Neukeynesianische Makroökonomik - Mikrofundierung Steffen Ahrens | Fakultät VII | Geldtheorie- und Geldpolitik WS2013/2014 Gliederung: 1. Einleitung 2. Die Nachfrageseite 3. Die Angebotsseite 4. Preisrigiditäten 5. Modell Seite 2 Dezentrales Logo optional 1. Einleitung • Erinnern wir uns an das IS‐LM/AD‐AS‐Modell: 1. IS‐Kurve und LM‐Kurve: exogene Konsum‐ und Geldnachfragefunktionen Konsumnachfrage ist nur vom Einkommen abhängig Geldnachfrage ist vom Einkommen und vom Nominalzins abhängig 2. AS‐Kurve: aus Gewinnmaximierungskalkül des Unternehmens abgeleitet 3. Erwartungen: per Annahme exogen 4. Preise und Löhne: per Annahme kurzfristig rigide und mittel‐ bis langfristig flexibel Seite 3 Dezentrales Logo optional 1. Einleitung • Diese Annahmen sind stark vereinfachend! • Sie beruhen häufig auf historischen Beobachtungen, welche einen kausalen Zusammenhang der postulieren. • Kaum oder keinerlei Motivation für Optimalität dieser Verhaltensweisen • Grundlegende Parameter (sogenannte „Deep Parameter“) ändern sich nicht mit Änderungen der äußeren Umstände! • Im Falle der IS‐LM: z.B. Produktivität, Sparquote, Konsumquote, Investitionsneigung, Parameter der Geldnachfragefunktionen, etc. Agenten reagieren nicht auf Veränderungen der Umstände! → Lucas‐Kritik Seite 4 Dezentrales Logo optional Struktur des Neukeynesianischen Modells Arbeitsnachfrage und Konsumgüterangebot Repräsentativer Haushalt Repräsentative Unternehmung Intertemporale Nutzenmaximierung Intertemporale Profitmaximierung Arbeitsangebot und Konsumgüternachfrage Geldpolitik Seite 5 Dezentrales Logo optional 2. Die Nachfrageseite • Nutzenmaximierender Haushalt • Unendliche Lebensdauer • Verfügbare Zeit (für Arbeit und Freizeit) pro Periode ist auf 1 normiert • Bietet Arbeit auf einem perfekten Arbeitsmarkt an • Fragt Güter auf einem monopolistisch, kompetitiven Gütermarkt nach. Seite 6 Dezentrales Logo optional 2. Der maximierende Haushalt • Der Haushalt erntet Nutzen aus 3 Motiven: • Konsum (+) Arbeit (‐) Geld (+) Er entscheidet über Nachfrage nach Konsumgütern Geld festverzinslichen (risikolosen) Wertpapieren • Er entscheidet über das Angebot an Arbeit Seite 7 Dezentrales Logo optional Die Nutzenfunktion des Haushalts • Die Nutzenfunktion fasst die 3 Motive des Haushaltes zusammen: , • Konsum in Periode reale Geldhaltung in Periode Arbeitsangebot in Periode , häufig auftretende Form der Nutzenfunktion 1 Seite 8 1 / 1 Dezentrales Logo optional Die Nutzenfunktion des Haushalts • Eigenschaften der Nutzenfunktion: 1 1 / 1 abnehmender Grenznutzen von Konsum und Geld zunehmendes Grenzleid der Arbeit 0,2 16000 0 14000 ‐0,2 12000 10000 ‐0,4 8000 ‐0,6 6000 ‐0,8 4000 ‐1 2000 ‐1,2 0 Konsum, Geld Seite 9 Arbeit Dezentrales Logo optional Das Nutzenmaximierungsproblem • Der Haushalt maximiert seinen erwarteten, abdiskontierten Lebenszeitnutzen: , • max , , , , unter Berücksichtigung seiner Budgetrestriktion: 1 Seite 10 Erwartungsoperator Diskontierungsfaktor (Zeitpräferenzrate) Preisniveau in Periode Wertpapierhaltung in Periode Nominalzins in Periode Lohnsatz in Periode Arbeitsangebot in Periode Steuern Transfers in Periode Dezentrales Logo optional Das Nutzenmaximierungsproblem • Bezüglich der Budgetrestriktion... 1 ... gilt die Bedingung lim → • ∏ 1 1 0 Der Gegenwartswert des Vermögens in der „letzten“ Periode, Seite 11 darf nicht negativ werden, da sich der Haushalt sonst unendlich verschulden könnte sollte nicht positiv sein, da der Haushalt ansonsten auf möglichen Konsum verzichtet Dezentrales Logo optional Dynamische Optimierung • Das dynamische Optimierungsproblem: , max . . • , , , , 1 kann mit der Lagrangefunktion gelöst werden , , 1 Seite 12 Lagrange‐Parameter Dezentrales Logo optional Dynamische Optimierung • Es ergeben sich fünf Bedingungen erster Ordnung: , 0 (1) , 0 (2) 0 , 1 1 Seite 13 0 (3) (4) 0 (5) Dezentrales Logo optional Die Euler‐Gleichung • • Aus den Gleichungen (1) und (4): , (1‘) 1 (4‘) ergibt sich folgender Zusammenhang , , 1 wobei 1 1 → Euler‐Gleichung! • Die Euler‐Gleichung beschreibt die intertemporale Allokation von Konsum Seite 14 Dezentrales Logo optional Die Euler‐Gleichung • unter Berücksichtigung der spezifischen Nutzenfunktion 1 • 1 in log‐linearizierter Form ̂ ̂ ̂ ̂ 1 ̂ Periode prozentuale Abweichung von Konsum von seinem Steady State Periode prozentuale Abweichung vom Nominalzins von seinem Steady State Periode prozentuale Abweichung von Inflation von seinem Steady State • Dynamische IS‐Kurve! Seite 15 Gegenwärtiger Konsum ist negativ vom Realzins abhängig! Steigt der Realzins, lohnt es sich, auf Konsum heute für erhöhten Konsum morgen zu verzichten u.u.! Dezentrales Logo optional Geldnachfrage • Die Geldnachfrage lässt sich aus (1), (3) und (4) ableiten: , (1‘) 0 , (4‘) 1 • hieraus ergibt sich: 1 , , Seite 16 (3‘) 1 Dezentrales Logo optional Geldnachfrage • unter Berücksichtigung der spezifischen Nutzenfunktion 1 • in log‐linearizierter Form ̂ 1 ̂ ̂ • LM‐Kurve! Seite 17 Die Geldnachfrage ist negativ vom Nominalzins abhängig! Die Geldnachfrage ist positiv vom Konsum/Einkommen abhängig Dezentrales Logo optional Arbeitsangebot • Das Arbeitsangebot lässt sich aus (1) und (2) ableiten: , (1‘) (2‘) , • hieraus ergibt sich: , , • unter Berücksichtigung der spezifischen Nutzenfunktion: • in log‐linearizierter Form 1 Seite 18 ̂ ̂ Dezentrales Logo optional Das optimale Konsumbündel • Da monopolistischer Wettbewerb herrscht sind Güter imperfekte Substitute! • Der Haushalt konsumiert ein Güterbündel bestehend aus alternative Produkten. • Das Konsumbündel wird beschrieben durch: • Die Kosten für dieses Bündel entsprechen: Seite 19 Substitutionselastizität zwischen den Güteralternativen Nachfrage nach Gut Preis von Gut Dezentrales Logo optional Das optimale Konsumbündel • Der Haushalt minimiert die Kosten eines bestimmten Bündels min . . • Die optimale Nachfrage nach Gut ... • ... ist negativ vom Preis des Gutes und positiv von der Gesamtnachfrage abhängig. Seite 20 Dezentrales Logo optional Die Angebotsseite • Profitmaximierende Unternehmen • Unendliche Lebensdauer • Monopolistische Wettbewerber → gewisse Preissetzungsmacht • Fragen Arbeit auf einem perfekten Arbeitsmarkt nach • Bieten Güter auf einem monopolistisch, kompetitiven Gütermarkt an. Seite 21 Dezentrales Logo optional Das profitmaximierende Unternehmen mit flexiblen Preisen • Unternehmen stehen im monopolistischen Wettbewerb Sie produzieren „differenzierte Güter“ (z.B. Softdrinks, Kinofilme, etc.) Aus der Differenzierung ergibt sich eine gewisse Preissetzungsmacht Die Nachfragefunktion verläuft fallend im Preis (vgl. Folie 19) Preis ist ein Aufschlag auf die Grenzkosten! Nachfragekurve von Marginaler Erlös von Effizienzverlust durch Seite 22 Dezentrales Logo optional Das profitmaximierende Unternehmen mit flexiblen Preisen • Mathematischer Beweis: max Π i → Π i 0 1 → • es gelten: → • Der Preis ist ein Aufschlag Seite 23 und 1 über die marginalen Kosten! Dezentrales Logo optional Das profitmaximierende Unternehmen mit flexiblen Preisen • bei flexiblen Preisen gilt also: 1 • Je einzigartiger ein Gut (kleines ), desto... größer ist der Preisaufschlag auf die marginalen Kosten größer ist der Wohlfahrtsverlust durch die Monopolmacht • Für perfekte Substitute ( → ∞) gilt, dass der Preis den marginalen Kosten entspricht. • Da der Aufschlag auf die marginalen Kosten von der Geldpolitik unabhängig ist, ... wird jede Änderung der marginalen Kosten zu Preiserhöhungen führen ist Geldpolitik neutral! Seite 24 Dezentrales Logo optional Das profitmaximierende Unternehmen mit rigiden Preisen • Die gängigsten Ansätze sind • Stochastische gestaffelte Verträge (Calvo) in einer beliebigen Periode kann eine Firma mit Wahrscheinlichkeit 1 passen. ihre Preise an‐ Deterministische gestaffelte Verträge (Taylor) Firmen können ihre Verträge alle Perioden anpassen, z.B. jährlich. Anpassungs‐ oder Menükostenmodelle (Rotemberg, Mankiw) Firmen können ihre Preise beliebig anpassen, jede Anpassung kostet jedoch Ressourcen. „Sticky Information“ (Mankiw und Reis) in einer beliebigen Periode bekommt eine Firma mit Wahrscheinlichkeit 1 mationen, welche für die Preissetzung relevant sind. neue Infor‐ Alle Ansätze führe dazu, dass im Falle eines Schocks immer nur ein Teil aller Firmen ihre Preise anpasst. Die Inflation reagiert somit verzögert und Geldpolitik ist somit kurzfristig wirksam! Seite 25 Dezentrales Logo optional Das profitmaximierende Unternehmen mit rigiden Preisen • z.B. Calvo Staggered Contracts: ∗ max ∗ ∗ . . • Die Bedingung erster Ordnung kann wie folgt ausgedrückt werden ∗ • ∑ 1 ∑ Der Preis ist ein Aufschlag über die erwarteten zukünftigen marginalen Kosten! Seite 26 Dezentrales Logo optional Das profitmaximierende Unternehmen mit rigiden Preisen • Erwarten Unternehmen steigende Preise und Löhne in der Zukunft, werden sie bereits heute ihre Preise anpassen, da sie es in der Zukunft vielleicht nicht können. • Sie halten somit den erwarteten Abstand zwischen heutigen Preis und zukünftig optimalen Preis gering. • Erwartungen haben somit einen erheblichen Einfluss auf Inflation! Seite 27 Dezentrales Logo optional Der aggregierte Preisindex • In jeder Periode setzen nur einige Firmen (Anteil • Da Unternehmen symmetrisch sind, setzen alle Firmen denselben Preis, d.h. ∗ • ) ihren Preis neu. ∗ Der aggregierte Preisindex folgt somit dem dynamischen Bewegungsgesetz 1 Seite 28 ∗ Dezentrales Logo optional Der aggregierte Preisindex und Inflationsdynamik • Unter Berücksichtigung von ∗ ergibt sich folgender log‐linearisierter Zusammenhang mit 1 1 Outputlücke Parameter der reduzierten Form der Phillipskurve • Dies ist die Neukeynesianische Phillipskurve! • Im Unterschied zur traditionellen Phillipskurve, ist sie „vorwärtsschauend“ • In der traditionelle Phillipskurve haben wir häufig angenommen Seite 29 Dezentrales Logo optional Eigenschaften der Neukeynsianischen Phillipskurve • Preise sind nicht vollkommen flexibel, aber Inflation reagiert unmittelbar auf Schocks • Bei positiven Schocks... erhöhen (erlaubte) Firmen ihre Preise stärker als bei flexiblem Preisen reagiert Inflation somit am stärksten unmittelbar nach dem Schock • Eine für die Zukunft angekündigte Politikänderungen führt unmittelbar nach der Ankündigung zu realen Effekten. • Beispiel: Ankündigung einer Disinflation: Die Zentralbank kündigt an, das Geldmengenwachstum in 2 Jahren 2 senken zu wollen Unternehmen werden ihre Preise heute schon senken, da sie mit positiver Wahrschein‐ lichkeit ihre Preise in den nächsten zwei Jahren keine Preisänderung vornehmen können. Ankündigung: ∆ ∆ Effekt: ↓→ Seite 30 ∆ ↓→ ↑→ ↓→ ↑ Dezentrales Logo optional Allgemeines Gleichgewicht • Märkte sind stets geräumt ̂ • Die Output‐Lücke ist definiert als • Die Euler‐Gleichung wird somit zu 1 Seite 31 ̂ Stochastischer Produktivitätsschock Dezentrales Logo optional Modell • Euler‐Gleichung: • Neukeynesianische Phillipskurve: • Realzins: 1 ̂ ̂ • ̂ Geldnachfrage: ̂ 1 ̂ ̂ • Produktivitätsschock: • Um das Modell zu schließen, muss noch die Geldpolitik modelliert werden! Seite 32 Dezentrales Logo optional