Kleines Lexikon der Epileptologie von Günter Krämer 1. Auflage Thieme 2005 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 13 133831 0 Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG A 1 A AB-Variante Gangliosidose mit fehlendem GM2-Aktivierungsfaktor Abasie nach griechisch a- = nicht, basis = Gang; Gehunfähigkeit oder Gehstörung bei Paresen oder Störungen der Bewegungskoordination, häufig mit einer Unfähigkeit zu stehen (Astasie) kombiniert; meist durch Erkrankungen des Nervensystems, kann aber auch psychisch bedingt sein Abbruchkriterium Bedingung, die zur vorzeitigen Beendigung einer Studie führt; bei einem neuen Antiepileptikum z. B. Anfallshäufung oder Status epilepticus Abbruchrate bei Studien: Anteil der Teilnehmer, die die Studie mit z. B. Einnahme eines neuen Antiepileptikums wegen nicht ausreichender Wirksamkeit oder Verträglichkeit vorzeitig abbrechen; andere Bezeichnung: Dropout-Rate abdominale Aura/abdominelle Aura schon im 18. Jahrhundert bekannte Aura mit abdominellen Beschwerden; bei über die Speiseröhre zum Hals aufsteigenden Beschwerden handelt es sich meist um eine epigastrische Aura (siehe auch dort) zu Beginn eines fokalen epileptischen Anfalls mit manchmal sekundärer Generalisierung abdominelle Epilepsia partialis continua seltene Form einer Epilepsia partialis continua mit nur die Muskulatur der Bauchwand betreffenden Kloni abdominelle Epilepsie missverständliche, schon in der Antike bzw. im 17. Jahrhundert beschriebene, meist bei Kindern auftretende Epilepsie mit fokalen Anfällen mit oder ohne Bewusstseinsstörung und im Vordergrund stehenden abdominellen Symptomen inkl. Brechreiz und Erbrechen, daneben auch für Essepilepsie gebraucht; andere Bezeichnungen: Epilepsia abdominalis, Epilepsieäquivalent, gastrische Epilepsie, (gastro-) intestinale maskierte Epilepsie, MooreSyndrom, viszerale Epilepsie Tissot SA. Abhandlung von der Epilepsie oder fallenden Sucht (1770, deutsch 1771): ¹Der gewöhnliche Sitz der sympathischen Epilepsien der ersten Classe, ist der Magen. Wenn man sich desjenigen erinnert, was ich ¼ von den Nerven und ihren Krankheiten ¼ gesagt habe, dass nehmlich der Magen eines von denen Eingeweiden ist, welches deren am meisten besitzet ¼, so wird man leicht begreifen, auf was vor Art die Reizung des Ma- gens eine Epilepsie hervorbringe; und wenn man bedenket, wie viele Ursachen denselben zu reizen vermögend seyn, so wird man sich darüber gar nicht verwundern, dass die Epilepsien so oft von dieser Ursache herrühren.ª abdomineller Anfall missverständliche Bezeichnung für meist bei Kindern auftretendem fokalen Anfall mit abdominellen Symptomen (unangenehme Empfindungen wie Blähungen, Brechreiz, Diarrhö, Druckgefühl, Kolik, sonstige Schmerzen, Übelkeitsgefühl oder Würgen) in Verbindung mit Bewusstseinsstörungen und epilepsietypischen Potenzialen im EEG; häufiger bei Kindern als bei Erwachsenen; bleibt auf die Magengegend beschränkt und kommt meist bei temporalem Anfallsursprung vor, selten bei frontalem; andere Bezeichnungen: gastrointestinaler Anfall, intestinaler Anfall, konvulsives ¾quivalent, viszeraler Anfall Aberglauben lange Zeit in Bezug auf Epilepsien weit verbreitet, sowohl bei den Vorstellungen zur ¾tiologie als auch Therapie; siehe auch Geheimmittel, Scharlatanerie aberrant von der normalen Form, dem normalen Verlauf oder der normalen Zahl abweichend Aberration ¹Abirrungª, Abweichung von der normalen Form, dem normalen Verlauf oder der normalen Zahl; z. B. chromosomale Aberration, Chromosomenaberration Abflachung im EEG bei Epilepsie: fokale (oder allgemeine) Abnahme der Amplitude der dominanten Aktivität, oft kurz vor bzw. zu Beginn eines epileptischen Anfalls oder auch in der ersten Zeit nach einem generalisierten tonischklonischen (Grand-mal-) Anfall; andere Bezeichnung: Kurvendepression Abhängigkeit körperliche oder psychische Gewöhnung, z. B. an die Einnahme von Alkohol oder eines Medikaments mit dem Bedürfnis nach weiterer Zufuhr; kann bei Antiepileptika besonders bei Benzodiazepinen und Barbituraten vorkommen Abhängigkeitspotenzial Wahrscheinlichkeit, dass sich unter Einnahme einer Substanz eine körperliche oder psychische Gewöhnung einstellt; andere Bezeichnungen: Missbrauchspotenzial, Suchtpotenzial; ist unter der Einnahme von Antiepileptika zur Epilepsietherapie allenfalls selten zu beobachten Ableiteelektrode Elektrode in der Nähe einer Spannungsquelle zur Aufzeichnung elektrischer Aktivität, mit dem Minuseingang eines Verstärkers verbunden und zu einem Ausschlag nach oben führend; es erfolgt eine Messung im Vergleich zur weiter entfernt liegenden Referenzelektrode; frühere Bezeichnung: aktive Elektrode Ableiteschema beim EEG: Vorgabe für die Platzierung der Elektroden (TenTwenty-System/Zehn-Zwanzig-System) und deren Verbindung; z. B. bipolare Ableitung, Doppelbanane, Längsreihen, monopolare Ableitung, Querreihen, Referenzableitung Ableitung 1. Erfassen, Messen und Aufzeichnen von bioelektrischen Potenzialen mit Elektroden, z. B. beim EEG, EKG oder von anderen biophysikalischen Signalen mit speziellen Messfühlern; z. B. Atmung, Augenbewegungen oder Körpertemperatur; 2. Elektrodenpaar zur Aufzeichnung in einer bestimmten Region, z. B. temporale Ableitung; 3. Endergebnis des Mess- und Aufzeichnungsprozesses; andere Bezeichnung beim EEG: EEG-Kurve Abort Fehlgeburt, vorzeitig geborener Fetus, unabhängig davon, ob spontan oder induziert; Spontanaborte (bis zur 20. Schwangerschaftswoche) sind nach älteren Studien bei Frauen mit Epilepsie nicht häufiger als in der Normalbevölkerung bzw. als für Frauen von Männern mit Epilepsie; neuere Studien zeigten jedoch sowohl ein erhöhtes Abortrisiko bei Frauen von Männern mit vor dem 10. Lebensjahr aufgetretener Epilepsie als auch bei Frauen mit vor dem 20. Lebensjahr aufgetretener fokaler Epilepsie und positiver Familienanamnese Abortivanfall/abortiver Anfall bis ins 20. Jahrhundert übliche Bezeichnung für nicht voll ausgeprägten, generalisierten tonisch-klonischen (Grand mal-) Anfall, bzw. für fokalen Anfall ohne oder mit Bewusstseinsstörung mit nur umschriebenen motorischen Symptomen oder auch Absence Abschlussrate bei Studien: Anteil der Teilnehmer, die die Studie mit z. B. Einnahme eines neuen Antiepileptikums bis zum vorgesehenen Ende wie vorgesehen durchgeführt und beendet haben; andere Bezeichnung: Beenderrate, Retentionsrate Abschnitt beim EEG: ein in seiner Dauer willkürlich festgelegter Abschnitt des EEG-Verlaufs. Beispiel: Spektralanalysen über Zeitabschnitte von 10 s Abschwächung beim EEG: 1. Amplitudenreduktion der Aktivität; kann vorübergehend als Folge von Krämer, Kleines Lexikon der Epileptologie (ISBN 3131338318), 2005 Georg Thieme Verlag KG A Absence 2 physiologischen oder anderen Reizen auftreten, z. B. elektrischer Stimulation des Kortex, oder aufgrund pathologischer Prozesse (siehe auch Blockierung); 2. Verminderung der Eingangsempfindlichkeit der EEG-Kanäle, d. h. Verminderung der Ausgangssignale durch reduzierte Verstärkung oder ¾nderungen der Hoch- und Tiefpassfilter Absence französisch: Abwesenheit (lateinisch = absentia); in der medizinischen Literatur wahrscheinlich erstmals in der babylonischen Medizin beschrieben; später ausführlicher erstmals 1824 durch die Dissertation des französischen Psychiaters L. F. Calmeil eingeführte Bezeichnung epileptischer Anfälle, die vorher u. a. schon 1705 von Poupart und 1770 von S. A. Tissot beschrieben worden waren; gute Beschreibung u. a. auch 1890 durch C. FØre; insgesamt folgende Charakteristika: 1. vorwiegend bei Kindern und Jugendlichen vorkommender, kurz dauernder (höchstens 30, meist 5 ± 10 s), oft mehrfach am Tag auftretender und durch Müdigkeit oder Hyperventilation aktivierbarer generalisierter ¹kleinerª epileptischer Anfall, dessen einziges (= selten) oder hauptsächliches (= meistens) Symptom in einer plötzlich einsetzenden und ebenso plötzlich endenden, nicht notwendigerweise vollständigen Bewusstseinsunterbrechung (¹Abwesenheitª) mit nachfolgender Amnesie besteht, oft begleitet von Verdrehen der Augen, Blinzeln, Lidflattern, anderen leichten Muskelzuckungen, Lippen- oder Kaubewegungen; im EEG i. d. R. generalisierte Spike-wave-Aktivität; frühere, missverständliche, weil auch andere Anfallsformen einschlieûende Bezeichnung: Petit-mal-Anfall; es werden folgende Formen unterschieden (in alphabetischer Reihenfolge): ± Absence mit atonischer Komponente: relativ häufige Form (etwa 20 %, meist mit anderen Formen kombiniert), geht mit einer Abnahme des Muskeltonus einher, selten auch mit Stürzen (dabei handelt es sich meist um atypische Absencen), ± Absence mit Automatismen: Absence mit begleitenden Automatismen, ± Absence mit autonomer Komponente: Absence mit begleitenden autonomen Symptomen, ± Absence mit milder klonischer Komponente: sehr häufige Form (etwa 50 %), meist sind die Myoklonien (in Form eines 3/s-Augenblinzeln) auf die Augenlider begrenzt, gelegentlich findet sich auch eine Beteiligung der Kinnund Lippenmuskulatur, sehr selten auch der Muskulator des Kopfes, der Schultern oder der Arme, ± Absence mit tonischer Komponente: dabei betrifft eine Zunahme des Haltetonus meist die Extensoren; meist umschrieben die Muskulatur der Augen und des Kopfes betreffend, die nach oben rotiert werden (¹Hans-guck-indie-Luft-Anfallª), ± atonische Absence: Absence mit Absinken von Körperteilen durch Verringerung des Haltetonus, ± atypische Absence: Absence mit asymmetrisch-fokalen Merkmalen und hoher Inzidenz von Veränderungen des Haltetonus (was zu Stürzen führen kann); im Vergleich zu typischer Absence meist längere Dauer (> 30 s), eher ¹unscharferª Beginn und Ende, zusätzliche Bewegungsstörungen wie Myoklonien (myoklonische Absence), Hinstürzen (atonische oder tonische Absence) oder auch Automatismen (Absence mit Automatismen), ± blande Absence: Absence mit isolierter Bewusstseinsstörung ohne Begleitzeichen, ± einfache Absence: Absence mit isolierter Bewusstseinsstörung ohne Begleitzeichen, ± komplexe Absence: Absence mit über eine isolierte kurze Bewusstseinsstörung hinausgehenden Symptomen (z. B. Bewegungsautomatismen), ± myoklonische Absence: Absence mit rasch aufeinander folgenden, schweren bilateralen Myoklonien im Gesicht sowie manchmal auch an den Armen, ± typische Absence: Absence mit gewöhnlichem Ablauf, dazu gehören sowohl einfache oder ¹blandeª als auch ¹komplexeª Absencen; 2. Patienten sprechen häufig auch bei anderen Anfallsformen von Absencen, bei denen sie ¹abwesendª bzw. ohne Bewusstsein sind (i. d. R. fokale Anfälle mit Bewusstseinsverlust) Calmeil L. F. Dissertation (1824): ¹Die Absencen¼ bilden eine eigenartige Erscheinung, sind aber ganz harmlos¼ Die Sinne sind zwar wach, aber dennoch nicht in der Lage, Eindrücke aufzunehmen. Es ist eine Art Verzückung ¼ Ich glaube, dass die Absence nur ein abortiver Schwindel ist; nichts anders als die (eigentlichen) Schwindel, die ganz gut abortive groûe Krampfanfälle sein könnten.ª Absence-Grand-mal-Epilepsien der Präpubertät und Pubertät frühere Bezeichnung für juvenile Absencenepilepsie Absencenepilepsie Epilepsie nur oder vorwiegend mit Absencen; es gibt mehrere Formen von Absencenepilepsien, von denen die kindliche Absencenepilepsie (andere Bezeichnungen: Absencenepilepsie des Kindesalters, Absencenepilepsie des Schulalters, Friedmann-Syndrom, Pyknolepsie oder pyknoleptisches Petit mal) und die juvenile Absencenepilepsie (andere Bezeichnung: Adoleszenten-Absencenepilepsie) am häufigsten sind, daneben gibt es die frühkindliche Absencenepilepsie, die Epilepsie mit myoklonischen Absencen und seltene symptomatische Absencenepilepsien Absencenepilepsie des Kindesalters siehe kindliche Absencenepilepsie Absencenepilepsie des Vorschulalters siehe frühkindliche Absencenepilepsie Absencenepilepsie des Schulalters siehe kindliche Absencenepilepsie Absencenmuster/Absencen-Muster typisches epilepsietypisches Muster im EEG bei Absencen mit regelmäûig, dreimal pro Sekunde auftretender fester Verknüpfung jeweils aufeinander folgenden Spikes (= Spitzen) und Waves (= langsamen Wellen); zusammen: Spike-wave-Aktivität Absencenstatus/Absencen-Status erstmals 1861/62 (deutsch 1868) von dem französischen Internisten und Neurologen A. Trousseau beschriebene Aneinanderreihung, Häufung von Absencen mit Auftreten eines ¹lang dauernden epileptischen Zustandsª, manchmal mit zwischenzeitlichen kurzen Erholungsphasen (diskontinuierlicher Absencenstatus) unter dem Bild eines Dämmerzustands mit erschwerter Auffassung, Antriebslosigkeit und Apathie; kann auûer bei Kindern (z. B. 10 ± 15% bei kindlicher Absencenepilepsie) und Jugendlichen mit einer Absencenepilepsie bis ins hohe Lebensalter auch bei Menschen ohne bekannte Epilepsie (häufiger Frauen) auftreten, gelegentlich unmittelbar vor oder nach einem generalisierten tonischklonischen (Grand mal-) Anfall; eine sichere Diagnose ist nur im EEG möglich und intravenös verabreichte Benzodiazepine unterbrechen den Status meist rasch; andere Bezeichnungen: generalisierter nichtkonvulsiver Status, Petit-mal-Status, Spike-wave-Status, Spike-wave-Stupor Krämer, Kleines Lexikon der Epileptologie (ISBN 3131338318), 2005 Georg Thieme Verlag KG 3 Adams Absentia Geistesabwesenheit Absentia epileptica andere Bezeichnung für Absence Absenz 1. eingedeutschter Ausdruck für Absence (siehe dort); 2. von vielen Patienten benutzte Bezeichnung für Anfälle, bei denen sie ¹abwesendª bzw. ohne Bewusstsein sind (i. d. R. fokale Anfälle mit Bewusstseinsverlust) Absinthepilepsie/Absinth-Epilepsie in Frankreich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beschriebene Epilepsie mit Verursachung durch chronisches Trinken von Absinth; siehe auch Alkoholepilepsie absolute Bioverfügbarkeit Anteil der Dosis, der im Vergleich zur Gesamtdosis verfügbar wird; wird meist durch Vergleich der Bioverfügbarkeit bzw. AUC (area under the curve) eines Medikaments nach oraler und intravenöser Gabe bestimmt; i. d. R. wird von einem oral eingenommenen Medikament nicht die gesamte Menge des Wirkstoffs aus dem Magen-DarmKanal resorbiert und ein kleinerer Anteil mit dem Stuhl ausgeschieden, weshalb die absolute Bioverfügbarkeit oft in einem Bereich von 80 ± 95% liegt absolute Risikoreduktion (ARR) beobachtete oder berechnete Minderung der Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses (z. B. eines epileptischen Anfalls) in einer Studienpopulation (z. B. mit Einnahme eines neuen Antiepileptikums in der experimentellen oder VerumGruppe einer Studie im Vergleich zur Kontroll- oder Plazebogruppe); wird z. B. zur Berechnung der Zahl zu behandelnder Patienten (number needed to treat [NNT]) benutzt; siehe auch relative Risikoreduktion absoluter Effekt Auswirkung/Ergebnis einer Exposition (z. B. der Behandlung mit einem neuen Antiepileptikum); ausgedrückt als Unterschied zwischen Häufigkeiten, Anteilen, Mittelwerten etc. (z. B. von epileptischen Anfällen); siehe auch absolute Risikoreduktion und relativer Effekt absolutes Risiko (AR) beobachtete oder berechnete Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses (z. B. eines epileptischen Anfalls) in einer Studienpopulation (z. B. mit Einnahme eines neuen Antiepileptikums); siehe auch relatives Risiko absorbieren 1. aufsaugen, in sich aufnehmen (resorbieren); 2. gänzlich beanspruchen Absorption nach lateinisch absorbere = verschlingen; 1. von Materie: Art der Aufnahme eines Gases in einen flüssigen oder festen Stoff oder einer Flüssigkeit in einen festen Stoff; 2. von Strahlung: Schwächung beim Durchgang durch einen absorbierenden Körper Absorptionswerte Maû für die Absorption, z. B. von Röntgenstrahlen im Gewebe bei der Computertomographie (CT) Abulie Antriebs- und Initiativlosigkeit (M. Nordau 1892); meist begleitet von fehlender Spontaneität beim Denken, Handeln und Sprechen Ac-Elektrode EEG-Elektrode am kontralateralen Ohr (Ten-Twenty-System) Acetazolamid (AZM) INN: Acetazolamidum, N-(5-Sulfoamoyl-1,3,4-thiadiazol-2-yl)-acetamid, C4H6N4O3S2, Molekulargewicht 222,25; erstmals 1950 synthetisiertes Sulfonamidderivat mit Hemmwirkung auf das Enzym Carboanhydrase (Kohlensäureanhydrase); wirkt u. a. flüssigkeitsausscheidend und bewirkt eine Azidose (womit in Analogie zur ketogenen Diät sein Einsatz als Antiepileptikum begründet wurde); manchmal zur antiepileptischen Begleitbehandlung z. B. bei progressiver Myoklonusepilepsie oder Epilepsien mit perimenstrueller Anfallshäufung (katameniale Epilepsie) eingesetzt, gelegentlich auch zur Monotherapie empfohlen Aceton aromatisch riechendes Lösungsmittel; andere Schreibweise: Azeton Acetyl-Coenzym A (Acetyl-CoA) Wirkform des Vitamins Pantothensäure; biochemische Funktion: Übertragung von Acylgruppen; besitzt eine Schlüsselstellung im Metabolismus, verbindet Fettstoffwechsel, Glykolyse und Zitratzyklus; andere Bezeichnung: Coenzym A Acetylcholin (Ach/ACh) biogenes Amin, 1867 erstmals synthetisiert; einer der wichtigsten Neurotransmitter im ZNS, im autonomen Nervensystem und an den neuromuskulären Synapsen; wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts versuchsweise auch zur Epilepsiebehandlung eingesetzt Acetylcholinrezeptor (AchR/AChR) Rezeptor für Acetylcholin; zweiHauptformen: muskarinischer sowie nikotinischer Acetylcholinrezeptor (mAChR bzw. nAChR); eine Mutation des nAChR spielt sowohl bei der autosomal-dominanten nächtlichen Frontallappenepilepsie (ADNFLE; Alpha-4- oder Beta-2Untereinheit) als auch bei der RolandoEpilepsie (Alpha-7-Untereinheit) oder epileptischen Fieberanfällen (Fieberkrämpfen) eine Rolle Achromatopsie Farbenblindheit, Sehen ohne Farbwahrnehmung; kommt an- geboren aufgrund unterschiedlicher Schädigung der Zäpfchen (mit völligem oder teilweisem Ausfall des Farbensehens) sowie z. B. bei einer Schädigung des parieto-okzipitalen Kortex vor (betrifft dann meist nur eine Seite oder einen Quadranten des Gesichtsfelds) Achse 1. eine der Dimensionen einer Abbildung (eine zweidimensionale Abbildung hat zwei Achsen, die horizontale X-Achse und vertikale YAchse; 2. in der Nosologie von Krankheiten der gedankliche Rahmen z. B. bezüglich ¾tiologie, Topographie oder psychosozialer Auswirkungen Achsenzylinder siehe Axon Acidose siehe Azidose Acrisuxin Handelsname einer in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts vorübergehend als Antiepileptikum verfügbaren fixen Kombination von Ethosuximid und Mepacrin; nachdem erstmals 1952 in Südamerika zufällig eine ¹Petit-mal-Epilepsieª mit dem Malariamittel Mepacrin (einem Akridinderivat) behandelt worden war und gut angesprochen hatte, erfolgten bald systematische Behandlungsversuche; Ende der 50er-Jahre wurde von L. Sorel die fixe Kombination von Mepacrin mit Ethosuximid tierexperimentell sowie klinisch erprobt ACTH-Kur vorübergehende (¹kurmäûigeª) Gabe von adrenokortikotropem Hormon (Kurzbezeichnung: Kortikotropin) z. B. bei West-Syndrom Adams, Raymond D(elacy) amerikanischer Neurologe und Neuropathologe (*13. 2.1911); nach Studium der Psychologie und Medizin an der Duke University Facharztausbildung (Neurologie und Psychiatrie) in Boston; ab 1951 Leiter der Neurologie am Massachusetts General Hospital; seit 1978 emeritierter Professor für Neuropathologie an der Harvard Medical School und für Neurologie am Massachusetts General Hospital (MGH) in Boston; beschrieb u. a. 1949 erstmals (gemeinsam mit J. M. Foley) den negativen Myoklonus, prägte 1953 die Bezeichnung Asterixis und 1963 beschrieb sein Kollege J. W. Lance gemeinsam mit ihm das später nach ihnen beiden benannte Syndrom; auûerdem (bis zur 6. Auflage) Mitautor eines weltweit erfolgreichen Neurologielehrbuchs Adams, Robert A. irischer Arzt und Chirurg (zirka 1793 ± 13. [16.?] 1.1875); nach seiner Publikation von 1827 (sowie nach W. Stokes und G. B. Morgagni) ist u. a. das gleichnamige Syndrom benannt Krämer, Kleines Lexikon der Epileptologie (ISBN 3131338318), 2005 Georg Thieme Verlag KG A A Adams-Stokes(-Morgagni)-Anfall/Adams-Stokes-Syndrom Adams-Stokes(-Morgagni)-Anfall/AdamsStokes-Syndrom nach den drei gleichnamigen irischen (R. Adams [1827] und W. Stokes [1846]) sowie italienischen (G. B. Morgagni) benannte Herz-Kreislauf-Störung ohne Beziehung zur Epilepsie mit kurz dauernder, durch Herzrhythmusstörungen oder Herzstillstand ausgelöster Bewusstlosigkeit infolge zerebraler Ischämie Adams-Victor-Mancall-Syndrom andere Bezeichnung für die zentrale pontine Myelinolyse bzw. osmotische Demyelinisierung nach den drei gleichnamigen erstbeschreibenden amerikanischen Neurologen Add-on-Studie Studie zur Wirksamkeit oder Verträglichkeit eines (meist neuen) Medikaments als Zugabe zu einer (zunächst) unverändert beibehaltenen bisherigen Basismedikation; oft im Vergleich zu Plazebo Add-on-Therapie englisch: to add on = hinzugeben; zusätzliche Gabe eines Medikaments zu einer (zunächst) unverändert beibehaltenen Basismedikation; bei Epilepsie: Hinzugabe eines zweiten (oder dritten etc.) Antiepileptikums bei Fortführung der bisherigen Behandlung; siehe auch Bitherapie, Kombinationstherapie, Polytherapie additiv medikamentöse oder sonstige Wechselwirkung, bei der der Effekt eines Faktors auf die untersuchte Variable oder Zielgröûe durch die Gegenwart eines anderen Faktors so verstärkt wird, dass das Ergebnis der Summe der Einzeleffekte entspricht; siehe auch infraadditiv und supraadditiv (synergistisch) Adenin (A) Purinbase, die gemeinsam mit Guanin (G) in Desoxyribonukleinsäure (DNS) und Ribonukleinsäure (RNS) Basenpaare bildet Adenoma sebaceum frühere Bezeichnung für Veränderungen der Gesichtshaut mit rötlich-braunen, stecknadelkopfgroûen, glatt-glänzenden Knötchen bei Tuberöse-Sklerose-Komplex (P. F. O. Rayer, französischer Dermatologe, 1826); heutige Bezeichnung: Angiofibrom Adenosin nach griechisch aden = Drüse; Purinnukleosid, das aus der Purinbase Adenin und b-D-Ribose aufgebaut ist; u. a. Baustein von Ribonukleinsäuren (RNS) sowie von Coenzymen; spielt im Nervensystem eine Rolle als Neuromodulator (im Gegensatz zu ATP kein Neurotransmitter) und hat eine antiepileptische Wirkung, die aber wegen starker Kreislaufeffekte nach oraler Gabe beim Menschen nicht nutzbar ist; wird aus Nervenzellen freigesetzt, wenn der Energiebedarf der Neurone die Energieversorgung übersteigt Adenosinmonophosphat (AMP) niedermolekulare chemische Verbindung aus der Purinbase Adenin, Ribose und einem Phosphat Adenosintriphosphat (ATP) niedermolekulare chemische Verbindung aus der Purinbase Adenin, Ribose und drei linear aneinander gereihten Phosphaten; die Bindungen des zweiten bzw. dritten Phosphats sind sehr energiereich und leicht aufzuspalten; wichtigste energiereiche Verbindung des Zellstoffwechsels, hat als temporärer Speicher chemischer Energie eine universelle biologische Bedeutung im intrazellulären Energiestoffwechsel; einer der Nukleotidbausteine für die Synthese von makromolekularen Nukleinsäuren, der Desoxyribonukleinsäuren (DNS) und Ribonukleinsäuren (RNS); fungiert jedoch nicht nur als Energieträger, sondern ist auch Neurotransmitter im Gehirn sowie im Sympathikus und Parasympathikus Adenosintriphosphatase (ATPase) Enzym, welches die Umwandlung von Adenosintriphosphat (ATP) in Adenosindiphosphat (ADP) und Phosphat katalysiert, wobei chemische Energie freigesetzt wird und z. B. den Trans+ + port von Na - oder K -Ionen durch Nervenmembranen ermöglicht Aderlass seit der Antike und noch bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts übliche Behandlungsmethode u. a. auch bei Epilepsie Lorry AC. Von der Melancholie und den melancholischen Krankheiten. Zweyter Band (1770): ¹Es gibt keine Art der melancholischen Zufälle, die der Aderlass so leicht vertrüge, ja dieselbe so angelegentlich erforderte. Ist also der Paroxysmus heftig, so wird es erlaubt seyn, in demselben nach Art einer hitzigen Krankheit eine Ader zu schlagen.ª adiposogenitale Dystrophie siehe Fröhlich-Syndrom Adipsie nach lateinisch a = ohne, dipsia = Durst; Fehlen von Durst und Trinken Adjuvans 1. Arzneimittel, das die Wirkung eines anderen Heilmittels unterstützt; unterstützend eingesetztes Mittel; Stoff oder Arzneimittel, das die Wirkung eines anderen verstärkt; 2. Substanz, die bei gemeinsamer Applikation (Injektion) mit einem Antigen die Antwort des Immunsystems unspezifisch verstärkt (z. B. erhöhte Bildung von Antikörpern) bzw. die Art der Immunantwort verändert adjuvante Therapie unterstützende, verstärkende Behandlung; auch Bezeichnung für manche Verfahren der 4 ¹alternativenª oder besser komplementären Therapie, die z. B. bei einer Epilepsie ergänzend sinnvoll sein können Adoleszenten-Absencenepilepsie (AAE) in der Adoleszenz auftretende Absencenepilepsie; übliche Bezeichnung: juvenile Absencenepilepsie (JAE, siehe dort) Adoleszenz Jugendalter; Zeitraum zwischen Pubertät und Erwachsenwerden, etwa zwischen dem 11. und 21. Lebensjahr; siehe auch Frühadoleszenz, mittlere Adoleszenz, Spätadoleszenz Adrenalin 1901 durch den japanischen Chemiker J. Takamine so benanntes, bei Stress freigesetztes Hormon des Nebennierenmarks; bewirkt unter anderem eine erhöhte Aufmerksamkeit und Belastbarkeit einschlieûlich einer Zunahme der Muskelkraft sowie eine erstmals 1894 beschriebene Blutdruckerhöhung; auf die Möglichkeit einer Wirkung als Transmitter im sympathischen Nervensystem wurde erstmals 1904 von T. R. Elliot hingewiesen Adrenarche Beginn vermehrter Androgenproduktion in der Nebennierenrinde (NNR) während der Pubertät mit Wachstum der Achsel- und Schambehaarung; bei Mädchen fast ausschlieûlich durch die relativ schwachen NNR-Androgene, bei Jungen vorwiegend durch die testikulären Androgene bedingt adrenerg nach lateinisch ad = zu, renes = Nieren, griechisch ergon = Werk: 1. die neuronale (adrenerge Fasern) und hormonale Steuerung der Organe durch Adrenalin betreffend; 2. das sympathische Nervensystem (Sympathikus) betreffend; pharmakologisch schlieût der Begriff die Wirkung von Noradrenalin ein adrenerge Fasern Nervenfasern, deren Neurotransmitter Adrenalin bzw. Noradrenalin ist; dazu zählen beim Menschen mehrheitlich die Fasern des sympathischen Anteils (Sympathikus) des vegetativen Nervensystems adrenerge Rezeptoren membranständige Rezeptoren für die Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin; vorwiegend postsynaptisch an den Zielorganen des sympathischen Nervensystems, aber auch präsynaptisch an noradrenergen und cholinergen (parasympathischen) Nervenendigungen sowie im Zentralnervensystem (vor allem Tegmentum, Brücke, verlängertes Mark); therapeutisch vor allem im peripheren Nervensystem von Bedeutung, weil über sie durch Agonisten (Sympathomimetika) und Antagonisten (Sympatholytika) Einfluss auf den Krämer, Kleines Lexikon der Epileptologie (ISBN 3131338318), 2005 Georg Thieme Verlag KG 5 affektive Epilepsie gesamten sympathischen Bereich des vegetativen Nervensystems genommen werden kann adrenogenitales Syndrom (AGS) Gruppe ätiologisch unterschiedlicher Erkrankungen mit vermehrter Bildung androgener Hormone in der Nebennierenrinde (kongenitale Hyperplasie der Nebennieren, kongenitale Lipoidhyperplasie der Nebennieren, feminisierende Nebennierentumoren, virilisierende Nebennierentumoren oder nichttumoröse Formen) adrenokortikotropes Hormon (ACTH) in der Hypophyse gebildetes und die Nebennierenrinde zur Bildung von Cortison anregendes Hormon; 1950 als Antiepileptikum eingeführt; kann z. B. zur Behandlung von epileptischen Spasmen (so genannten Blitz-Nick-Salaam[BNS]-Anfällen) bei Kleinkindern im Rahmen eines West-Syndroms (erster Bericht 1958) oder bei einem CSWSSyndrom eingesetzt werden; eine andere Möglichkeit besteht in der direkten Gabe von Kortikoiden; andere Bezeichnungen: Corticotropin, Kortikotropin, Tetracosactid Adrenoleukodystrophie (ALD) Gruppe vorwiegend x-chromosomal (daneben offenbar auch autosomal-rezessiv) vererbter Stoffwechselstörungen sehr langkettiger Fettsäuren, die am Gehirn zur Ablagerung von Fetten mit Störung der weiûen Substanz und an der Nebenniere zu einer Atrophie führen; häufig bedingt durch Nebenniereninsuffizienz, z. B. Addison-Krise bei fieberhaften Infekten; Symptome sind neben kognitiven Störungen bis hin zur Demenz auch andere neuropsychologische Störungen sowie Sehstörungen und Pigmentierungsauffälligkeiten besonders bei betroffenen Männern auch epileptische Anfälle, meist als fokale motorische Anfälle, oft mit sekundärer Generalisierung, auch eine Epilepsia partialis continua und initiale Status epileptici wurden beschrieben; typische EEG-Veränderungen bestehen in hochgespannter polymorpher Deltaaktivität und fehlender rascherer Aktivität über den hinteren Hirnabschnitten Adrian, Lord Edgar Douglas englischer Physiologe (30.11.1889 ± 4. 8.1977); beschrieb u. a. 1918 ausführlich die zuvor schon von seinem Lehrer K. Lucas (1879 ± 1916) entdeckte ¹Alles-oderNichts-Antwortª und erhielt 1932 (gemeinsam mit Sir C. S. Sherrington) den Nobelpreis für Medizin; erkannte früh die Bedeutung der erstmaligen Beschreibung des EEGs beim Menschen durch H. Berger (1828) und tat dessen Beobachtungen nicht wie viele andere als Artefakte ab Adsorption von selbst verlaufende, reversible Konzentrationsänderung zwischen zwei benachbarten Phasen; z. B. Anlagerung und Bindung von Gasen, Dämpfen oder in Flüssigkeiten gelösten Stoffen an der Oberfläche eines festen Stoffes AD-Umwandlung siehe Analog-DigitalUmwandlung Adversivanfall Wende- oder Drehanfall; fokaler epileptischer Anfall mit einer andauernden, zwanghaften (oft ¹unnatürlichenª) gleich gerichteten Wende- oder Drehbewegung von Augen, Kopf oder Körper zur Gegenseite der beteiligten Hemisphäre (meist mit Elevation des abduzierten und im Ellenbogengelenk gebeugten Armes) oder seitlicher Abweichung aus der Mittellinie bei zumindest anfänglich erhaltenem Bewusstsein, z. B. nach rechts bei einem von der linken Hirnhälfte ausgehenden Anfall; einleitende auditive, vestibuläre oder visuelle Auren deuten auf einen Anfallsursprung parietal, temporal bzw. okzipital hin, andere Bezeichnungen: supplementär-motorischer Anfall, kontraversiver Anfall (unüblich) Adversivbewegung Wende- oder Drehbewegung, z. B. von Augen, Kopf, Schulter, Rumpf oder Extremitäten zur Gegenseite einer kortikalen ¹Reizungª adversiver Anfall Anfall mit einer Adversivbewegung, siehe Adversivanfall Adversivfeld siehe frontales Adversivfeld A1-Elektrode EEG-Elektrode am linken Ohr (Ten-Twenty-System) A2-Elektrode EEG-Elektrode am rechten Ohr (Ten-Twenty-System) aerob Sauerstoff (ver)brauchend; die meisten Vorgänge in den Organen des Körpers benötigen für einen normalen Ablauf Sauerstoff Atios (von Amida) wichtiger Vertreter der byzantinischen Medizin (geb. zu Beginn des 6. Jahrh.) in der zweiten Hälfte des ersten nachchristlichen Jahrtausends, der sich in erster Linie auf Galen bezog; zur Diagnose empfahl er mehrere Mittel und Stoffe, die bei Menschen mit Epilepsie sofort einen Anfall provozieren würden: ¹Räuchern mit Erdharz (Bitumen), Gagatkohle (lapis gagates), Hirschhorn, Geruch und Essen der gebratenen Ziegenleberª; auch zur Behandlung empfahl er u. a. eine Aromatherapie mit starken Geruchsreizen afebriler Anfall ohne Fieber auftretender, nicht durch Fieber ausgelöster epileptischer Anfall afebriler Gelegenheitsanfall ohne Fieber auftretender, nicht durch Fieber ausgelöster epileptischer Gelegen- heitsanfall, z. B. im Rahmen einer akuten Hirnschädigung Affekt ¹Gefühlswallungª, beobachtbares Verhalten auf der Grundlage einer relativ kurz dauernden Erregung bzw. Gemütsbewegung, die sich z. B. durch den Gesichtsausdruck, die Stimmlage oder Wortwahl ausdrückt; im weiteren Sinn wird der Begriff auch allgemein für ¹Gefühlª oder ¹Stimmungª benutzt Affektanfall überwiegend bei Kleinkindern vorkommender psychogener nichtepileptischer Anfall; durch Stimmungsschwankungen (Trotz, Wut, Zorn) oder gefühlsmäûige Belastungen einschlieûlich Schmerz ausgelöst, mit durch Totraumventilation oder Atemstillstand ausgelöster zerebraler Hypoxie (respiratorischer Affektanfall); es werden zwei Formen unterschieden (siehe auch jeweils dort): 1. häufigere ¹blaueª (zyanotische) Affektanfälle; 2. seltenere ¹blasseª Affektanfälle; als Folge eines Sauerstoffmangels im Gehirn kann es zu tonischen Symptomen (bis zum Opisthotonus) oder auch kurzen klonischen Zuckungen kommen, was die Unterscheidung von einer Epilepsie zusätzlich erschweren kann; die spontan wieder einsetzende Atmung beendet den Anfall Affektepilepsie 1907 von dem deutschen Psychiater E. Bratz bzw. von E. Bratz und P. Leubuscher vorgeschlagene Bezeichnung für Epilepsie mit durch äuûere Anlässe wie z. B. Fieber, Alkoholexzesse oder ¹fortgesetzte psychische Erregungenª ausgelösten Anfällen (¹dass äuûere Anlässe den Kranken affizierenª [nicht im Sinn einer Auslösung durch Affekte]); vermeintlich eigenständige Epilepsieform oder auch Übergangsform zwischen Epilepsie und Hysterie; wurde Anfang des 20. Jahrhunderts auch (F. Bauer 1912) für respiratorische Affektanfälle von Kleinkindern benutzt; entspricht im heutigen Sprachgebrauch am ehesten rezidivierenden Gelegenheitsanfällen; andere Bezeichnung: affektive Epilepsie Affektinkontinenz fehlende Kontrolle von Affekten und Affektentäuûerungen; z. B. unangemessenes Lachen oder Weinen affektive Aura mit Störungen von Gefühlen oder der Stimmung einhergehende psychische (epileptische) Aura; Komponenten schlieûen Angst, Depression, Freude bzw. Glücksgefühl und (selten) Wut ein affektive Epilepsie siehe Affektepilepsie oder Krämer, Kleines Lexikon der Epileptologie (ISBN 3131338318), 2005 Georg Thieme Verlag KG A