Lebensräume für Artenvielfalt

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Schwäbischer Fischereitag 2008
am 07. Juni in Füssen
Lebensräume für Artenvielfalt
Bericht des Präsidenten
des Fischereiverbandes Schwaben e.V.
Franz Josef Schick
Biodiversität - Ein Wort zum Zungenbrechen.
Die Bayerische Staatsregierung hat es schwungvoll über die Lippen gebracht
und unter diesem schönen Begriff eine Strategie zum Erhalt der biologischen
Vielfalt in Bayern erarbeitet.
Dieses Werk kann und muss auch für die Artenvielfalt in den Gewässern von
Bedeutung sein. Deshalb zitiere ich gerne ein paar Sätze, an welche wir dann die
Staatsregierung im konkreten Fall erinnern können.
Gleich zum Anfang appelliert sie an die Eigenverantwortung, wobei sie sich in
erster Linie auch selber in die Pflicht nehmen muss:
„Neben ökologischen und ökonomischen Gründen sprechen auch soziale,
kulturelle und ethische Gründe für den Erhalt der Biodiversität. Als einzige Art
verfügt der Mensch über die Fähigkeit, die Folgen seines Handelns zu
reflektieren. Daraus erwächst ihm eine besondere Verantwortung für den Erhalt
des Lebens – der Schöpfung – auf der Erde. Die Bewahrung der Schöpfung ist
eine Verpflichtung für die von christlich-abendländischen Werten geprägte
Gesellschaft.“
Besorgniserregend ist auch in Bayern der Rückgang der Bestände vieler Tierund Pflanzenarten, wobei insbesondere auch die Fische betroffen sind, wie die
Rote Liste ausweist.
Vom Aussterben bedroht: Der Huchen. Früher ein häufiger Fisch im Lech.
Wie bisher werden wir wie das Strategiepapier unnachgiebig im konkreten Fall
fordern:
„Deshalb müssen auch in Bayern die bisherigen erfolgreichen Anstrengungen
zum Erhalt der wildlebenden Arten, ihrer Populationen und Lebensräume, der
Vielfalt der bayerischen Kulturlandschaften und der Kulturpflanzensorten und
Nutztierrassen weiter ausdifferenziert und verstärkt werden.“
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Denn „die Hauptursachen für den Verlust von Biodiversität bzw. biologischer
Vielfalt liegen einerseits in der unmittelbaren Zerstörung und Zerschneidung
von Lebensräumen durch Infrastruktureinrichtungen, Eingriffe in den
Wasserhaushalt, Flächenverbrauch sowie in der intensiveren Nutzung der
Natur.“
Als Handlungsschwerpunkt formuliert die Staatsregierung folgendes:
„Der Rückgang der heute noch vorhandenen Vielfalt wildlebender Arten soll bis
2020 in Bayern gestoppt und der Anteil der vom Aussterben bedrohten und stark
gefährdeten Arten deutlich verringert werden. Zudem bedarf es einer
Trendwende hin zu einer Erholung der Bestände ehemals weit verbreiteter
Arten. Bis 2020 sollen gefährdete Arten, für die Bayern eine besondere
Erhaltungsverantwortung trägt, überlebensfähige Populationen erreichen und
für mehr als 50% der Roten Liste-Arten soll sich die Gefährdungssituation um
wenigstens eine Stufe verbessert haben.“
Dies kann aber nicht erreicht werden, wenn unsere Landschaft zunehmend – in
Anlehnung an Avenarius – aus riesigen Quadraten von Raps- und Maisfeldern
auch in den Flussauen und Solarzellenplantagen und weiterhin kanalisierten und
aufgestauten Gewässerabschnitten besteht.
Geometrisch geformte Landschaft im
Ries
Wenn wir dem formulierten Leitbild näher kommen wollen, dass Bayern eine
für seine Naturräume „typische, natürlich und historisch entstandene
Artenvielfalt in für die einzelnen Lebensräume charakteristischer Ausprägung
beherbergen“ soll, dann müssen wir vor allem den Arten ihre Lebensräume
soweit noch möglich erhalten und sie wieder schaffen.
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Für die Fische bedeutet dies entsprechend der EU-WRRL zunächst das
Verschlechterungsverbot bei noch naturnahen Bächen und Flüssen
durchzusetzen. Dies kostet nichts, außer den Mut sich eigennützigen Interessen
entgegen zu stellen: Wir denken dabei z.B. an die Illerquellflüsse im
Oberstdorfer Tal. Daneben geht es wie zurecht im Papier formuliert um die
„ökologische Verbesserung der Gewässer durch Zulassung möglichst starker
Eigendynamik, durch Renaturierung und Gewässervernetzung sowie durch
Erhöhung der Strukturvielfalt und Schaffung von Laichplätzen.“ Hierfür gibt es
schon gute Beispiele auch im Zusammenhang mit richtig verstandenem
Hochwasserschutz wie z.B. Wertach vital oder die obere Iller im Bereich des
Seifener Becken, an der unteren Iller aber auch an den kleineren schwäbischen
Flüssen.
Iller im Bereich des Seifener Beckens - Kiesumlagerungen schaffen Dynamik.
Wir können nur die Wasserwirtschaftsämter ermuntern auf dem eingeschlagenen
Weg fortzufahren und die Staatsregierung aufzufordern, die dafür nötigen Mittel
zur Verfügung zu stellen für das von ihr formulierte Ziel:
„Fließgewässer sowie Seen und Weiher einschließlich der Ufer- und
Verlandungszonen sollen dauerhaft eine naturraumtypische Vielfalt aufweisen
und ihre Funktion als Lebensraum erfüllen.“
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Dann haben unsere vielfältigen Bemühungen und Aufwendungen mit den
Artenhilfsprogrammen einen entsprechenden nachhaltigen Erfolg.
Entsprechend unserem heurigen Tagungsort hier in Füssen haben wir den Lech
in den Mittelpunkt unserer vormittäglichen Beratungen gestellt, mit den Themen
„Kies für den Lech“ oder „Menschliche Einflüsse auf den Lech bei Augsburg.“
Dieser Fluss bietet exemplarisches Anschauungsmaterial von der noch
naturnahen Strecke oberhalb Füssen über all die Wehre und Staue, Ausleitungen
und Restwasserstrecken, die den Alpenfluss denaturiert haben. So lobenswert
Verbesserungen in einzelnen Bereichen sind, auf den Fluss als
zusammenhängendes Ganzes bleiben sie Stückwerk.
Es ist deshalb beispielhaft, dass das Wasserwirtschaftsamt Donauwörth unter
dem treffenden Titel „Licca liber – Der freie Lech“ ein Gesamtkonzept
erarbeitet hat für eine nachhaltige Gewässerentwicklung. Damit können die
Einzelmaßnahmen in ein anzustrebendes durchgehendes Flussgefüge eingepasst
werden mit dem Ziel einer Stabilisierung und Renaturierung des Lechs in seiner
Gänze.
Naturnaher Lech
bei Reutte
Solches ist auch wünschenswert für Wertach, Iller und die anderen größeren
Flüsse Schwabens, damit verhindert wird, dass nur noch Maßnahmen genehmigt
werden, die ins Gesamtziel passen und nicht kurzfristige Interessen wie z.B. an
der Iller den durchgehenden ökologischen Ausbau stören. Hier erwarten wir
übrigens, dass der Freistaat seine Absicht verwirklicht „dass auf staatlichen
Flächen der Erhalt der biologischen Vielfalt in vorbildlicher Weise umgesetzt
wird.“
Auch am Halblech kann er beweisen, wie ernst er seine Strategie selbst vertritt
bei der Neubewilligung von Kleinkraftwerken. Hier ist der Freistaat selbst der
Eigentümer des Fischereirechtes.
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Da diese Kraftwerke zudem in einem FFH-Gebiet des Naturschutzgebietes
Ammergebirge liegen, sollten wenigstens die massiven Eingriffe in das
Fließgewässersystem des Halblechs gemildert werden, durch
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ein Verbot der Stauraumspülungen,
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durch eine Geschiebeweitergabe,
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durch Reduzierung des Schwellbetriebes
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und einer Restwasserabgabe, die das ganze Jahr über Lebensraum für Fische
wieder ermöglicht.
Erfreulich ist, dass die Staatsregierung im übrigen das Entwicklungspotential bei
der Nutzung der Wasserkraft vornehmlich durch die Modernisierung und
Erweiterung bestehender Standorte erreichen will. Dazu hat sie mit der „Großen
Wasserkraft“ eine entsprechende Eckpunktevereinbarung abgeschlossen.
„Ziel ist die ökologisch verträgliche und nachhaltige Wasserkraftnutzung an
den großen staatlichen Gewässern, u.a. verbunden mit der Verbesserung der
Durchgängigkeit und ökologisch begründeter Mindestwasserregelung.“
Der Vielzahl der Kleinkraftwerken, meist Altrechte früherer Mühlen bietet dafür
das EEG Anreize an und der Fischereiverband ist dazu bereit, solche freiwilligen
Maßnahmen aus Mitteln der Fischereiabgabe zu unterstützen.
Gegen neue Kleinkraftwerke steht das Verschlechterungsverbot der
Europäischen Wasserrahmenrichtlinie und auch das Strategiepapier sieht dafür
keinen neuen Platz.
Zum Aufbau und Erhalt der Artenvielfalt gehört auch, dass anpassungsfähige
anspruchsarme Arten nicht spezialisierte Arten verdrängen. Um ein
Gleichgewicht zu erhalten, muss der Mensch da regulierend eingreifen. Das gilt
für die Welt der Fische, insbesondere der strömungsliebenden Äsche, Nase,
Barbe u.a.m. für Kormoran und in bestimmten Gebieten für Gänsesäger.
Abgestimmte Ausnahmegenehmigungen für die Vergrämung des Kormoran in
den Vogelschutzgebieten an Donau und Wörnitz sowie auf dem Bodensee in der
Zeit, in der auch die Wasservögeljagd stattfindet, sind dazu nötig. Nach Ablauf
und Auswertung der 3-jährigen Gänsesägervergrämung auf 5 km Iller bei
Kempten sollte auch hier eine Vereinbarung über Bestandsgrößen für diese
Vogelart möglich werden, um dem für Schwaben so typischen Fisch wie die
Äsche noch eine Chance zu geben.
Die Äsche, einer der beiden Wappenfische des
Fischereiverbandes Schwaben
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Die Forderung nach mehr Umweltbildung im Strategiepapier der Staatsregierung können wir mit Nachdruck unterstreichen:
Sie gehört zum festen Programm des Verbandes und seiner Vereine intern und
extern.
Jugendliche beim Brutboxenprojekt
kontrollieren die Fischeier
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Unsere Jugendarbeit, die junge Mädchen und Buben zu Wissen um die
Gesetzmäßigkeit in der Natur führt, waidgerechtes Fischen übt und zu
Erfurcht vor der Schöpfung erzieht,
die Aus- und Weiterbildung der Gewässerwarte zur Pflege und Hege eines
standortgerechten artenreichen Fischbestandes,
die Hinführung der Schüler ans Gewässer durch Projekttage unserer Vereine
unter dem Motto „Fischer machen Schule“,
die Einladung der Mitbürger im Rahmen der Bayern Tour Natur, den
Lebensraum Wasser besser kennen zu lernen,
der Ausbau des Schwäbischen Fischereihofes in Salgen zu einer
Wasserschule für Jung und Alt.
In der Auffassung, dass Wiederholung Wissen festigen kann, begrüßen wir die
Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Bayern.
Ihre Ziele waren schon Anliegen bei der Gründung des Schwäbischen
Fischereiverbandes vor über 125 Jahren, sind Bestandteil des Bayerischen
Fischereigesetzes seit 1908, sind als Grundsätze in jeder Satzung unserer
Genossenschaften und Vereine enthalten und werden von unseren Mitgliedern
mit hohem Einsatz jahraus jahrein in die Tat umgesetzt.
Dem Strategiepapier müssen Taten folgen. Wir Fischer nehmen die
Staatsregierung beim Wort!
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