Theorie und Empirie der Kaufkraftparität (23.5.)

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Theorie und Empirie der Kaufkraftparität (23.5.)
Text: Taylor, A., Taylor M. (2004): The Purchasing Power Debate, NBER
Working Paper No. 10607 (June 2004)
Fragen:
1. Beschreiben Sie in ein, zwei Sätzen, was die Theorie der Kaufkraftparität
besagt.
2. Was sagen empirische Analysen über die Geltung von absoluter bzw.
relativer Kaufkraftparität kurz- bzw. langfristig?
3. Was versteht man – in einfachen Worten – im Zusammenhang mit
empirischen Tests der Kaufkraftparität unter einem „random walk“, was
unter einem „unit root process“?
4. Erklären Sie die Gleichung auf S 11 inhaltlich. Was kann man mit solchen
ökonometrischen Ansätzen überprüfen und wie?
5. Was sind mögliche Quellen der „Nicht-Linearität“ bei der Betrachtung
der Kaufkraftparität?
6. Wo liegen nach Meinung der beiden Taylors derzeit die wichtigsten
Mängel der Theorie? In welchen Feldern ist daher vorrangig zukünftige
Forschungsarbeit zu leisten?
Kaufkraftparität (KKP)
Grundlagen
Absolute versus relative Kaufkraftparität
Abweichungen von der Kaufkraftparität
Ansätze zum Nachweis der Kaufkraftparität
Nicht-Linearität und weitere Probleme
Grundlagen
Die „Theorie“ der Kaufkraftparität besagt in Kurzform, dass
sich die Kaufkraft von Währungen über Grenzen hinweg
nicht unterscheiden sollte. Sie hängt eng zusammen mit
dem so genannten „Law of one price“, nachdem weltweit
für dasselbe Gut derselbe Preis gezahlt werden sollte.
Sie hängt auch eng zusammen mit dem Konzept des
realen Wechselkurses. Technisch formuliert bedeutet sie
daher, dass der Wert des nominellen Wechselkurses von
zwei Währungen gewichtet mit dem Verhältnis der aggregierten Preisniveaus dieser beiden Ländern (nicht ihrer
Indizes!) möglichst gleich 1 sein sollte.
Absolute versus relative KKP
Die exakte Geltung dieser „Theorie“ (besser: Hypothese)
bezeichnet man als absolute Kaufkraftparität. Wenn sie
gilt, dann ist 1 Euro überall genau gleich viel wert, egal in
welche Währung er getauscht wird.
Da dies aufgrund vieler Störungen kaum je gilt, wird die
„Hypothese“ in der Regel in ihrer Variante als relativen
Kaufkraftparität getestet. Dann genügt es, dass die prozentuellen Änderungen der Wechselkurse den prozentuellen Änderungen der Preise entsprechen.
Die Geltung von absoluter KKP impliziert die Geltung von
relativer KKP, nicht aber umgekehrt.
1
Abweichungen von der KKP
Abweichungen in Zusammenhang mit Güterarbitrage:
– nicht-handelbare Güter (Dienstleistungen,
Immobilien)
– Transaktionskosten (Transportkosten, Steuern,
Gebühren, Zölle, nicht-tarifäre Hemmnisse)
– Güter sind nicht perfekt substituierbar (auch aufgrund unterschiedlicher Präferenzen)
Eher „technische“ Gründe:
– die Zusammensetzung von Warenkörben ist
international nicht einheitlich
– Produzentenpreise und Konsumentenpreise
ergeben unterschiedliche Ergebnisse
– eine kurzfristige oder eine langfristige Perspektive
macht einen Unterschied
Exkurs:
„Stylized Facts“ zur Geltung absoluter
und relativer Kaufkraftparität
2
Ansätze zum Nachweis der KKP I
Generell: absolute KKP hält nicht, relative nur langfristig
„Monetärer“ Ansatz:
– KKP hält, weil auch der Preis von Geld durch ein
Marktgleichgewicht determiniert wird
– dieser Ansatz konnte statistisch widerlegt werden
Ansatz über reale Wechselkurse (RWK):
– absolute KKP hält, wenn der RWK gleich 1 ist
– aber Wechselkurse sind wesentlich volatiler als
Güterpreise, daher sind kurzfristige Abweichungen
absolut unvermeidlich
– diese Zeitinkonsistenz führt u.a. zum “overshooting”,
zum „Überschießen“ von Wechselkursen
Ansätze zum Nachweis der KKP II
Statistisch weiter entwickelte Ansätze über RWK:
– KKP impliziert als notwendige Bedingung, dass die
betrachtete Zeitreihe zum Mittelwert konvergiert.
– Tests auf die „random-walk“-Hypothese folgten,
auch auf „effiziente“ Märkte (z.B. Roll 1979).
– Diese Hypothese besagt, dass eine Zeitreihe (z.B.
die eines RWK) völlig zufälligen Bewegungen folgt,
die also nicht von vorigen Daten abhängen oder zu
einem Wert hin konvergieren
– Letztlich gelang auf diesem Wege aber kein.
schlüssiger Nachweis der KKP. Der Grund lag
hauptsächlich in vorerst unlösbaren statistischen
Problemen, durch die zu viele Bewegungen als im
statistischen Sinn „zufällig“ erschienen.
Ansätze zum Nachweis der KKP III
Statistisch weiter entwickelte Ansätze über RWK:
– Als Reaktion wurden nun Tests auf „unit-root“Prozesse durchgeführt.
– Solche Prozesse zeichnen sich dadurch aus, dass
man zwar Bewegungen der Zeitreihe bis zu einem
gewissen Grad vorhersehen kann, die Zeitreihe
deshalb aber nicht zu einem Wert konvergiert.
Beispiel: qt = α + β qt −1 + ε t , wenn β = 1
– Resultat dieser Tests war die Befürchtung, dass die
KKP möglicherweise selbst langfristig nicht hält und
damit eine wichtige Erklärung für Wechselkurse
(und Basis vieler anderer Modelle) verloren geht.
– Aber: auch diese Tests standen statistisch noch auf
schwachen Beinen.
1
Ansätze zum Nachweis der KKP IV
Lösungsversuche durch „Verbesserung“ der Datenlage:
– mehr Jahre: nur geringfügige Verbesserungen,
zusätzliche Probleme (Wechselkursregime,
Strukturbrüche, Fundamentaldaten, …)
– kürzere Abstände: nur bessere Auskunft über
kurzfristige Entwicklungen
– mehr Länder: statistische Probleme, weil Tests in
der Regel nur gemeinsame, nicht aber spezifische
Trends prüfen konnten
Damit bleiben zwei „Puzzles“:
– kaum starke Evidenz für langfristige KKP
– selbst wenn, dann nur sehr langsame Anpassung
(„Halbwertszeiten“)
Ansätze zum Nachweis der KKP V
Ein besonderer Ansatz sind autoregressive Prozesse
(z.B. nach Frankel 1986):
(qt − q~ ) = ϕ (qt −1 − q~ ) + ε t
–
–
–
Über diese Gleichung werden die aktuellen Abweichungen des RWK von seinem Gleichgewichtswert
einfach als das gewichtete Ausmaß vergangener Abweichungen (plus zufällige Störungen) modelliert.
Ökonometrisch kann nun getestet werden, ob und wie
schnell der RWK zum Gleichgewicht zurückkehrt.
Frankels Analyse ergab einen Schätzer von 0.86, allerdings statistisch signifikant von 1 verschieden. Der
RWK folgt also keinem „random walk“, das Tempo der
Konvergenz ist aber relativ langsam.
Nicht-Linearität
Mögliche Quellen der Nicht-Linearität der Prozesse:
– unterschiedliche Anpassungsgeschwindigkeiten in
Abhängigkeit vom Ausmaß der Abweichung
– „Band der Inaktivität“ wegen Transaktionskosten,
das führt z.B. zu Prozessen, die „Schwellen-autoregressiv“ („threshold autoregressive“) sind
– verschiedene Prozesse für verschiedene Güter
– Einflüsse von Erwartungshaltungen der Akteure auf
dem Devisenmarkt.
Damit konnten die bestehenden „Puzzles“ teilweise gelöst
werden (vor allem die „Halbwertszeiten“ schrumpften), zudem konnte gezeigt werden, dass die Anwendung linearer
Tests für nicht-lineare Prozesse Probleme hervorruft.
2
Weitere Probleme („Puzzles“)
Kurzfristig: „die Volatilität des Störterms“
– Volatile Wechselkurse (aufgrund diverser Schocks)
und starre Preise passen noch nicht zusammen.
– Der kurzfristige Einfluss von Wechselkursregimes
und der Einfluss von Sektoren ohne internationalen
Handel sind zu wenig untersucht.
Mittelfristig: „die Anpassungsgeschwindigkeit“
Langfristig: „das Niveau des realen Wechselkurses“
– der Einfluss der Kapitalverkehrsbilanz
– der Einfluss von Produktivität und Entwicklung
– u.a. daher kann sich das Gleichgewichtsniveau des
RWK langfristig auch ändern
Exkurs:
Der Harrod-Balassa-Samuelson-Effekt
Ein letzter Exkurs: Reale Wechselkurse
Entwicklungen von Wechselkursen und
Produzentenpreisindizes in den USA und Europa
im Vergleich
Prognosefähigkeit des Realen für den Nominellen
Wechselkurs
Prognosefähigkeit???
5
1 9 9 9 -1
1 9 9 9 -2
1 9 9 9 -3
1 9 9 9 -4
2 0 0 0 -1
2 0 0 0 -2
2 0 0 0 -3
2 0 0 0 -4
2 0 0 1 -1
2 0 0 1 -2
2 0 0 1 -3
2 0 0 1 -4
2 0 0 2 -1
2 0 0 2 -2
2 0 0 2 -3
2 0 0 2 -4
2 0 0 3 -1
2 0 0 3 -2
2 0 0 3 -3
2 0 0 3 -4
2 0 0 4 -1
2 0 0 4 -2
2 0 0 4 -3
2 0 0 4 -4
1999-1
1999-2
1999-3
1999-4
2000-1
2000-2
2000-3
2000-4
2001-1
2001-2
2001-3
2001-4
2002-1
2002-2
2002-3
2002-4
2003-1
2003-2
2003-3
2003-4
2004-1
2004-2
2004-3
2004-4
1,20
1,15
1,1700
1,1600
1,2000
1 9 9 9 -1
1 9 9 9 -2
1 9 9 9 -3
1 9 9 9 -4
2 0 0 0 -1
2 0 0 0 -2
2 0 0 0 -3
2 0 0 0 -4
2 0 0 1 -1
2 0 0 1 -2
2 0 0 1 -3
2 0 0 1 -4
2 0 0 2 -1
2 0 0 2 -2
2 0 0 2 -3
2 0 0 2 -4
2 0 0 3 -1
2 0 0 3 -2
2 0 0 3 -3
2 0 0 3 -4
2 0 0 4 -1
2 0 0 4 -2
2 0 0 4 -3
2 0 0 4 -4
PPI D (rechts)
Reale Wechselkurse I
1,30
PPI USA (rechts)
Wechselkurs (rechts)
Wechselkurs
Wechselkurs USD:EUR (links)
1,25
118
1,10
Entwicklungen von Wechselkursen und 114
Produzentenpreisindizes in den USA und 112
110
Europa im Vergleich
116
1,05
108
1,00
106
0,95
104
0,90
102
0,85
100
Reale Wechselkurse II
prognostiziert (links)
Prognosefähigkeit des Realen für den
Nominellen Wechselkurs
1,3000
Prognosefähigkeit???
1,3000
1,2000
1,1500
1,1000
1,1400
1,0000
1,1300
0,9000
1,1200
0,8000
1,1100
0,7000
Reale Wechselkurse III
prognostiziert
1,3000
1,1000
1,2000
1,1000
1,0000
1,0000
0,9000
0,9000
0,8000
0,8000
0,7000
0,7000
6
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