Untersuchungen zur Regulation anaerob exprimierter Gene aus

Werbung
Diskussion
4 Diskussion
4.1 CRLUC stellt ein geeignetes Reportergensystem für die Promotoranalyse
anaerob induzierter Gene dar
Die Expression von heterologen Genen in Chlamydomonas reinhardtii stellt aufgrund des hohen
GC-Anteils des Kerngenoms und des damit verbundenen abweichenden Kodongebrauchs ein
bekanntes Problem dar (Fuhrmann et al., 1999). Um dieses Problem zu umgehen, wurde
vermehrt das Verfahren der Kodonoptimierung angewandt, um die Expression heterologer Gene
zu stabilisieren und zu verstärken. Für Lokalisationsstudien wurde z.B. das Gen des grün
fluoreszierenden Proteins GFP angepasst (Mayfield und Schultz, 2004) und erfolgreich in
Chlamydomonas exprimiert. In den letzten Jahren hat sich zusätzlich für Promotoranalysen die
Verwendung von kodonoptimierten biolumineszenten Reportergenen durchgesetzt. Mit Hilfe des
kodonoptimierten Luziferasegens CRLUC aus der Weichkoralle Renilla reniformis konnten etwa
Erkenntnisse über die tagesrhythmische Expressionsab- und zunahme bestimmter Gene
gewonnen werden (Kiaulehn et al., 2007).
Die Möglichkeit der quantitativen Bestimmung hängt nicht nur von einer zeitnahen und
ausreichend hohen Expression des Reportergens ab, sondern auch von der Stabilität des
kodierten Proteins. Eine zu hohe Stabilität und Akkumulation des aktiven Reporterproteins wäre
kontraproduktiv, da bei den gemessenen Aktivitäten nicht zwischen einer zurückliegenden und
einer momentanen Expression unterschieden werden kann, wie es für die Gaussia Luziferase der
Fall ist. Die Gaussia Luziferase wird aus der Zelle geschleust und reichert sich in aktiver Form
im Überstand an. Eine starke Expression des Gens und hohe Stabilität der Luziferase führt zu
einer bis zu 500 mal höheren Aktivität als für die Renilla Luziferase bekannt ist, so dass zwar
auch sehr schwache Promotoren untersucht werden können (Ruecker et al., 2008; Shao und
Bock, 2008) aber eine Quantifizierung nur schwer möglich ist.
In dieser Arbeit wurde zunächst auf das Reportergen ARS, welches für eine Arylsulfatase aus
C. reinhardtii kodiert, zurückgegriffen. Rekombinante Stämme mit einem FDX5-ARS Konstrukt
wurden unter artifiziellen anaeroben Bedingungen durch Begasung sowie durch Inkubation von
Kulturen auf Agarplatten in einem Anaerobzelt untersucht. Auf diesen Wegen konnte keine
76
Diskussion
Arylsulfataseaktivität nachgewiesen werden. Auch die Akkumulation des Fdx5-Proteins konnte
deutlich in schwefelmangelinduzierten Kulturen, nicht aber in stickstoffbegasten Kulturen
gezeigt werden (Jacobs, 2009; Jacobs et al., 2009), was auf eine schwächere Expression des
FDX5-Gens im letzteren Fall hinweist. Eine zu geringe Expression und Proteinakkumulation des
Reporterproteins könnte die FDX5-Promotoranalyse aus diesem Grunde in abgedunkelten,
anaerobisierten Zellen erschweren.
Es ist bekannt, dass die Expression anaerob induzierter Gene unter lichtinduzierten
Schwefelmangelbedingungen ohne Zusatz von beeinflussenden Chemikalien deutlich länger
aufrecht erhalten werden kann (Melis et al., 2000) und höhere Expressionslevel erzielt werden
können. Für die Analyse von Promotoren unter Schwefelmangelbedingungen ist das ARS-Gen
jedoch nicht zu verwenden. Das native ARS-Gen wird in C. reinhardtii exprimiert wenn die
Konzentration
an
Schwefel
einen
kritischen
Wert
unterschreitet,
um
alternative
Schwefelressourcen zugänglich zu machen (de Hostos et al., 1988).
Das Reportergen CRLUC erwies sich dagegen als brauchbares Reportergen für die Analyse der
Promotoren von FDX5 und HYD1 unter Schwefel- und Kupfermangel. In stickstoffbegasten
C. reinhardtii-Transformanten konnte jedoch nie aktive Luziferase nachgewiesen werden, was
wahrscheinlich auf die oben erwähnte geringere Expression unter diesen Bedingungen
zurückzuführen ist. Transkriptanalysen über PCR-Techniken lassen dennoch keinen Zweifel an
der Transkription von CRLUC unter anaeroben Bedingungen.
4.2 Die FDX5-Expression wird durch zwei besondere DNA-Motive (HyRE/
CuRE) reguliert
Für die FDX5-Expression ist eine starke Antwort auf Anaerobiose bekannt. Die Transkriptmenge
wird sowohl in dunkeladaptierten, stickstoffbegasten Zellen als auch in belichteten luftdicht
verschlossenen Schwefelmangelkulturen stark hochreguliert (Jacobs et al., 2009; Mus et al.,
2007;
Terauchi
et
al.,
2009).
Ebenfalls
konnte
eine
Transkriptakkumulation
in
kupfermangelinduzierten Kulturen nachgewiesen werden (Terauchi et al., 2009).
Allgemein wird angenommen, dass Gene mit einem ähnlichen Expressionsmuster auch
gemeinsame Motive im Promotor besitzen (Vilo et al., 2000). So konnten Untersuchungen an
77
Diskussion
den Wurzeln von Arabidopsis unter geringen Sauerstoffkonzentrationen zeigen, dass ähnliche
Motive in den regulatorischen Bereichen von Promotoren mit vergleichbarem Expressionsmuster
liegen (Klok et al., 2002).
Ein Expressionsmuster wie das von FDX5 sowohl unter Anaerobiose als auch unter
Kupfermangelbedingungen ist für mehrere Gene bekannt. Dabei scheint es unabhängig zu sein,
ob das Protein, für welches das Gen kodiert, eine Aufgabe im Kupfermetabolismus hat oder
unter anaeroben Bedingungen relevant für den Stoffwechsel von C. reinhardtii sein kann (Abb.
3-1, Tab. 4-1).
Gen
Protein
Funktion, Charakteristika
Referenz
CYC6
Cyctochrom c6
Elektronentransfer in der Photosynthese; Substituent
des kupferhaltigen Plastocyanins unter
Kupfermangelbedingungen
Merchant und
Bogorad, 1987
CTR1
Kupfertransporter
Kupferassimilation; konzentrationsabhängiger
Kupfertransporter in der Plasmamembran
Page et al., 2009
CRD1
Oxidative Cyclase
sauerstoffabhängige Bildung von Protochlorophyllid
(Tetrapyrrolbiosynthese); reziproke Expression zur
oxidativen Cyclase CTH1 unter kupferfeien oder
anaeroben Bedingungen
Eriksson et al., 2004;
Allen et al., 2008
CPX1
Coproporphyrinogen
III Oxidase
Tetrapyrrolbiosynthese; Expression unter anaeroben
und/ oder kupferfreien Bedingungen
Quinn et al., 1999
FDX5
Ferredoxin Fdx5
Elektronenüberträger mit unbekannter Aufgabe;
Expression unter anaeroben und/ oder kupferfreien
Bedingungen
Jacobs et al., 2009;
Terauchi et al., 2009
HYD1
Hydrogenase
Wasserstoffmetabolismus; hohe Sauerstoffsensibilität,
aktiv nur unter anaeroben Bedingungen
Happe und Kaminski,
2002; diese Arbeit
HYDEF
GTPase
Maturation von HydA1
Posewitz et al., 2004;
diese Arbeit
HYDG
Radikal- SAM-Protein
Maturation von HydA1
Posewitz et al., 2004;
diese Arbeit
Tab. 4-1: Übersicht über Gene, deren Expression unter anaeroben Bedingungen und Kupfermangel induziert
wird. Den aufgeführten Genprodukten kann zum Teil eine Aufgabe im Kupfermetabolismus (Cyc6, Ctr1) oder im
anaeroben Metabolismus (HydA1, HydEF, HydG) zugesprochen werden.
HYD1 kodiert für die Hydrogenase des Wasserstoffmetabolismus. Die Proteine, die durch
HYDEF und HYDG kodiert sind, spielen als Maturationsfaktoren der Hydrogenase eine Rolle.
Diese drei Gene sind daher in die Gruppe der anaerob und kupfermangelinduzierten Gene
einzuordnen, deren Produkte eine eindeutige Aufgabe im anaeroben Metabolismus einnehmen.
Anders sieht es für die folgenden Gene aus. Cytochrom c6 wird durch CYC6 kodiert und ersetzt
78
Diskussion
unter Kupfermangelbedingungen das photosynthetische kupferhaltige Plastocyanin (Merchant
und Bogorad, 1987). Es sorgt somit für die Aufrechterhaltung des Elektronentransports vom
Cytochrom b6f Komplex zum Photosystem I. Weitere regulierte Gene sind CRD1 und CPX1.
CRD1 kodiert für eine oxidative Cyclase, die ein reziprokes Expressionsmuster zu einer Isoform
der oxidativen Cyclase, Cth1, zeigt (Allen et al., 2008). CPX1 kodiert für eine
Coproporphyrinogen III Oxidase. Den Proteinen, für welche diese Gene kodieren, wird eine
Rolle bei der Tetrapyrrol- bzw. Chlorophyllbiosynthese zugesprochen (Hill und Merchant, 1995;
Moseley et al., 2000; Moseley et al., 2002; Quinn et al., 2002). Cpx1 ist an der Umsetzung von
Coproporphyrinogen III zu Protoporphyrinogen III beteiligt, Crd1 an der sauerstoffabhängigen
Bildung von Protochlorophyllid (Timko, 1998). Page et al. zeigten 2009, dass auch die Gene
CTR1, CTR2 und CTR3, welche für Kupfertransporter kodieren, unter Kupfer- und
Sauerstoffmangel exprimiert werden (Page et al., 2009).
Für die Gene CYC6, CTR1, CRD1 und CPX1 konnte bereits eine Gemeinsamkeit in der
Regulation der Transkription gezeigt werden. Alle Gene stehen unter der Kontrolle des
Transkriptionsfaktors Crr1 (copper response regulator 1). Crr1 besitzt eine SBP-Domäne
(SQUAMOSA promoter binding protein), welche an ein GTAC-Motiv der DNA binden kann
(Birkenbihl et al., 2005; Kropat et al., 2005) und die Transkription initiiert. Stromaufwärts der
Gene konnten ein bis mehrere dieser GTAC-Motive gefunden werden, die zumeist dicht
beieinander liegen. Über Reportergenanalysen konnte dieses Motiv als Kernelement eines
cis-agierenden Elements in Antwort auf Kupfermangel (CuRE – copper response element) bzw.
Sauerstoffmangel (HyRE hypoxia response element) identifiziert werden (Quinn et al., 2000;
Quinn et al., 2002).
Aufgrund der Parallelen im Expressionsmuster der genannten Gene zu FDX5 wurde die
stromaufwärts gelegene Region (-400 bis +1) von FDX5 auf diese Motive hin untersucht. Es
konnten vier Motive gefunden werden, die an Position -359, -116, -96 und -74 zum
Transkriptionsstartpunkt liegen. Mit Hilfe des luziferasekodierenden Gens CRLUC aus Renilla
reniformis als Reportergen (Fuhrmann et al., 2004) konnte die Region -146 bis +100 mit zwei
GTAC-Motiven als relevant für die Transkriptionsinitiierung unter Anaerobiose und
Kupfermangel eingegrenzt werden (CL24). Größere Sequenzabschnitte mit drei GTAC-Motiven
(CL27) oder auch vier GTAC-Motiven zeigten keine stärkere Aktivität des Reporterproteins,
wodurch auf keine weiteren positiven regulatorischen Elemente stromaufwärts geschlossen
werden konnte. Deletionen am 5'-Ende der Promotorregion unter Verlust eines weiteren GTAC79
Diskussion
Motivs (CL30) führten zum Verlust der Reportergenaktivität. Ebenso konnte keine
Reportergenaktivität nachgewiesen werden, wenn die GTAC-Motive mutiert wurden (CL31,
CL32 und CL36). Die Aktivität konnte auch nicht durch die Anwesenheit des distalen Motivs bei
mutiertem proximalen Motiv zurückgewonnen werden (CL41). Sowohl unter anaeroben
Bedingungen als auch unter Kupfermangel sind somit die beiden proximal gelegenen GTACMotive für eine Regulation der FDX5 Transkription notwendig und ausreichend (Abb. 4-1).
Dies könnte dafür sprechen, dass für die in vivo Expression des FDX5-Gens die Bindung zweier
Crr1-Proteine notwendig ist, während in vitro eine Crr1-SBP-Domäne an ein einzelnes
GTAC-Motiv bindet, wie in dieser Arbeit durch EMSA-Analysen gezeigt wurde.
mRNA
GTAC
Crr1
Crr1
GTAC
GTAC
TS
X X
GTAC
Crr1
Crr1
ATAC
ATAC
X
Crr1
ATAC
GTAC
Crr1
X
GTAC
ATAC
TS
Crr1
GTAC
TS
Crr1
GTAC
TS
Abb. 4-1: Schematische Darstellung der beteiligen Faktoren bei der FDX5 Transkription unter anaeroben
Bedingungen oder bei Kupfermangel. Stromaufwärts des Transkriptionsstartpunktes (TS) von FDX5 sind typische
GTAC-Motive zu finden. Die beiden proximal gelegenen Motive können als HyRE oder CuRE (grün) den
Transkriptionsfaktor Crr1 binden und die Transkription initiieren. Das distal gelegene Motiv (grau) ist nicht relevant
für die Transkription. Ein Basenaustausch innerhalb eines Motivs (G zu A, rot markiert) führt zum Verlust der
Crr1-Bindung und Transkription, dabei ist es unabhängig welches der beiden Motive mutiert wird. Crr1: copper
response regulator 1, TS: Transkriptionsstartpunkt
Proteine mit einer SBP-Domäne wurden als erstes in Antirrhinum majus als SQUAMOSA
Promotor bindendes Protein (SBP) identifiziert (Klein et al., 1996). Untersuchungen weiterer
Pflanzenspezies zeigten, dass diese Proteinfamilie ubiquitär in der Pflanzenwelt vertreten ist
80
Diskussion
(Guo et al., 2008; Yang et al., 2008), was für eine spezifische Aufgabe in der
Pflanzenentwicklung spricht (Cardon et al., 1999). Auch in der Grünalge C. reinhardtii können
mindestens sieben putative SBP-Domänen-Proteine gefunden werden (Guo et al., 2008). Für
SBP-Proteine wurde eine generelle in vitro Bindung an GTAC-Motive gezeigt, die sogar
speziesübergreifend stattfindet (Birkenbihl et al., 2005). So bindet die SBP-Domäne von Crr1 an
Promotoren mit GTAC-Motiven von Arabidopsis und der CYC6-Promotor aus C. reinhardtii
interagiert mit der SBP-Domäne von Proteinen aus Arabidopsis und Physcomitrella (Birkenbihl
et al., 2005).
Die SBP-Domäne der Transkriptionsfaktoren besteht aus einem hoch konservierten Bereich von
ca. 80 Aminosäuren und wird nahezu komplett von der DNA-Bindestelle eingenommen. Durch
NMR-Spektroskopie konnte die Struktur der SBP-Domänen der Faktoren SPL4 und SPL7 aus
Arabidopsis aufgeklärt werden. Sie zeigt zwei nicht überlappende Zinkfingerstrukturen, die
durch acht konservierte Cystein- und Histidinreste geformt werden. Basische Aminosäurereste
bilden eine positiv geladene Oberfläche, die an die DNA-Doppelhelix binden kann (Yamasaki et
al., 2004). Die C-terminale Zinkfingerstruktur überlappt mit einem konservierten NLS (nuclear
localisation signal), das ein zweiteiliges Transitpeptid besitzt (Birkenbihl et al., 2005; Fontes et
al., 2003). Obwohl zwei Zinkfingerstrukturen in einer SBP-Domäne nachzuweisen sind, kommt
es zu einer stöchiometrischen Bindung von 1:1 (Yamasaki et al., 2004). Eine Erklärung wurde
anhand von Untersuchungen der SBP-Domäne von SPL12 aus Arabidosis thaliana gefunden.
Eine SPL12 SBP-Domäne ohne C-terminalen Cysteinrest behält ihre Tertiärstruktur bei, obwohl
nur ein Zn2+ Ion gebunden werden kann. Das N-terminal gebundene Zn 2+ scheint somit essentiell
für die Ausbildung der Struktur der Domäne zu sein. Es wird vermutet, dass die C-terminale
Seite für die DNA-Bindung notwendig ist, wohingegen die zweite Zinkfingerstruktur für die
Positionierung des C-terminalen Loops in die korrekte Position zur DNA Furche verantwortlich
ist (Yamasaki et al., 2006).
Diese Studien deuten darauf hin, dass eine SBP-Domäne an ein einzelnes GTAC-Motiv bindet,
auch wenn pro Domäne zwei Zinkfinger ausgebildet werden. Auch wenn das C. reinhardtii
Crr1-Protein sich in seiner Gesamtsequenz von SPL12 aus Arabidopsis unterscheidet, ist seine
SBP-Domäne hoch konserviert (Yamasaki et al., 2009). Demnach kann auch für Crr1 eine
Bindung von 1 : 1 (SBP-Domäne : GTAC) angenommen werden. Die Tatsache, dass zwei
GTAC-Motive für die Expression von FDX5 nötig sind, kann dementsprechend als Indiz für eine
mögliche Interaktion von zwei Crr1 Proteinen bei der Aktivierung der FDX5-Transkription
81
Diskussion
gesehen werden.
Durchgeführte EMSA zur Interaktion der Crr1-SBP-Domäne mit dem FDX5-Promotor zeigen
die Möglichkeit einer parallelen Bindung mehrerer Domänen an den FDX5-Promotor.
FDX5- Promotorfragmente mit den beiden relevanten GTAC-Motiven binden die SBP-Domäne,
sofern mindestens ein intaktes GTAC-Motiv zur Verfügung steht. Die Interaktion der
SBP-Domäne mit den GTAC-Motiven findet in vitro unabhängig von dem jeweils anderen Motiv
statt, obwohl gezeigt wurde, dass beide GTAC-Motive in vivo notwendig für die Transkription
sind. Eine Bindung der SBP-Domäne an den FDX5- Promotor bleibt aus, wenn beide GTACMotive mutiert sind. Die FDX5- Promotorfragmente mit zwei intakten GTAC-Motiven zeigen
zudem einen Doppelshift, was durch die Bindung von zwei SBP-Domänen an die DNA zu
erklären ist (Nariya und Inouye, 2006). In vitro scheint die SBP-Domäne generell an GTAC
Sequenzabfolgen binden zu können. Bei Einsatz eines verlängerten FDX5-Promotorbereichs um
das dritte, in vivo nicht relevante GTAC-Motiv, kommt es zum Dreifachshift, was auf die
Bindung von drei SBP-Domänen an die DNA zurückzuführen ist.
Die alleinige Bindemöglichkeit der SBP-Domäne an die GTAC-Motive scheint somit nicht
ausreichend zu sein, die Transkription in vivo zu aktivieren. Nähere Analysen des
CYC6-Promotors deuteten bereits darauf hin, dass weitere Nukleotide eine unterstützende Rolle
spielen (Quinn et al., 2000). Untersuchungen an Arabidopsis und anderen Organismen zeigen
ebenfalls, dass die GTAC-Sequenz den Kern der Bindestelle darstellt, aber zusätzlich
unterschiedliche flankierende Nukleotide von den verschiedenen SBP-Domänen Proteinen
präferiert werden bzw. essentiell für eine aktive Bindung sind (Birkenbihl et al., 2005; Liang et
al., 2008).
Regulation der Crr1-Aktivität
Um letztendlich hinreichend zu zeigen, dass Crr1 und nicht etwa ein anderes SBP-DomänenProtein an der Regulation von FDX5 beteiligt ist, wurde in dieser Arbeit die Analyse eines
Crr1-defizienten C. reinhardtii Stammes hinzugezogen. Für den Crr1-defizienten Stamm konnte
weder in schwefelmangelinduzierten noch in stickstoffbegasten Kulturen FDX5-Transkript oder
die Akkumulation von Fdx5-Protein nachgewiesen werden, wohingegen ein starkes Signal im
Wildtypstamm detektierbar war. Das gleiche Bild ergab sich in kupfermangelinduzierten
Kulturen. Auch hier zeigt der crr1-Mutantenstamm, im Gegensatz zum Wildtyp, weder
82
Diskussion
FDX5- Transkript noch Fdx5-Protein. Diese Ergebnisse bestätigen, dass Crr1 für die Regulation
von FDX5 eine essentielle Aufgabe übernimmt.
Obwohl eine Crr1-abhängige Regulation bereits für mehrere Gene gezeigt werden konnte, ist der
Mechanismus der Aktivität von Crr1 und generell von SBP-Transkriptionsfaktoren nicht geklärt.
Eine kupferunabhängige, konstitutive CRR1 Expression deutet jedoch auf eine Regulation auf
Proteinebene hin (Kropat et al., 2005).
Erste Erklärungsansätze für die Regulation von Crr1 gehen von Konformationsänderungen aus,
die direkt die Bindung an die DNA vermitteln. Kupferionen können die Zinkbindestelle der
SBP-Domäne besetzen, was die Konformation der Zinkfingerstrukturen beeinflusst und eine
DNA Bindung inhibiert. Crr1 besitzt weiterhin neben der SBP-Domäne und so genannten
Ankyrin-Repeats, welche Protein-Protein-Interaktionen vermitteln können, am C-Terminus eine
cysteinreiche Region, die unter bekannten SBP-Domänen-Proteinen einzigartig für Crr1 ist
(Kropat et al., 2005) und neben der SBP-Domäne als metallbindende Region agieren könnte.
Denkbar wäre, dass Kupfer mit der Cys-reichen Region des Crr1 Proteins interagiert und
dadurch eine Konformationsänderung bewirkt, die ebenfalls zur Unterdrückung der Bindung an
die DNA führt (Kropat et al., 2005).
Für Arabidopsis wurde ein weiteres Modell entwickelt. SBP-Proteine in Arabidopsis werden
durch eine heterogene Familie von 16 Genen kodiert. Die kodierten Proteine sind nach ihrer
Struktur in verschiedenen Subgruppen eingeteilt. SPL7 ist in die Gruppe A1.4 eingeordnet (Yang
et al., 2008), welche den höchsten Verwandtschaftsgrad zur Crr1 aufweist (Yamasaki et al.,
2009). Für SPL7 wird ebenfalls eine aktive Aufgabe im Kupfermetabolismus beschrieben
(Yamasaki et al., 2009). SPL7 nimmt u.a. die Rolle eines aktiven Regulators ein, der durch die
Transkription der micro-RNA miR398 die Degradation der mRNA von CSD1 und CSD2
(kodieren für Superoxid Dismutasen, SOD) bewirkt. Weiterhin spielt SPL7 eine Rolle bei der
Transkriptregulation von Genen, die für Kupfertransporter und einen Kupferchelator kodieren
(Yamasaki et al., 2009). Für Crr1 konnte ebenfalls eine regulatorische Funktion bei der
Transkription der Kupfertransporter CTR nachgewiesen werden (Page et al., 2009).
SPL7 fehlt im Vergleich zum Crr1 die Cys-reiche Region am C-Terminus. Postulierte
Regulationen für Crr1, die auf die Bindung von Kupfer an diese Region gestützt sind, können für
SPL7 nicht übernommen werden. Yamasaki et al. (2009) vermuten, dass andere, noch nicht
identifizierte, kupfersensible Proteine mit SPL7 interagieren und für die Aktivität sorgen oder
aber, dass es zur kupferinduzierten Degradierung von SPL7 kommt (Yamasaki et al., 2009). Die
83
Diskussion
letzte Vermutung stützt sich auf die Tatsache, dass unter kupferhaltigen Bedingungen
SPL7-Transkript nachweisbar ist, nicht aber die Akkumulation von SPL7.
Es wäre auch denkbar, dass der Kernimport von Crr1 reguliert wird, wie es für Cuf1 aus der
Spalthefe Schizosaccharomyces pombe der Fall ist. Hier konnte eine kupferregulierte zelluläre
Lokalisation mittels GFP-Fusionskonstrukten nachgewiesen werden (Beaudoin und Labbé,
2007). Die Cys-reiche Region am C-Terminus von Cuf1 inhibiert den Transport des Proteins in
den Zellkern, wenn Kupfer vorhanden ist. Unter kupferfreien Bedingung wird Cuf1 über das
NLS in den Kern transportiert. Ein Rücktransport ins Cytoplasma erfolgt vermutlich durch
Diffusion oder durch Zugabe von Kupfer. Wird das NLS deletiert, so kann unter Kupfermangel
kein Transport in den Zellkern stattfinden. Es wird angenommen, dass Kupfer eine
Konformationsänderung von Cuf1 bewirkt. Die Cys-reiche Region interagiert mit dem
N-Terminus und maskiert das NLS. Ohne funktionsfähiges NLS wird das Protein ins Cytosol
dirigiert (Beaudoin und Labbé, 2006) und kann die Aufgabe als Transkriptionsfaktor nicht
ausüben.
Im Falle von Crr1 könnten die Regulationsmöglichkeiten noch vielfältiger sein, da der Faktor
sowohl auf Anaerobiose als auch auf Cu-Mangel reagiert. Der Zusammenhang zwischen
Kupfermangel und Anaerobiose ist vermutlich evolutionär bedingt. Als Sauerstoff in der
Atmosphäre verfügbar wurde, führte dies zur Bildung von löslichem Cu2+ aus dem zuvor
unlöslich vorliegenden Cu+ (Egami, 1975). Unter anaeroben Bedingungen fällt Kupfer in
unlöslicher Form aus und ist der Zelle nicht mehr zugänglich. Dementsprechend wird in der
Natur die Situation des Sauerstoffmangels wahrscheinlich von sekundärem Kupfermangel
begleitet, was die evolutionäre Entwicklung eines auf beide Bedingungen reagierenden
Transkriptionsfaktors erklären könnte. Welches das primäre Signal ist, kann bisher nicht geklärt
werden, da es sowohl unter kupferfreien aeroben Bedingungen zur Transkription kommt als auch
unter anaeroben Bedingungen mit einem Überschuss an Kupfer (Quinn et al., 2000). Demnach
ist ein Reiz, Anaerobiose oder Kupfermangel, hinreichend für die Crr1 regulierte Transkription.
Wie oben bereits für die kupferabhängige Regulation vermutet, könnte auch im Fall der
sauerstoffabhängigen Regulation die erwähnte Cys-reiche Region eine Rolle spielen. Sauerstoff
ist in der Lage Cysteinreste zu oxidieren und könnte so eine Konformation bewirken, welche den
Kernimport oder die DNA-Bindung beeinflusst. Ebenso ist eine Phosphorylierung durch kupferoder
sauerstoffregulierte
Kinasen
denkbar.
Nicht
zuletzt
könnten
zusätzliche
Transkriptionsfaktoren beteiligt sein, welche die Reaktion von Crr1 auf Kupfer- und
84
Diskussion
Sauerstoffmangel modulieren.
Promotorvergleich von Crr1-regulierten Genen
Sequenzanalysen zeigten, dass die GTAC-Abfolge generell unterproportional im C. reinhardtii
Genom vertreten ist. Allerdings ist zu beobachten, dass die GTAC-Motive selten alleine
auftreten, sondern in einem bis zu 30 bp großen Abstand in Nachbarschaft zu einem zweiten oder
dritten GTAC-Motiv zu finden sind (Birkenbihl et al., 2005). Ein Vergleich der Regionen -400
bis zum Startkodon bekannter Promotoren von Crr1 regulierten Genen zeigt diese
charakteristische Verteilung bereits identifizierter und in dieser Arbeit lokalisierter CuRE und
HyRE (Abb. 4-2).
-400
-300 -200
-389
-100
-366
-116 -101
+1
+100
-46
CYC6
-330
-37
+74
+112
CPX1
-95
-344
CTR1
-160
-101
-46
CRD1
-359
-116
-96 -74
FDX5
CuRE
HyRE
grün: positive Antwort
rot: keine Antwort
orange: nicht individuell getestet
Abb. 4-2: Promotorvergleich von Crr1-regulierten Genen aus C. reinhardtii. Die Sequenzen sind von den
Augustus Modellen aus der Datenbank JGI4.0 abgeleitet (CYC6: au5.g6082_t1, CPX1: au5.g8511_t1, CTR1:
au5.g4477_t1, CRD1: au5.g14355_t1, FDX5: au5.g7064_t1; der Transkriptionsstartpunkt von FDX5 wurde in dieser
Arbeit identifiziert und liegt 14 bp stromaufwärts vom abgelegten Transkriptionsstartpunkt). Die Positionsangaben
entsprechen dem Guanin der GTAC-Motive und sind in Relation zum Transkriptionsstartpunkt (+1) angegeben.
Grüne Symbole zeigen, dass die Funktion des Motivs als CuRE (Quadrat) bzw. HyRE (Dreieck) eindeutig
untersucht und nachgewiesen wurde. Rote Symbole zeigen untersuchte Motive ohne Funktion. In orange sind die
Positionen von GTAC-Motiven angegeben, deren Funktion nicht individuell untersucht wurden. Die Sterne zeigen
an, dass die beiden CYC6-CuRE redundant vorliegen, wohingegen die CuRE von CRD1 und FDX5 und die HyRE
von CPX1 nur in Kombination aktiv wirken können.
85
Diskussion
CYC6 besitzt fünf GTAC-Motive, von denen zwei als redundant wirkende CuRE identifiziert
werden konnten (Quinn et al., 2002). Für die Regulation von CYC6 konnte ebenfalls bereits im
Vorfeld gezeigt werden, dass sie strikt auf Transkriptebene stattfindet und keine weiteren
kupferrelevanten Elemente stromabwärts des Translationsstartpunktes zu finden sind (Quinn und
Merchant, 1995). Ob die identifizierten CYC6-CuRE auch als HyRE eine Rolle spielen ist nicht
im Detail untersucht.
Auch für CPX1 kann die typische Anhäufung mehrerer GTAC-Motive gefunden werden.
Während ein Motiv (CuRE) ausreichend für die Transkription unter Kupfermangelbedingungen
ist, wird für die Transkriptionsinitiierung unter anaeroben Bedingungen ein zusätzliches
GTAC-Motiv (HyRE) benötigt (Quinn et al., 2000; Quinn et al., 2002). Eine Funktion der
benachbarten Nukleotide ist vermutlich verantwortlich für die Determinierung zwischen HyRE
und CuRE (Quinn et al., 2002). Im CTR1 Promotor konnte ein CuRE identifiziert werden. Ob es
sich bei der zweiten GTAC-Sequenz um ein HyRE handelt, ist nicht näher analysiert (Page et al.,
2009).
Eine weitere Kombination aus CuRE-Motiven ist für die Regulation von CRD1 verantwortlich.
Stromaufwärts des Translationsstartpunktes konnten drei GTAC-Motive identifiziert werden. Für
das distal gelegene Motiv konnte kein Einfluss auf die Transkription nachgewiesen werden. Die
beiden proximal gelegenen Motive wurden als CuRE identifiziert (Allen et al., 2008), ihre Rolle
unter anaeroben Bedingungen wurde nicht näher charakterisiert.
Das Muster aus zwei GTAC-Motiven für eine positive Transkription liegt auch für FDX5 sowohl
unter Kupfermangelbedingungen als auch unter Anaerobiose vor. Auch hier sind zunächst drei
dicht beieinander liegende GTAC-Motive zu finden, von denen in dieser Arbeit die beiden
proximal gelegenen Motive als CuRE und HyRE identifiziert werden konnten (Abb. 4-1).
Bisher ist noch kein Fall bekannt, in dem nur ein Motiv unter anaeroben Bedingungen benötigt
wird (Abb. 4-2). Es wäre also denkbar, dass für die anaerobe Expression zwei Motive nötig sind,
wohingegen unter Kupfermangelbedingungen ein oder zwei Motive eine Rolle spielen.
Allerdings liegen zur Zeit eindeutige Ergebnisse nur für die Promotoren von CPX1 und FDX5
hinsichtlich der Lage der HyRE vor, so dass diese Vermutung durch weitere Untersuchungen
überprüft werden muss.
Über eine Interaktion zweier Crr1-Proteine kann bisher keine eindeutige Aussage getroffen
werden. Crr1 besitzt neben der konservierten SBP-Domäne einen Sequenzbereich mit Ankyrin
repeats, die Protein-Protein Interaktionen vermitteln. Die Bildung eines Homodimers oder eine
86
Diskussion
Interaktion mit einem weiteren Faktor, die zur Aktivierung der Transkription führen, ist denkbar.
Es ist bekannt, dass die Sekundärstruktur der DNA eine entscheidende Rolle bei der
Transkription spielen kann. Es ist ebenfalls möglich, dass die Proteine erst in dimerer Form die
Sekundärstruktur soweit beeinflussen, dass die DNA abgelesen werden kann.
4.3 Die HYD1-Expression wird durch ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren
reguliert
Die [FeFe]-Hydrogenase HydA1 ist ausschließlich unter sauerstofffreien Bedingungen aktiv und
kann daher eindeutig dem anaeroben Metabolismus von C. reinhardtii zugeordnet werden. Für
die Regulation von HYD1 ist bekannt, dass sie primär auf Transkriptebene stattfindet (Happe und
Kaminski, 2002). Unter anaeroben Bedingungen wird ein starker Anstieg des Transkriptlevels,
gefolgt von einer Proteinakkumulation, beobachtet. Vor einigen Jahren wurden zusätzliche
Faktoren, HydEF und HydG, identifiziert, die für die Reifung des Apoproteins zum Holoprotein
essentiell sind (Posewitz et al., 2004). Detailliertere Untersuchungen über das Zusammenspiel
dieser Maturationsfaktoren mit der Hydrogenase folgten und zeigen einen komplexen Ablauf von
der Expression bis hin zum aktiven Enzym (King et al., 2006; Kuchenreuther et al., 2009;
Mulder et al., 2009; Dubini et al., 2009; Czech et al., 2010).
Frühere Analysen des HYD1-Promotors brachten erste Hinweise auf mögliche cis-agierende
Elemente innerhalb der Region -128 bis -21 in Relation zum Transkriptionsstartpunkt (Stirnberg
und Happe, 2004). Um weitere cis-agierende Elemente, auch außerhalb des Kernpromotors zu
identifizieren, wurde der HYD1-Promotor mit Hilfe des schon für FDX5 verwendeten CRLUCReportergens näher charakterisiert.
Vorweg durchgeführte in silico Analysen des HYD1-Promotors zeigten auch hier GTAC-Motive
stromaufwärts des Kernpromotors. Die Vermutung, dass die GTAC-Motive eine Rolle bei der
Regulation von HYD1 spielen, wurde in dieser Arbeit durch die physiologischen Untersuchungen
einer crr1-Mutante unterstützt. Ein C. reinhardtii Stamm mit einem defekten crr1-Gen zeigt ein
geringeres HYD1-Transkriptlevel und eine verringerte Hydrogenase-Proteinmenge, gefolgt von
einer ebenfalls reduzierten in vitro Hydrogenaseaktivität. Allerdings scheint die crr1-Mutante
trotz verringerter in vitro Aktivität keinen Nachteil in Hinblick auf die physiologische
87
Diskussion
Hydrogenaseaktivität zu haben, was an der vergleichbaren Menge an akkumulierten Wasserstoff
in der Gasphase von Schwefelmangel-Kulturen abzulesen ist.
In dieser Arbeit durchgeführte Transkriptanalysen kupfermangelinduzierter Kulturen zeigen
ebenfalls die Akkumulation von HYD1, was zunächst unerwartet war. Für HYD1 wurde bislang
eine ausschließlich sauerstoffmangelabhängige Transkription postuliert (Stirnberg und Happe,
2004). Hier konnte gezeigt werden, dass HYD1 auch unter Kupfermangel verstärkt transkribiert
wird. In vitro Hydrogenaseaktivitätstests dieser Kultur fielen negativ aus (Daten nicht gezeigt).
Aufgrund der hohen Sauerstoffsensibilität und einem sauerstoffabhängigen Maturationsprozess
der Hydrogenase war dieses negative Ergebnis zu erwarten, beweist aber umgekehrt eine
ausreichende Sauerstoffkonzentration in der Kultur. Demnach ist die Akkumulation des
HYD1-Transkripts offenbar ausschließlich auf den Kupfermangel zurückzuführen und nicht auf
eine eintretende Mikroaerobiose in der Kultur, die ausreichend für die Bildung einer aktiven
Hydrogenase ist. Ein Zusammenhang zwischen Anaerobiose und Kupfermangel lässt sich somit
auch für die Regulation des Gens HYD1 feststellen. Ein Vergleich der HYD1-Transkriptmenge
des Wildtyps mit der crr1-Mutante zeigt ein stärkeres Wildtypsignal, was ein weiterer Hinweis
für den Einfluss von Crr1 auf die HYD1-Expression darstellt.
Hier durchgeführte Reportergenanalysen deuten ebenfalls auf einen Einfluss der GTAC-Motive
im HYD1-Promotor hin. Es kommt zwar nicht zu einem vollständigen Verlust der Aktivität des
Reportergens, wie es bei der Mutation der beiden Motive des FDX5-Promotors der Fall ist, aber
die Mutation beider GTAC-Motive (CL46) bzw. die Reduktion des Promotors auf den
HYD1-Kernpromotor (CL39, CL40) scheint eine Verringerung der Luziferaseaktivität zu
bewirken. Mutationen von nur einem GTAC-Motiv (BB01, CL44) zeigen dagegen vergleichbare
Aktivitäten wie der Wildtyppromotor (CL33). Die Ergebnisse sprechen für eine Verstärkung der
HYD1-Transkription des Kernpromotors durch den kombinierten Einfluss der GTAC-Motive
(Abb. 4-4). Eine in vitro Bindung der SBP-Domäne des Crr1 Transkriptionsfaktors an den
HYD1-Promotor konnte durch EMSA gezeigt werden, deutet aber, wie für den FDX5-Promotor
diskutiert, nicht zwangsläufig auf eine in vivo Bindung hin.
Auf der Suche nach weiteren Bereichen, die einen möglichen Einfluss auf eine anaerobe
Transkriptionsregulation ausüben, wurden die Promotoren von HYD1 und HYD2 aus
C. reinhardtii mit der HYD2-Promotorregion aus Chlamydomonas moewusii (Winkler, 2009;
persönliche Kommunikation mit Dr. Winkler) und der Promotorregion einer Isoform aus Volvox
carteri verglichen. HYD2 aus C. reinhardtii wird unter anaeroben Bedingungen exprimiert, und
88
Diskussion
das kodierte Protein zeigt eine sehr hohe Identität zu HydA1 inklusive des Wasserstoffkanals
(Forestier et al., 2003), so dass eine Aktivität unter anaeroben Bedingungen sehr wahrscheinlich
ist. Für Chlamydomonas moewusii und Volvox wurde ebenfalls die Fähigkeit der
Wasserstoffproduktion unter Anaerobiose nachgewiesen (Brand et al., 1989). Beim Vergleich
dieser Promotoren konnten neben der Ansammlung von GTAC-Motiven im Cr-HYD2 und
Vc-HYD Promotor zwei konservierte Sequenzabfolgen gefunden werden, die als Motiv M1
(AAGCTCGC) und Motiv M2 (CGCAGGCAC) bezeichnet wurden (Abb. 4-3). Die Motive M1
und M2 sind im postulierten Kernpromotor von Cr-HYD1 zu finden, was für eine signifikante
Rolle im Zusammenhang mit der durch den Kernpromotor vermittelten induzierten
Grundaktivität unter anaeroben Bedingungen spricht. Beide Motive können ebenfalls in den
Promotoren von Cm-HYD2 und Vc-HYD gefunden werden. In Volvox liegt M2 zusätzlich im
Abstand zu den beiden anderen Motiven in verkürzter und revers orientertierter Form
(CGAGCT) vor, was aber nicht zwangsläufig für eine Irrelevanz spricht. Cis-agierende Elemente
sind häufig in beiden Orientierungen aktiv und können zudem über einen weitläufigen
Sequenzbereich angeordnet sein (Caselle et al., 2002).
-700
-600
-500
-400
-300
-200
-100
Cr-HYD1
ATG
Cr-HYD2
ATG
Cm-HYD2
ATG
Vc-HYD
ATG
GTAC
Motiv 1
Motiv 2
Abb. 4-3: Promotorvergleich verschiedener Hydrogenasegene aus unterschiedlichen Algenspezies. Zum
Vergleich der Motivlagen im Promotor von HYD1 aus Chlamydomonas reinhardtii (Cr-HYD1) ist der Promotor von
HYD2 aus C. reinhardtii (Cr-HYD2) sowie der Promotor eines für eine Hydrogenase kodierenden Gens aus
Chlamydomonas moewusii (Cm-HYD2) und aus Volvox carteri (Vc-HYD) aufgezeigt. Die Lage der GTAC-Motive
(blaue Box), sowie der anaeroben Motive 1 (gelbe Box) und 2 (orangene Box) die innerhalb von 700 bp
stromaufwärts des Translationsstartpunktes liegen, sind eingezeichnet. Der postulierte Cr-HYD1 Kernpromotor ist
durch Klammern gekennzeichnet. In Volvox carteri (Vc-HYD) liegt ein Motiv 2 revers orientiert im Promotorbereich
vor (durch einen Pfeil gekennzeichnet). Die Sequenzen von C. reinhardtii sind der Datenbank JGI4.0 (HYD1:
au5.g11137_t1, HYD2: au5.g15404_t1) entnommen, Volvox carteri: estExt_fgenesh4_pg.C_100168). Die Sequenz
von Cm-HYD2 (502 bp) wurde durch Genome Walking identifiziert (Winkler, 2009; persönliche Kommunikation),
die gestrichelte Linie zeigt einen unbekannten Sequenzbereich an.
89
Diskussion
Die Aufgabe der Motive M1 und M2 des HYD1-Promotors aus C. reinhardtii wurde in dieser
Arbeit näher charakterisiert. Untersuchungen des HYD1-Vollpromotors (-1018 bis +159) mit
Mutationen in M1 oder M2 (CL34, CL35) zeigten sowohl unter anaeroben Bedingungen als auch
unter Kupfermangel keinen signifikanten Einfluss auf die Luziferaseaktivität. Ebenso scheint die
Basalaktivität des Kernpromotors (CL40) durch die Mutation von M1 (CL45) nicht
beeinträchtigt zu sein. 5'-Deletionen des Kernpromotors um weitere 9 Basenpaare (CL43) führen
dagegen zum Verlust der Aktivität.
X X
Crr1
Crr1
X
TS
X X
Crr1
Crr1
mRNA
GGTCGCGCA
TS
X X
Crr1
Crr1
GGCC
TGAC
mRNA
GGTCGCGCA
TS
mRNA
Crr1
Crr1
GTAC
GTAC
GGTCGCGCA
TS
Abb. 4-4: Schematische Darstellung der angenommenen HYD1-Regulation auf Transkriptebene. Die
Regulation von HYD1 scheint auf einem zweistufigen System zu basieren. Der Abschnitt von -37 bis -29
(GGTCGCGCA, blau) in Relation zum Transkriptionsstartpunkt (TS) ist essentiell, um eine Basalaktivität zu
ermöglichen. 5'-Deletionen des Promotors (deletierter Bereich ist transparent dargestellt), die diesen Bereich
einschließen, führen zum Verlust der Aktivität, wohingegen die Anwesenheit des Bereichs eine Transkription
ermöglicht. Untersuchungen lassen die Vermutung zu, dass zwei stromaufwärts gelegene GTAC-Motive (grün) in
Verbindung mit dem Transkriptionsfaktor Crr1 (copper respsone regulator 1) als Enhancer wirken können und die
Transkription verstärken. Die Dicke der Pfeile und die Anzahl der mRNA Moleküle geben die Trankriptionsstärke
wider. Mutierte Basen sind in rot dargestellt.
Die Motive M1 und M2 haben somit keinen Einfluss auf die HYD1-Transkription. Vielmehr ist
festzuhalten, dass der Bereich von -29 bis -37 (GGTCGCGCA), welcher im postulierten
Kernpromotor liegt (Stirnberg und Happe, 2004), essentiell für eine Basalaktivität ist. Der
90
Diskussion
mögliche verstärkende Einfluss der GTAC-Motive könnte darauf hindeuten, dass Crr1 mit diesen
Faktoren interagiert und für eine erhöhte Transkription sorgt (Abb. 4-4). Crr1 als Bindepartner
des Kernpromotors kann aufgrund negativer EMSA Ergebnisse ausgeschlossen werden, eine
Bindung der SBP-Domäne an die GTAC-Motive des Vollpromotors ist dagegen in vitro möglich.
Ein Vergleich der essentiellen Basen des Kernpromotors mit putativen cis-agierenden Elementen
in den Promotoren anaerob regulierter Gene verschiedener Pflanzen, darunter die
Modellorganismen Arabidopsis und Mais (Mohanty et al., 2005), zeigten keine Identitäten auf.
Ebenso wenig kann der Sequenzabschnitt in den Hydrogenasepromotoren der oben erwähnten
Organismen gefunden werden.
Da sich die Luziferaseaktivitäten nur bedingt für quantitative Analysen eignen, soll an dieser
Stelle auf die Erwähnung eines weiteren regulatorischen Aspekts nicht verzichtet werden. Die
Vermutung eines Einflusses von Crr1 bei der Transkription ist durch die vorliegenden Ergebnisse
zwar zu vertreten, aber nicht eindeutig abzusichern. So ist es möglich, dass die unterschiedlichen
Luziferaseaktivitäten ausschließlich auf den Positionseffekt bei der Integration des chimären
Konstrukts
in
das
Kerngenom
zurückzuführen
sind.
Der
auffällige
Phänotyp
des
crr1- Mutantenstammes würde in diesem Falle indirekt auf Crr1 zurückzuführen sein. Crr1 spielt
bei der Transkription einer Vielzahl verschiedener Gene eine entscheidende Rolle. Ein Defekt
dieses globalen Faktors zieht somit eine Reihe von Veränderungen mit sich, die sich wiederum
auf das HYD1-Transkriptlevel auswirken könnten.
Um das Wissen über die Transkriptionsregulation von HYD1 zu vertiefen, ist die Bestimmung
weiterer bindender Faktoren ein wichtiger Schritt. Verschiedene Ansätze kämen dafür in Frage,
die alle mit der Schwierigkeit der Anaerobiose verknüpft sind. Vor allem in vivo Analysen, wie
etwa das Fischen von Transkriptionsfaktoren durch Immoblisierung der DNA und Bindung des
Faktors, sind mit hoher Wahrscheinlichkeit nur unter anaeroben Bedingungen möglich. Es steht
außer Frage, dass die Expression von HYD1 und die Maturation zum funktionalen Protein einer
komplexen Regulation unterliegt. Eine Regulation auf Translationsebene ist ebenfalls nicht
auszuschließen, da HYD1 unter Kupfermangel transkribiert wird, obwohl eine Funktion unter
diesen, aeroben Bedingungen nicht möglich ist.
91
Herunterladen