Messen, Steuern, Regeln - MSR - an der Universität Duisburg

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Informationsumsatz in technischen Systemen, Band 3
Messen, Steuern, Regeln - MSR
Ein studienbegleitendes Lehrbuch für den
Bereich einer allgemeinbildenden Technik
Jürgen Wehling
2
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
In diesem Werk werden Themen behandelt, die mit Elektrizität zu tun haben. Beachten Sie daher
bitte die VDO-Vorschriften. Der Autor haftet nicht für Schäden, die durch unsachgemäße
Handhabungen erfolgen und übernimmt auch keine Haftung für Schäden aller Art, die aus einer
Umsetzung der angeführten Beispiele resultieren. Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr. Der Autor
distanziert sich von den genannten Links im Internet.
Erste Auflage, Stand 28.07.2017
ISBN 978-3-00-057250-0
Alle Rechte vorbehalten.
Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt.
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Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
3
Vorwort
Das vorliegende Werk ist Teil einer sechsbändigen Reihe zum Informationsumsatz in technischen
Systemen. Sie besteht aus drei Standardwerken und drei Ergänzungswerken. Die Standardwerke
sind:
- Band 1: Analog- und Digitaltechnik
- Band 2: Hardwarenahe Programmierung und Rechnerverbundsysteme
- Band 3: Messen, Steuern, Regeln (MSR)
Die drei Ergänzungswerke vertiefen die Inhalte der Standardwerke durch Übungen, Praktika,
Lösungsvorschläge und Projektarbeiten:
- Band 1a: Analog- und Digitaltechnik - Übungen aus Theorie und Praxis mit Lösungen
- Band 2a: Hardwarenahe Programmierung und Rechnerverbundsysteme - Übungen aus
Theorie und Praxis mit Lösungsvorschlägen
- Band 3a: Messen, Steuern, Regeln MSR - Übungen aus Theorie und Praxis mit
Lösungsvorschlägen sowie ausgewählte Projektarbeiten
Alle Werke entstanden durch Anregungen von Lehrveranstaltungen. Sie erheben keinen Anspruch
auf Vollständigkeit und sind bewusst so nivelliert, dass sich nicht nur Studierende der
entsprechenden Fachrichtungen angesprochen fühlen sollten: mit Band 1 soll der Einstieg in die
Gebiete der Analog- und Digitaltechnik erleichtert werden. Band 2 baut auf den Grundlagen der
Analog- und Digitaltechnik auf und zielt auf eine Programmierung von Mikrocontrollern (bspw.
ATMega328). Zusätzlich werden durch den Einsatz von SoC-Hardware (bspw. Raspberry)
Rechnerverbundsysteme im Rahmen einer Hausautomation angesprochen. Band 3 widmet sich
hauptsächlich dem Gebiet der Regelungstechnik und baut so eine Schnittmenge zu den beiden
vorhergehenden Bänden auf. Die Gesamtheit der Werke ist so konzipiert, dass immer wieder auf
einfache Grundlagen zurückgegriffen werden kann, wenn es um komplexere Betrachtungsweisen aus
dem Bereich MSR geht. Auf diese Weise sollte sich bei einer Betrachtung aller drei Bände dann das
eigentliche Hauptanliegen, nämlich eine Förderung heuristischer Strukturelemente beim Lernenden,
erschließen lassen.
Durch die ergänzenden Bände 1a bis 3a soll den Lernenden Raum gegeben werden, die eigenen
Vorstellungen zu durchdenken und letztlich auch in eigener Art und Weise zu realisieren. Ihnen
können so Wege gezeigt werden, individuelle Lern- und Problemlösestrategien durch erweiterte
Ansätze positiv zu beeinflussen.
Die Bände 1 bis 3 stehen als pdf-Dateien zur Verfügung und sind in diesem Format kostenfrei.
Die Bände 1a bis 3a stehen nicht als pdf-Dateien zur Verfügung, sondern werden ausschließlich in
personalisierter, kostenpflichtiger Druckform geliefert (so diese denn schon erstellt sind). Hierzu
wenden Sie sich bitte an [email protected] .
Bedingt durch die kleine Auflage dieser Werke, ist eine andere Verfahrensweise leider nicht möglich.
Jürgen Wehling
4
Dorsten, im April 2017
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Inhaltsverzeichnis:
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ............................................................................................................................... 9
TABELLENVERZEICHNIS ...................................................................................................................................15
1
MESSEN ..................................................................................................................................................17
1.1
MESSEN ELEKTRISCHER GRÖßEN .................................................................................................................. 17
1.1.1 Messprinzip ...................................................................................................................................... 17
1.1.2 Messmethode .................................................................................................................................. 18
1.1.3 Messverfahren ................................................................................................................................. 18
1.1.4 Messeinrichtung .............................................................................................................................. 22
1.1.5 Messfehler ....................................................................................................................................... 23
1.1.6 Grenzen für Messungen ................................................................................................................... 25
1.1.7 Messgeräte ...................................................................................................................................... 26
1.2
MESSEN NICHT ELEKTRISCHER GRÖßEN ......................................................................................................... 28
1.2.1 Sensorik............................................................................................................................................ 28
1.3
MESSWERTAUFBEREITUNG UND-ÜBERTRAGUNG ............................................................................................. 42
1.3.1 Operationsverstärker ....................................................................................................................... 42
1.3.2 Signalaufbereitung .......................................................................................................................... 50
1.3.3 Signalverstärkung ............................................................................................................................ 51
1.3.4 Signalauswertung ............................................................................................................................ 53
1.3.5 Interface-Technik ............................................................................................................................. 53
1.3.6 Rechner-Schnittstellen ..................................................................................................................... 55
1.3.7 Umsetzer-Systeme ........................................................................................................................... 56
1.3.8 Analogrechner ................................................................................................................................. 59
2
STEUERN.................................................................................................................................................63
2.1
UNTERSCHIED STEUERN/REGELN ................................................................................................................. 63
2.2
STEUERUNGEN (ÜBERSICHT) ....................................................................................................................... 63
2.2.1 Führungssteuerung (sensorische Schaltung) ................................................................................... 64
2.2.2 Steuerung mit Signal-Rückführung .................................................................................................. 65
2.2.3 Haltegliedsteuerung (Antrieb einer elektrischen Maschine)............................................................ 65
2.2.4 Programmsteuerung ........................................................................................................................ 66
2.2.5 Exkurs Abfüllanlage ......................................................................................................................... 68
3
UNTERSUCHUNG VON ÜBERTRAGUNGSGLIEDERN .................................................................................73
3.1
VERHALTEN BEI PERIODISCHER FUNKTION ...................................................................................................... 74
3.1.1 Komplexe Zahlen in der z-Ebene ...................................................................................................... 74
3.1.2 Komplexe Zahlen in der s-Ebene ...................................................................................................... 75
3.1.3 Kapazitätsberechnung eines Zylinderkondensators in der s-Ebene ................................................. 76
3.1.4 Funktionen in der komplexen Ebene ................................................................................................ 77
3.1.5 Zeigerdiagramme ............................................................................................................................ 78
3.1.6 Übertragungsfunktionen ................................................................................................................. 82
3.1.7 Bode-Diagramm .............................................................................................................................. 83
3.2
DIFFERENTIALGLEICHUNGEN........................................................................................................................ 88
3.2.1 Aufstellen von Differentialgleichungen............................................................................................ 88
3.2.2 Lösen durch Trennen der Veränderlichen ........................................................................................ 89
3.2.3 Lösen durch geeigneten Ansatz ....................................................................................................... 90
3.2.4 Lösen durch Variation der Konstanten nach Lagrange .................................................................... 91
3.2.5 Lösen mittels Laplace-Transformation ............................................................................................ 92
3.2.6 Einfache Anwendungen der Laplace-Transformation...................................................................... 94
4
REGELN ...................................................................................................................................................97
4.1
WIRKUNGSPLÄNE...................................................................................................................................... 98
4.1.1 Reihenstruktur ................................................................................................................................. 99
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
5
4.1.2 Parallelstruktur ................................................................................................................................ 99
4.1.3 Kreisstruktur ................................................................................................................................... 100
4.2
REGELSTRECKEN ...................................................................................................................................... 103
4.2.1 P-Strecke ........................................................................................................................................ 103
4.2.2 PT1-Strecke ..................................................................................................................................... 105
4.2.3 PT2-Strecke (nicht schwingfähig).................................................................................................... 107
4.2.4 PT2-Strecke (schwingfähig) ............................................................................................................ 114
4.2.5 I-Strecke ......................................................................................................................................... 121
4.2.6 Strecken mit Totzeit ....................................................................................................................... 127
4.3
STETIGE REGELGLIEDER............................................................................................................................. 128
4.3.1 P-Regelglied ................................................................................................................................... 128
4.3.2 I-Regelglied .................................................................................................................................... 130
4.3.3 D-Regelglied ................................................................................................................................... 133
4.3.4 PI-Regelglied .................................................................................................................................. 134
4.3.5 PD-Regelglied ................................................................................................................................. 139
4.3.6 PID-Regelglied ................................................................................................................................ 143
4.3.7 Vor- und Nachteile stetiger Regelglieder ....................................................................................... 148
4.4
UNSTETIGE REGELGLIEDER ........................................................................................................................ 148
5
REGELKREISE ........................................................................................................................................ 151
5.1
FÜHRUNGS- UND STÖRÜBERTRAGUNGSFUNKTIONEN...................................................................................... 151
5.1.1 Rechnerische Übung zur Führungs- und Störübertragungsfunktion .............................................. 152
5.2
STABILITÄTSBETRACHTUNGEN .................................................................................................................... 152
5.2.1 Das CHR-Verfahren ........................................................................................................................ 152
5.2.2 Das Verfahren nach Ziegler und Nichols ........................................................................................ 152
5.2.3 Das vereinfachte Nyquist-Kriterium ............................................................................................... 153
5.2.4 Pole und Nullstellen ....................................................................................................................... 155
5.3
P-REGELGLIED MIT PT1-STRECKE................................................................................................................ 157
5.3.1 Rechnerische Übung zum vereinfachten Nyquist-Kriterium ........................................................... 161
5.3.2 Stabilitätsbetrachtung für einen P-PT1-Regelkreis ......................................................................... 161
5.3.3 Pole und Nullstellen eines P-PT1-Regelkreises ................................................................................ 161
5.4
I-REGELGLIED MIT PT1-STRECKE................................................................................................................. 161
5.4.1 Rechnerische Übung zur Störübertragungsfunktion ...................................................................... 163
5.4.2 Stabilitätsbetrachtung für einen I-PT1-Regelkreis .......................................................................... 163
5.4.3 Pole und Nullstellen eines I-PT1-Regelkreises ................................................................................. 163
5.5
PI-REGELGLIED MIT PT1-STRECKE............................................................................................................... 163
5.5.1 Rechnerische Übung zur Störübertragungsfunktion ...................................................................... 164
5.5.2 Stabilitätsbetrachtung für einen PI-PT1-Regelkreis ........................................................................ 164
5.5.3 Pole und Nullstellen eines PI-PT1-Regelkreises ............................................................................... 164
5.6
P-REGELGLIED MIT I-STRECKE .................................................................................................................... 164
5.6.1 Rechnerische Übung zur Störübertragungsfunktion ...................................................................... 166
5.6.2 Stabilitätsbetrachtung für einen P-I-Regelkreis ............................................................................. 166
5.6.3 Pole und Nullstellen eines P-I-Regelkreises .................................................................................... 166
5.7
I-REGELGLIED MIT I-STRECKE ..................................................................................................................... 166
5.7.1 Rechnerische Übung zur Störübertragungsfunktion ...................................................................... 167
5.7.2 Stabilitätsbetrachtung für einen I-I-Regelkreis .............................................................................. 167
5.7.3 Pole und Nullstellen eines I-I-Regelkreises ..................................................................................... 167
5.8
PI-REGELGLIED MIT I-STRECKE ................................................................................................................... 167
5.8.1 Rechnerische Übung zur Störübertragungsfunktion ...................................................................... 168
5.8.2 Stabilitätsbetrachtung für einen PI-I-Regelkreis ............................................................................ 168
5.8.3 Pole und Nullstellen eines PI-I-Regelkreises ................................................................................... 168
5.9
PID-REGELGLIED MIT PT2-STRECKE ............................................................................................................ 168
5.9.1 Stabilitätsbetrachtung für einen PID-PT2-Regelkreis...................................................................... 169
5.9.2 Pole und Nullstellen eines PID-PT2-Regelkreis ................................................................................ 169
5.9.3 Stabilitätsbetrachtung für einen PID-PT3-Regelkreis...................................................................... 169
5.10
ZWEIPUNKT-REGELGLIED MIT PT1-STRECKE.................................................................................................. 169
6
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
5.11
5.12
6
DIGITALE REGELUNG ............................................................................................................................175
6.1
6.2
6.3
7
ZWEIPUNKT-REGELGLIED MIT I-STRECKE...................................................................................................... 172
WELCHES REGELGLIED FÜR WELCHE STRECKE?.............................................................................................. 173
DER P-ALGORITHMUS.............................................................................................................................. 178
DER PI-ALGRORITHMUS ........................................................................................................................... 183
DER PID-ALGORITHMUS .......................................................................................................................... 185
ÜBUNGEN .............................................................................................................................................187
7.1
7.2
7.3
7.4
7.5
7.6
7.7
7.8
7.9
7.10
7.11
7.12
KOMPLEXE ZAHLEN ................................................................................................................................. 187
PT1 STRECKE .......................................................................................................................................... 188
PT2-STRECKE (NICHT SCHWINGFÄHIG) ........................................................................................................ 190
PT2-STRECKE (SCHWINGFÄHIG), I-STRECKE .................................................................................................. 192
STETIGE REGLER (SIMULATION MIT QUCS).................................................................................................. 194
REGELKREISE (SIMULATION MIT QUCS) ...................................................................................................... 195
DIGITAL ARBEITENDE STRECKE (ARDUINO)................................................................................................. 195
DIGITAL ARBEITENDES REGELGLIED (ARDUINO) .......................................................................................... 195
DIGITAL ARBEITENDER REGELKREIS (ZWEI ARDUINOS) ................................................................................. 195
REGELKREISGLIEDER MITTELS ISP (ATMEGA328) .......................................................................................... 195
KOPPLUNG VON MOTOR UND GENERATOR .................................................................................................. 196
HAUSAUTOMATION MITTELS RASPBERRY PI.................................................................................................. 196
8
FACHBEGRIFFE UND KORRESPONDENZTABELLE ...................................................................................197
9
LITERATURANGABEN ............................................................................................................................199
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
7
8
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Virtuelles Oszilloskop ....................................................................................................... 18
Abbildung 2: Abtastrate 4000 Hz, Eingangsfrequenz 2000 Hz .............................................................. 19
Abbildung 3: Abtastrate 4000 Hz, Eingangsfrequenz 4000 Hz .............................................................. 20
Abbildung 4: Abtastrate 4000 Hz, Eingangsfrequenz 7000 Hz.............................................................. 20
Abbildung 5: Diskretisierung der gesprochenen Zahlen 1 bis 10 .......................................................... 21
Abbildung 6: Digitalisierung von Sprache, Auflösung 8 Bit, Sampling rate 40 kHz ............................... 21
Abbildung 7: Spannungsrichtige Messung ............................................................................................ 22
Abbildung 8: Stromrichtige Messung .................................................................................................... 22
Abbildung 9: Aufbau einer Messkette .................................................................................................. 22
Abbildung 10: Messchaltung zur Bestimmung von τ ............................................................................ 23
Abbildung 11: Ladekurve mit Zeitkonstante τ....................................................................................... 23
Abbildung 12: Zur Bestimmung von τ mittels Impedanzwandler ......................................................... 24
Abbildung 13: Einfachster Gleichstromkreis ......................................................................................... 25
Abbildung 14: Generator-Charakteristik, U(I) ....................................................................................... 25
Abbildung 15: Generator-Charakteristik, Schaltplan ............................................................................ 26
Abbildung 16: Digital Real-Time Oscilloscope, 4-Kanal, Tektronix TBS 2000 Serie ............................... 26
Abbildung 17: Oszilloskop mit Funktionsgenerator .............................................................................. 27
Abbildung 18: Oszilloskop mit Pulsgenerator ....................................................................................... 27
Abbildung 19: Arbiträrer Funktionsgenerator ...................................................................................... 27
Abbildung 20: Kennlinie eines lichtempfindlichen Widerstands .......................................................... 28
Abbildung 21: Frequenzabhängiger Schalldruckpegel .......................................................................... 29
Abbildung 22: Kennlinie eines Thermoelements .................................................................................. 30
Abbildung 23: Wirkungsweise eines Piezoelements ............................................................................. 31
Abbildung 24: Kennlinien NTC (links), PTC (rechts)............................................................................... 31
Abbildung 25: Messung des Füllstands mittels Zylinderkondensator .................................................. 32
Abbildung 26: Skizze eines Zylinderkondensators ................................................................................ 32
Abbildung 27: Kapazitive Erfassung eines Füllstands............................................................................ 34
Abbildung 28: Parallelschaltung von Kondensatoren zur Füllstandmessung (18,5pF) ......................... 35
Abbildung 29: Reihenschaltung von Kondensatoren zur Füllstandmessung (2,7pF)............................ 35
Abbildung 30: Gesamtkapazität C in Reihen- (rot) und Parallelschaltung (blau).................................. 36
Abbildung 31: Temperaturabhängigkeit der statischen Permittivität von Wasser .............................. 37
Abbildung 32: Reihenschwingkreis zur indirekten Bestimmung einer kleinen Kapazität ..................... 37
Abbildung 33: Resonanzpunkte beim Reihenschwingkreis................................................................... 38
Abbildung 34: Der vollständig mit Wasser gefüllte Würfel................................................................... 39
Abbildung 35: Der halb mit Wasser gefüllte Würfel als Parallelschaltung ........................................... 39
Abbildung 36: Der halb mit Wasser gefüllte Würfel als Reihenschaltung ............................................ 40
Abbildung 37: ARDUINO zur kapazitiven Messwerterfassung .............................................................. 41
Abbildung 38: Operationsverstärker CA3140 (Anschlussbelegung, DIL-Gehäuse) ............................... 43
Abbildung 39: Invertierender Spannungsverstärker ............................................................................. 43
Abbildung 40: Nicht invertierender Spannungsverstärker ................................................................... 44
Abbildung 41: Spannungsfolger (Impedanzwandler) ............................................................................ 44
Abbildung 42: Kennlinie des Impedanzwandlers .................................................................................. 44
Abbildung 43: Schaltplan des nicht invertierenden summierenden Verstärker................................... 45
Abbildung 44: Spannungs-Zeit-Diagramm des nicht invertierenden summierenden Verstärkers ....... 46
Abbildung 45: Schaltplan des Differenzverstärkers .............................................................................. 47
Abbildung 46: Spannungs-Zeit-Diagramm des Differenzverstärkers .................................................... 47
Abbildung 47: Invertierender Integrierer.............................................................................................. 48
Abbildung 48: Spannungs-Zeit-Diagramm des invertierenden Integrierers ......................................... 48
Abbildung 49:Invertierender Differenzierer ......................................................................................... 49
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
9
Abbildung 50: Spannungs-Zeit-Diagramm des invertierenden Differenzierers .................................... 49
Abbildung 51 Erfassung der Drehzahl mittels Gabellichtschranke ....................................................... 50
Abbildung 52: Signalaufbereitung durch Triggerung ............................................................................ 50
Abbildung 53: Aufholverstärker ............................................................................................................ 51
Abbildung 54: Schutzmaßnahmen für analoge Eingänge...................................................................... 51
Abbildung 55 Einstufiger NF-Verstärker (links), Gegentaktverstärker (rechts)..................................... 52
Abbildung 56: Signalaufbereitung durch den Bustreiber 74241 ........................................................... 52
Abbildung 57: Leistungsverstärkendes Interface .................................................................................. 53
Abbildung 58: Galvanisch trennendes strom- und spannungsverstärkendes Interface ....................... 54
Abbildung 59: Oszillogramm eines prellenden Schaltvorgangs ............................................................ 55
Abbildung 60: Entprellung von Schaltsignalen ...................................................................................... 55
Abbildung 61: Schnittstellen-Baustein 2232 (links) mit Prototypenkarten (rechts) ............................. 56
Abbildung 62: Interface mit integriertem 2232 Schnittstellen-Baustein .............................................. 56
Abbildung 63: Mittelwerte der Spannung bei verschiedenen Tastverhältnissen ................................. 57
Abbildung 64: Digital-Analog-Umsetzer mit R2R-Netzwerk .................................................................. 57
Abbildung 65: Analog-Digital-Umsetzer mit sukzessiver Approximation.............................................. 58
Abbildung 66: Timing-Diagramm des Analog-Digital-Umsetzers .......................................................... 58
Abbildung 67: Modularer Aufbau eines 24-Bit-Umsetzer-Systems ...................................................... 59
Abbildung 68: Rückkopplungsprinzip zur Lösung einfacher DGL .......................................................... 59
Abbildung 69. Schaltbild eines Analogrechners zur Lösung einer inhomogenen DGL 2.Ordnung ....... 60
Abbildung 70: Spannungs-Zeit-Diagramm mit Lösungsfunktion und Ableitungen ............................... 61
Abbildung 71: Sprungantwort einer PT2-Strecke mit gleichen Zeitkonstanten und Wendetangente .. 62
Abbildung 72: Wirkungsplan einer Steuerung (Steuerkette) ................................................................ 63
Abbildung 73: Führungssteuerung ........................................................................................................ 64
Abbildung 74: Haltegliedsteuerung ....................................................................................................... 65
Abbildung 75: Zeitplansteuerung .......................................................................................................... 66
Abbildung 76: Wegplansteuerung ......................................................................................................... 67
Abbildung 77: Wegplansteuerung, Detailaufnahme der Lichtschranke ............................................... 67
Abbildung 78: Ablaufsteuerung ............................................................................................................. 68
Abbildung 79: Realisierung einer digitaltechnischen Steuerung der Abfüllanlage ............................... 69
Abbildung 80: Anschlussbelegungen gängiger 8-Bit-EPROMs .............................................................. 70
Abbildung 81: Schaltplan der Abfüllanlage, analogtechnische Steuerung............................................ 71
Abbildung 82: Realisierung einer analogtechnischen Steuerung der Abfüllanlage .............................. 71
Abbildung 83: Signaltriggerung ohne Hysterese ................................................................................... 73
Abbildung 84: Signaltriggerung mit Hysterese ...................................................................................... 73
Abbildung 85: Komplexe Zahlenebene (z-Ebene) ................................................................................. 74
Abbildung 86: z- und s-Ebene beim Zylinderkondensator .................................................................... 76
Abbildung 87: Betrag G(s)...................................................................................................................... 77
Abbildung 88: Zeigerdiagramm mit zeitlicher Auflösung ...................................................................... 78
Abbildung 89: Verlauf von Wechselstrom und Wechselspannung am RC-Glied .................................. 79
Abbildung 90: Verlauf von Wechselstrom und Wechselspannung am RL-Glied................................... 79
Abbildung 91: Zeigerdiagramm für Strom und Spannung am RC-Glied ................................................ 80
Abbildung 92: Zeigerdiagramm für Strom und Spannung am RL-Glied ................................................ 80
Abbildung 93: Zeigerdiagramme der Spannungen für ein RL- und für ein RC-Glied ............................. 81
Abbildung 94: Widerstands-Dreiecke für ein RL- und ein RC-Glied ...................................................... 82
Abbildung 95: Ortskurve, PT1-Regelkreisglied ....................................................................................... 85
Abbildung 96: Amplitudengang in dB, PT1-Regelkreisglied ................................................................... 86
Abbildung 97: Phasengang, PT1-Regelkreisglied ................................................................................... 86
Abbildung 98: PT1-Regelkreisglied mit Ortskurve und Bode-Diagramm ............................................... 87
Abbildung 99: RC-Kombination ............................................................................................................. 88
Abbildung 100: Ladekurve einer RC-Kombination ................................................................................ 90
10
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 101: Laplace-Transformation zur Lösung von DGL .............................................................. 92
Abbildung 102: Inhaltliche Systematik des Bereichs Regelungstechnik ............................................... 97
Abbildung 103: Wirkungsablauf Regelkreis .......................................................................................... 98
Abbildung 104: Einfache Elemente eines Wirkungsplans ..................................................................... 98
Abbildung 105: Wirkungsablauf eines einfachen Regelkreises............................................................. 99
Abbildung 106: Wirkungsplan als Reihenstruktur................................................................................. 99
Abbildung 107: Wirkungsplan als Parallelstruktur .............................................................................. 100
Abbildung 108: Wirkungsplan als Kreisstruktur .................................................................................. 100
Abbildung 109: OpAmps in Gegenkopplung (links) und Mitkopplung................................................ 101
Abbildung 110: Wirkungsplan zur Gegenkopplung............................................................................. 102
Abbildung 111: Wirkungsplan zum nicht invertierenden Spannungsverstärker ................................ 102
Abbildung 112: Spannungsteiler als P-Strecke.................................................................................... 103
Abbildung 113: P-Strecke mit Operationsverstärkern ........................................................................ 104
Abbildung 114: Sprungantwort der P-Strecke .................................................................................... 104
Abbildung 115: PT1-Strecke mit Operationsverstärkern und Verstärkung von Kps=2........................ 106
Abbildung 116: Sprungantwort der PT1-Strecke mit Kps=2 ................................................................. 106
Abbildung 117: Ortskurve, PT2-Regelkreisglied (wechselwirkungsfrei) .............................................. 108
Abbildung 118: Wechselwirkungsfreie PT2-Strecke mit Operationsverstärkern ................................ 109
Abbildung 119: Sprungantwort der PT2-Strecke (gleiche Zeitkonstanten) ......................................... 110
Abbildung 120: Ableitungen der Sprungantwort einer nicht schwingfähigen PT2-Strecke ................ 112
Abbildung 121: Dämpfungsminimum bei gleichen Zeitkonstanten.................................................... 112
Abbildung 122: Sprungantworten von PT2-Strecke mit unterschiedlichen Zeitkonstanten ............... 113
Abbildung 123: Temperaturregelstrecken höherer Ordnung ............................................................. 114
Abbildung 124: Sprungantwort einer LR-Kombination als PT1-Strecke .............................................. 114
Abbildung 125: PT2-Strecke, Parallelschwingkreis in Resonanz .......................................................... 115
Abbildung 126: Schwingfähige PT2-Strecke realisiert durch eine RLC-Kombination .......................... 116
Abbildung 127: Sprungantwort einer schwingfähigen PT2-Strecke (0 < D < 1) ................................... 116
Abbildung 128: RLC-Kombination ....................................................................................................... 116
Abbildung 129: Ortskurve und Bode-Diagramm einer schwingfähigen PT2-Strecke .......................... 119
Abbildung 130: Übergangsverhalten einer PT2-Strecke bei verschiedenen Dämpfungen ................. 120
Abbildung 131: Füllstandstrecke als Zylinderkondensator ................................................................. 121
Abbildung 132: Ventilhub in Abhängigkeit vom Steuerdruck ............................................................. 122
Abbildung 133: Bestimmung des Ventilbeiwerts ................................................................................ 122
Abbildung 134: Bestimmung des Integrierbeiwerts der I-Strecke ...................................................... 124
Abbildung 135: Messprotokoll zur Streckencharakteristik I-Strecke .................................................. 124
Abbildung 136: Ortskurve und Bode-Diagramm einer I-Strecke ........................................................ 125
Abbildung 137: Sprungantwort eines Regelkreisglieds mit I-Verhalten ............................................. 126
Abbildung 138: Allgemeiner Wirkungsplan zum Übertragungsverhalten eines Regelglieds.............. 128
Abbildung 139: Wirkungsplan des P-Regelglieds ................................................................................ 128
Abbildung 140: P-Regelglied mit Operationsverstärkern ................................................................... 129
Abbildung 141: Ortskurve und Bode-Diagramm eines P-Regelglieds ................................................. 130
Abbildung 142: Wirkungsplan eines I-Regelglieds .............................................................................. 131
Abbildung 143: I-Regelglied mit Operationsverstärkern .................................................................... 131
Abbildung 144: Kennlinie eines I-Reglers nach Beaufschlagung mit einem 5V-Sprung...................... 132
Abbildung 145: Kennlinie eines I-Reglers nach Beaufschlagung mit einem 10V-Sprung.................... 132
Abbildung 146: Ortskurve und Bode-Diagramm eines I-Regelglieds .................................................. 133
Abbildung 147: Wirkungsplan eines D-Regelglieds ............................................................................. 134
Abbildung 148: Wirkungsplan eines PI-Regelglieds ............................................................................ 134
Abbildung 149: PI-Regelglied mit Operationsverstärkern .................................................................. 136
Abbildung 150: Sprungantwort des PI-Regelglieds ............................................................................. 136
Abbildung 151: Alternativer Aufbau eines PI-Regelglieds mit Operationsverstärkern....................... 137
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
11
Abbildung 152: Ortskurve und Bode-Diagramm eines PI-Regelglieds ................................................ 138
Abbildung 153: Wirkungsplan eines PD-Regelglieds ........................................................................... 139
Abbildung 154: PD-Regelglied mit Operationsverstärkern ................................................................. 140
Abbildung 155: Sprungantwort des PD-Regelglieds ............................................................................ 140
Abbildung 156: Sprungantwort des PD-T1-Regelglieds ....................................................................... 141
Abbildung 157: Wirkungsplan eines PD-T1-Regelglieds....................................................................... 141
Abbildung 158: Ortskurve und Bode-Diagramm eines PD-Regelglieds ............................................... 142
Abbildung 159: Alternativer Aufbau eines PD-Regelglieds mit Operationsverstärkern ..................... 143
Abbildung 160: Wirkungsplan eines PID-Regelglieds .......................................................................... 143
Abbildung 161: Wirkungsplan eines PID-T1-Regelglieds...................................................................... 144
Abbildung 162: PID/PID-T1-Regelglied mit Operationsverstärkern ..................................................... 145
Abbildung 163: Sprungantwort des PID-T1-Regelglieds ...................................................................... 145
Abbildung 164: Ortskurve und Bode-Diagramm eines reinen PID-Regelglieds .................................. 146
Abbildung 165: Alternativer Aufbau eines PID-Regelglieds mit Operationsverstärkern .................... 147
Abbildung 166: Vergleich der Sprungantworten verschiedener Regelglieder .................................... 148
Abbildung 167: Komparator als Zweipunkt-Regelglied ....................................................................... 149
Abbildung 168: Zweipunkt-Regler mit Hysteresewiderstand ............................................................. 149
Abbildung 169: Verhalten eines Komparators mit großer Schalthysterese ........................................ 150
Abbildung 170: Verhalten eines Komparators mit geringer Schalthysterese ..................................... 150
Abbildung 171: Wirkungsplan eines geschlossenen Regelkreises ...................................................... 151
Abbildung 172: Wirkungsplan eines offenen Regelkreises ................................................................. 153
Abbildung 173: Stabile und instabile Ortskurve von Regelkreisen 3. Ordnung .................................. 154
Abbildung 174: Pole-Nullstellen-Diagramm ........................................................................................ 156
Abbildung 175: Wirkungsplan P-Regelglied mit PT1-Strecke............................................................... 157
Abbildung 176: P-Regelglied mit PT1-Strecke, Führungssprungantwort ............................................. 158
Abbildung 177: P-Regelglied mit PT1-Strecke, Regelkreis mit Führungsgröße.................................... 159
Abbildung 178: P-Regelglied mit PT1-Strecke, Führungssprung- und Störsprungantwort ................. 160
Abbildung 179: P-Regelglied mit PT1-Strecke, Regelkreis mit Stör- und Führungsgröße .................... 161
Abbildung 180: Wirkungsplan I-Regelglied mit PT1-Strecke ................................................................ 162
Abbildung 181: Wirkungsplan PI-Regelglied mit PT1-Strecke.............................................................. 163
Abbildung 182: Wirkungsplan P-Regelglied mit I-Strecke ................................................................... 164
Abbildung 183: Wirkungsplan I-Regelglieds mit I-Strecke .................................................................. 166
Abbildung 184: Wirkungsplan PI-Regelglied mit I-Strecke .................................................................. 167
Abbildung 185: Wirkungsplan PID-Regelglied mit PT2-Strecke ........................................................... 168
Abbildung 186: Wirkungsplan Zweipunkt-Regelglied mit PT1-Strecke................................................ 169
Abbildung 187: Zusammenhang zwischen Regelgröße und Stellgröße .............................................. 170
Abbildung 188: Verringerung der Schaltdifferenz beim 2-Punkt-Regler............................................. 170
Abbildung 189: Verringerung der Zeitkonstanten beim 2-Punkt-Regler ............................................ 171
Abbildung 190: Zeitabhängiger Verlauf der Regelgröße x .................................................................. 171
Abbildung 191: : Vereinfachte Darstellung der Regelgröße x ............................................................. 172
Abbildung 192: Herleitung der Zeitkonstanten mittels Strahlensatz .................................................. 172
Abbildung 193: Wirkungsplan Zweipunkt-Regelglied mit I-Strecke .................................................... 173
Abbildung 194: Führungssprungantwort 2-Punkt-Regelglied mit I-Strecke........................................ 173
Abbildung 195: Regelkreis zur Drehzahlregelung eines Motor-Generator-Satzes.............................. 175
Abbildung 196: Digital arbeitende Regeleinrichtung .......................................................................... 176
Abbildung 197: Mikrocontroller mit USB Converter FTDI 2232, ARDUINO Duemilanove .................. 177
Abbildung 198: Wirkungsplan P-Regler mit PT1-Strecke ohne Störgröße ........................................... 178
Abbildung 199: Regelkreisaufbau mit Mikrocontroller und PT1-Strecke ............................................ 179
Abbildung 200: Operationsverstärker mit Filter 2. Ordnung .............................................................. 180
Abbildung 201: Bode-Diagramm für einen Filter 2.Ordnung .............................................................. 181
Abbildung 202: P-Regelglied, Führungssprungantwort: kpr=1............................................................. 183
12
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 203: P-Regelglied, Führungssprungantwort: kpr=2 ............................................................ 183
Abbildung 204: PI-Regelglied, Führungssprungantwort, kPR=1, Tn=5ms ............................................. 184
Abbildung 205: PI-Regelglied, Führungssprungantwort, KPR=1, Tn=1ms ............................................. 184
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
13
14
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: System International (SI) Basiseinheiten .............................................................................. 17
Tabelle 2: Resonanzfrequenzen zur Messung kleiner Kapazitäten....................................................... 40
Tabelle 3 Adress- und Datenbelegung des EPROMs ............................................................................. 70
Tabelle 4: Bode-Diagramm, PT1-Regelkreisglied ................................................................................... 85
Tabelle 5: Einstellungsvorgaben nach dem CHR-Verfahren ............................................................... 152
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
15
16
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
1 Messen
Hier wird unterschieden zwischen Basiseinheiten und abgeleiteten Einheiten. Es gibt sieben
Basiseinheiten
und
zweiundzwanzig
abgeleitete
SI-Einheiten,
nachzulesen
unter
http://de.wikipedia.org/wiki/Internationales_Einheitensystem :
Basisgröße und
Dimensionsname
Größensymbol
Dimensionssymbol
Einheit
Einheitenzeichen
Länge
l
L
Meter
m
Masse
m
M
Kilogramm
kg
Zeit
t
T
Sekunde
s
Stromstärke
I oder i
I
Ampere
A
Thermodynamische
Temperatur
T
Θ
Kelvin
K
Stoffmenge
(Substanzmenge)
n
N
Mol
mol
Lichtstärke
IV
J
Candela
cd
Tabelle 1: System International (SI) Basiseinheiten
Das Messen ist ein experimenteller Vorgang, wobei der Wert einer physikalischen Größe als das
Vielfache eines Bezugswertes ermittelt wird.
1.1 Messen elektrischer Größen
Beim Vorgang des Messens wird hauptsächlich zwischen dem Messen elektrischer Größen und dem
Messen nicht elektrischer Größen unterschieden. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch ein
Messen nicht elektrischer Größen, wie z.B. Temperatur zwecks weiterer Verarbeitung oft eine
Umformung in eine elektrische Größe, wie z.B. in einen ohmschen Widerstand, nach sich zieht. Das
Messen elektrischer Größen kann daher als ein grundsätzliches Problem des Messens aufgefasst
werden und wird deshalb an dieser Stelle ausführlicher behandelt.
Hauptsächlich unterscheidet man zwischen den Begriffen Messprinzip, Messmethode,
Messverfahren. Diese drei wesentlichen Begriffe des Messens werden im Folgenden an drei
Beispielen erläutert an jeweils einem Beispiel aus den Bereichen des Stoffumsatzes (Viskosität), des
Energieumsatzes (Solarzelle) und Informationsumsatzes (2-Punkt-Regler, ersatzweise könnte auch
eine RC-Kombination betrachtet werden).
1.1.1 Messprinzip
Hier wird Bezug genommen auf eine zugrunde liegende physikalische Erscheinung, die dann als
Messprinzip bezeichnet wird. Das Messprinzip stellt die wissenschaftliche Grundlage eines
Messverfahrens dar.
(Stoffumsatz) Bestimmung der dynamischen Viskosität:
Bewegung einer Masse unter Reibungseinfluss im Schwerefeld der Erde
(Energieumsatz) Bestimmung der Maximalleistung (mpp) einer Solarzelle:
äußerer photoelektrischer Effekt, Freisetzung von positiven und negativen Ladungsträgern
(Informationsumsatz) 2-Punkt-Regler:
unterschiedliche Ausdehnung von Metallen unter Temperatureinfluss
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
17
1.1.2 Messmethode
Als solche wird die „Spezielle, vom Messprinzip unabhängige Art des Vorgehens bei der Messung“
(DIN 1319-1), bezeichnet (link: http://de.wikipedia.org/wiki/Messung). Hier soll deutlich werden,
dass die Effektivität einer Messung sicherlich entscheidend von der angewandten Messmethode
abhängt.
(Stoffumsatz) Bestimmung der dynamischen Viskosität:
Bestimmung der Laufzeit einer Kugel durch eine definierte Fallstrecke
(Energieumsatz) Bestimmung der Maximalleistung (mpp) einer Solarzelle:
Bestimmung von Strom und Spannung für unterschiedliche Belastungen
(Informationsumsatz) 2-Punkt-Regler:
Bestimmung der Kennlinie durch Messen der Stellgröße und der Regelgröße
1.1.3 Messverfahren
Wikipedia gibt hier die folgende Definition: „Praktische Anwendung eines Messprinzips und einer
Messmethode“ (DIN 1319-1).
(Stoffumsatz) Bestimmung der dynamischen Viskosität:
Nutzung eines Kugelfall-Viskosimeters
(Energieumsatz) Bestimmung der Maximalleistung (mpp) einer Solarzelle:
Anwendung des Verfahrens der sukzessiven Approximation; zu beachten sind hier die Verfahren
einer spannungsrichtigen bzw. stromrichtigen Messung.
(Informationsumsatz) 2-Punkt-Regler:
Zeitabhängiges kontinuierliches Messen der Größen Temperatur und zugeführte Energie
1.1.3.1 Analoge Verfahren
Wird eine Eingangsgröße in eine proportionale Ausgangsgröße umgewandelt, so liegt ein analoges
Messverfahren vor. Das ist beispielsweise der Fall, wenn eine Potentialdifferenz als Eingangsgröße
durch die Anzeige (Ausgangsgröße) eines analog anzeigenden Instruments (Zeigerinstrument,
Oszilloskop) wiedergegeben wird. Die unten stehende Abbildung zeigt ein analog arbeitendes
Oszilloskop mit Kathodenstrahlröhre. Dargestellt sind zwei periodische Wechselspannungen mit
unterschiedlicher Frequenz und unterschiedlicher Amplitude. Es ist ein Screenshot von
http://www.virtuelles-oszilloskop.de/ .
Abbildung 1: Virtuelles Oszilloskop
18
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
1.1.3.2 Digitale Verfahren
In diesem Fall wird eine Eingangsgröße in einen digitalen Wert umgewandelt, wobei keine
Proportionalität besteht, da sich die Ausgangsgröße in abzählbaren Schritten ändert. In diesem
Zusammenhang sind die Begriffe der Codierung sowie der Diskretisierung und Quantisierung zu
nennen:
Codierung:
Ein Code kann (fast) frei gewählt werden. Er muss lediglich drei Kriterien erfüllen: er muss
fehlersicher, eindeutig und ökonomisch sein. Ein mögliches Beispiel ist der Gray-Code, der als
robuster Code bei der Übertragung von binären Signalen durch analoge Leitungen verwendet wird.
Hierbei unterscheiden sich benachbarte Codewörter nur in einer einzigen dualen Ziffer. Nachfolgend
zwei Tabellen der beiden unabhängigen Variablen A und B, links im 2-Bit-Dual-Code rechts im 2-BitGray-Code. Siehe hierzu: http://de.wikipedia.org/wiki/Gray-Code .
A B
0 0
0 1
1 0
1 1
A B
0 0
0 1
1 1
1 0
Diskretisierung:
Vorgang der Aufzeichnung von räumlich und/oder zeitlich äquidistanten Messwerten eines analogen
Signals. In diesen Zusammenhang ist das Abtasttheorem (sampling rate) nach Claude Shannon
einzuordnen. Im Wesentlichen besagt es, dass ein abzutastendes Signal mit mindestens dem
doppelten seiner höchsten Frequenz abzutasten ist, d.h. im Umkehrschluss, dass die höchst mögliche
Frequenz eines abzutastenden Signal bei einer Abtastrate (sampling rate) von beispielsweise 4000 Hz
genau bei 2000 Hz liegt. Ein ausgezeichnetes Java-Applet zur Demonstration dieses Theorems fand
sich unter http://www.dsptutor.freeuk.com/aliasing/AD102.html (leider existiert diese Adresse nicht
mehr). Die nachfolgenden drei Screenshots sind dabei entstanden:
Abbildung 2: Abtastrate 4000 Hz, Eingangsfrequenz 2000 Hz
Hier wird die Grenzfrequenz von 2000 Hz erreicht. Es gibt gerade noch 4 Abtastpunkte je
Periodendauer. Das Signal kann gerade noch aufgelöst werden.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
19
Abbildung 3: Abtastrate 4000 Hz, Eingangsfrequenz 4000 Hz
Wenn die Signalfrequenz der Abtastrate entspricht, werden nur noch zwei Punkte pro Periodendauer
abgetastet. Das Signal kann nicht mehr aufgelöst werden. Entweder ist die Signalfrequenz zu hoch
(das ist hier der Fall) oder die sampling rate ist zu niedrig gewählt.
Abbildung 4: Abtastrate 4000 Hz, Eingangsfrequenz 7000 Hz
Hier kommt es zu Signalverfälschungen, da das resultierende Signal (blau T = 1,75 ms) in seiner
Frequenz nicht dem abzutastenden Signal (gelb, T = 250 µs) entspricht, seine Periodendauer T ist um
den Faktor 7 vergrößert worden.
Quantisierung:
Darstellung einer Messwerte-Abtastung mit endlicher Auflösung, abgebildet auf ganzzahlige
Binärwerte
Die nächste Abbildung zeigt hauptsächlich den Vorgang der Diskretisierung von analogen Signalen.
Wäre die dargestellte Signalamplitude zusätzlich in Binärwerte unterteilt, wäre auch die
Quantisierung der Signale dargestellt. Aufgenommen wurden die gesprochenen Zahlen „eins“ bis
„zehn“ bei einer sampling rate von 44,1 kHz und einer Auflösung von 16 Bit. Die nach vorne weisende
Achse liefert die Zeit von 0 bis 8 Sekunden, die nach hinten weisende Achse liefert die am
Sprechvorgang beteiligte Frequenz von 20 Hz bis 20 kHz.
20
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 5: Diskretisierung der gesprochenen Zahlen 1 bis 10
Die nachfolgende Abbildung gibt den zeitabhängigen Amplitudenverlauf gesprochener Wörter durch
ein Computerprogramm wieder. Das Programm sowie die zugehörige Hardware wurden vom Autor
im Jahr 1990 erstellt und wiederholt in Vorlesungen zum Informationsumsatz in technischen
Systemen eingesetzt. Es wurde zur Erfassung, Analyse und Bearbeitung der menschlichen Sprache
entwickelt und dient u.a. der Demonstration von veränderlichen Größen wie Auflösungsvermögen
oder Abtastrate.
Abbildung 6: Digitalisierung von Sprache, Auflösung 8 Bit, Sampling rate 40 kHz
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
21
Grundlage zur Digitalisierung von Sprache ist eine speziell für die o.g. Anforderungen entwickelte Ein/Ausgabekarte, die mit 8-Bit-DA/AD-Umsetzern aufgebaut ist und Signalfrequenzen bis zu 50kHz
verarbeiten kann. Das Programm selbst ist vorwiegend in Maschinensprache geschrieben, und zwar
für die Mikroprozessoren der 80x86-Familie.
In dieser 1. Version ist die Dauer der Messwerte-Erfassung eine unveränderliche Größe (3 Sekunden),
was zur Demonstration jedoch vollkommen ausreichend ist. Das Programm stellt jederzeit abrufbare
Files unterschiedlicher sampling rate und gestuften Auflösungsvermögens desselben semantischen
Inhalts zur Verfügung, die akustisch ausgegeben werden können.
Mit Hilfe von FFT-Routinen (Fast Fourier Transformation) kann eine Analyse des Frequenzganges
erfolgen. Das System kann so sprecheradaptiv (Sprecheridentifikation) arbeiten. Eine Bearbeitung
des Ursprungs-Files wird vom Programm direkt nach der Spracheingabe vorgenommen. Hier sind
Abtastraten von 40, 20, 10, 5 und 2 kHz bei Auflösungen von jeweils 8, 6, 4 und 2 Bit möglich. Eine
Zoom-Funktion ermöglicht die vergrößerte Darstellung frei wählbarer Ausschnitte von 20, 40, 60 und
80 Millisekunden Dauer.
1.1.3.3 Direkte/indirekte Messung
Die direkte Messung ist immer eine Vergleichsmessung. So wird z.B. bei der Längenmessung durch
Anlegen eines Lineals ein direkter Vergleich mit bekannten Werten vorgenommen. In der
Elektrotechnik wird fast ausschließlich indirekt gemessen. So wird der gesuchte Messwert aus einer
anderen physikalischen Größe ermittelt. Beispiele sind die spannungsrichtige und die stromrichtige
Messung, sowie die Bestimmung des Stroms über den Spannungsfall eines Messwiderstandes beim
Einsatz eines Oszilloskops. Oszilloskope können ausschließlich zeitabhängige Spannungen messen.
Abbildung 7: Spannungsrichtige Messung
Abbildung 8: Stromrichtige Messung
1.1.4 Messeinrichtung
Unter dem Begriff der Messeinrichtung ist der komplette Aufbau einer Messkette zu verstehen.
Angefangen beim Messobjekt bzw. der Messgröße bis hin zur Ausgabe des Messwerts als
Darstellung bzw. Registrierung und gegebenenfalls weiterer Verarbeitung.
Abbildung 9: Aufbau einer Messkette
22
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Ein geeignetes Messobjekt sei beispielsweise ein ohmscher Wirkwiderstand in einem einfachen
Gleichstromkreis, dessen Temperatur als zeitabhängige Funktion durch einen Rechner aufzunehmen
ist. Messobjekt ist ein Widerstand, Messgröße ist die Temperatur. Diese physikalische Größe muss
durch einen geeigneten Sensor in ein elektrisches Messsignal gewandelt werden. Dieses Signal muss
danach durch einen ADU (Analog-Digital-Umsetzer) in ein normiertes elektrisches Signal, in diesem
Fall in ein binäres Signal umgewandelt werden. Abschließend kann dieses Signal durch einen Rechner
zur Anzeige bzw. Registrierung gebracht werden.
1.1.5 Messfehler
Ein Sprichwort sagt: "Wer misst, misst Mist." Natürlich steckt in dieser Aussage ein wahrer Kern. Er
wurde zuletzt wohl eindrucksvoll durch die Heisenbergsche Unschärferelation belegt. In der
Quantenmechanik kann entweder nur der Ort oder der Impuls eines Teilchens gemessen werden.
Beides zusammen ist nicht möglich oder eben mit einer gewissen "Unschärfe" behaftet, wobei
statistische Elemente eine entscheidende Rolle spielen.
Der Vorgang des Messens hat also immer einen Einfluss auf das zu messende Objekt. Ein einfaches
Beispiel ist die Aufnahme einer Ladekurve bei einer RC-Kombination. Wird die sich über dem
Kondesator
einstellende
Spannung
(UC)
mit
einem
Vielfachmessgerät
mit
Messgeräteinnenwiderstand RVI aufgenommen, so kann der Einfluss des Messgerätes auf das
Messobjekt einen teils erheblichen Fehler bei der Bestimmung der Zeitkonstanten verursachen.
Handelt es sich dabei um ein mit Messverstärkern ausgestattetes Gerät, so sind zusätzlich noch
Kapazitäten des Gerätes selbst zu berücksichtigen.
Abbildung 10: Messchaltung zur Bestimmung von τ
Abbildung 11: Ladekurve mit Zeitkonstante τ
1.1.5.1 Systematische Fehler
Solche Fehler liegen vor, wenn z.B. Messgeräte falsch justiert sind oder kausal bedingte physikalische
Effekte auftreten, die regelmäßig zu verfälschten Ergebnissen führen. Im o.g. Beispiel zur
Bestimmung der Zeitkonstanten τ taucht der systematische Fehler auf, dass ein Vielfachmessgerät
direkt an die Schaltung angeschlossen wird und diese dann in ihrem Zeitverhalten beeinflusst. Diese
Problematik lässt sich nur durch eine möglichst starke Entkopplung der Schaltung vom Messgerät
erreichen. Hier kann ein als Impedanzwandler beschalteter Operationsverstärker (OpAmp) eingesetzt
werden. Durch den hohen Eingangswiderstand des OpAmp
Ω) wird
(1T der Einfluss des
Spannungsfolgers ausgesprochen gering gehalten. Gleichzeitig verfügt ein OpAmp über einen sehr
niederohmigen Ausgang (6), so dass ein hochohmiges Messgerät (Ri > 10MΩ) direkt angeschlossen
werden kann. Die nachfolgende Abbildung 12 zeigt den Messaufbau zur Vermeidung des
vorgenannten systematischen Fehlers.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
23
Abbildung 12: Zur Bestimmung von τ mittels Impedanzwandler
1.1.5.2 Statistische Fehler
Selbst wenn systematische Fehler vollständig eliminiert wurden, wird das wiederholte Messen einer
Größe niemals genau übereinstimmende Werte liefern. Solche Fehler sind statistische oder zufällige
Fehler und lassen sich ausschließlich mit den Mitteln der Statistik erfassen (deskriptive Statistik).
Stichwörter sind an dieser Stelle die Normalverteilung oder Häufigkeitsverteilung und die
Standardabweichung.
Auf der Grundlage dieser Wahrscheinlichkeitsüberlegungen kann der arithmetische Mittelwert Um
einer Reihe von n Spannungswerten U1 bis Un ermittelt werden durch:
𝑛
1
π‘ˆ1 + π‘ˆ2 + β‹― + π‘ˆπ‘›
π‘ˆπ‘š = οΏ½ π‘ˆπ‘– =
𝑛
𝑛
𝑖=1
Der mittlere Fehler dieses Mittelwertes wird als mittlerer quadratischer Fehler oder Standardfehler
bezeichnet und errechnet sich folgendermaßen:
(π‘ˆπ‘š − π‘ˆ1 )2 + (π‘ˆπ‘š − π‘ˆ2 )2 + β‹― + (π‘ˆπ‘š − π‘ˆπ‘› )2
βˆ†π‘ˆπ‘š = οΏ½
𝑛(𝑛 − 1)
Die Statistik kennt Methoden zur Bestimmung der Genauigkeit von Messwerten mit der zu Grunde
liegenden Theorie. Genannt sei hier der χ2 (chi-Quadrat-Test), der die Verteilungseigenschaften einer
Grundgesamtheit untersucht (induktive Statistik). Dieser Test ist oft fester Bestandteil von
mathematischen Programmen zur Auswertung von Messergebnissen. Bezogen auf das o.g. Beispiel
müsste man den Versuch mehrere Male wiederholen, um die statistische Varianz möglichst gering zu
halten.
1.1.5.3 Fehlerfortpflanzung
Gemeint ist hier das Fehlerfortpflanzungsgesetz von Gauß, das an Stelle der Standardabweichung
den sog. Größtfehler angibt. Es dient einer oberen Abschätzung und ist nicht die geometrische 1
Summe, sondern die algebraische Summe der Beträge der Standardabweichungen:
𝑆𝑍 = οΏ½
πœ•π‘
πœ•π‘
πœ•π‘
οΏ½ βˆ™ |π‘ π‘Ž | + οΏ½ οΏ½ βˆ™ |𝑠𝑏 | + οΏ½ οΏ½ βˆ™ |𝑠𝑐 | + β‹―
πœ•π‘Ž
πœ•π‘
πœ•π‘
1.1
Hier sind die einzelnen Beträge der partiellen Differentiale der zu berechnenden Größe Z = Z(a,b,c,…)
zu bestimmen und anschließend mit den Beträgen der einzelnen Standardabweichungen sa, sb, sc,…
1
Bei geometrischen Folgen sind die Quotienten der einzelnen Folgeglieder gleich (z.B. 5, 15, 45, 135, …).
Bei arithmetischen Folgen sind die Differenzen der einzelnen Folgeglieder gleich (z.B. 2, 4, 6, 8, 10, …).
24
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
zu multiplizieren. Die Summe ergibt schließlich den Größtfehler. Verdeutlicht werden soll dieser
Zusammenhang am Beispiel einer Leistungsmessung.
In einem einfachen Gleichstromkreis mit ohmschem Wirkwiderstand. Die Berechnung des
Größtfehlers erfolgt auf der Grundlage des ohmschen Gesetzes: U = R·I; anschließend wird der
Größtfehler bei der Bestimmung der elektrischen Leistung gemäß P = R·I2 bestimmt. Gegeben seien
die folgenden Größen: I = 5 A, R1 = 10 Ω. Die gemessenen Abweichungen betragen: ΔI = 0,1 A,
ΔR = 1 Ω.
π‘†π‘ˆ = οΏ½
πœ•π‘ˆ
πœ•π‘ˆ
οΏ½ βˆ™ |βˆ†π‘…| + οΏ½ οΏ½ βˆ™ |βˆ†πΌ|
πœ•π‘…
πœ•πΌ
π‘†π‘ˆ = |𝐼| βˆ™ |βˆ†π‘…| + |𝑅| βˆ™ |βˆ†πΌ|
π‘†π‘ˆ = 5 βˆ™ 1 + 10 βˆ™ 0,1 = 6𝑉, πΊπ‘Ÿöπ‘ π‘ π‘‘π‘“π‘’β„Žπ‘™π‘’π‘Ÿ π‘†π‘π‘Žπ‘›π‘›π‘’π‘›π‘”
𝑆𝑃 = οΏ½
Abbildung 13: Einfachster Gleichstromkreis
πœ•π‘ƒ
πœ•π‘ƒ
οΏ½ βˆ™ |βˆ†π‘…| + οΏ½ οΏ½ βˆ™ |βˆ†πΌ|
πœ•πΌ
πœ•π‘…
𝑆𝑃 = |𝐼 2 | βˆ™ |βˆ†π‘…| + |2 βˆ™ 𝐼 βˆ™ 𝑅| βˆ™ |βˆ†πΌ|
𝑆𝑃 = 25 βˆ™ 1 + 100 βˆ™ 0,1 = 35π‘Š, πΊπ‘Ÿöπ‘ π‘ π‘‘π‘“π‘’β„Žπ‘™π‘’π‘Ÿ 𝐿𝑒𝑖𝑠𝑑𝑒𝑛𝑔
1.1.6 Grenzen für Messungen
Messwerte verfügen durch die o.g. Randbedingungen, unter denen sie ermittelt wurden immer über
eine begrenzte Aussagekraft. So müssen z.B. bei der Bestimmung des Innenwiderstands von
Spannungsquellen (Leistungsanpassung eines Generators) Messwerte im absoluten Grenzbereich
ermittelt werden, die schon das ihnen zu Grunde liegende Messprinzip verletzten. Wie lässt sich der
Kurzschlussstrom oder die Leerlaufspannung messtechnisch erfassen? (siehe unten stehende
Abbildung) Die Antwort lautet: gar nicht! Das System würde keine zuverlässigen Werte in diesen
Bereichen liefern, da der Vorgang des Messens an sich schon einen zu großen Einfluss auf das System
hat.
Abbildung 14: Generator-Charakteristik, U(I)
Kurzschlussstrom und Leerlaufspannung lassen sich ausschließlich durch die aufgenommenen
Messwertpaare extrapolieren! Da die Charakteristik einen linearen Zusammenhang liefert, können
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
25
sogar lediglich zwei (!) Messwertpaare ausreichen, um die Charakteristik zu konstruieren und so den
Innenwiderstand der Spannungsquelle zu ermitteln. Die nachfolgende Abbildung zeigt mit kurzer
Rechnung den mathematischen Zusammenhang.
−π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ + π‘ˆπΌ + π‘ˆπ‘… = 0
π‘ˆπ‘… = π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ − π‘ˆπΌ
πΊπ‘’π‘Ÿπ‘Žπ‘‘π‘’π‘›π‘”π‘™π‘’π‘–π‘β„Žπ‘’π‘›π‘”: π‘ˆπ‘… (𝐼) = π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ − 𝑅𝐼 𝐼
πΎπ‘’π‘Ÿπ‘§π‘ π‘β„Žπ‘™π‘’π‘ π‘ : π‘ˆπ‘… (𝐼) = 0
Abbildung 15: Generator-Charakteristik, Schaltplan
π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ = 𝑅𝐼 𝐼 π‘œπ‘‘π‘’π‘Ÿ 𝐼 =
π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘
𝑅𝐼
πΏπ‘’π‘’π‘Ÿπ‘™π‘Žπ‘’π‘“: π‘ˆπ‘… (𝐼) = π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘
1.1.7 Messgeräte
Neben den üblichen Vielfachmessgeräten für Widerstands-, Strom- und Spannungsmessungen
existiert noch eine Vielzahl von Messgeräten mit einem deutlich erweitertem Funktionsumfang sowie
einer bedeutend besseren Signalumsetzung. Die für diesen hier angesprochenen Bereich relevanten
Geräte sind hauptsächlich das Oszilloskop sowie der Funktionsgenerator. Weitere Geräte von
Interesse sind der Pulsgenerator sowie Spezialmessgeräte für Kapazitäten und Induktivitäten.
1.1.7.1 Oszilloskop
Die nachfolgende Abbildung 16 zeigt ein neueres digital arbeitendes Oszilloskop der Serie TBS 2000
des Herstellers Tektronix. Diese mit einem farbigen LCD-Bildschirm ausgestatteten Modelle arbeiten
(fast) vollautomatisch. Eine Autoset-Funktion ersetzt das frühere mühsame Suchen des
Kathodenstrahls bei CRT-Modellen (Cathode Ray Tube). Gleichzeitig wird bei dieser neuen
Generation von Oszilloskopen eine komplette Menüführung eingeblendet, die dem Nutzer
erhebliche Erleichterungen bietet.
Abbildung 16: Digital Real-Time Oscilloscope, 4-Kanal, Tektronix TBS 2000 Serie
1.1.7.2 Funktionsgenerator
Die nachstehende Abbildung 17 zeigt einen älteren 11 MHz Funktionsgenerator von Tektronix (CFG
280). Dieses relativ einfach zu handhabende Gerät kann die Standardfunktionen (Sinus, Dreieck,
Rechteck) in unterschiedlichen Frequenzen mit verschiedenen Amplituden darstellen. Zusätzlich
besteht die Möglichkeit einer Aufprägung von Gleichspannungsanteilen (DC-Offset)
26
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 17: Oszilloskop mit Funktionsgenerator
1.1.7.3 Pulsgenerator
Unten dargestellt ist ein (ebenfalls älterer) 50 MHz Pulsgenerator des Herstellers Philips. Deutlich
erkennbar sind die Einsteller zur Beeinflussung der Pulsform (Wiederholung, Verzögerung, Dauer,
Rampe). Die Möglichkeiten der Signalveränderung gibt es bei einem reinen Funktionsgenerator nicht.
Abbildung 18: Oszilloskop mit Pulsgenerator
1.1.7.4 Arbiträre Generatoren
Die nachfolgende Abbildung zeigt einen neueren einfachen arbiträr arbeitenden Funktionsgenerator
der letzten Generation. Er erzeugt Signale mittels digitaler Methoden, beispielsweise mittels DDS
(direct digital synthesis). Arbiträr bedeutet, dass der Generator beliebig geformte Signale erzeugen
kann. So lassen sich z.B. die elektrischen Aktivitäten der Herzmuskelfasern in ihrem zeitlichen Ablauf
periodisch darstellen; auch ein Wechsel unterschiedlichster Signalformen ist so möglich.
Abbildung 19: Arbiträrer Funktionsgenerator
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
27
1.2 Messen nicht elektrischer Größen
Wie schon in Kapitel 1.1 erwähnt, müssen zu messende nicht elektrische Größen wie z.B.
Temperatur, Druck, Luftfeuchte, etc. erst in elektrische messbare Größen umgewandelt werden.
Dabei wird eine Eingangsgröße oder Messgröße durch eine Messeinrichtung, bestehend aus
Messfühler und Signalanpassung/Signalverstärkung, in eine Ausgangsgröße oder einen Messwert
umgeformt werden. Mittlerweile gibt es eine Unmenge an Sensoren, die als Messeinrichtung neben
dem eigentlichen Sensor zusätzlich schon über die zugehörige Anpassung/Verstärkung verfügen. Dies
erscheint relativ praktisch, da so ausgelegte Sensoren sich durch ein Nachschalten von
Mikrokontrollern relativ leicht einsetzen lassen.
1.2.1 Sensorik
Ein Sensor formt in erster Linie eine physikalische Größe in eine elektrische Größe um. Es gibt
Sensoren für alle möglichen Anwendungsfälle: Lichtempfindliche Widerstände, temperaturempfindliche Halbleiter, optische oder akustische Sensoren, Sensoren zur Messung der
Beschleunigung, etc. All diese Sensoren nutzen unterschiedliche physikalische Effekte und haben
enge Bereiche, die sie sensorisch erfassen können. Dabei ist die Kennlinie eines Sensors in der Regel
nicht linear. Die unten stehende Abbildung 20 gibt die Kennlinie eines LDR (light dependent resistor)
wieder.
Abbildung 20: Kennlinie eines lichtempfindlichen Widerstands
Die Widerstandswerte verschwinden bei Dunkelheit schnell in den Megaohm-Bereich und tendieren
bei zunehmender Beleuchtungsstärke schnell gegen Null Ohm. Dieser Sensor deckt eine
Beleuchtungsstärke von ca. 10 Lux bis ca. 300 Lux 2 ab. Offen bleibt jedoch die Frage nach seiner
spektralen Empfindlichkeit (Frequenz), wonach sich dann sein Einsatzgebiet richten könnte.
Betrachtet werden soll ein menschlicher Sensor, der Schalldruck wahrnehmen kann: das menschliche
Ohr. Es ist in der Lage Drücke zwischen 0,000002 Pascal und 60 Pascal wahr zu nehmen und das auch
2
Die Beleuchtungsstärke in lx erhält man aus dem Quotienten der Lichtstärke einer punktförmigen Lichtquelle in cd (Candela)
und dem Quadrat der Entfernung in m: 1𝑙π‘₯ = 1
28
𝑐𝑑 π‘ π‘Ÿ
π‘š2
=1
π‘™π‘š
π‘š2
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
noch bei unterschiedlichen Frequenzen; es deckt damit einen Bereich von 7(!) Zehnerpotenzen des
Schalldrucks ab. Die nachfolgende Abbildung 21 (http://de.wikipedia.org/wiki/Lautst%C3%A4rke , als
gemeinfrei gekennzeichnet) zeigt, dass dieser Sensor hochgradig nicht linear ist.
Abbildung 21: Frequenzabhängiger Schalldruckpegel
Mit der Einheit Bel (nach A.G. Bell) werden u.a. logarithmische Pegel aus dem Bereich Akustik, der
Nachrichtentechnik und der Automatisierungstechnik beschrieben, wobei es üblich ist, den 10. Teil
eines Bel zu verwenden (Dezibel, dB). Es wird das Verhältnis zweier gleicher Energiegrößen (z.B.
Leistung oder Intensität) als dekadischer Logarithmus dargestellt:
𝑃2
𝑃2
𝐿 = �𝑙𝑔 οΏ½ οΏ½οΏ½ 𝐡 = 10 �𝑙𝑔 οΏ½ οΏ½οΏ½ 𝑑𝐡
𝑃1
𝑃1
1.2
Betrachtet man hingegen das Verhältnis zweier gleicher Feldgrößen (z.B. Spannung oder
Schalldruck), so ist der Vorfaktor 20 statt 10! 3
π‘ˆ2
π‘ˆ2
𝐿 = �𝑙𝑔 οΏ½ οΏ½οΏ½ 𝐡 = 20 �𝑙𝑔 οΏ½ οΏ½οΏ½ 𝑑𝐡
π‘ˆ1
π‘ˆ1
1.3
Hier ist zu beachten, dass beide Angaben ineinander umformbar sind und somit zu identischen
Ergebnissen führen, wenn man beachtet, dass
𝑃 = π‘ˆ βˆ™ 𝐼 = π‘ˆ2 βˆ™
1
𝑅
Für diese Zusammenhänge existiert eine Webseite mit einem sog. dB-Rechner (Link:
http://www.sengpielaudio.com/Rechner-db.htm ). Hier lassen sich die Zusammenhänge zwischen
Energie- und Feldgrößen sehr ausführlich nachlesen.
Eine Angabe physikalischer Größen in Dezibel kommt dem menschlichen Sinnesempfinden sehr
nahe, da sowohl das Sehen (Stichwort: Sonnenfinsternis) als auch das Hören in etwa logarithmisch
zur Intensität des physikalischen Reizes verläuft (Stichwort: Weber-Fechner-Gesetz).
Mit Bezug zu Abbildung 21 gibt der Wert in Phon an, welchen Schalldruckpegel in dB ein Sinuston der
Frequenz 1 kHz besitzt, der gleich laut wie ein Hörereignis (Schallereignis) empfunden wird.
3
Streng genommen müsste die Einheit bei Spannungsangaben nicht dB sondern dBu lauten.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
29
1.2.1.1 Aktive/passive Sensoren
Man unterscheidet grob zwischen aktiven und passiven Sensoren, wobei mit Sensor lediglich der
Messwertaufnehmer gemeint sein soll. Aktive Sensoren setzen die zu messende Größe direkt in eine
elektrische Größe um; dabei ist eine Zuführung von Hilfsenergie nicht nötig. Zu dieser Kategorie
gehören z.B. Thermoelemente (thermoelektrischer Effekt) oder Piezokristalle (piezoelektrischer
Effekt). Benötigen die Sensoren jedoch eine zugeführte Hilfsenergie, um überhaupt arbeiten zu
können, dann kann die zu messende Größe das Ausgangssignal steuern. In diesem Fall handelt es sich
um passive Sensoren. Beispiele sind ohmsche Aufnehmer (NTC/PTC) oder kapazitive Aufnehmer
(Dreh- und Plattenkondensatoren).
1.2.1.1.1 Thermoelemente
Thermoelemente arbeiten nach dem Seebeck-Effekt. Dieser physikalische Effekt besagt grob, dass
wenn zwei verschiedene elektrische Leiter an einem Ende dauerhaft verbunden werden (πœ—π‘š
Temperatur der Messstelle), an den freien Enden (πœ—π‘£ Temperatur der Vergleichsstelle) eine
elektrische Spannung (UT Thermospannung) gemessen werden kann. Diese Spannung ist
temperaturabhängig und wird als Thermospannung bezeichnet und entsteht durch
Thermodiffusionsströme. Formal lässt sich dieser Zusammenhang mit k als Materialkonstanten
beschreiben:
π‘ˆπ‘‡ = π‘˜(πœ—π‘š − πœ—π‘£ )
Die
Kennlinien
von
Thermoelementen
haben
einen
(http://www.tecplan.de/_down/LabVers_Temp_04_vor.pdf ).
stark
linearen
Charakter
Abbildung 22: Kennlinie eines Thermoelements
1.2.1.1.2 Piezokristalle
Piezoelektrizität kann auftreten, wenn ein Kristallgitter mechanisch verformt wird. Hierbei können
sich mikroskopische Dipole ausbilden, deren Summierung über den gesamten Kristall zu einer
messbaren Potentialdifferenz führt. Dieser Effekt ist reversibel, d.h. bei Anlegen einer geeigneten
Spannung kann ein Kristallgitter mechanisch verformt werden. Die nachfolgende Abbildung gibt
diesen Effekt wieder (http://de.wikipedia.org/wiki/Piezoeffekt ) Lizenzhinweis:
Kino at German Wikipedia (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Piezoelement.PNG),
"Piezoelement", https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode
30
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 23: Wirkungsweise eines Piezoelements
1.2.1.1.3 Ohmsche Aufnehmer
Die wohl bekanntesten Vertreter der ohmschen Aufnehmer sind temperaturempfindliche
Widerstände mit Heissleiter- (NTC) oder Kaltleiterverhalten (PTC). Bei diesen Halbleitern hängt der
elektrische Widerstand in erster Linie von der Temperatur ab (Thermistor). Beim Heissleiter nimmt
der Widerstand mit steigender Temperatur ab, beim Kaltleiter nimmt er im Wesentlichen zu. Dieses
charakteristische Verhalten gilt jedoch nur für ganz bestimmte Bereiche der jeweiligen Kennlinien. So
kann ein Kaltleiter in einem bestimmten Temperaturbereich auch das Verhalten eines Heissleiters
aufweisen.
Abbildung 24: Kennlinien NTC (links), PTC (rechts)
1.2.1.1.4 Kapazitive Aufnehmer
In diesen Bereich fallen hauptsächlich Ausführungen von Zylinder- und Plattenkondensatoren. So ist
beispielsweise die Regelstrecke einer Füllstandregelanlage als Zylinderkondensator ausgeführt,
wobei das Medium Wasser mit einer relativen Dielektrizitätskonstanten (Permittivität) von πœ€π‘Ÿ ≈ 80
ein Maß für die Kapazitätsänderung darstellt und damit eine direkte Umrechnung auf den jeweiligen
Füllstand erlaubt.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
31
Abbildung 25: Messung des Füllstands mittels Zylinderkondensator
Die nachfolgende Skizze soll die physikalischen Zusammenhänge bei einem Zylinderkondensator, der
als kapazitiv arbeitender Füllstandsensor ausgeführt ist verdeutlichen.
Daten des Zylinderkondensators:
Anode:
Massiv, durchgängig im Innenbereich, leitend
r: Radius der Anode, 1 cm
Kathode:
Mantel
des
Kondensators,
leitend
R: Radius des umgebenden Mantels, 10 cm
h: Gesamtlänge des Zylinderkondensators, 100 cm
b: beliebe Füllhöhe einer Flüssigkeit
πœ€0 : elektr. Feldkonstante (8,85 10-12 F/m)
πœ€π‘Ÿ : relative Permittivität (81 für Wasser)
Kapazität (allgemein):
𝐢 = 2πœ‹ πœ€0 πœ€π‘Ÿ
β„Ž
𝑅
𝑙𝑛 π‘Ÿ
Abbildung 26: Skizze eines Zylinderkondensators
32
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Ausgehend vom Gaußschen Satz zum Fluss des elektrischen Feldes
ergibt sich mit λ als Ladung je Längeneinheit
οΏ½
π‘π‘¦π‘™π‘–π‘›π‘‘π‘’π‘Ÿπ‘€π‘Žπ‘›π‘‘
Φ = οΏ½ 𝐸�⃗ 𝑑𝑓⃗
𝐹
𝐸�⃗ 𝑑𝑓⃗ +
οΏ½
2 πΎπ‘Ÿπ‘’π‘–π‘ π‘“π‘™äπ‘β„Žπ‘’π‘›
𝐸�⃗ 𝑑𝑓⃗ =
1
β„Žπœ†
πœ€0
Da die beiden Kreisflächen keinen Beitrag zum Fluss des elektrischen Feldes durch eben jene Flächen
liefern, erhält man nach Integration über die Zylinderwand
𝐸2πœ‹π‘…β„Ž =
1
πœ†
β„Žπœ† π‘œπ‘‘π‘’π‘Ÿ 𝐸 =
πœ€0
2πœ‹ 𝑅 πœ€0
Mit Hilfe der Definition der Potentialdifferenz
𝑅
π‘ˆ = οΏ½ 𝐸�⃗ π‘‘π‘Ÿβƒ—
π‘Ÿ
ergibt sich
𝑅
πœ†
1
πœ†
𝑅
π‘ˆ=
οΏ½ π‘‘π‘Ÿ =
𝑙𝑛 οΏ½ οΏ½
2πœ‹πœ€0 π‘Ÿ
2πœ‹πœ€0
π‘Ÿ
π‘Ÿ
Mit C=Q/U formt sich die o.g. Gleichung um in
𝐢=
πœ†β„Ž
𝑅
πœ†
𝑙𝑛 οΏ½ π‘Ÿ οΏ½
2πœ‹πœ€0
= 2πœ‹πœ€0
β„Ž
𝑅
𝑙𝑛 οΏ½ π‘Ÿ οΏ½
1.4
Natürlich lassen sich auch Plattenkondensatoren zur Bestimmung von Füllständen verwenden, wie
die unten stehende Abbildung zeigt. Auch hier handelt es sich wieder um zwei parallel geschaltete
Kondensatoren jeweils mit dem Dielektrikum Wasser (felddurchsetzte Fläche: hβˆ™b) bzw. Luft
(felddurchsetzte Fläche: b(b-h) ).
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
33
Abbildung 27: Kapazitive Erfassung eines Füllstands
Beim Plattenkondensator ergibt sich mit einer ähnlichen Rechnung wie oben (A sei die
felddurchsetzte Fläche, d der Abstand der Platten zueinander) die Kapazität zu
𝐢 = πœ€0 πœ€π‘Ÿ
𝐢 = πœ€0 πœ€π‘Ÿ
𝐴
(π‘Žπ‘™π‘™π‘”π‘’π‘šπ‘’π‘–π‘›)
𝑑
1.5
(𝑏 − β„Ž)𝑏
𝑏2
β„Žπ‘
(𝑔𝑒𝑙𝑏) π‘œπ‘‘π‘’π‘Ÿ 𝐢 = πœ€0 πœ€π‘Ÿ
𝑏𝑧𝑀. 𝐢 = πœ€0 πœ€π‘Ÿ
(π‘π‘™π‘Žπ‘’)
𝑏
𝑏
𝑏
Die zwei nachfolgenden Abbildungen zeigen den Nachbau eines kubisch aufgebauten
Plattenkondensators mit der Kantenlänge 10 cm, gefertigt aus vier Millimeter dickem Plexiglas
(relative Permittivität ε r = 3). Der Kondensator wird mit destilliertem Wasser gefüllt (600 cm3). Seine
Gesamtkapazität beträgt jetzt 18,5 pF an. In diesem Fall handelt es sich um zwei parallel geschaltete
Kondensatoren (CLuft und CWasser), zu denen je zwei Kondensatoren (CPlexiglas) in Reihe geschaltet sind.
Wird der Kondensator jetzt um 90° gedreht, wie in der letzten Abbildung gezeigt, so sinkt seine
Gesamtkapazität auf 2,7 pF. Jetzt handelt es sich um zwei in Reihe geschaltete Kondensatoren (CLuft
und CWasser), zu denen wiederum je zwei Kondensatoren (CPlexiglas) in Reihe geschaltet sind. Die
gemessenen Werte ließen sich mit einer Genauigkeit von weniger als 5% Abweichung reproduzieren.
Es bleibt allerdings anzumerken, dass das verwendete Gerät zur Messung der Kapazität empfindlich
auf unterschiedliche Führungen der Messleitungen reagierte. So ließen sich halbwegs stabile Werte
lediglich durch den Trick mittels vierkanaliger Messleitung eine zweikanalige Messung vorzunehmen
realisieren. Es ist daher anzunehmen, dass die absolut gezeigten Werte nicht stimmig sein werden,
jedoch die Differenz dieser Werte in guter Näherung mit den Werten der Theorie übereinstimmen
müssten.
34
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 28: Parallelschaltung von Kondensatoren zur Füllstandmessung (18,5pF)
Abbildung 29: Reihenschaltung von Kondensatoren zur Füllstandmessung (2,7pF)
Die folgende Abbildung gibt den Zusammenhang zwischen Füllhöhe h und Gesamtkapazität C wieder.
Eingezeichnet sind jeweils als durchgängige Kurvenzüge die theoretischen Verläufe, in blau für die
Parallelschaltung und in rot für die Reihenschaltung. Die durch Kreuze und Quadrate eingetragenen
Wertepaare sind Messergebnisse, die lediglich eingetragen und nicht durch Regression genähert
sind. Es zeigt sich, dass insbesondere bis zu einer Füllhöhe von 600 cm3 die Messwerte sehr nahe an
den theoretisch zu erwartenden Werten liegen, während sie darüber hinaus deutlich auseinander
driften.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
35
Mit diesem Versuchsaufbau lässt sich u.a. zeigen, dass die Anordnung als Reihenschaltung bedingt
durch den steilen Anstieg mit anschließender Verflachung der (roten) Kurve für eine kapazitive
Erfassung von Füllständen ungeeignet ist. In der Praxis wird daher immer eine Parallelschaltung
bevorzugt werden (blaue Kurve). Eingetragen ist jeweils ein Messfehler von 15 Prozent, der jedoch
nur einer groben Annahme entspricht.
Abbildung 30: Gesamtkapazität C in Reihen- (rot) und Parallelschaltung (blau)
Die 2 mal 5 mm dicke Plexiglas-Begrenzung des Würfels liefert bei einer Permittivität von 3,4 in
jedem Fall eine Kapazität von 30,1 pF. Die Gleichungen für die o.g. Gesamtkapazitäten bestimmen
sich dann gemäß Abbildung 27 folgendermaßen:
πΆπ‘…π‘’π‘–β„Žπ‘’ = οΏ½
1
𝐢𝐿𝑒𝑓𝑑
πΆπ‘ƒπ‘Žπ‘Ÿπ‘Žπ‘™π‘™π‘’π‘™ = οΏ½
+
1
πΆπ‘Šπ‘Žπ‘ π‘ π‘’π‘Ÿ
+
1
𝐢𝑃𝑙𝑒π‘₯𝑖
οΏ½
−1
1
1
+
οΏ½
𝐢𝐿𝑒𝑓𝑑 + πΆπ‘Šπ‘Žπ‘ π‘ π‘’π‘Ÿ 𝐢𝑃𝑙𝑒π‘₯𝑖
−1
1.6
1.7
In diesem Zusammenhang sind bei direkter Messung der Kapazität folgende Fehler zu
berücksichtigen:
-
36
die Dichte von Wasser ist temperaturabhängig.
die statische Permeabilität von Wasser ist temperaturabhängig.
der durch das Messgerät bedingte Anzeigefehler.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 31: Temperaturabhängigkeit der statischen Permittivität von Wasser
Da ein direktes Messen kleiner Kapazitäten (bis ca. 100pF) bedingt durch fast unwägbare Einflüsse
(Länge der Leitungen, Gesamtaufbau des Versuchs, Einfluss parasitärer Kapazitäten, etc.) immer
problematisch ist, kann eine indirekte Messung als Alternative dienen. Folgende Möglichkeiten einer
indirekten Messung bieten sich mit verhältnismäßig einfachen Mitteln und relativ geringem Aufwand
an:
1. Messung der Kapazität durch Bestimmung der Zeitkonstanten τ einer RC-Kombination
2. Messung der Kapazität durch Einsatz einer Kapazitäts-Messbrücke (Wien-Brücke)
3. Messung der Kapazität durch Bestimmung der Phasenverschiebung bei geringstem
Scheinwiderstand mittels RLC-Reihenschwingkreis.
Während die ersten beiden Möglichkeiten bei Kapazitäten im Bereich bis 100pF bedingt durch zu
ungenaue Ergebnisse ausscheiden, soll hier die dritte Möglichkeit näher betrachtet werden.
Abbildung 32: Reihenschwingkreis zur indirekten Bestimmung einer kleinen Kapazität
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
37
Der Widerstand R1 bestimmt u.a. die sog. Güte des Schwingkreises. Er ist mitverantwortlich für ein
steiles und ausgeprägtes Maximum im Spannungsbereich. L1 wird real einen ohmschen
Wirkwiderstand besitzen, er wird hier jedoch vernachlässigt. C1 ist als variabler Kondensator
ausgeführt und durchläuft im Parameterbereich von 5pF bis 50pF in 5-Schritten. L1 stellt mit einem
Wert von 9,92mH eine handelsübliche Induktivität dar. Die Simulation mit QUCS liefert das folgende
Bild.
Abbildung 33: Resonanzpunkte beim Reihenschwingkreis
Deutlich ist zu erkennen, wie die Resonanzpunkte bei höheren Kapazitäten immer näher
zusammenliegen. Der erste Resonanzpunkt liegt bei ca. 225kHz und 50pF. Die Simulation liefert
somit einen deutlichen Ansatzpunkt für einen möglichen experimentellen Aufbau zur realen Messung
von kleinen Kapazitäten. Der hier wiedergegebene Frequenzdurchlauf kann real jedoch nur durch
den Einsatz eines Wobbel-Generators erreicht werden, der allerdings nur in den seltensten Fällen zur
Verfügung steht. Einfacher geht es über die Ermittlung des geringsten Scheinwiderstandes, bei dem
letztlich eine Phasenverschiebung von null auftaucht. In diesem Zusammenhang sei auf das Kapitel
3.1.5 verwiesen.
Verwendet wurden für diese konkret durchgeführte Messung hochwertige Geräte der Firma LeCroy.
Wiedergegeben sind in den folgenden drei Darstellungen Screenshots der Oszillogramme für die drei
Fälle:
- der vollständig mit Wasser gefüllte Würfel,
- der halb mit Wasser gefüllte Würfel als Parallelschaltung,
- der halb mit Wasser gefüllte Würfel als Reihenschaltung
38
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 34: Der vollständig mit Wasser gefüllte Würfel
Abbildung 35: Der halb mit Wasser gefüllte Würfel als Parallelschaltung
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
39
Abbildung 36: Der halb mit Wasser gefüllte Würfel als Reihenschaltung
Eine Betrachtung der drei o.g. Screenshots führt zu folgenden Ergebnissen (siehe Formel 4.24):
Würfel halb voll Würfel halb voll
Parallelschaltung Reihenschaltung
Resonanzfrequenz 229.089,7Hz
256.130,4Hz
332.143,5Hz
Kapazität
48,6pF
38,9pF
23,1pF
Würfel voll
Tabelle 2: Resonanzfrequenzen zur Messung kleiner Kapazitäten
Die hier errechneten Werte weichen deutlich von den zuvor direkt gemessenen und berechneten
Werten ab. Einzig die Simulation liefert Werte, die schon sehr nahe an den Ergebnissen sind, die eine
Messung mit einem Reihenschwingkreis liefert. Bildet man jedoch die Differenz der Werte bei halb
gefülltem Kondensator so ergibt sich in der o.g. Tabelle ein Wert von 15,8pF. Dieser Wert stimmt
sehr genau mit den Werten der direkten Messung mittels Kapazitäts-Messgerät überein. Eine
Betrachtung der rechnerischen Ergebnisse liefert einen Differenzwert von 15,7pF. Mit hoher
Wahrscheinlichkeit liegt hier also ein systematischer Fehler vor, der u.U. im fehleranfälligen
Versuchsaufbau bei der direkten Messung und der Nichtberücksichtigung weiterer kapazitiver
Einflüsse bei der Rechnung zu suchen ist. Es stellt sich somit die Frage des größten Fehlers (siehe
Formel 1.1). Bei der folgenden Rechnung wird lediglich der Grösstfehler für die Kapazität des
vollständig mit Wasser gefüllten Würfels bestimmt.
Die Resonanzfrequenz liegt mit vernachlässigbarem R bei:
πœ”=
40
1
√𝐿𝐢
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Daraus ergibt sich für C(f):
𝐢(𝑓) =
1
4πœ‹ 2 𝐿
βˆ™ 𝑓2
1.8
Um jetzt den Grösstfehler Sc auszurechnen, müssen für Δf und ΔL plausible Toleranzwerte eingesetzt
werden. Anschließend ist die nachfolgende Gleichung durch drei partielle Differentiationen der
Gleichung 1.8 zu bestimmen:
𝑆𝐢 = οΏ½
Es ergeben sich folgende Ableitungen:
πœ•πΆ
πœ•πΆ
οΏ½ βˆ™ |βˆ†f| + οΏ½ οΏ½ βˆ™ |βˆ†L|
πœ•πΏ
πœ•π‘“
1
πœ•πΆ
=− 2
2πœ‹ βˆ™ 𝐿 βˆ™ 𝑓 3
πœ•π‘“
πœ•πΆ
1
=− 2 2 2
πœ•πΏ
4πœ‹ βˆ™ 𝐿 βˆ™ 𝑓
Mit βˆ†π‘“ = 5π‘˜π»π‘§ und βˆ†πΏ = 0,5π‘šπ» ergibt sich:
𝑆𝐢 = 2,1𝑝𝐹 + 2,45𝑝𝐹
𝑆𝐢 = 4,55𝑝𝐹
Selbst bei großzügiger Auslegung der Toleranzwerte ergibt sich ein Grösstfehler im Bereich von
knapp 5pF. Das würde bedeuten, dass der Wert des Kondensators mehr als doppelt so groß ist, wie
mittels Abbildung 30 durch Rechnung nachgewiesen wurde. Selbst mit der Methode der indirekten
Messung mit Hilfe eines Reihenschwingkreises ergibt sich offensichtlich noch Optimierungsbedarf.
Eine letzte Möglichkeit bietet der ARDUINO als ein kapazitiv arbeitendes Messwerterfassungssystem.
In diesem Fall ist definitiv keinerlei Peripherie notwendig, da interne Streukapazitäten genutzt
werden können. Er arbeitet nach dem Prinzip eines kapazitiven Spannungsteilers. So sind relativ
genaue Messungen (+/-2,5%) bis in niedrigste Bereiche möglich (von Autor erstelltes System, siehe
Abbildung 37: 3,9pF; Anzeige: 4,12pF).
Abbildung 37: ARDUINO zur kapazitiven Messwerterfassung
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
41
1.2.1.1.5 Kapazitive Abstandsgeber
Erwähnenswert sei im Bereich der kapazitiven Aufnehmer noch der kapazitive Abstandsgeber. Bei
der Bauform eines Plattenkondensators geht er im Wesentlichen auf die bekannte Gleichung zur
Bestimmung seiner Kapazität zurück. Legt man für den Grundzustand einen Abstand d0 und für den
vergrößerten Abstand d1 fest, so ergibt sich unter Berücksichtigung von 𝑑1 = 𝑑0 + βˆ†π‘‘ ein
βˆ†π‘‘
Formalismus, der für kleine Abstandsänderungen β‰ͺ 1 den folgenden Zusammenhang wiedergibt:
𝑑0
𝐢1
βˆ†π‘‘
=1−
𝐢0
𝑑0
In diesem Fall wurden folgende Annahmen gemacht:
Kapazität im Grundzustand:
Kapazität bei vergrößertem Abstand:
Es ergibt sich:
𝐢0 = πœ€0 πœ€π‘Ÿ
𝐢0 = πœ€0 πœ€π‘Ÿ
𝐴
𝑑0
𝐴
π‘šπ‘–π‘‘ 𝑑1 = 𝑑0 + βˆ†π‘‘
𝑑1
𝐢1
1
=
𝐢0 1 + βˆ†π‘‘
𝑑0
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass es sich im Wesentlichen um drei Verfahren
zur kapazitiven Sensorik handelt: Abstandänderung, Flächenänderung und Dielektrikumsänderung.
1.3 Messwertaufbereitung und-übertragung
Ganz gleich, ob ein Sensor aktiv oder passiv arbeitet, so stellt er jedenfalls ein Signal zur Verfügung,
das weiter verarbeitet werden muss. Wie eine solche Signalaufbereitung und anschließende
Übertragung ausgeführt werden kann, soll an zwei Beispielen erläutert werden: die Messung des
Füllstands einer Füllstandregelanlage und Messung der Drehzahl eines Motor-Generator-Satzes.
Vorher erfolgen aber noch ein paar allgemeine Ausführungen, die in den beiden o.g. Fällen jeweils
stark konkretisiert werden. Im Wesentlichen verfolgt die weitere Ausführung den folgenden Ansatz:
Sensorik -> Signalaufbereitung -> Signalverstärkung -> Umsetzersystem -> Rechnersystem
1.3.1 Operationsverstärker
Jeder Operationsverstärker (OpAmp) stellt einen universellen Rechenverstärker für den analogen
Betrieb dar. Im Wesentlichen wird hier auf den universell einsetzbaren OpAmp vom Typ CA3140E
eingegangen. Die nachfolgenden beiden Abbildungen zeigen die Anschlussbelegung und ein Foto des
realen Bausteins in DIL-Ausführung (Dual in Line). Dieser OpAmp in CMOS-Technik erfüllt die an
einen Rechenverstärker zu stellenden Anforderungen in besonderer Art und Weise: so liegt
beispielsweise sein Eingangswiderstand im TeraOhm-Bereich und sein ohnehin geringer Offset lässt
sich durch externe Beschaltung kompensieren; desweiteren verfügt er über eine hohe Bandbreite
und seine Temperaturdrift bleibt relativ klein. Im Folgenden sollen einfache Grundschaltungen
vorgestellt werden, die ein Arbeiten mit diesen elektronischen Regelkreisgliedern vereinfachen. Es
wird hier kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben (dafür gibt es die entsprechende Fachliteratur)
42
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
und deshalb werden die folgenden Grundschaltungen zum OpAmp nur in der Intensität behandelt,
die angemessen erscheint, um die im weiteren Verlauf dargestellten Inhalte besser zu verstehen.
Abbildung 38: Operationsverstärker CA3140 (Anschlussbelegung, DIL-Gehäuse)
Bei den nachfolgend dargelegten Grundschaltungen wird immer die gleiche Reihenfolge eingehalten:
dem Schaltplan folgt eine kurze mathematische Beschreibung der dargestellten Zusammenhänge
und, falls erforderlich, noch eine Graphik. Die (nicht dargestellte) Spannungsversorgung ist
symmetrisch, d.h. der OpAmp wird auch mit einer negativen Betriebsspannung versorgt.
1.3.1.1 Invertierender Spannungsverstärker
Die Grundschaltung des invertierenden Spannungsverstärkers ist nachfolgend dargestellt. Die
Widerstände R1 und R2 bestimmen die Verstärkung Vu der Schaltung.
𝑉𝑒 =
𝑒_π‘œπ‘’π‘‘
𝑅2
=−
= −2
𝑅1
𝑒_𝑖𝑛
Abbildung 39: Invertierender Spannungsverstärker
1.3.1.2 Nicht-invertierender Spannungsverstärker
Die Grundschaltung des nicht-invertierenden Spannungsverstärkers ist nachfolgend dargestellt. Die
Widerstände R1 und R2 bestimmen die Verstärkung Vu der Schaltung.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
43
𝑉𝑒 =
𝑒_π‘œπ‘’π‘‘
𝑅2
=1+
=3
𝑅1
𝑒_𝑖𝑛
Abbildung 40: Nicht invertierender Spannungsverstärker
1.3.1.3 Spannungsfolger (Impedanzwandler)
Die Grundschaltung des Spannungsfolgers oder Impedanzwandlers ist nachfolgend dargestellt. Die
Verstärkung Vu der Schaltung liegt bei eins; das Ausgangssignal folgt exakt dem Eingangssignal. Diese
Schaltung dient im Wesentlichen einer Entkopplung von Signalen, so beispielweise für den Aufbau
von wechselwirkungsfreien PTn-Strecken, die aus einer Hintereinanderschaltung von RCKombinationen bestehen können.
𝑉𝑒 =
𝑒_π‘œπ‘’π‘‘
=1
𝑒_𝑖𝑛
Abbildung 41: Spannungsfolger (Impedanzwandler)
Der nachfolgend dargestellte Kennlinienverlauf ist signifikant für einen als Impedanzwandler
geschalteten OpAmp mit symmetrischer Spannungsversorgung. Bei einer maximal möglichen
Eingangsspannung von -12 V bzw. +12 V ergibt sich eine maximal mögliche Ausgangsspannung von
eben diesen Werten. Das eingezeichnete Steigungsdreieck ergibt einen Verstärkungsfaktor von
βˆ†π‘ˆ
𝑉𝑒 = π‘Ž = 1
βˆ†π‘ˆ
𝑒
Abbildung 42: Kennlinie des Impedanzwandlers
44
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
1.3.1.4 Summierender Verstärker
Die Grundschaltung des summierenden Verstärkers ist nachfolgend dargestellt. Die Widerstände R1
bis R4 bestimmen die Gesamtverstärkung Vu der Schaltung. In diesem Fall sind jedoch alle
Widerstände gleich, so dass sich folgendes Bild ergibt: nach dem ersten OpAmp (OP1) steht die
Summe der Eingangsspannungen in invertierter Form zur Verfügung; der nachgeschaltete OpAmp
(OP2) invertiert lediglich ein zweites Mal, um die Summe der Eingangssignale unverfälscht
wiederzugeben.
Abbildung 43: Schaltplan des nicht invertierenden summierenden Verstärker
Die Transientsimulation mit QUCS liefert das nachfolgende Spannungs-Zeit-Diagramm. Deutlich
erkennbar ist der zeitliche Verlauf des Ausgangssignals (schwarz), das sich erst aus dem
Eingangssignal „in_1“ (blau), dann aus der Summe der beiden Eingangssignale „in_1“ und „in_2“
(blau und rot) und schließlich aus der Summe aller drei Eingangssignale „in_1“, „in_2“ und „in_3“
(blau, rot und magenta) zusammensetzt. Der durch gleiche Widerstände bedingte vereinfachte
Formalismus führt für das reine Summationsglied zu der allgemeinen Gleichung
π‘š
oder konkret zu
π‘ˆπ‘Ž = − οΏ½ π‘ˆπ‘’
𝑒=𝑛
π‘ˆπ‘œπ‘’π‘‘_1_2_3 = −οΏ½π‘ˆπ‘–π‘›_1 + π‘ˆπ‘–π‘›_2 + π‘ˆπ‘–π‘›_3 οΏ½
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
45
Abbildung 44: Spannungs-Zeit-Diagramm des nicht invertierenden summierenden Verstärkers
In der Regelungstechnik werden Summationsglieder genutzt, um beispielsweise Störgrößen zu
berücksichtigen. Insbesondere ist hier das sog. Störübertragungsverhalten zu betrachten (siehe
Kapitel zum geschlossenen Regelkreis).
1.3.1.5 Differenzverstärker (Vergleicher)
Die Grundschaltung des differenzbildenden Verstärkers ist nachfolgend dargestellt. Die Widerstände
R1 und R2 bestimmen die Verstärkung Vu der Schaltung. In diesem Fall sind jedoch alle Widerstände
gleich, so dass sich folgendes Bild ergibt: am Ausgang des OpAmp (OP1) steht die Differenz der
Eingangsspannungen in nicht-invertierter Form zur Verfügung; ein nachgeschalteter Inverter ist nicht
notwendig. In der Regelungstechnik wird diese Schaltung als Vergleicher eingesetzt. Sie bildet die
Regeldifferenz e mit w als Führungsgröße und x als Regelgröße nach:
𝑒 =𝑀−π‘₯
46
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 45: Schaltplan des Differenzverstärkers
Die Transientsimulation mit QUCS liefert das nachfolgende Spannungs-Zeit-Diagramm. Deutlich
erkennbar ist der zeitliche Verlauf des Ausgangssignals (magenta), das sich nach Beaufschlagung mit
dem Eingangssignal x (blau) oder V1 aus der Differenz e=w-x =-x bildet, da w (rot) noch 0 ist. Erst
nach Beaufschlagung mit dem zweiten Eingangssignal w oder V2 ergibt sich als Ausgangssignal die
Differenz zu e=w-x=+3V-1V=+2V. Der durch gleiche Widerstände bedingte vereinfachte Formalismus
führt für das differenzbildende Glied zu der konkreten Gleichung
π΄π‘’π‘ π‘”π‘Žπ‘›π‘”π‘ π‘ π‘π‘Žπ‘›π‘›π‘’π‘›π‘” π‘ˆπ‘’ = π‘ˆπ‘€ − π‘ˆπ‘₯
Abbildung 46: Spannungs-Zeit-Diagramm des Differenzverstärkers
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
47
1.3.1.6 Integrierer
Die Grundschaltung des als Integrierer geschalteten OpAmps ist nachfolgend dargestellt. Die
Kombination von R1 und C1 bestimmen das Zeitverhalten des Integrierers. Der Kehrwert des Produkts
ist der Integrierbeiwert kI eines I-Regelkreisglieds.
π‘˜πΌ =
1
𝑅1 βˆ™ 𝐢1
Ein Regelkreisglied mit IVerhalten invertiert das Signal
im Sinne einer Signalumkehr.
Seine Gleichung lautet:
π‘ˆπ‘Žπ‘›π‘‘π‘€π‘œπ‘Ÿπ‘‘ = −π‘ˆπ‘ π‘π‘Ÿπ‘’π‘›π‘” π‘˜πΌ 𝑑
Abbildung 47: Invertierender Integrierer
Ein Regelkreisglied mit I-Verhalten reagiert auf einen Eingangssprung mit einer konstanten
Änderungsgeschwindigkeit seiner Ausgangsgröße, wobei die Änderungsgeschwindigkeit umso größer
ist, je größer der Eingangssprung ist. Dieses Verhältnis von Änderungsgeschwindigkeit von
Ausgangsgröße zu Eingangsgröße ist der Integrierbeiwert kI des Regelkreisglieds. Das nachfolgende
Diagramm verdeutlicht diesen Zusammenhang. Dem Sprung des Eingangssignals (blau) nach 200 ms
folgt die Antwort des Regelkreisglieds mit Integralverhalten (rot), solange der Eingangssprung
besteht.
Abbildung 48: Spannungs-Zeit-Diagramm des invertierenden Integrierers
1.3.1.7 Differenzierer
Die Grundschaltung des als Differenzierer geschalteten OpAmps ist nachfolgend dargestellt. Die
Kombination von R1 und C1 bestimmen das Zeitverhalten des Differenzierers. Das Produk von R1 und
C1 ist der Differenzierbeiwert kD des D-Regelkreisglieds.
48
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
π‘˜π· = 𝐢2 βˆ™ 𝑅1
Ein Regelkreisglied mit DVerhalten invertiert das Signal
im Sinne einer Signalumkehr.
Seine Gleichung lautet:
π‘ˆπ‘Žπ‘›π‘‘π‘€π‘œπ‘Ÿπ‘‘ = −
π‘‘π‘ˆπ‘ π‘π‘Ÿπ‘’π‘›π‘”
π‘˜π·
𝑑𝑑
Abbildung 49:Invertierender Differenzierer
Ein Regelkreisglied zeigt D-Verhalten, wenn sein Ausgangssignal der Geschwindigkeit, mit der sich die
Eingangsgröße ändert proportional ist. Bei einer Änderung des Eingangssignals mit konstanter
Geschwindigkeit ergibt sich für das Ausgangssignal ein konstanter Wert. Dieses Verhältnis von
Ausgangsgröße zu Änderungsgeschwindigkeit der Eingangsgröße ist der Differenzierbeiwert kD des
Regelkreisglieds. Das nachfolgende Diagramm verdeutlicht diesen Zusammenhang bei einem
Eingangssprung (blau) von 1 V ergibt sich eine kurzfristige Signalspitze bis zur negativen
Versorgungsspannung des OpAmps (-15 V) mit anschließender Rückkehr in den Ausgangszustand
(rot). Bei der Rücknahme des Eingangssprungs findet dieser Vorgang umgekehrt statt.
Abbildung 50: Spannungs-Zeit-Diagramm des invertierenden Differenzierers
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
49
1.3.2 Signalaufbereitung
Betrachtet werden soll die optische Erfassung einer Drehzahl durch periodische Unterbrechung einer
Lichtschranke, wobei diese als Gabellichtschranke ausgeführt ist (siehe Abbildung).
Abbildung 51 Erfassung der Drehzahl mittels Gabellichtschranke
Zwar ist die Erfassung einer Drehzahl zuverlässiger bei Verwendung eines Inkrementalgebers, jedoch
ist die Signalauswertung hier deutlich einfacher. Die Lichtschranke liefert allerdings nicht angepasste
Signale, die mit Hilfe von elektronischen Schaltungen aufbereitet werden müssen. In diesem Fall
würde sich ein TTL-Schmitt-Trigger empfehlen, der neben einer Signalaufbereitung auch eine
Signalanpassung vornimmt, d.h. es wird ein leicht zu verarbeitendes Rechtecksignal geliefert. Die
folgende Abbildung zeigt in qualitativer Form neben dem von der Lichtschranke gelieferten
Signalauch (unten) das durch den Einsatz eines Schmitt-Triggers aufbereitete und angepasste Signal
(oben). Der TTL-Baustein 74LS14 bietet beispielsweise einen 6-fach Negator Schmitt-Trigger, aber
jeder als Komparator geschaltete Operationsverstärker kann ebenfalls zur Signalaufbereitung
eingesetzt werden (siehe Abbildung unten rechts).
Abbildung 52: Signalaufbereitung durch Triggerung
Ein weiteres wichtiges Element der Signalaufbereitung ist der sog. Sample & Hold Verstärker. Er dient
dazu ein anliegendes Signal so lange zu halten, bis seine weitere Verarbeitung durch ein
50
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
nachgeschaltetes Element erfolgt. Verstärker dieser Art werden immer dann eingesetzt, wenn es um
eine anschließende Umsetzung durch z.B. einen ADU geht und das analoge Signal für die Zeit der
Wandelung am ADU-Eingang anliegen muss (siehe unten stehender Schaltungsausschnitt). In diesem
Fall reicht die Durchlaufverzögerung von IC14, um das Analogsignal vom 8-Kanal
Multiplexer/Demultiplexer (IC9) zum ADU (IC16) weiter zu leiten (die Schaltung um IC13 signalisiert
hier durch LED12 einen zu hohen Signalpegel). Weiterführende Informationen zum
Multiplexer/Demultiplexer sind beispielsweise dem folgenden Link zu entnehmen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Multiplexer .
Abbildung 53: Aufholverstärker
1.3.3 Signalverstärkung
Eine der unproblematischsten Methoden der Signalverstärkung sind Operationsverstärker.
Nachfolgend eine Schaltung, die bis zu 8 positive analoge Eingangssignale (E0…E7) durch einen nicht
invertierenden OpAmp an eine angeschlossene Messschaltung (M0…M7) weiterleitet. Neben der
Signalverstärkung, die hier durchaus im Bereich von 100-fach liegen kann, ist der Eingang (3) des
OpAmps zusätzlich geschützt durch das Zenerdioden-Paar Z1…Z8 und Z9…Z16 gegen eine zu hohe
positive oder negative Spannung.
Abbildung 54: Schutzmaßnahmen für analoge Eingänge
Eine Alternative zur Signalverstärkung bilden konventionelle Transistorverstärker, wie der unten links
abgebildete einstufige NF-Verstärker. An dieser Stufe sperren die Koppelkondensatoren C1 und C2
jeweils eventuelle Gleichspannungsanteile und leiten den Wechselspannungsanteil weiter. Am
Eingang des Transistors bildet die RC-Kombination (C1R2) einen Hochpass, der tiefe Frequenzen
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
51
unterdrückt. Die untere rechte Abbildung zeigt einen Gegentaktverstärker mit den
Komplementärtransistoren T9 und T10 mit einer einfachen Maßnahme gegen
Übernahmeverzerrungen (ST7). IC5 ist als nicht invertierender Spannungsverstärker ausgeführt.
Abbildung 55 Einstufiger NF-Verstärker (links), Gegentaktverstärker (rechts)
Während OpAmps und Leistungsstufen analoge Signalpegel verstärken, müssen bei digitalen
Signalpegeln andere Maßnahmen ergriffen werden. Standardmäßig werden hier Bustreiber
eingesetzt wie z.B. der 241 der 74-er Serie. Der unten stehende Schaltungsausschnitt zeigt die
weitere Verarbeitung der vom ADU IC16 zur Verfügung gestellten digitalen Signalpegel durch den
bidirektionalen Tri-State-Bustreiber IC17. Alternativ lassen sich auch die Bausteine 240 und 244 bzw.
der 245, welcher als 8-fach Receiver/Transmitter arbeitet, verwenden.
Abbildung 56: Signalaufbereitung durch den Bustreiber 74241
52
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Neben der Signalaufbereitung und der Signalverstärkung sind zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen,
die sicherheitsrelevante Aspekte erfüllen. Dazu gehörten neben dem Abfangen unzulässiger
Signalpegel, wie weiter oben schon erwähnt, auch z.B. elektronische Sollbruchstellen, wie unten
dargestellt. Hier wird ein AND-Gatter nicht zur Durchlaufverzögerung eingesetzt, sondern als eine Art
elektronischer Sicherung. Wird durch eine Überspannung an den kurzgeschlossenen Gattereingängen
das Gatter zerstört, so wird sein Ausgang hochohmig und schützt so weitere angeschlossene
Peripherie.
Abbildung 57: Leistungsverstärkendes Interface
Eine erweiterte Schutzmaßnahme stellt die galvanische Trennung von Signalen dar. Eine solche
Trennung kann durch Transformatoren, Kondensatoren sowie durch opto-elektronische Kopplung,
(kurz: Optokoppler) oder durch den Einsatz von Lichtwellenleitern erreicht werden. Da der
Lichtwellenleiter bereits eine eigene Thematik darstellte, soll im nachfolgenden Kapitel zur
Interfacetechnik lediglich der Einsatz von Optokopplern angesprochen werden.
1.3.4 Signalauswertung
Es existiert im Open Source Bereich eine Vielzahl von Programmen zur Analyse und Auswertung
binärer Daten. Der wissenschaftlich letzte Stand der Dinge wird durch "The R-Project for Statistical
Computing" beliefert, wobei die Programmiersprache R den vorherrschenden Standard für die
Aufbereitung und Auswertung statistischer Datenreihen bildet. Einfachere, jedoch nicht
anspruchslosere Zusammenhänge lassen sich beispielsweise mit dem Programm "HypraData" lösen.
Auch "SPSS" oder selbst "Excel" bieten probate Ansätze zur Aufbereitung und Visualisierung
statistischer Zusammenhänge, wobei allerdings zu erwähnen bleibt, dass beide Programme
lizenzpflichtig sind.
1.3.5 Interface-Technik
Ein Strom- und Spannungsverstärkendes Interface kann auch zusätzlich eine galvanische Trennung
der Übertragungswege enthalten. In der nachfolgenden Abbildung sind die optoelektronischen
Koppler ausgangsseitig durch die Elemente D1/T1 sowie eingangsseitig durch die Elemente T3/D3
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
53
dargestellt. Der untere Teil der Schaltung enthält einen Schalter S1 zur Simulation logischer Zustände
am Interface Eingang. 4 Zusätzlich sollte noch eine Entprellung für den Schalter S1 eingeplant werden.
Abbildung 58: Galvanisch trennendes strom- und spannungsverstärkendes Interface
Für die Entprellung von Schaltern gibt es verschiedene Maßnahmen. Das unten stehende Bild ist dem
Link http://de.wikipedia.org/wiki/Prellen (als gemeinfrei gekennzeichnet) entnommen und zeigt das
Oszillogramm eines etwa 250 µs prellenden Tasters. Hier wird deutlich, dass sich solche Signale nicht
vernünftig weiter verarbeiten lassen.
4
Auf eine Bemessung der einzelnen Bauelemente wurde hier verzichtet, da je nach Anwendungsfall insbesondere die
optoelektronischen Elemente zeitkritisch sein können.
54
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 59: Oszillogramm eines prellenden Schaltvorgangs
Die
beiden
nachfolgenden
Abbildungen
sind
dem
URI
http://www.elektronikkompendium.de/sites/dig/0210223.htm
bzw.
dem
URI
http://www.mikrocontroller.net/articles/Entprellung entnommen. Die linke Abbildung zeigt die
konventionelle Entprellung mittels RS-FlipFlop (streng genommen handelt es sich hierbei um ein
Latch), die rechte zeigt eine Lösung, basierend auf einem RC-Glied mit nachgeschaltetem
invertierendem Schmitt-Trigger. Sicherlich sind auch Lösungen denkbar, die rein softwarebasiert
sind.
Abbildung 60: Entprellung von Schaltsignalen
Wie schnell klar wird, kann ein vernünftig konzipiertes Interface relativ komplex sein. An dieser Stelle
sei erwähnt, dass hier lediglich die wichtigsten Maßnahmen für eine sichere Konzeption angeführt
wurden.
1.3.6 Rechner-Schnittstellen
Eine wesentliche und in der Tat universelle Schnittstelle stellt der USB-Anschluss dar. Hier sind in der
3.1-Spezifikation theoretisch Datenraten von 10 Gbit/s möglich. Ob das auch prktisch umsetzbar,
bleibt jedoch fraglich. Von der Vielzahl an Peripherie, die für diese serielle Schnittstelle ausgelegt
sind, wird hier ausschließlich der 2232 (siehe nachfolgende Abbildung unten links) von FTDI
betrachtet. Dieser Baustein ist ein USB 2.0 Hi-Speed (480Mb/s) to UART/FIFO IC. Nähere
Beschreibungen finden sich unter http://www.ftdichip.com/Products/FT2232H.htm . Als Universal
Asynchronous Receiver/Transmitter mit FirstIn FirstOut Charakteristik eignet er sich hervorragend,
um alle USB-gebundenen Aufgaben aus dem MSR-Bereich zu übernehmen. Im sog. BitBang-Modus
programmiert, bietet der 2232 zwei 8-Bit-Parallelschnittstellen (siehe nachfolgende Abbildung
rechts).
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
55
Abbildung 61: Schnittstellen-Baustein 2232 (links) mit Prototypenkarten (rechts)
So konnte ein Interface entwickelt werden, das neben den vorgenannten Rahmenbedingungen eine
einfache Rechner-Schnittstelle bietet (siehe unten stehende Abbildung, deutlich erkennbar: der USBAnschluss Typ B). Dieses Interface stellt zwei 8 Bit breite Ports zur Verfügung: die ersten 8 Bit dienen
als Eingänge mit Schaltern zur Simulation anliegender Signalpegel, die zweiten 8 Bit sind als
leistungsstarke Ausgänge konzipiert. Unter dem Betriebssystem Windows XP lässt sich der 2232
unter Einbindung der Programmbibliothek des Herstellers FTDI relativ einfach mit Hilfe eines C++
Compilers programmieren. Hier kommt vorzugsweise die Open Source Software Bloodshed zum
Einsatz (siehe: http://www.bloodshed.net ). Unter Linux wird der Baustein durch den GNU CCompiler gcc programmiert.
Abbildung 62: Interface mit integriertem 2232 Schnittstellen-Baustein
1.3.7 Umsetzer-Systeme
Lässt man den Analogrechner außen vor, so werden Daten ausschließlich digital verarbeitet. Viele
Daten liegen jedoch als analoge Signalpegel vor, während digitale Signalpegel nicht von jedem
Peripheriegerät verarbeitet werden können. Die Lösung dieser Probleme findet sich in der
Konzeption von Umsetzer-Systemen. Neben den Analog-Digital-Umsetzern (ADU) und den Digital-
56
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Analog-Umsetzern (DAU) soll kurz auf die Wandlung von kontinuierlichen in diskontinuierliche
Signale eingegangen werden. Angemerkt sei an dieser Stelle, dass es natürlich eine fast
unüberschaubar große Anzahl von ADU- und DAU-Bausteinen für fast alle erdenklichen
Einsatzbereiche gibt; im Folgenden wird auf zwei unproblematisch zu handhabende Bausteine des
Herstellers Ferranti eingegangen werden.
1.3.7.1 Kontinuierliche und diskontinuierliche Signale
Zentraler Begriff dieser Umwandlung ist die Puls-Weiten-Modulation (ferner auch Puls-Dauer- und
Puls-Breiten-Modulation) kurz PWM. Hier wird das Tastverhältnis bei konstanter Frequenz moduliert
(siehe die beiden unten stehenden Abbildungen).
Abbildung 63: Mittelwerte der Spannung bei verschiedenen Tastverhältnissen
In diesem Zusammenhang taucht der Begriff Duty Cycle (DC) auf. Zu näheren Erläuterungen siehe
beispielsweise http://www.mikrocontroller.net/articles/Pulsweitenmodulation .
𝐷𝐢 =
𝑑𝑒𝑖𝑛
𝑑𝑒𝑖𝑛 + π‘‘π‘Žπ‘’π‘ 
1.9
1.3.7.2 Digital-Analog-Umsetzung
Der ZN428E-8 ist ein von Ferranti entwickelter, monolithischer 8-Bit D/A-Umsetzer, der u.a. für einen
unkomplizierten Datentransfer mit Mikroprozessoren konzipiert wurde. Er ist TTL- und CMOSkompatibel und benötigt lediglich eine einfache Spannungsversorgung von +5V. Weiterhin besitzt er
einen ENABLE-Eingang und hat getrennte Anschlüsse für analoge und digitale Masse. Seine typische
Wandlungszeit beträgt 800ns.
Dieser Umsetzer arbeitet mit Hilfe eines R-2R-Widerstands-Netzwerkes, verfügt über Stromschalter,
Data Latches, sowie eine präzise Referenzspannungsquelle von +2,5V. Als zusätzliche externe
Beschaltung sind lediglich ein Widerstand und ein Kondensator für die Referenzspannung notwendig.
Die unten stehende Abbildung zeigt das System-Diagramm des ZN428E-8.
Abbildung 64: Digital-Analog-Umsetzer mit R2R-Netzwerk
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
57
1.3.7.3 Analog-Digital-Umsetzung
Der ZN427E-8 ist ein ebenfalls von Ferranti entwickelter, monolithischer 8-Bit-A/D-Umsetzer,
konzipiert für einen einfachen Datentransfer mit Mikroprozessoren. Er ist TTL- und CMOS-kompatibel
und benötigt neben einer positiven Versorgungsspannung von +5V zusätzlich eine negative Spannung
von -5V. Er enthält einen 8-Bit-D/A-Umsetzer, eine durch Operationsverstärker aufgebaute
Vergleicherstufe, ein Register zur sukzessiven Approximation (SAR), sowie eine präzise
Referenzspannungsquelle von +2,5V. Als externe Bauelemente sind auch hier ein Widerstand und ein
Kondensator für die Referenzspannung notwendig.
Die Anschlüsse 1 (END OF CONVERSION), 2 (OUTPUT ENABLE), 3 (CLOCK) und 4 (START OF
CONVERSION) stellen die Steuersignale zum Computer dar. Die eigentliche Wandelung beginnt mit
der positiven Flanke eines negativen Impulses am Anschluss 4 des Umsetzers. Für eine vollständige
Wandelung werden 9 Taktimpulse benötigt, die dem Anschluss 3 des Umsetzers zugeführt werden.
Es ist unerheblich, ob genau 9 Impulse erzeugt werden, oder ob eine kontinuierliche
Rechteckspannung anliegt. Die nachfolgende Abbildung zeigt das System-Diagramm des ZN427, die
daran anschließende Abbildung das Timing-Diagramm.
Abbildung 65: Analog-Digital-Umsetzer mit sukzessiver Approximation
Abbildung 66: Timing-Diagramm des Analog-Digital-Umsetzers
Diese beiden Bausteine von Ferranti sind die zentralen Elemente eines auf dem o.g. Interface
aufsetzenden Umsetzer-Systems. In der Abbildung unten ist ein 24-Bit-Interface mit aufgesetztem
Umsetzer-System dargestellt. Weit herausgezogen ist das Modul des DAU. Das komplette System
selbst wurde incl. zugehöriger Software vom Verfasser erstellt.
58
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 67: Modularer Aufbau eines 24-Bit-Umsetzer-Systems
1.3.8 Analogrechner
Im Zeitalter der Digitalisierung wirken Analogrechner wie Relikte. Die Vorteile, die solche
Rechnersysteme gegenüber heutigen System bieten, sollten jedoch nicht unterschätzt werden.
Analogrechner wurden und werden zur Simulation komplexer technischer Systeme (Stromnetze,
Gasnetze, Fernwärme, Verbundsysteme, etc.) sowie zur Simulation von Prozessen aus der
Regelungstechnik, deren modellhafte Nachbildung zu aufwendig oder deren Realeinsatz nicht
vertretbar wäre (Neutronenflussregelungen, Kurs- oder Lageänderungen bei Flugobjekten, etc.)
eingesetzt. Ausgehend von dem von Lord Kelvin im Jahr 1876 gefundenen Prinzip der Rückkopplung
zur
Lösung
einfacher
Differentialgleichungen
(siehe
Abbildung,
http://www.rolfschoene.de/Alte_TUM/www-rbg/schoene/hybrid/hybrid.htm ) wurde ein erster voll funktionsfähiger
Analogrechner im Jahr 1914 konzipiert und vorgestellt.
Abbildung 68: Rückkopplungsprinzip zur Lösung einfacher DGL
Während digital arbeitende Rechner das Problem der Lösung einer Differentialgleichung extrem
aufwendig (numerische Mathematik) bearbeiten und nur durch den Einsatz brachialer
Rechenleistung lösen können, löst der Analogrechner die Differentialgleichung "ad hoc" in
graphischer Form. Es wird ein mathematischer Zusammenhang (DGL) in eine physikalische
Formulierung (Spannungen) gebracht und so auf indirektem Weg eine Lösung ermittelt.
Bezüglich der Historie des Analogrechners sei hier auf die Dissertation von Helmut Hölzer verwiesen:
"Helmut Hoelzer’s Fully Electronic Analog Computer used in the German V2 (A4) rockets" zu finden
unter http://www.cdvandt.org/Hoelzer%20V4.pdf .
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
59
Analogrechner stellen ein Netzwerk aus Operationsverstärkern, Widerständen und Kondensatoren
dar. Die wichtigsten Baugruppen eines sehr einfachen Analogrechners sind der invertierende
Verstärker (Vu=1), der Summierer und der Integrierer bzw. der summierende Integrierer. Durch
mehrfache Integration verringert der Analogrechner die Ordnung einer DGL, so dass an seinem
Ausgang die zeitabhängige Größe x=x(t) selbst erscheint. Alle diese Elemente lassen sich durch den
Einsatz von Operationsverstärkern aufbauen und zur Ermittlung der Dynamik einer Regelstrecke
simulieren. Um die dynamischen Kenngrößen einer Regelstrecke zu ermitteln, sollte man
beispielsweise die Stellgröße y sprunghaft von 0 auf 100% ändern. Dass so etwas nicht immer
realisierbar ist (s.o.) liegt auf der Hand.
Hat man einmal eine DGL auf einem Analogrechner simuliert, so lässt sich nach einer sprunghaften
Verstellung der Eingangsgröße sofort die Sprungantwort aufzeichnen. An der so simulierten Strecke
lassen sich jetzt verschiedene Regler ausprobieren und nach Wahl des geeigneten Reglers
optimieren.
Betrachtet werde eine inhomogene Differentialgleichung 2. Ordnung, die durch den Aufbau mittels
Operationsverstärkern gelöst werden soll:
𝑇1 𝑇2 π‘₯̈ π‘Ž (𝑑) + (𝑇1 + 𝑇2 )π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) + π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘˜π‘₯𝑒 (𝑑)
Mit T1 = T2 = 2 s und k = 2,5 als Wert für einen Eingangssprung ergibt sich:
4π‘₯̈ π‘Ž (𝑑) + 4π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) + π‘₯π‘Ž (𝑑) = 2,5π‘₯𝑒 (𝑑)
Nach einem Umstellen nach der höchsten Ableitung und einem Umformen der Koeffizienten erhält
man:
π‘₯̈ π‘Ž (𝑑) = −π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) − 0,25π‘₯π‘Ž (𝑑) + 0,625π‘₯𝑒 (𝑑)
Diese Differentialgleichung lässt sich durch folgenden Schaltungsaufbau unter
Simulationsprogramm QUCS bei Beaufschlagung mit einem Einheitssprung graphisch lösen.
dem
Abbildung 69. Schaltbild eines Analogrechners zur Lösung einer inhomogenen DGL 2.Ordnung
60
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Der nach dem Operationsverstärker 5 (OP5) zur Verfügung stehende Gleichungsteil π‘₯̈ π‘Ž (𝑑) wird durch
OP2 integriert und invertiert und ergibt −π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) ; anschließend erfolgt eine nochmalige Integration
mit Invertierung durch OP3 und führt zu π‘₯(𝑑) . Bevor dieses Signal jetzt auf das durch OP1
ausgeführte Summationsglied zurückgeführt werden kann, muss es invertiert werden. Im
Summationsglied werden die ankommenden Signale durch die Widerstandskombinationen
𝑅4
𝑅
𝑅
= 0,625 𝑏𝑧𝑀. 𝑅4 = 1 𝑏𝑧𝑀. 𝑅4 = 0,25 geändert. Da das Summationsglied ein invertierendes
𝑅
1
2
3
Verhalten zeigt, erfüllt OP5 die gleiche Funktion wie OP4 als Inverter. Über die Impulsquelle V1 wird
jetzt ein Einheitssprung der Amplitude 2,5 V über einen genügend langen Zeitraum (20 s) erzeugt. Es
ergibt sich als Transientsimulation das folgende Verhalten:
Abbildung 70: Spannungs-Zeit-Diagramm mit Lösungsfunktion und Ableitungen
Diese Lösung steht vollständig im Einklang mit der mathematischen Lösung. Im Vorgriff auf
nachfolgende Kapitel ergibt sich als Lösung der Differentialgleichung mit T1 = T2 =T
𝑇1 𝑇2 π‘₯̈ π‘Ž (𝑑) + (𝑇1 + 𝑇2 )π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) + π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘˜π‘₯𝑒 (𝑑)
1
π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘₯(∞) οΏ½1 − 𝑒 −𝑇𝑑 −
𝑑 −1𝑑
𝑒 𝑇 οΏ½
𝑇
Die graphische Darstellung der o.g. Lösung mit eingetragener Wendetangente ergibt das
nachfolgende Bild (π‘₯(∞) stellt den Beharrungszustand dar). Ein Vergleich mit der Simulation mittels
Analogrechner bestätigt die Identität der Darstellungen. Kennwerte der Sprungantworten für
Verzögerungsglieder n-ter Ordnung mit gleichen Zeitkonstanten gibt ein tabellarischer Auszug
wieder.
n
Tg/T
Tu/T
Tu/Tg
1 1,000 0,000 0,000
2 2,718 0,282 0,104
3 3,695 0,805 0,218
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
61
Sind die Werte für Verzugszeit (Tu) und Ausgleichszeit (Tg) einer Strecke bekannt, lässt sich die
Zeitkonstante T bestimmen: sie liegt in beiden Darstellungen bei t = 2 s. Die Wendetangente
schneidet die Abszisse bei t = 2*0,282 = 0,564 s = Tu , während sich für die Ausgleichszeit der Wert
t = 2*2,718 = 5,436 s ergibt. Beide Werte addiert schneiden bei t = 6 s die Waagerechte des
Beharrungszustandes und ergeben somit eine vollständige Äquivalenz der gewählten Verfahren.
Abbildung 71: Sprungantwort einer PT2-Strecke mit gleichen Zeitkonstanten und Wendetangente
Eine nähere Betrachtung dieser Zusammenhänge liefert das Kapitel über Kriterien zur Regelbarkeit.
62
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
2 Steuern
Die DIN 19226 mit dem Titel Regelung und Steuerung beschreibt den Begriff des Steuerns
folgendermaßen ( siehe z.B. http://public.tfh-berlin.de/~fraass/MRTII-Umdrucke.pdf ):
"Kennzeichen für das Steuern ist der offene Wirkungsweg, bei dem die durch die Eingangsgrößen
beeinflussten Ausgangsgrößen nicht fortlaufend und nicht wieder über dieselben Eingangsgrößen auf
sich selbst wirken."
Wenn also in einem System eine Eingangsgröße (w(t)) auf das System einwirkt und dieser Vorgang
mit dem ihm eigenen Verhalten eine Ausgangsgröße (x(t)) liefert, so handelt es sich um eine
Steuerung.
Abbildung 72: Wirkungsplan einer Steuerung (Steuerkette)
Ein einfaches Beispiel aus dem Bereich der Analogtechnik stellt der nicht invertierende Verstärker
(IC1=CA3140) dar. Er ist ein elektronischer Verstärker, der als Steuerung ausgeführt ist (siehe
Abbildung 40).
Die Spannungsverstärkung beträgt hier 𝑉𝑒 = 1 +
𝑅2
𝑅1
. Die Eingangsgröße ist die Spannung Ue, die
Ausgangsgröße ist die Spannung Ua .Der Übertragungsbeiwert dieser Strecke ist ihre Verstärkung Vu:
π‘ˆπ‘Ž = 𝑉𝑒 βˆ™ π‘ˆπ‘’
2.1 Unterschied Steuern/Regeln
Im Gegensatz zu einer Steuerung ist der Wirkungskreislauf bei einer Regelung geschlossen. Hier wird
die Steuerstrecke, die aus Stellglied und Strecke besteht, sinngemäß als Regelstrecke bezeichnet. Ein
Regler nimmt die entscheidende Aufgabe wahr, den von einer Messeinrichtung gelieferten Istwert x
mit einem vorgegebenen Sollwert w zu vergleichen, um anschließend über eine Stelleinrichtung die
Stellgröße y zu beeinflussen (siehe Abbildung 103).
2.2 Steuerungen (Übersicht)
Selbsttätige (nicht manuelle) Steuerungen lassen sich ganz allgemein in drei Hauptbereiche einteilen:
• Führungssteuerung
zwischen der Führungsgröße und der Ausgangsgröße besteht ein eindeutiger
Zusammenhang; die Ausgangsgröße folgt der Eingangsgröße direkt. Beispiele sind:
Heizungssteuerung, Dämmerungsschalter.
• Haltegliedsteuerung
nach Wegnahme der Führungsgröße bleibt die Stellgröße erhalten. Nur eine Änderung einer
andersartigen (oder weiteren) Führungsgröße kann die Stellgröße wieder in den
Ausgangszustand zurücksetzen. Beispiele sind: Speicherglieder allg., Alarmanlagen,
Geräteschalter für elektrisch betriebene Maschinen.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
63
• Programmsteuerung
Generierung erfolgt über ein Programm bzw. einen programmierten Ablauf. Beispiele
basieren auf: Lochstreifen, Magnetkarten, Computerprogrammen.
Hier unterteilt man den Bereich der Programmsteuerung in vier sehr spezielle Bereiche:
o
Zeitplansteuerung
Führungsgröße wird durch zeitabhängige Elemente generiert (Zeitschaltuhren, RC-Glieder,
Taktgeber). Beispiele sind: Ampelschaltung, Treppenhausbeleuchtung.
o
Wegplansteuerung
Hier wird die Führungsgröße durch den zurückgelegten Weg oder die Stellung eines Bauteils
geliefert, wobei u.U. eine Zwischenspeicherung notwendig ist. Beispiele sind:
Ventilsteuerung am Kfz, Streckenpositionierung, Kreisbogenpositionierung.
o
Ablaufsteuerung
Unterteilung in einzelne nacheinander ablaufende Schritte, wobei das Ende des einen
Schrittes den Beginn des nachfolgenden Schrittes bedingt. Diese Steuerungsart kann als eine
Abfolge von einzelnen Führungssteuerungen dargestellt werden. Beispiele sind: Abfüllanlage,
Aufzugsteuerung, Stern-Dreieck-Umschaltung, Mediensteuerung.
o
Speicherprogrammierbare Steuerung (Verknüpfungssteuerung)
Diese Steuerung wird kurz SPS genannt und kann mittlerweile nicht einfach den Steuerungen
zugeordnet werden, da der Wirkungsablauf auch durchaus geschlossen sein kann; damit
wären dann durchaus Kriterien einer Regelung erfüllt. Beispiele sind hier der Einsatz der
"Siemens Logo", der "C-Control" von Conrad-Electronic oder des "NXT-" bzw. "EV3-Systems"
von Lego-Mindstroms. Der Begriff der Verknüpfungssteuerung impliziert binäre Steuerungen
aus dem Bereich der kombinatorischen und sequentiellen Logik.
In den folgenden Ausführungen ist für jede Art der hier genannten Steuerungen jeweils ein einfaches
Beispiel aus unterschiedlichen Bereichen wiedergegeben.
2.2.1 Führungssteuerung (sensorische Schaltung)
Es besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen einer Eingangsgröße (angenommen R2 sei ein
lichtempfindlicher Widerstand, LDR) und einer Ausgangsgröße (hier: Zustand der LED).
Abbildung 73: Führungssteuerung
Bei zunehmender Beleuchtungsstärke nimmt der Wirkwiderstand des LDR ab, bei abnehmender
Beleuchtungsstärke nimmt er zu. Mit zunehmendem Wirkwiderstand steigt auch der Spannungsfall
64
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
über dem LDR und zwar in dem Maße, wie der Spannungsfall über R1 abnimmt. Wenn also über R2
zum Zeitpunkt t = 0 ein Spannungsfall < 0,7 V auftrat und der Transistor (T sei ein Universal npnTransistor) somit sperrte, so wird er jetzt mit abnehmender Beleuchtungsstärke leitend, da der
Spannungsfall über R2 nunmehr ansteigt. Somit folgt die Steuergröße direkt der Änderung der
Führungsgröße.
2.2.2 Steuerung mit Signal-Rückführung
Es führt immer wieder zu Missverständnissen, wenn ein Ausgangssignal auf einen Eingang
zurückgeführt wird. Vielfach wird in diesem Zusammenhang schon von einer Regelung gesprochen,
was leider nicht den Tatsachen entspricht. Das vorhergehende Beispiel ist in diesem Zusammenhang
in vielfacher Hinsicht geeignet: wird die Lichtemission der LED jetzt direkt genutzt, um die
Führungsgröße, nämlich die Beleuchtungsstärke am LDR, zu beeinflussen, so wird das System
andauernd hin- und herschalten. Ist die Beleuchtungsstärke zu niedrig, so wird die LED eingeschaltet,
was wiederum zu einer hohen Beleuchtungsstärke führt und das System veranlasst, die LED wieder
auszuschalten, usw.
Streng genommen handelt es sich in diesem Fall um eine kombiniert geführte Ablaufsteuerung, da
der Transistor sowohl als Steuereinrichtung als auch als binäre Stelleinrichtung fungiert. In diesem
Fall kann man auch von einer prozessgeführten Ablaufsteuerung sprechen: der Prozessablauf erfolgt
dabei in Abhängigkeit von Ereignissen, die beim Erreichen von festgelegten Schwellwerten von
analogen Steuergrößen eintreten und die durch binäre Messsignale rückgemeldet werden.
Demzufolge ergibt sich ein geschlossener Wirkungsablauf! Zander schreibt in diesem
Zusammenhang (Zander, H.-J.: Steuerung ereignisdiskreter Prozesse, Springer, 2015, S. 49):
"Bei Ablaufsteuerungen bewirken über Ereignisse ausgelöste Werteänderungen von Steuergrößen –
wie bei Verknüpfungssteuerungen – Werteänderungen der Prozessstellgrößen. Nur werden dadurch
keine mehrwertigen Steuergrößen beeinflusst, sondern analoge Steuergrößen. Die Beeinflussung
selbst erfolgt entsprechend einer Sprungantwort. Sie wird beendet, wenn die Steuergrößen
vorgegebene Schwellwerte erreicht haben. Diese in der Steuerstrecke auftretenden Ereignisse
werden der Steuereinrichtung über Messsignale rückgemeldet. Ablaufsteuerungen sind damit wie
Regelungen durch einen geschlossenen Wirkungsablauf gekennzeichnet."
2.2.3 Haltegliedsteuerung (Antrieb einer elektrischen Maschine)
Hier tritt eine Eingangsgröße nur kurzzeitig auf. Die Ausgangsgröße folgt der Eingangsgröße und wird
solange gehalten, bis eine Änderung der Eingangsgröße erfolgt. Die unten stehenden Fotos zeigen
den Ein-/Ausschalter für den Betrieb einer elektrischen Maschine. Deutlich erkennbar ist eine Spule,
die als Stellgliedschütz fungiert und eine Haltegliedfunktion ausübt. Der Ausschalter ist dabei als
Öffner, der Einschalter als Schließer ausgeführt.
Abbildung 74: Haltegliedsteuerung
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
65
Eingangsgröße ist dabei sowohl der Öffner als auch der Schließer; der Kontakt stellt die
Ausgangsgröße dar. In Ruhestellung ist der Öffner geschlossen. Bei Betätigung des Schliessers wird
der Stromkreis geschlossen und das Relais schaltet den Kontakt. Der Stromkreis bleibt jetzt
unabhängig vom Zustand des Schließers geschlossen, das Relais ist selbsthaltend. Die Ausgangsgröße
(Kontakt) bleibt jetzt solange bestehen, bis eine Änderung der Eingangsgröße (Betätigung des
Öffners) erfolgt. Dadurch wird der Stromkreis geöffnet, das Relais fällt ab und der Kontakt wird
geöffnet. Wenn der Öffner wieder in Ruhestellung geht, bleibt der Kontakt geöffnet.
Wesentliches Merkmal einer Haltegliedsteuerung ist es, dass die Ausgangsgröße direkt auf die
Eingangsgröße zurückgeführt wird. Die Rückführung ist eine Mitkopplung (positive Rückführung)!
Dies steht im Gegensatz zu einem regelungstechnischen Prozess, bei welchem die Rückführung im
Sinne einer Wirkungsumkehr ausgeführt ist, nämlich als Gegenkopplung (negative Rückführung).
2.2.4
Programmsteuerung
2.2.4.1 Zeitplansteuerung (Treppenhaus-Schaltung)
Ein Beispiel für eine Zeitplansteuerung ist die sog. Treppenhaus-Schaltung. Hier bleibt eine
Ausgangsgröße solange bestehen, wie ein zeitlich bedingter Vorgang die Eingangsgröße beeinflusst.
Abbildung 75: Zeitplansteuerung
Solange der Kondensator C geladen ist, fließt kein Strom zum Transistor (T sei ein Universal npnTransistor); der Transistor sperrt, die LED bleibt dunkel. Durch Betätigen des Tasters S kann jetzt ein
Ladungsausgleich am Kondensator erfolgen: es fließt ein hoher Ladestrom, der nur durch RB begrenzt
wird. Gleichzeitig baut sich über C langsam eine immer größere Spannung auf. Der Transistor schaltet
durch, die LED leuchtet. Schließlich sind bei geladenem Kondensator die Bedingungen für ein
Durchschalten des Transistors nicht mehr erfüllt – die LED erlischt.
2.2.4.2 Wegplansteuerung (Streckenpositionierung)
Die unten stehende Abbildung zeigt einen Positionier-Tisch für eine eindimensionale
Streckenpositionierung. Angetrieben wird der Positionier-Schlitten durch eine unter dem Tisch
angebrachte Welle, die einen Vorschub von 1 mm pro Umdrehung liefert. Durch einen optischen
Geber (Gabellichtschranke) wird ein Impuls pro Umdrehung erfasst. (siehe nachfolgende
Detailaufnahme der Lichtschranke). Die von der Lichtschranke gelieferten Impulse werden
elektronisch angepasst und stehen anschließend für eine weitere Verarbeitung zur Verfügung.
66
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 76: Wegplansteuerung
Abbildung 77: Wegplansteuerung, Detailaufnahme der Lichtschranke
Der Steigerung der Impulszahl je Umdrehung sind jedoch Grenzen gesetzt. So werden bei höheren
Impulszahlen Inkrementalgeber verwendet. Sie arbeiten nach dem Durchlichtverfahren und
verwenden als Impulserzeuger Blendenscheiben mit lichtdurchlässigen Schlitzen.
Die Anzahl der Impulse bestimmt als Eingangsgröße die anschließend anzufahrende Position des
Positionier-Tisches.
2.2.4.3 Ablaufsteuerung (Abfüllanlage)
Ein einfaches Beispiel für eine Ablaufsteuerung ist die unten abgebildete Abfüllanlage. Als erste
Ablaufbedingung tritt hier das Erreichen einer bestimmten Position eines Becherglases auf, wobei ein
Kontaktschalter betätigt wird (erste Führungsgröße), der das Förderband zum Anhalten und ein
Pumpe zum Füllen des Becherglases veranlasst. Die zweite Ablaufbedingung wird erfüllt, wenn der
Füllstand im Becherglas eine bestimmte Marke erreicht hat, wobei eine Lichtschranke unterbrochen
wird (zweite Führungsgröße) und dadurch die Pumpe abgeschaltet und das Becherglas weiter
transportiert wird. Das geht solange, bis die erste Ablaufbedingung wieder erfüllt ist.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
67
Abbildung 78: Ablaufsteuerung
2.2.4.4 Speicherprogrammierte Steuerung (SPS)
Vor der Speicherprogrammierten Steuerung standen Elemente der verbindungprogrammierten
Steuerung (VPS). Mittlerweile trifft der Begriff der Steuerung nicht mehr zu. SPS-Anlagen sind über
Umsetzersysteme in der Lage sowohl digitale als auch analoge Signalpegel zu verarbeiten. Zusätzlich
verfügen moderne Anlagen (ab Siemens Simatic S7) schon über Ethernet-Schnittstellen zur
internetgebundenen Kommunikation über TCP/IP. Prinzipiell wird die Vorgehensweise durch drei
wesentliche Schritte dargestellt: Der Kontaktplan (KOP) stellt eine symbolische Darstellung der
Verknüpfungsglieder dar, der Funktionsplan (FUP) stellt die Art der Verknüpfung dar und die
Anweisungsliste (AWL) verknüpft die speziellen Steueranweisungen mit den Speicheradressen.
2.2.5
Exkurs Abfüllanlage
2.2.5.1 Insellösungen
Die o.g. Abfüllanlage bietet sehr vielfältige Möglichkeiten zur Realisierung einer
Programmsteuerung/Ablaufsteuerung. An dieser Stelle seien nur einige wenige signifikante
Varianten erwähnt, von denen die Realisierung einer digitaltechnischen Steuerung in NOR-Technik,
mittels EPROM, sowie die einer analogtechnischen Lösung mittels Transistor ausführlicher
thematisiert ist:
•
•
Digitaltechnik
o Nor-/Nand-Technik
o GAL
o ROM/PROM/EPROM
o SPS
o Mikrokontroller
o Rechnerprogramm 5
Analogtechnik
o Transistor
o Operationsverstärker
5
Ein Rechnerprogramm kann nur dann sinnvoll arbeiten, wenn seine Daten durch über eine passende Schnittstelle
bereitgestellt werden. Eine solche Schnittstelle wird hier durch den USB-Controller/Converter FTDI 2232 bereitgestellt.
68
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Das systematische Lösen einer digitaltechnischen Aufgabenstellung aus dem Bereich der
kombinatorischen Logik (Variablendefinition -> Funktionswertetabelle -> Funktionsgleichung ->
Vereinfachung -> Symbolplan -> Schaltplan) führt u.a. zu einem Schaltplan mit Leistungsverstärkern
für den Betrieb von Förderbandmotor und Pumpe, da die von den TTL-Gattern der 74-er Serie
ausgegebenen Signale noch an die Leistungsanforderungen anzupassen sind.
Die nachfolgende Abbildung zeigt die Realisierung der Steuerung mittels NOR-Gatter (TTL-Baustein
7402). Die Platine im linken Bildteil enthält den kompletten Steuerkreis mit durch Transistoren
realisierten Leistungsverstärkern, während die Platine im rechten Bildteil den mit Relais ausgeführten
Lastkreis darstellt. Die Platinen sind modular aufgebaut, so dass sich die hier ausgeführte Steuerung
einfach durch ein alternatives Steuerungssystem ersetzen lässt.
Abbildung 79: Realisierung einer digitaltechnischen Steuerung der Abfüllanlage
Bei der Realisierung einer Steuerung mittels EPROM werden gerade einmal 4 Byte (!) benötigt und
das noch bei hoher Redundanz. Verwendung kann hier ein EPROM geringster Speicherkapazität
finden, wie z.B. das 27C32. Seine Speicherkapazität errechnet sich, indem die Zahl hinter dem C
durch 8 geteilt wird: bei einem 27C32 ergibt sich so eine Speichergröße von 4 kByte. Schon das ist
1000-fach mehr als benötigt wird.
Die Vorgehensweise sieht folgendermaßen aus: Kontaktschalter und Lichtschranke lassen sich auf 4
unterschiedliche Arten miteinander kombinieren. Es werden somit auch nur zwei Adressleitungen
benötigt, um 4 Byte an Informationen aufzunehmen. So nimmt beispielsweise die Adressleitung A0
die Information entgegen, ob der Kontaktschalter geöffnet oder geschlossen ist und A1 nimmt die
Information auf, die von der Lichtschranke geliefert wird. Nummeriert man die Adressen von A0 und
A1 kombinatorisch durch, so ergibt sich:
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
69
BandPumpe
motor
KontaktLichtschalter schranke
Dezimal
A0
A1
0
0
0
1
0
2
3
D7
D6
D5
D4
D3
D2
D1
D0
1/0 1/0 1/0 1/0 1/0 1/0
1
0
1
1/0 1/0 1/0 1/0 1/0 1/0
0
1
1
0
1/0 1/0 1/0 1/0 1/0 1/0
1
0
1
1
1/0 1/0 1/0 1/0 1/0 1/0
1
0
Tabelle 3 Adress- und Datenbelegung des EPROMs
Hierbei sind den Datenleitungen D0 und D1 die logischen Zustände zugeordnet, die den Bandmotor
bzw. die Pumpe ansteuern. Die Datenleitungen D2 bis D7 werden nicht gebraucht und können daher
eine log. "1" oder log. "0" enthalten. Das Anschlussbild eines EPROMs vom Typ 2732 zeigt, dass die
Pins 7, 8, 9 und 10 entsprechend zu belegen sind.
Abbildung 80: Anschlussbelegungen gängiger 8-Bit-EPROMs
Im Rahmen einer analogtechnischen Steuerung bietet sich der Einsatz eines Transistors als zentrales
Schaltelement an. Im Wesentlichen betätigt der Transistor ein Relais mit einem Umschalter, wodurch
entweder der Förderbandmotor ein- und die Pumpe ausgeschaltet wird oder umgekehrt. Die
jeweilige Aktivität von Bandmotor oder Pumpe wird dabei durch Leuchtdioden angezeigt.
70
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 81: Schaltplan der Abfüllanlage, analogtechnische Steuerung
Abbildung 82: Realisierung einer analogtechnischen Steuerung der Abfüllanlage
2.2.5.2 Remote-Control-Lösungen
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Abfüllanlage auch via Remote Control auf TCP/IPBasis betrieben werden kann. Dazu muss die Anlage allerdings dauerhaft mittels USB mit einem
Server verbunden sein. In diesem Fall stellt sich die Frage der zu nutzenden Schnittstelle. Hier bieten
sich mehrere Lösungen an:
•
o
o
o
•
o
o
o
Serielle Schnittstellen:
USB
RS232, 422, 485
RJ45 (TCP/IP)
Parallele Schnittstellen:
IEEE1284
Prototypen PC-Cards auf ISA- oder PCI-Basis
GPIB
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
71
72
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
3 Untersuchung von Übertragungsgliedern
Eine erste Untersuchung eines als Regelstrecke dargestellten Übertragungsgliedes kann durch die
Reaktion der Strecke auf einen Eingangssprung durchgeführt werden. Die Reaktion des
Übertragungsgliedes lässt wichtige Rückschlüsse auf seine Regelbarkeit zu. Neben diesem einfachen
und durchaus gebräuchlichen Verfahren kann ein Übertragungsglied auch hinsichtlich seiner
Reaktion auf ein periodisches Eingangssignal untersucht werden. Es existiert noch eine Vielzahl
anderer Möglichkeiten (Impuls-Funktion, Rampen-Funktion, stochastische Funktion, etc.) Mit dieser
Form der Untersuchungen kann das dynamische Verhalten von Übertragungsgliedern festgestellt
werden.
Besteht für die zu untersuchenden Übertragungsglieder der sog. eingeschwungene Zustand, so lässt
sich in diesem Ruhe- oder Beharrungszustand die Abhängigkeit der Ausgangsgröße xa von der
Eingangsgröße xe durch eine Kennlinie beschreiben. Diese Zuordnung von Ausgangs- zu
Eingangsgröße ist zeitunabhängig. In diesem Fall wird von einem statischen Verhalten der
Übertragungsglieder gesprochen. Die nachfolgenden Abbildungen zeigen die stetige Kennlinie eines
Triggers mit Hysterese. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Reaktion des Triggers (blau) auf ein
Sinussignal am Eingang (rot). Wenn ein bestimmter durch die Schwankungsbreite festgelegter Wert
überschritten wird, erfolgt ein Umschalten der Ausgangsgröße. Dieses Umschalten kann, je nach
Größe der Hysterese, aus dem jeweiligen Triggerpunkt verschoben sein (Abbildung 84:
Signaltriggerung mit Hysterese).
Abbildung 83: Signaltriggerung ohne Hysterese
Abbildung 84: Signaltriggerung mit Hysterese
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
73
3.1 Verhalten bei periodischer Funktion
Im Bereich des dynamischen Verhaltens von Übertragungsgliedern ist die Reaktion auf eine
periodische Eingangsfunktion besonders aussagekräftig. Dieses Verhalten ist jedoch nur unter
Einbeziehung der höheren Mathematik beschreibbar. Dazu bedarf es einer kurzen Betrachtung des
Zahlenraums der komplexen Zahlen, sowie eines kurzen Exkurses in den Bereich der
Funktionentheorie.
3.1.1 Komplexe Zahlen in der z-Ebene
Betrachtet man die Frequenzabhängigkeit regelungstechnischer Systeme, so muss man sich
zwangsläufig komplexen Zahlen beschäftigen. Sie bestehen aus einem Realteil und einem
Imaginärteil. Darstellbar ist dieser Zusammenhang am einfachsten und zuallererst in der z-Ebene.
Diese Ebene wird aufgespannt durch den Real- und Imaginäranteil einer komplexen Zahl.
Abbildung 85: Komplexe Zahlenebene (z-Ebene)
In dieser Ebene lassen sich Wertepaare sowohl durch die Angabe von kartesischen Koordinaten, als
auch durch die Angabe von Polarkoordinaten bestimmen. Der Abstand r (Betrag) einer Zahl z vom
Ursprung 0 heißt Betrag von z oder |𝑧|, der Winkel (πœ‘) liegt zwischen Zeiger (rot) und Realteil. Dabei
ergibt sich als algebraische Form hier:
Oder allgemein:
Als Betrag von z ergibt sich:
𝑧 = 3 + 𝑗2
3.1
𝑧 = π‘₯ + 𝑗𝑦
|𝑧| = �𝑅𝑒(𝑧)2 + πΌπ‘š(𝑧)2
Sind nur Winkel und Betrag einer Zahl bekannt, so handelt es sich um eine Darstellung in Polarform.
Es lassen sich mit Hilfe von trigonometrischen Identitäten der Real- und der Imaginärteil bestimmen,
hierbei ist r die Länge des Zeigers.
74
𝑅𝑒(𝑧) = π‘Ÿ cos(πœ‘)
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
πΌπ‘š(𝑧) = π‘Ÿ sin(πœ‘)
Mit den analytischen Identitäten
𝑧 = π‘Ÿ cos(πœ‘) + 𝑗 π‘Ÿ sin(πœ‘)
bzw.
𝑒 π‘—πœ‘ = cos(πœ‘) + 𝑗 sin (πœ‘)
𝑒 −π‘—πœ‘ = cos(πœ‘) − 𝑗 sin (πœ‘)
lassen sich Polarkoordinaten in kartesische Koordinaten umrechnen und umgekehrt6. Die
vorgenannte algebraische Form kann somit in die Exponentialform überführt werden:
π‘₯ + 𝑗𝑦 = π‘Ÿ βˆ™ 𝑒 π‘—πœ‘
Es ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass es sich hierbei um eine Transformation handelt:
es werden die Koordinaten einer algebraischen Form in diejenigen einer exponentiellen Form
überführt. Bezogen auf den jeweiligen Anwendungsfall, ist es vorteilhafter entweder mit der einen
oder mit der anderen Form zu rechnen, wobei sich beide Formen auf die z-Ebene beziehen. Während
sich für Rechnungen mit rechteckigen Flächenelementen die algebraische Form (kartesische
Koordinaten) gut eignet, wird man bei Rechnungen mit runden Flächenelementen eher die
exponentielle Form (Polarkoordinaten) bevorzugen.
Was mit Koordinatentransformation innerhalb einer Ebene funktioniert, sollte auch bezogen auf
Ebenen selbst funktionieren. Bleibt die Frage, welche Vorteile eine Transformation von einer Ebene
auf eine andere Ebene bringt. Wie o.g. kann es einfacher sein, ein Problem, das in der vorgenannten
z-Ebene schlecht lösbar ist, in eine andere Ebene (bspw. der s-Ebene) zu transformieren, wo es u.U.
deutlich einfacher zu lösen ist.
3.1.2 Komplexe Zahlen in der s-Ebene
Rein mathematisch betrachtet wäre es deutlich systematischer, wenn nach der z-Ebene (x, y, z) eine
neue Ebene mit den Buchstaben "u, v, w" bezeichnet werden würde. Dann würde die neue Ebene als
w-Ebene bezeichnet werden. Das wäre durchaus möglich, jedoch hat sich im Bereich der
Regelungstechnik und insbesondere im Bereich der Laplace-Transformation die schon vorgenannte
Bezeichnung der s-Ebene etabliert. Die damit verbundenen Variablen sind 𝜎 (sigma) und πœ” (omega),
wobei in Analogie zum Vorgenannten gilt:
𝑠 = 𝜎 + π‘—πœ”
3.2
𝑧 = 𝑒𝑠
3.3
Beide Ebenen können funktional miteinander in Beziehung treten. Eine der wichtigen, immer wieder
auftauchenden Transformationen zwischen der z und der s-Ebene lautet:
Einsetzen von 3.1 und 3.2 in 3.3 ergibt unter Berücksichtigung der vorgenannten analytischen
Identitäten:
π‘₯ + 𝑗𝑦 = 𝑒 𝜎 (cos πœ” + 𝑗 sin πœ”)
6
Diese Identität lässt sich durch eine Betrachtung der Potenzreihenentwicklung (Taylor-Reihe) für die jeweiligen Terme
bestätigen.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
75
Damit lassen sich letztlich die Umrechnungen für eine Transformation von Punkten aus der s- Ebene
in die z-Ebene durchführen:
π‘₯ = 𝑒 𝜎 cos πœ”
𝑦 = 𝑒 𝜎 sin πœ”
Wenn bspw. eine vertikale Strecke in der s-Ebene gegeben ist (𝜎 = 0, πœ” läuft von 0 bis 2πœ‹), so lassen
sich die korrespondierenden Punkte für die z-Ebene mit den vorgenannten beiden Gleichungen
bestimmen. Das führt zu
π‘₯ = 1 βˆ™ cos πœ”
𝑦 = 1 βˆ™ sin πœ”
Das entspricht in der z-Ebene einem Kreis mit Mittelpunkt im Ursprung und einem Radius von 1.
Würde jetzt bspw. 𝜎 = 1 gewählt unter sonst gleichen Bedingungen, so würde sich in der z-Ebene
wieder ein Kreis mit Mittelpunkt im Ursprung ergeben, nur hätte er dieses Mal einen Radius von
𝑒 1 = 2,718 . Somit stellt der Ausdruck 𝑒 𝜎 den Betrag eines Zeigers vom Mittelpunkt des Kreises zu
einem Punkt seiner Peripherie dar.
3.1.3 Kapazitätsberechnung eines Zylinderkondensators in der s-Ebene
In Kapitel 1.2.1.1.4 wurde die Kapazität eines Zylinderkondensators berechnet. Das geht auch
einfacher, nämlich durch eine Betrachtung des Zylinderkondensators in der s-Ebene. Betrachtet man
einen Zylinderkondensator so, dass er als stehend auf der z-Ebene erscheint, so verbleiben zwei
konzentrische Kreise, nämlich der innere Kreis mit Radius r und der äußere Kreis mit Radius R. Eine
Transformation in die s-Ebene unter Berücksichtigung von Gleichung 3.3 führt zu zwei senkrechten
Geraden der Länge 2πœ‹ und den Abständen 𝜎1 und 𝜎2 vom Ursprung.
Abbildung 86: z- und s-Ebene beim Zylinderkondensator
Die beiden konzentrischen Kreise haben dabei die Radien
und
76
π‘Ÿ = 𝑒 𝜎1
𝑅 = 𝑒 𝜎2
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
In der s-Ebene ergibt sich hierbei für den inneren Kreis eine Gerade der Länge 2πœ‹ an der Stelle
𝜎1 = ln π‘Ÿ . Für den äußeren Kreis ergibt sich ebenfalls eine Gerade gleicher Länge bei 𝜎2 = ln 𝑅 .
In der s-Ebene finden sich somit zwei identische sich gegenüber liegende Flächen, da nichts an der
aus den Ebenen herausragenden Elementen geändert wurde. Wenn die Länge des
Zylinderkondensators in der z-Ebene h war, so ist die Länge (respektive Tiefe) der
Kondensatorplatten in der s-Ebene ebenfalls h.
Aus der allgemeinen Gleichung für die Kapazität eines Plattenkondensators (siehe Gleichung 1.5)
ergibt sich letztlich:
𝐢 = πœ€0
2πœ‹β„Ž
β„Ž
= 2πœ‹πœ€0
𝑅
ln 𝑅 − ln π‘Ÿ
𝑙𝑛 οΏ½ οΏ½
π‘Ÿ
3.1.4 Funktionen in der komplexen Ebene
Neben einzelnen Punkten innerhalb einer komplexen Ebene lassen sich natürlich auch Funktionen
innerhalb dieser Ebene beschreiben. So ergeben sich Funktionen der komplexen Variablen z oder s.
Funktionen von s werden zur Unterscheidung derer von z mit dem Großbuchstaben G bezeichnet.
Eine Funktion in der s-Ebene wird daher bspw. so geschrieben:
𝐺(𝑠) =
1
𝑠
Der Betrag dieser Funktion kann als Fläche über der s-Ebene betrachtet werden. Es ergibt sich dabei:
|𝐺(𝑠)| =
√𝜎 2
1
+ πœ”2
Eine graphische Darstellung liefert das nachfolgende Ergebnis. Deutlich ist zu erkennen, dass an der
Spitze eine Unendlichkeitsstelle existiert. Das bedeutet: die Funktion G(s) besitzt einen "Pol".
Abbildung 87: Betrag G(s)
Pole und Nullstellen werden bei der Betrachtung von Stabilitätskriterien eine entscheidende
Bedeutung haben. Mehr dazu dann in Kapitel 5.2.4 .
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
77
3.1.5 Zeigerdiagramme
Eine Untersuchung von elektrischen Regelkreisgliedern kann statt durch einen
frequenzunabhängigen Einheitssprung auch durch das Beaufschlagen mit einer periodischen
Eingangsgröße erfolgen. Dabei wird die Frequenz variiert und das Ausgangssignal des
Regelkreisglieds liefert eine veränderte Amplitude und Phase. Als Verhältnis der Zeiger von
Eingangsgröße xe(t) zu Ausgangsgröße xa(t) sei der Frequenzgang bezeichnet. Die nachfolgende
Abbildung 88 ist ein Screenshot einer Flash-Animation, die vom Institut für Technik und ihre Didaktik
der Universität Münster (dieses Fach existiert dort leider nicht mehr!) erstellt wurde. Es ist zu
beachten, dass die beiden in den Kreis eingezeichneten Zeiger gegen den Uhrzeigersinn umlaufen.
Diese Momentaufnahme liefert einen überstrichenen Winkel von ca. 230°.
Abbildung 88: Zeigerdiagramm mit zeitlicher Auflösung
Hier sei der Zeiger xe(t) festgelegt durch:
π‘₯𝑒 (𝑑) = π‘₯�𝑒 (cos πœ”π‘‘ + 𝑗 sin πœ”π‘‘)
Mit der Identität cos πœ”π‘‘ + 𝑗 sin πœ”π‘‘ = 𝑒 π‘—πœ”π‘‘ ergibt sich:
π‘₯𝑒 (𝑑) = π‘₯�𝑒 𝑒 π‘—πœ”π‘‘
Wird ein Regelkreisglied mit einer periodischen Funktion angeregt, so wird auch das Ausgangssignal
eine periodische Struktur haben, wobei Amplitude und Phase unterschiedlich sein können. Die
Ausgangsgröße kann gegenüber der Eingangsgröße um einen Phasenwinkel πœ‘ verschoben sein:
Der Frequenzgang 𝐺(π‘—πœ”) =
von π‘—πœ” abhängig.
π‘₯π‘Ž (𝑑)
π‘₯𝑒 (𝑑)
=
π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘₯οΏ½π‘Ž 𝑒 𝑗(πœ”π‘‘+πœ‘)
π‘₯οΏ½π‘Ž 𝑒 π‘—πœ‘
π‘₯�𝑒
ist somit keine Funktion der Zeit mehr, sondern nur noch
Abbildung 88 gibt ein frequenzabhängiges Zeigerdiagramm für die Größen Spannung (U), Strom (I)
und Leistung (P) an. Der Bezug ist ein Wechselstromkreis, der lediglich durch einen ohmschen
Widerstand belastet wird. Deutlich erkennbar sind alle Größen phasengleich.
Anders sieht es aus, wenn jetzt eine Reihenschaltung aus Widerstand und Kondensator betrachtet
wird. Die Simulation mit QUCS zeigt eine Phasenverschiebung von 90° oder πœ‹οΏ½2 zwischen Spannung
und Strom, was in dem Merksatz mündet:
Beim Kondensator eilt der Strom der Spannung vor. Dieser Zusammenhang ist in der nachfolgenden
Abbildung wiedergegeben.
78
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 89: Verlauf von Wechselstrom und Wechselspannung am RC-Glied
Bei einer Reihenschaltung aus Widerstand und Induktivität zeigt sich unter QUCS wiederum eine
Phasenverschiebung von 90° oder πœ‹οΏ½2 zwischen Spannung und Strom, was aber in dem Merksatz
mündet:
Bei Induktivitäten wird der Strom sich verspäten. Auch dieser Zusammenhang ist in der
nachfolgenden Abbildung wiedergegeben.
Abbildung 90: Verlauf von Wechselstrom und Wechselspannung am RL-Glied
Betrachtet man jetzt die Zeigerdiagramme für ein RC-Glied und für ein RL-Glied, so ergeben sich zu
beliebigen Zeitpunkten die beiden nachfolgenden Abbildungen. Für das RC-Glied ist deutlich
erkennbar, dass Strom (rot) und Spannung (blau) um 90° verschoben sind (Abbildung 91). Da der
Strom der Spannung vorauseilt ist er ihr gegenüber um -90° in der Phase verschoben. Für das RLGlied ergibt sich ebenfalls eine Phasenverschiebung um +90°. Sie ist positiv, da die Spannung jetzt
dem Strom vorauseilt.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
79
Abbildung 91: Zeigerdiagramm für Strom und Spannung am RC-Glied
Abbildung 92: Zeigerdiagramm für Strom und Spannung am RL-Glied
Betrachtet man jetzt die Spannungsverhältnisse an den einzelnen Zeigerdiagrammen, so lassen sich
die einzelnen Zeiger so weit drehen, dass der Strom-Zeiger jeweils nach rechts zeigt. Da er für die
nachfolgenden Betrachtungen von geringerem Gewicht ist, ist er als Strichlinie dargestellt.
Zur Berechnung der Gesamtspannung sind die beiden Amplituden geometrisch zu addieren. Da die
beiden Zeiger um πœ‹οΏ½2 verschoben sind, ergibt sich nach Pythagoras eine Gesamtspannung von 5V
(4,2V und 2,7V). Man erhält:
Oder:
𝑒 2 = 𝑒𝑅 2 + 𝑒 𝐢 2
𝑒 = �𝑒𝑅 2 + 𝑒𝐢 2
Es bleibt zu berücksichtigen, dass der Strom über den Spannungsfall an einem Widerstand indirekt
gemessen wurde.
80
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 93: Zeigerdiagramme der Spannungen für ein RL- und für ein RC-Glied
Auch im Wechselstromkreis gilt das Ohmsche Gesetz. Demnach ist die Spannung proportional zum
Widerstand. Folgerichtig lassen sich jetzt die einzelnen Spannungen durch Widerstände ersetzen.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Wirkwiderstand R als frequenzunabhängig zu betrachten ist,
wohingegen die Widerstände für Induktivität und Kondensator frequenzabhängig sind.
Der frequenzabhängige Widerstand einer Induktivität wird als induktiver Blindwiderstand 𝑋𝐿
bezeichnet und ist proportional zur Frequenz und zur Induktivität:
und
𝑒𝐿 = 𝑋𝐿 βˆ™ 𝑖𝐿
𝑋𝐿 = πœ” βˆ™ 𝐿
Mit zunehmender Frequenz erhöht sich somit der Blindwiderstand 𝑋𝐿 .
Der frequenzabhängige Widerstand einer Kapazität wird als kapazitiver Blindwiderstand 𝑋𝐢
bezeichnet und ist umgekehrt proportional zur Frequenz und zur Kapazität:
und
𝑒𝐢 = 𝑋𝐢 βˆ™ 𝑖𝐢
𝑋𝐢 =
1
πœ”βˆ™πΆ
Mit zunehmender Frequenz verringert sich somit der Blindwiderstand 𝑋𝐢 .
Diese Zusammenhänge lassen sich durch ein Diagramm in geeigneter Form darstellen. Einmal als RLund ein anderes Mal als RC-Glied. In diesem Widerstandsdreieck ergibt sich als resultierende
Komponente der Scheinwiderstand Z.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
81
Abbildung 94: Widerstands-Dreiecke für ein RL- und ein RC-Glied
Das führt dann zu den Scheinwiderständen 𝑍𝐿 und 𝑍𝐢 , die ebenfalls mittels Pythagoras in
geometrischer Form zu bestimmen sind:
und
𝑍𝐿 = �𝑅 2 + (πœ”πΏ)2
1 2
2
οΏ½
𝑍𝐢 = 𝑅 + οΏ½ οΏ½
πœ”πΆ
Auch der Phasenwinkel lässt sich leicht durch Winkelfunktionen bestimmen:
bzw.
tan πœ‘ =
𝑋𝐿
𝑅
tan πœ‘ =
𝑋𝐢
𝑅
Betrachtet man jetzt eine R-L-C-Reihenschaltung (siehe Kapitel 1.2.1.1.4 bzw. Abbildung 32), so
ergibt sich bei identischen Blindwiderständen insgesamt eine Phasenverschiebung von Null. Die
Schaltung verhält sich dann wie ein Wirkwiderstand mit phasengleichem Strom- und
Spannungsanteilen. Über die so eingestellte Resonanzfrequenz (bei einer Phasenverschiebung von
Null) lassen sich dann Rückschlüsse auf Induktivität bzw. Kapazität aufstellen.
3.1.6 Übertragungsfunktionen
Das dynamische Verhalten eines Regelkreisglieds wird nicht nur durch seine Augenblickswerte xe(t)
und xa(t) beschrieben, sondern auch durch seine zugehörigen zeitlichen Ableitungen und seine
konstanten Beiwerte. Dieser Zusammenhang wird durch eine ganz allgemeine DGL beschrieben:
… + π‘Ž2 π‘₯̈ 𝑒 (𝑑) + π‘Ž1 π‘₯Μ‡ 𝑒 (𝑑) + π‘Ž0 π‘₯𝑒 (𝑑) = 𝑏0 π‘₯π‘Ž (𝑑) + 𝑏1 π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) + 𝑏2 π‘₯̈ π‘Ž (𝑑) + β‹―
Bildet man die allgemeinen Differentiale, ausgehend von: π‘₯𝑒 (𝑑) = π‘₯�𝑒 𝑒 π‘—πœ”π‘‘ ,
π‘₯Μ‡ 𝑒 (𝑑) = π‘—πœ” π‘₯�𝑒 𝑒 π‘—πœ”π‘‘ = π‘—πœ” π‘₯𝑒 (𝑑)
82
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
π‘₯̈ 𝑒 (𝑑) = (π‘—πœ”)2 π‘₯𝑒 (𝑑)
so ergibt sich der Frequenzgang ganz allgemein zu:
π‘₯π‘Ž (π‘—πœ”) π‘Ž0 + π‘Ž1 (π‘—πœ”) + π‘Ž2 (π‘—πœ”)2 + β‹―
𝐺(π‘—πœ”) =
=
π‘₯𝑒 (π‘—πœ”) 𝑏0 + 𝑏1 (π‘—πœ”) + 𝑏2 (π‘—πœ”)2 + β‹―
Bezug nehmend auf eine inhomogene Differentialgleichung 1. Ordnung (PT1-Glied)
𝑇1 π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) + π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘˜π‘₯𝑒 (𝑑)
Ergibt sich der Frequenzgang zu:
𝑇1 π‘—πœ” π‘₯π‘Ž (π‘—πœ”) + π‘₯π‘Ž (π‘—πœ”) = π‘˜π‘₯𝑒 (π‘—πœ”)
𝐺(π‘—πœ”) =
π‘₯π‘Ž (π‘—πœ”)
π‘˜
=
π‘₯𝑒 (π‘—πœ”) 1 + π‘—πœ”π‘‡1
3.4
An dieser Stelle sei angemerkt, dass sich aus dem Frequenzgang bei Ersetzen von π‘—πœ” durch den
Laplace-Operator s die Übertragungsfunktion ergibt (siehe 3.2.5).
𝐺(s) =
π‘˜
π‘₯π‘Ž (s)
=
π‘₯𝑒 (s) 1 + s𝑇1
3.5
Aus dem Frequenzgang lassen sich jetzt relativ einfach der Amplitudengang und der Phasengang
bestimmen. Beide sind zusammengefasst durch das Bode-Diagramm.
3.1.7 Bode-Diagramm
Wird ein Regelkreisglied durch eine periodische Schwingung angeregt, so reicht es nicht aus, die
Ausgangsgröße lediglich bei einer einzigen Frequenz zu bestimmen. Es muss sowohl die Amplitude
als auch die Phasenlage für alle möglichen Frequenzen bekannt sein, wobei die Eingangsgröße xe(t)
eine gleichbleibende Amplitude π‘₯�𝑒 hat.
Während die Länge und Lage des Zeigers π‘₯�𝑒 für alle Frequenzen gleich bleibt, ändert sich die Länge
und Lage des Zeigers π‘₯οΏ½π‘Ž mit der Frequenz. Nach Normierung der Eingangsgröße auf den Wert 1
ergeben sich dann verschiedene
π‘₯οΏ½π‘Ž
π‘₯�𝑒
-Werte mit unterschiedlichen Phasenwinkeln. Die graphische
Darstellung dieses Zusammenhangs wird als Ortskurve des Frequenzgangs bezeichnet. Hierbei wird
der Frequenzgang in einen Real- und einen Imaginärteil zerlegt und durch ein einziges Diagramm
innerhalb der Gaußschen Zahlenebene dargestellt. Die Zerlegung in einen Real und einen
Imaginärteil erfolgt durch Bildung des konjugiert Komplexen. Es wird dadurch gebildet, indem man
die komplexe Zahl mit dem negativ Komplexen multipliziert. Bezogen auf den vorgenannten
Frequenzgang ergibt sich:
𝐺(π‘—πœ”) =
π‘˜
1 − π‘—πœ”π‘‡1
1 − π‘—πœ”π‘‡1
=π‘˜
1 + π‘—πœ”π‘‡1 1 − π‘—πœ”π‘‡1
1 + (πœ”π‘‡1 )2
Daraus ergeben sich der Realteil bzw. der Imaginärteil zu:
𝑅𝑒(𝐺) =
πΌπ‘š(𝐺) =
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
π‘˜
1 + (πœ”π‘‡1 )2
−π‘˜ πœ”π‘‡1
1 + (πœ”π‘‡1 )2
83
Zur Darstellung der Ortskurve ist es sinnvoll, eine Tabelle mit verschiedenen Werten der
Kreisfrequenz πœ” anzulegen (z.B mit: πœ”, πœ”π‘‡1 , (πœ”π‘‡1 )2 , 1 + (πœ”π‘‡1 )2 , 𝑅𝑒(𝐺), πΌπ‘š(𝐺) ).
Die zugehörige Ortskurve (PT1-Regelkreisglied) ist in Abbildung 95 wiedergegeben. Mit K=1 ergibt
sich ein Phasenwinkel von 45°. Realteil und Imaginärteil sind in diesem Fall betragsmäßig gleich groß,
womit die Eckfrequenz dem Kehrwert der Zeitkonstanten T1 entspricht.
Das Bode-Diagramm (Abbildung 96 und Abbildung 97)schließlich liefert zwei getrennte Diagramme,
wobei einmal der Betrag des Frequenzgangs und einmal der Phasenwinkel jeweils in Abhängigkeit
von der Kreisfrequenz dargestellt werden. Während der Frequenzgang und die Kreisfrequenz
logarithmisch aufgetragen sind, wird der Phasenwinkel linear aufgetragen.
Berücksichtigt man den Zusammenhang
|𝐺|2 = 𝑅𝑒(𝐺)2 + πΌπ‘š(𝐺)2
So ergibt sich der Betrag des Frequenzgangs zu:
|𝐺(π‘—πœ”)| =
π‘˜
οΏ½1 + (πœ”π‘‡)2
3.6
Da es üblich ist, den Amplitudengang in der Einheit dB aufzutragen, ist zusätzlich der Zusammenhang
Zur Umrechnung zu berücksichtigen.
|𝐺(π‘—πœ”)|𝑑𝐡 = 20 lg|𝐺(π‘—πœ”)|
Durch die Kenntnis von Real- und Imaginärteil lässt sich auch der Phasenwinkel πœ‘ ermitteln:
oder
tan πœ‘ =
πΌπ‘š(𝐺)
= −πœ”π‘‡
𝑅𝑒(𝐺)
πœ‘ = − arctan πœ”π‘‡
Zur Darstellung der Bode-Diagramms ist es sinnvoll, eine Tabelle mit verschiedenen Werten der
Kreisfrequenz πœ” anzulegen (z.B mit: πœ”, πœ”π‘‡1 , (πœ”π‘‡1 )2 , 1 + (πœ”π‘‡1 )2 , 𝑅𝑒(𝐺), πΌπ‘š(𝐺), πœ‘ ). Zusätzlich sollten
der Betrag des Frequenzgangs (Amplitudengang) und der Phasenwinkel in grad aufgenommen
werden.
Mit Hilfe von Excel lässt sich relativ einfach eine selbstrechnende Tabelle aufbauen, die bezogen auf
das Verhalten einer PT1-Strecke die o.g. Zusammenhänge vertiefen kann. Betrachtet werden soll der
folgende Ausschnitt einer Tabelle, sowie die daraus berechnete Ortskurve. 7
7
Die Tabelle liefert nur einen beispielhaften Ausschnitt. Die nachfolgenden drei Graphiken sind durch deutlich mehr Werte
berechnet worden.
84
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
k
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
ω
0,01
0,02
0,02
0,03
0,05
0,08
0,11
0,11
0,17
0,26
T1
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
ωT1
0,01
0,02
0,02
0,03
0,05
0,08
0,11
0,11
0,17
0,26
(ωT1)2 1+(ωT1)2
0,00
1,00
0,00
1,00
0,00
1,00
0,00
1,00
0,00
1,00
0,01
1,01
0,01
1,01
0,01
1,01
0,03
1,03
0,07
1,07
Re(G)
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
0,99
0,99
0,99
0,97
0,94
Im(G)
-0,01
-0,01
-0,02
-0,03
-0,05
-0,08
-0,11
-0,11
-0,17
-0,24
lGl lGl in dB Winkel φ
1,00 0,00
-0,57
1,00 0,00
-0,86
1,00 0,00
-1,29
1,00 0,00
-1,93
1,00 -0,01
-2,90
1,00 -0,02
-4,34
0,99 -0,06
-6,50
0,99 -0,06
-6,50
0,99 -0,12
-9,70
0,97 -0,28
-14,37
Tabelle 4: Bode-Diagramm, PT1-Regelkreisglied
Abbildung 95: Ortskurve, PT1-Regelkreisglied
Das nachfolgende Bode-Diagramm zeigt den Amplitudengang und den Phasengang. Der
Amplitudengang gibt den Betrag des Frequenzgangs G in Abhängigkeit der Kreisfrequenz ω in der
Einheit dB wieder. Bei diesen beiden Darstellungen ist zu berücksichtigen, dass die Kreisfrequenz
immer logarithmisch dargestellt wird. Die Eckfrequenz ωE ist im Phasengang deutlich bei πœ‘ = −45°
erkennbar und korreliert im Amplitudengang ebenfalls mit 10 s-1. Sie entspricht dem Kehrwert der
Zeitkonstanten T1 = 0,1 s:
πœ”πΈ =
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
1
= 10𝑠 −1
𝑇1
85
Abbildung 96: Amplitudengang in dB, PT1-Regelkreisglied
Abbildung 97: Phasengang, PT1-Regelkreisglied
86
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Diese einfachen Darstellungen mittels Excel lassen sich jetzt auch etwas professioneller mit Hilfe von
QUCS darstellen. Im weiteren Verlauf wird daher auf Excel-Darstellungen verzichtet werden, wobei
QUCS dann das Mittel der Wahl sein wird. Nachfolgend abgebildet ist ein PT1-Regelkreisglied mit
einer Zeitkonstante von 1ms entsprechend einer Kreisfrequenz von 1000s-1 (oder 1e03=1x103).
Abbildung 98: PT1-Regelkreisglied mit Ortskurve und Bode-Diagramm
Erklärungsbedürftig sind in diesem Zusammenhang die unter QUCS aufgestellten Gleichungen. Die
Ausgabegröße "out" lässt sich direkt in Dezibel "dB(out.v)" und Phasenverschiebung "phase(out.v)"
umrechnen. Dann muss noch die Frequenz "acfrequency" in die Kreisfrequenz "acfrequency*2*pi"
umgerechnet werden. Abschließend muss das Ganze als Diagrammausdruck vorbereitet werden
mittels "PlotVs". Die Abszisse wurde danach in "omega" umbenannt.
Es ist in den o.g. Diagrammen klar erkennbar, dass der Amplitudengang mit 20dB je Dekade sinkt und
der Phasengang bei der Eckfrequenz von 1000s-1 ein Phasenwinkel von -45° liefert.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
87
3.2 Differentialgleichungen
Das Aufstellen von Differentialgleichungen und deren mögliche Lösungen gehören zu den
komplexeren Aufgaben der Regelungstechnik. An dieser Stelle sollen lediglich anleitende
Arbeitsweisen vermittelt werden, die zu möglichen Lösungen führen können. Beschrieben wird die
weitere Vorgehensweise am Beispiel der Lösung einer inhomogenen Differentialgleichung 1.
Ordnung. Gewählt wurde eine PT1-Strecke, die prinzipiell einem Tiefpass aus der Elektrotechnik
entspricht, daher in wesentlichen Elementen relativ einfach und anschaulich zu behandeln ist und
durch die Häufigkeit ihres Auftretens in fast allen mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen
Bereichen schon fast als elementar zu bezeichnen ist.
3.2.1 Aufstellen von Differentialgleichungen
Am Beispiel des Ladeverhalten einer RC-Kombination, die in der nachfolgenden Abbildung als
klassischer 4-Pol dargestellt ist, soll die zugehörige Differentialgleichung aufgestellt und anschließend
durch Anwendung verschiedener Verfahren gelöst werden.
Abbildung 99: RC-Kombination
Masche wählen:
−π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ + π‘ˆπ‘… (𝑑) + π‘ˆπΆ (𝑑) = 0
Mit den Bedingungen
−π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ + 𝑅 βˆ™ 𝐼(𝑑) + π‘ˆπΆ (𝑑) = 0
𝐢=
𝑄(𝑑)
π‘œπ‘‘π‘’π‘Ÿ 𝑄(𝑑) = 𝐢 βˆ™ π‘ˆπ‘ (𝑑)
π‘ˆπΆ (𝑑)
𝑄(𝑑) = οΏ½ 𝐼(𝑑) 𝑑𝑑
𝑑
𝐢 βˆ™ π‘ˆπΆ (𝑑) = οΏ½ 𝐼(𝑑) 𝑑𝑑
πΆβˆ™
ergibt sich eingesetzt
88
𝑑
π‘‘π‘ˆπΆ
= 𝐼(𝑑)
𝑑𝑑
𝐢 βˆ™ π‘ˆΜ‡πΆ (𝑑) = 𝐼(𝑑)
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
−π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ + 𝑅 βˆ™ 𝐢 βˆ™ π‘ˆΜ‡πΆ (𝑑) + π‘ˆπΆ (𝑑) = 0
−π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ + 𝜏 βˆ™ π‘ˆΜ‡πΆ (𝑑) + π‘ˆπΆ (𝑑) = 0
schließlich eine inhomogene Differentialgleichung 1. Ordnung:
π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ = π‘ˆπΆ (𝑑) + 𝜏 βˆ™ π‘ˆΜ‡πΆ (𝑑)
Betrachtet man Uc(t) als Ausgangsgröße xa und UBat als k xe(t) mit k=1 so erhält man die folgende
Form der obigen Differentialgleichung:
𝑇1 π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) + π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘˜π‘₯𝑒 (𝑑)
Für t > 0 wird der Ausdruck π‘˜π‘₯𝑒 (𝑑) zu π‘˜π‘₯𝑒0 , da in diesem Fall ein Einheitssprung vorliegt; daher muss
UBat auch nicht zeitabhängig gewählt werden.
3.2.2
Lösen durch Trennen der Veränderlichen
Ausgehend von der o.g. Differentialgleichung
π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ = π‘ˆπΆ (𝑑) + 𝜏 βˆ™ π‘ˆΜ‡πΆ (𝑑)
πœβˆ™
οΏ½
𝑑
π‘‘π‘ˆπΆ (𝑑)
= π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ − π‘ˆπΆ (𝑑)
𝑑𝑑
1
π‘‘π‘ˆπΆ (𝑑)
= 𝑑𝑑
π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ − π‘ˆπΆ (𝑑) 𝜏
1
1
π‘‘π‘ˆπΆ (𝑑) = οΏ½ 𝑑𝑑
𝜏
π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ − π‘ˆπΆ (𝑑)
𝑑
Ergibt sich durch Substitution des Integrals:
π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ − π‘ˆπΆ (𝑑) = π‘₯
𝑑
𝑑π‘₯
=
(π‘ˆ − π‘ˆπΆ (𝑑))
π‘‘π‘ˆπΆ (𝑑) π‘‘π‘ˆπΆ (𝑑) π΅π‘Žπ‘‘
𝑑π‘₯
= −1 → −𝑑π‘₯ = π‘‘π‘ˆπΆ (𝑑)
π‘‘π‘ˆπΆ (𝑑)
Angewandt auf das zuletzt genannte Integral folgt mit der Integrationskonstanten K:
−οΏ½
1
1
𝑑π‘₯ = − ln(π‘₯) + 𝐾 = −𝑙𝑛[π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ − π‘ˆπΆ (𝑑)] + 𝐾 = βˆ™ 𝑑
π‘₯
𝜏
Die Integrationskonstante K wird festgelegt durch die Randbedingung π‘ˆπΆ (𝑑) zum Zeitpunkt t = 0:
π‘ˆπΆ (0) = 0
−𝑙𝑛[π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ − π‘ˆπΆ (0)] + 𝐾 = 0
𝐾 = 𝑙𝑛[π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ ]
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
89
Eingesetzt in die ursprüngliche Gleichung ergibt sich:
𝑙𝑛[π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ − π‘ˆπΆ (𝑑)] − 𝑙𝑛[π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ ] = −
𝑙𝑛 οΏ½
𝑑
π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ − π‘ˆπΆ (𝑑)
οΏ½=−
𝜏
π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘
𝑙𝑛 οΏ½1 −
π‘ˆπΆ (𝑑)
𝑑
οΏ½=−
𝜏
π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘
𝑑
𝜏
𝑑
π‘ˆπΆ (𝑑) = π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ βˆ™ οΏ½1 − 𝑒 −𝜏 οΏ½
Dieser Zusammenhang lässt sich graphisch darstellen:
Abbildung 100: Ladekurve einer RC-Kombination
3.2.3 Lösen durch geeigneten Ansatz
Nicht immer ist eine Trennung der Veränderlichen mit anschließender Integration ein gangbarer
Weg. Schon bei einer DGL 2. Ordnung wird der Aufwand erheblich. Es ist daher besser, unabhängig
von der Ordnung der DGL einen allgemeinen Ansatz zu wählen, dessen Ableitungen wieder den
eigentlichen Ansatz enthalten. Dieser Ansatz ist eine e-Funktion und lautet:
π‘₯π‘Ž (𝑑) = 𝑒 πœ†π‘‘
π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) = πœ†π‘’ πœ†π‘‘
Mit diesem Ansatz muss zunächst der homogene Teil der DGL gelöst werden, d.h. die DGL wird Null
gesetzt:
𝑇1 π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) + π‘₯π‘Ž (𝑑) = 0
Eingesetzt ergibt sich:
Hieraus folgt, dass πœ† = −
1
𝑇1
πœ†π‘’ πœ†π‘‘ 𝑇1 + 𝑒 πœ†π‘‘ = 0
ist. Damit sind der o.g. Ansatz sowie seine Vielfachen (C1) eine Lösung
des homogenen Teils der DGL:
π‘₯π‘Ž (𝑑) = 𝐢1 𝑒
90
𝑑
−
𝑇1
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3.2.4 Lösen durch Variation der Konstanten nach Lagrange
Um die inhomogene DGL durch Variation der Konstanten nach Lagrange zu lösen, muss die
Konstante C1 durch eine zeitabhängige Funktion, z.B. C1(t) ersetzt werden:
π‘₯π‘Ž (𝑑) = 𝐢1 (𝑑)𝑒
Eingesetzt in
𝑑
−
𝑇1
𝑇1 π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) + π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘˜π‘₯𝑒 (𝑑)
ergibt sich nach Umformung (Produktregel beachten!) und Umstellung nach
𝐢1Μ‡ (𝑑) =
Eine Integration zwischen τ = 0 und τ = t ergibt:
𝑑
Aufgelöst ergibt sich:
οΏ½ 𝐢1Μ‡ (𝜏)π‘‘πœ =
0
𝑑
π‘˜
+
π‘₯𝑒 (𝑑)𝑒 𝑇1
𝑇1
𝑑𝐢1
𝑑𝑑
:
𝑑
𝜏
π‘˜
οΏ½ π‘₯𝑒 (𝜏)𝑒 𝑇1 π‘‘πœ
𝑇1
0
𝑑
𝜏
π‘˜
𝐢1 (𝑑) = 𝐢1 (0) + οΏ½ π‘₯𝑒 (𝜏)𝑒 𝑇1 π‘‘πœ
𝑇1
0
Dieser Lösungsansatz für C1(t) wird in die erste Gleichung xa(t) eingesetzt, um die Lösung der
inhomogenen DGL 1. Ordnung zu bestimmen:
𝑑
π‘₯π‘Ž (𝑑) = 𝐢1
𝑑
−
(0)𝑒 𝑇1
𝜏−𝑑
π‘˜
+ οΏ½ π‘₯𝑒 (𝜏)𝑒 𝑇1 π‘‘πœ
𝑇1
π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘₯π‘Ž
𝑑
−
(0)𝑒 𝑇1
𝜏−𝑑
π‘˜
+ οΏ½ π‘₯𝑒 (𝜏)𝑒 𝑇1 π‘‘πœ
𝑇1
0
Aus der allgemeinen Anfangsbedingung xa(0) für t = 0 folgt xa(0) = C1(0).
𝑑
0
Im ersten Summanden ist die Abhängigkeit von der Anfangsbedingung berücksichtigt, im zweiten die
Reaktion der Ausgangsgröße auf die Eingangsgröße. Mit der Anfangsbedingung xa(0) = 0 und der
Sprungfunktion
ergibt sich:
0 𝑓üπ‘Ÿ 𝑑 < 0
π‘₯𝑒 (𝑑) = οΏ½
π‘₯𝑒0 = π‘π‘œπ‘›π‘ π‘‘ 𝑓üπ‘Ÿ 𝑑 > 0
𝑑
𝜏
𝑑
π‘˜
−
π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘₯𝑒0 𝑒 𝑇1 οΏ½ 𝑒 𝑇1 π‘‘πœ
𝑇1
0
Und nach kurzer Umformung schließlich der bekannte Terminus:
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91
π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘˜ π‘₯𝑒0 (1 − 𝑒
−
𝑑
𝑇1
𝑑
) oder π‘ˆπΆ (𝑑) = π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ (1 − 𝑒 −𝜏 )
3.2.5 Lösen mittels Laplace-Transformation
In der Regelungstechnik interessieren lediglich Vorgänge, die von einem Zeitpunkt t = 0 erfolgen, wie
z.B. Einschaltvorgänge. Betrachtet man lediglich kausale Zeitfunktionen, so ist die LaplaceTransformation bestens geeignet, um solche Vorgänge zu beschreiben. Der Trick dabei ist, dass eine
DGL, die nicht oder nur schwer mit konventionellen Mittel zu lösen ist, aus dem originalen
Realbereich in den virtuellen Bildbereich überführt wird.
Abbildung 101: Laplace-Transformation zur Lösung von DGL
Für eine solche Transformation gibt es nach Laplace eindeutige Vorschriften und Regeln. Bei der
Transformation einer DGL in den Bildbereich ist das Ergebnis eine algebraische Gleichung. Hierbei
sind folgende Regeln zu beachten, wobei jeweils auf die zeitabhängige Funktion x(t) die
Transformation L[x(t)] wirkt; das Ergebnis ist eine vom Laplace-Operator s abhängige Funktion, die
dem Bildbereich entnommen ist:
𝐿[π‘₯(𝑑)] = π‘₯(𝑠)
𝐿[π‘₯Μ‡ (𝑑)] = 𝑠 π‘₯(𝑠)
2
𝐿[π‘₯̈ (𝑑)] = 𝑠 π‘₯(𝑠)
𝐿 οΏ½οΏ½ π‘₯(𝑑)𝑑𝑑� =
Die Laplace-Transformierte der Sprungfunktion lautet:
1
π‘₯(𝑠)
𝑠
𝐿[π‘₯𝑒 (𝑑)] = π‘₯𝑒 (𝑠) =
1
π‘₯
𝑠 𝑒0
3.7
3.8
3.9
3.10
3.11
3.2.5.1 Sprung-Funktion
Ausgangspunkt der folgenden Betrachtung sei eine Zeitfunktion f(t) für den Bereich t > 0 (z.B.
Einschaltvorgang). Die Zuordnung einer komplexen Funktion zur Zeitfunktion sieht auf den ersten
Blick unnötig und kompliziert aus, erleichtert aber die Rechnung. Man multipliziert f(t) mit dem
Faktor e-st , mit s=δ+jω als komplexe Variable. Die anschließende Integration über den Zeitbereich ab
t=0 ergibt:
∞
οΏ½ 𝑓(𝑑)𝑒 −𝑠𝑑 𝑑𝑑
0
In diesem Fall ist t die Integrationsvariable und s ein Parameter. Bei Ausführung der Integration hängt
das Integral lediglich von s ab und ergibt:
92
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
∞
οΏ½ 𝑓(𝑑)𝑒 −𝑠𝑑 𝑑𝑑 = 𝐿[𝑓(𝑑)]
3.12
0
Dieses uneigentliche Integral heißt Laplace-Integral. Die Zuordnung der komplexen Funktion L[f(t)]
zur Zeitfunktion f(t) heißt Laplace-Transformation.
An dieser Stelle soll die Laplace-Transformation des Einheitssprungs σ(t) betrachtet werden, wobei
σ(t) folgendermaßen definiert sei:
0 𝑓üπ‘Ÿ 𝑑 < 0
𝑓(𝑑) = 𝜎(𝑑) = οΏ½
1 𝑓üπ‘Ÿ 𝑑 > 0
Wegen σ(t) = 1 für t > 0 gilt
∞
𝐿[𝜎(𝑑)] = οΏ½ 𝜎(𝑑) 𝑒
0
Die Lösung dieses Integrals ergibt:
−𝑠𝑑
∞
𝑑=+∞
1
𝑑𝑑 = οΏ½ 1 βˆ™ 𝑒 −𝑠𝑑 𝑑𝑑 = οΏ½− 𝑒 −𝑠𝑑 οΏ½
𝑠
𝑑=0
0
∞
1
1
𝐿[𝜎(𝑑)] = οΏ½ 𝜎(𝑑) 𝑒 −𝑠𝑑 𝑑𝑑 = lim (− 𝑒 −𝑠𝑑 ) − οΏ½− 𝑒 0 οΏ½
𝑑→+∞
𝑠
𝑠
0
𝐿[𝜎(𝑑)] =
1
𝑠
3.13
1
𝑠
Damit ist die Laplace-Transformierte 𝐿[𝜎(𝑑)] des Einheitssprungs σ(t) die komplexe Funktion .
3.2.5.2 1. zeitliche Ableitung
Der Vollständigkeit halber soll zusätzlich die Laplace-Transformierte für die 1. zeitliche Ableitung π‘₯Μ‡ (𝑑)
einer Funktion betrachtet werden.
𝑓(𝑑) = π‘₯Μ‡ (𝑑)
Für t > 0 ergibt sich mittels partieller Integration folgende Rechnung:
∞
𝐿[π‘₯Μ‡ (𝑑)] = οΏ½ π‘₯Μ‡ (𝑑) 𝑒 −𝑠𝑑 𝑑𝑑
0
∞
−𝑠𝑑
𝐿[π‘₯Μ‡ (𝑑)] = π‘₯(𝑑) 𝑒 −𝑠𝑑 ]𝑑=+∞
𝑑𝑑
𝑑=0 − οΏ½ π‘₯(𝑑) (– 𝑠) 𝑒
0
∞
π‘₯(∞) π‘₯(0)
𝐿[π‘₯Μ‡ (𝑑)] = οΏ½ ∞ − 0 οΏ½ + 𝑠 οΏ½ π‘₯(𝑑) 𝑒 −𝑠𝑑 𝑑𝑑
𝑒
𝑒
Unter Berücksichtigung von 3.12 ergibt sich schließlich:
0
𝐿[π‘₯Μ‡ (𝑑)] = 𝑠 𝐿[π‘₯(𝑑)]
3.14
Mit diesen einfachen Regeln lässt sich eine inhomogene DGL 1. Ordnung für ein Regelkreisglied mit
PT1-Charakteristik
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
93
jetzt so formulieren:
𝑇1 π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) + π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘˜π‘₯𝑒 (𝑑)
3.15
𝑇1 𝑠 π‘₯π‘Ž (𝑠) + π‘₯π‘Ž (𝑠) = π‘˜ π‘₯𝑒 (𝑠)
3.16
Wird jetzt die Sprungfunktion in diese Gleichung eingesetzt so ergibt sich
oder umgeformt
𝑇1 𝑠 π‘₯π‘Ž (𝑠) + π‘₯π‘Ž (𝑠) = π‘˜
π‘₯π‘Ž (𝑠) =
1
π‘₯
𝑠 𝑒0
1
π‘˜
π‘₯
1 + 𝑠𝑇1 𝑠 𝑒0
3.17
3.18
Wie schon weiter oben erwähnt, folgt für den Nenner nur eine zulässige Lösung, nämlich 𝑠 = −
1
𝑇1
Da die DGL im Bildbereich jetzt vollständig gelöst ist, muss eine Rücktransformation in den
Realbereich erfolgen. Dazu nutzt man sog. Korrespondenztabellen (siehe Fachbegriffe und
Korrespondenztabelle). Das Ergebnis lautet:
Damit ergibt sich:
𝑑
1
→ 1 − 𝑒 −𝑇
𝑠(1 + 𝑇𝑠)
𝑑
π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘˜ π‘₯𝑒0 οΏ½1 − 𝑒 −𝑇 οΏ½
3.19
3.20
Ganz allgemein betrachtet, ist der Laplace-Transformierten Ausgangs- zu Eingangsgröße als
Übertragungsfunktion G(s) definiert. Das ist insbesondere bei einer Betrachtung des dynamischen
Verhaltens von Regelkreisgliedern (Frequenzgang) wichtig. Alle weiteren Betrachtungen
regelungstechnischer Art werden auf der Grundlage der Laplace-Transformation erfolgen 8.
3.2.6 Einfache Anwendungen der Laplace-Transformation
Im Vorgriff auf die Kapitel zu stetigen bzw. unstetigen Regelgliedtypen wird hier eine simple
Anwendung der Laplace-Transformation auf den zeitlich veränderlichen Bereich von Strömen und
Spannungen im einfachen Stromkreis gezeigt.
a) Strom und Spannung am ohmschen Wirkwiderstand im Zeitbereich:
𝑒(𝑑)
𝑅(𝑑) =
𝑖(𝑑)
Strom und Spannung am ohmschen Wirkwiderstand im Bildbereich:
𝑒(𝑠)
𝑅(𝑠) =
𝑖(𝑠)
Es ist unerheblich, ob die Verhältnisse an einem ohmschen Wirkwiderstand im Zeitbereich
oder im Bildbereich betrachtet werden.
8
b) Strom und Spannung an einer Kapazität im Zeitbereich:
𝑑𝑒(𝑑)
𝑖(𝑑) = 𝐢 βˆ™
𝑑𝑑
Das gilt hier nur für den Bereich der analogen Regelungstechnik.
94
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Strom und Spannung an einer Kapazität im Zeitbereich:
𝑖(𝑠) = 𝐢 βˆ™ 𝑠 βˆ™ 𝑒(𝑠)
Es ergibt sich für die Laplace-transformierte Impedanz:
1
𝑒(𝑠)
𝑍𝑐 (𝑠) =
=
𝑖(𝑠) 𝑠 βˆ™ 𝐢
1
οΏ½ deutlich.
π‘—πœ”βˆ™πΆ
Hier wird die Analogie zum imaginären Wechselstromwiderstand οΏ½
c) Strom und Spannung an einer Induktivität im Zeitbereich:
𝑑𝑖(𝑑)
𝑒(𝑑) = 𝐿 βˆ™
𝑑𝑑
Strom und Spannung an einer Induktivität im Zeitbereich:
𝑒(𝑠) = 𝐿 βˆ™ 𝑠 βˆ™ 𝑖(𝑠)
Es ergibt sich für die Laplace-transformierte Impedanz:
𝑒(𝑠)
𝑍𝐿 (𝑠) =
=π‘ βˆ™πΏ
𝑖(𝑠)
Auch hier wird die Analogie zum imaginären Wechselstromwiderstand (π‘—πœ” βˆ™ 𝐿) deutlich.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
95
96
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
4 Regeln
Dem Bereich der Regelungstechnik liegt eine inhaltliche Systematik zu Grunde, die ihre Begründung
in einem schrittweisen Aufbau der immer komplexer werdenden Inhalte findet. Ausgehend von einer
einfachen Übersicht elementarer Wirkungspläne, werden neben den mathematischen Grundlagen
wichtige Regelstrecken und Regeleinrichtungen behandelt, welche schließlich hinsichtlich
exemplarisch erstellter Regelkreise regelungstechnisch untersucht werden. 9
Abbildung 102: Inhaltliche Systematik des Bereichs Regelungstechnik
Die DIN 19226 mit dem Titel Regelung und Steuerung beschreibt den Begriff des Regelns
folgendermaßen ( siehe z.B. http://public.tfh-berlin.de/~fraass/MRTII-Umdrucke.pdf ):
„Kennzeichen für das Regeln ist der geschlossene Wirkungsablauf, bei dem die Regelgröße im
Wirkungskreis des Regelkreises fortlaufend sich selbst beeinflusst.“
Dieser selbst erklärende Zusammenhang ist nochmal als Wirkungsablauf in Abbildung 103
dargestellt.
9
Hier wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Inhaltlich werden die Elemente mit der größten curricularen Relevanz für
den Sekundarbereich II behandelt.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
97
Abbildung 103: Wirkungsablauf Regelkreis
Der Wert der Regelgröße x(t) wird fortlaufend erfasst und über einen Messumformer einem
Vergleicher zugeführt. In Abhängigkeit vom Vergleich mit der Führungsgröße w(t) bewirkt das
Regelglied über den Steller eine Veränderung der Stellgröße y(t) in der Art, dass die Reaktion des
Stellgliedes einer Veränderung der Ausgangsgröße x(t) entgegenwirkt. Somit ändert sich x(t) in
Richtung des Ursprungswertes. Dieses Entgegenwirken ist eng mit dem Begriff der Gegenkopplung
verbunden und vom Arbeiten mit Operationsverstärkern her bekannt.
4.1 Wirkungspläne
Regelkreise können ausgesprochen komplex sein. Es ist daher notwendig, einzelne Strukturen in ihrer
elementaren Arbeitsweise darzustellen, wobei es auf Rückwirkungsfreiheit ankommt. Bei der
rückwirkungsfreien Kopplung von Regelkreisgliedern ergeben sich relativ einfache Beziehungen,
wenn man zur Beschreibung die Übertragungsfunktion G(s) wählt. Abbildung 104 zeigt einfache
Elemente eines Wirkungsplans als Blocksymbol (ohne Inhalt), als Additionsplan (rechts daneben) und
als Verzweigungsstelle.
Abbildung 104: Einfache Elemente eines Wirkungsplans
Abbildung 105 zeigt einen einfachen Regelkreis mit Regeleinrichtung und Regelstrecke. An der linken
Additionsstelle wird die Regelabweichung e als Differenz aus Führungsgröße w und Regelgröße x
gebildet. Die Regeleinrichtung liefert die Stellgröße yR, die sich an der folgenden Additionsstelle mit
der Störgröße z zur Stellgröße der Regelstrecke ys ausbildet. Da es sich um eine Regelung handelt, ist
der Wirkungsablauf im Sinne einer Wirkungsumkehr geschlossen.
98
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 105: Wirkungsablauf eines einfachen Regelkreises
4.1.1 Reihenstruktur
Die Reihenstruktur von Regelkreisgliedern wird durch eine Reihenschaltung wiedergegeben; hier ist
der Ausgang des ersten Regelkreisglieds mit dem Eingang des zweiten Regelkreisglieds verbunden.
Die einzelnen Regelkreisglieder sind durch die zugehörigen Übertragungsfunktionen G1(s) und G2(s)
beschrieben. Die Übertragungsfunktion G(s) gibt das Verhältnis von Laplace-transformierter
Ausgangsgröße xa(s) zu Laplace-transformierter Eingangsgröße Xe(s) durch die folgende allgemeine
Beziehung wieder:
π‘₯π‘Ž (𝑠) = 𝐺(𝑠) π‘₯𝑒 (𝑠)
Das Schaubild einer Reihenschaltung ergibt sich daher:
Abbildung 106: Wirkungsplan als Reihenstruktur
Unter Berücksichtigung von
π‘₯π‘Ž1 (𝑠) = π‘₯𝑒2 (𝑠)
ergibt sich für die Gesamtübertragungsfunktion G(s):
π‘₯π‘Ž1 (𝑠) = 𝐺1 (𝑠)π‘₯𝑒1 (𝑠) 𝑒𝑛𝑑 π‘₯π‘Ž2 (𝑠) = 𝐺2 (𝑠)π‘₯𝑒2 (𝑠)
𝐺(𝑠) =
π‘₯π‘Ž2 (𝑠)
= 𝐺2 (𝑠) 𝐺1 (𝑠)
π‘₯𝑒1 (𝑠)
4.1
Die Gesamtübertragungsfunktion ist bei einer Reihenstruktur daher gleich dem Produkt der
einzelnen Übertragungsfunktionen. Dieser funktionale Zusammenhang spiegelt sich beispielsweise in
der Hintereinanderschaltung von mehreren Verzögerungsgliedern zu einer Gesamtstrecke höherer
Ordnung wieder, wie z.B. bei einer PT2-Strecke.
4.1.2 Parallelstruktur
Die Parallelstruktur von Regelkreisgliedern wird durch eine Parallelschaltung wiedergegeben. Hier
fächert sich das Eingangssignal xe(s) auf und wirkt gleichzeitig auf die beiden Eingänge der
nachfolgenden Regelkreisglieder mit den entsprechenden Übertragungsfunktionen Gn(s). Die beiden
Ausgangssignale führen auf die Additionsstelle und liefern das Ausgangssignal xa(s) (siehe Abbildung
107).
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
99
Abbildung 107: Wirkungsplan als Parallelstruktur
Unter Berücksichtigung von
π‘₯π‘Ž (𝑠) = π‘₯π‘Ž1 (𝑠) + π‘₯π‘Ž2 (𝑠)
ergibt sich für die Gesamtübertragungsfunktion G(s):
π‘₯π‘Ž1 (𝑠) = 𝐺1 (𝑠)π‘₯𝑒 (𝑠) 𝑒𝑛𝑑 π‘₯π‘Ž2 (𝑠) = 𝐺2 (𝑠)π‘₯𝑒 (𝑠)
π‘₯π‘Ž1 (𝑠) + π‘₯π‘Ž2 (𝑠) = 𝐺1 (𝑠)π‘₯𝑒 (𝑠) + 𝐺2 (𝑠)π‘₯𝑒 (𝑠) = (𝐺1 (𝑠) + 𝐺2 (𝑠))π‘₯𝑒 (𝑠)
𝐺(𝑠) =
π‘₯π‘Ž (𝑠)
= 𝐺1 (𝑠) + 𝐺2 (𝑠)
π‘₯𝑒 (𝑠)
4.2
Die Gesamtübertragungsfunktion ist gleich der Summe der einzelnen Übertragungsfunktionen.
Dieser Zusammenhang taucht immer wieder auf, wenn beispielsweise bei einer Regeleinrichtung
verschiedene Charakteristiken zusammenkommen, wie z.B. bei einem PID-Regler.
4.1.3 Kreisstruktur
Die Kreisstruktur von Regelkreisgliedern wird durch eine Rückführungsschaltung wiedergegeben. Je
nachdem ob die rückgeführte Größe an der Additionsstelle addiert oder subtrahiert wird, handelt es
sich entweder um eine Mitkopplung (+) oder um eine Gegenkopplung (-).
Abbildung 108: Wirkungsplan als Kreisstruktur
Die Übertragungsfunktion der Rückführungsschaltung lässt sich folgendermaßen herleiten:
100
π‘₯π‘Ž (𝑠) = 𝐺1 (𝑠)οΏ½π‘₯𝑒 (𝑠) ± π‘₯π‘Ž2 (𝑠)οΏ½ (π‘œπ‘π‘’π‘Ÿπ‘’π‘Ÿ π΅π‘™π‘œπ‘π‘˜ π‘šπ‘–π‘‘ 𝐺1 (𝑠))
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
π‘₯π‘Ž2 (𝑠) = 𝐺2 (𝑠)π‘₯π‘Ž (𝑠) (π‘’π‘›π‘‘π‘’π‘Ÿπ‘’π‘Ÿ π΅π‘™π‘œπ‘π‘˜ π‘šπ‘–π‘‘ 𝐺2 (𝑠))
Ersetzt man im oberen Block den Term π‘₯π‘Ž2 (𝑠) durch den unteren Block, so ergibt sich:
π‘₯π‘Ž (𝑠) = 𝐺1 (𝑠)(π‘₯𝑒 (𝑠) ± 𝐺2 (𝑠)π‘₯π‘Ž (𝑠))
Durch elementare Umformung erhält man schließlich die Übertragungsfunktion für eine
Kreisstruktur:
𝐺(𝑠) =
π‘₯π‘Ž (𝑠)
𝐺1 (𝑠)
=
π‘₯𝑒 (𝑠) 1 ± 𝐺1 (𝑠) 𝐺2 (𝑠)
4.3
Hierbei handelt es sich um eine Mitkopplung bei negativem Vorzeichen und um eine Gegenkopplung
bei positivem Vorzeichen. Betrachtet man die Realisierung einer Gegenkopplung mit
Operationsverstärkern, so ergibt sich beispielsweise die Grundschaltung eines nicht invertierenden
Spannungsverstärkers. Der Zweig zur Gegenkopplung ist durch die Widerstände R1 und R2 realisiert,
wobei R2 gegen Masse geschaltet ist. Das Ausgangssignal wird über R1 zum invertierenden Eingang
des OpAmps gegengekoppelt 10.
Abbildung 109: OpAmps in Gegenkopplung (links) und Mitkopplung
Die Spannungsverstärkung beim OpAmp in Gegenkopplung beträgt lässt sich durch das Verhältnis
der Widerstände bestimmen. Hier: Vu = 1 + R2/R1 . Die Eingangsgröße sei die Spannung Ue, die
Ausgangsgröße die Spannung Ua .Der Übertragungsbeiwert ist identisch mit der Verstärkung:
𝑉𝑒 =
π‘ˆπ‘Ž
π‘ˆπ‘’
4.4
Bei der Mitkopplung ist der OpAmp als Komparator geschaltet. Sein Ausgangssignal wird über den
nicht invertierenden Eingang mitgekoppelt.
Ein besseres Verständnis dieses wichtigen Zusammenhangs kann durch den direkten Vergleich von
zwei gegengekoppelten Systemen erfolgen. Für die folgende Kreisstruktur ist die Verstärkung des
Kreises durch die Übertragungsfunktion bekannt:
π‘₯π‘Ž
𝐺1
1
=
=
1
π‘₯𝑒 1 + 𝐺1 𝐺2
𝐺1 + 𝐺2
Mit ansteigendem G1 vereinfacht sich dieser Zusammenhang zu:
10
Auch mit einem invertierenden Spannungsverstärker lässt sich eine Gegenkopplung realisieren.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
101
1
π‘₯π‘Ž
≈
π‘₯𝑒 𝐺2
Abbildung 110: Wirkungsplan zur Gegenkopplung
Die o.g. Kreisstruktur lässt sich direkt in den vorgenannten, nicht invertierenden
Spannungsverstärker überführen. Die Spannungsverstärkung, also das Verhältnis von
π‘₯
𝑅
Ausgangsspannung zu Eingangsspannung war ja gegeben durch: 𝑉𝑒 = π‘₯π‘Ž = 1 + 𝑅2
𝑒
1
Betrachtet man das Widerstandsnetzwerk im Übertragungsglied G2, so ergibt sich folgender
Zusammenhang:
π‘₯π‘Ž2 = 𝐺2 π‘₯π‘Ž
Das Übertragungsglied G2 stellt einen einfachen Spannungsteiler dar:
π‘₯π‘Ž ~𝑅1 + 𝑅2 𝑒𝑛𝑑 π‘₯π‘Ž2 ~𝑅1
𝐺2 =
𝑅1
1
𝑅2
π‘œπ‘‘π‘’π‘Ÿ
=1+
𝑅1 + 𝑅2
𝑅1
𝐺2
Abbildung 111: Wirkungsplan zum nicht invertierenden Spannungsverstärker
102
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Die hier dargestellte Kreisstruktur mit Gegenkopplung wird immer dann genutzt, wenn es um sich
selbst zu stabilisierende Prozesse geht. 11 Ein einfaches Beispiel aus der Mechanik ist der
Fliehkraftregler, der ebenfalls im Sinne einer Wirkungsumkehr arbeitet: je größer ein zu regelnder
Dampfdruck wird, umso schneller dreht er und schließt gleichzeitig umso mehr ein Ventil zur
Drosselung des Dampfdrucks. Es sei hier angemerkt, dass der Fliehkraftregler als Proportionalregler
arbeitet.
4.2 Regelstrecken
Bei der Betrachtung einer Regelstrecke ist nicht die physikalische Gegebenheit entscheidend,
sondern einzig und allein das zeitliche Verhalten, wobei zur Beschreibung eine Differentialgleichung
(DGL) ausreichend ist:
𝑑π‘₯
𝑑π‘₯ 2
𝑑π‘₯ 3
𝑦(𝑑) = π‘Ž0 π‘₯ + π‘Ž1
+ π‘Ž2
+ π‘Ž3
+β‹―
𝑑𝑑
𝑑𝑑
𝑑𝑑
Hier handelt es sich um die allgemeine Form einer inhomogenen DGL. Es liegt beispielsweise eine
DGL 1. Ordnung vor, wenn lediglich die Beiwerte a0 und a1 auftauchen (a0 ist nicht zwingend
notwendig). Hauptsächlich lassen sich Regelstrecken unterteilen in solche mit Ausgleich und in solche
ohne Ausgleich. So entspricht einer zeitverzögerten Regelstrecke mit Ausgleich (PT1) zum Beispiel das
Ladeverhalten eines RC-Gliedes (Tiefpass), eine Regelstrecke ohne Ausgleich würde beispielsweise
durch eine I-Strecke ausgeführt (Füllstand, Drehzahl, etc.). Bei einer Strecke mit Ausgleich
konvergiert die Regelgröße x gegen einen festen Wert betrachtet für 𝑑 → ∞ , während bei einer
Strecke ohne Ausgleich ein stetiges Anwachsen der Regelgröße beobachtet werden kann.
4.2.1 P-Strecke
Reine P-Strecken ohne Verzögerung bezeichnet man als Strecken 0. Ordnung. Es tauchen keine
zeitrelevanten Terme auf. Bei Beaufschlagung der Eingangsseite mit einer Sprungfunktion folgt die
Ausgangsgröße ohne zeitliche Verzögerung proportional der Eingangsgröße. Der Durchfluss von
Flüssigkeiten oder von Massenströmen sind einfache Beispiele. Ein technisches Beispiel ist durch
einen Spannungsteiler oder durch ein Potentiometer realisiert (siehe Abbildung 112). Hier stellt die
Größe U das Eingangssignal und die Größe UR2 das Ausgangssignal dar. Bei einer Änderung der
Spannung U folgt die Spannung UR2 in direkter Proportionalität.
Abbildung 112: Spannungsteiler als P-Strecke
Natürlich lässt sich eine P-Strecke auch mit Hilfe von OpAmps realisieren. Die nachfolgende
Abbildung zeigt eine Simulation mit QUCS. Der erste OpAmp (OP1) ist als invertierender
11
Z.B. werden die Stromgegenkopplung oder Spannungsgegenkopplung zur Stabilisierung des Arbeitspunktes bei einer
Transistorschaltung genutzt.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
103
Spannungsverstärker geschaltet und liefert über das Widerstandsverhältnis R2 zu R1 den negativen
Verstärkungsfaktor der P-Strecke (-kPS = 2), während der 2. Opamp (OP2), ebenfalls als invertierender
Verstärker jedoch mit dem mit dem Verstärkungsfaktor -1 geschaltet, schließlich kPS = 2 liefert.
Die Strecke wird durch einen Spannungssprung (sprung) angeregt und liefert eine unverzögerte um
den Faktor 2 verstärkte Sprungantwort (antwort). Der eingangsseitige Spannungssprung wird mit
einer Spannung von 5 V nach 200 ms eingeleitet und nach insgesamt einer Sekunde beendet.
Dargestellt ist die graphisch aufgezeichnete Sprungantwort der P-Strecke über die Dauer von 0,5 s
(Transientsimulation).
Abbildung 113: P-Strecke mit Operationsverstärkern
Abbildung 114: Sprungantwort der P-Strecke
Übertragen in den regelungstechnischen Bereich bedeutet das: ein sprunghaftes Verstellen der
Stellgröße y (Eingangsgröße xe(t)) um y0 bewirkt eine sprunghafte Veränderung der Regelgröße x
104
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
(Ausgangsgröße xa(t)) um den Faktor y0, wobei mit dem Proportionalbeiwert der Strecke kPS zu
multiplizieren ist.
Seine Differentialgleichung lautet 12:
π‘₯(𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘† 𝑦(𝑑)
π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘† π‘₯𝑒 (𝑑)
4.5
Die zugehörige Übertragungsfunktion lautet:
𝐺(𝑠) =
π‘₯π‘Ž (𝑠)
= π‘˜π‘ƒπ‘†
π‘₯𝑒 (𝑠)
4.6
4.2.2 PT1-Strecke
Im Rahmen dieser Ausarbeitung wurde immer wieder Bezug genommen auf das Beispiel eines
Regelkreisglieds mit PT1-Charakteristik (siehe Kapitel 3.1.7). Eine einfache als Tiefpass geschaltete RCKombination erfüllt diese Charakteristik 13. Bei einem Eingangssprung von o.g. Größe ergeben sich die
schon bekannten Gleichungen (siehe Differentialgleichung und Übertragungsfunktion):
𝑇1 π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) + π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘† π‘₯𝑒 (𝑑)
𝐺(π‘—πœ”) =
Oder mit dem Laplace-Operator formuliert:
𝐺(𝑠) =
4.7
π‘˜π‘ƒπ‘†
1 + π‘—πœ”π‘‡1
π‘˜π‘ƒπ‘†
1 + 𝑠 𝑇1
4.8
Die nachfolgende Abbildung zeigt eine Simulation mit QUCS. Die eigentliche PT1-Strecke besteht im
Wesentlichen aus der RC-Kombination R7C3 mit nachgeschaltetem Impedanzwandler (OP3), welcher
die Strecke wechselwirkungsfrei hält. Die weiteren Bauelemente sind der vorgenannten Schaltung
zur P-Strecke entnommen, um dieser PT1-Strecke einen Verstärkungsfaktor von kPS = 2 zu geben.
Auch hier wird der Sprung unter gleichen Bedingungen eingeleitet; die graphische Darstellung der
Sprungantwort ist über 2 Sekunden aufgezeichnet worden (Transientsimulation).
12
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass es sich hier streng genommen wirklich um eine inhomogene
DGL 0. Ordnung handelt.
13
Es bleibt hier anzumerken, dass die PT1-Strecke zwar schon im Rahmen der mathematischen Grundlagen im Kapitel
ausführlich behandelt wurde, hier jedoch ein Nachtrag zur Umsetzung mit Hilfe von OpAmps erfolgt.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
3
105
Abbildung 115: PT1-Strecke mit Operationsverstärkern und Verstärkung von Kps=2
In der Sprungantwort ist neben dem exponentiellen Charakter der Streckenantwort auch die
Streckenverstärkung von kPS = 2 bei einem Eingangssprung von xe0 = 5 V zu erkennen. Mit der in
dieser Strecke realisierten Zeitkonstanten T = R C lässt sich die Sprungantwort der Strecke mit
𝑑
mathematisch bestimmen.
π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘† π‘₯𝑒0 οΏ½1 − 𝑒 −𝑇 οΏ½
4.9
Abbildung 116: Sprungantwort der PT1-Strecke mit Kps=2
In diesem Kontext sei bezüglich der Ortskurven-Darstellung sowie der Wiedergabe im mittels BodeDiagramm auf Abbildung 98 verwiesen. Die grundsätzlichen Zusammenhänge sind in diesem Fall die
gleichen.
106
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
4.2.3 PT2-Strecke (nicht schwingfähig)
Eine Proportionalstrecke mit einem Verzögerungsglied 2. Ordnung (PT2) kann idealerweise aus der
Hintereinanderschaltung von zwei Regelkreisgliedern mit PT1-Verhalten (RC-Kombinationen)
realisiert werden (siehe Abbildung 118). Um eine Wechselwirkung der einzelnen RC-Kombinationen
auszuschließen, wird ein Impedanzwandler zwischengeschaltet. Da es sich bei dieser Strecke um
identische Energiespeicher handelt, ist diese Strecke nicht schwingfähig. Eine schwingfähige PT2Strecke (RLC-Kombination) wird im nachfolgenden Kapitel behandelt.
Die Hintereinanderschaltung von zwei Regelkreisgliedern entspricht dem Wirkungsplan einer
Reihenstruktur. In diesem Fall multiplizieren sich die einzelnen Übertragungsfunktionen. Das führt
zu:
𝐺(𝑠) =
π‘₯π‘Ž (𝑠)
π‘˜π‘ƒπ‘†
=
π‘₯𝑒 (𝑠) (1 + 𝑠 𝑇1 )(1 + 𝑠 𝑇2 )
π‘₯π‘Ž (𝑠)
π‘˜π‘ƒπ‘†
=
π‘₯𝑒 (𝑠) 1 + 𝑠(𝑇1 + 𝑇2 ) + 𝑠 2 𝑇1 𝑇2
𝑇1 𝑇2 𝑠 2 π‘₯π‘Ž (𝑠) + (𝑇1 + 𝑇2 )𝑠π‘₯π‘Ž (𝑠) + π‘₯π‘Ž (𝑠) = π‘˜π‘ƒπ‘† π‘₯𝑒 (𝑠)
Nach der Transformation aus dem Bild- in den Originalbereich ergibt sich die Differentialgleichung
dieser PT2-Strecke zu:
𝑇1 𝑇2 π‘₯̈ (𝑑) + (𝑇1 + 𝑇2 )π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) + π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘† π‘₯𝑒 (𝑑)
Es sollte keine Schwierigkeiten bereiten, aus der Übertragungsfunktion den Frequenzgang mit Realund Imaginärteil zu bestimmen. Abbildung 117 zeigt, dass die daraus resultierende Ortskurve im 3.
und 4. Quadranten der komplexen Zahlenebene verläuft.
Bei πœ” = 0 ergibt sich der volle Betrag von KPS als Realteil, während sich bei der Eckfrequenz ein Wert
�𝑇 𝑇
1 2
von 𝐾𝑃𝑆 βˆ™ 𝑇 +𝑇
einstellt. Bezüglich Abbildung 117 ergibt sich ein KPS-Wert von 1, während er bei
1
2
Erreichen der Eckfrequenz bei -0,4 liegt (Betrag beachten!). Die Zeitkonstanten T1 und T2 liegen bei
0,1s bzw. 0,4s.
Auch hier lässt sich wieder mit Hilfe von QUCS ein Schaltungsaufbau darstellen, der bezogen auf das
Verhalten einer nicht schwingfähigen PT2-Strecke die o.g. Zusammenhänge vertiefen kann (siehe
Abbildung 117). Das daraus folgende Bode-Diagramm zeigt den Amplitudengang und den
Phasengang der nicht schwingfähigen wechselwirkungsfreien PT2-Strecke. Auch hier gibt der
Amplitudengang den Betrag des Frequenzgangs G in Abhängigkeit der Kreisfrequenzω in der Einheit
dB (out_dB) wieder. Die Eckfrequenz ωE ist im Phasengang (ph_out) deutlich bei πœ‘ = −90°
erkennbar und korreliert im Amplitudengang ebenfalls mit πœ”πΈ = 5𝑠 −1. Sie entspricht der
Berechnung der Zeitkonstanten T des Gesamtsystems durch den Formalismus:
1
1
= πœ”πΈ =
𝑇
�𝑇1 𝑇2
Auf den ersten Blick sehen die Amplitudengänge für eine PT1- und eine PT2-Strecke identisch aus. Es
ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich bei der PT2-Strecke um eine Dämpfung von -40 dB je
Dekade handelt. Bei einer PT1-Strecke ergibt sich lediglich eine Dämpfung von -20 dB je Dekade.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
107
Abbildung 117: Ortskurve, PT2-Regelkreisglied (wechselwirkungsfrei)
In der o.g. Übertragungsfunktion selbst ist eine für PT2-Regelkreisglieder entscheidende Größe
enthalten: die Dämpfung D. Da in der beschreibenden DGL zwei verschiedene Zeitkonstanten
vorkommen, kann diese Regelstrecke bei zwei unterschiedlichen Bedingungen betrachtet werden:
•
•
D = 1: aperiodischer Grenzfall (T1 = T2)
D > 1: Aperiodischer Schwingfall (T1 ≠ T2)
Die Dämpfung ist dabei folgendermaßen definiert:
𝐷=
𝛼
𝛽
4.10
Die Größen α und β ergeben sich aus der Übertragungsfunktion der PT2-Strecke:
108
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
𝐺(𝑠) =
π‘˜π‘ƒπ‘†
π‘˜π‘ƒπ‘†
1
=
βˆ™
𝑇1 + 𝑇2
(1 + 𝑠 𝑇1 )(1 + 𝑠 𝑇2 ) 𝑇1 𝑇2 1
2
𝑇1 𝑇2 + 𝑠 βˆ™ 𝑇1 𝑇2 + 𝑠
Setzt man jetzt die folgenden Abkürzungen ein
2𝛼 =
𝑇1 + 𝑇2
1
𝑒𝑛𝑑 𝛽 2 =
𝑇1 𝑇2
𝑇1 𝑇2
So ergibt sich für die Dämpfung dieser Strecke:
𝐷=
1 𝑇1
𝑇2
= οΏ½οΏ½ + οΏ½ οΏ½
𝑇1
2�𝑇1 𝑇2 2 𝑇2
𝑇1 + 𝑇2
4.11
Im o.g. konkreten Fall würden sich mit T1=0,1s und T2=0,4s die folgenden Größen ergeben:
𝛼 = 6,25; 𝛽 = 5; 𝐷 = 1,25
Somit ist die Dämpfung D>1 und es liegt ein aperiodischer Fall vor.
Für gleiche Zeitkonstanten T1 = T2 folgt, dass die Dämpfung D = 1 ist. Die drei nachfolgenden
Graphiken wurden mit QUCS erzeugt und stellen neben dem Aufbau einer wechselwirkungsfreien
PT2-Strecke auch deren Sprungantworten (aperiodischer Grenzfall bzw. aperiodische Schwingung)
dar:
Abbildung 118: Wechselwirkungsfreie PT2-Strecke mit Operationsverstärkern
Die mit den RC-Kombinationen realisierten Zeitkonstanten sind gleich und entsprechen jeweils 0,1 s
(in diesem Zusammenhang siehe auch Kapitel 1.3.8). Der zweite Operationsverstärker (OP2) in der
obigen Abbildung ist in diesem Fall nicht unbedingt notwendig, entkoppelt die Strecke jedoch von
nachfolgenden niederohmigen Einflüssen.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
109
Abbildung 119: Sprungantwort der PT2-Strecke (gleiche Zeitkonstanten)
Betrachtet man die wechselwirkungsfreie PT2-Strecke aus Abbildung 118 so lässt sich die folgende
Gleichung zu ihrer Beschreibung aufstellen, was im Weiteren näher erläutert wird:
𝑇1 𝑇2 π‘₯̈ π‘Ž (𝑑) + (𝑇1 + 𝑇2 )π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) + π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘† π‘₯𝑒 (𝑑)
4.12
Im Bildbereich ergibt sich mit KPS=1 und nach Beaufschlagung mit einer Sprungfunktion:
1
𝑇1 𝑇2 𝑠 2 π‘₯π‘Ž (𝑠) + (𝑇1 + 𝑇2 )𝑠π‘₯π‘Ž (𝑠) + π‘₯π‘Ž (𝑠) = π‘₯𝑒0
𝑠
Sind jetzt beide Zeitkonstanten gleich, so folgt:
1
𝑇 2 𝑠 2 π‘₯π‘Ž (𝑠) + (2𝑇)𝑠π‘₯π‘Ž (𝑠) + π‘₯π‘Ž (𝑠) = π‘₯𝑒0
𝑠
Als Lösungsansatz ergibt sich:
1
π‘₯π‘Ž (𝑠) βˆ™ (𝑇 2 𝑠 2 + 2𝑇𝑠 + 1) = π‘₯𝑒0
𝑠
1
1
π‘₯π‘Ž (𝑠) = π‘₯𝑒0 βˆ™ 2 2
𝑠 (𝑇 𝑠 + 2𝑇𝑠 + 1)
4.13
Zwei hintereinander geschaltete Übertragungsglieder stellen zwei in Reihe geschaltete Vierpole dar.
Die einzelnen Übertragungsfunktionen der beiden Regelkreisglieder werden multipliziert und führen
so zu einer Gesamtübertragungsfunktion (siehe Kapitel 4.1.1).
Mit Rückgriff auf die Laplace-Transformierte einer PT1-Strecke (siehe Gleichung 4.8) wird sich die
Laplace-Transformierte durch Multiplikation ergeben zu:
1
1
1
βˆ™
=
(1 + 𝑠𝑇1 ) (1 + 𝑠𝑇2 ) (1 + 𝑠(𝑇1 + 𝑇2 ) + 𝑠 2 𝑇1 𝑇2 )
Mit gleichen Zeitkonstanten (T1=T2=T) folgt:
110
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
1
1
1
1
βˆ™
=
=
(1 + 𝑠𝑇) (1 + 𝑠𝑇) (1 + 𝑠𝑇)2 (1 + 𝑠2𝑇 + 𝑠 2 𝑇 2 )
4.14
Dieser Formalismus zeigt, dass die intuitive Generierung von Gleichung 4.12 richtig war. Die
Transformation von Gleichung 4.13 aus dem Bildbereich wieder zurück in den Realbereich ergibt
unter Verwendung der Korrespondenztabelle:
𝑑
1
𝑑
→ 1 − οΏ½1 + οΏ½ 𝑒 −𝑇
2
𝑠(1 + 𝑠𝑇)
𝑇
Damit ergibt sich als Lösung bei einem Einheitssprung:
𝑑
𝑑
π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘† οΏ½1 − οΏ½1 + οΏ½ 𝑒 −𝑇 οΏ½
𝑇
4.15
Um die Verzugs- und die Ausgleichszeiten zu bestimmen sind die Ableitungen notwendig. Es ergeben
sich (u.a. Produktregel beachten):
𝑑
π‘˜π‘ƒπ‘†
βˆ™ 𝑑 βˆ™ 𝑒 −𝑇
2
𝑇
𝑑
𝑑
π‘˜π‘ƒπ‘†
π‘₯̈ π‘Ž (𝑑) = 2 οΏ½1 − οΏ½ 𝑒 −𝑇
𝑇
𝑇
𝑑
𝑑
π‘˜π‘ƒπ‘†
π‘₯βƒ›π‘Ž (𝑑) = 3 οΏ½−2 − οΏ½ 𝑒 −𝑇
𝑇
𝑇
π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) =
4.16
4.17
4.18
Aus Gründen der besseren graphischen Darstellbarkeit wird jetzt mit einer Zeitkonstanten von
T=0,22s gerechnet. Die zweite Ableitung wird mit der Randbedingung π‘₯̈ π‘Ž (𝑑) = 0 gelöst, das Ergebnis
anschließend in π‘₯π‘Ž (𝑑) eingesetzt. Es ergeben sich die Koordinaten des Wendepunktes zu:
𝑃𝑀 = (0,22|0,264)
Die erste Ableitung ergibt mit t=0,22 eine Steigung von 1,672. Eingesetzt in die allgemeine
Geradengleichung ergibt sich der Schnittpunkt mit der Ordinaten zu: -0,1039. Damit lautet die
Geradengleichung der Wendetangente:
π‘₯𝑀 (𝑑) = 1,672 βˆ™ 𝑑 − 0,1039
Der Schnittpunkt der Wendetangente mit der Abszisse gibt die Verzugszeit in Sekundenwieder:
𝑇𝑒 = 0,0621𝑠
Der Schnittpunkt der Wendetangente mit dem Verstärkungsbeiwert der Strecke KPS=1 ergibt sich zu
0,6602 s. Von diesem Wert ist die Verzugszeit abzuziehen und somit ergibt sich eine Ausgleichszeit
von:
𝑇𝑔 = 0,5981𝑠
Die nachfolgende Abbildung soll nochmals in graphischer Form den vorgenannten Zusammenhang
verdeutlichen. Es ist klar erkennbar, dass der Wendepunkt in der 1. Ableitung (grau) zum
Extrempunkt und in der 2. Ableitung (magenta) zum Nullpunkt wird, der wiederum bei genau 0,22s
liegt. Es ergibt sich ein Verhältnis von Verzugszeit zu Ausgleichszeit von ca. 0,1. Betrachtet man die
Kriterien zur Regelbarkeit im nachfolgenden Kapitel 4.2.3.1, so ist eine solche Strecke gut regelbar.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
111
Abbildung 120: Ableitungen der Sprungantwort einer nicht schwingfähigen PT2-Strecke
Im Gegensatz dazu ist für ungleiche Zeitkonstanten T1 ≠ T2 die Dämpfung D immer größer als Eins.
Mittels Gleichung 4.11 lässt sich dieser Zusammenhang leicht überprüfen. Der Einfachheit halber
wird das Verhältnis der Zeitkonstanten durch a ersetzt, dann in den Formalismus für D eingesetzt und
anschließend graphisch dargestellt.
𝑇1
1
1
π‘Ž = οΏ½ , 𝐷 = οΏ½π‘Ž + οΏ½
𝑇2
2
π‘Ž
Abbildung 121: Dämpfungsminimum bei gleichen Zeitkonstanten
Das lokale Minimum bei gleichen Zeitkonstanten impliziert, dass die Dämpfung für ungleiche
Zeitkonstanten in der Tat immer größer als Eins ist.
112
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Um den aperiodischen Fall darzustellen, sind lediglich die Zeitkonstanten der RC-Kombinationen zu
verändern. Die nachfolgende Abbildung zeigt diesen Zusammenhang für unterschiedliche
Kombinationen von Zeitkonstanten. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass die Lösungen der
nunmehr zugrunde liegenden Differentialgleichungen nicht mehr ganz so einfach sind, wie gerade
noch gezeigt, da die Ordnung der Strecke sich als Potenz des Nenners wiederfindet (siehe Gleichung
4.14).
Abbildung 122: Sprungantworten von PT2-Strecke mit unterschiedlichen Zeitkonstanten
4.2.3.1 Kriterien zur Regelbarkeit
Berücksichtigt man nun, wie in Abbildung 120 eingezeichnet, die Wendetangente, so unterteilt diese
die Abszisse in zwei Abschnitte:
•
•
Tu Verzugszeit
Tg Ausgleichszeit
Das Verhältnis von Verzugszeit zu Ausgleichszeit lässt erkennen, wie gut eine Regelstrecke regelbar
ist. Hier einige Erfahrungswerte:
𝑇𝑒
𝑇𝑔
𝑇𝑒
𝑇𝑔
𝑇𝑒
𝑇𝑔
•
•
•
<
1
10
>
1
3
π‘’π‘š
𝑔𝑒𝑑 π‘Ÿπ‘’π‘”π‘’π‘™π‘π‘Žπ‘Ÿ
1
6
π‘›π‘œπ‘β„Ž π‘Ÿπ‘’π‘”π‘’π‘™π‘π‘Žπ‘Ÿ
π‘ π‘β„Žπ‘€π‘’π‘Ÿ π‘Ÿπ‘’π‘”π‘’π‘™π‘π‘Žπ‘Ÿ
In Abbildung 123 ist qualitativ die Reaktion einer PTn-Strecke auf einen Eingangssprung hin
dargestellt. Die Temperaturregelstrecke ist hier die Warmwasser-Zentralheizungsanlage. Die
einzelnen Kurvenzüge zeigen von links nach rechts:
-
Einschalten des Brenners (Eingangssprung der Stellgröße, rot),
Erwärmung des Kessels,
Temperaturanstieg des Kesselwassers,
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
113
-
Temperaturanstieg in den Leitungen,
Temperaturanstieg am Heizkörper,
Anstieg der Raumtemperatur,
Temperaturanstieg im Fühler des Temperatursensors.
Abbildung 123: Temperaturregelstrecken höherer Ordnung
Hier wird deutlich, dass Temperaturregelstrecken als Regelstrecken höherer Ordnung nur sehr
langsam einer Änderung der Stellgröße folgen.
4.2.4 PT2-Strecke (schwingfähig)
Bei einer schwingfähigen PT2-Strecke sind prinzipiell drei Fälle zu betrachten, von denen jedoch
lediglich der Fall der gedämpften Schwingung (0 < D < 1) näher untersucht werden soll:
•
•
•
0 < D < 1: gedämpfte Schwingung, es gilt 𝛼 < 𝛽
D = 0: ungedämpfte Dauerschwingung, es gilt 𝛼 = 0
D < 0: aufklingende Schwingung, es gilt 𝛼 < 0
Kennzeichen einer schwingfähigen PT2-Strecke sind zwei unterschiedliche Energiespeicher. Ein
Energiespeicher sei dabei beispielsweise eine RC-Kombination und ein zweiter eine LR-Kombination.
Eine LR-Kombination zeigt prinzipiell das gleiche zeitliche Verhalten wie eine RC-Kombination. Ein
einfaches Beispiel ist in der folgenden Abbildung wiedergegeben.
Abbildung 124: Sprungantwort einer LR-Kombination als PT1-Strecke
114
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Nachteilig bei einer LR-Kombination als Zeitglied ist dabei die Dimensionierung der Bauteile, wenn
man große Zeitkonstanten erreichen möchte. Die Zeitkonstante T1 errechnet sich durch
𝑇1 =
𝐿
𝑅
Der Wert des Widerstands R muss also sehr klein werden bei einem großem Wert der Induktivität L.
Werden jetzt zwei dieser Energiespeicher wechselwirkend hintereinander geschaltet, so wird bei
Anregung durch eine periodische Schwingung die Energie zwischen den beiden Energiespeichern hin
und hergeschoben. Dieser Prozess ist zwar prinzipiell auch bei zwei miteinander in Wechselwirkung
stehenden RC-Gliedern gegeben, aber es kommt dort nicht zu einer Schwingfähigkeit. Der Grund ist
in den am Vorgang beteiligten Blindwiderständen zu suchen: erst bei einer PT2-Strecke, die aus
1
einem RC-Glied und einem LR-Glied bestehen, können sich die kapazitiven οΏ½ οΏ½ und induktiven (πœ”πΏ)
πœ”πΆ
Blindwiderstände aufheben, da sie dann im Zeigerdiagramm in einem Winkel von 180° zueinander
stehen. In diesem Fall befindet sich das System in Resonanz und seine Phasenverschiebung ist Null!
Siehe hierzu auch: http://elektroniktutor.de/grundlagen/zeiger.html
Abbildung 125: PT2-Strecke, Parallelschwingkreis in Resonanz
Es lässt sich zeigen, dass der Parallelschwingkreis im Wesentlichen eine echte Parallelschaltung aus
R1, C1 und L1 ist. Damit liegt an allen Komponenten immer die gleiche Spannung an, während sich
der Strom verteilt. Im Resonanzfall heben sich die Ströme von Kondensator und Spule gegenseitig
auf. So wird der Strom gesperrt bei gleich bleibender Spannung über den einzelnen Bauelementen.
Damit wird die Resonanzfrequenz gesperrt. Aus diesem Grund nennt man den Parallelschwingkreis
auch Sperrkreis.
Beim Reihenschwingkreis sieht es ähnlich aus. Nur heben sich im Resonanzfall jetzt nicht die
Amplituden der Ströme auf, sondern die der Spannungen. So heben sich die Spannungen in ihrer
Summe auf, wobei lediglich die Resonanzfrequenz den Schwingkreis ungehindert durchläuft. Deshalb
nennt man den Reihenschwingkreis auch Leitkreis.
Da der Reihenschwingkreis in der Regelungstechnik etwas einfacher zu handhaben ist, soll in den
weiteren Ausführungen dieser Schwingkreis als Beispiel für eine schwingfähige PT2-Strecke
betrachtet werden. Der Reihenschwingkreis als RLC-Glied lässt sich beispielsweise mathematisch
(relativ) einfach beschreiben. In den nachfolgenden beiden Abbildungen sind der Schaltungsaufbau
und die zugehörige Sprungantwort dargestellt:
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
115
Abbildung 126: Schwingfähige PT2-Strecke realisiert durch eine RLC-Kombination
Abbildung 127: Sprungantwort einer schwingfähigen PT2-Strecke (0 < D < 1)
Die Regelstrecke reagiert auf eine sprungförmige Änderung der Eingangsgröße mit einer gedämpften
Schwingung als Ausgangsgröße. Es folgt eine mathematische Betrachtung dieser Zusammenhänge.
Abbildung 128: RLC-Kombination
Für den o.g. Schaltplan einer RLC-Kombination ergibt sich die Gleichung:
116
−π‘ˆπ΅π‘Žπ‘‘ + π‘ˆπ‘… (𝑑) + π‘ˆπΏ (𝑑) + π‘ˆπΆ (𝑑) = 0
4.19
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Dabei gelten die folgenden Zusammenhänge:
π‘ˆπ‘… (𝑑) = 𝑅 βˆ™ 𝐼(𝑑) 𝑒𝑛𝑑 π‘ˆπΏ (𝑑) = 𝐿 βˆ™
Weiter ist zu beachten:
π‘ˆπΆ (𝑑) =
𝑑𝐼
1
π‘ π‘œπ‘€π‘–π‘’ π‘ˆπΆ (𝑑) = οΏ½ 𝐼 𝑑𝑑
𝑑𝑑
𝐢
𝑑
π‘‘π‘ˆπ‘ 1
𝑑𝐼
π‘‘π‘ˆπΆ2
1
οΏ½ 𝐼 𝑑𝑑 →
= βˆ™πΌ →
=πΆβˆ™ 2
𝑑𝑑
𝑑𝑑
𝐢
𝑑𝑑
𝐢
𝑑
Da UC(t) identisch ist mit xa(t) und UBat identisch ist mit kPS*xe(t) , folgt:
π‘₯π‘Ž (𝑑) + 𝑅𝐢 βˆ™ π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) + 𝐿𝐢 βˆ™ π‘₯̈ π‘Ž (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘† π‘₯𝑒 (𝑑)
π‘₯π‘Ž (𝑑) + 𝑇1 π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) + 𝑇22 π‘₯̈ π‘Ž (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘† π‘₯𝑒 (𝑑)
4.20
π‘₯π‘Ž (𝑠) + 𝑇1 𝑠 π‘₯π‘Ž (𝑠) + 𝑇22 𝑠 2 π‘₯π‘Ž (𝑠) = π‘˜π‘ƒπ‘† π‘₯𝑒 (𝑠)
4.21
Diese DGL wird jetzt mittels Laplace-Transformation auf den Bildbereich umgeschrieben:
Durch algebraische Umformung erhält man jetzt die Übertragungsfunktion der Regelstrecke:
𝐺(𝑠) =
Mit den Abkürzungen
π‘˜π‘ƒπ‘†
π‘˜π‘ƒπ‘†
1
π‘₯π‘Ž (𝑠)
=
= 2 βˆ™
2
2
π‘₯𝑒 (𝑠) 1 + 𝑇1 𝑠 + 𝑇2 𝑠
𝑇2 𝑠 2 + 𝑠 𝑇1 + 1
𝑇22 𝑇22
2𝛼 =
ergibt sich die Dämpfung der Strecke zu:
𝑇1
1
2
2 𝑒𝑛𝑑 𝛽 = 2
𝑇2
𝑇2
𝐷=
𝛼
𝑇1
=
𝛽 2𝑇2
4.22
Betrachtet man die Rücktransformation aus dem Bildbereich in den Originalbereich, so ergibt sich für
den Fall 0 < D < 1 mittels Korrespondenztabelle:
π‘₯π‘Ž (𝑑) =
π‘˜π‘ƒπ‘† 1 −𝛼𝑑
βˆ™ βˆ™π‘’
βˆ™ sin πœ”π‘‘
𝑇2 2 πœ”
4.23
Bezogen auf die vorgenannte schwingfähige Regelstrecke ergeben sich die folgenden Zeitkonstanten
aus der Wahl der elektronischen Bauelemente:
𝑇1 = 𝑅 βˆ™ 𝐢 = 220πœ‡π‘  𝑒𝑛𝑑 𝑇2 = √𝐿 βˆ™ 𝐢 = 469πœ‡π‘ 
4.24
Damit ergibt sich eine Dämpfung von
𝐷 = 0,23
Auch hier lässt sich wieder mit Hilfe von QUCS ein Schaltungsaufbau darstellen, der bezogen auf das
Verhalten einer schwingfähigen PT2-Strecke die o.g. Zusammenhänge vertiefen kann. Das daraus
folgende Bode-Diagramm zeigt den Amplitudengang und den Phasengang der schwingfähigen PT2-
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
117
Strecke. Auch hier gibt der Amplitudengang den Betrag des Frequenzgangs G in Abhängigkeit der
Kreisfrequenz ω in der Einheit dB wieder.
Betrachtet man das nachfolgende Bode-Diagramm, so ergibt sich eine Eckfrequenz ωE von etwas
mehr als 2000 s-1. Eine Bestätigung liefert der Kehrwert der Zeitkonstanten T2, der genau der
Eckfrequenz entspricht; daraus folgt:
πœ”πΈ =
1
= 2132 𝑠 −1
𝑇2
Es sei angemerkt, dass eine Verringerung des T1 bestimmenden Widerstandes R auch die Dämpfung
D verringert, d.h. der im Amplitudengang ausgeprägte Peak wird sich deutlich erhöhen, die
Regelstrecke wird in die Nähe der Resonanz geführt.
Das Zustandekommen der Schwingfähigkeit hängt mit den unterschiedlichen Energiespeichern von
Induktivität und Kondensator zusammen. Die zugeführte Energie wird zwischen diesen beiden
Speichern transferiert, wobei der Widerstand R jeweils einen Teil dieser Energie in Joulesche Wärme
umsetzt und somit zur Dämpfung der Strecke beiträgt. 14 Im Amplitudengang ist daher auch eine
deutliche Anhebung auf Höhe der Eckfrequenz erkennbar. Sie wäre bei kleinerem R deutlich
ausgeprägter und würde den Reihenschwingkreis in eine (fast) ungedämpfte Resonanz führen.
14
Zum tieferen Verständnis der Zusammenhänge sollte das Zeigerdiagramm des Reihenschwingkreises betrachtet werden.
1
der kapazitive und der induktive Blindwiderstand betragsmäßig
Man würde feststellen, dass bei der Eckfrequenz πœ”πΈ =
√πΏβˆ™πΆ
gleich sind. Da die Zeiger jedoch entgegengesetzt gerichtet sind, heben sich die Blindanteile auf und es wirkt nur noch der
ohmsche Wirkwiderstand R. Mit sinkendem R sinkt auch die Dämpfung und der Reihenschwingkreis gerät mehr und mehr in
Resonanz. Das Tiefpass-Verhalten, bedingt durch die RC-Kombination wird durch die Induktivität weiter verstärkt, so dass der
Amplitudengang bei zunehmender Kreisfrequenz jetzt doppelt so schnell abfällt, wie bei nur einem Speicherglied, nämlich mit
−40𝑑𝐡 je Dekade. Dieser Verlauf des Amplitudengangs ist gleichzeitig ein charakteristisches Merkmal einer PT2-Strecke.
118
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 129: Ortskurve und Bode-Diagramm einer schwingfähigen PT2-Strecke
Die nachfolgende Abbildung gibt noch einmal zusammengefasst das Übergangsverhalten einer PT2Strecke bei verschiedenen Dämpfungen wieder als Reaktion auf eine Eingangssprungfunktion (blau).
Dargestellt sind die gedämpfte Schwingung (rot: D=0,23), der aperiodische Grenzfall (orange: D=1),
der aperiodische Schwingfall (magenta: d=1,25) und die ungedämpfte Schwingung (grün: D=0).
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
119
Abbildung 130: Übergangsverhalten einer PT2-Strecke bei verschiedenen Dämpfungen
Es sei in diesem Zusammenhang auf die Schwingungslehre (erzwungene Schwingungen, Resonanz,
etc.) verwiesen. Auch hier sind inhomogene DGL 2. Ordnung die beschreibenden Gleichungen (siehe
beispielsweise http://www.walter-fendt.de/ph14d/resonanz.htm ).
120
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
4.2.5 I-Strecke
Ein klassisches Beispiel für eine I-Strecke ohne Verzögerung ist der Wasserbehälter einer
Füllstandregelung. Die nachfolgenden Abbildungen zeigen eine solche Füllstandregelstrecke, die zur
Quantifizierung des Füllstandes als Zylinderkondensator ausgeführt ist. Der Zufluss in diese Strecke
sei Q(t), der Abfluss Qa(t).
Abbildung 131: Füllstandstrecke als Zylinderkondensator
Der Zufluss dieser Strecke wird über ein pneumatisch betriebenes Ventil gesteuert, wobei der Zufluss
Qe(t) umgekehrt proportional zum Ventilhub ist (je grösser der Druck auf das Ventil, umso mehr
schließt es sich). Es wird daher im Folgenden mit einem invertierten Ventilhub gerechnet, der
zusätzlich um einen Ruhewert korrigiert wurde. Die nachfolgenden Abbildungen zeigen oben den
korrigierten und invertierten Ventilhub Vki in Abhängigkeit vom Steuerdruck PS und unten den
Durchfluss Q in Abhängigkeit vom Ventilhub Vki. Der Ventilbeiwert von k = 5702 mm2/s bezieht sich
auf eine Zylindergrundfläche von 6833 mm2.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
121
Abbildung 132: Ventilhub in Abhängigkeit vom Steuerdruck
Abbildung 133: Bestimmung des Ventilbeiwerts
Mit den vorgenannten Größen ergibt sich die Abhängigkeit der Eingangsseite:
𝑄(𝑑) = π‘˜ π‘‰π‘˜π‘–
Betrachtet man den Fall eines ungleichen Zu- und Abflusses, so ergibt sich die zeitliche
Volumenänderung im Behälter zu:
122
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Durch Integration erhält man:
𝑑𝑉(𝑑)
π‘‘β„Ž
= πœ‹(𝑅 − π‘Ÿ)2
= 𝑄(𝑑) − π‘„π‘Ž (𝑑)
𝑑𝑑
𝑑𝑑
β„Ž(𝑑) =
1
οΏ½[𝑄(𝑑) − π‘„π‘Ž (𝑑)] 𝑑𝑑 + 𝐢
πœ‹(𝑅 − π‘Ÿ)2
Die Integrationskonstante C ergibt sich aus der Anfangsbedingung eines konstanten Zu- und
Abflusses bei fest eingestelltem Ventilhub zu C = b, wobei b der Füllhöhe im Zylinder entspricht. Mit
dem zugehörigen Ventilhub Vki = Vki1 ergibt sich dann:
β„Ž(𝑑) =
1
οΏ½[π‘˜ π‘‰π‘˜π‘– (𝑑) − π‘˜ π‘‰π‘˜π‘–1 ] 𝑑𝑑 + 𝑏
πœ‹(𝑅 − π‘Ÿ)2
Umgestellt ergibt die obige Gleichung:
β„Ž(𝑑) − 𝑏 =
π‘˜
οΏ½[π‘‰π‘˜π‘– (𝑑) − π‘‰π‘˜π‘–1 ] 𝑑𝑑
πœ‹(𝑅 − π‘Ÿ)2
Berücksichtigt man jetzt, dass die Differenz h(t) - b nichts anderes als die Ausgangsgröße xa(t) ist und
die Differenz unter dem Integral die Eingangsgröße xe(t) darstellt, so ergibt sich mit dem
Integrierbeiwert der Strecke
letztlich:
π‘˜πΌπ‘† =
π‘˜
πœ‹(𝑅 − π‘Ÿ)2
π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘˜πΌπ‘† οΏ½ π‘₯𝑒 (𝑑) 𝑑𝑑
4.25
Das ist genau die Differentialgleichung, die ein integrales Verhalten einer Regelstrecke beschreibt.
Berücksichtigt man jetzt die im Kapitel 3.2.5 gemachten Angaben für die Laplace-Transformierte
eines Integrals
𝐿 οΏ½οΏ½ π‘₯𝑒 (𝑑)𝑑𝑑� =
1
π‘₯ (𝑠)
𝑠 𝑒
So ergibt sich die Übertragungsfunktion für eine I-Strecke ohne Verzögerung zu:
𝐺(𝑠) =
π‘₯π‘Ž (𝑠) π‘˜πΌπ‘†
=
𝑠
π‘₯𝑒 (𝑠)
Bezogen auf die vorgenannte Füllstandregelung beschreibt die nachfolgende Abbildung die
Änderungsgeschwindigkeit in Abhängigkeit vom Ventilhub.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
123
Abbildung 134: Bestimmung des Integrierbeiwerts der I-Strecke
Durch dieses Verfahren lässt sich der Integrierbeiwert der Strecke zu kIS = 0,834 s-1 bestimmen. Mit
Änderungsgeschwindigkeit ist der Quotient von Durchfluss zu Füllzeit bei festem Ventilhub gemeint.
Die hier gemessenen Abweichungen betragen lediglich 2,3%.
Die folgende Abbildung zeigt das Messprotokoll zur Aufnahme der Streckencharakteristik bei einem
Eingangssprung. Am Verlauf des Füllstandes ist deutlich das I-Verhalten der Strecke zu erkennen.
Abbildung 135: Messprotokoll zur Streckencharakteristik I-Strecke
124
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Betrachtet werden soll auch hier ein Schaltungsaufbau mittels QUCS, sowie die resultierende
Ortskurve mit Bode-Diagramm. OP1 liefert die eigentliche integrale Charakteristik (jedoch
invertierend), während OP2 für eine Aufhebung der Invertierung ohne Verstärkung sorgt. Der
Integrierbeiwert der Strecke ist durch die Wahl von R1 und C1 bestimmt und liegt bei:
π‘˜πΌπ‘† =
1
1
=
= 0,833𝑠 −1
𝑅1 𝐢1 2000Ω βˆ™ 600πœ‡πΉ
Abbildung 136: Ortskurve und Bode-Diagramm einer I-Strecke
Die Betrachtung der Übertragungsfunktion bezogen auf den Real- und den Imaginärteil ergibt einen
Realteil von Re(G) = 0, während sich der Imaginäranteil ergibt zu 15:
15
πœ‹
Der Phasengang bleibt daher bedingt durch den fehlenden Realteil bei − = −90° konstant. Die Ortskurve bleibt daher
2
ebenfalls lediglich auf den Imaginärteil beschränkt und läuft mit zunehmendem ω auf den Koordinatenursprung zu.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
125
πΌπ‘š(𝐺) = −π‘˜πΌπ‘†
1
πœ”
Die Aufnahme der Sprungantwort zeigt deutlich das integrale Verhalten der Strecke: der nach 200 ms
erfolgende Eingangssprung lässt als Sprungantwort das Ausgangssignal unverzögert linear ansteigen.
Nach Rücknahme des Eingangssprungs (nach 3 s) verharrt die Sprungantwort im einmal erreichten
Zustand.
Abbildung 137: Sprungantwort eines Regelkreisglieds mit I-Verhalten
Kurze Herleitung: die allgemeine Form der Übertragungsfunktion G(t) lautet:
𝐺(𝑑) =
π‘₯π‘Ž (𝑑)
π‘₯𝑒 (𝑑)
Hierbei ist G(t) bestimmt durch den Integrierbeiwert (kI) der Strecke. Die Eingangsgröße selbst
entspricht dem integralen Verhalten der Strecke: auf einen Eingangssprung wird mit einer zeitlichen
Änderung der Ausgangsgröße reagiert, was im Umkehrschluss bedeutet, dass die Ausgangsgröße das
zeitliche Integral der Eingangsgröße wiedergibt.
π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘˜πΌ βˆ™ οΏ½ π‘₯𝑒 (𝑑)𝑑𝑑
Die Laplace-Transformierte eines Integrals (siehe Gleichung 3.10) ergibt:
Oder:
π‘₯π‘Ž (𝑠) = π‘˜πΌ βˆ™
1
βˆ™ π‘₯ (𝑠)
𝑠 𝑒
𝐺(𝑠) =
126
π‘˜πΌ
𝑠
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
4.2.6 Strecken mit Totzeit
Die Zeit, die vergeht, bis ein regelungstechnisches System als Antwort auf Änderung seiner
Eingangsgröße die Änderung seiner Ausgangsgröße wiedergibt, wird bei Betrachtung einer
Regelstrecke als Totzeit Tt bezeichnet. Totzeiten führen zu einem wesentlich schlechteren
Regelverhalten (Positionsregelung eines Satelliten). Bei Totzeiten handelt es sich immer um
Laufzeiten, die an physikalische Strecken gebunden sind (Förderband) 16. Es handelt sich nicht um
beispielsweise Verzögerungseffekte, die durch Gatterlaufzeiten oder Massenträgheiten zustande
kommen.
Betrachtet werden soll eine Luft-Temperatur-Regelstrecke, wobei die Temperatur eines HeissluftGebläses geregelt werden soll. Die Regelstrecke sieht folgendermaßen aus (siehe Link
http://www.control.tu-berlin.de/images/9/99/PR_Grundlagen_3.pdf ):
Die Aufnahme der Sprungantwort der Strecke lieferte das folgende Diagramm:
Deutlich ist zu erkennen, dass die Strecke erst nach ca. 20 Sekunden das typische Antwortverhalten
zeigt. Die Übertragungsfunktion eines reinen Totzeitgliedes sei an dieser Stelle ohne Herleitung
erwähnt:
𝐺(𝑠) = 𝑒 −𝑠𝑇𝑑
16
Auch Strecken höherer Ordnung (PTn) lassen sich durch solche mit Totzeit ersetzen.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
127
4.3 Stetige Regelglieder
Ganz allgemein betrachtet werden Regelglieder mittels Wirkungsplan. Der Wirkungsplan zeigt ein
einfaches System, das eine Eingangsgröße xe(t, jω, s) und eine Ausgangsgröße xa(t, jω, s) besitzt,
wobei die Ausgangsgröße durch das Übertragungsverhalten des Regelglieds bestimmt ist.
Abbildung 138: Allgemeiner Wirkungsplan zum Übertragungsverhalten eines Regelglieds
Untersucht werden die Regelglieder mit folgendem Verhalten:
•
•
•
•
•
•
P-Verhalten (Proportional), P-Regelglied
I-Verhalten (Integral), I-Regelglied
D-Verhalten (Differential), D-Regelglied
PI-Verhalten, PI-Regelglied
PD-Verhalten, PD-Regelglied
PID-Verhalten, PID-Regelglied
Die einzelnen Regelglieder werden nach folgender Systematik behandelt:
•
•
•
•
•
•
•
•
Wirkungsplan
Mathematische Beschreibung im Originalbereich
Mathematische Beschreibung im Bildbereich
Schaltungsaufbau mit Operationsverstärkern
Übergangsverhalten
Übertragungsverhalten
Alternativer Schaltungsaufbau mit Operationsverstärkern (PI, PD und PID)
Berechnungsaffinitäten
Mit Bezug zu Abbildung 103 gehören zu einer Regeleinrichtung:
•
•
•
•
der Sollwerteinsteller (Vorgabe der Führungsgröße w)
der Vergleicher (vergleicht zwischen Soll- und Istwert und bildet die Regelabweichung e=w-x)
das Regelglied (Eingang ist die Regelgröße xe, Ausgang ist die Stellgröße yR)
der Steller (Eingang ist die Stellgröße yR)
4.3.1 P-Regelglied
Auf einen Eingangssprung reagiert das Proportional-Regelglied (P-Regelglied) mit einem
unverzögerten Ausgangssprung. Der Übertragungsbeiwert des P-Regelglieds bestimmt sich aus dem
Verhältnis von Ausgangs- zu Eingangsgröße. Die Eingangsgröße xe stellt hier die Regelabweichung
e=w-x dar. Die Ausgangsgröße xa ist identisch mit der Stellgröße yR.
Abbildung 139: Wirkungsplan des P-Regelglieds
Damit ergibt sich aus dem Wirkungsplan des P-Regelglieds:
128
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
𝑦𝑅 (𝑑)
= π‘˜π‘ƒπ‘…
𝑒(𝑑)
Und damit die Gleichung des P-Regelglieds für den Originalbereich:
𝑦𝑅 (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘… 𝑒(𝑑)
4.26
Als Übertragungsfunktion im Bildbereich erhält man in Analogie dazu:
𝐺𝑅 (𝑠) =
𝑦𝑅 (𝑠)
= π‘˜π‘ƒπ‘…
𝑒(𝑠)
Und so auch die Gleichung des P-Regelglieds für den Bildbereich:
𝑦𝑅 (𝑠) = π‘˜π‘ƒπ‘… 𝑒(𝑠)
Bei einem Operationsverstärker (OP1), der als invertierender Spannungsverstärker geschaltet ist
(siehe Abbildung 140), ergibt sich die Verstärkung durch das Verhältnis von Ausgangs- zu
Eingangsspannung; diese ist allerdings negativ, weshalb das Signal noch durch einen zweiten
Operationsverstärker (OP2) mit einer Verstärkung von -1 zu invertieren ist:
𝑉𝑒 =
𝑒_π‘œπ‘’π‘‘
𝑒_𝑖𝑛
Abbildung 140: P-Regelglied mit Operationsverstärkern
Damit liegt der Wert für die Verstärkung, in diesem Fall der Proportionalbeiwert des P-Regelglieds,
fest; er beträgt hier, auch bedingt durch die doppelte Invertierung:
π‘˜π‘ƒπ‘… =
𝑅2
𝑅1
Schon im Kapitel P-Strecke ist durch Abbildung 113 die Reaktion eines Regelkreisglieds mit PCharakteristik dargestellt. Es gibt seitens des Aufbaus mittels Operationsverstärkern keinerlei
Unterschiede, ob es sich jetzt um eine P-Strecke oder um ein P-Regelglied handelt (bis auf die
Vorzeichenumkehr, die letztlich auch eine Frage der Definition des Eingangssignals ist). Daher kann
durch Abbildung 114 die Antwort eines P-Regelglieds auf einen Führungssprung wiedergegeben
werden.
In später folgenden Kapiteln wird die Eigenschaft der bleibenden Regelabweichung beim P-Regelglied
deutlich werden. An dieser Stelle sei lediglich darauf verwiesen, dass ein P-Regelglied eine Stellgröße
𝑦𝑅 (𝑑) immer proportional zur Regelabweichung 𝑒(𝑑) einstellt. Wenn allerdings die Regelabweichung
Null ist, gibt es auch nichts mehr zu regeln. Er regelt eine Störung nicht aus, sondern verharrt in
seiner neuen Position. Somit wird die alte Sollwertposition nicht mehr erreicht, das Regelglied
verbleibt bei einem neuen Wert. Dieser neue Wert (bleibende Regelabweichung) bleibt so lange
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
129
bestehen, bis eine neue Störung eintritt. Mathematisch wird diese Problematik im Kapitel 5.3
behandelt, insbesondere bzgl. der bleibenden Regelabweichung.
Da das P-Regelglied frequenzunabhängig arbeitet, existiert für die Ortskurve lediglich ein einziger
Punkt auf der realen Achse, der wiederum einzig durch den Proportionalbeiwert kPR bestimmt ist.
Dementsprechend verläuft der Amplitudengang parallel zur Abszisse im Abstand des
Proportionalbeiwertes und der Phasengang bleibt konstant Null.
Abbildung 141: Ortskurve und Bode-Diagramm eines P-Regelglieds
Es sei an dieser Stelle schon im Vorgriff darauf hingewiesen, dass der P-Regler in Verbindung mit
einer I-Strecke keine bleibende Regelabweichung liefert (siehe Kapitel 5.6).
4.3.2 I-Regelglied
Das Integral-Regelglied (I-Regelglied) reagiert auf einen Eingangssprung mit einer konstanten
Änderungsgeschwindigkeit seiner Ausgangsgröße. Dabei ist diese Änderungsgeschwindigkeit umso
größer, je stärker der Eingangssprung ausgeprägt ist. Betrachtet werde wiederum ein
Operationsverstärker, der dieses Mal als Integrierer geschaltet ist. Bei der vorhergegangenen
130
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Betrachtung der I-Strecke wurde die zugehörige Differentialgleichung hergeleitet. Für das IRegelglied ergibt sich ein identisches Bild mit Bezug zu Kapitel 4.2.5:
Abbildung 142: Wirkungsplan eines I-Regelglieds
In Analogie zum vorhergehenden Kapitel ergibt sich für den Originalbereich:
oder umgeformt:
𝑑𝑦𝑅 (𝑑)
= π‘˜πΌπ‘… 𝑒(𝑑)
𝑑𝑑
𝑦𝑅 (𝑑) = π‘˜πΌπ‘… οΏ½ 𝑒(𝑑) 𝑑𝑑
4.27
Als Übertragungsfunktion im Bildbereich erhält man:
𝐺𝑅 (𝑠) =
𝑦𝑅 (𝑠) π‘˜πΌπ‘…
=
𝑠
𝑒(𝑠)
Bzgl. der o.g. Schaltung mit Operationsverstärker gilt die folgende Definition der Integrationszeit TI,
wenn Eingangs- und Ausgangsgröße die gleichen Dimensionen haben:
𝑇𝐼 =
1
π‘˜πΌπ‘…
4.28
𝑇𝐼 = 𝑅1 βˆ™ 𝐢1
π‘˜πΌπ‘… =
1
𝑅1 𝐢1
Es ergibt sich als Übertragungsfunktion des Regelglieds
𝐺𝑅 (𝑠) =
1
𝑠𝑇𝐼
Abbildung 143: I-Regelglied mit Operationsverstärkern
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
131
Mit Bezug zu Abbildung 144 ergibt sich eine Integrationszeit von 𝑇𝐼 = 1,2𝑠 . Die nächsten beiden
Abbildungen zeigen die Kennlinien des I-Regelglieds bei Beaufschlagung mit einer Sprungfunktion.
Deutlich ist die Vergrößerung der Änderungsgeschwindigkeit bei Vergrößerung der Sprunghöhe zu
erkennen. Die Integrationszeit bleibt dabei gleich, nämlich (1,4𝑠 − 0,2𝑠), nur die Steigung ändert
sich. 17
Abbildung 144: Kennlinie eines I-Reglers nach Beaufschlagung mit einem 5V-Sprung
Abbildung 145: Kennlinie eines I-Reglers nach Beaufschlagung mit einem 10V-Sprung
17
Bedingt durch die endliche Versorgungsspannung des Operationsverstärkers ergibt sich natürlich eine Sättigung, die hier bei
+15V liegt.
132
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Das I-Regelglied ist ein sehr langsam agierendes Regelglied, es weist jedoch keine bleibende
Regelabweichung auf. Seine Ortskurve läuft mit zunehmender Kreisfrequenz gegen den Ursprung.
Sein Amplitudengang fällt mit 20dB je Dekade und liefert bei 0dB den Integrierbeiwert kIR. Unter
Berücksichtigung von Gleichung 4.28 ergibt sich in diesem Fall: 0,83s-1. Der Phasengang bleibt
konstant bei -90° (siehe Abbildung 146).
Abbildung 146: Ortskurve und Bode-Diagramm eines I-Regelglieds
4.3.2.1 Rechnerische Übung zum I-Regelglied
Simulieren Sie unter QUCS, wie die Sprungantwort sowie die Ortskurve und das Bode-Diagramm für
ein I-T1-Regelglied aussehen. Hinter das I-Regelglied wird dazu noch ein zeitverzögerndes Regelglied
erster Ordnung geschaltet. Überprüfen Sie Ihre Ergebnisse durch eine entsprechende Rechnung.
4.3.3 D-Regelglied
𝑑𝑒(𝑑)
Der Differential-Regler (D-Regler) reagiert auf die Änderungsgeschwindigkeit der Eingangsgröße
𝑑𝑑
mit einem Sprung der Ausgangsgröße yR.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
133
Abbildung 147: Wirkungsplan eines D-Regelglieds
Damit ergibt sich für den Originalbereich:
𝑦𝑅 (𝑑) = π‘˜π·π‘…
Als Übertragungsfunktion im Bildbereich erhält man:
𝐺𝑅 (𝑠) =
𝑑𝑒(𝑑)
𝑑𝑑
4.29
𝑦𝑅 (𝑠)
= π‘˜π·π‘… βˆ™ 𝑠
𝑒(𝑠)
Für sich allein genommen macht das D-Regelglied allerdings wenig Sinn; es taucht meistens in
Kombination mit einem P- (PD-Regelglied) oder einem P- und einem I-Anteil (PI-Regelglied) auf.
Dabei wird der Übertragungsbeiwert kDR des D-Regelglieds mit dem Übertragungsbeiwert kPR des PRegelglieds verbunden (siehe dazu auch die Kapitel 4.3.5 und 4.3.6).
Um ein D-Regelglied mit Operationsverstärkern aufzubauen, sind mit Bezug zu Abbildung 143 beim
Operationsverstärker (OP1) die Bauelemente R1 und C1 zu vertauschen.
4.3.3.1 Rechnerische Übung zum D-Regelglied
Simulieren Sie unter QUCS, wie die Ortskurve und das Bode-Diagramm für ein D-Regelglied aussehen.
Überprüfen Sie Ihre Ergebnisse durch eine entsprechende Rechnung.
4.3.4 PI-Regelglied
Es liegt nahe, die Vorteile zweier Regelglieder zu einem Regelglied mit neuer Charakteristik
zusammenzufassen. Das PI-Regelglied (proportional-integral) bewirkt, dass seine Ausgangsgröße der
Addition der einzelnen Ausgangsgrößen entspricht. Hier handelt es sich um eine Parallelschaltung
von Regelkreisgliedern, die schon in einem der vorhergehenden Abschnitte elementar behandelt
wurde.
Abbildung 148: Wirkungsplan eines PI-Regelglieds
Die Gesamtübertragungsfunktion ist die Summe der einzelnen Übertragungsfunktionen:
𝑦𝑅 (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘… 𝑒(𝑑) + π‘˜πΌπ‘… οΏ½ 𝑒(𝑑) 𝑑𝑑
Durch Einführen der Zeitkonstanten 𝑇𝑛 =
134
π‘˜π‘ƒπ‘…
π‘˜πΌπ‘…
ergibt sich dann für den Originalbereich:
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
𝑦𝑅 (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘… �𝑒(𝑑) +
1
οΏ½ 𝑒(𝑑) 𝑑𝑑�
𝑇𝑛
4.30
Dabei ist kPR der Proportionalbeiwert und Tn die Nachstellzeit des PI-Regelglieds. Das Verhältnis von
Nachstellzeit zu Proportionalbeiwert ergibt die Integrationszeit TI.
kPR ist der Proportionalbeiwert oder Verstärkungsfaktor des Regelglieds. Die Nachstellzeit Tn gibt die
Zeit an, um welche ein PI-Regelglied schneller arbeitet als ein reines I-Regelglied. Die Integrationszeit
TI ist die Zeit, die vergeht, bis die Ausgangsgröße den vorgegebenen Wert der Eingangsgröße erreicht
hat.
Die Übertragungsfunktion des PI-Regelglieds ergibt sich für den Bildbereich zu:
Mit π‘˜πΌπ‘… =
π‘˜π‘ƒπ‘…
𝑇𝑛
𝐺𝑅 (𝑠) =
erhält man schließlich:
π‘˜πΌπ‘…
𝑦𝑅 (𝑠)
= π‘˜π‘ƒπ‘… +
𝑠
𝑒(𝑠)
𝐺𝑅 (𝑠) = π‘˜π‘ƒπ‘… οΏ½1 +
1
οΏ½
𝑠𝑇𝑛
4.31
Ersetzt man s durch jω, so ergibt sich der Frequenzgang der PI-Regeleinrichtung. Durch Multiplikation
mit dem konjugiert Komplexen lassen sich dann Real- und Imaginärteil ermitteln.
𝐺𝑅 (π‘—πœ”) = π‘˜π‘ƒπ‘… οΏ½1 +
πΌπ‘š(𝐺) = −
1
−π‘—πœ”π‘‡π‘›
οΏ½βˆ™οΏ½
οΏ½
π‘—πœ”π‘‡π‘›
−π‘—πœ”π‘‡π‘›
𝐺𝑅 (π‘—πœ”) = π‘˜π‘ƒπ‘… οΏ½1 − 𝑗
1
οΏ½
πœ”π‘‡π‘›
π‘˜π‘ƒπ‘…
1
; 𝑅𝑒(𝐺) = π‘˜π‘ƒπ‘… ; tan(πœ‘) = −
πœ”π‘‡π‘›
πœ”π‘‡π‘›
1 2
|𝐺(π‘—πœ”)| = π‘˜π‘ƒπ‘… οΏ½1 + οΏ½
οΏ½
πœ”π‘‡π‘›
Die nachfolgende Abbildung 149 zeigt den vorgenannten Schaltungsaufbau mit
Operationsverstärkern für ein PI-Regelglied. Dabei wird die Summenbildung der einzelnen
Regelglieder bei einer Parallelschaltung genutzt. OP1 (kPR = 2)und OP2 (kIR = 10 s-1) sind als P- bzw. IRegelglied verschaltet, OP3 stellt ein invertierendes Summationsglied dar, um letztlich ein positives
Ausgangssignal zu erhalten. Es ergibt sich hier eine Nachstellzeit von Tn = 0,2 s.
π‘˜π‘ƒπ‘… =
π‘˜πΌπ‘… =
𝑇𝑛 =
𝑅2
=2
𝑅1
1
= 10𝑠 −1
𝑅3 βˆ™ 𝐢1
π‘˜π‘ƒπ‘… 𝑅2
=
βˆ™ 𝑅 𝐢 = 0,2𝑠
π‘˜πΌπ‘… 𝑅1 3 1
Die Integrationszeit lässt sich ebenfalls sehr einfach bestimmen. Sie ist letztlich ein Maß für die
Steigung bezogen auf die Höhe des Eingangssprungs.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
135
𝑇𝐼 =
1
= 0,1𝑠
π‘˜πΌπ‘…
Abbildung 149: PI-Regelglied mit Operationsverstärkern
Abbildung 150: Sprungantwort des PI-Regelglieds
Verlängert man die ansteigende Kennlinie des PI-Regelglieds (rot), so schneidet sie die Abszisse im
Nullpunkt. Die Differenz zwischen dem Beginn der Sprungfunktion (blau) und dem
136
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abszissenschnittpunkt beträgt hier 0,2s und ist die Nachstellzeit Tn. Sie ist die Zeit, um welche ein PIRegelglied schneller arbeitet, als ein reines I-Regelglied. Sie bestimmt sich rechnerisch, wie oben
gezeigt, zu:
𝑇𝑛 =
π‘˜π‘ƒπ‘…
𝑅2
= π‘˜π‘ƒπ‘… βˆ™ 𝑇𝐼 =
βˆ™ 𝑅 𝐢 = 𝑅2 𝐢1
π‘˜πΌπ‘…
𝑅1 1 1
4.32
Die nachfolgende Abbildung zeigt einen möglichen alternativen Aufbau eines PI-Regelglieds mit
Operationsverstärkern:
Abbildung 151: Alternativer Aufbau eines PI-Regelglieds mit Operationsverstärkern
In Analogie zu den Spannungsverhältnissen am invertierenden Operationsverstärker ergibt sich unter
Berücksichtigung, dass der Gegenkoppelzweig in seiner Summe 𝑅2 + 1�𝑠𝐢 liefert, der folgende
1
Zusammenhang:
𝑅2 + 1�𝑠𝐢
1
𝑅2
𝑦𝑅 (𝑠)
1
=−
= − οΏ½1 +
𝐺𝑅 (𝑠) =
οΏ½
𝑅1
𝑠𝑅2 𝐢1
𝑅1
𝑒(𝑠)
Hierbei ergibt sich eine deutliche Berechnungsaffinität zur vorgenannten Gleichung 4.31. Das
Minuszeichen wird durch den nachgeschalteten invertierenden Operationsverstärker gewandelt. Das
𝑅
Widerstandverhältnis 2 entspricht dem Proportionalbeiwert π‘˜π‘ƒπ‘… des Regelglieds. Der Term im
𝑅1
Nenner entspricht der Nachstellzeit 𝑇𝑛 , wie u.a. in Gleichung 4.32 dargelegt.
Eine Simulation des Übertragungsverhaltens unter QUCS ergibt die zugehörige Ortskurve und das
Bode-Diagramm. Der Realteil der Ortskurve ergibt sich zu Re(G) = kPR, wie weiter oben erwähnt. Es
folgen die Darstellungen von Amplitudengang und Phasengang. Die Eckfrequenz liegt hier bei
1
πœ”πΈ = = 5 𝑠 −1. Der abfallende Kurventeil des Amplitudengangs gibt das I-Verhalten wieder, der
𝑇𝑛
waagerechte das P-Verhalten. Es ergibt sich eine Phasenverschiebung von πœ‘ = −45°.
Mit der Eckfrequenz πœ”πΈ =
1
𝑇𝑛
tan πœ‘ = −
ergibt sich dann
1
π‘˜π‘ƒπ‘… 1
βˆ™
=−
πœ”π‘‡π‘› π‘˜π‘ƒπ‘…
πœ”π‘‡π‘›
πœ‘ = arctan −1 = −45°
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
137
Abbildung 152: Ortskurve und Bode-Diagramm eines PI-Regelglieds
138
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
4.3.5 PD-Regelglied
Wie schon erwähnt, macht ein reines D-Regelglied wenig Sinn. Zusammen mit einem P-Regelglied
ergibt sich jedoch ein schnell eingreifendes Regelglied mit bleibender Regelabweichung (Das gilt
allerdings nicht für I-Strecken!).
Abbildung 153: Wirkungsplan eines PD-Regelglieds
Da auch in diesem Fall von einer Parallelschaltung einzelner Regelglieder ausgegangen werden kann,
ergibt sich die Gesamtübertragungsfunktion aus der Summe der einzelnen Übertragungsfunktionen.
Für den Originalbereich ergibt sich dann:
𝑦𝑅 (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘… 𝑒(𝑑) + π‘˜π·π‘…
𝑑𝑒(𝑑)
𝑑𝑑
𝑦𝑅 (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘… �𝑒(𝑑) + 𝑇𝑉 βˆ™
𝑑𝑒(𝑑)
οΏ½
𝑑𝑑
𝑦𝑅 (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘… �𝑒(𝑑) +
π‘˜π·π‘… 𝑑𝑒(𝑑)
βˆ™
οΏ½
π‘˜π‘ƒπ‘… 𝑑𝑑
TV wird als Vorhaltzeit bezeichnet und ergibt sich durch:
𝑇𝑉 =
4.33
π‘˜π·π‘…
π‘˜π‘ƒπ‘…
Die Übertragungsfunktion für den Bildbereich sieht folgendermaßen aus:
𝐺𝑅 (𝑠) =
𝑦𝑅 (𝑠)
= π‘˜π‘ƒπ‘… [1 + 𝑠 𝑇𝑉 ]
𝑒(𝑠)
4.34
Auch hier ergibt sich wieder der Frequenzgang, wenn s durch jω ersetzt wird. Eine Ermittlung von
Real- und Imaginärteil ist in diesem Fall besonders einfach:
𝐺𝑅 (π‘—πœ”) = π‘˜π‘ƒπ‘… [1 + π‘—πœ” 𝑇𝑉 ]
πΌπ‘š(𝐺) = π‘˜π‘ƒπ‘… πœ” 𝑇𝑉 ; 𝑅𝑒(𝐺) = π‘˜π‘ƒπ‘… ; tan(πœ‘) = πœ” 𝑇𝑉
Mit der Eckfrequenz πœ”πΈ =
1
𝑇𝑉
|𝐺(π‘—πœ”)| = π‘˜π‘ƒπ‘… οΏ½1 + (πœ”π‘‡π‘‰ )2
ergibt sich dann:
πœ‘ = arctan 1 = 45°
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
139
Abbildung 154: PD-Regelglied mit Operationsverstärkern
Abbildung 155: Sprungantwort des PD-Regelglieds
Mit dieser Sprungantwort lässt sich allerdings in der Praxis nur wenig anfangen. Realistisch
betrachtet taucht immer eine (fast beliebig kleine) zeitliche Verzögerung des Signals auf. Eigentlich
140
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
betrachtet man also ein PD-T1-Regelkreisglied. Dazu platziert man in die Zuleitung nach C1 noch
einen Widerstand, beispielweise 330Ω. Damit ergibt sich eine Sprungantwort, bei der sich ein zeitlich
breiterer D-Peak ergibt, woran sich jetzt signifikante Größen des PD-Regelglieds festmachen lassen.
Abbildung 156: Sprungantwort des PD-T1-Regelglieds
An den abfallenden Teil des D-Peaks wird eine Tangente angelegt, wodurch sich T1 graphisch
bestimmen lässt. Die Höhe des D-Peaks lässt sich durch den Proportionalbeiwert π‘˜π‘ƒπ‘… in
𝑇
Multiplikation mit dem Verhältnis von Vorhaltzeit und Zeitkonstante 𝑉 bestimmen.
𝑇1
Das zeitliche Verzögerungsglied (T1) wird hinter das D-Regelglied geschaltet, was dann zu einer
Multiplikation der beiden Übertragungsfunktionen führt.
Abbildung 157: Wirkungsplan eines PD-T1-Regelglieds
Eine Simulation des Übertragungsverhaltens unter QUCS ergibt die zugehörige Ortskurve und
Bode-Diagramm (siehe Abbildung 158). Der Realteil der Ortskurve ergibt sich zu Re(G) = kPR,
weiter oben erwähnt. Es folgen die Darstellungen von Amplitudengang und Phasengang.
1
π‘˜
2
Eckfrequenz liegt hier bei πœ”πΈ = = 90,9 𝑠 −1, was dem Wert von 𝑃𝑅 =
entspricht.
π‘˜
𝑇𝑉
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
𝐷𝑅
0,022
das
wie
Die
Der
141
ansteigende Kurventeil des Amplitudengangs gibt das D-Verhalten wieder, der waagerechte das PVerhalten. Es ergibt sich eine Phasenverschiebung von πœ‘ = 45°.
Abbildung 158: Ortskurve und Bode-Diagramm eines PD-Regelglieds
Die nachfolgende Abbildung zeigt eine alternative Möglichkeit, ein PD-Regelglied durch
Operationsverstärker zu realisieren:
142
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 159: Alternativer Aufbau eines PD-Regelglieds mit Operationsverstärkern
Bei Berücksichtigung der Spannungsverhältnisse am invertierenden Operationsverstärker (OP1)
ergibt sich unter Beachtung des Kehrwerts des Nenners aus der Parallelschaltung von R1 und C1 die
folgende Übertragungsfunktion (bei Vernachlässigung des negativen Vorzeichens für das
invertierende Verhalten des Operationsverstärkers):
𝐺𝑅 (𝑠) =
Mit
𝑅2
𝑅1
𝑦𝑅 (𝑠)
=
𝑒(𝑠)
𝑅2
−1
1
�𝑅 + 𝑠 𝐢1 οΏ½
1
=
𝑅2
(1 + 𝑠 𝑅1 𝐢1 )
𝑅1
= π‘˜π‘ƒπ‘… und 𝑇𝑉 = 𝑅1 βˆ™ 𝐢1 als Vorhaltzeit ergibt sich schließlich:
𝐺𝑅 (𝑠) =
𝑦𝑅 (𝑠)
= π‘˜π‘ƒπ‘… (1 + 𝑠 𝑇𝑉 )
𝑒(𝑠)
Hierbei ergibt sich eine Berechnungsaffinität zur vorgenannten Gleichung 4.34.
4.3.6 PID-Regelglied
Ein Regelglied, das alle Vorteile sämtlicher Regelglieder vereint, ist das PID-Regelglied (proportionalintegral-differential). Auch in diesem Fall handelt es sich wieder um eine Parallelschaltung einzelner
Regelglieder, es ergibt sich daher die Gesamtübertragungsfunktion aus der Summe der einzelnen
Übertragungsfunktionen.
Abbildung 160: Wirkungsplan eines PID-Regelglieds
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
143
Das führt zu:
𝑦𝑅 (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘… 𝑒(𝑑) + π‘˜πΌπ‘… οΏ½ 𝑒(𝑑) 𝑑𝑑 + π‘˜π·π‘…
Mit den vorgenannten Zeitkonstanten 𝑇𝑛 =
π‘˜π‘ƒπ‘…
π‘˜πΌπ‘…
𝑦𝑅 (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘… �𝑒(𝑑) +
und 𝑇𝑉 =
π‘˜π·π‘…
π‘˜π‘ƒπ‘…
𝑑 𝑒(𝑑)
𝑑𝑑
4.35
ergibt sich für den Originalbereich:
1
𝑑 𝑒(𝑑)
οΏ½ 𝑒(𝑑)𝑑𝑑 + 𝑇𝑉
οΏ½
𝑇𝑛
𝑑𝑑
4.36
Für den Bildbereich ergibt sich die Übertragungsfunktion zu:
𝐺𝑅 (𝑠) =
𝐺𝑅 (𝑠) =
1
𝑦𝑅 (𝑠)
= π‘˜π‘ƒπ‘… οΏ½1 +
+ 𝑠𝑇𝑉 οΏ½
𝑠𝑇𝑛
𝑒(𝑠)
4.37
1 + 𝑠𝑇𝑛 + 𝑠 2 𝑇𝑛 𝑇𝑉
𝑦𝑅 (𝑠)
= π‘˜π‘ƒπ‘…
𝑠𝑇𝑛
𝑒(𝑠)
Auch hier erhält man wieder den Frequenzgang der PID-Regeleinrichtung, wenn man s durch jω
ersetzt. Durch Multiplikation mit dem konjugiert Komplexen lassen sich dann Real- und Imaginärteil
ermitteln.
𝐺𝑅 (π‘—πœ”) = π‘˜π‘ƒπ‘… οΏ½
1 + π‘—πœ”π‘‡π‘› − πœ”2 𝑇𝑛 𝑇𝑉
−π‘—πœ”π‘‡π‘›
οΏ½βˆ™οΏ½
οΏ½
π‘—πœ”π‘‡π‘›
−π‘—πœ”π‘‡π‘›
1
− πœ”π‘‡π‘‰ οΏ½οΏ½
𝐺𝑅 (π‘—πœ”) = π‘˜π‘ƒπ‘… οΏ½1 − 𝑗 οΏ½
πœ”π‘‡π‘›
1
1
− πœ”π‘‡π‘‰ οΏ½ ; 𝑅𝑒(𝐺) = π‘˜π‘ƒπ‘… ; tan(πœ‘) = πœ” 𝑇𝑉 −
πΌπ‘š(𝐺) = −π‘˜π‘ƒπ‘… οΏ½
πœ”π‘‡π‘›
πœ”π‘‡π‘›
2
1
|𝐺(π‘—πœ”)| = π‘˜π‘ƒπ‘… οΏ½1 + οΏ½
− πœ”π‘‡π‘‰ οΏ½
πœ”π‘‡π‘›
Die Simulation mit QUCS zeigt einen möglichen Schaltungsaufbau für ein PID-Regelglied. OP1, OP2
und OP3 sind als P-, I- bzw. D-Regelglied verschaltet, OP4 stellt ein invertierendes Summationsglied
dar. Auch hier gilt wieder, dass es eigentlich kein reines D-Regelglied gibt; es ist immer mit einer
Zeitkonstante verbunden, was letztlich zu dem nachfolgenden Wirkungsplan führt. Es bleibt
anzumerken, dass der Widerstand R5 zusammen mit dem Kondensator C2 das T1-Verhalten des PIDRegelglieds bestimmt. Mit R12=0 würde sich die Kennlinie eines reinen PID-Regelglieds ergeben.
Abbildung 161: Wirkungsplan eines PID-T1-Regelglieds
144
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 162: PID/PID-T1-Regelglied mit Operationsverstärkern
Die Kennlinie des PID-T1-Regelglieds (rot) ist nachfolgend dargestellt. Deutlich ist das schnelle
Eingreifen des Reglers bei der Zeitmarke von 200ms als Puls erkennbar. Eine Verlängerung des IAnteils (ansteigender Kurventeil) ergibt einen Schnittpunkt im Ursprung. Durch einen Erhöhung des
Widerstands R5 wird das Zeitverhalten des D-Anteils beeinflusst.
Abbildung 163: Sprungantwort des PID-T1-Regelglieds
Zur Bestimmung der Zeitkonstanten T1 wird eine Tangente an den Peak des D-Anteils gelegt. Für eine
Bestimmung von T1. muss wiederum der Proportionalbeiwert kPR betrachtet werden. Hier ergibt sich
eine waagerechte Linie bei einem Ordinatenwert von 4. T1 erhält man dann durch Betrachtung der
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
145
Schnittpunkte mit der ansteigenden Geraden des I-Anteils und der Tangente am abfallenden Teil des
D-Peaks.
Abbildung 164: Ortskurve und Bode-Diagramm eines reinen PID-Regelglieds
146
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Eine Betrachtung der vorstehenden Abbildung 164 führt zu zwei unterschiedlichen Eckfrequenzen.
Eine ergibt sich beim Übergang des I-Anteils (abfallende Gerade) in den P-Anteil (waagerechte
Gerade), eine andere beim Übergang des P-Anteils in den D-Anteil (ansteigende Gerade). Der
Proportionalbeiwert liegt bei π‘˜π‘ƒπ‘… = 20. Der Intergierbeiwert liegt bei π‘˜πΌπ‘… = 10. Damit ergibt sich
eine Nachstellzeit von 𝑇𝑛 = 2𝑠 und es folgt eine Eckfrequenz für den Übergang des I-Anteils in den PAnteil von πœ”πΈ_𝐼 = 0,5𝑠 −1 . Für eine Berechnung der zweiten Eckfrequenz ist der Differentialbeiwert
notwendig; er liegt bei π‘˜π·π‘… = 0,033𝑠. Mit dem bekannten kPR-Wert ergibt sich 𝑇𝑉 = 0,00165𝑠. Der
Kehrwert ergibt dann als zweite Eckfrequenz πœ”πΈ_𝐷 = 606,1𝑠 −1. Die Phasenverschiebung liegt bei
-45° bzw. +45°.
Es gibt natürlich auch eine alternative Schaltung mit Operationsverstärkern für ein PID-Regelglied.
Abbildung 165: Alternativer Aufbau eines PID-Regelglieds mit Operationsverstärkern
Berechnen lässt sich diese Schaltung genauso, wie die vorhergehenden alternativen Aufbauten. Die
beiden Bauelemente C2 und R1 sind parallel geschaltet. Die beiden Bauelemente R2 und C1 sind in
Reihe geschaltet. Das führt zu
−1
1
1
οΏ½ + 𝑠𝐢2 οΏ½
𝑏𝑧𝑀. 𝑅2 +
𝑅1
𝑠𝐢1
Damit ergibt sich die Übertragungsfunktion zu
𝑦𝑅 (𝑠)
𝐺𝑅 (𝑠) =
=
𝑒(𝑠)
𝐺𝑅 (𝑠) =
1
𝑅2 + 𝑠𝐢
1
−1
1
�𝑅 + 𝑠𝐢2 οΏ½
1
1
𝑅2 𝐢2
+ + 𝑠𝑅2 𝐢2 +
𝑅1 𝐢1
𝑠𝑅1 𝐢1
Jetzt werden die folgenden Abkürzungen eingesetzt:
π‘˜π‘ƒπ‘… =
𝑅2 𝐢2
1
1
+
; π‘˜π·π‘… = 𝑅2 𝐢2 = π‘˜π‘ƒπ‘… 𝑇𝑉 ; π‘˜πΌπ‘… =
= π‘˜π‘ƒπ‘…
𝑅1 𝐢1
𝑅1 𝐢1
𝑇𝑛
So ergibt sich dann nach kurzer Umformung letztlich:
𝐺𝑅 (𝑠) =
1
𝑦𝑅 (𝑠)
= π‘˜π‘ƒπ‘… οΏ½1 +
+ 𝑠𝑇𝑉 οΏ½
𝑠𝑇𝑛
𝑒(𝑠)
Hierbei ergibt sich eine Berechnungsaffinität zur vorgenannten Gleichung 4.37.
Der PID-Regler ist ein schnell eingreifender Regler ohne bleibende Regelabweichung. Seine
Verstärkung bei hohen Frequenzen ist allerdings begrenzt.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
147
4.3.7 Vor- und Nachteile stetiger Regelglieder
Die nachfolgende Abbildung (Link: http://www.roboternetz.de/wissen/index.php/Regelungstechnik)
zeigt die Sprungantworten (Einheitssprung) unterschiedlicher Regelglieder in Verbindung mit einer
PT2-Strecke. Dargestellt sind hier Regelglieder mit unterschiedlicher Charakteristik (P-, I-, PI-, PD- und
PID-Regelglieder). Deutlich sichtbar ist die bleibende Regelabweichung von Regelgliedern ohne IAnteil (dabei kommt es allerdings auch auf die Regelstrecke an). Damit ist offensichtlich, dass der IAnteil der Vermeidung einer bleibenden Regelabweichung dient. Regelglieder mit D-Anteil greifen
sehr schnell in den Regelprozess ein.
Für einfache Regelaufgaben ist jedoch meistens ein reines P-Regelglied ausreichend.
Abbildung 166: Vergleich der Sprungantworten verschiedener Regelglieder
P-Regelglied:
Das P-Regelglied reagiert schnell, kann jedoch eine bleibende Regeldifferenz
aufweisen. Diese Regeldifferenz wird mit ansteigendem kPR zwar kleiner, jedoch
wächst damit auch seine Instabilität.
I-Regelglied:
Das I-Regelglied reagiert sehr langsam, beseitigt jedoch die Regeldifferenz
vollständig. Er besitzt eine starke Neigung zum Überschwingen.
PI-Regelglied:
Dieses kombinierte Regelglied ist schneller als das reine I-Regelglied und regelt
ohne bleibende Regeldifferenz aus.
PID-Regelglied:
Dieses schnellste aller Regelglieder regelt ebenfalls ohne Regeldifferenz aus. Die
optimale Parametereinstellung ist oftmals sehr schwierig.
4.4 Unstetige Regelglieder
Neben den stetig arbeitenden Regelgliedern, die relativ kompliziert ausgelegt sein können, gibt es
einfache und preiswerte Konstruktionen mit unstetiger Arbeitsweise: z.B. Zweipunkt-Regelglieder.
Während die statische Kennlinie eines P-Regelglieds auf einen linearen Zusammenhang zwischen
Stellgröße und Regelgröße hindeutet, erinnert die Kennlinie eines Zweipunkt-Regelglieds eher an
eine Sprungfunktion (daher auch die Unstetigkeit). Dieses Regelglied kennt nur zwei Zustände und
wird zur Regelung einfacher Regelkreise eingesetzt (Raumtemperatur, Bügeleisentemperatur,
Toilettenspülung, etc.).
Ausgeführt als elektronisches Regelglied ergibt sich das mit einem Operationsverstärker aufgebaute
Zweipunkt-Regelglied (Komparator):
148
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 167: Komparator als Zweipunkt-Regelglied
Durch Variation der Widerstände R2 und R3 erfolgt die Sollwertvorgabe, die
Wechselspannungsquelle V3 gibt den Istwert vor. In Abhängigkeit vom Vergleich dieser beiden Werte
schaltet der Operationsverstärker durch oder eben nicht und zeigt so das typische Verhalten eines
Zweipunkt-Regelglieds. Der Widerstand R4 stellt einen Hysterese-Widerstand dar. Ein sehr kleiner
Widerstand verursacht eine starke Hysterese im Schaltvorgang. Bei sehr großem Widerstand erfolgt
der Schaltvorgang schon bei kleinsten Abweichungen vom Sollwert. Mit dem durch V3 generierten
periodischem Signal arbeitet der Komparator als Rechteckgenerator: er formt durch periodische
Umschaltvorgänge das analoge zeitkontinuierliche Signal in ein binäres Signal um (1-Bit-ADU).
Der rechte Teil von Abbildung 167 zeigt den zeitlichen Verlauf eines Schaltvorgangs (ZweipunktRegelglied ohne Hysterese), ausgelöst durch eine periodisch sich ändernde Stellgröße als
Eingangssignal.
Die folgende Abbildung zeigt einen als Zweipunkt-Regelglied geschalteten Operationsverstärker mit
(geringer) Hysterese (Widerstand R4). In Abhängigkeit von der durch Sollwert und Istwert
entstehenden Regeldifferenz schaltet der Operationsverstärker durch. Eingesetzt wurde hier ein
Operationsverstärker des Typs µA741 mit symmetrischer Versorgungsspannung.
Abbildung 168: Zweipunkt-Regler mit Hysteresewiderstand
Wird der Hysteresewiderstand sehr klein (Drahtbrücke) so ergibt sich eine sehr große
Schalthysterese; bei einem sehr großen Hysteresewiderstand (keine leitende Verbindung zwischen
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
149
dem Ausgang und dem nicht invertierenden Eingang) ergibt sich eine sehr kleine Schalthysterese
(siehe nachfolgende Abbildungen). Zu beachten ist die asymmetrische Spannungsversorgung der
Schaltung, die somit nur Schaltvorgänge im positiven Spannungsbereich zulässt. 18
Abbildung 169: Verhalten eines Komparators mit großer Schalthysterese
Abbildung 170: Verhalten eines Komparators mit geringer Schalthysterese
18
In der vorgegebenen Art und Weise arbeitet der Komparator in nicht invertierender Form. Werden die beiden Eingänge für
Sollwert und Istwert vertauscht und zusätzlich die asymmetrische Spannungsversorgung durch eine symmetrische ersetzt, so
arbeitet der Komparator invertierend.
150
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
5 Regelkreise
Bei einer Betrachtung geschlossener Regelkreise sind drei regelungstechnische Betrachtungen von
ausschlaggebender Bedeutung, um das Regelverhalten eines Regelkreises zu beurteilen:
•
•
•
Das Führungsverhalten (Führungsübertragungsfunktion GW(s))
Damit ist das dynamische Verhalten der Regelgröße x auf eine Sollwertänderung gemeint.
Das Störverhalten (Störübertragungsfunktion GZ(s))
Damit ist die dynamische Reaktion der Regelgröße x auf eine Störung (Störgröße z) gemeint.
Das Stabilitätsverhalten des Regelkreises.
Hier wird neben dem CHR-Verfahren und dem nach Ziegler/Nichols das vereinfachte NyquistKriterium behandelt. Dazu muss das Führungsverhalten (Führungsübertragungsfunktion
GW(s)) des offenen Regelkreises G0(s) betrachtet werden.
Die nachfolgende Abbildung zeigt nochmals den Wirkungsplan eines geschlossenen Regelkreises mit
einwirkender Störgröße z. Es sei darauf hingewiesen, dass eine Störgröße an unterschiedlichen
Punkten eines Regelkreises angreifen kann, es muss nicht unbedingt zwischen Regelglied und
Regelstrecke sein. Auch eine Beeinflussung am Ausgang der Regelstrecke ist möglich.
Abbildung 171: Wirkungsplan eines geschlossenen Regelkreises
5.1 Führungs- und Störübertragungsfunktionen
Setzt man die Ausgangsgröße x ins Verhältnis zur Eingangsgröße w (Führungsgröße) so ergeben sich
folgende Zusammenhänge (GR(s) und GS(s) sind die Laplace-Transformierten der Regeleinrichtung
bzw. der Regelstrecke):
𝑦𝑅 (𝑠) = [𝑀(𝑠) − π‘₯(𝑠)] 𝐺𝑅 (𝑠)
π‘₯𝑆 (𝑠) = [𝑦𝑆 (𝑠) + 𝑧(𝑠)] 𝐺𝑆 (𝑠)
Lässt man den Einfluss der Störgröße (z(s)=0) unberücksichtigt, so ergibt sich nach einfacher
algebraischer Umformung die Führungsübertragungsfunktion als Verhältnis von Ausgangsgröße x(s)
zu Eingangsgröße w(s) zu:
𝐺𝑀 (𝑠) =
𝐺𝑅 (𝑠)𝐺𝑆 (𝑠)
π‘₯(𝑠)
=
𝑀(𝑠) 1 + 𝐺𝑅 (𝑠)𝐺𝑆 (𝑠)
𝐺𝑍 (𝑠) =
𝐺𝑆 (𝑠)
π‘₯π‘Ž (𝑠)
=
𝑧(𝑠)
1 + 𝐺𝑅 (𝑠)𝐺𝑆 (𝑠)
5.1
Lässt man hingegen den Einfluss der Führungsgröße (w(s)=0) unberücksichtigt, so ergibt sich nach
ebenfalls einfacher algebraischer Umformung die Störübertragungsfunktion als Verhältnis von
Ausgangsgröße x(s) zu Eingangsgröße z(s) (in diesem Fall Störgröße) zu:
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
5.2
151
5.1.1 Rechnerische Übung zur Führungs- und Störübertragungsfunktion
Leiten Sie die beiden vorgenannten Gleichungen 5.1 und 5.2 her.
5.2 Stabilitätsbetrachtungen
Nicht jede Regelstrecke ist ideal mit jedem Regelgliedtyp kombinierbar. Um ein geeignetes Regelglied
auszuwählen, ist es daher sinnvoll, Strecke und Regelglied in ihrem Zusammenspiel gemeinsam zu
untersuchen, um eventuell auftretende Instabilitäten des gesamten Systems feststellen zu können. In
diesem Zusammenhang wird es daher um eine Betrachtung verschiedener Verfahren gehen, um
Kriterien für die Stabilität eines Regelkreises im Hinblick auf einen Entwurf des Regelglieds zu
beleuchten.19 Neben empirischen Verfahren wie das CHR-Verfahren und das nach Ziegler-Nichols,
soll auch ein mathematisches Verfahren, nämlich das vereinfachte Nyquist-Kriterium, betrachtet
werden.
5.2.1 Das CHR-Verfahren
Das Verfahren nach Chien, Hrones und Reswick, kurz CHR genannt, ist ein empirisches
Näherungsverfahren. In diesem Fall können die optimalen Regelparameter errechnet werden, wenn
die Parameter der Strecke bekannt sind. Die Parameter kS (Verstärkungsfaktor), Tu (Verzugszeit) und
Tg (Ausgleichszeit) lassen sich dabei empirisch über die Sprungantwort der Strecke ermitteln. Die
nachfolgende Tabelle (Busch) gibt einen Überblick über die optimalen Einstellungen.
Tabelle 5: Einstellungsvorgaben nach dem CHR-Verfahren
5.2.2 Das Verfahren nach Ziegler und Nichols
Sind die Streckenparameter jedoch unbekannt, bietet sich das (ebenfalls empirische) Verfahren von
Ziegler und Nichols an. Dazu wird das System zum Schwingen angeregt und zuerst lediglich der PAnteil des Reglers wirksam. Dabei ist zu beachten, dass vorhandene I- und D-Anteile eliminiert
werden ( 𝑇𝑛 = ∞ 𝑒𝑛𝑑 𝑇𝑉 = 0 ). Die Verstärkung des P-Anteils KR wird jetzt solange vergrößert, bis
der Regelkreis ungedämpfte Schwingungen ausführt, d.h. seine Stabilitätsgrenze erreicht. kR wird
dabei zu einer kritischen Größe: kR_krit . Nach Bestimmung der zugehörigen Periodendauer Tkrit lassen
sich die Regelparameter folgendermaßen bestimmen:
P-Regler:
kR = 0,5 KR_krit
19
So ist das Hurwitz-Kriterium zwar gut für eine Stabilitätsprüfung von Regelkreisen geeignet, für den Entwurf eines
Regelglieds jedoch nicht: eine Änderung der Parameter des Regelglieds spiegelt sich nicht unmittelbar im Stabilitätsverhalten
wider.
152
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
PD-Regler:
PI-Regler:
PID-Regler:
kR = 0,8 KR_krit
TV = 0,12 Tkrit
kR = 0,45 KR_krit
Tn = 0,83 Tkrit
kR = 0,6 KR_krit
Tn = 0,5 Tkrit
TV = 0,125 Tkrit
Die hier genannten Vorgaben müssen jedoch in der Regel den Gegebenheiten angepasst werden.
So ist bei einem aperiodischen Überschwingen der Regelgröße der I-Anteil zu stark und der D-Anteil
zu schwach eingestellt. In diesem Fall sind TV und Tn grösser zu wählen. Sind hingegen der I-Anteil zu
schwach und der D-Anteil zu stark eingestellt, so erfolgt eine deutlich langsame Annäherung an die
Führungsgröße: der Regelvorgang dauert zu lange. Erfolgt hingegen lediglich ein einmaliges
Überschwingen, so ist der P-Anteil zu schwach eingestellt. Hier muss lediglich der
Proportionalbeiwert kP vergrößert werden. Ist dieser Wert allerdings zu groß gewählt worden, so
wird der Regelvorgang instabil und es kann zu Schwingungen kommen.
Ideal ist das PID-Regelglied eingestellt, wenn ein Verlauf nach Abbildung 166 erfolgt: schnelle
Annäherung an den Vorgabewert und kein Überschwingen.
5.2.3 Das vereinfachte Nyquist-Kriterium
In diesem Fall wird der offene Regelkreis betrachtet; er wird daher quasi aufgeschnitten und im
Frequenzbereich betrachtet:
Abbildung 172: Wirkungsplan eines offenen Regelkreises
Der offene Regelkreis ist als eine reine Hintereinanderschaltung von zwei Regelkreisgliedern
(Regelglied und Regelstrecke) zu betrachten. Führungs- und Störgrößen werden hierbei nicht
berücksichtigt (w=0, z=0). 20 Damit ergibt sich als Übertragungsfunktion G0(π‘—πœ”) des offenen
Regelkreises für den Originalbereich (also nicht für den Bildbereich nach Laplace, da hier Frequenzen
zu betrachten sind):
𝐺0 (π‘—πœ”) = 𝐺𝑅 (π‘—πœ”) βˆ™ 𝐺𝑆 (π‘—πœ”) = −
π‘₯π‘Ž (π‘—πœ”)
π‘₯𝑒 (π‘—πœ”)
Wenn die Ausgangsgröße π‘₯π‘Ž (π‘—πœ”) exakt der Eingangsgröße π‘₯𝑒 (π‘—πœ”) entspricht, so wird eine kritische
Kreisfrequenz erreicht und der nunmehr geschlossene Regelkreis wird ungedämpfte Schwingungen
(Dauerschwingung) ausführen. Einmal angestoßen wird der Regelkreis selbsterregt schwingen. Dieses
20
Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass eine Störgröße nicht ausschließlich im Bereich zwischen Regeleinrichtung und
Regelstrecke, also vor der Regelstrecke, wirksam werden kann, sondern auch hinter der Regelstrecke, wodurch sie beim
offenen Regelkreis keinerlei Einfluss mehr hat.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
153
Verhalten ist bekannt als das eines Oszillators. Die Gegenkopplung des Regelkreises ist jetzt zu einer
Mitkopplung geworden: der Regelkreis ist instabil.
Mit Bezug zu den vorgenannten Gleichungen 5.1 und 5.2 ergeben sich dann als
Führungsübertragungsfunktion des offenen Regelkreises (Führungsfrequenzgang des offenen
Regelkreises)
𝐺𝑀 (π‘—πœ”) =
𝐺0 (π‘—πœ”)
1 + 𝐺0 (π‘—πœ”)
𝐺𝑧 (π‘—πœ”) =
𝐺𝑠 (π‘—πœ”)
1 + 𝐺0 (π‘—πœ”)
𝐺𝑧 (π‘—πœ”) =
1
1 + 𝐺0 (π‘—πœ”)
5.3
und als Störübertragungsfunktion (Störfrequenzgang) des offenen Regelkreises (Störung vor der
Regelstrecke)
bzw. als Störübertragungsfunktion (Störfrequenzgang) des offenen Regelkreises (Störung hinter der
Regelstrecke)
Dabei sind alle drei Nenner der vorganannten Frequenzgangsfunktionen identisch. Polstellen (Punkte
mit senkrechter Asymptote oder kurz Pole genannt) liegen dann vor, wenn der Nenner zu Null
gesetzt wird, wenn also gilt:
𝐺𝑅 (π‘—πœ”)𝐺𝑆 (π‘—πœ”) + 1 = 0
5.4
Der Führungsfrequenzgang des offenen Regelkreises (Gleichung 5.3) würde in diesem Fall gegen ∞
streben, da der Nenner zu Null wird! Die Gleichung 5.4 wird in der Fachliteratur als "charakteristische
Gleichung" bezeichnet. Damit ergibt sich für die Ortskurve des offenen Regelkreises qualitativ das
folgende Bild:
𝑅𝑒{𝐺0 (π‘—πœ”)} = −1
πΌπ‘š{𝐺0 (π‘—πœ”)} = 0
Abbildung 173: Stabile und instabile Ortskurve von Regelkreisen 3. Ordnung
154
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Dieser Koordinatenpunkt wird als kritischer Punkt oder als Nyquist-Punkt bezeichnet und macht eine
Aussage über die Stabilität des Regelkreises. 21 Das gilt allerdings nur, wenn das Nyquist-Kriterium in
vereinfachter Form angewendet werden kann. Das bedeutet, dass die charakteristische Gleichung
der Übertragungsfunktion 𝐺0 (π‘—πœ”) des offenen Regelkreises ausschließlich Nullstellen mit negativem
Realteil und höchstens zwei Nullstellen mit einem Realteil von Null besitzt.
-
Die Ortskurve verläuft rechts des Nyquist-Punktes: der Regelkreis ist stabil.
Die Ortskurve verläuft durch den Nyquist-Punkt: der Regelkreis arbeitet an der Stabilitätsgrenze.
Die Ortskurve verläuft links des Nyquist-Punktes: der Regelkreis ist instabil.
5.2.4 Pole und Nullstellen
Wie schon in Kapitel 3.1.4 angedeutet, spielen Pole und Nullstellen bei einer Betrachtung linearer
zeitinvarianter Systeme hinsichtlich ihrer Stabilität eine entscheidende Rolle. So ist bspw. die dort
genannte Funktion
𝐺(𝑠) =
1
𝑠
von ausschlaggebender Bedeutung (siehe die vorhergehenden Kapitel). Sie besitzt eine
Unendlichkeitsstelle, allgemein als Polstelle oder auch als Pol bezeichnet. Die Lage der Pole in der sEbene bestimmt die Stabilität eines Übertragungssystems.
•
•
•
Liegen sämtliche Pole in der linken s-Halbebene, so handelt es sich um ein stabil arbeitendes
Übertragungssystem (Asymptotische Stabilität).
Liegt kein Pol in der rechten s-Halbebene, so spricht man von Grenzstabilität. Das ist auch
dann der Fall, wenn ein einfacher, jedoch kein mehrfacher Pol, auf der π‘—πœ”-Achse liegt.
Befindet sich mindestens ein Pol in der rechten s-Halbebene, so liegt Instabilität vor. Bei
einem mehrfachen Pol auf der π‘—πœ”-Achse liegt ebenfalls ein instabiles System vor.
Mit Bezug zu Kapitel 4.2.3 soll ein nicht schwingfähiges Übertragungssystem mit zwei
unterschiedlichen Zeitkonstanten 𝑇1 = 0,1𝑠 und 𝑇2 = 0,4𝑠 betrachtet werden. Mit π‘˜π‘ƒπ‘† = 1 folgt als
Übertragungsfunktion:
𝐺(𝑠) =
1
π‘₯π‘Ž (𝑠)
=
π‘₯𝑒 (𝑠) (1 + 𝑠 𝑇1 )(1 + 𝑠 𝑇2 )
Eine Umformung der Zeitkonstanten-Darstellung in die Pole-Nullstellen-Darstellung ergibt:
𝐺(𝑠) =
1
(0,1 βˆ™ 𝑠 + 1)(0,4 βˆ™ 𝑠 + 1)
𝐺(𝑠) =
25
(𝑠 + 10)(𝑠 + 2,5)
Diese Übertragungsfunktion hat zwei Pole: bei 𝑠1 = −10 und bei 𝑠2 = −2,5. Dabei existieren keine
imaginären Anteile. Da beide Pole in der linken s-Halbebene liegen, handelt es sich um ein stabil
arbeitendes Übertragungssystem und es liegt eine asymptotische Stabilität vor.
21
In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass es sich nicht mehr um die Betrachtung eines einzelnen Regelkreisglieds
handelt, sondern um eine Hintereinanderschaltung von zwei Regelkreisgliedern mit entsprechenden Charakteristika.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
155
Betrachtet man dagegen ein schwingfähiges Übertragungssystem (siehe Kapitel 4.2.4), so werden
sich konjugiert komplexe Pole, die einen realen Anteil und einen imaginären Anteil enthalten,
ergeben. Diese Pole werden als Polpaare bezeichnet. Das wäre bspw. bei einer abklingenden
Schwingung der Fall, wenn 𝐷 > 1 vorliegt. In diesem Fall würde ein Polpaar in der linken s-Ebene
auftauchen und so Stabilität signalisieren.
Für 𝐷 = 0 ergibt sich bspw. eine Zeitkonstante von 𝑇1 = 0 (siehe Gleichung 4.22). Damit wird 𝑠1 = 0
und man erhält einen Pol im Ursprung. Dieser einfache Pol liegt dann auf der π‘—πœ”-Achse und
bedeutet, dass Grenzstabilität vorliegt.
Mit 𝐷 < 1 würden sich konjugiert komplexe Pole in der rechten s-Halbebene finden, was wiederum
auf ein instabiles Übertragungssystem hindeuten würde.
Oft taucht beim Aufstellen einer Übertragungsfunktion neben dem Nennerpolynom 𝑁(𝑠) zusätzlich
ein Zählerpolynom 𝑍(𝑠) auf:
𝐺(𝑠) =
π‘₯π‘Ž 𝑍(𝑠)
=
π‘₯𝑒 𝑁(𝑠)
Neben den Polstellen ist dabei die Lage der Nullstellen eines Übertragungssystems kennzeichnend
für sein Zeitverhalten. Während man die Polstellen durch Nullsetzen des Nennerpolynoms erhält, so
ergeben sich die Nullstellen durch Nullsetzen des Zählerpolynoms. So ergibt sich für das folgende
Beispiel
𝐺(𝑠) =
(𝑠 + 3)
(𝑠 2 + 4)
Das folgende Pole-Nullstellen-Diagramm. Die Lage der Pole ist durch jeweils ein Kreuz und die Lage
der Nullstelle durch einen Kreis dargestellt.
Abbildung 174: Pole-Nullstellen-Diagramm
Hierbei erhält man eine Nullstelle bei 𝑠 = −3 und zwei Pole bei 𝑠 = 𝑗2 und 𝑠 = −𝑗2. Hierbei handelt
es sich um die Darstellung eines instabilen Systems, da ein mehrfacher Pol auf der π‘—πœ”-Achse vorliegt.
Bei einer Auslegung von Regelkreisen kann das angestrebte Verhalten des Kreises oftmals durch die
folgende Vorgehensweise erreicht werden:
156
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
•
•
Die Nullstellen der Regeleinrichtung werden auf die Pole der Strecke gelegt.
Die Pole der geregelten Strecke werden auf die Nullstellen der ungeregelten Strecke gelegt.
Dieses Vorgehen wird in der Fachliteratur oft unter dem Begriff der Pol-Nullstellen-Kompensation
zusammengefasst. Es stellt ein probates Verfahren dar, um Regelkreise mit einem gewünschten
Verhalten zu entwerfen. So lässt sich bspw. ein Regelglied mittels Polvorgabe auslegen.
Ohne des Weiteren auf einen Nachweis eingehen zu wollen, folgen an dieser Stelle einige Aussagen
im Zusammenhang mit Pole-Nullstellen-Diagrammen:
•
•
•
Liegt ein Pol nahe am Ursprung, so hat er eine sehr große Zeitkonstante
Ein negativer Pol, der direkt auf einer Nullstelle liegt, führt zu einer Nullstellenkompensation,
d.h. Pol und Nullstelle heben sich in ihrer Wirkung weitgehend auf.
Pole in der rechten s-Halbebene eines offenen Regelkreises lassen sich nicht durch positive
Nullstellen kompensiert (Instabilität).
5.3 P-Regelglied mit PT1-Strecke
Die nachfolgende Abbildung zeigt den Wirkungsplan einer PT1-Strecke, die mit einem reinen PRegelglied betrieben wird.
Abbildung 175: Wirkungsplan P-Regelglied mit PT1-Strecke
Die Übertragungsfunktion der PT1-Strecke lautet:
𝐺𝑆 (𝑠) =
π‘˜π‘ƒπ‘†
π‘₯(𝑠)
=
𝑦𝑆 (𝑠) 1 + 𝑠 𝑇1
Die Übertragungsfunktion des P-Regelglieds lautet:
𝐺𝑅 (𝑠) =
𝑦𝑅 (𝑠)
= π‘˜π‘ƒπ‘…
𝑒(𝑠)
Unter Berücksichtigung von Gleichung 5.1 ergibt sich schließlich als Führungsübertragungsfunktion:
𝐺𝑀 (𝑠) =
𝐺𝑅 (𝑠)𝐺𝑆 (𝑠)
π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘†
π‘₯(𝑠)
=
=
𝑀(𝑠) 1 + 𝐺𝑅 (𝑠)𝐺𝑆 (𝑠) 1 + π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘† + 𝑠𝑇1
Betrachtet man jetzt einen Sollwertsprung mit der Amplitude w0 im Bildbereich
𝑀(𝑠) =
1
βˆ™π‘€
𝑠 0
so folgt nach Umformung nach x(s) und anschließender Rücktransformation in den Zeitbereich:
π‘₯(𝑑) =
𝑑
π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘†
οΏ½1 − 𝑒 −𝑇 οΏ½ βˆ™ 𝑀0
1 + π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘†
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
157
T stellt hier die Zeitkonstante des Gesamtsystems dar: 𝑇 =
Regelkreises sieht folgendermaßen aus:
𝑇1
οΏ½1 + π‘˜ π‘˜ . Die Sprungantwort des
𝑃𝑅 𝑃𝑆
Abbildung 176: P-Regelglied mit PT1-Strecke, Führungssprungantwort
Wie aus der o.g. Abbildung zu entnehmen ist ergibt sich für die bleibende Regelabweichung 𝑒(∞):
𝑒(∞) =
1
βˆ™π‘€
1 + π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘† 0
5.5
Hierbei ist zu erkennen, dass die bleibende Regelabweichung durch Vergrößern von KPR verringert
werden kann, jedoch sind damit auch Nachteile verbunden: so erfolgt bei Strecken 2. Ordnung eine
Verringerung der Dämpfung und bei Strecken noch höherer Ordnung letztlich eine Instabilität des
gesamten Regelkreises.
Die zugehörige Schaltung, die genau dieses Verhalten wiedergibt, ist in der nächsten Abbildung durch
QUCS dargestellt. Setzt man die zugehörigen Werte in Formel 5.5 ein, so ergibt sich für die bleibende
Regelabweichung:
𝑒(∞) =
1
βˆ™ 4𝑉 = 1,33𝑉
1+2βˆ™1
Dementsprechend konvergiert die Führungssprungantwort gegen einen Wert von:
2βˆ™1
π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘†
βˆ™ 𝑀0 =
βˆ™ 4𝑉 = 2,67𝑉
1 + π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘†
1+2βˆ™1
158
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 177: P-Regelglied mit PT1-Strecke, Regelkreis mit Führungsgröße
Die zu diesen Regelkreis gehörende Störübertragungsfunktion ergibt sich nach Gleichung 5.2 zu:
𝐺𝑧 (𝑠) =
𝐺𝑆 (𝑠)
π‘˜π‘ƒπ‘†
π‘₯(𝑠)
=
=
𝑧(𝑠) 1 + 𝐺𝑅 (𝑠)𝐺𝑆 (𝑠) 1 + π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘† + 𝑠𝑇1
Betrachtet man jetzt einen Störsprung mit der Amplitude z0 im Bildbereich
𝑧(𝑠) =
1
βˆ™π‘§
𝑠 0
so folgt nach Umformung nach x(s) und anschließender Rücktransformation in den Zeitbereich:
π‘₯(𝑑) =
𝑑
π‘˜π‘ƒπ‘†
οΏ½1 − 𝑒 −𝑇 οΏ½ βˆ™ 𝑧0
1 + π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘†
𝑇1
οΏ½(1 + π‘˜ π‘˜ ) . Die
𝑃𝑅 𝑃𝑆
Störsprungantwort des Regelkreises sieht nach Beaufschlagung mit einem Führungssprung
folgendermaßen aus:
T stellt hier die Zeitkonstante des Gesamtsystems dar:
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
𝑇=
159
Abbildung 178: P-Regelglied mit PT1-Strecke, Führungssprung- und Störsprungantwort
Die Antwort der Regelstrecke liefert zwei Konvergenzwerte. Der erste Konvergenzwert als Antwort
auf den Führungssprung ist oben schon bestimmt worden. Der zweite Konvergenzwert als Antwort
auf den Störsprung ergibt als Differenz der beiden Konvergenzwerte:
π‘˜π‘ƒπ‘†
1
1
=
=
1 + π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘† 1 + 2 βˆ™ 1 3
Dieser Wert bezieht sich auf die Amplitude des Störsprungs und ergibt daher 0,67 V.
Die nachfolgende Abbildung zeigt den Aufbau mit Operationsverstärkern. Der Störsprung wird hier
über einen invertierenden Summierer (OP1) mit nachgeschaltetem Inverter (OP2) auf die Strecke
(OP3) gegeben; der Führungssprung wird als Differenz von Führungsgröße und Regelgröße, also als
Regeldifferenz (OP4) dem P-Regler (OP5) zugeführt.
Die durch die Störgröße bedingte bleibende Regeldifferenz kann zwar wieder durch Vergrößern von
KPR verringert werden, lässt sich jedoch nicht vollständig beseitigen.
160
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 179: P-Regelglied mit PT1-Strecke, Regelkreis mit Stör- und Führungsgröße
5.3.1 Rechnerische Übung zum vereinfachten Nyquist-Kriterium
Ein Regelkreis mit drei hintereinanderliegenden PT1-Strecken soll mit einem P-Regelglied betrieben
werden. Wie groß darf der Reglerbeiwert kPR höchstens werden, damit der Regelkreis die
Stabilitätsgrenze nicht überschreitet?
5.3.2 Stabilitätsbetrachtung für einen P-PT1-Regelkreis
Führen Sie eine Stabilitätsbetrachtung mit Hilfe des vereinfachten Nyquist-Kriteriums durch und
entscheiden Sie über die Stabilität dieses Regelkreises.
5.3.3 Pole und Nullstellen eines P-PT1-Regelkreises
Erstellen Sie eine Pol-Nullstellenverteilung des geschlossenen Regelkreises dar und machen Sie eine
Aussage über die Stabilität des Kreises.
5.4 I-Regelglied mit PT1-Strecke
Die nachfolgende Abbildung zeigt den Wirkungsplan einer PT1-Strecke, die mit einem reinen IRegelglied betrieben wird.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
161
Abbildung 180: Wirkungsplan I-Regelglied mit PT1-Strecke
Die bekannte Übertragungsfunktion der PT1-Strecke lautet:
𝐺𝑆 (𝑠) =
π‘˜π‘ƒπ‘†
π‘₯(𝑠)
=
𝑦(𝑠) 1 + 𝑠 𝑇1
Die bekannte Übertragungsfunktion des I-Regelglieds lautet:
𝐺𝑅 (𝑠) =
𝑦𝑅 (𝑠) π‘˜πΌπ‘…
=
𝑠
𝑒(𝑠)
Es ergibt sich schließlich als Führungsübertragungsfunktion:
𝐺𝑀 (𝑠) =
𝐺𝑅 (𝑠)𝐺𝑆 (𝑠)
π‘˜πΌπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘†
π‘₯(𝑠)
=
= 2
𝑀(𝑠) 1 + 𝐺𝑅 (𝑠)𝐺𝑆 (𝑠) 𝑠 𝑇1 + 𝑠 + π‘˜πΌπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘†
Unter Berücksichtigung der Zusammenhänge
𝛼=
π‘˜πΌπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘†
1
𝑒𝑛𝑑 𝛽 2 =
𝑇1
2𝑇1
ergibt sich als Führungsübertragungsfunktion:
𝐺𝑀 (𝑠) =
𝛽2
π‘₯(𝑠)
= 2
𝑀(𝑠) 𝛽 + 𝑠2𝛼 + 𝑠 2
Hierbei ergibt sich die Dämpfung des Systems als ein Maß seiner Dynamik zu:
𝐷=
𝛼
1
=
𝛽 2οΏ½π‘˜πΌπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘† 𝑇1
Durch eine Vergrößerung von kIR wird die Dämpfung verringert; der Zustand D<1 führt zu
gedämpften Schwingungen.
Das I-Regelglied regelt den Sprung einer Führungs- bzw. einer Störgröße vollständig, d.h. ohne
bleibende Regelabweichung aus. Bei Annahme eines Führungssprungs ergibt sich mit
sofort
𝑀(𝑠) =
1
βˆ™π‘€
𝑠 0
π‘₯(𝑠) = 𝐺𝑀 (𝑠) βˆ™ 𝑀(𝑠) = 𝐺𝑀 (𝑠) βˆ™
Das führt zum stationären Endzustand der Regelgröße x zu:
162
𝑀0
𝑠
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
π‘₯(∞) = lim π‘₯(𝑑) = lim 𝑠 βˆ™ π‘₯(𝑠) = 𝑀0 βˆ™ lim 𝐺𝑀 (𝑠)
𝑑→∞
𝑠→0
𝑠→0
Damit ergibt sich π‘₯(∞) = 𝑀0 und das bedeutet, dass die Regeldifferenz e null ist.
Mit einer ähnlichen Rechnung zur Bestimmung der Störübertragungsfunktion lässt sich zeigen, dass
auch in diesem Fall der Einfluss der Störgröße komplett beseitigt wird. Bei I-Regeleinrichtungen
taucht lediglich eine kleine Regeldifferenz auf, die jedoch vollständig ausgeglichen wird. Zu erwähnen
bleibt aber die mit sinkender Dämpfung (größeres kIR) ansteigende Schwingneigung des Systems.
5.4.1 Rechnerische Übung zur Störübertragungsfunktion
Zeigen Sie durch Überprüfung der Störübertragungsfunktion, dass der Einfluss der Störgröße bei
einer PT1-Strecke mit I-Regelglied, komplett beseitigt wird.
5.4.2 Stabilitätsbetrachtung für einen I-PT1-Regelkreis
Führen Sie eine Stabilitätsbetrachtung mit Hilfe des vereinfachten Nyquist-Kriteriums durch und
entscheiden Sie über die Stabilität dieses Regelkreises.
5.4.3 Pole und Nullstellen eines I-PT1-Regelkreises
Erstellen Sie eine Pol-Nullstellenverteilung des geschlossenen Regelkreises dar und machen Sie eine
Aussage über die Stabilität des Kreises.
5.5 PI-Regelglied mit PT1-Strecke
Die nachfolgende Abbildung zeigt den Wirkungsplan einer PT1-Strecke, die mit einem PI-Regelglied
betrieben wird.
Abbildung 181: Wirkungsplan PI-Regelglied mit PT1-Strecke
Die bekannte Übertragungsfunktion der PT1-Strecke lautet:
𝐺𝑆 (𝑠) =
π‘˜π‘ƒπ‘†
π‘₯(𝑠)
=
𝑦(𝑠) 1 + 𝑠 𝑇1
Die bekannte Übertragungsfunktion des PI-Regelglieds lautet:
𝐺𝑅 (𝑠) =
1 + 𝑠𝑇𝑛
𝑦𝑅 (𝑠)
= π‘˜π‘ƒπ‘…
𝑠𝑇𝑛
𝑒(𝑠)
Mit Tn=T1 ergibt sich die Führungsübertragungsfunktion:
𝐺𝑀 (𝑠) =
𝐺𝑅 (𝑠)𝐺𝑆 (𝑠)
π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘† (1 + 𝑠𝑇1 )
π‘₯(𝑠)
=
=
𝑀(𝑠) 1 + 𝐺𝑅 (𝑠)𝐺𝑆 (𝑠) (1 + 𝑠𝑇1 )(π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘† + 𝑠𝑇1 )
Diese Übertragungsfunktion lässt sich von der 2. Ordnung durch Kürzen auf die 1. Ordnung
reduzieren und ergibt schließlich:
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
163
𝐺𝑀 (𝑠) =
π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘†
π‘₯(𝑠)
=
𝑀(𝑠) π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘† + 𝑠𝑇1
Für 𝑇𝑛 ≠ 𝑇1 ergibt sich die Dämpfung des Regelkreises zu 𝐷 = 𝛼�𝛽 mit folgenden Werten:
𝛼=
1 + π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘†
π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜π‘ƒπ‘† 𝑇1
𝑒𝑛𝑑 𝛽 2 =
2
𝑇𝑛
Bei Annahme eines Führungssprungs ergibt sich mit
𝑀(𝑠) =
sofort
1
βˆ™π‘€
𝑠 0
π‘₯(𝑠) = 𝐺𝑀 (𝑠) βˆ™ 𝑀(𝑠) = 𝐺𝑀 (𝑠) βˆ™
Das führt zum stationären Endzustand der Regelgröße x:
𝑀0
𝑠
π‘₯(∞) = lim π‘₯(𝑑) = lim 𝑠 βˆ™ π‘₯(𝑠) = 𝑀0 βˆ™ lim 𝐺𝑀 (𝑠)
𝑑→∞
𝑠→0
𝑠→0
Damit ergibt sich π‘₯(∞) = 𝑀0 und das bedeutet, dass die Regeldifferenz e null ist, und zwar
unabhängig vom jeweils gewählten Tn.
5.5.1 Rechnerische Übung zur Störübertragungsfunktion
Ermitteln Sie die Störübertragungsfunktion des Regelkreises (PT1-Strecke mit PI-Regelglied).
5.5.2 Stabilitätsbetrachtung für einen PI-PT1-Regelkreis
Führen Sie eine Stabilitätsbetrachtung mit Hilfe des vereinfachten Nyquist-Kriteriums durch und
entscheiden Sie über die Stabilität dieses Regelkreises.
5.5.3 Pole und Nullstellen eines PI-PT1-Regelkreises
Erstellen Sie eine Pol-Nullstellenverteilung des geschlossenen Regelkreises dar und machen Sie eine
Aussage über die Stabilität des Kreises.
5.6 P-Regelglied mit I-Strecke
Die nachfolgende Abbildung zeigt den Wirkungsplan einer I-Strecke, die mit einem reinen PRegelglied betrieben wird.
Abbildung 182: Wirkungsplan P-Regelglied mit I-Strecke
Grundlage zur Ermittlung des Führungsverhaltens des P-Regelglieds zur Regelung einer I-Strecke ist
die entsprechende Führungsübertragungsfunktion, deren Laplace-Transformierte hier betrachtet
wird. Bezogen auf das o.g. Blockschaltbild des Regelkreises ergibt sich:
164
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
𝐺𝑀 (𝑠) =
𝐺𝑅 (𝑠)𝐺𝑆 (𝑠)
π‘₯(𝑠)
=
𝑀(𝑠) 1 + 𝐺𝑅 (𝑠)𝐺𝑆 (𝑠)
Die Übertragungsfunktion des P-Regelglieds GR(s), bzw. der I-Regelstrecke GS(s) lauten:
𝐺𝑅 (𝑠) =
bzw.
π‘˜π‘ƒπ‘…
1 + π‘˜π‘ƒπ‘…
𝐺𝑆 (𝑠) =
π‘˜πΌπ‘†
𝑠
π‘˜πΌπ‘†
𝑠
Für die Führungsübertragungsfunktion ergibt sich somit:
𝐺𝑀 (𝑠) =
π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜πΌπ‘†
𝑠 + π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜πΌπ‘†
Um den zeitlichen Verlauf der Regelgröße x(t) auf eine Sollwertänderung zu beschreiben, soll eine
Sprungfunktion betrachtet werden. In diesem Fall soll sich die Führungsgröße sprunghaft ändern,
was jedoch an der Anlage der Füllstandregelung aus konstruktionsbedingten Gründen nicht möglich
ist. Die folgende Betrachtung kann daher nur theoretischen Charakter haben und sei der
Vollständigkeit halber erwähnt. So gilt für eine sprunghafte Änderung der Führungsgröße
𝑀(𝑑) = 𝑀0 𝜎(𝑑)
mit 0 für t < 0 und w0 für t > 0, wobei w(s) die Laplace-Transformierte des Führungssprunges ist:
𝑀(𝑠) =
𝑀0
𝑠
Die Führungsanstiegsantwort x(s) des Regelkreises lässt sich jetzt wie folgt ermitteln:
oder
Mit π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜πΌπ‘† = 𝛼 ergibt sich:
π‘₯(𝑠) = 𝑀(𝑠) 𝐺𝑀 (𝑠)
π‘₯(𝑠) =
π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜πΌπ‘†
𝑀0
βˆ™
𝑠 𝑠 + π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜πΌπ‘†
π‘₯(𝑠) = 𝑀0 𝛼
1
𝑠(𝑠 + 𝛼)
wobei sich der stationäre Endzustand x(∞) der Regelgröße x mittels des Grenzwertsatzes der LaplaceTransformation für eine Sprungfunktion ermitteln lässt mit:
lim π‘₯(𝑑) = lim 𝑠 π‘₯(𝑠)
𝑑→∞
𝑠→0
π‘₯(∞) = lim π‘₯(𝑑) = 𝑀0
𝑑→∞
Die bleibende Regeldifferenz xd(∞) = w0 - x(∞) ergibt Null und verschwindet daher.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
165
Gemäß Korrespondenztabelle gilt jetzt für die Lösung der Laplace-Transformierten
Führungsanstiegsantwort x(s) des Regelkreises der folgende Zusammenhang:
1
1
→ (1 − 𝑒 −𝛼𝑑 )
𝑠(𝑠 + 𝛼) 𝛼
Nach Rücktransformation ergibt sich die Führungsanstiegsfunktion x(t) des Regelkreises zu:
π‘₯(𝑑) = 𝑀0 οΏ½1 − 𝑒 π‘˜π‘ƒπ‘…π‘˜πΌπ‘†π‘‘ οΏ½
5.6.1 Rechnerische Übung zur Störübertragungsfunktion
Ermitteln Sie die Störübertragungsfunktion des Regelkreises (I-Strecke mit P-Regelglied).
5.6.2 Stabilitätsbetrachtung für einen P-I-Regelkreis
Führen Sie eine Stabilitätsbetrachtung mit Hilfe des vereinfachten Nyquist-Kriteriums durch und
entscheiden Sie über die Stabilität dieses Regelkreises.
5.6.3 Pole und Nullstellen eines P-I-Regelkreises
Erstellen Sie eine Pol-Nullstellenverteilung des geschlossenen Regelkreises dar und machen Sie eine
Aussage über die Stabilität des Kreises.
5.7 I-Regelglied mit I-Strecke
Die nachfolgende Abbildung zeigt den Wirkungsplan einer I-Strecke, die mit einem reinen IRegelglied betrieben wird.
Abbildung 183: Wirkungsplan I-Regelglieds mit I-Strecke
Grundlage zur Ermittlung des Führungsverhaltens des I-Regelglieds zur Regelung einer I-Strecke ist
die entsprechende Führungsübertragungsfunktion, deren Laplace-Transformierte hier betrachtet
wird. Bezogen auf das o.g. Blockschaltbild des Regelkreises ergeben sich folgende Relationen:
𝐺𝑅 (𝑠) =
𝑦𝑅 (𝑠) π‘˜πΌπ‘…
π‘₯(𝑠) π‘˜πΌπ‘†
=
𝑒𝑛𝑑 𝐺𝑆 (𝑠) =
=
𝑠
𝑠
𝑒(𝑠)
𝑦(𝑠)
Eingesetzt in die allgemeine Formulierung der Führungsübertragungsfunktion ergibt sich:
𝐺𝑀 (𝑠) =
Ersetzt man 𝛽 2 = π‘˜πΌπ‘… π‘˜πΌπ‘† so ergibt sich:
166
π‘˜πΌπ‘… π‘˜πΌπ‘†
π‘₯(𝑠)
= 2
𝑀(𝑠) 𝑠 + π‘˜πΌπ‘… π‘˜πΌπ‘†
𝐺𝑀 (𝑠) =
𝛽2
𝑠 2 + 𝛽2
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Das aber bedeutet, dass die Dämpfung D des Systems zu null wird, weil der die Dämpfung
mitbestimmende Faktor α fehlt. Lässt man die bekannte Sprungfunktion für einen Führungssprung
wirken, so ergibt sich
π‘₯(𝑠) = 𝛽 2
𝑠(𝑠 2
1
𝑀
+ 𝛽2) 0
Die Rücktransformation mit Hilfe der Korrespondenztabelle in den Realbereich (α=0) ergibt:
π‘₯(𝑑) = (1 − cos 𝛽𝑑) βˆ™ 𝑀0
Die Interpretation dieser Aussage liefert eine Dauerschwingung um den Mittelwert w0 mit der
Kreisfrequenz des ungedämpften Systems. Da keine Dämpfung vorhanden ist, können sich solche
Systeme aufschaukeln. Eine ähnliche Rechnung ließe sich auch bezogen auf eine sprunghafte
Änderung der Störgröße durchführen und würde zum gleichen Ergebnis führen.
Fazit: Eine I-Regeleinrichtung ist zur Regelung einer I-Strecke denkbar ungeeignet.
5.7.1 Rechnerische Übung zur Störübertragungsfunktion
Ermitteln Sie die Störübertragungsfunktion des Regelkreises (I-Strecke mit I-Regelglied).
5.7.2 Stabilitätsbetrachtung für einen I-I-Regelkreis
Führen Sie eine Stabilitätsbetrachtung mit Hilfe des vereinfachten Nyquist-Kriteriums durch und
entscheiden Sie über die Stabilität dieses Regelkreises.
5.7.3 Pole und Nullstellen eines I-I-Regelkreises
Erstellen Sie eine Pol-Nullstellenverteilung des geschlossenen Regelkreises dar und machen Sie eine
Aussage über die Stabilität des Kreises.
5.8 PI-Regelglied mit I-Strecke
Die nachfolgende Abbildung zeigt den Wirkungsplan einer I-Strecke, die mit einem PI-Regelglied
betrieben wird.
Abbildung 184: Wirkungsplan PI-Regelglied mit I-Strecke
Die Laplace-Transformierten der Übertragungsfunktionen eines PI-Regelglieds GR(s) bzw. der IStrecke GS(s) lauten:
𝐺𝑅 (𝑠) = π‘˜π‘ƒπ‘… οΏ½1 +
1
π‘˜πΌπ‘†
οΏ½ 𝑏𝑧𝑀. 𝐺𝑆 (𝑠) =
𝑠
𝑠𝑇𝑛
wobei die Zeitkonstante Tn = KPR/KIR die Nachstellzeit und KIR den Integrierbeiwert des Regelglieds
bedeuten.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
167
Eingesetzt in die
Zusammenhängen
Führungsübertragungsfunktion Gw(s)
𝛼=
ergibt
sich mit
den folgenden
π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜πΌπ‘†
2
π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜πΌπ‘†
𝛽=οΏ½
= οΏ½π‘˜πΌπ‘† π‘˜πΌπ‘…
𝑇𝑛
𝐺𝑀 (𝑠) =
Die Dämpfung D des Systems ergibt sich zu:
𝐷=
𝛽 2 + 𝑠2𝛼
𝛽 2 + 𝑠2𝛼 + 𝑠 2
𝛼
1
π‘œπ‘‘π‘’π‘Ÿ 𝐷(𝑇𝑛 ) = οΏ½π‘˜π‘ƒπ‘… π‘˜πΌπ‘† 𝑇𝑛
𝛽
2
5.8.1 Rechnerische Übung zur Störübertragungsfunktion
Ermitteln Sie die Störübertragungsfunktion des Regelkreises (I-Strecke mit PI-Regelglied).
5.8.2 Stabilitätsbetrachtung für einen PI-I-Regelkreis
Führen Sie eine Stabilitätsbetrachtung mit Hilfe des vereinfachten Nyquist-Kriteriums durch und
entscheiden Sie über die Stabilität dieses Regelkreises.
5.8.3 Pole und Nullstellen eines PI-I-Regelkreises
Erstellen Sie eine Pol-Nullstellenverteilung des geschlossenen Regelkreises dar und machen Sie eine
Aussage über die Stabilität des Kreises.
5.9 PID-Regelglied mit PT2-Strecke
Die nachfolgende Abbildung zeigt den Wirkungsplan einer PT2-Strecke, die mit einem PID-Regelglied
betrieben wird.
Abbildung 185: Wirkungsplan PID-Regelglied mit PT2-Strecke
Die Laplace-Transformierten der Übertragungsfunktionen eines PID-Regelglieds GR(s) bzw. einer PT2Strecke GS(s) lauten (hierbei ist zu berücksichtigen, dass bei der algebraischen Umformung die
Ersatzzeitkonstanten Ta, Tb, Tc, und Td gewählt wurden, um die Rechenausdrücke zu vereinfachen):
𝐺𝑅 (𝑠) =
168
(1 + 𝑠 π‘‡π‘Ž )(1 + 𝑠 𝑇𝑏 )
1 + 𝑠𝑇𝑛 + 𝑠 2 𝑇𝑛 𝑇𝑉
𝑦𝑅 (𝑠)
= π‘˜π‘ƒπ‘…
= π‘˜π‘ƒπ‘…
𝑠𝑇𝑛
𝑒(𝑠)
π‘ π‘‡π‘Ž
𝐺(𝑠) =
𝑠 2 𝑇22
π‘˜π‘ƒπ‘†
π‘˜π‘ƒπ‘†
=
+ 𝑠𝑇1 + 1 (1 + 𝑠 𝑇𝑐 )(1 + 𝑠 𝑇𝑑 )
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Unter Berücksichtigung des im vorhergehenden Kapitel erläuterten Zusammenhängen für
geschlossene Regelkreise ergibt sich schließlich als Führungsübertragungsfunktion:
𝐺𝑀 (𝑠) =
𝐺𝑅 (𝑠)𝐺𝑆 (𝑠)
1
π‘₯(𝑠)
=
=
𝑀(𝑠) 1 + 𝐺𝑅 (𝑠)𝐺𝑆 (𝑠) 1 + 𝑠 βˆ™ 𝐢
In diesem Fall ist C eine Größe, welche den Zusammenhang berücksichtigt, dass die größten
Ersatzzeitkonstanten zusammengefasst wurden: Ta=Tc und Tb=Td. Eine ausführliche mathematische
Betrachtung würde den Rahmen dieses Lehrbuchs sprengen. Bezogen auf das Führungsverhalten sei
an dieser Stelle jedoch erwähnt, dass unter Berücksichtigung des Grenzwertsatzes ein
Führungssprung zu keiner bleibenden Regelabweichung führt:
π‘₯(∞) = lim π‘₯(𝑑) = lim 𝑠 βˆ™ π‘₯(𝑠) = 𝑀0 βˆ™ lim 𝐺𝑀 (𝑠)
𝑑→∞
𝑠→0
𝑠→0
Damit ergibt sich π‘₯(∞) = 𝑀0 und das bedeutet, dass die Regeldifferenz e in der Tat Null ist.
Auf eine Behandlung der Störverhaltens (Störübertragungsfunktion) wird an dieser Stelle aus o.g.
Gründen ebenfalls verzichtet. Es lässt sich zusammenfassend sagen, dass eine PID-Regeleinrichtung
zur Regelung einer PT2-Strecke hervorragend geeignet ist. Durch den vorhandenen I-Anteil ergibt sich
sowohl im Führungs- als auch im Störverhalten eine vorübergehende und daher nicht bleibende
Regelabweichung. Problematisch bleibt aber die Optimierung der Einstellung der Regelparameter kPR,
Tn und Tv in Abhängigkeit vom Streckenverhalten (kPS, T1, T2).
5.9.1 Stabilitätsbetrachtung für einen PID-PT2-Regelkreis
Führen Sie eine Stabilitätsbetrachtung mit Hilfe des vereinfachten Nyquist-Kriteriums durch und
entscheiden Sie über die Stabilität dieses Regelkreises.
5.9.2 Pole und Nullstellen eines PID-PT2-Regelkreis
Erstellen Sie eine Pol-Nullstellenverteilung des geschlossenen Regelkreises dar und machen Sie eine
Aussage über die Stabilität des Kreises.
5.9.3 Stabilitätsbetrachtung für einen PID-PT3-Regelkreis
Führen Sie eine Stabilitätsbetrachtung mit Hilfe des vereinfachten Nyquist-Kriteriums durch und
entscheiden Sie über die Stabilität dieses Regelkreises.
5.10 Zweipunkt-Regelglied mit PT1-Strecke
Die nachfolgende Abbildung zeigt den Wirkungsplan einer PT1-Strecke, die mit einem 2-PunktRegelglied mit Hystereseverhalten betrieben wird.
Abbildung 186: Wirkungsplan Zweipunkt-Regelglied mit PT1-Strecke
Betrachtet werden soll der Einfachheit halber die Temperaturregelung über ein Bimetall an einem
Bügeleisen. Der Einfachheit halber wird eine Regelstrecke mit PT1-Verhalten angenommen. Die
Energiezufuhr wird über ein Schaltrelais vorgenommen. Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht
diesen Zusammenhang und zeigt die zeitlichen Abhängigkeiten von Regelgröße x und Stellgröße y.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
169
Abbildung 187: Zusammenhang zwischen Regelgröße und Stellgröße
Die beiden nachfolgenden Abbildungen zeigen, dass weder eine Verringerung der Schaltdifferenz xsd
noch eine Verkleinerung der Zeitkonstanten Ts zu einer Verlängerung der Lebensdauer eines solchen
Reglers führen: die Schaltfrequenz steigt in beiden Fällen.
Abbildung 188: Verringerung der Schaltdifferenz beim 2-Punkt-Regler
170
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 189: Verringerung der Zeitkonstanten beim 2-Punkt-Regler
Bei näherer Betrachtung dieser Zusammenhänge ergeben sich aus dem zeitabhängigen Verlauf der
Regelgröße x
Abbildung 190: Zeitabhängiger Verlauf der Regelgröße x
die beiden folgenden stark vereinfachten Sichtweisen:
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
171
Abbildung 191: : Vereinfachte Darstellung der Regelgröße x
Abbildung 192: Herleitung der Zeitkonstanten mittels Strahlensatz
Aus der oben stehenden Zeichnung leitet sich unter Anwendung der Strahlensätze die folgende
Gleichung her:
𝑇=4
π‘₯𝑠𝑑 𝑇𝑠
π‘₯π‘šπ‘Žπ‘₯
Betrachtet man die Lebensdauer eines Bügeleisens, so ergeben sich bzgl. des Zweipunkt-Reglers die
folgenden Überlegungen:
Schaltdifferenz xsd = 17°C, mittlere geregelte Temperatur w = 150°C, Zeitkonstante Ts = 7,1 Min,
Leistungsüberschuss von 100% => xmax = 300°C.
𝑇=4
π‘₯𝑠𝑑 𝑇𝑠
17°πΆ βˆ™ 7,1 π‘šπ‘–π‘›
=4
= 1,6 π‘šπ‘–π‘›
π‘₯π‘šπ‘Žπ‘₯
300°πΆ
Die maximale Lebensdauer des Zweipunkt-Reglers betrage 100.000 Schaltvorgänge. Es ergibt sich
100.000 βˆ™ 1,6 π‘šπ‘–π‘› = 160.000 π‘šπ‘–π‘› = 300 β„Ž
300 β„Ž = 18.000 π‘šπ‘–π‘›/π‘Ž
160.000 π‘šπ‘–π‘›
≈9π‘Ž
18.000 π‘šπ‘–π‘›/π‘Ž
5.11 Zweipunkt-Regelglied mit I-Strecke
Die nachfolgende Abbildung beschreibt das Regelverhalten eines 2-Punkt-Regelglieds mit HystereseVerhalten an einer I-Strecke.
172
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 193: Wirkungsplan Zweipunkt-Regelglied mit I-Strecke
Nachfolgend wird der Verlauf der Regelgröße bei einer sprungförmigen Änderung des Sollwertes w
mit der Schwankungsbreite xsd dargestellt.
Abbildung 194: Führungssprungantwort 2-Punkt-Regelglied mit I-Strecke
5.12 Welches Regelglied für welche Strecke?
Bedingt durch die bisherigen Betrachtungen sollte diese Frage relativ einfach zu beantworten sein:
Für reine P-Strecken reicht ein P-Regelglied aus. Falls die bleibende Regelabweichung nicht
erwünscht ist, kann ein I-Anteil dazu genommen werden:
οƒ˜ P-Strecke: P-Regelglied oder PI-Regelglied
Für reine I-Strecken eignet sich das reine I-Regelglied wegen der fehlenden Dämpfung nicht. Es sollte
daher, auch zur Vermeidung einer bleibenden Regelabweichung stets eine Kombination aus P- und IRegelglied eingesetzt werden:
οƒ˜ I-Strecke: P-Regelglied oder PI-Regelglied
Für proportionale Regelstrecken mit einer Verzögerung (PT1) reicht ebenfalls ein PI-Regelglied zur
Vermeidung einer bleibenden Regelabweichung. Ein D-Anteil würde die Regelung unnötig
komplizieren und führt auch zu keiner Verbesserung. Da sich die Ausgangsgröße einer verzögerten
Strecke relativ langsam ändert, ist ein sehr schnelles Eingreifen praktisch unwirksam. Ein reines IRegelglied wäre ebenfalls zur Regelung einer solchen Strecke geeignet, hat die Strecke jedoch eine
große Verzögerungszeit, so ergibt das eine sehr langsame Regelung, die jedoch ohne bleibende
Regeldifferenz erfolgt. Sein Einsatz hängt also stark von den Parametern der jeweiligen Strecke ab:
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
173
οƒ˜ PT1-Strecke: I-Regelglied, PI-Regelglied
Regelstrecken höherer Ordnung, PT2 und größer, erfordern fast immer den komplexesten
Regelgliedtyp. Bedingt durch die Parameter der Strecke lassen sich jedoch auch mit allen anderen
o.g. Regelgliedtypen gute Ergebnisse erreichen:
οƒ˜ PT2-Strecke: P-Regelglied, I-Regelglied, PI-Regelglied, PD-Regelglied, PID-Regelglied
P-Regelglied: Die bleibende Regeldifferenz wird umso kleiner, je größer der Übertragungsbeiwert kPR
gewählt wird. Dadurch wird der Regelkreis jedoch instabiler. Daher ist die bleibende
Regelabweichung im Allgemeinen größer als bei der P-Regelung einer PT1-Strecke, da kPR kleiner
gewählt werden muss.
I-Regelglied: Er ist ein sehr langsames Regelglied und neigt zum Überschwingen. Er beseitigt eine
etwaige Regeldifferenz jedoch vollständig.
PI-Regelglied: Dieser Regelgliedtyp erzeugt ebenfalls keine Regeldifferenz und ist zudem schneller als
ein reines I-Regelglied.
PD-Regelglied: Dieses Regelglied reagiert schneller als das reine P-Regelglied bei langsamen
Änderungen von Führungs- und Störgrößen. Zur Verringerung der bleibenden Regeldifferenz erlaubt
er eine größeres kPR, ohne dass das System gleich instabil wird. Verantwortlich dafür ist die
Phasendrehung des D-Anteils um +90°. Durch seinen D-Anteil ist ein schnelles Ausregeln starker
Störungen möglich.
PID-Regelglied: Es reagiert deutlich schneller als das PI-Regelglied. Dadurch werden Regeldifferenzen
schneller ausgeregelt, bei langsamen Änderungen reagiert es schneller als das PD-Regelglied. Die
optimierte Einstellung seiner Parameter ist relativ schwierig (siehe Stabilitätskriterien).
Reine D-Regelglieder sind durchaus zu realisieren, jedoch nicht einsetzbar. Sie sind zwar schnell,
regeln konstante Störgrößen jedoch nicht aus.
174
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
6 Digitale Regelung
Die bisherigen Ausführungen zur Regelungstechnik basierten auf reiner Analogtechnik. Sie wird
jedoch zunehmend ergänzt (bzw. schon ersetzt) durch digital arbeitende Technologien. Zur
Implementierung einer digitalen Regelungstechnik sind in erster Linie Umsetzersysteme wie AnalogDigital- oder Digital-Analog-Umsetzer (ADU oder DAU) notwendig. Zur Verarbeitung der digitalen
Signalpegel wird ein Computer (Mikrorechner) eingesetzt, der die Regelalgorithmen in Form eines
Programms enthält. In der nachfolgenden Abbildung zur Drehzahlregelung einer Motor-GeneratorStrecke kann der PID-Regler einschließlich Vergleicher als digital arbeitende Regeleinrichtung
betrachtet werden.
Abbildung 195: Regelkreis zur Drehzahlregelung eines Motor-Generator-Satzes
Hier liefert die Regelstrecke (M, G) über einen Impulsgeber (I) ein in seiner Frequenz veränderbares
Rechtecksignal. Der Impulsgeber sei in diesem Fall kein Tachogenerator, sondern eine Lochscheibe
mit Gabellichtschranke (siehe Abbildung 51). Das durch die Lichtschranke leicht verschliffene Signal
wird mittels Triggerung in ein deutliches Rechtecksignal geformt. Anschließend wandelt ein f/UUmsetzer das Rechtecksignal in eine zur Frequenz proportionale Spannung. Etwaige Restwelligkeiten
werden durch einen nachgeschalteten Tiefpass geglättet. Dieses analoge Signal wird jetzt einem
Vergleicher zugeführt und genau hier beginnt der eigentliche Prozess der Abtastregelung:
Wenn der Regler als Mikrocontroller ausgeführt ist, so muss der Vergleich von Führungsgröße und
Regelgröße in den PID-Algorithmus des Mikrocontrollers integriert sein; somit ist der Vergleicher ein
Bestandteil des Reglers. Damit aber ein Mikrocontroller zwei analoge Signale miteinander
vergleichen kann, müssen diese in digitaler Form vorliegen, d.h. es ist ein ADU notwendig.
Der Regler generiert durch seinen Regelalgorithmus in Abhängigkeit von der Regeldifferenz eine
Stellgröße yR in digitaler Form. Diese Stellgröße wiederum muss in eine analoge Größe gewandelt
werden, um die Spannung am Motor und damit seine Drehzahl zu beeinflussen. Diese Umsetzung mit
anschließender Leistungsverstärkung erfolgt durch das Stellglied. Das Stellglied kann in diesem Fall
ein Leistungsoperationsverstärker, der seine Verstärkung über ein digital angesteuertes
Potentiometer erhält.
Betrachtet man jetzt die Elemente Vergleicher, Regler und Stellglied (siehe Abbildung 103), so ergibt
sich folgendes Bild:
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
175
Abbildung 196: Digital arbeitende Regeleinrichtung
Betrachtet man eine digital arbeitende Regeleinrichtung, so kann eine Abtastregelung nur
durchgeführt werden, wenn DAU und ADU integriert sind.
Oft liefert die Regelstrecke als Regelgröße x ein analoges Signal, das mit Hilfe eines Messumformers
dem analogen Eingang eines ADU zugeführt wird. Der ADU digitalisiert dieses Signal und führt es
einem Vergleicher zu, welche auf digitale Weise die Regeldifferenz e herstellt. Aus dem
kontinuierlichen analogen Signal des Messumformers entsteht durch periodische Abtastung und
anschließender AD-Umsetzung ein diskontinuierlich-diskretes Signal, bestehend aus einer Folge von
Werten x(kTA) mit k = 0, 1, 2, 3, ... Die Regeldifferenz e(kTA) wird einem Computer zugeführt, der über
eine Sample-und-Hold-Schaltung den digitalen Eingang eines DAU anspricht. Der DAU leitet dieses
Signal dann als Stellgröße an die Regelstrecke weiter. Die folgende Abbildung (Reuter) soll diesen
Zusammenhang verdeutlichen und gibt die durch Abtastung (sampling) entstehende Folge xk aus
dem kontinuierlichen Signal x(t) wieder.
An dieser Stelle soll zusätzlich erwähnt werden, dass jedes analoge Signal einer Diskretisierung und
einer Quantisierung unterzogen werden muss. 22
Diskretisierung: Vorgang der Aufzeichnung von räumlich und/oder zeitlich äquidistanten Messwerten eines analogen Signals. Hier ist die Abtastdauer TA oder die Sampling Rate gemeint.
Quantisierung: Darstellung einer Messwerte-Abtastung mit endlicher Auflösung, abgebildet auf
ganzzahlige Binärwerte. Hier ist die Auflösung des Wandlers (8, 10, 12, oder 16 Bit) gemeint. 23
An Stelle des Mikrorechners kann fast jeder beliebige digital arbeitende Rechner eingesetzt werden.
Man spricht in diesem Zusammenhang von DDC (Direct Digital Control).
22
Siehe auch Kapitel „Digitale Verfahren“
23
Eine Audio-CD beispielsweise unterliegt der Standardisierung nach „Red Book“. Das bedeutet: die Sampling Rate beträgt
44,1 kHz entsprechend einer Abtastdauer von TA = 22,7 µs für den Vorgang der Diskretisierung. Beim Vorgang der
Quantisierung erfolgt eine Auflösung von jeweils 16 Bit pro Kanal (Stereo). Damit ergibt sich eine zu übertragende Datenrate
von ca. 172 kByte/s.
176
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Rechner dieser Art sind vorwiegend für die Gebäudeautomation vorgesehen. Ihre Bussysteme sind
proprietärer Art, da es noch keine Normen für eine Standardisierung gibt 24. Für eine industrielle
Automation wird vorwiegend auf die Speicherprogrammierte Steuerung zurückgegriffen, die nach
jetzigem Stand durchaus in der Lage ist, regelungstechnische Aufgaben zu übernehmen. Beide
Systeme beherrschen die Protokolle TCP und IP.
Besser und deutlich einfacher umzusetzen ist der Einsatz mikrocontroller-basierter Systeme. Solche
Systeme werden als "embedded systems" bezeichnet und sind im Wesentlichen frei
programmierbare Kleincomputer. Eins der vom Preis-Leistungs-Verhältnis interessanteren Systeme
dieser Art ist der ARDUINO in der Ausführung "Duemilanove". Über die Homepage
http://www.arduino.cc dieses opensource-projects ist eine komplette Entwicklungsumgebung mit
einer Unmenge an Tools erreichbar. Der ARDUINO ist relativ gut für eine praktische Umsetzung der
digitalen Regelungstechnik geeignet mit seinen mehr als 13 digitalen Ein-/Ausgängen, seinen 6
Analog-Eingängen mit jeweils 10-Bit-Wandlern und seinen 6 PWM-Ausgängen mit jeweils 8 Bit
Auflösung (siehe nachfolgende Abbildung).
Abbildung 197: Mikrocontroller mit USB Converter FTDI 2232, ARDUINO Duemilanove
Ohne auf die dahinter stehende Mathematik einzugehen, soll an dieser Stelle kurz im Vorgriff auf
künftige Ausführungen der PID-Algorithmus für einen digitalen Regler angegeben werden. Dieser
Algorithmus lässt sich direkt programmieren. Der bekannte Zusammenhang
𝑦𝑅 (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘… 𝑒(𝑑) + π‘˜πΌπ‘… οΏ½ 𝑒(𝑑) 𝑑𝑑 + π‘˜π·π‘…
bzw. mit den Zeitkonstanten 𝑇𝑛 =
π‘˜π‘ƒπ‘…
π‘˜πΌπ‘…
π‘˜
und 𝑇𝑉 = π‘˜π·π‘… :
𝑦𝑅 (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘… �𝑒(𝑑) +
𝑃𝑅
𝑑 𝑒(𝑑)
𝑑𝑑
1
𝑑 𝑒(𝑑)
οΏ½ 𝑒(𝑑)𝑑𝑑 + 𝑇𝑉
οΏ½
𝑇𝑛
𝑑𝑑
lässt sich unter Berücksichtigung von Diskretisierung und Quantisierung umschreiben in den sog.
Stellungsalgorithmus 25:
24
Erste Ansätze sind z.B. durch den EIB (European Industrial Bus) realisiert.
Der Stellungsalgorithmus gilt nur für Regelstrecken mit großen Zeitkonstanten, wie z.B. Temperaturregelstrecken. Bei
Strecken mit kleinen Zeitkonstanten, wie z.B. Drehzahlregelstrecken, wird der sog. Geschwindigkeitsalgorithmus eingesetzt.
25
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
177
π‘˜
𝑇𝑉
𝑇𝐴
𝑦𝑅 (π‘˜ βˆ™ 𝑇𝐴 ) = π‘˜π‘ƒ �𝑒(π‘˜ βˆ™ 𝑇𝐴 ) + βˆ™ οΏ½ 𝑒(𝑖 βˆ™ 𝑇𝐴 ) + βˆ™ [𝑒(π‘˜ βˆ™ 𝑇𝐴 ) − 𝑒((π‘˜ − 1) βˆ™ 𝑇𝐴 )]οΏ½
𝑇𝑛
𝑇𝐴
6.1
𝑖=0
Die dem System zugeführte Stellgröße yR(kTA) weist durch den Vorgang der Digitalisierung
(Diskretisierung und Quantisierung) eine Treppenform auf. Diese Treppenform lässt sich aus
einzelnen Sprungfunktionen zusammengesetzt denken und führt schließlich über die LaplaceTransformation zur sog. z-Transformation: Z[x(kTA)] ist die Laplace-Transformierte der äquidistanten
Pulsfolge x(kTA) und somit die z-Transformierte. Zur z-Transformation einfacher Funktionen sei auf
die einschlägige Fachliteratur verwiesen.
Der o.g. Stellungsalgorithmus lässt sich nur durch die Einführung von Vereinfachungen
programmtechnisch umsetzen. Es sei an dieser Stelle schon erwähnt, dass sich der Integralteil durch
Summenbildung und der Differentialanteil durch Differenzbildung ersetzen lassen. Dieser
Zusammenhang wird später deutlicher erläutert werden.
6.1 Der P-Algorithmus
Betrachtet werde der (relativ) einfache Fall eines Regelkreises von P-Regler mit PT1-Strecke ohne
Störgröße (siehe nachfolgende Abbildung). Die Strecke kann hier als einfaches RC-Glied ausgeführt
sein.
Abbildung 198: Wirkungsplan P-Regler mit PT1-Strecke ohne Störgröße
Der Vergleicher wird mit in die programmtechnische Umsetzung des P-Reglers einbezogen. Sowohl
die Regelgrösse x(t) (nämlich das Ausgangssignal der Regelstrecke) als auch die Führungsgrösse w(t)
sind analoge Signale. Beide lassen sich beispielsweise über die beiden analogen Eingänge
"ANALOG IN 0" und "ANALOG IN 1" des ARDUINO verarbeiten. Der Reglerausgang (Stellgröße yR)
kann der Regelstrecke durch einen PWM-Ausgang (hier PWM an Pin 9) zugeführt werden.
178
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 199: Regelkreisaufbau mit Mikrocontroller und PT1-Strecke
Die oben stehende Abbildung wurde mit Hilfe eines Freeware Programms erhältlich unter
http://www.fritzing.org erstellt und zeigt den Aufbau eines Regelkreises mit ARDUINO und einer PT1Strecke.
Auffallend ist in der oben stehenden Abbildung, dass der PWM-Ausgang des ARDUINO einer anlogen
Wandelung unterzogen wird. Hier wurde mittels RC-Tiefpass und anschließender Entkopplung über
einen OpAmp eine DA-Wandelung mittels eines Sallen-Key-Filters (Tiefpass 2. Ordnung)
vorgenommen. Bei der Auslegung eines solchen Filters hilft ein Freeware-Programm von Texas
Instruments namens "FilterPro". Link siehe:
http://focus.ti.com/docs/toolsw/folders/print/filterpro.html?DCMP=hpa_tools&HQS=Tools+PR+filter
pro-pr
Da die PWM-Ausgänge des ARDUINO jeweils mit einer festen Frequenz von knapp 500 Hz arbeiten,
lässt sich eine Sallen-Key-Schaltung mit dem o.g. Programm relativ leicht erstellen. Die
nachfolgenden beiden Abbildungen zeigen die Ergebnisse der Filterberechnung.
Zurück zur oben stehenden Abbildung: der Ausgang der Filterschaltung ist direkt mit dem Eingang
der PT1-Strecke verbunden. Die Strecke selbst ist durch einen Impedanzwandler entkoppelt. Bedingt
durch den Einsatz von Operationsverstärkern wird eine externe Spannungsquelle von +12 V
Gleichspannung notwendig. Der Führungssprung (ANALOG IN 0) wird durch Betätigen eines Tasters,
der mit dem 3,3 V Anschluss des ARDUINO verbunden ist ausgelöst. Er bleibt bestehen, solange der
Taster betätigt ist. An Stelle eines Tasters kann hier auch ein Rechteckgenerator zur kontinuierlichen
Beaufschlagung mit einem Führungssprung angeschlossen werden.
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
179
Abbildung 200: Operationsverstärker mit Filter 2. Ordnung
180
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 201: Bode-Diagramm für einen Filter 2.Ordnung
Da die Regeldifferenz e(t) die Eingangsgröße des Reglers bildet, muss in einem ersten
Programmschritt die Differenz gebildet werden:
Ausgehend von
𝑒(𝑑) = 𝑀(𝑑) − π‘₯(𝑑)
𝑦𝑅 (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘… βˆ™ 𝑒(𝑑)
wird die Gleichung für den P-Regler (siehe Stellungsalgorithmus) ermittelt zu:
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
181
𝑦𝑅 (π‘˜ βˆ™ 𝑇𝐴 ) = π‘˜π‘ƒπ‘… βˆ™ 𝑒(π‘˜ βˆ™ 𝑇𝐴 )
Der nachfolgende (kursiv gedruckte) Programmcode gibt die programmtechnische Umsetzung eines
digital arbeitenden P-Reglers mittels ARDUINO wieder und kann so übernommen werden. Es werden
die jeweiligen Werte der Führungsgröße, der Stellgröße und der Regelgröße über das serielle
Interface des ARDUINO wiedergegeben.
/*
zwei analoge eingaenge und ein analoger ausgang mit seriellem output
es wird ein digital arbeitender p-regler nachgebildet.
der vergleicher ist integrativer bestandeil des programms, wobei die regeldifferenz
e(t)=w(t)-x(t) gebildet wird. der analoge eingang 0 verarbeitet die regelgroesse x, waehrend
der analoge eingang 1 die fuehrungsgroesse w verarbeitet. anschließend wird die
differenz der beiden analogen eingaenge der eigentlichen reglergleichung zugefuehrt.
fuer einen p-regler gilt:
yr(t)=kpr*e(t), mit yr(t) als stellgroesse des reglers und kpr als beiwert des reglers.
nach festlegung des reglerbeiwertes kpr durch eine integerzahl wird die stellgroesse durch
produktbildung von reglerbeiwert und regeldifferenz ausgegeben.
die ausgabe von yr(t) erfolgt über pin 9 als pwm-signal. zusaetzlich wird das ergebnis durch
den seriellen monitor wiedergegeben.
der komplette regelkreis kann folgendermassen aussehen:
die regelstrecke kann eine durch ein rc-glied aufgebaute pt-1 strecke sein. der eingang der
pt1-strecke wird mit pin 9 (pwm-signal) verbunden, ihr ausgang mit dem analog eingang 0.
nach programmstart wird über den analog eingang 1 ein sprung der fuehrungsgroesse eingeleitet,
auf welchen der (digital aufgebaute) p-regler mit einer bleibenden regelabweichung reagiert.
erstellt am 31.07.2010 von Juergen Wehling
*/
// festlegung von konstanten und integerwerten an den zugehoerigen anschluessen
const int analogIn0 = 0; // analog eingang 0 regelgroesse xt
const int analogIn1 = 1; // analog eingang 1 fuehrungsgroesse wt
const int analogOut9 = 9; // analog ausgang 9 stellgroesse yrt
float kpr = 1;
// vorgabewert des beiwertes kpr des p-reglers
int xt = 0;
// ausgelesener wert der regelgroesse xt
int wt = 0;
// ausgelesener wert der fuehrungsgroesse wt
int yrt = 0;
// uebergebener wert der stellgroesse yrt
int yrt_map = 0; //angepasste stellgroesse yrt_map an 8-bit pwm-ausgabe
int et = 0;
// vorgabewert der regeldifferenz et
int bias = 200; // offset bei einem fuehrungsgrossensprung von 1,0 V (=205) auf 5 V (=1023)
void loop() {
// einlesen des analogen wertes fuer die regelgroesse xt
xt = int(analogRead(analogIn0));
// einlesen des analogen wertes fuer die fuehrungsgroesse wt
wt = analogRead(analogIn1);
// berechnung der regeldifferenz et
et = wt - xt;
// berechnung der stellgroesse yrt
yrt = kpr * et + bias;
//yrt = 512;
// anpassung an die 8-bit pwm-ausgabe ueber pin 9:
yrt_map = map(yrt, 0, 1023, 0, 255);
// change the analog out value:
analogWrite(analogOut9, yrt_map);
// verzoegerungsbefehl zur regenerierung der analog-digital-umsetzung
delay(30);
}
Die nachfolgenden Abbildungen zeigen Oszillogramme als Ergebnisse von Führungssprüngen.
182
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Abbildung 202: P-Regelglied, Führungssprungantwort: kpr=1
Abbildung 203: P-Regelglied, Führungssprungantwort: kpr=2
Es ist deutlich zu sehen, dass beim P-Regler eine bleibende Regelabweichung existiert (Abbildung
202: P-Regelglied, Führungssprungantwort: kpr=1). Des Weiteren lässt sich die Regelabweichung
durch Vergrößern des kPR-Wertes verringern (Abbildung 203: P-Regelglied, Führungssprungantwort:
kpr=2). Eine weitere Vergrößerung des kPR-Wertes führt allerdings schon zu Verzerrungen. Dem
System sind hier offensichtlich enge Grenzen gesetzt
6.2 Der PI-Algrorithmus
Prinzipiell gelten die gleichen o.g.Bedingungen auch für den Aufbau des Arduino als PI-Regler. Der PIRegler setzt sich als Summe der Einzelregler zusammen. Der P-Anteil wird dabei wie beim P-Regler
beschrieben umgesetzt. Der I-Anteil wird durch eine fortlaufende Summenbildung der Regeldifferenz
mit dem Integralanteil gebildet.
Ausgehend von
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
183
𝑦𝑅 (𝑑) = π‘˜πΌπ‘… οΏ½ 𝑒(𝑑) 𝑑𝑑
wird die Gleichung für den I-Regler (siehe Stellungsalgorithmus) ermittelt zu:
π‘˜
𝑇𝐴
𝑦𝑅 (π‘˜ βˆ™ 𝑇𝐴 ) = π‘˜π‘ƒπ‘… βˆ™ βˆ™ οΏ½ 𝑒(𝑖 βˆ™ 𝑇𝐴 )
𝑇𝑛
𝑖=0
Für den Grenzübergang 𝑇𝐴 → 𝑑𝑑 geht das Integral in die Summe über. Die Umsetzung im Programm
ergibt sich zu:
yrti = kpr*(t/tn)*sum;
Die nachfolgenden Abbildungen zeigen Oszillogramme als Ergebnisse von Führungssprüngen.
Abbildung 204: PI-Regelglied, Führungssprungantwort, kPR=1, Tn=5ms
Abbildung 205: PI-Regelglied, Führungssprungantwort, KPR=1, Tn=1ms
184
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Die Abbildung 204: PI-Regelglied, Führungssprungantwort, kPR=1, Tn=5ms zeigt deutlich, dass der
Einsatz eines PI-Reglers die durch den P-Regler verursachte Regelabweichung vollständig ausgleicht.
Das funktioniert gut bei größeren Nachstellzeiten (hier: Tn=5ms). Wählt man kleinere Nachstellzeiten
(Abbildung 205: PI-Regelglied, Führungssprungantwort, KPR=1, Tn=1ms), so wird der Regelkreis
instabil und neigt zu Schwingungen.
6.3 Der PID-Algorithmus
Auch in diesem Fall gelten prinzipiell wieder die gleichen o.g.Bedingungen für den Aufbau des
Arduino als PID-Regler. Der PID-Regler setzt sich als Summe der Einzelregler zusammen. Der P-Anteil
wird dabei wie beim P-Regler, der I-Anteil wie beim I-Regler beschrieben umgesetzt. Der D-Anteil
wird durch den Differenzenquotienten aufeinanderfolgender der Regeldifferenzen gebildet.
Ausgehend von
𝑦𝑅 (𝑑) = π‘˜π·π‘…
𝑑𝑒(𝑑)
𝑑𝑑
wird die Gleichung für den D-Regler (siehe Stellungsalgorithmus) ermittelt zu:
𝑦𝑅 (π‘˜ βˆ™ 𝑇𝐴 ) = π‘˜π‘ƒπ‘… βˆ™
𝑇𝑉
βˆ™ [𝑒(π‘˜ βˆ™ 𝑇𝐴 ) − 𝑒((π‘˜ − 1) βˆ™ 𝑇𝐴 )]
𝑇𝐴
Für den Grenzübergang 𝑇𝐴 → 𝑑𝑑 geht die erste Ableitung in den Differenzenquotienten über. Die
Umsetzung im Programm ergibt sich zu:
yrtd = kpr * (tv/t)* deltax
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
185
186
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
7 Übungen
7.1 Komplexe Zahlen
1. Berechnen Sie:
𝑖 8 , 𝑖 15 , (−𝑖)3
2. Bestimmen Sie den Imaginäranteil I(z) von z:
𝑧 = 3 + 7𝑖
𝑧 = 15𝑖 – 7
3. Bestimmen Sie das zu z konjugiert Komplexe z*
𝑧 = 5 + 2𝑖
1
𝑧 = − √3𝑖
2
4. Berechnen Sie die komplexen Lösungen der quadratischen Gleichung:
π‘₯ 2 + 4π‘₯ + 13 = 0
5. Berechnen Sie die Summe von z1 und z2:
𝑧1 = 3 − 2𝑖
𝑧2 = 7 + 5𝑖
6. Berechnen Sie die Produkte w = z1 * z2:
𝑧1 = 6 + 7𝑖
𝑧2 = 3 + 4𝑖
7. Drücken Sie die Zahl 𝑧 = π‘₯ + 𝑖𝑦 durch r und α aus:
𝑧 =2+𝑖
𝑧1 = 1 + 𝑖
𝑧2 = 1 − 𝑖
πœ‹
2
8. Bringen Sie die komplexe Zahl 𝑧 = π‘Ÿ(cos 𝛼 + 𝑖 sin 𝛼) auf die Form 𝑧 = π‘₯ + 𝑖𝑦:
1
1
𝑧 = 𝑒 −3 οΏ½cos πœ‹ + 𝑖 sin πœ‹οΏ½
4
4
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
187
7.2 PT1 Strecke
1. In der nachfolgenden Abbildung ist skizzenhaft das Bode-Diagramm einer PT1-Strecke
wiedergegeben. Weisen Sie nach, dass eine Signalverstärkung von 17 dB einem
π‘˜
Amplitudenverhältnis von 𝑃 entspricht.
2
√
2. Geben Sie für eine PT1-Strecke ganz allgemein den Phasenwinkel πœ‘ durch das Verhältnis von
Imaginär- und Realteil an. Begründen Sie, warum bei der Eckfrequenz ωE eine
Phasenverschiebung von −45° vorliegt.
3. Bei einer PT1-Strecke wird eine Eckfrequenz von ωE = 1 s-1 gemessen. Die Verstärkung nach
Beaufschlagung mit einem Einheitssprung liegt bei kP = 5.
Bestimmen Sie die Zeitkonstante T1 sowie die Amplitudenverhältnisse bei einer
Kreisfrequenz von ω = 10 s-1 und ω = 0,1 s-1.
4. Für die Beurteilung des Frequenzverhaltens einer PT1-Strecke soll ein Bode-Diagramm erstellt
werden. Die Zeitkonstante der Strecke beträgt T = 0,1 s, der Verstärkungsfaktor liegt bei
kP = 8. Nutzen Sie die graphische Vorlage auf der nächsten Seite. Hinweis: bei einer PT1Strecke ändert sich das Amplitudenverhältnis im abfallenden Teil der Kurve um −20𝑑𝐡 je
Dekade.
5. Lösen Sie die folgende DGL unter Verwendung der Laplace-Transformation:
π‘₯𝑒 (𝑑) − π‘₯π‘Ž (𝑑) − 𝑇π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) = 0
6. Zeigen Sie die Gültigkeit der folgenden Gleichung:
𝑑
𝜏
𝑑
𝑑
π‘˜
−
−
π‘₯𝑒0 𝑒 𝑇1 οΏ½ 𝑒 𝑇1 π‘‘πœ = π‘˜ π‘₯𝑒0 (1 − 𝑒 𝑇1 )
𝑇1
0
188
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
189
7.3 PT2-Strecke (nicht schwingfähig)
1. Ermitteln Sie die Übertragungsfunktion für den folgenden Wirkungsplan:
2. Geben Sie für eine PT2-Strecke ganz allgemein den Phasenwinkel πœ‘ durch das Verhältnis von
Imaginär- und Realteil an. Begründen Sie, warum bei der Eckfrequenz ωE eine
Phasenverschiebung von −90° vorliegt.
3. Zeigen Sie, warum sich bei der Eckfrequenz der in der nachfolgenden Abbildung genannte
Imaginärteil ergibt.
4. Weisen Sie nach, dass für eine nicht schwingfähige PT2-Strecke mit ungleichen
Zeitkonstanten immer gilt: D>1. Nutzen Sie dabei den folgenden Formalismus:
𝐷=
1 𝑇1
𝑇2
= οΏ½οΏ½ + οΏ½ οΏ½
𝑇1
2�𝑇1 𝑇2 2 𝑇2
𝑇1 + 𝑇2
5. Bei einer PT2-Strecke wird eine Eckfrequenz von ωE = 1 s-1 gemessen. Die Verstärkung nach
Beaufschlagung mit einem Einheitssprung liegt bei kP = 5.
Bestimmen Sie die Zeitkonstanten T1 und T2 sowie die Amplitudenverhältnisse bei einer
Kreisfrequenz von ω = 10 s-1 und ω = 0,1 s-1.
6. Für die Beurteilung des Frequenzverhaltens einer PT2-Strecke soll ein Bode-Diagramm erstellt
werden. Die Zeitkonstanten der Strecke betragen T1 = 0,21 s und T2 =4,79 s, der
Verstärkungsfaktor liegt bei kP = 8. Nutzen Sie die graphische Vorlagen auf der nächsten
Seite. Hinweis: bei einer PT2-Strecke ändert sich das Amplitudenverhältnis im abfallenden
Teil der Kurve um −40𝑑𝐡 je Dekade.
190
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
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191
7.4 PT2-Strecke (schwingfähig), I-Strecke
1. Die DGL zur Beschreibung einer nicht schwingfähigen PT2-Strecke hat identische
Zeitkonstanten. Zeigen Sie mit Hilfe der Laplace-Transformation, dass in diesem Fall für die
Dämpfung gilt: D=1
𝑇1 𝑇2 π‘₯̈ π‘Ž (𝑑) + (𝑇1 + 𝑇2 )π‘₯Μ‡ π‘Ž (𝑑) + π‘₯π‘Ž (𝑑) = π‘˜π‘ƒπ‘† π‘₯𝑒 (𝑑)
2. Ermitteln Sie für die DGL in Aufgabe 1 die Sprungantwort bei gleichen Zeitkonstanten.
Nutzen Sie dabei die Korrespondenztabelle.
3. Ein RLC-Schwingkreis stellt eine schwingfähige PT2-Strecke dar (R = 5 Ω, L = 0,5 mH und
C = 22 μF). Bestimmen Sie die Dämpfung der Strecke.
4. Betrachtet werde eine Integral-Strecke ohne zeitliche Verzögerung. Erläutern Sie ganz
allgemein die konstante Phasenverschiebung um −90° .
5. Die unten stehende Abbildung zeigt die Antwort der Ausgangsgröße xa auf eine Änderung der
Eingangsgröße xe bei einer I-Strecke. Interpretieren Sie die einzelnen Zeitabschnitte.
6. Erstellen Sie im nachfolgenden Diagramm den Amplitudengang für eine I-Strecke mit dem
Integrierbeiwert KIS = 10. Welche Aussage macht die Steigung des Graphen und für welche
Kreisfrequenz ergibt sich |𝐺(π‘—πœ”)| = 1 ?
Hinweis: |𝐺(π‘—πœ”)| = 1 ist nicht in der Einheit dB angegeben.
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Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
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7.5 Stetige Regler (Simulation mit QUCS)
Beispielhaft ist die Umsetzung eines PI-Regelglieds mit seiner Antwort auf einen Eingangssprung
dargestellt.
Nutzen Sie das Programm QUCS, um die nachfolgend benannten Regelgliedtypen mit Hilfe von
Operationsverstärkern aufzubauen. Untersuchen Sie jeweils die Antwort auf einen Eingangssprung
durch Einsatz einer Transientensimulation und interpretieren Sie die sich ergebenden zeitabhängigen
Verläufe.
1. P-Regler
2. I-Regler
3. PID-Regler
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7.6 Regelkreise (Simulation mit QUCS)
Nutzen Sie das Programm QUCS, um die nachfolgend benannten Regelkreise im Hinblick auf ihr
Führungsverhalten und ihr Störverhalten zu untersuchen.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
P-Regler mit PT1-Strecke
I-Regler mit PT1-Strecke
PI-Regler mit PT1-Strecke
P-Regler mit I-Strecke
I-Regler mit I-Strecke
PID-Regler mit nicht schwingfähiger PT2-Strecke
PID-Regler mit schwingfähiger PT2-Strecke
7.7 Digital arbeitende Strecke (ARDUINO)
Das Mikrocontroller-System ARDUINO soll als einfache Strecke mit veränderbaren Parametern
programmiert werden.
1. Ermitteln Sie zuerst die Systemgrenzen des ARDUINO.
2. Programmieren Sie den ARDUINO so, dass er als PT1-Strecke mit einer variablen
Zeitkonstante eingesetzt werden kann.
3. Programmieren Sie den ARDUINO so, dass er als PT2-Strecke mit zwei variablen
Zeitkonstanten eingesetzt werden kann.
4. Programmieren Sie den ARDUINO so, dass er als I-Strecke mit einer variablen Integrationszeit
eingesetzt werden kann.
7.8 Digital arbeitendes Regelglied (ARDUINO)
Das Mikrocontroller-System ARDUINO soll als Regelglied mit veränderbaren Parametern
programmiert werden.
1. Beachten Sie auch in diesem Fall die Systemgrenzen des ARDUINO.
2. Programmieren Sie den ARDUINO so, dass er als P-Regelglied mit variabler Verstärkung
eingesetzt werden kann. Ermitteln Sie die Antwort auf einen Führungssprung. Ermitteln Sie
die Systemgrenzen.
3. Programmieren Sie den ARDUINO so, dass er als I-Regelglied mit variabler Nachstellzeit
eingesetzt werden kann. Ermitteln Sie die Antwort auf einen Führungssprung. Ermitteln Sie
die Systemgrenzen.
4. Programmieren Sie den ARDUINO so, dass er als PI-Regelglied mit variabler Verstärkung und
variabler Nachstellzeit eingesetzt werden kann. Ermitteln Sie die Antwort auf einen
Führungssprung. Ermitteln Sie die Systemgrenzen.
5. Programmieren Sie den ARDUINO so, dass er als PID-Regelglied mit variabler Verstärkung,
variabler Nachstellzeit und variabler Vorhaltzeit eingesetzt werden kann. Ermitteln Sie die
Antwort auf einen Führungssprung.
7.9 Digital arbeitender Regelkreis (Zwei ARDUINOs)
1. Programmieren Sie einen ARDUINO als P-Regler mit variabler Verstärkung und einstellbarer
Sollwertvorgabe, einen anderen ARDUINO als PT1-Strecke mit einer variablen Zeitkonstante.
Schalten Sie beide ARDUINOs zu einem einfachen Regelkreis zusammen, nachdem Sie ggfs.
entsprechende Signalanpassungen vorgenommen haben. Untersuchen Sie diesen Regelkreis
hinsichtlich seines Regelverhaltens.
7.10 Regelkreisglieder mittels ISP (ATmega328)
Wiederholen Sie die Aufgaben 7.7 bis 7.9 mit einem ATmega328 Mikrocontroller und programmieren
Sie diesen mittels ISP in C.
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7.11 Kopplung von Motor und Generator
Entwickeln Sie nach eigenen Vorstellungen einen drehzahlgeregelten Motor-Generator-Satz. Nutzen
Sie einfache Gleichspannungsmotoren und setzen Sie ein PID-Regelglied ein. Als Regler können
Operationsverstärker oder Mikrocontroller oder beides zum Einsatz kommen. Da es durchaus
mehrere Möglichkeiten einer Umsetzung dieser Problematik gibt, muss das Ergebnis völlig offen
bleiben.
7.12 Hausautomation mittels Raspberry Pi
Realisieren Sie einfache Elemente einer Hausautomation, wie bspw.
- Erfassung sensorischer Daten (Temperatur, Luftfeuchte, Wärmemenge)
- Datenspeicherung und Abrufbarkeit relevanter Größen
- Umsetzungsmöglichkeiten von Führungs- und Zeitplansteuerungen
- Integration einfacher Zwei-Punkt-Regelungen
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8 Fachbegriffe und Korrespondenztabelle
Fachbegriffe:
-
Regelgröße x, Istwert
Führungsgröße w, Sollwert
Störgröße z
Regeldifferenz e, Differenz zwischen Soll- und Istwert
Stellgröße y, Ausgangsgröße der Regeleinrichtung
Führungsanstiegsantwort x(s), Antwort auf die Änderung der Führungsgröße im virtuellen
Bereich
Führungsanstiegsfunktion x(t), Antwort auf die Änderung der Führungsgröße im realen
Bereich
Laplace-Operator s
Laplace-Transformierte L[x(t)]
Übertragungsfunktion G(s), Verhältnis von xa(s) zu xe(s)
Frequenzgang G(jω), Verhältnis von xa(jω) zu xe(jω)
Amplitudengang |𝐺(π‘—πœ”)|
Führungsübertragungsfunktion Gw(s), Verhältnis von x(s) zu w(s)
Störübertragungsfunktion GZ(s); Verhältnis von x(s) zu z(s)
-
Einheitssprung σ(t), die Laplace-Transformierte von σ(t) die komplexe Funktion
-
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1
𝑠
197
Korrespondenzen26:
f(s)
f(t) (für t<0 ist f(t)=0)
1
...
1
𝑠
1
𝑠2
1
𝑠3
1
𝑠−𝛼
1
𝑠+𝛼
1
𝑠(𝑠 + 𝛼)2
1
(𝑠 − 𝛼)2
1
1 + 𝑠𝑇
1
𝑠(1 + 𝑠𝑇)
1
𝑠(1 + 𝑠𝑇)2
1
2
𝑠 + 𝑠2𝛼 + 𝛽 2
𝑠2
1
+ 𝑠2𝛼 + 𝛽 2
1 (Einheitssprung) bzw σ(t)
𝑑
𝑑2
𝑒 𝛼𝑑
𝑒 −𝛼𝑑
1
[1 − (1 + 𝛼𝑑)𝑒 −𝛼𝑑 ]
𝛼2
𝑑𝑒 𝛼𝑑
1 −𝑑
𝑒 𝑇
𝑇
𝑑
1 − 𝑒 −𝑇
𝑓üπ‘Ÿ 𝐷 = 1 𝑔𝑖𝑙𝑑:
𝑑
𝑑
1 − οΏ½1 + οΏ½ 𝑒 −𝑇
𝑇
𝑓üπ‘Ÿ 0 < 𝐷 < 1 𝑔𝑖𝑙𝑑:
1 −𝛼𝑑
𝑒
sin πœ”π‘‘
πœ”
𝑓üπ‘Ÿ 𝐷 ≥ 1 𝑔𝑖𝑙𝑑:
1 𝑠𝑑
[𝑒 1 − 𝑒 𝑠2 𝑑 ]
2𝑀
π‘šπ‘–π‘‘ 𝑀 = �𝛼 2 − 𝛽 2
𝑒𝑛𝑑 𝑠1,2 = −𝛼 ± 𝑀
Weitere Korrespondenzen, insbesondere für das Verhalten von Regelkreisgliedern höherer
Ordnungen, sind der im folgenden Kapitel aufgeführten Fachliteratur zu entnehmen.
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α stellt in dieser Tabelle eine einfache Variable dar und kann daher beliebig gewählt werden.
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9 Literaturangaben
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Busch, P.: Elementare Regelungstechnik, Vogel Verlag, 3. Auflage, 1995
-
Elektronik IV B, Mess- und Regelungstechnik, Pflaum Verlag
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Föllinger, O.: Laplace- und Fourier-Transformation, Hüthig Verlag
-
Handreichungen Informationsumsatz, Archiv des Faches Technik
-
Holbrook, J. G.: Laplace-Transformation, Vieweg, 2. Auflage, 1973
-
Ingenieurbüro Kahlert: WinFact 7.0
-
Lutz, H. und Wendt, W.: Taschenbuch der Regelungstechnik: Mit MATLAB und Simulink,
Verlag Harri Deutsch, 7. Auflage, 2007
-
QUCS, Quick Universal Circuit Simulator, sourceforge.net
-
Reuter, M. und Zacher, S.: Regelungstechnik für Ingenieure, 12. Auflage, 2008, pdfDokument, Bibliothek UDE
-
Siegfried, H.-J.: Grundlagen + Grundschaltungen der Regelungstechnik, Verlag Senn
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Samal, E.: Grundriss der praktischen Regelungstechnik, Oldenbourg Verlag
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Walcher, W.: Praktikum der Physik, Teubner Verlag
-
Weber, H.: Laplace-Transformation für Ingenieure der Elektrotechnik, Teubner Verlag
-
Weltner, K.: Mathematik für Physiker, Band 2, pdf-Dokument, Bibliothek UDE
-
Wikipedia, freie Enzyklopädie, wikipedia.com
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Xander, K. und Enders, H.: Regelungstechnik mit elektronischen Bauelementen, Werner
Ingenieurtexte, 5. Auflage, 1993
Jürgen Wehling: Messen, Steuern, Regeln - MSR, 2017
199
ISBN 978-3-00-057250-0
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