Ambulant vor stationär: eine Alternative zur Kur?

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Foto: Albrecht E. Arnold, Pixelio
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Während der ambulanten Reha müssen Patienten die gewohnte Umgebung nicht mehr für
mehrere Wochen verlassen
Ambulant vor stationär:
eine Alternative zur Kur?
Von Dr. Grischa Convent
In den 90er Jahren noch skeptisch betrachtet, hat sich die ambulante Rehabilitation heute an vielen Orten durchgesetzt
– längst nicht nur aus Kostengründen
Die langfristige Sicherung der Finanzierung
des deutschen Gesundheitssystems wird kontrovers diskutiert, Veränderungen und Anpassungen sind allgegenwärtig. Dass jedoch Kosteneinsparungen immer gleich mit Qualitätseinbußen einhergehen, ist ein Trugschluss, wie
das Modell der ambulanten medizinischen Rehabilitation seit mehr als zehn Jahren beweist.
Statt Kuraufenthalten oft hunderte Kilometer
vom Wohnort entfernt, wird dabei auf ambulante Rehabilitationseinrichtungen gesetzt, die
eine wohnortnahe Versorgung sicherstellen.
Während dieser Zeit müssen Patienten die gewohnte Umgebung nicht mehr für mehrere
Wochen verlassen – ein entscheidender Vorteil
nicht nur für Eltern mit Kindern oder Selbstständige, sondern auch für Ältere. Auf diese
Weise können das soziale Umfeld in die Rehabilitation miteinbezogen und die häuslichen Rahmenbedingungen berücksichtigt
werden. Etwa eine vierstellige Summe wird
bei einer ambulanten Rehabilitation gegenüber einer stationären Versorgung eingespart,
medizinisch und therapeutisch bieten die
nach indikationsspezifischen Vorgaben
der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) zugelassenen Einrichtungen unter fachärztlicher Leitung alles, was
aus einer guten stationären Klinik bekannt
ist. Die Kosten werden von den Renten-,
Kranken- und Unfallversicherungsträgern
übernommen.
Ein weiterer Vorteil: Aufgrund der Nähe
zum Wohnort wird nicht nur eine Zusammenarbeit mit dem Hausarzt und Fachärzten erleichtert, sondern weitere Maßnahmen nach Abschluss der Rehabilitation
können direkt eingeleitet werden. Solch
eine gezielte Nachsorge trägt erheblich zur
Stabilisierung des Rehabilitationserfolgs
bei und kann direkt mit dem Arbeitgeber
abgestimmt werden, um optimale Ergebnisse zu erreichen. Zur nachhaltigen Gesunderhaltung und Rezidivvermeidung
bieten viele BAR-Einrichtungen heute
außerdem ein umfassendes Programm bis
hin zu qualifiziert angeleiteten Selbstzahlerprogrammen an.
Angefangen mit orthopädischen Erkrankungen richtet sich das ganzheitliche Konzept mittlerweile auch an Patienten der
Kardiologie, Neurologie und Psychosomatik sowie seit kurzer Zeit auch an Patienten
der Onkologie. Diese Form der Rehabilitation ist seit dem Jahr 2000 der stationären gleichgestellt. Das Ziel ist die bestmögliche Wiederherstellung der Leistungs-, Arbeits- und Erwerbsfähigkeit.
Für die Patienten stehen neben Physiotherapie und therapeutisch geleitetem
Training, Ergotherapie und Entspannungsübungen auch Gesundheitsvorträge, Ernährungsberatung, Sozialberatung
sowie psychologische Seminare und Einzelberatung auf dem Programm – über
drei bis vier Wochen täglich fünf bis sieben Stunden. Die Verpflegung ist in dieser Zeit sichergestellt, nachmittags kehren die Patienten in ihre häusliche und
familiäre Umgebung zurück.
Trotz der Erfolge steht das System nicht
still: Um besser auf die heutigen gesellschaftlichen und politischen Ansprüche
mit Fachkräftemangel und älter werdenden Mitarbeitern einzugehen, werden
derzeit erste Modelle der medizinischberuflich orientierten Rehabilitation getestet. Sie richten sich an Menschen mit
besonderen beruflichen Problemlagen,
auf die in Absprache mit dem Arbeitgeber oder Betriebsarzt im Rehabilitationsprogramm gezielt eingegangen wird, um
eine zügige Rückkehr an den Arbeitsplatz
sicherzustellen.
Db. GbiSCha ConVenT
Dr. med. Grischa Convent (44) ist leitender Arzt für Orthopädie und Sozialmedizin der medicoreha-Gruppe sowie
Diplom-Sportlehrer und Gesundheitsökonom. Zum Unternehmen mit Hauptsitz in Neuss gehören 13 Rehabilitations- und Gesundheitseinrichtungen und
zwei medizinische Fachschulen am Niederrhein. An den Standorten in Neuss,
Rheydt und Köln werden jährlich mehr
als 1000 Reha-Patienten behandelt.
Am Puls 03 | 2011
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