vivo Phänotyp in einer β-Galaktosidase-Aktivitätsmessung
überprüft. Die Ergebnisse sind in Tabelle 4.24 zusammengefasst.
Aus dem Gemisch mit Mutationen in Helix α1 wurden 17600 Kolonien untersucht und drei
positive Klone erhalten. 29800 Kolonien wurden aus dem Helix α4 Gemisch und 3900 aus
dem Ansatz mit Mutationen in Helix α6 analysiert. Es wurden drei positive Klone mit
Mutationen in Helix α4 und neun mit Austauschen in Helix α6 erhalten.
Die drei Kandidaten mit Mutationen in Helix α1 zeigen unterschiedlich stark ausgeprägte
Phänotypen. Für TetRi2-E15A L17V konnte eine fünffach bessere Repression mit 4-ddma im
Vergleich zu atc festgestellt werden. TetRi2-L17V V20F zeigt ein ähnliches Verhalten, jedoch
mit nur vierfach verbesserter Repression in Gegenwart von 4-ddma verglichen mit atc. Für die
Mutante TetRi2-N18Y konnte kein Unterschied mit den beiden Tetracyclin-Derivaten
festgestellt werden.
96
4. Ergebnisse
0.4 μM
0.4 μM
TetR Variante
Repression
4-ddma
atc
TetRi2
1.6 ± 0.1
57 ± 5
3.1 ± 0.5
TetRi2-N18Y
60 ± 1
20 ± 1
14 ± 1
TetRi2-L17V V20F
80 ± 6
11 ± 0.5
34 ± 0.7
TetRi2-E15A L17V
85 ± 2
12 ± 0.4
58 ± 8
TetRi2-I59S
87 ± 1
19 ± 0.6
46 ± 1
TetRi2-I59V H63Q
84 ± 3
5±4
20 ± 1
TetRi2-I59L L60M
8 ± 0.8
17 ± 0.9
3 ± 0.1
TetRi2-G96V
67 ± 0.9
2.4 ± 0.1
51 ± 4
TetRi2-D95H
58 ± 3
2 ± 0.1
4 ± 0.4
TetRi2-K98N
63 ± 1
6 ± 0.4
18 ± 2
TetRi2-R94C D95C
79 ± 8
2 ± 0.1
51 ± 5
TetRi2-D95A N81S
81 ± 3
2 ± 0.2
54 ± 4
TetRi2-Y93C V99M
80 ± 6
4 ± 0.2
8 ± 0.6
TetRi2-R94H K98I V99R
45 ± 3
1 ± 0.1
17 ± 0.5
TetRi2-R94S K98I H100Q
58 ± 3
4 ± 0.1
53 ± 3
TetRi2-R94H D95N G96R
60 ± 1
2 ± 0.1
4 ± 0.4
Tab. 4.24 Repression
Auswahlverfahren.
und
Induzierbarkeit
von
TetRi2
Varianten
aus
dem
in
vivo
Die β-Galaktosidase-Aktivitätsmessung wurde in E. coli WH207/λtet50, transformiert mit pWH1925Derivaten, durchgeführt. Die Zellen wurden in Medium mit 0.4 μM atc, 4-ddma oder ohne Korepressor
angezogen und die Expression der β-Galaktosidase ohne TetR als 100 % gesetzt.
Die Mutationen I59L und L60M führen in TetRi2 zu insgesamt stark erniedrigter Induktion aber
keiner verbesserten Repression durch 4-ddma. TetRi2-I59V H63Q zeigt einen reversen
Phänotyp, jedoch nur mit einer vierfach besseren 4-ddma-vermittelten Repression. Die
Mutation I59S kann in Kombination mit TetRi2 zu verbesserter Repression mit 4-ddma führen.
Der Unterschied zur Repression mit atc ist gering, jedoch kann die Einführung einer einzelnen
Mutation in TetRi2 zu einem Protein mit veränderten Eigenschaften führen.
In dem Gemisch mit Mutationen in Helix α6 konnten Einzel, Doppel- und Dreifachmutanten mit
97
4. Ergebnisse
reversem Phänotyp gefunden werden. Hierbei sind vor allem die Mutationen D95H, G96V und
K98N von Interesse, da diese als Einzelaustausche in TetRi2 zu einem 4-ddma-abhängigen
reversen Phänotyp führen können. G96V bewirkt eine 20-fach verbesserte Repression durch
4-ddma. Interessanterweise führt diese Mutation zu keinem reversen Phänotyp im Wildtyp
TetR (Scholz et al., 2004).
4.4.2
Kombination von TetRi2 mit Mutationen von V99
Da eine Interpretation der Ergebnisse aus den in vivo Auswahlverfahren durch das Auftreten
multipler Mutationen in einem Protein sehr schwierig ist, und im Auswahlverfahren mit dem
Wildtyp TetR bereits Einzelmutationen an den Positionen 17 und 99 gefunden wurden, die den
Phänotyp umkehren, wurden alle möglichen Aminosäure-Austausche an diesen Positionen
aus pWH1925 (Scholz et al., 2004) in pWH1925-tetRi2 kloniert. Die Auswirkung der
Mutationen in vivo wurde mittels β-Galaktosidase-Aktivitätsmessung bestimmt. Um die TetRi2
Daten mit den Wildtyp Daten besser vergleichen zu können, wurde die in vivo Induktion durch
4-ddma bei den Wildtyp Austauschen zusätzlich zu den bereits vorhandenen Daten
gemessen. Die Ergebnisse für die Mutationen an Position 99 sind in Abbildung 4.32 für den
Wildtyp TetR und in 4.33 für TetRi2 gezeigt.
w/o
atc
4-ddma
120
TetR
β-Gal.-Aktivität [%]
100
80
60
40
20
V9
9
V9 I
9
V9 L
9
V9 C
9
V9 K
9E
V9
9
V9 R
V99T
9
V9 W
9
V9 D
9
V9 H
9
V9 M
9
V9 Y
9
V9 Q
9
V9 P
9
V9 A
9
V9 S
9
V9 G
9N
V9
9F
w
t
0
Abb. 4.32 Repression und induzierbarkeit von TetR Varianten mit Mutationen an Position 99.
Die Werte ohne Korepressor und mit atc stammen aus (Scholz et al., 2004), die Messung mit 4-ddma
wurde in E. coli WH207/λtet50, transformiert mit pWH1925 Derivaten durchgeführt. Die Aktivität der βGalaktosidase in Abwesenheit von TetR wurde als 100 % gesetzt
98
4. Ergebnisse
w/o
atc
4-ddma
β-Gal.-Aktivität [%]
120
TetRi2
100
80
60
40
20
V9
9
V9 I
9
V9 L
9C
V9
9
V9 K
9
V9 E
9
V9 R
9
V9 T
9
V9 W
9D
V9
9
V9 H
9
V9 M
9
V9 Y
9
V9 Q
9
V9 P
9A
V9
V99S
9
V9 G
9
V9 N
9
Te F
tR i
2
0
Abb. 4.33 Repression und Induzierbarkeit von TetRi2 Varianten mit Mutationen an Position 99.
Die Messung mit 0.4 μM atc, 4-ddma und ohne Korepressor in E. coli WH207/λtet50, transformiert mit
pWH1925 Derivaten durchgeführt. Die Aktivität der β-Galaktosidase in Abwesenheit von TetR wurde als
100 % gesetzt
11 der 19 Aminosäure-Austausche an Position 99 führen zu keiner oder nur einer schwachen
Beeinflussung des Wildtyps, während der TetRi2 Phänotyp nur bei zwei Mutationen erhalten
bleibt. Außerdem führen elf der Mutationen im Wildtyp TetR zu leicht verbesserter Repression
in Anwesenheit von 4-ddma, welches somit zum Korepressor für diese Varianten wird.
Erstaunlicherweise wurde für die Austausche V99I, V99M, V99P, V99G und V99F verbesserte
Repression durch 4-ddma festgestellt, während atc zur Induktion führt.
Sechs der elf Mutationen mit verbesserter Repression durch 4-ddma führen in TetRi2 zu einem
4-ddma-abhängigen reversen Phänotyp. In diesen Varianten bleibt die 4-ddma vermittelte
Korepression somit erhalten, es findet jedoch gleichzeitig keine DNA-Bindung ohne
Korepressor mehr statt.
13 der 19 Mutationen führen zum Verlust der Repression ohne Korepressor in TetRi2. Die
TetRi2 Variante scheint deutlich sensitiver auf zusätzliche Mutationen zu reagieren als der
Wildtyp. Im Wildtyp führen vor allem Austausche zu geladenen Aminosäuren wie bei R, E und
K zu reversem Verhalten. Geladene Seitenketten verschlechtern aber die Repression von
TetRi2, bzw. führen nur zu schwach ausgeprägten 4-ddma reversen Phänotypen. Die
Aminosäuren Serin und Threonin an Position 99 haben unterschiedliche Auswirkungen.
TetRi2-V99S zeigt eine fünffach bessere Repression durch 4-ddma, während in TetRi2-V99T
99
4. Ergebnisse
die atc vermittelte Repression begünstigt ist. Dies ist erstaunlich, da sich die beiden
Seitenketten nur durch eine zusätzliche Methylgruppe im Threonin unterscheiden. Bei
Austauschen von V99 gegen aromatische Reste kann in TetRi2 eine Korrelation zwischen der
Größe der Seitenkette und dem Phänotyp festgestellt werden. Die Mutation V99W bewirkt
eine 1.5-fach bessere Repression durch 4-ddma, V99Y eine dreifach und V99F eine 4.5-fach
verbesserte Repression im Vergleich zu atc. Diese Tendenz ist bei den gleichen Austauschen
im Wildtyp nicht erkennbar.
Die besten 4-ddma abhängigen reversen Varianten wurden mit den Mutationen V99G und
V99N erhalten. Beide Aminosäuren bewirken keine Umkehrung des Wildtyp Phänotyps. V99G
zeigt jedoch bereits im Wildtyp verbesserte Repression durch 4-ddma, die in TetRi2
offensichtlich erhalten bleibt.
Die Western Blot Analyse von ausgewählten TetR Varianten zeigt eine leicht erniedrigte
intrazelluläre Proteinexpression für alle Varianten (Abbildung 4.34). Jedoch konnte genug
Protein nachgewiesen werden, um einen Einfluss der intrazellulären Proteinexpression auf die
Induktorspezifität ausschließen zu können.
Abb. 4.34 Western-Blot Analyse der Expression von ausgewählten TetR Varianten mit
Mutationen von V99.
Die Anzucht der Zellen erfolgte Analog zu den β-Galaktosidase-Aktivitätsmessungen. Zur Detektion
wurde ein polyklonaler TetR (BD) Antikörper verwendet. Es wurden 50 ng aufgereinigter TetR BD
(TetR) und 50 μg Proteinrohextrakt der Mutanten aufgetragen.
4.4.3
Kombination von TetRi2 mit Mutationen von L17
Die meisten der großen und geladenen Seitenketten führen an Position 17 in beiden
Proteinen, TetR und TetRi2, zu einem vollständigen Verlust der Repression (siehe
Abbildungen 4.35 und 4.36). Jedoch erwies sich auch hier TetRi2 als sensitiver für zusätzliche
Mutationen. 10 der 19 Austausche führen zu veränderten Verhalten im Wildtyp, während 17
100
4. Ergebnisse
von 19 TetRi2 deutlich beeinflussen.
Auch an dieser Position konnten Mutationen identifiziert werden, die im Wildtyp TetR zu einer
besseren Repression in Anwesenheit von 4-ddma verglichen zur Repression ohne
Korepressor führen. Vier der insgesamt acht Mutationen mit diesem Verhalten bewirken 4ddma abhängige reverse Phänotypen in TetRi2.
Der beste 4-ddma reverse Phänotyp wurde durch die Mutation L17A in TetRi2 erhalten. Der
gleiche Austausch führt zu einem annähernd induktionsdefekten Protein in Wildtyp. Die
Mutation L17G kann die Aktivität des Wildtyps umkehren, führt jedoch zu einem Repressionsdefizienten Phänotyp in der induktorspezifischen Variante. Somit zeigen die Aminosäuren
Alanin und Glycin deutlich unterschiedliche Auswirkungen auf die beiden Ausgangsproteine.
w/o
atc
4-ddma
120
TetR
β-Gal.-Aktivität [%]
100
80
60
40
20
L1
7
L1 E
7
L1 K
7G
L1
7
L1 H
7
L1 R
7
L1 N
7
L1 P
7
L1 D
7
L1 Q
7
L1 S
7
L1 T
7W
L1
7
L1 Y
7
L1 C
7
L1 A
7
L1 F
7V
L1
L1 7I
7M
w
t
0
Abb. 4.35 β-Galaktosidase-Aktivität von TetR Varianten mit Mutationen an Position 17.
Die Messung wurde in E. coli WH207/λtet50, transformiert mit pWH1925 Derivaten durchgeführt. Die
Werte mit atc und ohne Korepressor stammen aus (Scholz et al., 2004) und wurden zusätzlich noch mit
0.4 μM 4-ddma durchgeführt. Die β-Galaktosidase-Aktivität ohne TetR wurde als 100 % gesetzt.
101
4. Ergebnisse
w/o
atc
4-ddma
120
TetRi2
β-Gal.-Aktivität [%]
100
80
60
40
20
L1
7
L1 E
7
L1 K
7
L1 G
7
L1 H
7
L1 R
7
L1 N
7
L1 P
7
L1 D
7
L1 Q
7
L1 S
L 1 7T
7W
L1
7
L1 Y
7
L1 C
7A
L1
7
L1 F
7V
L1
L 1 7I
7M
Te
tR
i2
0
Abb. 4.36 β-Galaktosidase-Aktivität von TetRi2 Varianten mit Mutationen an Position 17.
Die Messung wurde in E. coli WH207/λtet50, transformiert mit pWH1925 Derivaten durchgeführt. Die
Messung wurde mit 0.4 μM 4-ddma, atc und ohne Korepressor durchgeführt. Die β-GalaktosidaseAktivität ohne TetR wurde. als 100 % gesetzt.
Die Analyse der intrazellulären Proteinexpression wurde mittels Western Blot Analysen
durchgeführt (Abbildung 4.37). Es ergaben sich nur leichte Unterschiede bezüglich der
Proteinexpression, durch die jedoch kein Einfluss auf die Induktorspezifität ausgehen sollte.
Abb. 4.37 Western-Blot Analyse der Expression von ausgewählten TetR Varianten mit
Mutationen von L17.
Die Anzucht der Zellen erfolgte Analog zu den β-Galaktosidase-Aktivitätsmessungen. Zur Detektion
wurde ein polyklonaler TetR (BD) Antikörper verwendet. Es wurden 50 ng aufgereinigter TetR BD
(TetR) und 50 μg Proteinrohextrakt der Mutanten aufgetragen.
102
4. Ergebnisse
4.4.4
In vitro Untersuchung von TetRi2-L17A und -V99N
Für die in vitro Untersuchungen wurden die beiden Varianten mit den besten Phänotypen,
TetRi2-V99N und TetRi2-L17A, ausgesucht. Die Überexpression wurde in E. coli RB791,
transformiert mit pWH610 Derivaten, durchgeführt. TetRi2-V99N konnte durch die Standard
TetR Aufreinigungsmethode nicht in ausreichenden Mengen erhalten werden. Deshalb wurde
ein alternatives Zellaufschlussprotokoll, das bereits für die reversen TetR Proteine
beschrieben wurde, verwendet (Kap. 3.3.6.2).
Die Bindung von [atc-Mg]+ und [4-ddma-Mg]+ an die TetR Varianten wurde durch direkte
Titrationen gemessen. Da auch hier ein Vergleich zu der Bindung von [atc-Mg]+ an den
Wildtyp TetR gemacht werden muss, wurden auch hier die Gleichgewichtskonstanten
zusätzlich über Mg2+-abhängige Titration bestimmt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 4.25
zusammengefasst.
Die Gleichgewichtskonstanten von [4-ddma-Mg]+ mit TetRi2-L17A und TetRi2-V99N sind im
Vergleich zu der Ausgangsmutante TetRi2 erniedrigt und im Vergleich zum Wildytp nicht
deutlich erhöht. Da die [atc-Mg]+ Bindung jedoch so stark erniedrigt ist, dass keine
Quantifizierung mehr möglich war, bleibt die Spezifität für 4-ddma erhalten. Kooperativität
konnte für die Bindung von [4-ddma-Mg]+ an den Wildtyp und an TetRi2-L17A, sowie von [atcMg]+ an TetRi2 festgestellt werden, mit Unterschieden zwischen der Bindung des ersten und
zweiten Liganden zwischen zwei- und fünffach.
103
4. Ergebnisse
Mg2+
Titration
TetR
Variante
atc
4-ddma
KA
Titration mit [tcX-Mg]+
K1
[x107 M-1]
K2
K
[x107 M-1]
wtTetR
120000
*
*
TetRi2
1.7
0.7
1.7
TetRi2L17A
#
#
#
TetRi2V99N
#
#
#
wtTetR
0.3
0.5
2.6
TetRi2
132
#
#
TetRi2L17A
0.4
0.6
1.8
TetRi2V99N
2.8
2.3
Tab. 4.25 Gleichgewichtskonstanten von TetR, TetRi2, TetRi2-L17A und -V99N mit [atc-Mg]+ und
[4-ddma-Mg]+.
Die Bestimmung erfolgte über Magnesium-abhängige und direkte Titration. Die Standardabweichung
beträgt zwischen 10 und 40 %. # Die Gleichgewichtskonstante ist kleiner als 1 x 105 M-1, und somit zu
gering für eine Quantifizierung. * Die Gleichgewichtskonstante ist zu hoch für eine Bestimmung über
direkte Titration.
Um die tet Operator-Bindung in Anwesenheit von 4-ddma und atc zu untersuchen wurden
DNA-Retardationsanalysen durchgeführt. Hierfür wurden 0.3 µM tetO Fragment mit 0.3 µM,
0.9 µM und 1.8 µM Protein in An- und Abwesenheit von 0.1 mM atc oder 4-ddma inkubiert,
und das Laufverhalten auf einem 8 % nativen PAA-Gel untersucht (siehe Abbildung 4.38). Nur
für TetRi2-V99N kann eine bessere Bindung an tetO in Anwesenheit von 4-ddma erkannt
werden. Für TetRi2-L17A wurde kein Unterschied zwischen der Bindung durch atc oder 4ddma erhalten. Beide Proteine können auch ohne Korepressor die tetO Sequenz binden.
104
4. Ergebnisse
tetO 0.3 μM
TetR 1.8 μM
TetRi2-V99N in μM
atc 100 μM
4-ddma 100 μM
tetO 0.3 μM
TetR 1.8 μM
TetRi2-V99N in μM
TetRi2-L17A in μM
atc 100 μM
usp. DNA 0.3 μM
4-ddma 100 μM
+
-
+
-
+
-
+
-
0.3 0.9 1.8
+
-
-
-
-
+ +
- - -
+
-
0.3 0.9 1.8
-
-
-
+
+
+
+
+
-
+ +
- -
0.3 0.9 1.8
+
+
+
+ +
- - -
+
-
0.3 0.9 1.8
- - + +
+
+
+
-
+ + + +
- - - +
0.3 0.9 1.8 - + + + - - - - - +
+
+
-
+
-
+ + +
- - - - 0.3 0.9 1.8
+ + +
- - - - -
+
+
-
+
-
+
+
-
+
+
-
-
1.8 - 1.8
- + +
- -
Abb. 4.38 DNA-Retardationssanalyse von TetRi2-L17A und -V99N mit 4-ddma, atc und ohne
Korepressor.
Die Analyse wurde mit den angegebenen Mengen TetR, tetO, atc oder 4-ddma auf einem 8 % PAA Gel
durchgeführt. Der Nachweis erfolgte durch Färbung mit Ethidiumbromid.
105
5. Diskussion
5
Diskussion
5.1
TetR Varianten mit veränderter Induktorspezifität
Die Vorteile der nicht-antibiotischen Wirkung und der stark reduzierten Induktion des Wildtyp
TetR durch Tetracyclin-Derivate ohne 4-Dimethylamino-Gruppe konnten in dieser Arbeit durch
gerichtete in vitro Evolution zur Entwicklung einer neuen Induktorspezifität genutzt werden.
Basis hierfür war eine TetR-Variante (TetRi1) mit Spezifität für 4-ddma, ein atc-Derivat, dem
die 4-Dimethylamino-Gruppe fehlt (Scholz et al., 2003). Diese Mutante kann auch noch von
atc und dox induziert werden. Um die Induktorerkennung von TetR vollständig zu verändern
wurde versucht, die durch das Fehlen der 4-Dimethylaminogruppe vermutete Leerstelle in der
Bindetasche durch Einführen einer großen Aminosäure aufzufüllen. Die Ergebnisse dieser
Arbeit werden im Folgenden bezüglich der Funktionen der Aminosäuren und der erhaltenen
Mutanten diskutiert.
Die Randomisierung von N82 in der TetRi1 Variante kann zu dem gewünschten Phänotyp,
einer besseren Induktion durch 4-ddma im Vergleich zu atc, führen, jedoch nur mit stark
erniedrigten Induktionshöhen und geringen Unterschieden zwischen der Induktion durch die
beiden Derivate. Bereits in früheren Arbeiten wurde die in den unterschiedlichen TetR Klassen
hochkonservierte Aminosäure N82 als für die Induktorbindung wichtiger Rest beschrieben
(Hecht et al., 1993; Müller et al., 1995; Smith and Bertrand, 1988). Mutationen von N82 führen
zu stark verminderter Induktion oder einem vollständigem Verlust der Induzierbarkeit.
Asparagin 82 bildet zwei Wasserstoffbrücken zu Tetracyclin aus (Abbildung 5.1), eine mit dem
Stickstoff der 4-Dimethylamino-Gruppe und eine mit dem O-3 des A-Rings. Es konnte gezeigt
werden, dass bei Verlust dieser Interaktion in der Mutante N82A ein vollständiger Verlust der
tc-Bindung und eine 104-fach erniedrigte atc Affinität auftritt (Scholz et al., 2000). Auch die in
dieser Arbeit durchgeführte Randomisierung von N82 im Wildtyp TetR ergab nur induktionsdefekte Phänotypen. Die Mutationen N82I, N82M, N82V und N82W führen in Kombination mit
TetRi1 zu einer besseren Induktion durch 4-ddma verglichen zu atc. Die Klonierung dieser
Austausche in den Wildtyp TetR führt zu einem vollständigen Verlust der Induzierbarkeit (O.
Scholz, persönliche Mitteilung). Somit bleibt bei Kombination mit den Mutationen H64K und
S135L der Induktionsdefekt für atc und tc erhalten, während die 4-ddma Erkennung weniger
stark beeinflusst wird. Dies ist ein Hinweis darauf, dass für die Koordination von 4-ddma
andere Aminosäuren eine essentielle Rolle spielen als für die atc- oder tc-Bindung.
106
5. Diskussion
Abb. 5.1 Lage von N82 relativ zu
Tetracyclin in der TetR(D)-[tc-Mg]+2
Kristallstruktur (Hinrichs et al., 1994).
N82 ist in gelb hervorgehoben. Die beiden
Wassertstoffbrücken sind durch violette
gestrichelte Linien verdeutlicht
S138 ist in der Kristallstruktur weniger als 3.5 Å von der 4-Dimethylamino-Gruppe entfernt,
bildet jedoch keine Wasserstoffbrücken zu tc, sondern ist in Kontakt über hydrophobe
Wechselwirkungen. Trotz fehlender direkter Interaktion führen die meisten der Mutationen an
dieser Position zu veränderten Phänotypen. TetRi1-S138P zeigt keine Repression mehr. S138
liegt in Helix α8, welche zusammen mit den Helices α10, α8` und α10` an der Bildung des
Vier-Helix-Bündels beteiligt ist (Abbildung 5.2). Proline können α-helikale Strukturen stören
(Barlow and Thornton, 1988), was bei der Mutation S138P in TetRi1 zu einer Beeinflussung
der Protein-Dimerisierung, und somit dem Verlust der DNA bindefähigen Konformation führen
könnte. Eine große Seitenkette wie die des Arginins an Position 138 führt zu verschlechterter
Induktion mit allen Derivaten. Bei Arginin handelt es sich um die längste Seitenkette unter
allen Aminosäuren, die zusätzlich stark polar ist. Bei einer Orientierung in die Tetracyclin
Bindetasche könnte so die Bindung von allen Induktoren behindert werden. Die Mutation
S138I führt in TetRi1 zu einer vollständigen Änderung der Spezifität für 4-ddma, während ein
Leucin an dieser Position zu einem fast vollständigen Verlust der Induzierbarkeit führt. Beide
Aminosäuren haben eine ähnliche Größe, unterscheiden sich jedoch in der Anordnung der
Seitenketten. Somit ergibt sich eine hohe Sensitivität bezüglich der exakten Ausrichtung der
Seitenkette.
107
5. Diskussion
Abb. 5.2 Lage von S138 im Vier-Helix-Bündel
der TetR(D)-[tc-Mg]+2 Kristallstruktur (Hinrichs
et al., 1994).
Helix α8 und α10 des einen Monomers sind in
grau, die des. Anderen in hellblau gezeigt. S138 ist
als rotes Kalottenmodell und Tetracyclin in gelb
dargestellt.
Die Auflösung der TetRi2 (H64K S135L S138I) Kristallstruktur im Komplex mit Tetracyclin
wurde von Michael Klieber in seiner Diplomarbeit durchgeführt (Klieber, 2003). Es ergab sich
eine Struktur, in der keine Tetracyclinelektronendichte in der Bindetasche zu erkennen war,
was
mit
der
sehr
niedrigen
Affinität
für
[tc-Mg]+
zusammenhängen
sollte.
Konformationsvergleiche zwischen der Dreifachmutante und induzierten sowie uninduzierten
Modellen (Hinrichs et al., 1994; Orth et al., 1998b; Orth et al., 2000) zeigten im Bereich der
Bindeköpfe keinerlei Übereinstimmungen (Abbildung 5.3).
Abb. 5.3 Überlagerung der Kristallstrukturen der dimerisierten Bindeköpfe der unterschiedlichen
TetR Konformationen (aus M. Klieber, 2003).
TetRi2 ist blau, freier TetR (D) in grün, [tc-Mg]+-gebundener TetR orange und die tetO gebundene
Kristallstruktur in violett gefärbt.
Die Bindetasche zeigte am C-terminalen Ende der Helix α6 (Reste 102 und 103) die bisher
ausschließlich bei den induzierten Modellen aufgetretene helikale Entwindung. Trotz der
fehlenden Tetracyclinelektronendichte in der Bindetasche zeigte diese mit dem induzierten
Modell eine hohe Übereinstimmung (Klieber, 2003). Die Auflösung der TetRi2 Kristallstruktur
108
5. Diskussion
im Komplex mit [4-ddma-Mg]+ sollte hier eine Erklärung liefern. Zusammen mit den in dieser
Arbeit erhaltenen Daten ermöglicht die Kristallstruktur jedoch eine genauere Interpretation der
Effekte der einzelnen Aminosäureaustausche auf die Induktorerkennung.
H64K erniedrigt die [atc-Mg]+- und [dox-Mg]+-Bindung und erhöht gleichzeitig die [4-ddmaMg]+-Affinität. Das ε-N-Atom des Lysins 64 wechselwirkt mit dem Sauerstoffatom an Position 2
und der Amidgruppe an Position 3 des Tetracyclins. Durch Einführung des Lysins ergibt sich
bei Überlagerung der Kristallstrukturen in Abbildung 5.4 eine Verkürzung des Abstandes zum
Tetracyclin was zu einer Beeinflussung der Wechselwirkungen führen könnte. Eine weitere
Erklärung könnte die erhöhte Basizität des Lysins im Vergleich zum Histidin sein. Zusammen
mit der erniedrigten Acidität der 2-OH Gruppe von 4-ddma könnte so eine Verbesserung der
Interaktion zwischen TetR und 4-ddma resultieren. Die Kombination von H64K mit S138I
bestätigt die Effekte der beiden Einzelmutationen in vivo und in vitro.
Für die durch die Mutation S135L erhaltene relaxierte Induktorspezifität scheint vor allem die
Hydrophobizität der Seitenkette des Leucins eine wichtige Rolle zu spielen. Austausche zu
Valin oder Isoleucin ergeben wie die S135L Variante relaxierte Induktorspezifitäten, und auch
in Kombination mit H64K zeigen sich gleiche Phänotypen. Bei der Suche nach
Suppressormutationen für induktisonsdefekte TetR (B) wurde die Mutation S135I als globaler
Suppressor identifiziert (Biburger et al., 1998). Für die Einzelmutante konnte eine drei- bis
vierfach
erhöhte
[tc-Mg]+-Bindekonstante
erhalten
werden.
Es
wurde
eine
direkte
Beeinflussung der Konformationsänderung bei der Induktion postuliert. Auch für S135L ergab
sich eine sechsfach erhöhte [tc-Mg]+- und eine zweifach bessere [atc-Mg]+-Bindung. Jedoch
scheinen diese vor allem durch eine Verbesserung der Mg2+ unabhängigen atc- und doxBindung, nämlich eine 52- bzw. 10-fach höhere Affinität, zustande zu kommen. Der Einfluss
der Mutation S135I auf die Mg2+-unabhängige atc-Bindung wurde nicht untersucht, jedoch
kann ein ähnlicher Effekt angenommen werden. In der Überlagerung der Kristallstrukturen
(Abbildung 5.4) kann keine direkte Interaktion mit Tetracyclin festgestellt werden. Wie bereits
für S135L postuliert (Scholz et al., 2003), muss eine Wechselwirkung mit anderen
Aminosäuren zu der veränderten Induktorerkennung führen. Eine Möglichkeit wäre eine
inhibitorische Wechselwirkung mit M177, dessen Lage im Protein durch diese Wechselwirkung
verändert sein könnte (Klieber, 2003) (Abb. 5.4). M177 ist in hydrophober Wechselwirkung mit
dem D-Ring des Tetracyclins. Die Mutation F177S führt in TetR (B) zu einer verringerten
Induktion durch tc (Müller et al., 1995). Somit wäre durch Beeinflussung dieser Aminosäure
eine Veränderung der Induktorerkennung denkbar.
109
5. Diskussion
138
64
135
177
Abb. 5.4 Ausschnitt aus der Überlagerung der Kristallstrukturen des TetR(D)-[tc-Mg]+2 (Hinrichs
et al., 1994) Komplexes mit TetRi2(BD)-[tc-Mg]+2 (Klieber, 2003).
K64, L135 und I138 des TetRi2(BD)-[tc-Mg]+2 Komplexes sind in gelb dargestellt, M177 in orange. H64,
S135 und S138 der induzierten TetR(D) Struktur sind in rot gezeigt.
Für S138I ergibt sich bei Überlagerung der Strukturen von TetR(D)-[tc-Mg]+2 und TetRi2(BD)[tc-Mg]+2 (Abbildung 5.4) eine mögliche direkte sterische Einflussnahme auf die Erkennung
von Tetracyclinen mit der 4-Dimethylamino-Gruppe durch das Isoleucin 138, welche für Serin
138 nicht zu erkennen ist. In Übereinstimmung mit den in vivo und in vitro Analysen der
Einzel- und Doppelmutanten von H64K, S135L und S138I kann angenommen werden, dass
S138I durch sterische Hinderung direkt die [atc-Mg]+ und [dox-Mg]+ Affinität beeinflusst, jedoch
nicht die [4-ddma-Mg]+-Bindung behindert.
Bei
Betrachtung
der
Kristallstruktur
ergibt
sich
eine
mögliche
Erklärung
für
die
unterschiedlichen Effekte von L und I an Position 138. Bei einer anderen Ausrichtung der
Methylgruppe im Leucin ist eventuell keine direkte Interaktion mit der 4-DimethylaminoFunktion mehr möglich. Außerdem könnten angrenzende Aminosäuren wie I134 oder L142
beeinflusst werden. Bei einem Vergleich der Kristallstrukturen von TetR(D)-[tc-Mg]+2 und
TetRi2(BD)-[tc-Mg]+2 verringert sich der Abstand zwischen den am nächsten gelegenen
Atomen für die Aminosäuren an den Positionen 138 und 142 von 4.7 Å auf 3.1 Å durch
Einführen der Mutation S138I, und für I134 von 5.4 Å auf 3.6 Å (siehe Abbildung 5.5). I134
wechselwirkt mit der Methylgruppe an Position 6 des C-Rings von Tetracyclin. Bei Verlust der
Interaktion in der I134A Mutante ergibt sich eine um 50 % schlechtere Repression (Schubert,
2001).
L142
ist
nicht
direkt
an
der
Tetracyclin-Bindung beteiligt (Hinrichs et al.,
110
5. Diskussion
1994; Kisker et al., 1995). Austausche zu Phenylalanin oder Arginin können jedoch zu einer
Verschlechterung der Induzierbarkeit führen (Müller et al., 1995). Durch eine Beeinflussung
der Lage dieser Aminosäuren wäre somit eine Beeinflussung der Induktorbindung möglich.
Abb. 5.5 Lage der Aminosäuren an
den Positionen 142, 138 und 134
in
der
Überlagerung
der
Kristallstrukturen des TetR(D)-[tcMg]+2 (Hinrichs et al., 1994)
Komplexes mit TetRi2(BD)-[tcMg]+2 (Klieber, 2003).
138
142
134
I134, S138 bzw. I138 und L142 des
TetRi2(BD)-[tc-Mg]+2 Komplexes sind
gelb bzw. in der induzierten TetR(D)
Struktur rot hervorgehoben. Die
gestrichelten Linien zeigen die
kürzesten Abstände zwischen zwei
Atomen.
Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass es möglich ist die Induktorerkennung des Tet
Repressors vollständig zu ändern. Jedoch ist es schwierig einen solchen Effekt nur aufgrund
der Betrachtung von Kristallstrukturdaten zu erzielen. Nur eine Kombination aus in vitro
Evolution und gerichteter Mutagenese führte zum Erfolg. Alle drei Mutationen, H64K, S135L
und S138I, sind notwendig um eine vollständige Differenzierung zwischen atc/dox/tc und 4ddma zu erhalten. Verglichen zu der Ausgangsmutante H64K S135L konnte die Spezifität von
einer 2 x 104-fachen Erniedrigung der [atc-Mg]+-Bindung auf 3 x 107-fach erhöht werden,
während die [4-ddma-Mg]+ Erkennung unverändert erhalten bleibt.
5.2
TetR Varianten mit veränderter Allosterie
TetR ist neben dem Lac Repressor das einzige bisher bekannte bakterielle Regulatorprotein
bei dem eine Umkehrung des Phänotyps gefunden wurde (Kleina and Miller, 1990; Lewis et
al., 1996; Suckow et al., 1996). Für LacI wurden jedoch keine weiteren Untersuchungen zur
Charakterisierung
dieser
Mutanten
unternommen,
weshalb
keine
mechanistischen
Erklärungen vorliegen. Es wurde lediglich vermutet, dass entweder die DNA-gebundene
Konformation
durch
die
IPTG-Bindung
stabilisiert
wird
oder
aber
dass
die
Konformationsänderungen revers ablaufen. Im Folgenden werden die in dieser Arbeit
erhaltenen Daten bezüglich der Aufreinigung, Stabilität, Korepressorbindung und der vom
111
5. Diskussion
Korepressor vermittelten tet Operator-Bindung von revTetR diskutiert und für die Proteine mit
Mutationen in unterschiedlichen Bereichen des Proteins verglichen.
5.2.1
Überexpression und Aufreinigung der revTetR Varianten
Die geringere Ausbeute bei der Aufreinigung reverser TetR Varianten ist nicht durch eine
schlechtere Überexpression, sondern durch die Ausbildung von Einschlusskörpern bedingt.
Die Ausbildung von Einschlusskörpern bei der Überexpression von Proteinen in E. coli ist ein
weit verbreitetes Phänomen (Fahnert et al., 2004). Über Struktur und Mechanismus ist noch
sehr wenig bekannt, es wird jedoch eine Aggregation der Proteine entweder durch
hydrophobe Interaktionen exponierter, entfalteter Proteinabschnitte oder einer durch die Zelle
vermittelten Clusterbildung vorgeschlagen (Villaverde and Carrio, 2003). Für die in dieser
Arbeit untersuchten Proteine konnten keine erniedrigten thermodynamischen Stabilitäten
erhalten werden, weshalb die Bildung von Einschlusskörpern einen anderen Grund haben
muss. Die Ausbeute an TetRr3 und TetRr4 konnte durch ein Zellaufschlussprotokoll deutlich
verbessert werden, in dem Saccharose stabilisierend auf die Löslichkeit während des
Zellaufschlusses wirkt (Lee and Timasheff, 1981). Die Kombination aus Ultraschall, Lysozym
und „freeze and thaw“ ermöglicht einen effizienteren Zellaufschluss, durch den eventuell auch
die Einschlusskörper zerstört werden. Durch diese Methode konnte die Ausbeute verdoppelt,
und Proteine mit hoher Aktivität erhalten werden.
5.2.2
Vergleich von Methoden zur Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten von
[atc-Mg]+ mit TetR.
Um so hohe Gleichgewichtskonstanten wie für die [atc-Mg]+-TetR Interaktion bestimmen zu
können, wird die Methode der Mg2+ limitierenden Fluoreszenztitration verwendet. Hierbei
macht man sich die Eigenschaft der Tetracycline zunutze, erst im Komplex mit zweiwertigen
Metallionen mit hoher Affinität an TetR zu binden (Takahashi et.al, 1991). Jedoch müssen die
Mg2+-unabhängige Bindung an TetR (KT) und die Gleichgewichtskonstante für die Bildung des
[atc-Mg]+-Komplexes (KM) bei der Auswertung berücksichtigt werden (Scholz et al., 2000;
Takahashi et al., 1986; Takahashi et al., 1991). Für niedrige Gleichgewichtskonstanten stellen
die geringen Fluoreszenzausbeuten bei dieser Methode ein Problem dar, weshalb direkte
Titrationen verwendet wurden. Die Bedingungen können hier so eingestellt werden, dass
weder KM noch KT berücksichtigt werden müssen. Somit ist eine einfachere Auswertung
möglich, die direkt über eine Gleichgewichtsreaktion erfolgt und nicht mehrere gekoppelte
Reaktionen einbeziehen muss.
Das Auftreten von kooperativer Bindung bei der Titration von [atc-Mg]+ mit TetR für alle fünf
112
5. Diskussion
revTetR, sowie für die Bindung von [4-ddma-Mg]+ an TetRi2-L17A und TetRi2-V99N, könnte
durch die anfängliche Besetzung von TetR mit zwei [atc-Mg]+ Molekülen, und die mit
steigendem Überschuss auftretenden einfach-komplexierten Proteine zurückzuführen sein.
Dadurch könnte ein Kurvenverlauf entstehen, der kooperative Ligandenbindung vortäuscht.
Jedoch wurde für die Bindung von [atc-Mg]+ an TetRi2 und von [4-ddma-Mg]+ an TetR keine
Kooperativität erhalten, obwohl unter den gleichen Bedingungen gemessen wurde.
Kooperativität wurde bei der Titration von TetR mit Korepressor nicht für alle revTetR erhalten,
sondern für die Bindung von [atc-Mg]+ an TetRr1 und TetRi2, sowie für die Bildung der TetR-[4ddma-Mg]+2- und TetRi2-L17A-[4-ddma-Mg]+2-Komplexe. Da sowohl für TetRr1, als auch für
TetRr1-23C und TetRr1-107C-165C´, kooperative Ligandenbindung auftrat, sollte es sich hier
nicht um eine Messschwankung handeln. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass das
detektierte Signal bei dieser Methode vom Liganden stammt und sich für jeden Titrationsschritt
ändert. Um dies in der Auswertung zu berücksichtigen, wird das mittlere Signal des freien
Liganden ermittelt oder die Titration von Puffer mit atc direkt abgezogen. Bei dem
anfänglichen
Überschuss
von
TetR
über
[atc-Mg]+
sind
jedoch
annähernd
alle
Korepressormoleküle mit TetR komplexiert, es sollte folglich kaum freies [atc-Mg]+ vorhanden
sein. Die Schwankungen bei der Höhe des Sättigungsgrades sollten auch auf die Korrektur
zurückzuführen sein. Die hier erhaltenen Daten unterstützen die Vermutung, dass mit der
Mg2+-limitierenden Titration keine kooperative Ligandenbindung detektiert werden kann, da
möglicherweise zu viele Parameter fest vorgegeben sind. Letztendlich scheint eine
Kombination aus direkter Titration für kleine Gleichgewichtskonstanten und der Mg2+abhängigen Titration für Affinitäten ab ca. 1 x 109 M-1 die beste Lösung darzustellen. Da für die
Titration von [atc-Mg]+ mit TetR keine geeignete Auswertemethode unter Berücksichtigung von
zwei voneinander abhängigen Bindetaschen gefunden werden konnte, stellt die Titration von
Protein mit Ligand die Methode der Wahl dar.
5.2.3
Korepressorbindung der revTetR Varianten
Für die reversen TetR ergaben sich stark erniedrigte Gleichgewichtskonstanten für die
Korepressorbindung an die freien Proteine. Erwartungsgemäß zeigte sich bei den beiden
Varianten mit Mutationen im DNA-Bindekopf der geringste Einfluss, da die betroffenen
Aminosäuren über 15 Å von der Tetracyclin-Bindetasche entfernt liegen (Hinrichs et al., 1994).
Jedoch sind die Affinitäten auch für diese Proteine im Vergleich zum Wildtyp mindestens 104fach erniedrigt. Die am stärksten erniedrigte [atc-Mg]+-Bindung wurde für die Variante mit
Mutationen in Helix α4 erhalten. Helix α4 verbindet den DNA-Bindekopf mit dem Proteinkörper
und spielt dadurch eine wichtige Rolle bei der Signalweiterleitung. Mutationen können hier
einen direkten Einfluss auf beide Domänen des Proteins haben. Für den reversen TetR G96E
113
5. Diskussion
L205S wurde eine Beeinflussung der Korepressorbindung durch Wechselwirkungen der
Aminosäure E96 mit H100 oder L90, welche einen Einfluss auf die [atc-Mg]+-Bindung haben,
angenommen (Kamionka et al., 2004a). Für TetRr1 und TetRr2 ist kein direkter Kontakt zu tcbindenden Aminosäuren aus der Kristallstruktur ersichtlich, weshalb nach einer anderen
Erklärung gesucht werden muss.
Trotz der stark erniedrigten [atc-Mg]+-Bindung in vitro ergaben die in vivo Messungen mit
unterschiedlichen atc-Konzentrationen eine höhere Sensitivität für TetRr1 und TetRr2 als es für
den Wildtyp TetR der Fall ist. Für TetRr1 könnte die positive Kooperativität der
Korepressorbindung eine Erklärung geben. Kooperativität ist ein oft beobachtetes Phänomen
in biologischen Systemen und ist vor allem für eine effektive Regulation durch sensitive
Reaktion auf die Anwesenheit eines Liganden nützlich. Das klassische Beispiel für ein Protein
mit kooperativer Ligandenbindung ist Hämoglobin (Eaton et al., 1999), das dadurch zu einem
effizienteren Sauerstofftransporter wird.
Eine andere Erklärung liefert die Tatsache, dass die [atc-Mg]+-Bindung mit den freien
Proteinen bestimmt wurde. Bei der Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten in Gegenwart
von tetO sollte sich eine deutlich höhere Affinität ergeben. Für TetRr5 zeigte sich dies durch
eine sehr langsame Dissoziation des Komplexes mit [atc-Mg]+ und tetO in den SPR
Messungen. Obwohl die Gleichgewichtskonstante für die Bindung von [atc-Mg]+ an das freie
Protein nur einen Wert von KA < 106 M-1 ergab, muss der langsamen Dissoziation ein
hochaffiner Komplex zugrunde liegen. Aus experimentellen Gründen ist dieser Wert jedoch
nicht direkt zugänglich. Mg2+ kann mit der großen und kleinen Furche der DNA, sowie dem
Phosphatrückgrat interagieren (Chiu and Dickerson, 2000). Bei der Titration von TetR-atc-tetO
mit Mg2+ ist dadurch keine exakte Einstellung der freien Mg2+ Konzentration, und somit keine
Quantifizierung, möglich. Es konnte jedoch für andere koreprimierte Systeme eine höhere
Bindekonstante des Korepressors mit dem Repressor in Gegenwart der DNA festgestellt
werden. Bei PurR zum Beispiel führt die Anwesenheit von DNA zu einer 16-fach erhöhten
Guanin Affinität (Xu et al., 1998).
Die Bestimmung der revTetR-[atc-Mg]+2-Komplexstabilität ergab keine Stabilisierung durch
Bindung des Korepressors, sondern eine Dissoziation bevor das Protein vollständig entfaltet
ist. Der Verlust der Stabilisierung durch Bindung von [atc-Mg]+ wurde bisher nur für Mutationen
von Aminosäuren beschrieben, die direkt an der tc-Bindung beteiligt sind, nämlich N82A,
F86A, T103A, P105A und E147A (Schubert, 2001). N82 bildet zwei Wasserstoffbrücken zu
Tetracyclin, während T103 und E147 an der Magnesiumkoordination beteiligt sind. E147 ist
zusätzlich an der Dimerisierung durch Ausbildung wichtiger Wasserstoffbrücken an der
Monomer-Monomer Interaktionsfläche beteiligt. F86 und P105 bilden hydrophobe Kontakte
114
5. Diskussion
zum Tetracyclin aus. Die Mutationen zu Alanin führen möglicherweise zu einem Verlust der
Interaktionen, wodurch die [atc-Mg]+-Bindung direkt beeinflusst wird. Dies spiegelt sich auch in
den Bindekonstanten wieder, die zwischen 400- und 4000-fach erniedrigt sind (Scholz et al.,
2000). Für diese Mutanten wurde eine Destabilisierung durch die Induktorbindung postuliert
(Schubert, 2001). Jedoch wurde für die Entfaltungskurven nur der Energietransfer zum atc
gemessen und kein Vergleich mit den intrinsischen Tryptophanfluoreszenzen der Proteine
durchgeführt. Bei einem Vergleich dieser Entfaltungskurven sollte auch hier eine Dissoziation
von atc vor Abschluss der Proteinentfaltung erhalten werden. Die betroffenen Aminosäuren in
den reversen Proteinen sind weder an der Dimerisierung noch an der Korepressorbindung
direkt beteiligt, führen jedoch zu den gleichen Auswirkungen. Der Zusammenhang zwischen
den für eine vollständige atc-Dissoziation benötigten Harnstoffkonzentrationen und den
Gleichgewichtskonstanten für die Bindung des Korepressors an das freie Protein unterstützt
diese Hypothese (mit steigender Affinität steigt auch die benötigte Harnstoffkonzentration).
Somit beeinflussen Mutationen die bei Betrachtung der Lage in den Kristallstrukturen nur die
Allosterie betreffen ebenfalls die Korepressorbindung und zeigen dabei Auswirkungen wie
Austausche von Aminosäuren, die direkte Kontakte zum Tetracyclin ausbilden.
Die Stabilisierung von Proteinen durch Bindung des Liganden ist eine häufig beschriebene
Eigenschaft
von
koreprimierten
bzw.
koaktivierten
Systemen.
GuHCl-abhängige
Entfaltungsstudien von CRP (cAMP receptor protein) zeigten eine Stabilisierung des
Aktivators durch den Koaktivator cAMP (Malecki and Wasylewski, 1998). Für den TrpRepressor wurde eine Stabilisierung durch Tryptophan Bindung festgestellt (Fernando and
Royer, 1992), obwohl die Gleichgewichtskonstante von Tryptophan mit dem Aporepressor nur
KA = 2 x 104 M-1 beträgt (Arvidson et al., 1986), also mindestens 100-fach kleiner als die von
revTetR mit [atc-Mg]+ ist. Die Dissoziation des Korepressors bzw. Koaktivators vor der
vollständigen
Proteinentfaltung
ist
somit
keine
allgemein
gültige
Eigenschaft
von
koreprimierten bzw. koaktivierten Systemen. Für die hier untersuchten Proteine ist es denkbar,
dass die Gegenwart von tetO die Komplexstabilität verändert. Dieser Wert ist jedoch
experimentell nicht zugänglich.
5.2.4
tet Operator-Bindung der revTetR Varianten
Für die reversen TetR Varianten zeigte sich eine deutliche Abhängigkeit der DNA Bindung von
der Anwesenheit des Korepressors atc mit und ohne zweiwertige Metallionen. In Tabelle 5.1
sind die Gleichgewichtskonstanten für die tetO Bindung nochmals zusammengefasst und mit
den für revTetR G96E L205S (Kamionka et al., 2004a) ermittelten Werten verglichen.
115
5. Diskussion
tetO Bindung
+ atc
KA
KA
[x107 M-1]
[x107 M-1]
x103
[x107 M-1]
x103
wtTetR
560 #
0.02
28
0.04#
14
TetRr1
< 0.01
190
19
32
3
TetRr2
< 0.01
7.8
0.8
140
14
TetRr4
< 0.01
2.4
0.2
64
6
revTetRG96E L205S
0.04#
10#
0.2
TetR Variante
Faktor
+ [atc-Mg]+
ohne
Faktor
KA
Tab. 5.1 Vergleich der Gleichgewichtskonstanten für die tetO Bindung von Wildtyp und revTetR
in An- und Abwesenheit von atc und [atc-Mg]+.
#
Werte aus (Kamionka et al., 2004a). Die Faktoren wurden als Verhältnis der
Gleichgewichtskonstanten der DNA-bindefähigen Proteine zu den induzierten bzw. nicht-koreprimierten
Varianten berechnet.
Für TetRr1 und TetRr2 ergeben sich dem Wildtyp entsprechende Regulationsfaktoren in vitro,
was mit den in vivo Daten in guter Übereinstimmung ist. Außerdem zeigen alle drei hier
untersuchten reversen Proteine bessere Faktoren als revTetR G96E L205S.
Für TrpR wurde im Komplex mit Tryptophan eine ähnlich hohe DNA-Bindeaffinität wie für die
revTetR-[atc-Mg]+2 Komplexe gemessen (KA = 5 x 109 M-1) (Hurlburt and Yanofsky, 1992),
ohne
Korepressor
wird
bei
TrpR
jedoch
nur
eine
100-fache
Erniedrigung
der
Gleichgewichtskonstante erreicht. Für den Purin Repressor, PurR, ergab sich eine
Gleichgewichtskonstante an die DNA von ebenfalls 5 x 109 M-1 in Gegenwart von Guanin, die
in Abwesenheit des Korepressors auf 2 x 107 M-1 erniedrigt wird (Xu et al., 1998). CcpA zeigt,
wie die reversen TetR, nur eine sehr schwache Bindung an die cre Sequenz ohne
Korepressor, mit KA = 5.8 x 104 M-1, die in Gegenwart von HPr-Ser46P auf 1.6 x 109 M-1 erhöht
wird (Seidel et al., 2005). Im Vergleich zu diesen Proteinen zeigen die hier charakterisierten
reversen
TetR
Varianten
größere
bzw.
gleiche
Unterschiede
zwischen
den
Gleichgewichtskonstanten. Eine einzige Mutation kann, wie für TetRr1 gezeigt, die Allosterie
des Tet Repressors vollständig umkehren und aus einem Repressor-Induktor Paar somit ein
sehr effizientes Repressor-Korepressor-System machen.
Bei den SPR-Messungen ergaben sich Unterschiede zum Wildtyp Tet Repressor bezüglich
116
5. Diskussion
der Mg2+-abhängigkeit der atc-vermittelten tet Operator-Bindung. Für TetRr1 erhöht sich die
tetO Bindung sechsfach in Gegenwart von atc aber ohne Mg2+, während sich für TetRr2 eine
18- und für TetRr4 eine 27-fache Erniedrigung zeigte. Dieses Ergebnis ist sehr erstaunlich, da
die Mutationen in TetRr1 und TetRr2 im DNA-Bindekopf über 15 Å von der TetracyclinBindetasche entfernt liegen (siehe Abbildung 5.6 für die Lage der Aminosäuren in der
Kristallstruktur), und somit nicht in Kontakt zu Aminosäuren sind, die an der Mg2+-Bindung
direkt beteiligt sind.
Mg2+
V99
L25
E15
L17
H100
N18
R94
Abb. 5.6 Lage der Aminosäuren relativ zu Tetracyclin und Mg2+ in der TetR(D)-[tc-Mg]+2
Kristallstruktur (Hinrichs et al., 1994).
E15, L17 und L25 sind als hellblaue Kalottenmodelle, Magnesium als schwarze Kugel und Tetracyclin
als gelbes Stäbchenmodell dargestellt. N18 und R94 sind in rot gezeigt und die entsprechenden
Wasserstoffbrücken in blau. V99 und H100 sind als grüne Stäbchenmodelle skizziert.
Da beide Proteine die Mutation L17G tragen muss die stärkere Abhängigkeit der tetO Bindung
von der Anwesenheit des Mg2+ bei TetRr2 durch die Mutationen E15A und L25V ausgelöst
werden. Die Analyse der Korepressorbindung ergab keine deutlich erniedrigten [atc-Mg]+Gleichgewichtskonstanten für TetRr2 im Vergleich zu TetRr1. Der hier erhaltene Effekt kann
folglich nicht auf eine grundsätzlich niedrigere Affinität zurückgeführt werden. L14, L17 und
L25 bilden hydrophobe Kontakte zu L51, L55 und I59 in Helix α4. Außerdem sind L55 und I59
in hydrophober Wechselwirkung mit V99 in Helix α6 (Abbildung 5.7). Zusätzlich findet eine
Stabilisierung durch die Wasserstoffbrücken zwischen I22 und D95, N18 und R94, bzw. N11
und R62 statt (Hinrichs et al., 1994; Kisker et al., 1995). Diese Kontakte bilden eine wichtige
Grundlage für die Signalweiterleitung in TetR. Durch Veränderung von Aminosäuren in diesem
117
5. Diskussion
Bereich wird nicht nur die Allosterie umgekehrt, sondern anscheinend auch die
Signalweiterleitung bei Korepressorbindung oder die Koordination des Korepressors
beeinflusst. Für die Mg2+-unabhängige Induktion von TetR wurde neben dem aus der
Kristallstruktur ersichtlichen Kontakten zu Mg2+ durch H100 und E147 ein alternativer
Mechanismus postuliert (Scholz et al., 2000), der unabhängig von diesen Aminosäuren
stattfindet, an dem jedoch T103 beteiligt ist. Eine Beeinflussung dieses alternativen
Induktions- bzw. Korepressionsmechanismus durch die Mutationen in TetRr2 und TetRr4 ist
ebenfalls denkbar.
Abb. 5.7 Lage von L17, L25 relativ zu V99,
I59, L55 und L51 in der TetR(D)-[tc-Mg]+2
Kristall-struktur (Hinrichs et al., 1994).
I59
L17 und L25 sind als rote Kalottenmodelle,
V99 in Helix α6 in grün und L52, L55 und I59
in Helix α4 in gelb dargestellt.
L17
V99
L25
L55
L51
Die sehr schnelle Dissoziation des TetRr4-atc2-tetO Komplexes bestätigt die Annahme einer
besonders niedrigen Mg2+-unabhängigen atc Bindeaffinität, da dieses Verhalten nicht in
Anwesenheit von [atc-Mg]+ beobachtet wurde. TetRr4 trägt die Mutationen R94P und V99E.
Zwischen N18 und R94 existieren in der induzierten Kristallstruktur drei Wasserstoffbrücken
(Hinrichs et al., 1994; Kisker et al., 1995), welche den DNA-Bindekopf gegen den
Proteinkörper
stabilisieren
(Abbildung
5.6).
Untersuchungen
der
reversiblen
Disulfidbrückenbildung zwischen N18C und R94C ergaben eine Änderung des Abstandes bei
DNA Bindung von TetR (Tiebel et al., 1998). Die Mutation R94P könnte somit die Lage der
beiden Domänen relativ zueinander ändern und so die Signalweiterleitung stören. Eine weitere
Erklärung könnte die Nachbarschaft von V99 zu H100 liefern, welches eine Wasserstoffbrücke
zum Mg2+ ausbildet (Hinrichs et al., 1994; Kisker et al., 1995). Für die Mutation H100A wurde
keine Beeinflussung der Mg2+-unabhängigen atc-Bindung, jedoch eine starke Erniedrigung der
[atc-Mg]+-Bindung festgestellt (Scholz et al., 2000). Für TetRr4 wird die Mg2+-unabhängige
Korepression durch atc stärker erniedrigt als die durch [atc-Mg]+ vermittelte, was dem genau
entgegengesetzten Effekt der Mutation H100A entspricht. Während bei H100A die Interaktion
118
5. Diskussion
mit Mg2+ wegfällt, scheinen die Mutationen R94P und V99E die Interaktion noch zu verstärken.
5.2.5
5.2.5.1
Analyse der reversiblen Disulfidbrückenbildung
Variable Schleife und Proteinkörper
Die Cysteine an den Positionen 107 und 165 verbinden bei Ausbildung einer Disulfidbrücke
die variable Schleife mit der Proteindomäne von TetR und fixieren diese am Proteinkörper
(siehe Abb. 5.8).
E107
N165
Abb. 5.8 Lage der Aminosäuren an den Positionen 107 und 165` in der TetR(D)-[tc-Mg]+2
Kristallstruktur (Hinrichs et al., 1994).
E107 ist als grünes Stäbchenmodell, N165` in rot und Tetracyclin in gelb gezeigt. Die variable Schleife
(AS 153 bis 168) ist in rot und Helix α9 (AS 169 bis 178) in orange hervorgehoben.
Die Analyse der reversiblen Disulfidbrückenbildung ergab für die reversen TetR eine Erhöhung
des Abstandes zwischen den beiden Resten bei Korepressorbindung, während die
Anwesenheit von tetO alleine zu keiner Veränderung im Vergleich zum freien Protein führt. Die
Bindung von [atc-Mg]+ führt offenbar zu anderen Bewegungen in diesem Bereich als beim
Wildtyp TetR, für den Unterschiede zwischen freiem und [atc-Mg]+-gebundenem Protein
erhalten wurden. Es wurde postuliert, dass die variable Schleife beim Wildtyp in Anwesenheit
von tetO näher am Proteinkörper liegt als im induzierten Zustand, was zum Beispiel durch
eine, durch Bewegung der Helix α9 verursachte, Ausgleichsbewegung in Richtung des
Proteinkörpers ausgelöst werden könnte (Tiebel et al., 1998). Diese Bewegung findet beim
reversen TetR offenbar nicht statt. Unterschiedliche Schleifenstrukturen für die induzierte und
freie Konformation konnten für TetR (B) Mutanten mit Tryptophanen an verschiedenen
119
5. Diskussion
Positionen in der variablen Schleife nachgewiesen werden (Vergani et al., 2000). Es zeigte
sich eine verringerte Flexibilität der Schleifenstruktur im uninduzierten Zustand, die mit der
verringerten Disulfidbrückenbildung im [atc-Mg]+-gebundenen Zustand, sowohl für den Wildtyp
als auch für revTetR, übereinstimmen. Die Verbrückung der Cysteine verhindert Bewegungen
in dem betroffenen Bereich, was für die revTetR zu einer Erniedrigung der [atc-Mg]+-Bindung
und der [atc-Mg]+-vermittelten tetO-Bindung führt. Wie bereits für den Wildtyp gezeigt, spielt
auch hier die variable Schleife eine Rolle bei der Korepressorbindung (Scholz et al., 2001,
Berens et. al., 1997).
5.2.5.2
DNA-Bindekopf
ESR Spektroskopische Untersuchungen ergaben für Cysteine an den Positionen 22 und 22`
eine Vergrößerung des Abstandes bei tetO-Bindung, während für N47C und N47C` eine
Verringerung des Abstandes beobachtet wurde (Tiebel et al., 1999). Dieser Effekt wurde als
eine Verschiebung der DNA-Bindeköpfe gegeneinander interpretiert, durch die das Protein in
die DNA bindeaktive Form überführt wird. Auch für das Cysteinpaar E23C/E23C` konnte im
Wildtyp ein vergrößerter Abstand in Form von langsamerer Disulfidbrückenbildung in vivo
nachgewiesen werden (Tiebel et al., 2000), was in dieser Arbeit durch in vitro Analysen
bestätigt wurde. Analog dazu ergab sich für die reversen TetR eine Erhöhung des Abstandes
zwischen den Cysteinen in Form von verringerter Disulfidbrückenbildung bei tet OperatorBindung. Im Gegensatz zum Wildtyp kann diese Bewegung jedoch nur in Gegenwart von [atcMg]+ erfolgen. In Abbildung 5.9 ist eine Überlagerung der Kristallstrukturen für den [tc-Mg]+und tetO-gebundenen TetR (D) gezeigt (Hinrichs et al., 1994, Orth et. al., 1998). Es ist deutlich
eine Erhöhung des Abstandes der Reste an Position 23 und 23` bei tet Operator-Bindung zu
erkennen. Die Abstandsänderung der DNA-Bindeköpfe scheint sich folglich im reversen TetR
gleich zu verhalten.
120
5. Diskussion
Abb. 5.9 Vergleich des Abstandes von E23C und E23C` in den DNA-Bindeköpfen der [tc-Mg]+und tetO-gebundenen Struktur (Hinrichs et al., 1994, Orth et. al., 1998).
Die [tc-Mg]+-gebundenen Konformation ist in hellblau und die tetO-gebundene in grau gezeigt. 23C und
23C´ sind in gelb (DNA-gebunden), bzw. in rot (induziert) hervorgehoben. Der Abstand zwischen den
Thiolgruppen ist durch gestrichelte Linien angedeutet, und beträgt 2.1 Å für die Cα Atome des DNAgebundenen (gelb) und 0.8 Å für den induzierten (rot) TetR.
Auch für die freien Proteine wurde kein deutlicher Unterschied zwischen Wildtyp und revTetR
erhalten. Hierbei muss aber berücksichtigt werden, dass durch die Analyse nur ein Teil der
Bewegung der DNA-Bindeköpfe betrachtet wird. Bei einer Verschiebung der beiden Domänen
relativ zueinander ist es möglich an einer anderen Stelle unterschiedliche Konformationen zu
erhalten. Diese können ausreichen um die tetO-Bindung zu beeinflussen. Außerdem können
kleine Unterschiede in den Konformationen nur schwer mit dieser Methode detektiert werden.
[atc-Mg]+ alleine scheint nicht auszureichen, um die gleiche Disulfidbrückenbildungsrate wie in
Anwesenheit von [atc-Mg]+ und tetO für die reversen TetR zu erhalten. Ebenso sollte die freie
Konformation des Wildtyps eher der DNA-gebundenen Konformation entsprechen und nicht
der induzierten Struktur. Diese widersprüchlichen Ergebnisse wurden bereits für die in vivo
Untersuchung des Wildtyps diskutiert (Tiebel et al., 2000). Es wurde postuliert, dass das freie
Protein in beiden Grenzstrukturen, der induzierten und DNA-bindefähigen Struktur, vorliegen
kann und in Abhängigkeit von äußeren Faktoren bevorzugt in einer der beiden
Konformationen vorliegt.
Für den reversen Tet Repressor wurde aufgrund der Lage der Mutationen im Protein und der
ersten in vitro Untersuchungen eine Verschiebung der DNA Bindeköpfe relativ zum
Proteinkörper aber mit unveränderter Signalweiterleitung postuliert (Kamionka et al., 2004a;
Scholz et al., 2004). In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass die Korepressorbindung zu
121
5. Diskussion
anderen Bewegungen im Protein führt als beim Wildtyp TetR. Folglich kann eine
Beeinflussung
der
Signaltransduktion
nicht
ausgeschlossen
werden.
Da
die
Abständsänderungen zwischen den DNA-Bindeköpfen bei tetO-Bindung gleich sind, ist es
möglich, dass die Unterschiede zwischen dem freien Wildtyp und den revTetR durch eine
Vergrößerung oder Verkleinerung des Abstandes der DNA-Bindeköpfe relativ zueinander oder
durch eine grundsätzlich unterschiedliche Konformation bedingt sind. Eine vollständige
Klärung des Mechanismus fordert jedoch die Lösung der Kristallstruktur eines oder mehrerer
revTetR.
5.3 Tet Repressoren mit veränderter Induktorerkennung und Allosterie
Die Tetracyclin-Bindetasche und der DNA-Bindekopf des Tet Repressors liegen in
unterschiedlichen Bereichen des Proteins. Obwohl beide Funktionen mehr als 33 Å
voneinander entfernt sind, sind diese miteinander in Verbindung, und Veränderungen in einer
der beiden Domänen können Einfluss auf die Funktion der anderen haben. Im Verlauf dieser
Arbeit
konnte
die
Induktorbindung
durch
Mutation
von
Tetracyclin-kontaktierenden
Aminosäuren verändert werden. Außerdem wurden reverse TetR in vivo und in vitro bezüglich
Ligandenbindung, Entfaltung und Konformationsänderungen untersucht. Nachdem bei der
Analyse der reversen Proteine bereits ein Einfluss auf die Korepressorbindung deutlich wurde,
wird im Folgenden nun der Zusammenhang zwischen Mutationen, die die Induktorerkennung
verändern und solchen, die die Allosterie des Tet Repressors beeinflussen genauer diskutiert.
Die direkte Kombination von Mutationen die die Induktorerkennung von TetR verändern mit
solchen, die den Phänotyp umkehren hat sich als sehr schwierig erwiesen. Von den in dieser
Arbeit direkt kombinierten Varianten zeigte keine den erwünschten Phänotyp, und auch R.
Bertram konnte nur bei einer direkten Kombination eine Korepression von 40 % durch 4-ddma
erhalten (Bertram et al., 2004). Mutationen, die eine Veränderung der Allosterie bewirken
scheinen das gesamte Protein zu betreffen und somit sehr sensitiv auf zusätzliche Mutationen
zu reagieren.
Da an den Positionen 17 und 99 Einzelmutationen gefunden wurden die zu einem reversen
Phänotyp
führen
(Scholz
et
al.,
2004),
wurden
die
Austausche
auch
in
der
i2
induktorspezifischen Variante TetR analysiert. Es zeigte sich, dass die gleiche Mutation im
Wildtyp vollständig andere Auswirkungen auf den Phänotyp haben kann als in TetRi2. V99G
führt im Wildtyp zu unveränderter Induktion durch atc, jedoch verbesserter Repression in
Gegenwart von 4-ddma verglichen zur Repression ohne Induktor, welche nicht beeinflusst ist.
Führt man diese Mutation in TetRi2 ein, so kann keine DNA-Bindung mehr in Gegenwart von
122
5. Diskussion
atc und ohne Induktor stattfinden. Die 4-ddma vermittelte Repression bleibt jedoch erhalten.
Die Analyse des Einflusses der Mutation V99G auf die Austausche H64K, S135L und S138I
ergab eine gleiche Rolle für V99G und S135L (Henssler et al., 2005). Für S135L wurde
relaxierte Induktorspezifität nachgewiesen (Scholz et al., 2003). Da sich diese Amiosäure in
der zweiten Schale um die Tetracyclin-Bindetasche befindet, wurde der Effekt durch
Interaktionen mit tc-kontaktierenden Resten begründet. V99 bildet keine Kontakte zu S135 aus
und ist auch nicht in der direkten Nähe dieser Aminosäure. Die Induktorbindung muss folglich
indirekt beeinflusst werden. Die Mutation V99A führt zu ähnlichen Effekten, denn der Wildtyp
Phänotyp wird nicht beeinflusst, während bei TetRi2 Korepression durch atc und 4-ddma
stattfindet. V99S zeigt ebenfalls keinen Einfluss auf den Wildtyp TetR, führt jedoch zu 4-ddma
abhängiger Repression in TetRi2. Ein Threonin an dieser Position führt zu Korepression durch
atc, Induktion durch 4-ddma und verschlechterter DNA-Bindung ohne Induktor, obwohl sich
die Seitenkette nur um eine Methylgruppe von der des Serins unterscheidet. Somit können
kleine Unterschiede von Seitenketten bereits zu komplett unterschiedlichen Phänotypen
führen.
Die gleichen Effekte sind auch bei Austauschen von L17 zu beobachten. L17C, F, A, I und V
führen zu veränderter Allosterie in TetRi2, während die Aktivität des Wildtyps nicht beeinflusst
wird. Austausche von L17 zu A, T, W oder Y beeinflussen beides, Allosterie und
Induktorerkennung. L17G kann den Phänotyp des Wildtyp TetR umkehren, führt jedoch zum
Verlust der Repression in TetRi2. L17A beeinflusst die Induktorerkennung des Wildtyps, führt
aber in TetRi2 zu einer veränderten Allosterie. Beides sind kleine Aminosäuren die sich nur
durch eine Methylgruppe unterscheiden, jedoch sehr unterschiedliche Auswirkungen auf TetR
und TetRi2 haben.
Für den Transaktivator tTA konnte in Bakterien eine erniedrigte Aktivierung in Gegenwart des
Tetracyclin-Derivates GR 33076X im Vergleich zur Aktivierung ohne Tetracyclin nachgewiesen
werden (Chrast-Balz and Hooft van Huijsduijnen, 1996). GR 33076X fehlt ebenfalls die 4Dimethylaminogruppe. Als Begründung wurde eine Wirkung als tc Antagonist oder eine
Stabilisierung der Dimerisierung oder Stabilitätserhöhung der tTA Struktur vorgeschlagen.
Auch für den Lac Repressor konnte ONPF als so genannter „Anti-Induktor“ isoliert werden.
Dieser bewirkt keine direkte Konformationsänderung bei Bindung an das Protein, sondern
stabilisiert den Lac repressor-lac Operator Komplex. ONPF bindet dabei in dieselbe
Bindetasche wie der Induktor IPTG, jedoch mit leicht veränderter Konformation (Bell and
Lewis, 2001; Lewis et al., 1996; Suckow et al., 1996). Für die reversen TetR Varianten konnte
eine
Stabilisierung
der
Proteinstruktur
durch
Korepressorbindung
als
Mechanismus
ausgeschlossen werden. Somit kann auch für die Bindung von 4-ddma ein Auslösen von
Konformationsänderungen im Protein angenommen werden. 4-ddma wirkt folglich als
Korepressor und nicht als Anti-Induktor. Der
Effekt unterscheidet sich auch dadurch, dass
123
5. Diskussion
Mutationen die die Allosterie des Tet Repressors betreffen notwendig sind um eine
Korepression hervorzurufen. Es ist jedoch unklar, ob 4-ddma und atc antagonistische Effekte
auf die entsprechenden TetR Varianten haben. Hierzu wären weitere Untersuchungen
notwendig.
Wie für die reversen TetR Varianten ergaben auch die Gleichgewichtskonstanten für die
Korepressorbindung von TetRi2-L17A und TetRi2-V99N erniedrigte Werte. Da die [atc-Mg]+
Affinitäten zu niedrig für eine Quantifizierung waren, die [4-ddma-Mg]+ Bindung jedoch
messbare Werte ergab bleibt die Spezifität für 4-ddma in diesen Varianten erhalten. Die DNAVerzögerungsanalyse ergab verstärkte tetO-Bindung von TetRi2-V99N in Gegenwart von 4ddma. Für TetRi2-L17A konnte kein Unterschied nachgewiesen werden.
5.3.1
Zusammenhang zwischen Induktorerkennung und Allosterie von TetR
Die Induktorspezifität von TetR konnte durch Mutationen von Aminosäuren, die in direktem
Kontakt zu Tetracyclin oder zu tc-kontaktierenden Resten sind verändert werden. Im Verlauf
dieser Arbeit zeigte sich aber auch eine Beeinflussung der Induktorerkennung durch
Mutationen im Kontaktbereich zwischen N- und C-terminaler Domäne, die aus der
Kristallstruktur nicht ersichtlich ist. Es konnten Varianten erhalten werden, die in vivo eine
unveränderte Induktion durch atc, aber gleichzeitig eine verbesserte Repression in Gegenwart
von 4-ddma zeigen. Die 4-ddma Erkennung ist anscheinend bereits so verändert, dass durch
Kombination mit der induktorspezifischen Variante nicht die Erkennung von 4-ddma, sondern
nur die atc-Affinität beeinflusst wird. Somit kann eine Veränderung der Induktorerkennung
durch Beeinflussung der Signaltransduktion erfolgen. Ein Einfluss auf die Korepressorbindung
wurde auch bei den in vitro Analysen der reversen Tet Repressoren deutlich. Der
Signaltransduktionsweg wurde aufgrund der Kristallstrukturen aller Konformationen des Tet
Repressors und biochemischen Experimenten postuliert. Das Signal (Tetracyclin-Bindung)
wird von der Bindetasche im Proteinkörper auf die DNA-Bindeköpfe über eine Folge von
Konformationsänderungen geleitet, bei denen vor allem die Helices α1, α4 und α6 eine
wichtige Rolle spielen. Ein Einfluss der Aminosäuren in diesen Bereichen auf die
Induktorerkennung ist aus der Kristallstruktur nicht ersichtlich. Die hier erhaltenen Ergebnisse
geben somit einen deutlichen Hinweis auf einen alternativen Kommunikationsweg im Protein.
Weitere Aufschlüsse über diesen neuen Kommunikationswegs könnte zum Beispiel ein
vergleichendes Alanin-Scanning der beteiligten Aminosäuren im Wildtyp, revTetR und TetRi2
geben. Untersuchungen von Varianten mit unveränderter atc-Induktion aber 4-ddmavermittelter Repression sollten klären, ob 4-ddma hier als Antagonist zu atc wirkt, ob die
124
5. Diskussion
gleiche
Bindetasche
Signaltransduktion
verwendet
handelt.
wird,
Letztendlich
und
ob
sollte
es
sich
hier
die
Auflösung
um
der
eine
entsprechenden
Kristallstrukturen Aufschluss über die Mechanismen und Zusammenhänge geben.
125
veränderte
6. Literaturverzeichnis
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7. Eigene Publikationen
7.
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134
Abkürzungsverzeichnis
Abb
Ap
APS
AS
atc
BSA
β-ME
bp / kbp
Cm
cmt3
DNA
dox
dNTP
DTT
ECL
Abbildung
Ampicillin
Ammoniumperoxodisulfat
Aminosäure
Anhydrotetracyclin
Rinderserumalbumin
2-Mercaptoethanol
Basenpaare / Kilobasenpaare
Chloramphenicol
4-De-dimethylamino-6-deoxy-6-demethyl-tc
Desoxyribonukleinsäure
Doxycyclin
Deoxyribonukleotidtriphosphat
Dithiothreitol
enhanced chemiluminescence
Einheiten
Å
bp
°C
Da
g
K
l
m
M
min
Mol
t
T
U
E. coli
EDTA
FPLC
H2O
IPTG
LB
Kap.
Lsg.
ODx
ONPG
PAA
PAGE
PCR
PEG
revTetR
rpm
SDS
Tab.
tc
TEMED
TetR
Tris
ÜN
ÜNK
WT
Escherichia coli
Ethylendiamintetraessigsäure
Fast protein liquid chromatography
Wasser
Isopropyl-β-D-Galaktopyranosid
Luria-Broth
Kapitel
Lösung
optische Dichte bei λ = x nm
ortho-Nitrophenyl-β-D-galactopyranosid
Polyacrylamid
Polyacrylamid-Gelelektrophorese
Polymerasekettenreaktion
Polyethylenglykol
Reverser Tetrazyklin-Repressor
Umdrehungen pro Minute
Natriumdodecylsulfat
Tabelle
Tetracyclin
Tetramethylethylendiamin
Tetrazyklin-Repressor
Tris(hydroxymethyl)aminomethan
Über Nacht
Über-Nacht-Kultur
Wildtyp
s
Angstrom ≡ 100 pm
Basenpaar
Grad Celsius
Dalton
Gramm
Kelvin
Liter
Meter
Molar
Minuten
Mol
Zeit
Temperatur
Einheiten
der Enzymaktivität
Sekunden
Nukleotide
A
C
G
T
N
Adenosin
Cytidin
Guanosin
Thymidin
A, C, G, T
Vorsätze
k
m
µ
n
p
Kilo (103)
Milli (10-3)
Mikro (10-6)
Nano (10-9)
Piko (10-12)
Aminosäure-Nomenklatur nach IUPAC-IUB Vereinbarungen (1969)
A
C
D
E
F
G
H
I
K
L
Ala
Cys
Asp
Glu
Phe
Gly
His
Ile
Lys
Leu
Alanin
Cystein
Asparaginsäure
Glutaminsäure
Phenylalanin
Glycin
Histidin
Isoleucin
Lysin
Leucin
M
N
P
Q
R
S
T
V
W
Y
128
Met
Asn
Pro
Gln
Arg
Ser
Thr
Val
Trp
Tyr
Methionin
Asparagin
Prolin
Glutamin
Arginin
Serin
Threonin
Valin
Tryptophan
Tyrosin
129
Lebenslauf
Persönliche Daten
Eva-Maria Henßler
geboren am 04.06.1977 in Neuendettelsau
Familienstand: ledig
Eltern: Amanda und Erwin Henßler
Schulausbildung
1983 – 1987
Grundschule Neuendettelsau
1987 – 1996
Laurentius Gymnasium Neuendettelsau
Hochschulausbildung
Nov. 1997 – Mai 2002
Studium der Biologie an der Friedrich-Alexander
Universität Erlangen-Nürnberg. Diplomarbeit über
Darstellung und Charakterisierung von neuen Tet
Repressor
Varianten
am
Lehrstuhl
für
Mikrobiologie.
.
Juli 2002 – Okt. 2005
Promotionsarbeit am Lehrstuhl für Mikrobiologie,
Friedrich-Alexander
Universität
ErlangenNürnberg.
Erlangen, den 19.10.2005
130
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