Nachhaltige Landwirtschaft Welche Bedeutung hat eine nachhaltige Landwirtschaft für ländliche Entwicklung und Ernährungssicherung? Rund die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in ländlichen Regionen. Die meisten dieser Menschen leben direkt oder indirekt von der Landwirtschaft. Viele Entwicklungsländer sind agrarisch geprägt, deshalb ist ihre wirtschaftliche Entwicklung ohne ländliche Räume nicht denkbar. Die überwiegend kleinbäuerlichen Betriebe in den Entwicklungsländern erzeugen zwar den größten Teil aller Nahrungsmittel, produzieren jedoch zumeist weit unter dem möglichen Produktionsniveau. Wenn sie ihre Produktivität steigern, fördert das direkt die Entwicklung ländlicher Regionen und des ganzen Landes. Doch diese Produktivitätssteigerung darf nicht auf Kosten der natürlichen Ressourcen wie Boden und Wasser erfolgen, sondern muss nachhaltig sein, damit auch zukünftigen Generationen Landwirtschaft betreiben können. Sie muss sich nicht nur wirtschaftlich lohnen, sondern die Umwelt schonen und soziale Aspekte berücksichtigen. Betrachtet man den gesamten ländlichen Raum, ist Landwirtschaft heute mehr als nur die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte. Auf die Produktion von Pflanzen und Tieren folgen Transport, Vermarktung, Verarbeitung und eventuell Export, sofern die Waren für die Ausfuhr geeignet sind. Damit die Landwirte vor diesem Hintergrund nachhaltig und produktiv wirtschaften können, benötigen sie Fachwissen und Knowhow. Klar ist: Eine leistungsstarke nachhaltige Landwirtschaft macht ländliche Räume zukunftsfähig. Andernfalls besteht die Gefahr, dass ländliche Räume bei zunehmender Urbanisierung abgehängt und weiter marginalisiert werden. Hintergrund Nicht nur die in großem Maßstab betriebene industrielle Landwirtschaft, sondern auch Kleinbetriebe produzieren oft nicht sehr nachhaltig. Aufgrund mangelnder Kenntnisse und Fähigkeiten oder beschränkten Zugangs zu Ressourcen wird die Bodenfruchtbarkeit verringert, werden Wasserressourcen äthiopien. die bewahrung von artenvielfalt, hier der getreideart sorghum, ist eine von vielen maßnahmen zum schutz natürlicher ressourcen und eine Voraussetzung für eine erfolgreiche und nachhaltige landwirtschaft. foto: © gIZ / guenay ulutuncok übernutzt und schreitet Desertifikation voran. Unsachgemäß angewandte Pestizide gefährden Ökosysteme. Auch die Vielfalt der Nutzpflanzen und Nutztierrassen nimmt ab. Weltweit gibt es über 450 Millionen landwirtschaftliche Kleinbetriebe unter zwei Hektar. Die meisten von ihnen produzieren weit unter ihrem Potenzial. Aufgrund ihres oft schlechteren Zugangs zu Produktionsmitteln und Ressourcen sind Bäuerinnen besonders benachteiligt. Um die Ernährung der Weltbevölkerung über das Jahr 2050 hinaus zu gewährleisten, muss die Produktivität dieser Flächen gesteigert werden. Großbetriebe mit intensiver Landwirtschaft haben ihr Potenzial oft ausgereizt; zudem belasten sie vielfach die Umwelt durch hohen Wasserverbrauch und intensivem Einsatz von Agrochemie. Deshalb muss in Entwicklungsländern ein besonderer Fokus auf Kleinbetrieben liegen, bei denen oft sogar eine Ertragsverdoppelung möglich ist. Um die natürlichen Ressourcen – und damit die Grundlage der Ernährung – langfristig zu erhalten, dürfen die Erträge aber nur nachhaltig gesteigert werden. Das bedeutet, dass Bodenfruchtbarkeit erhalten, wiederhergestellt und verbessert werden muss. Wasserressourcen müssen wesentlich effektiver genutzt und in Abstimmung mit den verschiedenen Wassernutzern verwaltet werden. InformaTIonsblaTT ländlIchE EnTwIcklung und ErnährungssIchErung | Nachhaltige Landwirtschaft Betriebsmittel und Wissen müssen so eingesetzt werden, dass auch kommende Generationen ertragreiche Landwirtschaft betreiben können. Aus diesem Grund haben Bildung, Ausbildung und Beratung eine große Bedeutung. Ebenso wichtig ist, dass Kleinbauern verstärkt unternehmerisch handeln und in die eigenen Betriebe investieren können. Finanzdienstleistungen im ländlichen Raum sind daher ebenso notwendig wie der Zugang zu Märkten und entsprechenden Marktinformationen. Für den Umbau zu einer nachhaltigen Landwirtschaft gibt es keine Patentlösungen, sondern je nach Standort eine ganze Bandbreite von Möglichkeiten und Methoden. Sie reicht von der Ökolandwirtschaft bis zum Einsatz moderner züchterischer Verfahren. Unser Beitrag zu entwicklungsförderlichen Agrarstandards Das BMZ setzt sich seit vielen Jahren für eine nachhaltige Landwirtschaft in den Partnerländern ein. Dabei geht die Förderung weit über die direkte Beratung zu besseren Methoden hinaus. Beim Management von Wassereinzugsgebieten geht es beispielsweise darum, Partner beim Erosionsschutz zu beraten und die Marktanbindung und den Zugang zu Marktinformationen zu verbessern. Das Bündel der Maßnahmen reicht von der Regierungsberatung über die Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen bis zu einer Zusammenarbeit mit den Produzentinnen und Produzenten. Ein Augenmerk gilt auch der Einbeziehung der Privatwirtschaft, sowie der Umsetzung von Forschungsergebnissen, die in den Agrarforschungszentren erarbeitet wurden. Ein Beispiel aus der Praxis Indien: Nachhaltigkeit bringt Wohlstand Viermal so viel Getreide wie vor dem Projektstart, sauberes Trinkwasser für alle, die Zunahme der Vegetationsdecke, eine Vervierfachung der Arbeitsplätze und nicht zuletzt selbstbewusste Frauen, die ihr eigenes Einkommen erwirtschaften – das sind nur einige der Ergebnisse umweltschonender und nachhaltiger Landbewirtschaftung in Indien. Gemeinsam mit staatlichen Stellen, Nichtregierungsorganisationen und dörflichen Selbsthilfeorganisationen hat die deutsche Entwicklungszusammenarbeit von 2003 bis 2010 die Dorfbevölkerung in neun Wassereinzugsgebieten dabei unterstützt, die natürlichen Ressourcen ihrer Gebiete nachhaltig zu nutzen. Um die Humusdecke davor zu schützen, vom kräftigen Monsunregen weggewaschen zu werden, wurden Rückhaltedämme angelegt, Gras, Bäume und Hecken angepflanzt und Terrassen angelegt. Zusammen mit diesem Erosionsschutz steigerten bessere Anbaumethoden die Fruchtbarkeit des Bodens. Das Resultat: Die Ernteerträge wuchsen. Parallel wurde ein Kreditprogramm aufgelegt. Bevorzugt sind es Frauen, die kleine Kredite aufnehmen, um wirtschaftlich eigenständiger zu werden. Zudem wurde von Anfang an ein kontinuierlicher ständiger Erfahrungs- und Wissensaustausch zwischen allen Beteiligten und der Dorfbevölkerung angeregt – ein Faktor, der wesentlich zur Nachhaltigkeit der Maßnahmen beiträgt. Zum Weiterlesen: → BMZ-Themenseite: [http://www.bmz.de/nachhaltige-landwirtschaft] → „Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft“ BMZ Strategiepapier 3|2013, Januar 2013 [http://www.bmz.de/de/publikationen/themen/ laendliche_entwicklung/Strategiepapier327_03_2013.pdf] → „Was ist nachhaltige Landwirtschaft?“ Informationsbroschüre des GIZ Sektorvorhabens Management natürlicher Ressourcen im Auftrag des BMZ, 2012 [http://www.giz.de/Themen/de/dokumente/ giz2012-de-nachhaltige-landwirtschaft.pdf] → „Ernährungssicherung und Anpassung an den Klimawandel – eine Positionsbestimmung“: KfW Entwicklungsbank, 2009 [https://www.kfw-entwicklungsbank.de/DownloadCenter/PDF-Dokumente-Positionspapiere/2009_08_ Anpassung-Lawi_D.pdf] kontakt: referat 314 ländliche Entwicklung; landwirtschaft; Ernährungssicherung E-mail: [email protected]