Stress, Stresstheorien, Stressmodelle, Stressbewäl2gung, Arbeit und Stress EIN STRESSMODELL Kognitive Bewertung Kognitive Bewertung Stressor Typ Umwelt Psychisch Sozial Person Physiologische Charakteristiken Körperliche Gesundheit Konstitutionelle Stabilität Dimensionen Intensität Dauer Häufigkeit Vorhersagbarkeit Psychische Charakteristiken Mentale Gesundheit Temperament Selbstkonzept, Gefühl der Selbststeuerung, Selbstwert Kulturelle Charakteristiken Kulturelle Festlegungen und Bedeutungen Erwartete Reaktionsweise Ressourcen Materiell Geld Medizinische Versorgung Persönlich Fertigkeiten Copingstil Sozial Unterstützende Netzwerke Professionelle Hilfe Mögliche Reaktionen Physiologisch (z. B. Michael leidet an Schlafstörungen) Behavioral (z. B. Paula macht Überstunden) Emotional (z. B. Johanna kann ihren Ärger nur schwer kontrollieren) Kognitiv (z. B. Rick kann sich nicht auf die Semesterarbeit konzentrieren) R. J. Gerrig, P. G. Zimbardo: Psychologie, Pearson Studium, 2008, S. 468 STRESSPROZESS AUS SICHT DER GESUNDHEITSFÖRDERUNG (BUNDESZENTRALE FÜR GESUNDHEITLICHE AUFKLÄRUNG) Faktoren, welche die Entwicklung koronarer Herzerkrankungen (KHK) beeinflussen Soziale Schicht Geschlecht Wohnstandard Ernährung Physische und soziale Umwelt Cholesterin Regionales Umfeld Alter Ethnische Zugehörigkeit SCHLÜSSELFAKTOREN SOZIALER GLIEDERUNG Rauchen Blutdruck Zugang zu Gesundheitsdiensten Bewegungsmangel Zugang zu Freizeiteinrichtungen Psychosoziale Faktoren wie Stress FAKTOREN DER PHYSISCHEN UND SOZIALEN UMWELT K H K Übergewicht FAKTOREN DES LEBENSSTILS PHYSIOLOGISCHE FAKTOREN J. Naidoo, J. Wills: Lehrbuch der Gesundheitsförderung, BZgA, 2003, S. 28 STRESSTHEORIEN (aufbauend auf unterschiedlichen Stressbegriffen) Biologisch: Hans Selye (1956) Psychologisch: Richard S. Lazarus (1960-1984) Soziologisch: Leonhard I. Pearlin (1970-1989) Das allgemeine Adaptionssyndrom R. J. Gerrig, P. G. Zimbardo: Psychologie, Pearson Studium, 2008, S. 471 STRESSTHEORIEN (aufbauend auf unterschiedlichen Stressbegriffen) Biologisch: Hans Selye (1956) Psychologisch: Richard S. Lazarus (1960-1984) Soziologisch: Leonhard I. Pearlin (1970-1989) Psychologische Stresstheorie: Arten der Bewertung (primär, sekundär, neu; Lazarus, 1995) Einschätzung der Person-Umwelt-Transaktion im Hinblick auf eigenes Wohlergehen • Irrelevant • Positiv • Belastend Auslösung einer Stressreaktion Schädigung oder Verlust (harm or loss) Beeinträchtigung des Wohlbefindens ist bereits eingetreten Bedrohung (threat) Zukünftige Beeinträchtigung, ein persönlicher Schaden oder Verlust (T. Faltermaier: Gesundheitspsychologie, 2005, S. 73 ff.) Herausforderung (challenge) Belastende Situation wird mit möglichen positiven Konsequenzen für das Wohlergehen wahrgenommen STRESSTHEORIEN (aufbauend auf unterschiedlichen Stressbegriffen) Biologisch: Hans Selye (1956) Psychologisch: Richard S. Lazarus (1960-1984) Soziologisch: Leonhard I. Pearlin (1970-1989) Soziologische Stresstheorie nach Leonhard I. Pearlin (Medizinsoziologe, Stressforscher) • Betonung der gesellschaftlichen und sozialkulturellen Hintergründe von Belastungssituationen (z.B. sozioökonomischer Status, Familienstatus, Beruf, Alter, Geschlecht) • Lebensereignisse und Dauerbelastungen in sozialen Rollen (z.B. Ehe, Beruf, Elternschaft) sowie Ressourcen zur Bewältigung werden mehr in ihren lebensweltlichen Kontexten verstanden • Stressoren: gesellschaftlich-sozial und individuell-biographisch • Stress nach Pearlin ist ein sozialer Prozess • Ursprünge von Stress: soziale Bedingungen (Lebensereignisse, chronische Belastungen) • Wirkung von Stressbedingungen: durch Mediatoren - Bewältigungsverhalten und soziale Unterstützung sind wichtig • Manifestationen von Stress: Gefühle, beobachtbares Verhalten, funktionale Handeln, körperliche Symptome, psychische Symptome (T. Faltermaier: Gesundheitspsychologie, 2005, S. 73 ff.) STRESSPROZESS AUS GESUNDHEITSPSYCHOLOGISCHER SICHT T. Faltermaier: Gesundheitspsychologie (Grundriss der Psychologie – Band 21). Kohlhammer, 2005, S. 83 Lebenswelt Sozialökonomische Rahmenbedingungen Soziale/ materielle Ressourcen Objektive Anforderungen Lebensereignisse Handlungsressourcen Dauerbelastung Subjektive Anforderungen Alltagsärgernisse Subjekt (Person) T. Faltermaier: Gesundheitspsychologie (Grundriss der Psychologie – Band 21). Kohlhammer, 2005 Subjektive Bedeutung Kognitive Bewertung Personale Ressourcen Bewältigungsversuche (-prozesse) Stressreaktionen Körperliche Krankheit - psychologisch - physiologisch Psychische Störung „STRESS-PROZESS-KREISLAUF“ Information Biologisch Physikalisch Chemisch Psychologisch Soziologisch Ressourcen Stressoren + Ressourcen Stressoren ZNS NichtZNS Verhalten Handeln Lebensstil Lebensführung Umwelt STRESS AM ARBEITSPLATZ Einflussfaktoren • Kognitive, affektive und motivationale Prozesse • Initiierte Handlungen • Situativer Kontext des Arbeitsmarktes • Organisationsstruktur von Betrieben • Soziale Rollen- und Machtbeziehungen • Gesundheit (stressbedingte Erkrankungen) • Leistungsvermögen Johannes Siegrist: Stress am Arbeitsplatz. In: Enzyklopädie der Psychologie – Gesundheitspsychologie Band 1. Hogrefe. 2005, S. 303-318 STRESS AM ARBEITSPLATZ Definition von Stress und Stressor Stress Latentes Konstrukt, das zusammenhängende zentralnervöse Aktivierung auf affektiver, kognitiver, neuronal-endokriner und motorischer Ebene anzeigt. Stressor Aktivierung (von Stress) als Reaktion auf eine von der Person erfahrene Situation (Stressor), zu deren Merkmalen eine bestimmte Qualität oder Quantität von Herausforderung (Handlungszwang) und ein gewisses Maß an Unsicherheit über den Ausgang der erforderlichen Handlung (Handlungs- und Ergebniskontrolle) gehört. Taxonomie von Stresserfahrungen 1. Valenz von (positiv bzw. negativ konnotierten) Herausforderungen (negativ: zentrale Nutzenproduktion bedroht, Folge: Verlustangst) 2. Intensität und Dauer von Herausforderungen 3. Handlungsoptionen angesichts von Herausforderungen (aktive versus passive Reaktionsformen) Johannes Siegrist: Stress am Arbeitsplatz. In: Enzyklopädie der Psychologie – Gesundheitspsychologie Band 1. Hogrefe. 2005, S. 303-318 STRESS AM ARBEITSPLATZ Auswirkungen auf Gesundheit 1. Chronische Stressoren (i.S. von krankheitswertigen Stresserfahrungen) am Arbeitsplatz, d.h. Herausforderungen, denen Personen über Jahre hinweg ausgesetzt sind. 2. Negativ konnotierte Herausforderungen sind wichtiger als positiv konnotierte (länger anhaltende bzw. intensivere Stressreaktionen) 3. Stressoren, denen mit Handlungsoptionen begegnet werden kann, sind wichtiger als Stressoren mit Zwang zu Passivität (Analyse von Überforderung und Unterforderung wichtig!) 4. Zur Analyse krankheitswertiger Stresserfahrungen sollten nach Möglichkeit Informationen über die von der Person konnotierte negative Valenz von Stressoren sowie über das Bewältigungsverhalten der Person und die von ihr erwartete Handlungs- und Ergebniskontrolle vorliegen (Transaktionsmodelle). Johannes Siegrist: Stress am Arbeitsplatz. In: Enzyklopädie der Psychologie – Gesundheitspsychologie Band 1. Hogrefe. 2005, S. 303-318 STRESS AM ARBEITSPLATZ Person-Environment-Fit-Modell French, Caplan, Harrison (1982) Zentrale Annahme Stresserfahrungen bei der Arbeit sind das Ergebnis eines Missverhältnisses zwischen den Bedürfnissen sowie Fähigkeiten einer Person und den vorgegebenen Anforderungen und Ressourcen des Arbeitsplatzes. Entscheidend für das Ausmaß der Stresserfahrung Subjektive Bewertung dieses Missverhältnisses durch die arbeitende Person. (Differenz zwischen subjektiver Bewertung und objektiv feststellbare Beurteilung möglich!) Verwandtes Modell: Arbeitsstress-Modell von James House (1981). Die Summe der wahrgenommenen Arbeitsstressoren führt nur insoweit zu Stressreaktionen, als diese nicht durch Schutzfaktoren abgeschirmt sind. (Wichtigster Schutzfaktor: sozialer Rückhalt am Arbeitsplatz) Johannes Siegrist: Stress am Arbeitsplatz. In: Enzyklopädie der Psychologie – Gesundheitspsychologie Band 1. Hogrefe. 2005, S. 303-318 STRESS AM ARBEITSPLATZ Anforderungs-Kontroll-Modell Karasek, Theorell (1990) Zentrale Annahme Ableitung von Belastungserfahrungen aus der Kombination von zwei entscheidenden Dimensionen: 1. Dimension der Anforderung, die von Tätigkeitsprofilen an die arbeitenden Personen gestellt werden. 2. Dimension der Kontrolle, welche die arbeitende Person über die Tätigkeit ausüben kann. Anforderung hoch niedrig Kontrollmöglichkeit Niedrig Hoch Niedriger niedrig Stress Niedriger Stress Niedrige Lernchance Hohe Lernchance Hoher Stress Niedriger Stress hoch Hohe Lernchance Hoch Stresstheoretische Verankerung: Personale Kontrolle Hohe Lernchance niedrig Johannes Siegrist: Stress am Arbeitsplatz. In: Enzyklopädie der Psychologie – Gesundheitspsychologie Band 1. Hogrefe. 2005, S. 303-318 STRESS AM ARBEITSPLATZ Modell beruflicher Gratifikationskrisen Siegrist (1996) Zentrale Annahme Tauschbeziehung der in der Erwerbsrolle angelegten Reziprozität: Für erbrachte Leistungen werden Gratifikationen in Form dreier gesellschaftlich sanktionierter „Transmitter“ gewährt: 1. Lohn/Gehalt, 2. Achtung/Wertschätzung, 3. Aufstieg/Arbeitsplatzsicherheit Stresstheoretische Verankerung: Soziale Belohnung Hohe Stressreaktionen: bei fortgesetzter hoher Verausgabung ohne angemessene Gratifikation. („hohe Kosten + niedriger Gewinn = Gratifikationskrise“) Zu erwarten bei: 1. Fehlende Arbeitsplatzalternative. 2. Ungünstige Arbeitsverträge, die aus strategischen Gründen für längere Zeit aufrechterhalten werden. 3. Vorliegen eines spezifischen psychischen Bewältigungsmusters angesichts von Leistungssituationen, das durch eine distanzlose, übersteigerte Verausgabungsneigung gekennzeichnet ist, häufig einhergehend mit einer unrealistischen Einschätzung der gestellten Anforderungen und der zu erwartenden Belohnungen. Johannes Siegrist: Stress am Arbeitsplatz. In: Enzyklopädie der Psychologie – Gesundheitspsychologie Band 1. Hogrefe. 2005, S. 303-318 STRESS AM ARBEITSPLATZ Stressinterventionen in Organisationen Individuumsbezogen Organisa1onsbezogen Stressoren-­‐Reduk1on Reduk2on individueller Stressoren (z.B. Zeitdruck) Reduk2on von Stressoren durch Arbeitsgestaltung Ressourcen-­‐Förderung Kompetenzerweiterung Par2zipa2on in Entscheidungsprozessen Gesundheitszirkel Strain-­‐Reduk1on Entspannungsübungen Arbeitspausen Stressimpfung Erholungsphasen (Urlaub, Freizeit) Veränderung des Lebenss1ls Ernährung Nichtraucher-­‐Training Sportprogramme Rauchfreie Gebäude Auffällige Treppenhäuser vs. auffällige Aufzüge Sabine Sonnentag, Michael Frese, Joachim Coch: Interventionen zur Reduktion von Stress und Stressauswirkungen in der Arbeit. In: Enzyklopädie der Psychologie – Gesundheitspsychologie Band 1. Hogrefe. 2005, S. 319-332 STRESS AM ARBEITSPLATZ Interventionen zur Reduktion von Stress Sonnentag, Frese, Coch (2005) Stressorenreduktion Ressourcenförderung Individuell Individuell • • • • • • Selbstveränderung der Arbeitsumgebung Kontrolle von Arbeitsabläufen Arbeit anders organisieren Förderung innovativer Vorgehensweisen Mindestmaß an Ressourcen notwendig Kompetenzerwerb è Kontrollausübung è Geschickteres Arbeiten è Effizientere Handlungsstrategie è Passung zwischen Individuum und Umweltanforderungen wird erhöht è Selbswirksamkeit é Stressorenreduktion und Ressourcenförderung miteinander kombinieren! Institutionell Institutionell • • • • • • • • • • Verkürzung der Arbeitszeit Reduktion von Lärm Lückenlose Materialversorgung Zeitdruck ê Aufgabenunklarheiten ê Nicht: Reduktion von Herausforderungen Evtl. kognitive Anforderung ê Kontrolle am Arbeitsplatz Partizipation an Entscheidungsprozessen Soziale Unterstützung è Umstrukturierung von Arbeit è Erweiterung der Arbeitsinhalte è Erweiterung der Verantwortlichkeiten STRESS AM ARBEITSPLATZ Interventionen zur Reduktion von Stress Sonnentag, Frese, Coch (2005) Strainreduktion Veränderung des Lebensstils Individuell Individuell Stressmanagementprogramme Reinterpretation von Situationen Reinterpretation von Stressoren è Herausforderung è Verbesserung der Bewältigungsstrategie Maßnahmen A) Enspannungstechniken • Progressive Muskelrelaxation • Meditation • Biofeedback B) Kognitiv-behaviorale Techniken • rational-emotive Therapie • Stressimmunisierung/ Stressimpfung • • • • • • • Ernährung Körperliche Bewegung Alkohol ê Nikotin ê Institutionell Institutionell • • • • • Arbeitspausen Urlaub Freizeitphasen Architektur Treppennutzung fördern