Bundesrat 16. April 2009 769. Sitzung / 1 13.15 Bundesrat Johann Ertl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Einleitend möchte ich mich bei den Exekutivbeamten bedanken, die diese hohe Anzahl an Straftaten bearbeitet haben. Bedenkt man, dass noch Hunderttausende Verwaltungsakte nach dem Verwaltungsstrafrecht hinzukommen, so ist das eine beachtliche Leistung unserer Exekutive. Der Sicherheitsbericht 2007, der sicher nicht so schlecht ist, wie der für 2008 sein wird, ist trotzdem eine Schönfärberei. Tatsache ist auch, dass immer weniger Polizisten der immer größeren Zahl von Kriminellen einfach nicht mehr Herr werden. Das Innenministerium versucht sich mit einer angeblich sinkenden Kriminalstatistik zu brüsten; verschiedene Zeitungen haben aber aufgezeigt, mit welchen Tricks an den Zahlen der Kriminalstatistik herumgefeilt wird. Ich fordere daher angesichts der bereits 2007 festgestellten Zahlen, das Sicherheitsdefizit durch sofortige Aufstockung der Polizei hintanzuhalten. Dazu darf ich Ihnen einige Zahlen aufzeigen. Die Aufklärungsquote allgemein beträgt in Niederösterreich 42,4 Prozent, in Wien 28,8 Prozent und im Burgenland 52,5 Prozent. Nur an diesem Beispiel ist schon erkennbar, wie es im gesamten Bundesgebiet und insbesondere in den Ballungsgebieten aussieht. Je mehr Zeit und Personal fehlt, desto weniger Aufklärung erfolgt – geschweige denn, dass präventive Handlungen gesetzt werden können. Das Burgenland hat mit seiner geringen Einwohnerzahl eine Aufklärungsquote von 52,5 Prozent. Am schlechtesten ist die Situation in Wien mit nur 28,8 Prozent Aufklärung. Zur Überalterung der Polizeibeamten: Nur in Schwechat beträgt der Altersdurchschnitt 56 Jahre. Die Überlastung der Arbeitsbereiche und Arbeitsmethoden von Polizisten führt zu einem Sinken der Aufklärungsquote sowie zum Einsetzen von Polizeibeamten für unterschiedliche verwaltungstechnische Arbeiten. Auffallend im Sicherheitsbericht ist, dass mehr Jugendliche gewalttätige Verbrechen gegen Leib und Leben begehen, wobei immer öfter ältere Straftäter – in Anführungszeichen – „nur“ Vergehen gegen Leib und Leben begehen. Den älteren Straftätern dürften die Folgen bei Straftaten gegen Leib und Leben besser bekannt sein. Version v. 28. April 2009, 18:47 nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert Bundesrat 16. April 2009 769. Sitzung / 2 Insgesamt auffallend ist auch die stetig ansteigende Zahl von Gewaltdelikten gegen Leib und Leben. Ebenso auffallend ist, dass gegen fremdes Vermögen die Straftaten, die durch jugendliche Täter begangen werden, stark im Steigen sind. Ohne Personal und Ausrüstung kann der Kampf gegen die Kriminalität nicht gewonnen werden. Mit der Polizeireform, vor der die Polizei immer gewarnt hat, wurde das Gendarmeriesystem über das Polizeisystem gestülpt. Enderfolg: steigende Kriminalität und sinkende Aufklärung. Den Gaunern ist bekannt geworden, dass die Verfolgung durch die Polizei für die Polizei selbst zu einem Problem geworden ist – und die Gauner nützen diese Probleme zu 100 Prozent aus. Ebenso führt der durch die Reform 2005 notwendige Verwaltungsaufwand zu einer Behinderung des gesamten Sicherheitssystems. Dass wir heute mit der geringsten Aufklärungsrate seit zehn Jahren zu kämpfen haben, liegt nicht zuletzt am permanenten Abbau von Planstellen und Überstunden bei der Exekutive, der ein desaströses Ergebnis mit sich bringt. Natürlich liegt die Schuld an diesem Zustand nicht im alleinigen Verantwortungsbereich des Innenministeriums. Auch das Justizministerium muss hier in die Pflicht genommen werden. Verfolgungshandlungen, die aus finanziellen Gründen nicht gesetzt werden, führen zu einem für den Verbrecher nicht ernst zu nehmenden Instrument der Strafverfolgung. Ich darf Ihnen hiezu ein Beispiel nennen – den Unterschied zwischen Verwaltungsrecht und Strafrecht: Ich parke mein Auto beispielsweise in einem Halteverbot und kann Ihnen tausend Gründe nennen, warum ich das absichtlich mache. Werde ich dabei betreten, bezahle ich die 21 € Mindeststrafe. Wenn ich nicht bezahlen kann, wird diese Strafe exekutiert. Läuft auch die Exekution ins Leere, weil von mir keine finanziellen Mittel pfändbar sind, sitze ich 72 Stunden lang eine Verwaltungsstrafe ab. Das passiert nach dem Verwaltungsstrafrecht. Auf der anderen Seite die Vorgangsweise nach dem Strafrecht: Keinen Grund kann ich Ihnen nennen, warum ich eine vorsätzliche Übertretung nach dem Strafrecht begehe. Als Beispiel: Ich fahre mit meinem Auto mit Anhänger nachts in eine Schottergrube, entwende dort zwei Kubikmeter Rollschotter und werde beim Abtransport durch die Polizei betreten. Von der Polizei wird weiters festgestellt, dass mein Anhänger überladen ist. Für die Verwaltungsübertretung Überladen des Anhängers bekomme ich eine unbedingte Strafe. Für den Diebstahl von Rollschotter bekomme ich – falls Version v. 28. April 2009, 18:47 nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert Bundesrat 16. April 2009 769. Sitzung / 3 überhaupt! – eine Eintragung in das Strafregister, muss aber nicht einmal die Kosten des Strafverfahrens bei Gericht bezahlen. Genau diesen Unterschied kennen unsere fremden Freunde und Asylwerber und nützen das auch aus. Lieber einen Diebstahl begehen als einmal falsch parken! Da bekommt man keine Strafe, noch dazu, wenn man ein Nichtösterreicher ist. Was bringt eine Eintragung ins Strafregister für einen Fremden? Präventiv nichts. Eine Strafverfolgung ins Ausland wird wegen Geringfügigkeit auf jeden Fall eingestellt. Nicht so bei Verwaltungsstrafen. Diese werden erst jetzt auf 70 € Mindeststrafe erhöht, damit eine Verfolgung ins Ausland möglich ist und sich auch rechnet. Damit wird aber auch der Inländer höher bestraft. Daher fordere ich: Wie es bei Verwaltungsstrafen eine Mindeststrafe gibt, muss es auch im gerichtlichen Strafverfahren eine Mindeststrafe geben. Eine Mindeststrafe von 500 € für jedes begangene gerichtlich strafbare Vorsatzdelikt muss eingeführt werden. Diese Mindeststrafe muss dann im Inland ... (Ruf bei der ÖVP: Alle einsperren!) – Nach dem Verwaltungsrecht werden sie auch alle eingesperrt! – Diese Mindeststrafe muss dann im Inland genauso exekutiert werden, wie es im Verwaltungsrecht jetzt schon durchgeführt wird. Mit einer derartigen Mindeststrafe für jedes Vorsatzdelikt werden die Diebstähle radikal zurückgehen. Es wird einen radikalen Rückgang bei Ladendiebstählen, Schotterdiebstählen, gewöhnlichen Diebstählen nach sich ziehen. Die Verfolgung dieser Delikte muss daher rigoros sein, genauso wie im Verwaltungsrecht. Der Sicherheitsbericht 2007 zeigt auch auf, dass Umweltdelikte im unteren Bereich liegen. Das hängt damit zusammen, dass es fast kein Personal zur Verfolgung von Umweltdelikten gibt. Ebenso gibt es zur Bekämpfung der Schlepperei fast kein Personal. Medial wird alles groß angekündigt, tatsächlich gibt es zur Bekämpfung dieser Delikte kein Personal. Für eine nicht erstattete Anzeige gibt es auch keine Eintragung in der Kriminalstatistik. Hier sei nur ein Beispiel angeführt: die Bekämpfung von Ladendiebstählen. Bei der Bekämpfung des Ladendiebstahles gibt es die höchste Aufklärungsquote überhaupt, nämlich 78,1 Prozent. Das hängt aber damit zusammen, dass die Kaufhausketten und Supermärkte Privatdetektive zur Bekämpfung des Ladendiebstahles einsetzen. Die Betretung erfolgt daher durch einen Detektiv, der dann die Anzeige erstattet. Deswegen ergibt sich die hohe Aufklärungsquote. Das zeigt aber wieder: Bei Einsetzung von genügend Personal kann auch effizient gegen Straftäter vorgegangen werden. Version v. 28. April 2009, 18:47 nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert Bundesrat 16. April 2009 769. Sitzung / 4 Der Sicherheitsbericht zeigt auch eindeutig, dass bei geringen Übertretungen, bei kleinen vorsätzlich begangenen strafbaren Handlungen die Aufklärungsquote höher ist als bei schwereren Tatbeständen. Das bedeutet, dass bei kleineren Delikten der Arbeitsaufwand der Polizei geringer ist und leichter bewältigt werden kann als bei schweren Delikten. Bei schweren Delikten setzt die Verfolgungshandlung umfangreiche Erhebungen voraus, die sich über Jahre ziehen können. Dafür fehlen den uniformierten Polizisten einfach die Zeit und das Personal. Der Kriminalbeamtenapparat wurde durch die Polizeireform 2005 abgeschafft und besteht nur mehr in Teilbereichen. (Bundesrat Kainz: Wo hast du denn das her?) Ein vernichteter Apparat wird auch keine Erfolge bringen. An dieser Stelle darf ich der ÖVP zu ihrem EU-Spitzenkandidaten Ernst Strasser gratulieren. Ich frage mich: Was wollt ihr in der EU ruinieren?, weil ihr diesen Mann als Spitzenkandidaten genommen habt. Vermutlich wird damit das Versprechen: Du, lieber Ernst, machst die Polizeireform, trittst dann zurück, und wir setzen dich später als EUSpitzenkandidaten ein!, eingelöst. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die ÖVP hat damit sicher richtig gehandelt, denn einen Innenminister, der sich nach der Umsetzung dieser Polizeireform lange im Sattel halten wird, wird es auch in Zukunft nicht geben. Ein weiteres Beispiel darf ich Ihnen anführen – das ist erst vor Kurzem, dieser Tage geschehen –: Ein 21-jähriger Straftäter, der im Mai 2008 eine Körperverletzung und Sachbeschädigung begangen hat und dann im Verlaufe der Amtshandlung eine Polizistin gewürgt hat und damit den Tatbestand der schweren Körperverletzung und des Widerstands gegen die Staatsgewalt gesetzt hat, wird seitens des zuständigen Staatsanwalts das völlig unverständliche Angebot gemacht, sich im Zuge der Diversion von weiteren Verfahren freizukaufen. Besonders unfassbar ist dabei das Angebot der Staatsanwaltschaft, dass mit der Bezahlung eines Geldbetrages von lediglich 100 € an alle beteiligten geschädigten Personen ein weiteres Strafverfahren unterbleiben wird. Offenbar ist nunmehr in ÖVP-Kreisen angesagt, die Wiener Polizei nicht nur generell durch entbehrliche Aussagen von unserer Innenministerin Fekter zu verunglimpfen, sondern auch die ohnedies mühevolle Arbeit der Polizistinnen und Polizisten mit fragwürdigen und absolut entbehrlichen Entscheidungen durch die Justiz zu untergraben. Im Zuge einer Besprechung hat Frau Innenministerin Fekter ersucht, dass jene Polizisten, die als Abgeordnete im Hohen Haus sitzen, das Innenministerium nicht madig machen sollen. (Bundesministerin Dr. Fekter: Ja!) Version v. 28. April 2009, 18:47 nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert Bundesrat 16. April 2009 769. Sitzung / 5 Dazu kann ich nur sagen: Wir Polizisten machen das Innenministerium nicht madig. (Bundesrat Dr. Kühnel: Aufklärungsquote, Herr Kollege!) Aber durch Aussagen unserer Chefin über die Wiener Polizei wird ein ganzes Polizeikorps in Aufruhr versetzt. Einige auffallende Punkte im Sicherheitsbericht habe ich schon angeführt. Weiters ist ersichtlich, dass der Anstieg der weiblichen Straftäter erschreckend stark ist, ebenso der Anstieg der jugendlichen Straftäter. Im Sicherheitsbericht nicht ausgewiesen sind unmündige Straftäter; das sind junge Leute unter 14 Jahren. Aus den Medien ist bekannt, dass auch diese Zahl erschreckend hoch ist. Die Verarmung in Österreich schreitet immer weiter voran. Die leidtragenden Eltern können ihren Kindern nichts mehr bieten, und diese gleiten daher in die Kriminalität ab. Auch wenn der Sicherheitsbericht noch so geschönt ist, kann herausgelesen werden, dass es bei Einbruch in Einfamilienhäuser eine Steigerung um 18,3 Prozent gibt, bei Einbruch in Geldinstitute um 16,9 Prozent, bei Einbruch in Vereinshäuser um 15,6 Prozent und bei Raub eine Veränderung in Prozenten, die gigantisch ist: bei Raub in Trafiken um 67,1 Prozent, bei Raub in geschlossenen Räumen um 43,9 Prozent, bei Raub auf Geld- und Werttransporte um 36,2 Prozent. – Und das ist erst der Bericht aus 2007! (Bundesrat Kainz: Gibt es da effektive Zahlen auch?) – Brauchst nur nachzulesen! Im Sicherheitsbericht stehen die gleich am Anfang. Aus dieser Statistik kann eindeutig herausgelesen werden, dass es in weniger dicht besiedelten Gebieten eine höhere Aufklärung gibt. Nicht herausgelesen habe ich, dass bei weniger Delikten die Aufklärungsquote steigt. Genau das Gegenteil ist der Fall: Je weniger Delikte anfallen, umso schlechter ist die Aufklärung. Genau das Gegenteil müsste aber der Fall sein. In Deutschland, in Hessen, gibt die Polizei voller Stolz bekannt, dass die Straftaten zurückgegangen sind und dadurch die Polizei mehr Zeit zur Bearbeitung der Straffälle hat und daher auch die Aufklärung steigt. In Österreich ist das genau umgekehrt. Aber nicht die Aufklärung soll das Um und Auf der Kriminalitätsbekämpfung sein. Es soll die Prävention sein. Jede verhinderte Straftat hebt das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Nur ein rigoroses Aufklären der Bevölkerung und ein rigoroses Verfolgen von Straftätern führen zu einem Sinken der strafbaren Handlungen. Justizanstalten, wie es sie in Leoben gibt, führen zu keiner Abschreckung von Straftaten. Hier tritt ebenfalls genau das Gegenteil ein: Straftäter werden durch solche Version v. 28. April 2009, 18:47 nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert Bundesrat 16. April 2009 769. Sitzung / 6 Luxusanstalten angezogen, geht es doch den Fremden in Haft besser als zuhause in Freiheit. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Es muss über ein Modell zur Verbüßung der Strafen im Heimatland nachgedacht werden. Versuche gab es bereits, doch sind diese Modelle gescheitert. Die Überfremdung in Österreich führt auch zu den enorm hohen Straftaten im Bundesgebiet. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.) Ein Asylwerber oder ein Fremder mit Aufenthaltsberechtigung muss seinen Status verlieren, wenn dieser sich nicht an unsere Gesetze hält. Asyl ja für wirklich Verfolgte, nein für Wirtschaftsflüchtlinge. Subsidiäre Unterstützung soll nur für unsere Bürger sein. Ebenso soll unser Sozialsystem nur für unsere Bürger sein. Jeder Nicht-Österreicher hat die Möglichkeit, sich seine Staatsbürgerschaft zu verdienen. Diese kann aber nicht erworben werden durch Absitzen vieler Jahre in einem österreichischen Gefängnis. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, da sind wir einer Meinung: Anstelle von Kriminalitätsexplosion, Asylmissbrauch, Islamisierung und Massenzuwanderung möchte ich für meine Heimat ein sicheres Österreich. (Beifall der Bundesrätin Mühlwerth.) 13.31 Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner: Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte. Version v. 28. April 2009, 18:47 nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert