Einfluss des Klimawandels auf den Sedimenttransport

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Einfluss des Klimawandels auf den Sedimenttransport
in Einzugsgebieten alpiner Stauhaltungen
Konzeptionelles Modell
und Feldstudie im Turtmanntal
Diplomarbeit im Studiengang Geoökologie
am Karlsruhe Institute of Technology (KIT)
vorgelegt von
Alexander Beer
Mai 2009
Referent
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Franz Nestmann (IWG)
Korreferent
Prof. Dr. Dieter Rickenmann (WSL)
Titelbild: Turtmannstausee, Brunegg- und Turtmanngletscher (Kanton Wallis, Schweiz), 17.09.2008
Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig angefertigt habe. Es
wurden nur die in der Arbeit ausdrücklich benannten Quellen und Hilfsmittel benutzt. Wörtlich oder sinngemäß übernommenes Gedankengut habe ich als solches kenntlich gemacht.
Ort, Datum
Unterschrift
Danksagung
Meinen Dank aussprechen möchte ich Herrn Prof. Dr. Dr. Franz Nestmann (IWG), der es
mir durch seine Kooperation mit der WSL ermöglicht hat, meine Diplomarbeit in der Schweiz
zu verfassen. Herrn Prof. Dr. Dieter Rickenmann (WSL) danke ich ganz herzlich für die gute Einführung in den mir noch unvertrauten Arbeitsbereich und die vielen Gespräche und
Erklärungen, für die er sich immer viel Zeit genommen hat. Von ihm konnte ich viel wissenschaftliche Denkweise lernen.
Danken möchte ich besonders meinem Betreuer an der WSL, Herrn Dr. Jens Martin Turowski,
der mich bei meiner ganzen Arbeit unterstützt und beraten hat. Er hat mir bei den Gerinneaufnahmen geholfen, meinen Text Korrektur gelesen und bei den vielen Fragen die sich
ergaben immer ein offenes Ohr gehabt. Herzlichen Dank dafür. Ausserdem danke ich Herrn
Dr. Boris Lehmann, der die Betreuung am IWG übernommen und mich auf wasserbauliche
Aspekte hingewiesen hat.
Weiterhin danken möchte ich Mélanie Raymond Pralong, die mich bei den Feldaufnahmen im
Turtmanntal begleitet und die Kontakte zu den Wasserkraftbetreibern hergestellt hat. Der
Gougra AG sei für die in diesem Rahmen zur Verfügung gestellten Abflussdaten gedankt. Für
die Verarbeitung der Felddaten und sämtliche GIS-Anwendungen konnte ich stets auf Manuel
Nitsche zählen, der sich viel Zeit genommen hat, um mich in die Bedienung einzuweisen. Meinem Freund Marcus Hatz sei ein grosser Dank für das akribische Korrekturlesen. Vielen Dank
auch an alle Gebirgshydrologen für euer Interesse an meiner Arbeit und die guten Gespräche.
Meiner lieben Frau Christina möchte ich herzlich danken und diese Arbeit widmen. Sie hat
mich bei der Feldarbeit unterstützt und mir tatkräftig bei den Vermessungen geholfen. Während der anstrengenden Endphase war sie immer für mich da und hat mir den Rücken freigehalten. Vielen Dank dir und euch liebe Eltern für eure Begleitung in meinem Studium und
meiner Diplomarbeit.
Soli Deo Gloria
Zusammenfassung
Aktuelle Diskussionen über den Klimawandel verschieben sich zunehmend in Richtung ökologischer und ökonomischer Auswirkungen. So ist für die Schweizer Wasserwirtschaft in Einzugsgebieten alpiner Stauhaltungen die Charakteristik des zukünftigen Sedimenttransports
von grosser Bedeutung, da Verlandungserscheinungen und Abrasionsschäden der technischen
Anlagen hohe Kosten verursachen. In der vorliegenden Arbeit wird dafür zunächst ein Konzept der massgebenden Komponenten und Prozesse des Sedimenttransfersystems GletscherHang-Gerinne-Stausee aufgestellt und dann im Hinblick auf die Zukunft in einer Feldstudie
angewandt.
Im ersten Teil werden zunächst die Morphologie, wirksame hydrologisch - morphologisch Prozesse und die Verlandungsproblematik von Stauseen hochalpiner Gebiete beschrieben. Ausgehend von der Betrachtung angenommener klimatischer Veränderungen werden im Rahmen
einer umfangreichen Literaturrecherche die Auswirkungen auf diese Prozesse und Speicher
zusammengestellt. Darauf aufbauend wird ein Systemmodell - Konzept entwickelt und hinsichtlich der zukünftigen Bedeutung der einzelnen Komponenten unter Einwirkung der sich
verändernden Klimaelemente bewertet. Dabei ergibt sich an Hand zweier Szenarien für die
Jahre 2050 und 2100 eine zunehmende Bedeutung der Abtragungs- und Transportvorgänge
durch den Oberflächenabfluss, ein starker Rückgang glazialer Prozesse und Speicher sowie unsichere Tendenzen bezüglich Verwitterungs- und Sturzprozessen.
Der zweite Teil der Arbeit umfasst eine Feldstudie im Vorfeld des Turtmanngletschers im Kanton Wallis (Schweiz). Mit Hilfe einer Interpolation basierend auf digitalen Höhendaten wird
das potentiell erodierbare Sedimentvolumen des Einzugsgebiets berechnet. Für Abflussdaten
des Turtmannstausees der Jahre 2000 - 2008 wird die Geschiebetransportkapazität mit Hilfe
von Transportformeln abgeschätzt. Auf Grundlage zweier angenommener Szenarien für die
Abflusscharakteristik in den Jahren 2050 und 2100 wird der zukünftige Geschiebetransport
berechnet. Zur Mitte des 21. Jahrhunderts ergeben sich bei einem Anstieg des Jahresabflusses um 50 % Zunahmen des Geschiebetransports von 70 %, gegen 2100 bei einem zu heute
vergleichbaren Abfluss eine leichte Transportabnahme und ein stark veränderter Jahresgang.
I
Abstract
Recent discussions about climate change tend to focus on ecological and economical impacts.
For Swiss water economy in catchments of alpine reservoirs the evolution of the hydrological
cycle and future sediment input characteristics are important for sedimentation and abrasion problems in the management of hydropower installations. In this work a concept of the
interaction of controlling processes and sediment sinks in the sediment transfer system glacierhillslope-channel-reservoir is established and applied in a field study.
The first part gives a decription of the morphology, the hydrological - morphological processes and the sedimentation of reservoirs in high alpine catchments. The impacts of predicted
climate change scennarios on processes and reservoirs are dicussed on the basis of a literature
survey. A conceptual system model is developed and evaluated with a view to the relevance of
the components in future sediment transfer. Two scenarios (2050 and 2100) result in an augmentation of erosion and transport due to increasing runoff, a strongly decreasing importance
of glacial processes and sinks and uncertain trends in physical weathering and rockfall.
In the second part the catchment of the Turtmann glacier (Swiss Alps) is investigated in
a field study. From digital elevation data the potentially erodible sediment volume in the
forefield is estimated. For 2000 - 2008 bedload transport is calculated from discharge data of
the Turtmannstausee using several transport equations. Future sediment yields are calculated
on the basis of two discharge scenarios (2050 and 2100). For 2050 an increase of bed load
transport by 70 % is predicted for the rise of the annual discharge of 50 %. By the end of
the century a slight decrease of bedload volume is predicted for a discharge comparable to
contemporary conditions, together with a strong shift of the seasonal cycle.
II
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
I
Abstract
II
Inhaltsverzeichnis
III
Abbildungssverzeichnis
V
Tabellenverzeichnis
VII
Abkürzungsverzeichnis
VIII
1 Einleitung
1.1 Gesellschaftlicher Hintergrund und Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Projektstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Gliederung und Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2 Grundlagen
2.1 Hydrologisch-morphodynamische Prozesse . . . . . . .
2.1.1 Glazial- und Periglazialgebiete . . . . . . . . .
2.1.2 Denudative und erosive Prozesse . . . . . . . .
2.1.3 Abfluss und Abflussregimes . . . . . . . . . . .
2.1.4 Sedimenttransport . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.5 Sedimenttransportberechnung . . . . . . . . . .
2.2 Wasserwirtschaft und Verlandung von Stauseen . . . .
2.3 Klimawandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.1 Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.2 Niederschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.3 Extremereignisse . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Auswirkungen auf alpine Einzugsgebiete . . . . . . . .
2.4.1 Gletscherentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .
2.4.2 Schnee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4.3 Permafrostentwicklung und Sturzprozesse . . .
2.4.4 Blockgletscher, Thermokarst und Gletscherseen
2.4.5 Murgänge und Rutschungen . . . . . . . . . . .
2.4.6 Sedimentbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4.7 Ökosystemänderungen . . . . . . . . . . . . . .
2.4.8 Hydrologische Auswirkungen . . . . . . . . . .
2.4.9 Wasserwirtschaft und Energieerzeugung . . . .
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43
45
47
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50
53
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61
III
Inhaltsverzeichnis
3 Modellkonzept
3.1 Systemmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Szenarien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Massgebende Prozesse und Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.4 Vorgehensstrategie zur quantitativen Abschätzung der Auswirkungen
3.4.1 Datenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.4.2 Berechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4 Das Untersuchungsgebiet
4.1 Wahl des Untersuchungsgebiets
4.2 Geologie und Geographie . . . .
4.2.1 Geologie . . . . . . . . .
4.2.2 Geomorphologie . . . .
4.2.3 Gletscherentwicklung . .
4.2.4 Sedimente . . . . . . . .
4.2.5 Prozesse . . . . . . . . .
4.3 Klima . . . . . . . . . . . . . .
4.4 Wasserkraftanlage . . . . . . .
4.5 Hydrologie . . . . . . . . . . . .
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5 Methoden
5.1 Sedimentvolumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Geschiebetransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.1 Feldaufnahmen und Analysen . . . . . . . . .
5.2.2 Berechnung der Geschiebetransportkapazität
5.2.3 Mögliche zukünftige Entwicklung . . . . . . .
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6 Resultate
6.1 Sedimentvolumen . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2 Geschiebetransport . . . . . . . . . . . . . . .
6.2.1 Feldaufnahmen . . . . . . . . . . . . .
6.2.2 Geschiebetransport während der Jahre
6.2.3 Mögliche zukünftige Entwicklung . . .
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2000 - 2008
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7 Diskussion
7.1 Sedimentvolumen . . . . . . . . . . . . .
7.2 Geschiebetransport . . . . . . . . . . . .
7.2.1 Feldaufnahmen . . . . . . . . . .
7.2.2 Rezenter Geschiebetransport . .
7.2.3 Mögliche zukünftige Entwicklung
7.3 Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . .
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8 Ausblick
124
Literaturverzeichnis
125
Anhang
137
IV
Abbildungsverzeichnis
1.1
Projekt “Klimaänderung und Wasserkraftnutzung“ und ‘Sektorielle Studie Wallis“
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
2.7
2.8
2.9
2.10
2.11
2.12
2.13
2.14
2.15
2.16
2.17
2.18
2.19
2.20
2.21
2.22
2.23
2.24
2.25
2.26
2.27
2.28
Querschnitt durch einen temperierten Gletscher . . . . . . . . . . . . . . . .
Moränen in und um einen Gletscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Modell einer Paraglaziallandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Vergleich weltweiter Festgesteinserosionsraten von Gletschereinzugsgebieten
Natürliche Schweizer Abflussregimes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Tägliche Abflussganglinien eines Gletscherbaches . . . . . . . . . . . . . . .
Formen der Materialverlagerung in einem Gewässer . . . . . . . . . . . . . .
Einordnung von Murgängen als Transportprozess . . . . . . . . . . . . . . .
Koeffizient Ak im Verhältnis zur relativen Abflusstiefe h/d90 . . . . . . . . .
Transportberechnung mit Hilfe einer Integration über die Abflussganglinie .
Verhältnis von Kornreibungsverlusten gegenüber Gesamtreibungsverlusten .
Hydraulische Elektrizitätsgewinnung in der Schweiz und im Wallis . . . . .
Schematische Darstellung der Verlandung eines Stausees . . . . . . . . . . .
Veränderung der Stauseekapazität durch Bautätigkeit und Verlandung . . .
Jährliche und saisonale Temperaturtrends für die Periode 1864 - 2000 . . . .
Probabilistische Temperaturprojektionen für die Schweiz . . . . . . . . . . .
Abweichung der mittleren Jahresniederschläge der Jahre 1864 - 2007 . . . .
Probabilistische Niederschlagsprojektionen für die Schweiz . . . . . . . . . .
Häufigkeitsverteilung der Extremtemperaturen . . . . . . . . . . . . . . . .
Berechnete Zunahme der Niederschlagstätigkeit im Winter . . . . . . . . . .
Veränderung der Alpenvergletscherung unter dem Einfluss des Klimawandels
Entwicklung der mittleren Höhe der Nullgradgrenze . . . . . . . . . . . . . .
Beispiel der Entwicklung eines Thermokarstsees . . . . . . . . . . . . . . . .
Modellierte Anzahl der Extremniederschläge für die Periode 2071-2100 . . .
Modell der paraglazialen Entwicklung der Sedimentfracht . . . . . . . . . .
Waldgrenzanstieg in der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Simulierter Waldgrenzanstieg in der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Berechnete Jahresabflussganglinien für den Glacier de Moming . . . . . . .
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57
59
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
Alpines Sedimenttransfer - Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Symbolik eines Kaskaden - Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kaskaden - Modell des Sedimentransportsystems Einzugsgebiet - Stausee
Bewertung des Sedimentransportsystems Einzugsgebiet - Stausee . . . .
Konzeption eines Vorhersagemodells für die Sedimentationsproblematik .
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77
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4.1
4.2
4.3
Die Lage der penninischen Decken im Bereich des Turtmanntals . . . . . . . . . 85
Blick von der Staumauer des Turtmannsees in Richtung des Einzugsgebiets . . 87
Interpolation der Sedimentmächtigkeit im Vorfeld des Turtmanngletschers . . . 89
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3
V
Abbildungsverzeichnis
VI
4.4
4.5
Monatsmittel der Temperatur und des Niederschlags im Brändjitälli . . . . . . 94
Aufteilung der Jahresabflussganglinie der Turtmänna . . . . . . . . . . . . . . . 99
5.1
Darstellung des Untersuchungsgebietes für die Sedimentvolumenberechnung . . 102
6.1
Darstellung des Sedimentkörpers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
A.1
A.2
A.3
A.4
A.5
A.6
A.7
B.1
C.1
C.2
C.3
C.4
C.5
C.6
C.7
C.8
Das Turtmanntal in den südlichen Walliser Alpen . . . . . . . . . . . . . . .
Situationsplan der Kraftwerke Gougra AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Situationsplan Turtmannstausee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Längenentwicklung des Turtmanngletschers . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Längenentwicklung des Brunnegggletschers . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Das Pipjitälli in perspektivischer Schräglichtdarstellung . . . . . . . . . . .
Rutschungsentwicklung in der linken Seitenmoräne des Turtmanngletschers
Vergleich verschiedener Interpolationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Abflussregimes im Kanton Wallis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Aufgenommene Querprofile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Vereinfachte Querprofile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kornverteilungskurven für das Gletschervorfeld . . . . . . . . . . . . . . . .
Schlüsselkurve der Beziehung Abfluss - Abflusstiefe für Profil 5 . . . . . . .
Vergleich der Formverlust - Korrekturgleichungen . . . . . . . . . . . . . . .
Dauerkurven der Turtmänna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Abfluss- und Geschiebeganglinien für die beiden Szenarien A und B . . . . .
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138
139
140
141
141
142
142
143
144
145
145
146
148
148
149
150
Tabellenverzeichnis
2.1
Typen von Denudations- und Erosionsprozessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
Szenarien der wichtigsten Klimaelemente bis zum Jahre 2100 (Kanton Wallis)
Auswirkungen der prognostizierten Klimaänderung . . . . . . . . . . . . . . .
Bewertung der Sedimenttransferprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Bewertung der Speicherentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Zusammenstellung der zu erfassenden Parameter und Daten . . . . . . . . . .
Auswahl von Studien mit relevanten Simulationen . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1
4.2
4.3
4.4
Einzugsgebietscharakteristik und Gletschergeschichte . . . . . . . . . . . . . . .
Übersicht des Sedimenteintrags in die Turtmannstauhaltung seit 1959 . . . . .
Abschätzung der Aufteilung des Sedimenteintrags in Schwebstoffe und Geschiebe
Hydrologische Charakterisierung der Turtmänna . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.1
6.2
6.3
6.4
Feldaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Berechneter kumulativer Geschiebetransport der Jahre 2000 - 2008
Nomenklatur der Geschiebeszenarien G . . . . . . . . . . . . . . . .
Mögliche zukünftige Entwicklung des Geschiebetransports . . . . .
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70
72
74
75
79
80
92
97
97
98
110
111
112
114
C.1 Linienzahlanalysen und Grenzwerte für Profil 5 im Gletschervorfeld . . . . . . . 146
C.2 Hydrologische Berechnungen für die Turtmänna, Abflussperiode 2000 - 2008 . . 147
VII
Abkürzungsverzeichnis
Symbol
A
A2
a
Ak
B
B2
dm
DT M − AV
dx
Fr
g
gb
GE
GR
GS
h
h/d90
Lx.y
nr
Einheit
[m2 ]
[-]
[-]
[-]
[m]
[-]
[m]
[-]
[m]
[-]
[m s−2 ]
[kg m−1 s−1 ]
[m3 ]
[-]
[-]
[m]
[-]
[-]
[s m−1/3 ]
φb
ψ
q
Q
qb
Qbxf y
[-]
[-]
[m3
[m3
[m3
[m3
s−1 m−1 ]
s−1 ]
s−1 m−1 ]
s−1 ]
Qb
qc
qc,min
Qc,min
qc,D
[m3
[m3
[m3
[m3
[m3
s−1 ]
s−1 m−1 ]
s−1 m−1 ]
s−1 ]
s−1 m−1 ]
Qc,D
qc,1/2
Qc,1/2
[m3 s−1 ]
[m3 s−1 m−1 ]
[m3 s−1 ]
Qg
[m3 a−1 ]
VIII
Beschreibung
Abflussquerschnittsfläche
Treibhausgas-Emissionsszenario des IPCC
empirischer Faktor
empirischer Faktor
Gerinnebreite
Treibhausgas-Emissionsszenario des IPCC
massgebende Korngrösse (Korndurchmesser) des Bachmaterials
Digitales Terrainmodell der Amtlichen Vermessung DTM - AV
charakteristische Korngrösse, für die x % des Materials feiner sind
Froude - Zahl
Gravitation
Geschiebetransportkapazität pro Meter Gerinnebreite
gesamte Geschiebefracht
Geschiebetransportszenario für Qred unter Annahme von qc,D
Geschiebetransportszenario für Q unter Annahme von qc,1/2
Abflusstiefe
relative Abflusstiefe
Linienzahlanalyse y an Gerinnequerprofil x
Manning-Strickler-Koeffizient
der Kornrauigkeit des Sohlenmaterials
dimensionslose Geschiebetransportrate
empirischer Faktor
Abfluss pro Einheitsbreite
Abfluss; hier: Gesamter Abfluss des Stausees
volumetrische Geschiebetransportrate pro Einheitsbreite
volumetrische Geschiebetransportrate auf der Gerinnebreite B
nach Geschiebetransportgleichung x mit Formkorrekturgleichung y
volumetrische Geschiebetransportrate auf der Gerinnebreite B
kritischer Abfluss pro Einheitsbreite
kritischer Abfluss pro Einheitsbreite (untere Schranke)
kritischer Abfluss auf der Gerinnbreite B
kritischer Abfluss pro Einheitsbreite
(obere Schranke; bei Vorhandensein einer Deckschicht)
kritischer Abfluss auf der Gerinnbreite B
kritischer Abfluss pro Einheitsbreite
kritischer Abfluss auf der Gerinnbreite B
(Mittelwert von qc,min und qc,D )
gemessene jährliche Geschiebefracht
Abkürzunsgverzeichnis
Qred
[m3 s−1 ]
Qs
QSed
Rh
ρ
ρs
S
s
Sred
τ
τ0
τc
θ
θc
U
v
vm
vc
Vre
[m3 a−1 ]
[m3 a−1 ]
[m]
[kg m−3 ]
[kg m−3 ]
[%]
[-]
[%]
[N m−2 ]
[N m−2 ]
[N m−2 ]
[-]
[-]
[m]
[m s−1 ]
[m s−1 ]
[m s−1 ]
[m3 ]
hier: Um Frili-, Blüomatt- und Brändjibach
reduzierter Abfluss des Stausees
gemessene jährliche Schwebstofffracht
gemessene jährliche Sedimentfracht
hydraulischer Radius
Fluiddichte
Feststoffdichtedichte
Gerinnegefälle
Dichteverhältnis Feststoff zu Fluid
reduziertes Gerinnegefälle
Schubspannung tau
Sohlenschubspannung
kritische Sohlenschubspannung bei Geschiebebeginn
dimensionslose Sohlenschubspannung theta
dimensionslose Sohlenschubspannung bei Geschiebebeginn
benetzter Umfang
Fliessgeschwindigkeit
mittlere Fliessgeschwindigkeit
kritische Fliessgeschwindigkeit bei Geschiebebeginn
effektive Wasserfracht
IX
1 Einleitung
1.1 Gesellschaftlicher Hintergrund und Motivation
Die bis vor einigen Jahren noch hauptsächlich in Fachkreisen geführte Diskussion um den
Klimawandel ist spätestens nach dem neuesten IPCC-Bericht (Intergovernmental Panel on
Climate Change, IPCC (2007)) zur tagesaktuellen Debatte geworden. Neben den prognostizierten klimatischen Veränderungen rücken zunehmend Fragestellungen über deren Auswirkungen in den Blickpunkt auch des öffentlichen Interesses. Die Debatten werden entsprechend
der Ausweitung auf immer mehr Lebensbereiche hitziger und sind mit viel Unsicherheiten
und Ängsten verbunden. Waren anfängliche Untersuchungen noch vermehrt ökologischer Natur, hat der bekannte Stern-Report der britischen Regierung (Stern, 2006) wirksam auf die
ökonomischen Auswirkungen hingewiesen. Es ist daher dringlich, dass sich auch in den verschiedenen Bereichen der Wirtschaft des Themas angenommen wird, da sich niemand dem
globalen Phänomen eines sich ändernden Klimas zu entziehen vermag.
Die Energiewasserwirtschaft besitzt als sogenannte grüne Energie, gerade im Kontext des Klimawandels, einen hohen wirtschaftlichen wie auch gesellschaftlichen Stellenwert in der Schweiz.
Die Eidgenossenschaft hat mit ihrem Oberliegerstatus (Lage an der Quelle eines Flusses im
Gegensatz zu allen nachfolgenden Anliegern) und ihren topographischen Gegebenheiten eine
prädestinierte Stellung in der hydraulischen Stromproduktion. In den hohen Gebirgstälern besteht eine Vielzahl von Stauhaltungen; dazu gibt es viele Laufwasserkraftwerke an grösseren1
Flüssen. Die bereits zu beobachtenden und vorausgesagten Veränderungen der globalen Zirkulation sowie daraus resultierende lokale Veränderungen (Zappa et al., 2008) werden einen
grossen Einfluss auf die zukünftige Produktion haben. Aus diesem Grund wurde und wird in
1
Diese Arbeit wurde in der Schweiz verfasst. Deshalb ist „ß“ stets als „ss“ geschrieben.
1
1 Einleitung
verschiedenen Studien die Wasserverfügbarkeit auch für einzelne Kraftwerke untersucht (z.B.
(NWB, 2008; Schaefli et al., 2005a; Schweizer Nationalfonds, 2009)).
Ein wichtiger Aspekt bleibt in diesen zum Teil auch betriebswirtschaftlich gekoppelten Studien bisher jedoch noch unberücksichtigt. Der Transport von Sedimenten, welcher einerseits
zur Verlandung von Stauhaltungen, andererseits vor allem bei Extremereignissen zu grossen
Gefahren und Schäden führen kann, wurde im Zusammenhang mit der Wasserkraftnutzung
im Kontext des sich abzeichnenden Klimawandels noch nicht behandelt. In der vorliegenden
Arbeit wird dieser Themenkomplex daher zunächst konzeptionell erfasst und dann im Rahmen
einer Feldstudie betrachtet.
1.2 Projektstudie
Vor dem Hintergrund des globalen Wandels und damit verbunden auch der Änderung des
regionalen Klimas läuft seit 2008 die schweizweite interdisziplinäre Projektstudie “Klimaänderung und Wasserkraftnutzung“ im Auftrag von Swisselectric Research und BFE (Bundesamt
für Energie). Darin werden zeitlich hochaufgelöste regionale Klimaszenarien für die Perioden
2020 - 2050 und 2070 - 2100 erstellt und die entsprechenden hydrologischen Auswirkungen
für 30 - 50 geographisch repräsentative Einzugsgebiete von Wasserkraftanlagen ermittelt. Ergänzend sollen für 3 - 5 Fallbeispiele hydrologische mit wirtschaftlichen Modellen gekoppelt
werden, um effektive Auswirkungen auf den Betrieb der Anlagen abzuschätzen (Widrig et al.,
2007).
In seinem Buch über die Nutzung der Wasserkraft im Wallis geht der Walliser Anwalt
Dr. Hans Wyer auf die grosse wirtschaftliche Bedeutung der Wasserkraft für den Gebirgskanton
ein. Im Hinblick auf die schon erkennbaren Veränderungen der Abflussregimes appellierte er an
den Kanton und dessen Gemeinden als Schirmherren der Wassernutzungsrechte, eine zusätzliche Projektstudie anzuregen, um die „Auswirkungen der Klimaänderung auf unsere Gletscherund Alpenregion auszuloten, Massnahmen zu empfehlen und allenfalls in Auftrag zu geben“
(Wyer, 2008, S.231). Aus diesem Vorstoss ergab sich nun die sektorielle Studie “Wallis, Was-
2
1.2 Projektstudie
serkraft, Klimawandel“. Beide Studien werden parallel durchgeführt, wobei die Erkenntnisse
der Hauptstudie in die sektorielle Studie einfliessen und angewandt werden (Abb. 1.1).
Hauptstudie
Sektorielle Studie
Modul 1:
Klimatologisches Downscaling
Modul 2:
Hydrometeorologische und
betriebliche Grundanalyse
(30 – 50 repräsentative Einzugsgebiete)
Modul 3:
Wallis:
Integrale Fallanalysen
(3 – 5) Beispiele
Zusätzliche Geschiebeanalyse
und vertiefte Betrachtung
der Gletschernetwicklung
Einbinden von Kraftwerksmodellen
Synthese Wallis
Regional differenzierte Übersicht
zu den hydrologischen Folgen
der Klimaänderung mit spezifischem
Fokus auf die Wasserkraftnutzung
Detaillierte hydrologische und
betriebliche Aussagen
für repräsentative Kraftwerke
Synthese
Abb. 1.1: Module der Hauptstudie des Projekts “Klimaänderung und Wasserkraftnutzung“ und die
“Sektorielle Studie Wallis“ (nach NWB (2008))
Im Besonderen untersucht wird hier zusätzlich der Einfluss des Gletscherschwundes auf den
Wasserkreislauf, die damit verbundenen Auswirkungen auf die Geschiebefracht und die daraus
folgende Bedeutung für die Stauhaltungen und Wasserkraftanlagen.
Die vorliegende Arbeit bezieht sich auf das Geschiebemodul der Walliser Studie. In ihr werden
zunächst die vorausgesagten klimatischen Veränderungen und ihre komplexen Auswirkungen
auf die Sedimentproduktion und den Sedimenttransport im Bereich hochalpiner Stauhaltungen konzeptionell erfasst. Mit Hilfe dieser Kenntnisse wird daraufhin der Geschiebetransport
an einem Fallbeispiel in den Walliser Alpen untersucht. Als Grundlage dafür dienen bereits
vorhandene Messungen der Verlandung von Stauseen sowie des Feststofftransportes und morphologische Erhebungen vor Ort. Unter Berücksichtigung des erarbeiteten Konzeptes wird
an Hand von Geschiebetransportformeln abschliessend die aktuelle und zukünftige Sedimentlieferung berechnet (Zappa et al., 2008), sowie das potentiell erodierbare Sedimentvolumen
bestimmt.
3
1 Einleitung
1.3 Gliederung und Grenzen
Die Arbeit gliedert sich in ein theoretisches Konzept und eine Feldstudie. Für den ersten Teil
wird zunächst mittels einer Literaturrecherche die Basis des hydrologisch-morphologischen
Prozessgefüges gelegt. Anhand aktueller wissenschaftlicher Studien bezüglich des Klimawandels, des Sedimenttransportes und der Sedimentationsproblematik wird darauf aufbauend ein
Konzept des massgebenden Prozessgefüges für die Sedimentlieferung in alpine Stauhaltungen
entwickelt.
Im zweiten Teil der Arbeit wird dieses Konzept auf das Einzugsgebiet einer Wasserfassung
im Turtmanntal (Kanton Wallis) angewandt. Dafür wird das hydrologische Einzugsgebiet zunächst hinsichtlich des potentiell verfügbaren Sedimentvolumens und des rezenten Geschiebetransports untersucht. Daraufhin wird anhand zweier Abflussszenarien der zukünftige Geschiebetransport abgeschätzt. Im Zeitrahmen einer Diplomarbeit beschränkte sich die Datenerhebung, Modellierung und Auswertung auf diese beiden Aspekte des Konzepts. Es ist jedoch
beabsichtigt, im Zuge der sektoriellen Studie die weiteren Komponenten zu integrieren und
auch auf andere Einzugsgebiete anzuwenden.
4
2 Grundlagen
Der für die vorliegende Studie zu untersuchende Landschaftsraum umfasst die alpinen und
nivalen Einzugsgebiete (über 2000 m) von Walliser Stauhaltungen. In diesem Kapitel werden zunächst die morphologischen und hydrologischen Grundlagen und wirksamen Prozesse
im alpinen Bereich besprochen, anschliessend auf die Problematik der Sedimentlieferung in
Stauhaltungen sowie auf den prognostizierten Klimawandel und seine entsprechenden Auswirkungen eingegangen. Darauf aufbauend wird im folgenden Kapitel ein konzeptionelles Modell
zur Abschätzung zukünftigen Entwicklung des Sedimenteintrags erstellt.
2.1 Hydrologisch-morphodynamische Prozesse
In alpinen Regionen tritt eine grosse Zahl hydrologisch-morphologischer Prozesse auf, welche zur Ausprägung eines reichhaltigen morphologischen Formenschatzes (Oberflächenformen)
führen. Man unterscheidet nach dem Auftreten von Eismassen zwischen Glazialraum und Periglazialraum (periglazial = das Eis umgebend), die durch charakteristische Erosionsformen
geprägt sind. Vegetation in Form von alpinem Rasen, Flechten und Stauden tritt in den betrachteten Regionen nur im untersten Bereich auf und dünnt mit der Höhe schnell aus, ist
also für die nachfolgenden Betrachtungen nicht von Relevanz. Dementsprechend beschränkt
sich die Beschreibung der alpinen Hochlagen auf die Geomorphologie und Hydrologie.
2.1.1 Glazial- und Periglazialgebiete
Glazialgebiete
Gletscher sind mehrjährige Eismassen aus festem Niederschlag, welche sich entsprechend der
Morphologie des Untergrundes und ihrer Duktilität (plastische Verformbarkeit) hangabwärts
bewegen. Sie sind markante, landschaftsprägende Elemente und verfügen über ein Nährge-
5
2 Grundlagen
biet (Akkumulationsgebiet), in dem der Gletscheraufbau überwiegt und über ein Zehrgebiet
(Ablationsgebiet), in dem durch Abschmelzen und Sublimation eine negative Massenbilanz
vorherrschen kann (dann zieht sich der Gletscher zurück). Getrennt werden diese beiden Gebiete durch die Gleichgewichtslinie, an der sich Gletscheraufbau und -abschmelzen die Waage
halten (Abb. 2.1), und welche meist auch mit der Schneegrenze, bzw. 0 ◦ C - Grenze zusammenfällt (Ahnert, 2003; OcCC, 2007).
Abb. 2.1: Querschnitt durch einen temperierten Gletscher1 (verändert nach Easterbrook (1999))
Durch die schürfende Wirkung der Gletscher (Kapitel 2.1.2) werden Oberflächen abgeschliffen
(Gletscherschrammen) und Erhebungen rundgeschliffen (Rundhöcker). Ganze Täler werden
U-förmig ausgeräumt (Trogtäler). Das dabei erodierte Material wird auf, unter und vor dem
Gletscher mittransportiert, dabei als „Erosionswerkzeug“ eingesetzt und weiter zerkleinert. Es
lagert sich entsprechend als Seiten-, Grund- und Endmoräne ab, ist kantig und äusserst heterogen aufgebaut. Grosse schroffe Blöcke kommen dabei neben feinem Gletscherabrieb zum
Liegen. Die schematische Zeichnung in Abbildung 2.2 zeigt einen Gletscher in seiner talformenden Ausprägung mit den verschiedenen Moränenarten und seinem durch fluktuierende
Vorstoss- und Rückzugsphasen geprägtes Vorfeld aus glazialem Schutt.
1
6
Die Gletschertemperatur liegt nahe 0 ◦ C; der Gletscher ist nicht am Gletscherbett angefroren
2.1 Hydrologisch-morphodynamische Prozesse
Abb. 2.2: Moränen in und um einen Gletscher. Erkennbar sind zwei Lagen glazialer Schuttmassen
im Gletschervorfeld (Grundmoränen 2, 3), welche von ausgeschwemmtem feinerem Material überlagert
werden (1), daneben mehrere Arten des Transportes und der Ablagerung des erodierten Gesteins in
Form von Grund-, Mittel-, Ober- und Seitenmoräne (9, 10, 11, 12) (Leser, 1997)
Periglazialgebiete
Der sich an Gletscherflächen anschliessende Periglazialraum (Schuttmassen und wenig bedeckte Gesteinsflächen) ist geprägt durch Frost und Bodeneis. Herrschen im Untergrund während mindestens zwei Wintern und einem dazwischenliegenden Sommer Temperaturen unter
dem Gefrierpunkt, ist die Bodenfeuchte kontinuierlich gefroren; man spricht von Permafrost
(Hinzman et al., 2005). In alpinen Gebieten kommt dieser inselhaft vor, wird mehrere Deka-
7
2 Grundlagen
meter bis 100 m stark und sporadischer Permafrost genannt. Im Gegensatz dazu steht der
flächige, bis mehrere hundert Meter tief reichende kontinuierliche Permafrost in arktischen
Gebieten. Durch den stabilisierenden Einfluss des Permafrosts werden in periglazialen Regionen grosse Volumen an Lockermaterial (Regolith) festgehalten. Auf Grund der verstärkten
Energiezufuhr durch Sonneneinstrahlung kommt es allerdings im Sommer an der Oberfläche
jährlich zur Bildung einer dünnen, wasserübersättigten Auftauschicht von 30 cm bis 2 m (Haeberli et al., 1997; Zepp, 2008). Jedoch erreichen die Temperaturen über 3000 m Höhe selten 0
◦C
und begrenzen somit diesen Vorgang (Schiermeier, 2003).
Das periodische Tauen und Gefrieren der Oberfläche bewirkt eine Reihe frostdynamischer Denudationsprozesse in den eisverbackenen Schuttmassen (Kapitel 2.1.2), welche die Entstehung
charakteristischer Frostmusterstrukturen bedingen (Semmel, 1985; Zepp, 2008). Eine besondere Form stellen dabei die sogenannten Blockgletscher dar, hangabwärts kriechende zungenförmige Gebilde aus grobem Hangschutt oder Endmoränenmaterial (Barsch, 1996; Semmel,
1985). Die Bezeichnung Blockgletscher ist insofern irreführend, als dass es sich hier zumeist
mengenmäßig nicht um Eis, sondern um eisübersättigtes, unkonsolidiertes Material handelt.
Allerdings ist dieses durch Eis verbunden und neigt auf Grund dessen Plastizität zu einer
gletscherähnlichen Fliessbewegung. In den alpinen Bereichen der mittleren Breiten erreichen
Blockgletscher eine Mächtigkeit von mehreren Dekametern (Rasemann, 2003).
Entsprechend seiner hangabwärts gerichteten Bewegung wird zwischen intakten (aktiven und
inaktiven) und reliktischen Blockgletschern unterschieden. Aktive bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von 0,1 - 1 km pro Jahr hangabwärts und sind damit um eine Grössenordnung
langsamer als Gletscher. Inaktive Blockgletscher sind noch in ihrer Vollform aus Schutt und
Eis wahrnehmbar, bewegen sich aber nicht mehr, da sie entweder zu weit von ihrem Nährgebiet entfernt sind oder eine zu geringe Hangneigung vorliegt (Barsch, 1996). Die Untergrenze
aktiver Blockgletscher kann somit als Anhaltspunkt für die Permafrostverbreitung dienen.
Befindet sich ein Blockgletscher in einem Bereich, in dem er sich unter gegenwärtigen klimatischen Bedingungen nicht formen würde, so schmilzt das vorhandene Eis aus und die Vollform
fällt in sich zusammen. Es liegt ein reliktischer Blockgletscher vor (Barsch, 1996).
8
2.1 Hydrologisch-morphodynamische Prozesse
2.1.2 Denudative und erosive Prozesse
Die beschriebenen morphologischen Formen sind eng mit fluvialen Prozessen verknüpft. Diese
wirken sowohl flächenhaft (Denudation) als auch linienhaft (Erosion) (Ahnert, 2003) und sind
einer starken Saisonalität unterworfen (siehe Kapitel 2.1.3).
Denudationsprozesse
Flächenhafter Abtrag (Denudation) lässt sich nach Transportprozessen unterteilen (Tab. 2.1).
Das Medium Wasser in seiner flüssigen wie festen Ausprägung ist in den höheren Lagen des
Alpenraumes dominant verantwortlich für eine Vielzahl von Abtragungsvorgängen, welche
im Folgenden kurz angesprochen werden. Das transportierte Material entstammt auf Grund
der klimatischen Verhältnisse physikalischen Verwitterungsprozessen2 , namentlich der Frostverwitterung oder Frostsprengung, der Druckentlastung und der Aufschlagfraktionierung bei
Steinschlag (Fenn, 1987). Durch die Volumenzunahme des gefrierenden Wassers erfolgt die
Fraktionierung (Zerkleinerung) des Gesteins entlang von vorhandenen Öffnungen, wie Klüften. Die Gelifluktionstätigkeit (periglaziales Bodenfliessen) bewirkt weiterhin eine Zerrüttung
des anstehenden Gesteines und trägt damit massgeblich zu dessen Verwitterung und Verlagerung bei (Semmel, 1985). Es entsteht schroffer Schutt welcher auch für die Glazialerosion
verantwortlich ist, da er dort als “Schleifmittel“ oder “Erosionswerkzeug“ wirkt.
Schwerkraftbedingte Massenbewegungen von Festgestein und Lockermaterial (Regolith) wie
Stürze und Rutschungen verschiedener Grössenordnungen sind abhängig von der Hangneigung
und treten beim Überschreiten ortsspezifischer Stabilitätsgrenzwerte auf. Dies erfolgt entlang
von Abrissflächen, welche häufig durch in vorhandene Schwächezonen infiltrierendes Wasser
entstehen. Zwischen Sturz- und Rutschungsprozessen herrschen fliessende Übergänge, wobei
sich Stürze auf freie Felswände konzentrieren und rasch erfolgen, Rutschungsprozesse dagegen
auf weniger geneigten, bodenbedeckten Hängen auftreten und auch grössere zeitliche Ausdehnungen aufweisen können (Ahnert, 2003).
2
Chemische Verwitterung, als die chemische Veränderung und Zersetzung des Gesteins, ist abhängig von
höheren Temperaturen, dem Auftreten von flüssigem Wasser und Vegetation. Entsprechende Prozesse sind
daher in hochalpinen Regionen zu vernachlässigen, hier dominiert die physikalische Verwitterung.
9
2 Grundlagen
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Denudationsprozesse
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Gravitative Massenbewegungen von Fels und Schutt
- Sturzdenudation
- Blockabstürze
- Felsstürze
- Bergstürze
- Blockrutschungen
- Hangrutschungen
- Bergrutschungen
- Schuttrutschungen in Grobmaterial
Regolithbewegung, meist unter Mitwirkung von Porenwasser, Eis oder Schnee
- Hangmuren
- Abtragung durch Lawinen (Grundlawinen)
- Erdfließen (Solifluktion)
- Kriechdenudation
Regolithbewegung mit maßgeblicher Frostwirkung, meist unter Permafrosteinfluss
- Kryoturbation (eisbedingte Umlagerung)
- Gelifluktion
- Blockgletscher
- Blockströme
Abfuhr von gelösten Stoffen im Boden- und Grundwasser
- Lösung
- Hydrolyse
Abtragung und Transport durch auftreffenden Regen und unkonzentrierten Abfluss
- Splash - Effekt
- Spüldenudation
Abtragung und Transport durch den Wind
- Deflation (Abwehung)
- Abrasion (Windschliff)
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Erosionsprozesse
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Abtragung und Transport durch Gletschereis
- Detersion (Gletscherschliff)
- Detraktion (Herausreissen)
- Exaration (Ausschürfung)
Abtragung und Transport durch konzentrierten Abfluss
- Gerinneerosion (Auswaschung, Auskolkung, Abschleifung = Abrasion)
- Unterschneidungen
- Murgänge, Lahare (vulkanische Muren)
Tab. 2.1: Typen von Denudations- und Erosionsprozessen, welche zu einer Sedimentmobilisierung
führen. Gliederung nach der Art des am Transport beteiligten Mediums. Im alpinen Raum wirksame
Prozesse sind blau hervorgehoben (verändert nach Ahnert (2003) und Fenn (1987))
10
2.1 Hydrologisch-morphodynamische Prozesse
Frühjährliche Grundlawinen aus schwerem Nassschnee reissen Boden und Schutt mit und
transportieren diesen zu Tal. Bei starker Wassersättigung bilden sich Hangrutschungen, welche bei weiterer Verlagerung als Hangmuren, im Gewässerbett dann als Murgänge bezeichnet
werden (mündliche Mitteilung von Dr. Christian Rickli). Murgänge (debris flows) weisen eine
enorm denudative und erosive Wirkung auf und entstehen bei zunehmendem Porenwasserdruck
(Ahnert, 2003) in Regolith oder durch stark ansteigenden Abfluss in Gerinnen mit losem Gesteinsmaterial (Rickenmann, 2001b). Sie werden meist durch langanhaltende oder intensive
Regenfälle, Felsstürze, starke Tauphasen oder Ausbrüche von temporären Gletscherseen ausgelöst (Bezzola, 2005; Jakob and Lambert, 2009), bewegen sich mit hohen Geschwindigkeiten
und können als Übergang zwischen denudativen und erosiven Prozessen gesehen werden, da
sie sowohl flächig (als Hangmuren), linear (Murgänge) wie auch in Kombination auftreten.
Im Zusammenhang mit flüssigem oder gefrorenem Wasser treten Prozesse wie die in
Kapitel 2.1.1 erwähnte langsame Gelifluktion, aber auch schnellere Vorgänge wie die Lawinenaktivität auf. Die vegetationsfreien Auftauschichten unterliegen der Gravitation (Erdbeschleunigung) und bedingen einerseits durch Sortierungsprozesse (Entmischung) die Ausbildung
diverser morphologischer Strukturen, andererseits aber auch Massenbewegungen (allgemein
Solifluktion, periglazialbedingt = Gelifluktion). Daraus gehen grossflächige Denudationsstrukturen wie Solifluktionsloben, Hangschuttdecken und Blockgletscher oder geringmächtigere,
sortiertere Blockströme (Semmel, 1985) hervor, welche grossflächig Schuttmaterial hangabwärts transportieren. Auftreffende (Stark-)Regentropfen bewirken durch ihre kinetische Energie eine Verlagerung feinerer Korngrössen aus dem bestehendem Verbund, den sogenannten
Splash-Effekt. Mittels Spüldenudation verursacht der Oberflächenabfluss durch Abtragung und
Umlagerung des Regolithmaterials einen sehr grossen Anteil an der Gesamtdenudationsrate
und zeigt mit einer Zunahme der Flächenspühlung mit dem Einsetzen von Runsenbildung,
Rillenerosion und letztendlich stärkerer Eintiefung (gully erosion) (Ahnert, 2003; Bechteler,
2006) den Übergang zur linienhaften Abtragung.
Erosionsprozesse
Auch erosive Prozesse lassen sich entsprechend des Transportmechanismusses klassifizieren
(Tab. 2.1). Das Fliessen der Gletscher bewirkt glaziale Erosion; auf Grund des sich bewegenden
11
2 Grundlagen
Gletschereises verursacht in Moränen mitgeführtes, teils angefrorenes Geröll den bekannten
Gletscherschliff (Detersion). An der Fliesrichtung abgewandten Seiten (Leeseiten) kann das
Gletschereis anfrieren und Gestein herausreisen (Detraktion), im Bereich der Gletscherstirn
kommt es durch die hier austretenden Fliesslinien (siehe Abb. 2.1) zu einer Ausräumung des
Lockergesteinsuntergrundes (Exaration) (Zepp, 2008). Auch Blockgletscher und Murgänge
können auf Grund ihrer teilweise linienhaften Wirkung auf den Untergrund als erosiv bezeichnet werden.
Blockgletscher
Gletscher
Endmoräne
Sackung
Hangschutt
Blockabsturz
Spülerosion
Murgangablagerung
Seitenmoräne
Spüldenudation
Murgang
Grundlawinen
Solifluktion
Bergsturz
Gerinnesedimente
Rutschung
Hangmurenablagerung
Murgang
Gerinneerosion
Abb. 2.3: Modell einer Paraglaziallandschaft. Dargestellt sind verschiedene Sedimentspeicher (rot
markiert) und denudative sowie erosive Transferprozesse (blau markiert), welche in einem glazial geprägten Einzugsgebiet wirksam sind (verändert nach Benn and Evans (1998))
Schmelzvorgänge führen schon in höherliegenden Bereichen des Gletschers zur Ausbildung von
Bächen, welche entsprechend ihres Fliessweges als supra-, en- und subglazial (auf, innerhalb
und unterhalb des Gletschers) einzuordnen sind. Aus der kinetischen Energie (Bewegungsenergie) des fliessenden Wassers resultieren Auswaschungen und Unterschneidungen unkonsolidierten Materials. Durch mitgeführtes Sediment kommt es zu korrasiver Erosion (Abschleifung der
Sohle) und Ausbildung von Kolken (Fenn, 1987). Die Dynamik eines proglaziären3 Gewässers
3
vor dem Gletschereis befindlich
12
2.1 Hydrologisch-morphodynamische Prozesse
ist von diesen Prozessen und einer hohen Sedimentlieferung geprägt, was sich in der variablen
Bettform, ständigen Umlagerungen und starker Verzweigung äussert (braided streams).
Abbildung 2.3 zeigt eine Paraglaziallandschaft4 , in welcher verschiedene in Tabelle 2.1 genannte Sedimenttransferprozesse farblich hervorgehoben sind. Weiterhin dargestellt sind Bereiche, in denen Sedimente zwischengelagert werden (Speicher), um zu späteren Zeitpunkten
weiterverfrachtet zu werden. Die markantesten Speicher in den betrachteten Gebieten sind
Moränen, daneben finden sich grosse Sedimentmengen im Hangschutt und in Blockgletschern.
Durch verschiedene Denudations- und Erosionsprozesse verlagert (Tab. 2.1) treten weiterhin
Murgangablagerungen, Sturzmassen und Gerinnesedimente auf.
Erosionsraten
Die Bestimmung von Erosionsraten ist weltweit betrachtet, wie auch auf kleinräumiger Skala, mit grossen Unsicherheiten behaftet und weit gestreut (Abb. 2.4). Sie ist unter anderem
abhängig von Geologie, Klima und Vegetation des entsprechenden Einzugsgebietes. Aus diesen Gründen sind Aussagen über längere Zeiträume schwierig und aktuelle Raten nicht ohne
weiteres extrapolierbar. In den Schweizer Alpen mit kleinen temperierten Gletschern findet
man heute glazialbedingte Abtragungsraten von 1 - 2 mm a−1 , in anderen Gebieten aber
Schwankungen zwischen 0,01 und 100 mm a−1 , letztere in den stark vergletscherten Gebieten
von Alaska. Der übliche Wert liegt bei 10 mm a−1 (Bezinge, 1987; Hallet et al., 1996), das
entspricht in etwa 30 t km−2 a−1 bei einer angenommenen Festgesteinsdichte von 2,7 t m−3 .
In einer Studie über die Oberflächenerosion in alpinen Einzugsgebieten der Schweiz weisen
Beyer and Schleiss (2000) dagegen auf Erosionsraten von 44 - 2’048 m3 km−2 a−1 hin, was
nach diesem Ansatz 132 - 6’144 t km2 a−1 entspricht. Hinderer (2001) gibt die rezente Denudationsrate der Alpen mit durchschnittlich 125 mm in 1’000 Jahren an.
Einzugsgebiete mit einer Gletscherbedeckung größer als 30 % können gegenüber gletscherfreien
Gebieten sehr hohe Erosionsraten aufweisen, was die schnelle Denudations- und Erosionsfunktion der Gletscher hervorhebt (Hallet et al., 1996). Allerdings ist hier von einer beschränkenden Wirkung des Permafrosts auszugehen, welcher durch die Stabilisierung von Schuttmassen
4
Gebiet, aus welchem sich die Vergletscherung zurückgezogen hat
13
2 Grundlagen
Abb. 2.4: Vergleich weltweiter Festgesteinserosionsraten von Gletschereinzugsgebieten. Südost-Alaska
(Kreise), Schweizer Alpen (kleine Quadrate), Norwegen/Svalbard (Dreiecke) und andere Gegenden
inklusive Neuseeland, Asien und Island (grosse Quadrate) (Hallet et al., 1996)
eher kleine, oberflächige Abflüsse bedingt und weniger konzentriertes Einschneiden ermöglicht
(Hinzman et al., 2005). Mit der Grösse des Einzugsgebietes nehmen die Erosions- und Sedimenttransportraten allgemein zu, wie in den mehrere hunderte bis tausende Quadratkilometer
grossen Gletschergebieten Südost-Alaskas gezeigt werden konnte. Dies kann mit der ebenso
zunehmenden Gletschergrösse und damit verstärkten Erosionsfähigkeit, sowie höheren Niederschlagsraten erklärt werden (Hallet et al., 1996; Cornwell et al., 2003). Bei der Untersuchung
alpiner Stauhaltungen in der Schweiz fand Beyer Portner (1998) jedoch keine Korrelation
zwischen Einzugsgebietsgrösse und Sedimentlieferung. Haeberli (2008b) sieht kleine Gletscher
als Geschiebelieferanten, grosse dagegen eher als Zwischenspeicher. Derartige Aussagen sind
jedoch vor dem Hintergrund des beschränkten Wissens über den Übergang von glazialen zu
interglazialen Zyklen zu sehen und demnach abhängig von geomorphologischen und stratigraphischen (schichtenkundlichen) Hinweisen, welche zuweilen fragwürdig sind (Harbor and
Warburton, 1993).
2.1.3 Abfluss und Abflussregimes
Um die Abflusscharakteristiken verschiedener Einzugsgebiete vergleichen zu können, untersucht man deren Jahresgänge und teilt sie in sogenannte Regimes ein. Ein Abflussregime spie-
14
2.1 Hydrologisch-morphodynamische Prozesse
gelt das Gesamtverhalten eines Fliesgewässers wider und kann über den Abflusskoeffizienten
nach Pardé PKi definiert werden (Aschwanden and Weingartner, 1985):
PKi =
M Qi (M onat)
M Q(Jahr)
(2.1)
i = 1,2,...,12 (Monate)
Dabei erhält man durch Division langjähriger mittlerer Monatsabflüsse M Qi durch langjährige mittlere Jahresabflüsse M Q eine Normierung der Abflussganglinie (Zepp, 2008). Schweizer
Gewässer weisen dabei einen monatlichen Pardé-Koeffizienten zwischen etwa 0,02 und 3,4 auf.
Auf Grund der dominierenden abflussbildenden Prozesse beobachteter Abflussmaxima werden
die so erhaltenen Koeffizienten-Ganglinien zu Regimetypen zusammengefasst (Spreafico and
Weingartner, 2005).
In schweizer Gewässern finden sich insgesamt 16 Abfussregimetypen (Abb. 2.5), welche in
eingipflige und mehrgipflige zu unterscheiden sind. Eingipflige Regimes werden hauptsächlich von einem einzigen Prozess geprägt, wie durch die Hauptniederschlagszeit beim pluvialen
(regengeprägten) Regime, die Schneeschmelze beim nivalen (schneegeprägten) Regime und
die Gletscherschmelze beim glazialen (gletschergeprägten) Regime. Flüsse mit grösseren Einzugsgebieten weisen typischerweise auf Grund von Überlagerungen hydrologischer Prozesse
mehrgipflige Regimes auf, beispielsweise das nivo-pluviale Regime (schnee- und niederschlagsgeprägt). Diese Abflusstypen werden daher komplexe Regimes genannt (Spreafico and Weingartner, 2005; Zepp, 2008).
Unter 1550m treten allgemein mehrgipflige Regimes auf, wobei ein Fluss sein Regime zwischen Quelle und Mündung mehrmals wechseln kann (Spreafico and Weingartner, 2005). Auf
der Alpennordseite weisen Höhenlagen über 1550m dagegen nur eingipflige Abflussregimes auf
(Spreafico, 2001), welche von der Akkumulation und Schmelze des Schnees oder Gletschereises
geprägt sind. In den Regimes alpiner Einzugsgebiete treten die entscheidenden Abflussereignisse zwischen Mai und September auf (70 - 90 % des Jahresabflusses). Eine Ordnung dieser
Monate nach der Grösse ihrer zugehörigen Abflusskoeffizienten führt zur weiteren Unterteilung
15
2 Grundlagen
Abb. 2.5: Natürliche Schweizer Abflussregimes. Unterteilung nach Höhenlage in nordalpine, eingipflige Regimes (mittlere Einzugsgebietshöhe > 1550 m, alpine Regimes), mittelländisch-jurasische Regimes
(mittlere Einzugsgebietshöhe < 1550 m, nordalpine mehrgipflige Regimes) und südalpine Regimes (hier
ist keine Unterscheidung nach Einzugsgebietshöhe geeignet, ein- und mehrgipflige Regimes). Farbliche
Markierungen für die Darstellung (siehe Abb. C.1) (verändert nach Spreafico (2001))
in glaziär (Ordnung Juli-August-Juni-September) bis nival alpin (Mai-Juni-Juli-August). Mit
Hilfe einer Varianzanalyse können diese Regimetypen an Hand von Mittelwertsunterschieden
(Amplitudenunterschieden) zwischen benachbarten Monatskoeffizienten weiter in Untertypen
(jeweils a und b) untergliedert werden, womit sämtliche alpinen Abflusscharakteristiken beschrieben werden können (Aschwanden and Weingartner, 1985)5 .
Glazial geprägte Regimes können zu Zeiten der Schnee- und Eisschmelze im Vergleich zum
Jahresabfluss enorme Abflussraten aufweisen (Zepp, 2008), welche aber meist nur ca. zwei
Wochen andauern (Semmel, 1985). Durch grosse Variationen des Schmelzwasserangebotes,
verbunden mit Niederschlagsschwankungen, Auslässen von Wassertaschen und anderen suboder englazialen Wasserspeichern schwanken die Abflüsse proglazialer Gewässer über mehrere Grössenordnungen und Zeitskalen. Neben Variationen über lange Zeitperioden bestehen
Jahrescharakteristiken (siehe Regimes). Das Abflussminimum befindet sich im Winter, im
Frühling steigt der Abfluss mit zunehmender Schneeschmelze zunächst auf Grund eines ineffektiven hydraulischen Systems an. Nach dem Tauen der Schneelagen auf dem Gletschereis
5
Auf eine nähere Erläuterung der mittelländisch-jurassischen und südalpinen Regimes wird hier verzichtet,
da sich die vorliegende Studie auf den Kanton Wallis bezieht, welcher nur alpine Regimes aufweist.
16
2.1 Hydrologisch-morphodynamische Prozesse
erfolgt die Eisschmelze, verbunden mit dem Ausbilden eines effektiven hydraulischen Abflusssystems (supra-, en- und subglaziale Schmelzkanäle) und damit verstärkten Abflüssen bis zum
Maximum im Sommer (Benn and Evans, 1998; Swift et al., 2005).
Während der Auftauperiode der obersten
Bodenschicht nicht gletscherbedeckter Flächen (active layer) verhindert der darunter
liegende Permafrost eine Tiefenversickerung
(Zepp, 2008); somit kommt es dort zusätzlich nur zu oberflächlichem, schnellem Abfluss. Hauptsächlich gletschergespeiste Flüsse
zeigen ihren Höchstabfluss im späten Juli, je
höhergelegen, desto später und mit grösserer
Jahresamplitude (Horton et al., 2005). Mit
zunehmendem Einfluss der Schneeschmelze
bei tieferliegenden, weniger vergletscherten
Gebieten verschiebt sich die Abflussspitze bis
in den frühen April (McGregor et al., 1995).
Erwartungsgemäss findet sich das entsprechende Muster schon im Tagesgang (Hydro-
Abb. 2.6: Tägliche Abflussganglinien eines Gletscherbaches. Gornergletscher, Wallis; Schmelzperi-
graph), ausgedrückt durch Variationen im
ode 1959. Sichtbar ist die progressive Zunahme des
Basisabfluss und der Tagesamplitude (Abb. Basisabflusses und der Tagesamplitude: (a) 17-20
2.6). Der Basisabfluss entstammt verschiede- Mai, (b) 14-17 Juni, (c) 23-26 Juni, (d) 19-22 Juli
nen Quellen, wie subglazialem Schmelzwas- (reproduziert in Benn and Evans (1998))
ser, glazialen Speicherwässern und Grundwasser; die aufgeprägte Amplitude wird durch den
täglichen Temperaturzyklus bestimmt (Benn and Evans, 1998). Kurve (b) in Abbildung 2.6
zeigt möglicherweise den steigenden Abfluss zu Beginn der einsetzenden Schneeschmelze.
Der Einfluss des solaren Antriebs auf die Abflusscharakteristiken im oberen Rhoneeinzugsgebiet zeigte dabei in einer Studie über 60 Jahre in Einzugsgebieten mit mehr als 50 % Vergletscherung eine signifikante Korrelation zwischen der Sommertemperatur (Mai bis September)
17
2 Grundlagen
und dem jährlichen Abfluss, wobei sich diese mit zunehmender Eisbedeckung noch verstärkte (Collins, 1987). Somit widerspiegelt das Abflussverhalten, letztlich angetrieben durch den
Gang der Sonneneinstrahlung, deutlich die Charakteristik des herrschenden Klimas.
2.1.4 Sedimenttransport
Transporteigenschaften
Jeweils abhängig von der örtlichen Gerinneneigung, dem Abflussvolumen, der Rauhigkeit des
Gewässerbettes und der Form und Grösse des zu transportierenden Materials sind Fliesgewässer in der Lage, Feststoffe mit sich zu führen. Als Feststoffe bezeichnet werden sämtliche
im Fliessgewässer in fester Form transportierten Stoffe. Ist ihre Dichte im Verhältnis zu derjenigen von Wasser kleiner als 1, so werden sie als Schwimmstoffe klassifiziert, welche nur
schwer quantitativ erfassbar sind. Lagern sich Feststoffe in ruhigem Wasser ab, ist ihre Dichte also grösser, so spricht man von Sedimenten (Bezzola, 2005). Es wird entsprechend der
Transportart zwischen drei Sedimentverlagerungsformen unterschieden (Abb. 2.7):
• Lösungstransport (dissolved load): Verlagerung von im Wasser gelösten Substanzen
in gasförmiger oder flüssiger Form als homogenes Gemisch. Dieser Anteil ist für die
Morphodynamik eines Gewässers und die Sedimentationsproblematik unbedeutend6 und
wird deshalb hier nicht weiter berücksichtigt.
• Schwebstofftransport (suspended load): Verlagerung von Material in einem Gerinne
ohne Kontakt zur Gerinnesohle, wobei die Partikel hauptsächlich durch Turbulenzen in
der Schwebe gehalten werden. Diese Art des Sedimenttransportes ist die kontinuierlichste
in proglaziären Gewässern und besteht hauptsächlich aus der Schluff- und Tonfraktion
(Schluff 0,002 - 0,063 mm, Ton < 0,002 mm). Bei höheren Fliessgeschwindigkeiten wird
auch Sand (Korngrösse 0,063 - 2 mm) als Schwebstoff mitgeführt. Die Bewegung erfolgt
meist annähernd mit der Fliessgeschwindigkeit des Gewässers.
• Geschiebetransport (bed load): Verlagerung von Material an der Gerinnesohle durch
gleitende, rollende und springende Bewegungen (Saltation). Durch diesen Prozess werden
grosse Sedimentmengen bewegt. Transport von Sand, Kies und Blöcken mit geringerer
Geschwindigkeit als jener der Strömung.
6
In Gebieten mit starker Lösungsverwitterung (Karst) kann die Lösungsfracht jedoch auch eine bedeutende
Komponente sein; siehe etwa Alvera and Garcia-Ruiz (2000).
18
2.1 Hydrologisch-morphodynamische Prozesse
Feststoffquelle
Chem. Prozess
Erosion
Lösungsfracht
Eingetragenes Material
Bettmaterial
Spülfracht
(wash load)
(bed material load)
(dissolved load)
Gravitation
Schwebstofffracht
Geschiebefracht
(suspended load)
(bed load)
Gesamte Feststofffracht
(total load)
Abb. 2.7: Formen der Materialverlagerung in einem Gewässer (verändert nach Bechteler (2006))
Die Herkunft der transportierten Sedimente ist verschiedenen Prozessen zuzuordnen (Kapitel
2.1.2). Material wird durch denudative und erosive fluviale Prozesse ins Gewässer eingetragen
(Spülfracht) oder aus dem Bettmaterial entnommen. Einen besonderen Fall des Sedimenttransportes stellen dabei die angesprochenen Murgänge dar. Die genaue Lage und Abgrenzung
der pulsartigen, breiigen Sediment-Wasser-Gemische mit hoher Feststoffkonzentration (Hegg,
1997) zwischen gravitativen und fluvialen Prozessen und somit auch eine spezifische Definition
ist wissenschaftlich noch nicht ausreichend verstanden und gefestigt (Abb. 2.8). Eine wichtige
Abgrenzung zum Sedimenttransport ist, dass sich in Murgängen Sedimente und Wasser gleichschnell bewegen; beim fluvialen Transport dagegen bewegen sich die Feststoffe langsamer, was
im Besonderen auf die Geschiebekomponente zutrifft (siehe oben).
Der Transport von Sedimenten kommt in Gewässern vor, sobald eine minimale Wasserbewegung vorhanden ist. Eine Korngrösse kann dabei entsprechend ihres Gewichtes mit steigender
19
2 Grundlagen
Abb. 2.8: Einordnung von Murgängen im Transportbereich zwischen Grobmaterial, Feinmaterial und
Wasser. Angegeben sind auch die Transportarten (Rickenmann, 2001b)
Fliessgeschwindigkeit zunächst als Geschiebe und dann als Schwebstoff transportiert werden.
Die oft starke Grünfärbung proglazialer Flüsse beruht auf dem suspendierten Transport von
feinem schluffigem Gletscherabrieb, genannt Gletschermilch. Die Korngrössenverteilung proglazialer Flüsse ist eine breite Mischung aus der Kies- und Sandfraktion; sie werden als Kiesbettflüsse (gravel-bed streams) bezeichnet, da ihre mittlere Korngrösse sich in der Kiesfraktion
befindet (García, 2008).
Betrachtet man die zeitliche Verteilung der Feststofffracht eines Gewässers, so zeigt sich, dass
ein Grossteil der Sedimentmengen bei seltenen grossen Abflüssen transportiert wird (Bezzola,
2005). Bei alpinen Flüssen entsprechen diese den schon erwähnten Schmelzwasserabflüssen und
Extremabflüssen infolge warmer Niederschläge auf feuchte Altschneelagen (McGregor et al.,
1995). Die Schwebstoffkonzentrationen proglazialer Flüsse zeigen stark schwankende, schwallartige Muster und gipfeln meist schon vor einem eigentlichen Höchstabfluss, dagegen sind sie
im fallenden Bereich des Abflussganges dann geringer als im vergleichbaren steigenden (Gurnell, 1982). Bei hohen Schmelzwasserabflüssen verbunden mit einem grossen, unkonsolidierten
Sedimentangebot kann die Sedimentkonzentration stark ansteigen. Liegt der Anteil an feinem
Material sehr hoch, spricht man von einen hyperkonzentrierten Abfluss (hyperconcentrated
flow), welcher zwischen normalem Abfluss mit Geschiebetransport und einem Murgang oder
auch im Bereich hinter einer Murgangfront anzusiedeln ist (Benn and Evans, 1998; Rickenmann, 2001a). Auf Grund starker Turbulenzen, sich ändernder Geschwindigkeitsverhältnisse
20
2.1 Hydrologisch-morphodynamische Prozesse
und variablem Sedimentangebot ist es deshalb oft problematisch beziehungsweise nicht immer
sinnvoll in Wildbächen eine Unterscheidung von Schwebstoff- und Geschiebetransport vorzunehmen (Hegg, 1997).
Sedimenttransportraten
Globale Transportraten der Suspensionsfracht (Schwebstofffracht) werden aktuell mit 15 - 20
Gt a−1 angegeben (Walling, 2006). Geschiebefrachtangaben sind dagegen in weitaus geringerem Masse verfügbar (Gomez and Church, 1989) und oft ungenau. Ein weiteres grundlegendes
Problem bei der Bestimmung von sogenannten „sediment budgets“, also der quantitativen Erfassung des Sedimenttransportes in einem Einzugsgebiet (siehe z.B. Warburton (1990a) und
Warburton (2007)) ist die Koppelung zwischen Erosionsraten und der Sedimentlieferung an
der Einzugsgebietsgrenze, welche starken zeitlichen und räumlichen Schwankungen unterliegt
(Walling, 1983). Im Vergleich zeigen grosse Flüsse einen anteilsmässig geringeren Geschiebetransport als kleinere, Sandbettflüsse grössere Transportraten als Kiesbettflüsse (Turowski
et al., eingereicht). Sedimentlieferungen aus vergletscherten Einzugsgebieten (mit mehr als
30 % Gletscherbedeckung) liegen meist eine Grössenordnung höher als jene vergleichbarer,
nichtvergletscherter Gebiete (Tranter, 2005). Der Tagesgang der Suspensionsfracht, wie auch
des Geschiebetransportes ist hier starken Schwankungen unterworfen (20 - 80 %) (Lawson,
1993). Die Sedimentfrachten der Gletscherbäche sind dabei massgeblich durch die Geologie
des Gletscherbetts (weich oder hart), die Grösse, Orientierung und Geometrie des Gletschers,
seiner Aktivität, sowie vom Abfluss und der saisonalen Ausbildung des Entwässerungssystems
(ineffektiv oder effektiv) bestimmt (McGregor et al., 1995).
Da die Messung des Geschiebetransportes mit viel höherem Aufwand verbunden ist, als jene
des Schwebstofftransportes (siehe auch Kapitel 2.1.5), wird oft nur letzterer erfasst und mit
Hilfe von Annahmen auf den ersten geschlossen. Eine Übersicht über die Aufteilung zwischen
Schwebstoff- und Geschiebefracht in verschiedenen Flüssen der Welt bieten Turowski et al.
(eingereicht). Sie zeigen, dass mit Zunahme der Einzugsgebietsgrösse meist auch der Anteil
der ersteren an der Gesamtfracht steigt. Für Untersuchungen am Pitzbach, einem Gebirgsfluss
in Österreich, schwanken die Anteile der Schwebstofffracht am gesamten Sedimenttransport
dabei zwischen 0 und 100 %. In Flachlandflüssen beträgt nach Bechteler (2006) die Schweb-
21
2 Grundlagen
stofffracht im Gegensatz zu alpinen Wildbächen ca. 85 - 95 %. Für die Geschiebefracht leitete
Hinderer (1999) (zitiert in Hinderer (2001)) für 45 alpine Flüsse mittels einer Regression einen
Anteil von 9 - 21 % ab, was gut mit den Erfahrungswerten von Maddock and Borland (1950)
mit 5 - 20 % übereinstimmt, welche bei vielen späteren Untersuchungen als Referenzwert herangezogen wurden (Turowski et al., eingereicht). Nach Lauffer and Sommer (1982) sind die
Anteile der Schwebstoff- und Geschiebefracht in den Kalkalpen (in Einzugsgebieten bis 100
km2 ) ungefähr gleich gross, in den Zentralalpen jedoch auch die Schwebstofffracht dominierend. Der Geschiebetrieb scheint dabei hauptsächlich nur bei Extremereignissen aufzutreten.
Sedimentherkunft
Einen Beitrag zu diesen episodischen Ereignissen liefern auch Murgänge, welche punktuell
grosse Sedimentvolumen zu Tal fördern können. Chiarle et al. (2007) beispielsweise nennen
für Gletscherseeausbruch - induzierte Murgänge in 17 untersuchten Gletschervorfeldern der italienischen, französischen und schweizer Alpen Volumen bis zu mehreren Millionen m3 ; Kaeaeb
et al. (2005) sprechen von Sedimentflüssen von bis zu 40’000 m3 s−1 . Bei Wildbachereignissen stammt ein Grossteil der transportierten Sedimente aus unmittelbarer Gerinnenähe, die
Zeit zwischen den geschieberelevanten Ereignissen ist entscheidend für den entsprechenden
Nachschub (beispielsweise Hangprozess) (Hegg, 1997). Die Rate der Glazialerosion übersteigt
jedoch meist den Abtransport der Sedimente, weshalb während einer Abnahme der Vergletscherung der Sedimenttransport im Allgemeinen noch erhöht bleibt. Tranter (2005) spricht
dabei von einer Relaxationszeit (Anpassungszeit) von 1’000 - 100’000 Jahren.
2.1.5 Sedimenttransportberechnung
Der Schwebstofftransport kann mit geringem Aufwand mittels zu kalibrierenden Trübemessungen bestimmt werden, wobei von der annähernden Gleichverteilung der Schwebstoffe in
turbulenten Gebirgsbächen und einer möglichst ungestörten Probenahme ausgegangen wird.
Weiterhin ist der Einsatz von Schöpfgeräten und Pumpen mit anschliessender Trocknung der
Proben möglich, oder auch die Verwendung von fest installierten kontinuierlich messenden Ultraschallsonden (Bezzola, 2005), welche ebenfalls zu kalibrieren sind. Zur genauen Erfassung
der Schwebstofffracht in proglazialen Gewässern sollte das Messintervall dabei geringer als
stündlich sein, um auftretende Schwankungen zu berücksichtigen (Gurnell, 1982). Die weite-
22
2.1 Hydrologisch-morphodynamische Prozesse
ren Ausführungen beziehen sich auf den Geschiebetransport, welchem auch die Feldstudie (ab
Kapitel 4) gewidmet ist. Die Erfassung des Geschiebetransportes ist ungleich aufwändiger und
teurer als jene des Schwebstofftransportes. Es bestehen dazu grundsätzlich vier Möglichkeiten,
welche sich sowohl in den gemessenen Parametern, der zeitlichen und räumlichen Auflösung
sowie in Aufwand und Genauigkeit unterscheiden.
Berechnung über Messungen
Für qualitative Bestimmungen vor Ort werden über Gewässerquerprofilen mit Geschiebefängern7 punktförmige Messungen entlang der Gerinnesohle durchgeführt, zwischen den Messpunkten interpoliert und dann über das Profil integriert (Bezzola, 2005). Diese Vorgehensweise ist jedoch mit grossem technischen Aufwand verbunden und nur in annähernd ruhigen
Gewässern möglich. Gerade in steilen Gerinnen wie Wildbächen ist diese Methode schwer
durchführbar, gefährlich und ungenau. Da Geschiebemessungen besonders in Fällen mit höheren Abflussvolumen und damit verbunden auch starkem Geschiebetrieb interessieren, sind
entsprechende Messphasen durch die begrenzte Fängergrösse auf kurze Messzeiten limitiert
und auf Grund der Ungleichförmigkeit der Sedimentbewegung auch wenig repräsentativ. Diese Methode wird daher nur in ruhigeren Gefilden (im Gewässer stehend) und in grösseren
Gewässern angewandt, welche mit dem Boot befahrbar sind oder auf einer Brücke überquert
werden können. Neben dieser verbreiteten Messmethode kommen weitere zum Einsatz, wie direkte Messverfahren mit Unterwasserkameras oder mit sogenannten Tracern (Indikatoren, z.B.
präparierte, radioaktive oder gefärbte Steine) und indirekte Aufnahmetechniken wie Drucksensoren, akustische Sensoren (Geophone) und Magnetsensoren (DVWK, 1992). Diese müssen
jedoch kalibriert werden und weisen deshalb eine beschränkte Genauigkeit auf.
7
durchströmbare Fangkörbe, deren Fängigkeit aufwändig kalibriert werden muss
23
2 Grundlagen
Berechnung mit Geschiebetransportformeln
Aus den angeführten Gründen und auch zur Ereignisvorhersage, auf Grund von Bauwerksbemessungen und landschaftsplanerischen Zwecken, wird seit langem versucht den Geschiebetransport mit Hilfe von Formeln zu berechnen. Dazu findet sich in der Literatur eine Vielzahl
von empirischen Ansätzen, welche in verschiedener Gewichtung und Abhängigkeit die Parameter Abflussgeschwindigkeit, Abflusstiefe, Gerinnegeometrie und Korngrösse einbeziehen,
um die maximal mögliche Sedimenttransportrate (Sedimenttransportkapazität) zu bestimmen.
Die Berechnungsmethoden bauen dabei auf verschiedenen Ansätzen beziehungsweise massgebenden Faktoren auf. Sie basieren entweder auf der Schubspannung (τ = ρgRh S mit ρ als
Fluiddichte, g als Gravitationsbeschleunigung, Rh als hydraulischem Radius8 und S als Gerinnegefälle9 im betrachteten Abschnitt) wie z.B. Du Boys (1879), der Fliessgeschwindigkeit
(z.B. Schocklitsch (1962)), stochastischen Funktionen der Sedimentbewegung (z.B. Einstein
(1950)) oder der Strömungsleistung (z.B. Bagnold (1980)). Sie basieren meist auf Labordaten und werden manchmal auf Grund weiterer nicht berücksichtigter Daten modifiziert (z.B.
Meyer-Peter and Müller (1949) und Rickenmann (1991)). Teilweise sind sie auch an Felddaten
kalibriert (z.B. Schocklitsch (1962) und Gomez and Church (1989)) oder ausschliesslich an
Hand von Felddaten entwickelt worden (z.B. Parker (1990)). Es scheinen dabei, überspitzt
gesagt, mehr Geschiebetransportformeln als geeignete Eichdaten zu existieren, weshalb bisher
auch kein Ansatz als universell anwendbar eingestuft werden kann (Cao and Carling, 2002;
Gomez and Church, 1989). Besonders für kiesführende, steile Gerinne ist die Berechnungsgenauigkeit noch sehr gering, weshalb die Ergebnisse für Wildbäche besonders schlecht ausfallen
(siehe dazu etwa die Ausführungen zum Formwiderstand weiter unten).
Zur Herleitung der bestehenden Ansätze wurden, auf Grund der komplizierten physikalischen
Zusammenhänge, viele Vereinfachungen getroffen und daran spezifische Faktoren kalibriert.
Daher sind die entsprechenden Formeln auch meist nur für sehr eng definierte Verhältnisse
einsetzbar und überschätzen gerade im Bereich steiler Gerinne (S > 5 %) im Vergleich zu
beobachteten Sedimentverlagerungen die Transportfrachten um mehrere Grössenordnungen
8
Hydraulischer Radius Rh = A/U mit der Querschnittsfläche A und dem benetzten Umfang U eines gegebenen
Abflussquerschnitts
9
Eigentlich müsste das Energieliniengefälle verwendet werden, jedoch wird dieses mit dem einfach bestimmbaren Gerinnegefälle unter der Annahme eines gleichförmigen Abflusses angenährt.
24
2.1 Hydrologisch-morphodynamische Prozesse
(Rickenmann, 2001a; Yager et al., 2007). Neben den Schwierigkeiten ein natürliches Gerinne korrekt abzubilden, wird das reale Korngemisch in vielen Formeln durch einen einzelnen
massgebenden Korndurchmesser repräsentiert. Daneben gibt es aber auch Ansätze, welche eine fraktionierte Geschiebetransportbestimmung erlauben. So schlugen beispielsweise Wilcock
and Crowe (2003) ein auf einem relativ grossen Datensatzes an Labormessungen basierendes
Berechnungsmodell vor, welches den Transport von Sedimenten verschiedener Korngrössen erlaubt.
In den Ansätzen bisher nicht berücksichtigt werden instationäre Bedingungen, variable geologische Verhältnisse (etwa in Bezug auf die Erosionskapazität), Sedimentinteraktionen und
die eigentliche Sedimentverfügbarkeit, welche gerade in steilen, felsigen Gerinnen oder kiesführenden Flüssen (Yager et al., 2007) für die starken Überschätzungen mit verantwortlich
sein kann. Daneben gibt es allfällige Messungenauigkeiten und -schwierigkeiten (beispielsweise
die Bestimmung der adäquaten Abflusstiefe in einem Wildbach) und den Einfluss der Wassertemperatur (Colby and Scott, 1965); allerdings kann dieser in den hier betrachteten glazial
geprägten Flüssen vernachlässigt werden.
Im Folgenden wird nur eine kleine Auswahl für kiesführende alpine Flüsse entwickelter Geschiebeformeln angesprochen, welche in der Feldstudie verwendet werden. Eine Diskussion verschiedener weiterer Ansätze findet sich beispielsweise in Bechteler (2006) oder Bezzola (2005).
Die gedankliche Grundlage dieser Ansätze ist der Gleichgewichtszustand zwischen Erosion
und Sedimentation, es wird also von konstanten Verhältnissen ausgegangen. Viele gängige
Formeln bauen auf dem Ansatz von Du Boys (1879) auf, welchen dieser an der Rhone und
Nebenflüssen entwickelte und zunächst von einer linearen Abstufung des Sedimenttransports
an der Sohlenoberfläche ausging:
gb = ψτ0 (τ0 − τc )
(2.2)
wobei hier gb die Geschiebetransportkapazität pro Meter Gerinnebreite und Sekunde, ψ einen
empirischen Faktor, τ0 die Sohlenschubspannung und τc die kritische Schubspannung bei Bewegungsbeginn darstellt. Erkennbar hier ist der für den Transport entscheidende Term (τ0 − τc ),
25
2 Grundlagen
welcher die effektiv für den Geschiebetransport wirksame Schubspannung darstellt. Weiterentwickelt wurde dieser Ansatz durch Meyer-Peter and Müller (1949), welche für Gefälle von 0,04
- 0,2 % umfangreiche Untersuchungen in einem Rechteckgerinne mit verschiedenen Gerinneabmessungen und Sedimenten durchführten. Ihre Transportformel stellt auch heute noch einen
der meistverwendeten Ansätze dar und wird am besten für kiesführende Flüsse mit einem Gefälle < 5 % angewandt (Bezzola, 2005). Unter Verwendung ihrer Daten untersuchten Smart and
Jäggi (1983) und später Rickenmann (1990) kiesige Gerinne für steilere Gefällebereiche von
3 - 20 %. Dabei gebrauchte Rickenmann (1990) neben Reinwasser auch Ton-Wasser-Gemische,
um so den Einfluss der Fluiddichte zu berücksichtigen, was insbesondere im Rahmen glazial
geprägter Wildbäche mit einem beträchtlichen Suspensionsanteil (Gletschermilch) neben dem
Geschiebematerial von Bedeutung ist. Für insgesamt 252 Laborversuche leitete Rickenmann
(1991) daraus eine Geschiebetransportgleichung ab, welche für Gerinnegefälle S von 0,04 - 20
% gilt:
φb = 3, 1
d90
d30
0,2
θ0,5 (θ − θc )F r1,1 (s − 1)−0,5
(2.3)
Hier steht φb = qb /[(s − 1)gd3m ]0,5 für die dimensionslose Geschiebetransportrate, qb ist die
volumetrische Geschiebetransportrate pro Einheitsbreite, s = ρs /ρ das Verhältnis von Feststoffdichte ρs zur Fluiddichte ρ, g die Gravitationsbeschleunigung, dm die massgebende Korngrösse (Korndurchmesser), dx die charakteristische Korngrösse des Bachmaterials, für welche
x % des Materials feiner sind, θ = hS/[(s − 1)dm ] die dimensionslose Sohlenschubspannung, θc
die dimensionslose Sohlenschubspannung bei Bewegungsbeginn der Sedimente (Transport), h
die Abflusstiefe und F r = vm /(gh)0,5 die Froude-Zahl mit der mittleren Fliessgeschwindigkeit
vm . Unter Zuhilfenahme der geringen Annäherung F r1,1 ≈ F r1,0 und der Kontinuitätsgleichung des Abflusses q = vh mit q als dem Abfluss pro Einheitsbreite (Rickenmann, 2001a),
kann Gleichung 2.3 umgeformt werden in10 :
d90
qb = 3, 1
d30
10
0,2
(q − qc )S 1,5 (s − 1)−1,5
(2.4)
Prinzipiell müsste qc noch mit vc /v mit vc als der kritischen Fliessgeschwindigkeit des Abflusses für θc
multipliziert werden, jedoch wird für qc ein empirische Formel verwendet (siehe Gleichungen 2.6 und 2.7).
26
2.1 Hydrologisch-morphodynamische Prozesse
Dabei ist qb die volumetrische Geschiebetransportrate pro Einheitsbreite des Baches und qc
der kritische Abfluss pro Einheitsbreite, ab dem von einem Sedimenttransport ausgegangen
werden kann. Weitere Vereinfachungen dieser Gleichung durch Einsetzen des Wertes 1,05 für
den Faktor (d90 /d30 )0,2 entsprechend Smart and Jäggi (1983) für die Annahme eines Einkorngemisches und der Annahme von s = 2, 68 für das Dichteverhältnis von Quarzsediment zu
Wasser (Rickenmann, 2001a), führen zu der Form:
qb = 1, 5(q − qc )S 1,5
(2.5)
Für die Berechnung ist es also erforderlich, einen kritischen Abfluss qc zu definieren. Dieser
kann nach Rickenmann (1990) mit Hilfe einer empirischen Gleichung nach Bathurst et al.
(1987) abgeschätzt werden:
−1,12
qc,min = 0, 065(s − 1)1,67 g 0,5 d1,5
50 S
(2.6)
Dabei ist qc,min der kritische Abfluss pro Einheitsbreite zu Beginn des Sedimenttransports.
Ist, wie oft in Wildbächen, an der Gerinnesohle jedoch von einer Deckschicht auszugehen (das
feine Material wurde ausgespült), bedarf es eines höheren kritischen Abflusses qc,D , um diese
aufzubrechen (Badoux and Rickenmann, 2008):
qc,D = qc,min
d90
dm
10
9
(2.7)
dm steht hier für den massgebenden Korndurchmesser der Unterschicht (oder ganzen Sedimentprobe). Liegt eine Deckschicht vor und wird diese auf Grund eines sich verstärkenden
Abflusses aufgebrochen, kann im Folgenden von einem geringeren kritischen Abfluss ausgegangen werden, um Sedimente zu bewegen. Zur Vereinfachung der Rechnung und im Hinblick
auf das Gesamtereignis unbedeutend (falls der mittlere Abfluss den kritischen weit übersteigt),
ist es aber auch möglich von vornherein mit einem Wert qc zwischen den beiden Extremwerten
qc,min und qc,D zu rechnen. Zur Bestimmung der Transportrate Qb eines Wildbaches über seiner gesamten Breite B werden obige Grenzabflüsse entsprechend modifiziert: Qc,min = qc,min B
und Qc,D = qc,D B und der Gesamtabfluss Q verwendet. Damit ergibt sich etwa Gleichung 2.5
zu:
27
2 Grundlagen
Qb = Ak (Q − Qc )S 1,5
(2.8)
Hier ist Ak wieder ein empirischer Faktor, welcher auch aus Transportmessungen bestimmt
werden kann (siehe Rickenmann (2001a)). Die Wahl von Ak = 1, 5 aus den Laborversuchen
gemäss Gleichung 2.5 ergibt insbesondere für kleine Werte der relativen Abflusstiefe h/d90
starke Überschätzungen der Transportraten (siehe Abb. 2.9).
Abb. 2.9: Koeffizient Ak im Verhältnis zur relativen Abflusstiefe h/d90 für weltweite Beobachtungen zu
Geschiebetransport und Abfluss. Die blaue Linie zeigt Gleichung 2.8 mit dem Wert 1, 5 nach Gleichung
2.5 (Badoux and Rickenmann, 2008)
Abschätzung aus Ablagerungsvolumen
Ein einfaches, quantitatives Verfahren zur überschlagsmässigen Bestimmung der Geschiebefracht besteht darin, mit Hilfe von Geschiebefallen (Sedimentationsbecken, Geschiebesammlern, Staustufen oder sonstigen Sedimentablagerungen) die volumetrische Gesamtfracht (total
load) eines gewissen Zeitraumes zu erheben und daraus einen zeitlich gemittelten Transportwert zu berechnen (Badoux and Rickenmann, 2008; Rickenmann, 2005). Dieser Ansatz kommt
beispielsweise auch zur Nachberechnung von Schadensereignissen bei Überflutungen zum Ein-
28
2.1 Hydrologisch-morphodynamische Prozesse
satz, wobei für die Bestimmung eine Schlüsselstrecke ausgewählt wird. Das ist der sich oberhalb
der Ablagerung befindende Gerinneabschnitt, welcher das geringste Gefälle aufweist und damit
für den Transport limitierend wirkt (Badoux and Rickenmann, 2008). Es wird dazu Gleichung
2.8 über die Ereignisdauer integriert:
GE = Ak Vre S 1,5
(2.9)
In dieser Gleichung ist GE die gesamte Geschiebefracht, Ak = 1, 3 × 1, 5 = 1, 95 unter der
Berücksichtigung eines Porenvolumens in den Ablagerungen von 30 % und Vre die sogenannte
effektive Wasserfracht, also das Integral des Abflusses Q grösser als der kritische Abfluss
Qc (siehe Abb. 2.10). In dieser Grafik ist die eingefärbte Fläche die effektive Wasserfracht,
jeweils unter Verwendung des unteren Grenzabflusses Qc,min als Vre,1 , beziehungsweise des
oberen Grenzabflusses Qc,D als Vre,2 bezeichnet. Dabei zeigt die gestrichelte Linie das Szenario
einer zunächst vorhandenen Deckschicht an. Wird diese schon nach kurzem Überschreiten des
zugehörigen kritischen Abflusses Qc,D vollständig zerstört, ist angenähert die untere Grenze
Qc,min beziehungsweise mit Vre,1 die grössere effektive Wasserfracht für den Sedimenttransport
massgebend.
Abb. 2.10: Transportberechnung mit Hilfe einer Integration über die Abflussganglinie (Badoux and
Rickenmann, 2008)
29
2 Grundlagen
Berücksichtigung des Formwiderstandes
Wie schon zu Beginn dieses Abschnitts erwähnt, kommt es bei Transportberechnungen im
Vergleich zu den im Feld für steile Gerinne beobachteten Transportmengen meist zu einer
starken Überschätzung. Eine wichtige Ursache hierfür, neben der durch eine Vielzahl von Annahmen und Vereinfachungen vereinheitlichten Individualität jedes Abflussereignisses, ist die
Vernachlässigung von sogenannten Formrauigkeiten. Gerade in steilen natürlichen Gerinnen,
wie glazial geprägten Wildbächen, ist die Abfolge von Stufen und ruhigeren Bereichen (steppool-System) sowie das Auftreten variabler Fliessquerschnitte, grober immobiler Blöcke und
anderer Fliesshindernisse (etwa Wildholz), welche zur sogenannten Formrauigkeit beitragen,
sehr bedeutsam. Rickenmann (2001a) weist darauf hin, dass die zu beobachtende starke Abweichung des berechneten Geschiebetransportes für relative Abflusstiefen h/d90 kleiner als
4 - 6 auf entsprechende Strukturen zurückgeführt werden könnte, welche einen Grossteil der
vorhandenen Schubspannung aufnehmen (Yager et al., 2007). Dieser Einfluss wird in bestehenden Transportformeln bisher meistens nicht berücksichtigt. Der Fliesswiderstand setzt sich
prinzipiell aus Korn- und Formrauigkeit zusammen; bei Transportberechnungen sollte deshalb
die Formrauigkeit explizit berücksichtigt werden, beziehungsweise entsprechende Korrekturen
der Sedimenttransportkapazität angewandt werden.
Um eine Korrektur der berechneten Werte vornehmen zu können, kann eine einfache Abschätzung des Anteils der Kornrauigkeit an der Gesamtrauigkeit nach Chiari and Rickenmann
(2007) verwendet werden:
nr
0, 133Q0,19
=
0,47
ntot
g 0,096 S 0,19 d90
(2.10)
Weitere Korrekturen schlugen Chiari (2008), Rickenmann (2005) und Palt (2001) vor:
nr
h
= 0, 185S −0,22
ntot
d90
0,55
nr
h
= 0, 083S −0,35
ntot
d90
0,33
30
(2.11)
(2.12)
2.1 Hydrologisch-morphodynamische Prozesse
nr/ntot
1
Gleichung 2.10
0.8
0.6
Trendlinie für Daten
berechnet mit Gleichung 2.10
nr/ntot = 0.074 S-0.47
0.4
R2 = 0.84
0.2
0
0
0.1
0.2
0.3
0.4
S
0.5
0.6
0.7
Abb. 2.11: Verhältnis der Reibungsverluste nr infolge der Kornrauigkeit gegenüber den Gesamtreibungsverlusten ntot (inklusive
des Formwiderstandes) in Abhängigkeit des Gerinnegefälles S für GleiBadoux+2008_Daten_verändert.xls/Kst-kr-wel-VS_verändert/11.05.2009/Ri
chung 2.10 nach Daten aus Rickenmann (1996) (Badoux and Rickenmann, 2008)
nr
h
= 0, 13S −0,28
ntot
d90
0,21
(2.13)
Hierbei sind nr der Manning-Strickler-Koeffizient für die Kornrauigkeit des Sohlenmaterials,
ntot der Manning-Strickler-Koeffizient der Gesamtrauigkeit und Q der Abfluss. In Abbildung
2.11 ist das angesprochene Verhältnis für die Gleichung 2.10 an Hand der Daten dargestellt,
worauf die Gleichungen 2.10 - 2.13 basieren. Dabei ist zu beachten, dass bei geringen Gefällen
der Anteil der Kornrauigkeit (als Bereich unter der Trendlinie) im Vergleich zur Formrauigkeit (als Bereich über der Trendlinie) stark an Bedeutung gewinnt. Bei sehr kleinen Gefällen
können dabei auch unplausible Werte nr /ntot > 1 auftreten. Ausgehend von den angeführten
Berechnungen und unter der Annahme des Faktors d90 als repräsentativ für die Gesamtreibungsverluste, kann nun der Anteil Sred am Gesamtgerinnegefälle S bestimmt werden, welcher
sich allein auf die Kornreibung bezieht:
Sred = S
nr
ntot
a
(2.14)
31
2 Grundlagen
Der Exponent a kann nach Badoux and Rickenmann (2008) im Bereich 1 ≤ a ≤ 2 angenommen werden. Diese Annahme gründet sich einerseits auf die Fliessformel von ManningStrickler (n = Rh0,67 S 0,5 v −1 , mit v als Geschwindigkeit), nach der das Energieliniegefälle S
proportional dem Manning-Strickler-Wert im Quadrat ist und andererseits auf die Annahme
von Meyer-Peter and Müller (1949) nach der a auch andere Werte annehmen kann, nach ihrem
Vorschlag a = 1, 5. Unter Verwendung des reduzierten Energieliniegefälles Sred ist es somit
möglich mittels den oben genannten Ansätzen den Sedimenttransport allein abhängig von der
Kornrauigkeit zu bestimmen und damit in Richtung der beobachteten Transportmengen zu
korrigieren. Eine andere Korrekturmöglichkeit wäre, den Grenzabfluss zu erhöhen (Badoux
and Rickenmann, 2008).
2.2 Wasserwirtschaft und Verlandung von Stauseen
Die schweizer Wasserwirtschaft
Gebirgsstaaten wie die Schweiz nehmen auf Grund ihrer Topographie bezüglich der Gewässer
einen Oberliegerstatus ein. In den schweizer Alpen entspringen bedeutende europäische Flüsse
- Rhein, Etsch und Rhône (Rey and Müller, 2007). Der im alpinen Bereich anfallende Abfluss
kann somit noch vor jeglicher anthropogener Nutzung kostengünstig als qualitativ hochwertiges Trinkwasser gefasst werden. Ebenso bestehen in vielen Tälern Laufwasserkraftwerke und im
höheren Bereichen Stauhaltungen für die Energieproduktion. Gerade in Regionen mit verhältnismässig geringen Niederschlagsraten wie dem Wallis wird den dafür konzipierten Stauseen
das Wasser vieler umliegender Einzugsgebiete zugeleitet, indem die dortigen Abflüsse gefasst
und über Stollen umgeleitet werden (siehe beispielsweise das System der Kraftwerke Gougra
AG (Abb. A.2 im Anhang)).
Die Wasserkraft ist der dominante Energielieferant der Schweiz: 25,1 % des Stromes wird in
Laufwasserkraftwerken produziert, 30,1 % in Speicherkraftwerken (BFE, 2008b). Dabei belegt
der Kanton Wallis mit einem Anteil von nahezu 25 % eine Spitzenposition in der Gesamtstromproduktion (Abb. 2.12).
32
2.2 Wasserwirtschaft und Verlandung von Stauseen
Von entsprechender Wichtigkeit ist demnach die zukünftige Entwicklung der Verfügbarkeit
der Ressource Wasser, deren Verteilungsmuster, sowie die sich ändernden Bedarfsstrukturen
seitens der Energieverbraucher. Aus dieser Einsicht erwuchs der Wunsch, angelehnt an die
schweizweite Hauptstudie über die Zukunft der Wasserwirtschaft in einem sich ändernden
Klima, speziell für den Kanton Wallis eine sektorielle Studie durchzuführen (siehe auch 1.2).
In dieser werden die gleichen Themenfelder untersucht, jedoch mit einem regionaleren Bezug.
Als zusätzlicher Aspekt wird die Stauraumverlandung (Auffüllung des Speichervolumens durch
Sedimente) als ein spezifisches Problem von Stauhaltungen und Wasserfassungen untersucht.
Auf diesen Aspekt sind die nachfolgenden Erläuterungen ausgerichtet.
Verlandungserscheinungen
Die Abhängigkeit des Sedimenttransports
von Energieliniengefälle und Abflussquerschnitt bedingt Verlandungserscheinungen,
sobald das Gewässer in einen flacheren und
breiteren Bereich wie einen Stausee übergeht
(Abb. 2.13). Mit Beginn der Gefällereduktion
vermindert sich zunächst der Transport der
grössten als Geschiebe mitgeführten Korngrössen und nimmt dann im weiteren Eintritt in den See mit der Strömungsgeschwindigkeit ab. Dadurch entsteht beginnend mit
dem Einlauf eine Sortierung der Transportfracht nach Fraktionen; es formt sich ein Delta sich aus.
Der Anteil der Suspensionsfracht an der ge-
Abb. 2.12: Hydraulische Elektrizitätsgewinnung in
der Schweiz und im Wallis, Stand 2006 (Dienststel-
samten Feststofffracht beträgt bei kleinen
le für Wasserkraft und Energie, 2006)
Stauseen 80 bis 90 %, bei grossen 90 bis nahezu 100 %. Mit zunehmender Aufenthaltsdauer und abnehmender Turbulenz entsteht ein
Impulsgleichgewicht zwischen ruhendem und einströmendem Wasser, das schwebstoffbeladene
Wasser sinkt in die Tiefe und breitet sich als sogenannter Trübestrom auf dem Seegrund aus
33
2 Grundlagen
Abb. 2.13: Schematische Darstellung der Verlandung eines Stausees (verändert nach Schleiss and
Oehy (2002))
(Schleiss and Oehy, 2002). Abhängig von der Grösse des Stausees und der Verweildauer des
Wassers wird ein Anteil der Suspensionsfracht jedoch weitertransportiert und turbiniert. Das
geschieht auch bei starker Aufwühlung der Sedimente beispielsweise bei einem verstärkten
Zufluss infolge eines Hochwassers und bewirkt bei Korngrössen > 0,1 mm Abrasionserscheinungen (Abrieb) an Turbinen, Pumpen und auch Bauwerken. Dabei kann die Abnutzung bis
zur Zerstörung der Laufräder führen, was nur durch aufwändige und teure Beschichtungen wie
Keramik verhindert werden kann (McGregor et al., 1995; Palt, 2001).
Aus dem geschilderten Verhalten resultiert die Problematik des fortschreitenden Stauraumverlustes. Gerade in steilen alpinen Einzugsgebieten mit grossen transportierten Geschiebemengen
drohen die Nutzvolumen auf Dauer stark zurückzugehen, was in vielen Fällen auf eine diesen Prozess wenig berücksichtigende Bewirtschaftung zurückzuführen ist (Jenzer et al., 2005).
Weltweit beträgt die Verlandungsrate 1 - 2 % des Stauvolumens. Da der jährliche Volumenzuwachs jedoch eher bei 1 als bei 2 % liegt, nimmt das effektive Nutzvolumen ab (Schleiss and
Oehy, 2002), was im besonderen Masse für die Schweiz gilt (Abb. 2.14). Die meisten schweizer
Staudämme sind inzwischen 30 - 60 Jahre alt; jährlich gehen 0,2 % des Speicherraumes verloren. Der bautechnisch vorgesehene Totraum zur Akkumulation von Sedimenten ist nahezu
gefüllt (Beyer Portner, 1998). Dabei treten eine Anzahl weiterer operationeller Probleme auf.
Eingetragene grobe wie feine Sedimente können neben den Stauhaltungen selbst Grundablassorgane, Ableitungsstollen und Galerien zusetzen und besonders bei hohen Abflüssen durch
34
2.3 Klimawandel
die grosse kinetische Energie technische Einrichtungen wie Fassungen, Rechen, Ablässe und
auch Gebäude beschädigen und zerstören (McGregor et al., 1995). Die Sicherheitsvorschriften
können daher oft nicht mehr gewährleistet werden; dazu kommt eine Reduktion der Hochwassersicherheit in Folge des Stauraumverlustes (Bechteler, 2006).
Um diesen Problemen zu begegnen, bedarf es
kostenintensiver Gegenmassnahmen wie Umleitungen von Extremabflüssen, Ausbaggerungen des Geschiebes und Spülungen. Bei
letzteren werden, zumeist im Nachlauf der
Schnee- und Eisschmelze, die Grundablassorgane und Triebwasserfassungen der Staubecken durch zulaufendes und teilweise durch
zusätzlich eingepumptes Wasser gereinigt, indem die abgelagerten feinen Sedimente, wel-
Abb. 2.14: Zunahme der Stauseekapazität durch
che meist den grössten Anteil der Verlan- Bautätigkeit und Abnahme durch Verlandung in der
dung ausmachen (Bechteler, 2006) als Sus- Schweiz und weltweit (Schleiss and Oehy, 2002)
pensionsfracht ausgetragen werden. Die gängige Praxis der jährlichen Spülungen bringt jedoch auch gravierende ökologische Nachteile
mit sich. Die Gewässerläufe unterstrom der Stauhaltungen leiden im normalen Betrieb unter
Wassermangel, dagegen werden sie bei sporadischen Spülungen mit einem Überangebot von
Schwebstoffen konfrontiert, welche sich im gesamten Gewässerbett ablagern und die aquatische
Fauna und Flora zu ersticken drohen; es entsteht ein Sauerstoffmangel.
2.3 Klimawandel
Für den vermehrt auch in der Öffentlichkeit diskutierten klimatischen Wandel zeigen sich
sensitive Regionen wie die Alpen mit gravierenden Auswirkungen konfrontiert. Bei der Abschätzung der Entwicklung des zukünftigen Klimas bedient man sich globaler und regionaler
Klimamodelle, welche in zunehmendem Masse Interaktionen der Atmo-, Hydro-, Kryo-, Geo-,
Bio- und auch der Anthroposphäre integrieren. Den damit bestimmten Projektionen liegen
35
2 Grundlagen
sogenannte Klimaszenarien zu Grunde, welche auf Annahmen über zukünftige Treibhausgasemissionen und die Sensitivität des Globalklimas basieren (Frei, 2004). Nachfolgend wird für
die Schweiz und, soweit in dieser Auflösung möglich, für den Kanton Wallis eine Übersicht über
die aktuell angenommenen zukünftigen Änderungen der meteorologischen Elemente Temperatur und Niederschlag sowie deren Extremwerte vorgestellt, welche bezüglich der Entwicklung
der Wasserressourcen (Horton et al., 2005) und damit hinsichtlich des Sedimenttransportverhaltens von Bedeutung sind.
2.3.1 Temperatur
Begert et al. (2005) untersuchten für die historische Zeitspanne von 1864 - 2000 die Temperaturentwicklung an zwölf Schweizer Wetterstationen (Abb. 2.15). Dabei ergab eine Trendanalyse einen Anstieg der Jahresdurchschnittstemperaturen von 0,9 bis 1,2 ◦ C 100a−1 Jahren für
Stationen nördlich des Alpenhauptkammes und 0,6 ◦ C 100a−1 südlich davon. Das im zweiten
Teil dieser Arbeit betrachtete Wallis zeigt dabei sowohl die höchsten jahreszeitlichen Anstiege,
wie auch den höchsten Jahresdurchschnittswert mit 1,6 im Winter, jeweils 1,0 ◦ C im Frühling
und Sommer, 1,3 ◦ C im Herbst, sowie 1,2 ◦ C im Durchschnitt und liegt damit weit über dem
globalen Durchschnittsanstieg von 0,6 ◦ C im 20. Jahrhundert (OcCC, 2007).
Eine nähere Betrachtung der Temperaturentwicklung der Schweiz zeigt grosse jährliche Schwankungen, allerdings in den letzten 20 Jahren eine starke Erwärmungstendenz, die wärmsten
fünf Jahre wurden allesamt in den letzten zehn Jahren erreicht (OcCC, 2008). Somit zeigt
schon die nahe Vergangenheit, dass sich dem Klima, als der Statistik des Wetters, keine Konstanz zuweisen lässt, es einem stetigen Wandel unterliegt. In Abbildung 2.16 sind sogenannte
probabilistische Projektionen (Häufigkeitsverteilungen von Berechnungen für eine grosse Anzahl von Annahme - Kombinationen) für die zukünftige regionale Temperaturentwicklung der
Schweiz dargestellt. Aufgetragen sind Klimasimulationen für drei verschiedene Zeitpunkte des
21. Jahrhunderts11 aus dem umfangreichen europäischen Projekt PRUDENCE (Prediction of
Regional scenarios and Uncertainties for Defining European Climate change risks and Effects)
(Christensen et al., 2002; Frei, 2004). Die Ergebnisse sind jeweils nach den vier Jahreszeiten
11
Anhand den Projektionen für das Ende des Jahrhunderts skalierte Werte. Grundlegend dafür ist die Annahme eines proportionalen Verhaltens der regionalen Temperatur- und Niederschlagsänderung zur globalen
Temperaturänderung (Frei, 2004)
36
2.3 Klimawandel
Abb. 2.15: Jährliche und saisonale Temperaturtrends für die Periode 1864 - 2000 für zwölf Wetterstationen in der Schweiz. Lineare Trends in [◦ C 100−1 ] jeweils für Winter (DJF), Frühling (MAM),
Sommer (JJA) und Herbst (SON); Konfidenzintervall 99 % (fett) und 95 % (normal), leere Felder
zeigen geringere Konfidenzintervalle. Stationshöhen jeweils in Klammern in [m ü NN] (Begert et al.,
2005)
aufgegliedert und in die Region nördlich und südlich des Alpenhauptkammes12 unterschieden.
Höher aufgelöste Analysen für elf alpine Einzugsgebiete wurden von Horton et al. (2005)
durchgeführt, darunter auch drei für Zuflüsse der Rhone im Kanton Wallis. Für die Periode 2020 - 2049 wurde dabei für eine skalierte11 globale Erwärmung von 1 ◦ C mittels 19
regionalen PRUDENCE Szenarien eine mittlere jährliche Temperaturerhöhung von 1,2◦ C für
das Einzugsgebiet der Saaser Vispa ermittelt (Extremwerte 1,0 bis 1,7 ◦ C). Änderungen für
den Zeitraum 2070 - 2099 wurde mittels der Treibhausgas-Emissionsszenarien A2 und B2 des
IPCC berechnet. Das Szenario A2 (regionale, ökonomisch orientierte Entwicklung) ergab eine
Temperaturerhöhung von 4 ◦ C (Extremwerte 3,3 und 6,1 ◦ C), B2 (regionale, umweltorientierte Entwicklung) einen Anstieg um 3◦ C (Extremwerte 2,5 und 4,6 ◦ C) im Vergleich zu
heute. Verglichen mit der für die ganze Schweiz vorhergesagten Entwicklung liegen diese Werte allerdings noch im unteren Bereich. Frei (2004) projizierte für 2050 unter der Annahme
einer globalen Temperaturzunahme von 0,8 - 2,4 ◦ C wahrscheinliche Temperaturanstiege von
1,8 ◦ C im Winter, 1,8 ◦ C im Frühling, 2,7 ◦ C im Sommer und 2,1 ◦ C im Herbst für die
12
Der Alpenhauptkamm ist eine gedachte Verbindung von Gipfeln und Kämmen und fungiert als Hauptwasserscheide in den zentralen Alpen. Er verläuft an der Südgrenze des Wallis etwa vom Grossen Sankt Bernhard
über den Simplon bis zum Gotthard und umfasst damit die Hochlagen der Täler südlich der Rhone (SLF,
06.04.2009).
37
2 Grundlagen
Abb. 2.16: Probabilistische Temperaturprojektionen für die Schweiz, nördlich (links) und südlich
(rechts) des Alpenhauptkamms. Die Änderung der jahreszeitlichen Temperatur ist als Verhältnis des
zukünftigen gegenüber des heutigen (1990) dargestellt. Die vertikalen Balken beschreiben dass 95%
Konfidenzintervall, die schwarzen Linien stellen den Median (beste Schätzung) dar. Balken in blau,
rot, grün beschreiben jeweils die Änderung bis ins Jahr 2030, 2050, 2070. DJF: Dezember bis Februar,
MAM: März bis Mai, JJA: Juni bis August, SON: September bis November (aus OcCC (2007) nach
Frei (2004))
Alpennordseite (Abb. 2.16), für die Alpensüdseite kann von ähnlichen Werten ausgegangen
werden (Ecoplan/Sigmaplan, 2007; Frei, 2004). Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts ist sogar
mit einer Zunahme der Sommertemperaturen von 3,5 - 7 ◦ C zu rechnen, sofern die Treibhausgasemissionen nicht drastisch eingeschränkt werden; dann wird ein Durchschnittssommer etwa
dem Hitzesommer 2003 entsprechen (OcCC, 2008). Nach Frei (2004) dürfte gegen das Jahr
2070 mit +2.6/+2,5/+3,8/+3 ◦ C jeweils für Winter, Frühling, Sommer und Herbst gerechnet
werden.
2.3.2 Niederschlag
Während die Prognosen bezüglich der Temperaturentwicklung verhältnismässig gute Näherungen darstellen, sind Berechnungen bezüglich der Niederschlagsentwicklung noch mit vielen
Unsicherheiten behaftet. Die jährliche Niederschlagsentwicklung der letzten 150 Jahre über der
gesamten Schweiz lässt keine eindeutigen Trends erkennen (Abb. 2.17). Es treten beträchtliche Schwankungen von Jahr zu Jahr auf, dennoch fällt über der gesamten Schweiz im Mittel
gleichviel Niederschlag (1240 mm) wie während der Normperiode (1961-1990). Trotz der unveränderten Jahresmengen zeigen sich jedoch jahreszeitliche und regionale Veränderungen. Die
38
2.3 Klimawandel
Abb. 2.17: Abweichung der mittleren Jahresniederschläge der Jahre 1864 - 2007 in der Schweiz relativ zur Norm 1961-1990 (blau = positive, orange = negative Abweichungen). Dargestellt sind Durchschnittswerte aus zwölf verschiedenen Messstationen in verschiedenen Höhenlagen der Nord- und Südschweiz (OcCC, 2008)
mittlere Intensität der herbstlichen und winterlichen Niederschläge ist besonders im nördlichen und westlichen Alpenraum mit 20 - 30 % signifikant angestiegen, im südlichen dagegen
sind herbstliche Niederschläge um 20 - 40 % zurückgegangen (OcCC, 2008; ONERC, 2008;
Schmidli et al., 2002).
Bis zum Jahre 2050 wird nördlich des Alpenhauptkammes im Winter mit einer Niederschlagszunahme von rund 8 % (Südseite 11 %), im Sommer jedoch mit einer Abnahme von etwa
17 % (19 %) gerechnet, jedoch mit einem höheren Unsicherheitsbereich im Süden. Für den
Frühling wurde im Norden eine Konstanz der aktuellen Niederschlagsmenge errechnet (-4 %),
im Herbst eine Abnahme um 6 % (4 %) (Abb. 2.18); alle Angaben beziehen sich jeweils auf den
Median der probabilistischen Projektionen (Frei, 2004; OcCC, 2007). Gegen Ende des Jahrhunderts werden Werte +11/-1/-23/-9 % für Winter, Frühling, Sommer und Herbst angegeben.
Schaedler et al. (2007) sprechen für die Gesamtschweiz von einer Reduktion der Jahresniederschlagsmengen um 5 - 10 %, wobei sich die sommerliche Abnahme dominierend auswirkt. Für
die Saaser Vispa geben Horton et al. (2005) für das Jahr 2050 eine Abnahme der jährlichen
39
2 Grundlagen
Abb. 2.18: Probabilistische Niederschlagsprojektionen für die Schweiz, nördlich (links) und südlich
(rechts) des Alpenhauptkamms. Die linke Achse zeigt logarithmische Einheiten (der Wert 0,5 bedeutet
beispielsweise eine Halbierung). Sonstige Darstellungen analog zu Abb. 2.16 (aus OcCC (2007) nach
Frei (2004))
Niederschläge um 3 %, der saisonalen um 8 % im Sommer, dagegen eine Zunahme um 5 % im
Winter an. Aussagen über die Niederschlagsentwicklung bis zum Ende des 21. Jahrhunderts
treffen sie mit -8/-6 % als Median des jährlichen Niederschlags und 15/12 %, sowie -27/-26 %
für den saisonalen Winter- und Sommerniederschlag, jeweils für die A2/B2 - Szenarien des
IPCC. Der Schwankungsbereich dieser Angaben ist jedoch beträchtlich und kann somit nur
einen groben Anhaltspunkt für die zukünftige Niederschlagsverteilung liefern.
2.3.3 Extremereignisse
Stärker als die Zunahme der mittleren Temperatur- und Niederschlagswerte haben bereits in
der Vergangenheit die Extremwerte zugenommen. So hat sich in den Jahren 1880 bis 2005 die
Länge der sommerlichen Hitzewellen über Westeuropa verdoppelt und die Frequenz heisser
Tage nahezu verdreifacht (Della-Marta et al., 2007). Auffällig dabei ist der asymmetrische
Trend zwischen Minimum- und Maximumtemperaturen, welcher eine viel stärkere Zunahme
der Minimumtemperaturen, seit 1953 sogar einen dreifach höheren Anstieg zeigt (Karl et al.,
1993). So haben beispielsweise an den hochalpinen Stationen Säntis, Grosser St. Bernhard
und Jungfraujoch (2’500, 2’479 und 3’572 m Höhe) mit Zunahmen von 10 ◦ C in den letzten
2 - 3 Dekaden die täglichen Anomalien der Maximumtemperatur schon 15 ◦ C überschritten
40
2.3 Klimawandel
(ONERC, 2008). Intensive Tagesniederschläge und Starkniederschläge mit 2 - 5 Tagen Dauer
haben im letzten Jahrhundert im Herbst und Winter im nördlichen Alpenraum und weiten
Teilen des schweizer Mittellandes um 10 - 30 % zugenommen, jedoch nicht an Anzahl, sondern
nur an Intensität (Schmidli and Frei, 2005).
Abb. 2.19: Häufigkeitsverteilung der Extremtemperaturen. Die blaue Kurve zeigt die heutige statistische Verteilung der Temperaturen. Die mittleren oder durchschnittlichen Temperaturen treten häufig
auf, Kälteextreme (blaue Fläche unter der Kurve) und Hitzeextreme (rote Fläche unter der Kurve) sind
selten. Durch die Klimaänderung könnte sich die Häufigkeitsverteilung verschieben (rote Kurve), wobei
die Auswirkungen besonders im Bereich der Extremtemperaturen sichtbar würden. Die Häufigkeit von
(aus der heutigen Sicht) extrem kaltem Wetter dürfte stark abnehmen, jene von extrem heissem Wetter
dagegen stark zunehmen (OcCC, 2003)
Quantitative Abschätzungen über Temperatur- und Niederschlagsextreme sind noch mit grosser Unsicherheit behaftet. Es wird davon ausgegangen, dass die Häufigkeiten von Kältewellen
und Frostperioden abnehmen, dagegen Hitzewellen und besonders Sommertrockenheiten zunehmen werden (Frei et al., 2006; Schaer et al., 2004). Dieses Verhalten lässt sich gut an der
Häufigkeitsverteilung der auftretenden Temperaturen darstellen, welche sich mit dem Klimawandel in Richtung wärmere Temperaturen verschieben könnte (Abb. 2.19). Die kalten Extreme werden dabei in Gebieten mit der Schneedeckenabnahme zunehmen, die warmen Extreme
sich in Gebieten verstärken, bei denen die sommerliche Bodenfeuchte abnimmt (Kharin et al.,
2007). Gegen Ende des 21. Jahrhunderts wird die Wiederkehrperiode eines 20jährigen Niederschlagsereignisses in Nordeuropa der eines 40-100jährigen des aktuellen Klimas entsprechen.
Starkniederschläge werden saisonal zunehmen, besonders im Frühjahr und Herbst, im Sommer
dagegen abnehmen (Frei et al., 2006; OcCC, 2003; ONERC, 2008) (siehe auch Abb. 2.24); ent-
41
2 Grundlagen
Abb. 2.20: Berechnete Zunahme der Niederschlagstätigkeit im Winter für drei Regionen in Mitteleuropa in einer gegenüber heute 2 ◦ C wärmeren und 15 % feuchteren Atmosphäre (nach OcCC (1998)
aus (Frei et al., 1998))
sprechendes gilt für Hochwässer (Christensen and Christensen, 2003; OcCC, 2003). In Folge des
damit intensivierten Wasserkreislaufes, insbesondere des atmosphärischen Feuchtetransports
durch steigende Temperaturen, wird sich die Frequenz von Starkniederschlägen besonders im
Winterhalbjahr überproportional erhöhen (Abb. 2.20) (Frei et al., 1998). Damit verbunden
ist eine Veränderung der Auftrittswahrscheinlichkeit bestimmter Wetterlagen (OcCC, 2005),
welche das Abflussgeschehen mitbestimmen. Im Herbst wird in diesem Jahrhundert nördlich
der Alpen mit einer Zunahme der Extremniederschläge um 10 % (Südseite 20 %), im Winter
beidseitig um bis zu 20 % gerechnet (Schaedler et al., 2007).
Schon im Jahr 2050 könnte jeder zehnte Sommer wärmer als 21◦ C sein, im Vergleich zu
heutigen 18,3 ◦ C (OcCC, 2007). Mitteleuropa wird gegen Ende des Jahrhunderts die gleiche
Zahl and heissen Tagen erleben, wie heute Südeuropa (Beniston et al., 2007). Der Einfluss des
Klimawandels auf andere Wetterextreme wie Hagel und Sturm ist dagegen noch unsicherer.
Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts wird von einer Zunahme der Stürme zwischen 45 und 55 ◦
nördlicher Breite ausgegangen, dabei allerdings mit einer Abnahme über den schweizer Alpen
gerechnet (Beniston et al., 2007). Sehr starke Winterstürme, wie Vivian (1990) und Lothar
(1999), könnten dagegen häufiger werden (Beniston et al., 2007; OcCC, 2007, 2008).
42
2.4 Auswirkungen auf alpine Einzugsgebiete
2.4 Auswirkungen auf alpine Einzugsgebiete
Nach den Projektionen der zukünftigen Klimacharakteristik folgt nun eine Zusammenstellung
der angenommenen damit verbundenen Auswirkungen auf jene in Kapitel 2.1.2 angesprochenen morphodynamischen Prozesse und der entsprechend veränderten Bedingungen für die
Wasserwirtschaft. Anschliessend werden die damit gelegten Grundlagen in Kapitel 3 im Rahmen eines Konzeptes auf die Verlandungsproblematik angewandt. Die markantesten und am
ehesten quantifizierbaren Einflüsse können dabei den ansteigenden Temperaturen und der sich
verändernden Niederschlagsverteilung zugeordnet werden.
2.4.1 Gletscherentwicklung
Von 1876 bis 1973 ist die Gletscherfläche der Schweiz um 475 km2 von 1’817,6 auf 1’342,2 km2
zurückgegangen, das heisst um 26 % (für die Walliser Alpen um 21 %), womit ein Schmelzwasserausfall von jährlich 1,425 km3 verbunden ist (Kasser, 1981; Maisch et al., 2000). Bis
zum Jahr 2000 gingen weitere 250 km2 Fläche verloren. Betrug das Volumen im Jahre 1850
(Gletscherhochstand) noch ca. 107 km3 , so waren es 1973 ca. 75 km3 , 2000 nur noch 55 km3
(Spreafico, 2001). In den letzten Jahrzehnten hat sich die Gletscherschmelze zudem verstärkt.
Nach dem neuen von Satellitendaten abgeleiteten schweizer Gletscherinventar hat sich der
Rückgang von 1985 bis 1998/1999 im Vergleich zur Periode 1850-1973 versiebenfacht (Paul,
2003). Allein das Hitzejahr 2003 verursachte einen volumetrischen Rückgang von 5 - 10 %
(Haeberli et al., 2004; Maisch et al., 2000), in starkem Masse bedingt durch die Ausdünnung
der Gletscher. Diesem Prozess kann nach Paul et al. (2007b) möglicherweise auch der massgebende Anteil am Massenverlust im 20. Jahrhundert zugeschrieben werden kann.
Dabei ist festzuhalten, dass der Schwund kleinerer Gletscher schneller vonstatten geht, als jener grösserer Gletscher (Gletscherschwund-Grössenregel) (Maisch et al., 2000). Als Erklärung
für den Gletscherrückzug kann der klimabedingte Anstieg der Gletscher-Schneegrenzen, also
der Gleichgewichtslinie betrachtet werden (Maisch et al., 2000). Unter der Annahme eines
vertikalen Anstiegs von 170m bei einer Erwärmung von 1 ◦ C unter Berücksichtigung sämtlicher Bilanzterme (Kuhn, 1990), spiegelt sich in dem erwähnten Rückzug der letzten 100 Jahre
allein schon die Temperaturerhöhung von 0,6 ◦ C (Maisch et al., 2000) wider, entsprechend
43
2 Grundlagen
einem Anstieg der Gleichgewichtslinie um 75 m (Zemp et al., 2007).
Sämtliche Klimaszenarien lassen erkennen, dass sich, sollten nicht irgendwelche unerwarteten
Abkühlungsphasen eintreten, die Zerfallstendenzen der Gletscher im ersten Teil des 21. Jahrhunderts stark beschleunigen werden. Das resultiert aus einer, bisher vielleicht unterschätzten,
Klima-Sensibilität der seit 1850 schon sehr stark geschrumpften Vergletscherung (Maisch et al.,
2000) und ist nicht zuletzt ein Ergebnis der relativ langsamen Reaktion gerade grösserer Eismassen auf klimatische Veränderungen. Ein verstärkender Prozess ist zudem die beschleunigte
Ausbildung des effektiven en- und subglazialen Entwässerungssystems durch eine verstärkte
Gletscherschmelze (Willis, 2005).
Maisch et al. (2000) verwenden für Szenarioberechnungen Gradienten von 150 m ◦ C−1 beziehungsweise 0,7 ◦ C 100 m−1 . Somit kann entsprechend den gewählten Klimaszenarien auf den
zugehörigen Gletscherrückgang geschlossen werden. Paul et al. (2007a) berechneten für das
Jahr 2050 für das IPCC-B1-Szenario bei einer Temperaturerhöhung um 2,1 ◦ C einen Anstieg
der Gleichgewichtslinie um 300 m, verbunden mit einer Gletscherflächenreduktion von 65 %.
Das ginge mit einem jährlichen Eisdickenverlust von 1 - 2m einher (diese Angabe gilt allerdings
bei einem Anstieg in der gleichen Grössenordnung, jedoch bis zum Ende des Jahrhunderts)
(Kaeaeb et al., 2005). Bei einer Erwärmung um 3-4 ◦ C bis zum Ende des Jahrhunderts ergäbe
dies einen Anstieg der Gleichgewichtslinie um 400-500m, was für viele der kleineren Gletscher
einen Anstieg über den höchsten Gletscherpunkt und somit ein Verschwinden desselben bedeuten würde (Paul et al., 2007a). So würde ein sommerlicher Temperaturanstieg von 3 ◦ C
die aktuelle Gletscherbedeckung der europäischen Alpen nach Berechnungen von Zemp et al.
(2006) um 80% reduzieren, bei einer Erwärmung um 5 ◦ C wären die Alpen nahezu eisfrei.
Selbst Niederschlagsschwankungen von +/- 20 % würden die Menge des verbleibenden Eises
um weniger als den Faktor 2 verändern (Abb. 2.21). Berechnungen von Horton et al. (2005)
für die Periode 2020 - 2049 (jedoch für eine Erwärmung von „nur“ 1 ◦ C) ergaben im Einzugsgebiet der Vispa einen Rückgang der Vergletscherung von 33,2 % auf 15,7 %, für das Szenario
2070-2099 (IPCC-B2) noch verbleibende 3,7 %. Somit zeigen sich Gletscher als die besten Indikatoren für den Klimawandel (Zemp et al., 2007) und insbesondere für den Strahlungsantrieb,
also den beschleunigenden Einfluss der Treibhausgase (Haeberli, 2008a).
44
2.4 Auswirkungen auf alpine Einzugsgebiete
Abb. 2.21: a) Veränderung der Alpenvergletscherung bei einem Anstieg der Sommertemperatur um +1
bis +5◦ C und einer Veränderung des Jahresniederschlags zwischen -20 % und +30 %. b) Volumetrische
Abnahme der Vergletscherung bis 2050 für drei Temperaturszenarien bei unverändertem Niederschlag
im Vergleich zur Referenzperiode 1971-1990 (aus OcCC (2007) nach Zemp et al. (2006))
2.4.2 Schnee
Auch die Schneebedeckung in der Schweiz hat im vergangenen Jahrhundert nach einer Zunahme bis in die 1980er besonders in niedrigeren Lagen zusehends abgenommen, vorzugsweise
im Frühling und Sommer. Dabei korreliert die Abnahme in Gebieten mit der Temperaturzunahme; dort wo die Auflage zunahm, ist fast ausschliesslich von einer Niederschlagszunahme
auszugehen. Regionale Schwankungen und Höhenvariationen sind sehr ausgeprägt, kürzere Bedeckungszeiten hauptsächlich durch frühere Schneeschmelze im Frühling, als durch späteren
Schneefall im Herbst bedingt. Über 1’300 m besteht seit den 1960ern ein sehr schwacher Trend
in Richtung stärkerer Schneefall, in Gebieten unter 650 m zeigt ein markanter Rückgang, dass
winterliche Starkniederschläge verstärkt als Regen anstatt als Schnee fallen (Laternser and
Schneebeli, 2003; Lemke et al., 2007; Scherrer et al., 2004).
Für eine Erwärmung der winterlichen Minimaltemperatur um 4 ◦ C gegen Ende des 21. Jahrhunderts berechneten Beniston et al. (2003) für die schweizer Alpen mittels des EnergiebilanzModells GRENBLS einen Rückgang des Schneevolumens von bis zu 90 % für Höhen bis 1’000
m, 45 - 60 % Abnahme bis 2000 m und 30 - 40 % bis 3000 m. Parallel dazu wird die Schneesaison
in Höhen von 2’000 bis 2’500 m 50 - 60 Tage früher enden, in Höhen bis 1’000 m sogar um 110
45
2 Grundlagen
Abb. 2.22: a) Entwicklung der mittleren Höhe der Nullgradgrenze in den Wintermonaten (DJF =
Dezember, Januar, Februar) der Jahre 1958 - 2003. Die Berechnung basiert auf 67 homogenisierten
Bodentemperaturmessungen, die rote Linie zeigt den linearen Trend, die gestrichelten Linie die entsprechenden Unsicherheit (95 % Konfidenzintervall). b) Vertikale Verteilung der durchschnittlichen
Wintertemperaturen an Messstationen der MeteoSchweiz in den Jahren 1959 - 1997. Die rezente Nullgradgrenze liegt bei etwa 840 m. c) Szenario für das Jahr 2050. Die Schwankungsbreite des Anstiegs
der Nullgradgrenze beträgt 1020 - 1520 m, im Mittel (+1,8 ◦ C im Winter) wird von einer Erhöhung
um 360 m auf 1300 m ausgegangen (OcCC, 2007)
- 130 Tage, wobei auch hier hauptsächlich das Ende, denn der Beginn der Saison betroffen sein
wird. Somit wird die Schneeschmelze weit früher einsetzen, als unter aktuellen Verhältnissen,
was einen bedeutenden Effekt auf die Abflussregimes haben wird. Da die Schneefallgrenze ungefähr der Nullgradgrenze entspricht, kann auf Grund des beobachteten Anstiegs (Abb. 2.22 a)
und einer winterlichen Erwärmung von 1,8 ◦ C (siehe Kapitel 2.3.1) von einem Anstieg der
letzteren um 360 m und damit auch von einer damit verbundenen Höhenveränderung der
Schneegrenze von derzeit rund 840 m auf 1’200 m ausgegangen werden (Abb. 2.22 b und c).
Bei einer Erwärmung von über 3◦ C (wie für das Ende des 21. Jahrhunderts prognostiziert),
könnte die Nullgradgrenze sogar um mehr als 600 m auf über 1’500 m ansteigen (OcCC, 2007).
Für die Lawinenaktivität lässt sich bisher kein Trend feststellen. Das Lawinenauftreten begünstigende Verhältnisse sind bestimmte stabile Wetterlagen (Nordwest- oder Südstaulagen),
kurzzeitige Starkniederschläge und Dauerregen bis zu drei Tagen Länge (Jomelli et al., 2007a;
OcCC, 2007). Zukünftige Entwicklungen unterliegen dem Zusammenspiel von ansteigender
Schneefallgrenze und damit verbundener kürzerer Schneebedeckung, verstärkten Winterniederschlägen, möglicherweise einer Zunahme von ausserordentlichen, lawinenbegünstigenden
Wetterlagen, häufigerem Regen in tieferen Lagen, Zunahme des bewachsenen Bodens etc. In
46
2.4 Auswirkungen auf alpine Einzugsgebiete
Ermangelung eingehender Untersuchungen in diesen Bereichen sind jedoch noch keine Prognosen über eine Zu- oder Abnahme von Lawinenabgängen möglich (OcCC, 2003).
2.4.3 Permafrostentwicklung und Sturzprozesse
Eine weitere wichtige Komponente alpiner Systeme im Zusammenhang mit bedeutsamen Auswirkungen einer Klimaerwärmung ist die Verbreitung von Permafrost, welcher bis heute noch
6 % der Fläche der Schweiz in Lagen über 2’500 m bedeckt (Schiermeier, 2003). Da das Bodeneis ein entscheidender Stabilisator von Schutthängen ist, kann während und nach seinem Tauen
mit dem verstärkten Auftreten von Rutschungen und Steinschlag gerechnet werden. Gruber
and Haeberli (2007) beschreiben dafür fünf physikalische Prozesse, welche den Zusammenhang von Erwärmung und Destabilisierungen beschreiben: Bindungsverlust, Eisabscheidung,
Volumenvergrösserung, hydrostatischer Druck und Schubspannungsverlust. Ein Beispiel für
die Auswirkungen ist im Besonderen der extrem warme und trockene Sommer des Jahres
2003, bei dem die 0
◦
- Grenze über 4600 m anstieg und ohne Einfluss von Starkniederschlä-
gen oder Erdbeben viele Steinschlagereignisse aus den Permafrostgebieten steiler Felshänge
auftraten (Gruber et al., 2004; Schiermeier, 2003). Untersuchungen der Permafrostenwicklung
während des letzten Jahrhunderts mittels Bohrlochmessungen und Simulationen zeigen eine
Erwärmung des alpinen Permafrosts um 0,5 - 0,8 ◦ C (Harris et al., 2003).
Der Abbau des Permafrosts hängt stark mit perkolierendem Wasser zusammen, weshalb bei
genügendem Schmelzwasserangebot (durch Schneeschmelze oder Gletscherschmelze) ein weit
schnellerer Rückgang eintreten kann, als es auf Grund reiner konduktiver Erwärmung möglich
wäre. Vorraussagen der zukünftigen Entwicklung der Permafrostverbreitung unterliegen daher
den noch grossen Unsicherheiten des Wissens über Felstemperaturen, Eisgehalt, Abtragsmechanismen und den Interaktionen zwischen Erwärmung und Destabilisierung. Jedoch kann
davon ausgegangen werden, dass konvexe Topographie wie Fels- oder Moränengrate, Felsnadeln etc. schneller und tiefer auftauen und demnach anfälliger für Degradationserscheinungen
sein dürften (Gruner, 2008).
Ein weiterer Effekt der das Permafrostvorkommen beeinflusst, ist das Vorhandensein und
die Dauer der Schneeauflage. Genügend Schnee im Winter isoliert den Untergrund vor dem
47
2 Grundlagen
Eindringen der kalten Winterluft (wärmender Effekt), verhindert dagegen aber bei lange liegendem Lawinenschnee ebenso ein Eindringen der sommerlichen Sonneneinstrahlung, welche
auf Grund der hohen Albedo der Schneeoberfläche reflektiert wird (kühlender Effekt) (Phillips,
2008). Eine geringe Schneeauflage kann demnach auch für einen verminderten Erwärmungstrend Ende des 20. Jahrhunderts im ältesten Permafrost-Bohrloch bei Murtèl-Corvatsch (Engadin) verantwortlich gemacht werden (ONERC, 2008). Allerdings zeigt sich auch hier ein
Temperaturanstieg von 1-1,5 ◦ C für die Periode von 1880-1950, danach aber eine stabile Phase bis 1980. Entsprechend kann man für diese Erwärmung von einem Anstieg der unteren
Permafrostgrenze um 150 - 250 m ausgehen (Haeberli et al., 1993).
Die Oberflächendurchschnittstemperatur des dünnen alpinen Permafrosts liegt zwischen dem
Schmelzpunkt und -3 ◦ C. Bei einem Anstieg der 0◦ - Grenze könnten in kurzer Zeit grosse Flächen auftauen. Die tieferen, stärkeren Lagen unterliegen längerfristigen Schwankungen über
Tausende von Jahren und reagieren sehr träge auf Grund der höheren Wärmekapazitäten von
Eis und Boden gegenüber der Luft (OcCC, 2003). Jedoch kann durch die Fraktionierung des
Gesteins eindringendes Wasser auch in grösseren Tiefen ein Auftauen bewirken. Durch die
abnehmende stabilisierende und plombierende Wirkung von Permafrost kann dabei von einer
Zunahme der fluvialen Abtragung ausgegangen werden (Hinzman et al., 2005).
Durch den Rückzug der Gletscher von teilweise über 100 m im letzten Jahrhundert ergeben
sich des Weiteren Spannungsänderungen in den begrenzenden Felsen und Moränen, welche nun
zudem der Sonneneinstrahlung und dem Frostdurchgang ausgesetzt sind, was wiederum eine
verstärkte physikalische Verwitterung nach sich ziehen wird (Haeberli et al., 1997). Von einer
generellen Zunahme von beispielsweise Bergstürzen bei kleineren bis mittleren Felspartien
kann trotz einer Erwärmung allerdings nicht ausgegangen werden, jedoch von einer Häufung
von kleinen bis mittleren Sturzereignissen im Frühjahr. Durch winterliche Temperaturen und
Frost-Tau-Wechsel werden Felspartien gelockert; zur Zeit der Schneeschmelze und der ersten
Frühjahrsniederschläge erfolgen dann Steinschlag und Stürze (Gruner, 2008).
48
2.4 Auswirkungen auf alpine Einzugsgebiete
2.4.4 Blockgletscher, Thermokarst und Gletscherseen
In engem Zusammenhang mit Permafrost steht das Auftreten von Blockgletschern (siehe Kapitel 2.1.1). Kaeaeb et al. (2007) zeigen, dass die Lufttemperatur statistisch als der dominierende Faktor bezüglich der Fliessgeschwindigkeit von Blockgletschern angesehen werden
kann, besonders jener mit Grundtemperaturen nahe 0 ◦ C. Daher kann davon ausgegangen
werden, dass höhere Blockgletschertemperaturen zu einer signifikanten, wenn auch räumlich
wie zeitlich stark variierenden Geschwindigkeitserhöhung der Fliessbewegung führen werden
(von Roer (2005) bei der Untersuchung von 34 intakten Blockgletschern in den Walliser Alpen
bestätigt). Führt der Verlust an Eis schliesslich zu einer derart starken Deformation, dass der
ganze Prozess zum Stillstand kommt, geht die Fliessform von einem aktiven in einen inaktiven
Zustand über.
Ein das Tauen des Permafrosts in den Schuttmassen verstärkender Prozess ist dabei die Ausbildung von sogenanntem Thermokarst. Dabei verursacht flüssiges Wasser in Depressionen
durch seine höhere thermische Energie, begünstigt auch durch die sommerliche Einstrahlung,
ein weiteres Auftauen des darunterliegenden und angrenzenden Permafrosts oder Gletschereises (Abb. 2.23). Die positive Rückkopplung dieses Vorgangs, bedingt durch konvektiven
Wärmetransport im See, dem Absinken von 4 ◦ C kaltem Wasser, der weiteren Abkühlung im
Kontakt zu Permafrost/Eis und nachfolgendem Wiederaufstieg, berechtigt zu der Annahme,
dass die Häufigkeit und Bedeutung von Thermokarstseen im Kontext eines sich erwärmenden
Klimas zunehmen wird (Kaeaeb and Haeberli, 2001). Genauere Abschätzungen über die zukünftige Entwicklung und Verbreitung von Blockgletschern sind jedoch gerade auf Grund der
verzögerten Reaktion eisverbackener Massen nicht möglich.
Die Ausbildung von Thermokarst ist jedoch nicht auf Blockgletscher beschränkt. Durch den
starken Rückzug der Gletscher in den vergangenen Jahren kommt es an den Zungen zu einem
regelrechten Zerfall der Eismassen. Es bilden sich zunehmend temporäre Gletscherrandseen
in unkonsolidiertem Lockermaterial aus. Durch plötzliches Versagen der Moränenbegrenzungen können diese Seen (in kleineren Ausmassen Wassertaschen) ausbrechen und verheerende
Sturzfluten verursachen. Das geschieht häufig in Form von katastrophalen Murgängen (Hae-
49
2 Grundlagen
Abb. 2.23: Beispiel der Entwicklung eines Thermokarstsees über 25 Jahre. Gezeigt ist die solare
Einstrahlung, der konvektive Wärmetransport im See und die subsequente Eisschmelze (Kaeaeb and
Haeberli, 2001)
berli et al., 1997), was in den letzten Jahren verstärkt aufgetreten ist (Chiarle et al., 2007).
Dabei wurden Abflussraten von bis zu 30’000 m3 s−1 beobachtet (Richardson and Reynolds,
2000). Eine Zunahme in Anzahl und Magnitude von Hochwässern auf Grund ausbrechender
Thermokarstseen ist damit ein wahrscheinliches Szenario (Willis, 2005).
2.4.5 Murgänge und Rutschungen
Das Gefahrenpotential von Massenbewegungen, insbesondere von Murgängen wird durch viele
Berichterstattungen der letzten Zeit auch der breiten Öffentlichkeit bewusst. Anhand von Jahresringanalysen haben Stoffel and Beniston (2006) für den Ritigraben im Kanton Wallis das
Auftreten von Murgängen seit 1570 untersucht. Nach einer Zeit der verminderten Aktivität
vom 16. bis Mitte des 19. Jahrhunderts, zeigten die warmen und feuchten Jahre 1916 - 1935
ein verstärktes Auftreten von Murgängen; von 1860 - 1980 können besonders sommerliche Unwetter als Auslöser angegeben werden. Seit 1987 zeigt sich eine Verschiebung der Ereignisse
vom Sommer in den Herbst, welche mit einer Häufung von herbstlichen Starkniederschlägen
in Verbindung gebracht wird (Schmidli and Frei, 2005).
50
2.4 Auswirkungen auf alpine Einzugsgebiete
Abb. 2.24: Modellierte Anzahl der Extremniederschläge für die Periode 2071-2100 über dem 99%Quantil (Tagesniederschlag über 60mm) für das IPCC A2-Szenario (Stoffel and Beniston, 2006)
Wurden in der Vergangenheit die meisten Murgänge im Sommer ausgelöst, so könnten ihre
Frequenz im Zuge der vorhergesagten Klimäerwärmung zu dieser Jahreszeit abnehmen, da
sich die Aufrittswahrscheinlichkeit von Starkniederschlägen gegen Ende des 21. Jahrhunderts
in Richtung Frühling oder Herbst zu verschieben scheint (Abb. 2.24; siehe auch Kapitel 2.3.3)
und die saisonale Temperatur dann nicht die rezente Sommertemperatur erreichen wird. Es
kann also in diesen Fällen von einem dämpfenden Einfluss der Schneeauflage und somit von
einer verminderten Murgangwahrscheinlichkeit in den entsprechenden Auslöseregionen ausgegangen werden. Jedoch könnte auch der erhöhte Frühlingsabfluss bei ergiebigem Niederschlag
auf vorhandenen Schnee und durch genügend Zutrag ausreichender Sedimentmengen ein volumetrisches Anwachsen der sommerlichen Murgänge bewirken, auch wenn die Frequenz der
Sommerniederschläge und damit der Murgänge selbst abnimmt (Beniston, 2006).
Die Mechanismen, die zu einem Murgang führen, sind abhängig von klimatischen und hydrologischen sowie sedimentologischen Faktoren. Es treten Murgänge sowohl nach kurzen Starkniederschlägen als auch nach langanhaltenden Landregen und Stürmen auf (Jakob and Lambert,
2009). Nach Erkenntnissen von Bardou and Delaloye (2004) sind insbesondere auch Eisformationen im Boden oder Lawinenablagerungen von entscheidender Bedeutung für die Auslösung.
Dabei kann beispielsweise der Wuchs von Eisnadeln und ein oberflächiges Gefrieren des Bodens vor einem Starkniederschlagsereignis einerseits stabilisierende Bodenaggregate zerstören,
51
2 Grundlagen
andererseits auch die Infiltrationskapazität verringern und somit den Oberflächenabfluss erhöhen. Lawinenablagerungen können als Gleitbahn fungieren (besonders bei Sommerstürmen),
allerdings auch die Aufschlagsenergie (splash-effect) der Regentropfen reduzieren (besonders
bei Winterstürmen). Indes ist es bisher nicht möglich, entsprechende Grenzwerte für Vorraussagen zu implementieren.
Einen signifikanten Zusammenhang zwischen Gletscherdynamik, der Ausbildung von Thermokarst und Murgangaktivitäten belegen Seinova et al. (2007) für die letzten 1’500 Jahre im zentralen Kaukasus. Ein Grossteil der katastrophalen Murgangereignisse traten dabei
während Rückzugsperioden der Gletscher vom 5. - 7. Jahrhundert und seit dem Ende des
19. Jahrhunderts bis heute auf und stehen in Zusammenhang mit thermaler Erosion und
dem darauffolgendem Ausbruch von Gletscherseen. Daher kann nach Seinova et al. (2007) auf
Grund des rezenten Gletscherrückgangs auch mit einer anhaltenden Aktivität bis mindestens
Mitte des 21. Jahrhunderts gerechnet werden.
Ähnliches zeigt Yafyazova (2003) (und weitere russische Publikationen) für den Transili Alatau
in Kasachstan, wo bei einer Erwärmung der sommerlichen Globaltemperatur von
2 - 3 ◦ C ein starker Anstieg der glazial bedingten Murgangaktivität und -ausmasse angenommen wird, jedoch bei einer Abkühlung von nur 1 ◦ C nahezu keine derartigen Ereignisse mehr
auftreten würden, wie dies auch schon zu Glazialzeiten der Fall war. Bei besagter Erwärmung
wird von einer Aridifizierung der mittleren und tieferen Bergregionen ausgegangen, weshalb auf
Grund des Vegetationsrückgangs entsprechend viel erodierbares Material zur Verfügung stehen
wird, welches durch zunehmende Starkregen in den höheren Regionen aufgenommen werden
kann (niederschlags-induzierte Murgänge). Jedoch werden auch glazial induzierte Murgänge
zunehmen (Yafyazova, 2007). In Studien über den Einfluss des Klimawandels auf die regionale Murgangaktivität im Massif des Ecrins (französische Alpen) zeigten Jomelli et al. (2004,
2007b) einen Anstieg der Auslöseregionen, jedoch auch die entscheidenden Abhängigkeit der
einzelnen Ereignisse von spezifischen Kombinationen geologischer Gegebenheiten (Morphologie, Lithologie, Sedimentverfügbarkeit) und klimatischer Faktoren (Temperatur, Niederschlag,
Frostdauer, Schneeauflage). Sie wiesen darauf hin, dass auch bei einer Temperaturzunahme
und einem Gletscherverschwinden gerade in Regionen über 2’200 m jedes untersuchte Tal
52
2.4 Auswirkungen auf alpine Einzugsgebiete
unterschiedlich reagieren wird, zum Teil sogar gegensätzlich, weshalb eine allgemeine Trendaussage (für die Alpen) bezüglich Murgängen nicht möglich ist.
Rutschungen als denudative Abtragsform korrelieren mit niederschlagsreichen Jahren. Die seit
den 1970er Jahren erhöhten Niederschläge in der Westschweiz und besonders die zunehmenden
Winterniederschläge haben daher zu einer Zunahme der Ereignisse geführt. Zukünftige klimatische Änderungen dürften sich in Abhängigkeit der Luft- wie Bodentemperaturen, der Niederschlagsform und Schneedeckenhöhe auf die Stabilität von grossen Rutschungen auswirken.
Schwindender Permafrost setzt grosse Mengen unkonsoldierten Materials an steilen Hängen
frei, welches, ähnlich der Solifluktion, abrutschen kann. Eine Zunahme flüssiger Niederschläge
und Intensivierung des Wasserkreislaufes kann sich negativ auf die Hangstabilitäten auswirken
(OcCC, 2003). Quantitative Prognosen sind allerdings auch hier nicht, beziehungsweise nur
sehr regionalspezifisch möglich.
2.4.6 Sedimentbilanz
Der sich entsprechend den aufgeführten Veränderungen vollziehende Wandel der glazial geprägten alpinen Einzugsgebiete hat auch bezüglich der Verfügbarkeit von Sedimenten entscheidende Auswirkungen: Neben der schon mehrfach angesprochenen Freisetzung von ursprünglich eisgebundenen Schuttmassen im Periglazialraum, hinterlassen die abschmelzenden
Gletscherflächen glaziale und glazifluviale13 Sedimente in Form von Moränen, welche weder
durch Vegetation, bodenbildende Prozesse noch Permafrost stabilisiert sind. Das unkonsolidierte Material unterliegt deshalb weit stärker den (nicht glazial geprägten) denudativen und
erosiven Prozessen in Tabelle 2.1 als die Periglazialflächen (Zepp, 2008).
Somit kann im Zeitraum nach dem Abschmelzen des Gletschereises, dem sogenannten Paraglazial, mit einer verstärkten Mobilisierung von Sedimenten gerechnet werden (Zepp, 2008).
Church and Ryder (1972) erstellten an Hand von Studien über die spät- und postglaziale
Entwicklung zweier Regionen in Kanada für diese Phase ein Konzept der paraglazialen Sedimentation (Abb. 2.25), welches in den folgenden Jahren weiterentwickelt und ergänzt wurde;
13
durch glaziale Erosionsprozesse gebildete Sedimente, welche durch Schmelzwässer im Bereich des Gletschers
fluvial verlagert wurden
53
Ende der paraglazialen Periode
Abschluss des
Gletscherrückzugs
Beginn des
Gletscherrückzugs
Sedimentlieferung (dimensionslose Skala)
2 Grundlagen
Geologisch bedingte „Norm“
Zeit
Proglaziale Periode
Paraglaziale Periode
Abb. 2.25: Modell der paraglazialen Entwicklung der Sedimentfracht eines vergletscherten hydrologischen Einzugsgebietes. Mit dem Einsetzen des Gletscherrückzugs endet die Bereitstellung glazialer
Sedimente und die Fracht fällt von einem zunächst hohen Level asymptotisch ab, bis sie gegen Ende
des Paraglazials die sogenannte geologisch bedingte „Norm“ eines unvergletscherten Einzugsgebiets erreicht. Der Zeitabschnitt des Gletscherrückgangs kann als proglaziale Periode (vor dem Eis) bezeichnet
werden (verändert nach Church and Ryder (1972))
für eine diesbezügliche Diskussion weiterer Ansätze sei etwa auf Otto (2006) verwiesen. Generell zeigen alle entsprechenden Modelle mit dem Beginn des Gletscherrückgangs zunächst
einen kurzen starken Anstieg, gefolgt von einer abfallenden Kurve der Sedimentfracht bis hin
zum Ende der Paraglazialperiode. Dieses tritt ein, wenn die glazialen Sedimente aufgebraucht
sind oder mit einem Neigungsverlust der Moränen und damit verringerter Erosionsenergie
ein Gleichgewichtszustand zwischen nichtglazialer Sedimentproduktion und -abtrag erreicht
worden ist (Otto, 2006; Zepp, 2008). Für die Abschätzung, ob sich zurückziehende Eismassen
anstehendes Gestein oder Lockersedimente freigeben, entwickelten Zemp et al. (2005) einen
Index, welcher über die Abschätzung der Erosions- und Sedimentationstätigkeit eines Gletschers Aussagen über dessen Sohle zulässt.
54
2.4 Auswirkungen auf alpine Einzugsgebiete
Zusammenfassend kann davon ausgegangen werden, dass auf Grund des Gletscherrückganges der verstärkte Abtrag der unbedeckten Glazialsedimente erfolgen wird. Abschmelzender
Permafrost dürfte grosse Mengen unkonsolidierten Hangschutts (und auch Moränenschutts)
freisetzen, welche durch die in Tabelle 2.1 aufgeführten Prozesse denudativ, wie erosiv abgetragen werden können. Die Geschwindigkeit von Blockgletschern und anderen Gelifluktionserscheinungen könnte transient (vorübergehend) zunehmen und somit zu einer positiven
Sedimentbilanz beitragen, jedoch bei weiter steigenden Temperaturen bald zum Stillstand
kommen, wobei das bewegte Materialvolumen dann wieder den Hangschuttmassen zugeordnet werden kann.
2.4.7 Ökosystemänderungen
Jegliche klimatische Veränderungen haben auch Auswirkungen auf die Ökosysteme zur Folge. Die gegenwärtige Temperaturerhöhung bedingt einen zu beobachtenden Anstieg der Vegetationszonen, welcher sich auch in Zukunft fortsetzen wird. Es wird von einer vertikalen
Verschiebung von 150 m ◦ C−1 Erwärmung ausgegangen (ONERC, 2008), was gut mit dem
Anstieg der Gletscher-Gleichgewichtslinie korreliert. Dabei kommt es im Zusammenspiel mit
der Vegetationsentwicklung und einer erhöhten Temperatur, beziehungsweise einer veränderten Niederschlagscharakeristik zu einer verstärkten Verwitterung und Bodenbildung. Hierbei
gilt es jedoch unterschiedliche Zeitskalen zu berücksichtigen. Die Vegetation der subalpinen
und alpinen Zone, sowie die Waldgrenze (Linie oberhalb des geschlossenen Waldes) scheinen
im Allgemeinen eher langsam auf den rezenten Klimawandel zu reagieren (Egli et al., 2008);
letztere müsste in den Alpen ansonsten seit dem Jahre 1900 auf Grund der Erwärmung schon
um 200 bis 300 m angestiegen sein (Zimmermann et al., 2006). Es ist also mit einigen Jahrzehnten bis zu Wiederbesiedlungen, Bodenbildungsprozessen und damit Stabilisierung auf eisfreien
Flächen der Gletschervorfelder und Moränenablagerungen in hochalpinen Bereichen zu rechnen (Kaeaeb et al., 2005).
Die Waldgrenze verschiebt sich relativ langsam. So sprechen Chapin et al. (2005) von einem
Anstieg der Tundra-Waldgrenze in Alaska von 100 m in den letzten 50 Jahren. Shiyatov et al.
(2007) ermittelten für den Polarural dagegen nur einen Anstieg von 25 beziehungsweise 35 m
für die Grenze des offenen (Baumgrenze: höchstgelegene, aufrecht wachsende Baumindividuen)
55
2 Grundlagen
respektive geschlossenen Waldes (Waldgrenze) (Hagedorn et al., 2006), wobei rein auf Grund
der beobachteten Temperaturerhöhung bis 100 m möglich wären.
Gegen diesen angenommenen langsamen
Trend belegten Cannone et al. (2008) jedoch in einer Studie im Vorfeld des Sforzellina Gletschers in den italienischen Alpen eine
stark beschleunigte Besiedelung gerade eisfrei gewordener Flächen trotz relativ geringer sommerlicher Erwärmung. Auch GehrigFasel et al. (2007) berechneten allein für
den Zeitraum 1985 - 1997 einen Anstieg der
Abb. 2.26: Waldgrenzanstieg in der Schweiz in Baumgrenze in der Schweiz von 28 m im Meder Periode zwischen 1979/85 und 1992/97: Wald- dian und 37,9 m im Mittelwert bei einer Lage
flächenanstiege in [ha] in allen Gebieten zwischen
zwischen 1650 und 2450 m (Abb. 2.26). In-
1650 und 2450 m Höhe, ohne eingewachsene Flä-
sofern ist die abzusehende Stabilisierung der
chen (Gehrig-Fasel et al., 2007)
hochalpinen Schutthalden und frischen eisfreien Flächen durch aufkommende Vegetation in den kommenden Jahrzehnten und Jahrhunderten zu erwarten (Abb. 2.27 a), jedoch auch unter Einbeziehung von Landnutzungsänderungen (Abb. 2.27 b) zu betrachten und insofern lokationspezifisch nicht voraussagbar.
2.4.8 Hydrologische Auswirkungen
Wie schon angesprochen (Kapitel 2.3.2 und oben) werden massgebliche Veränderungen der
regionalen wie saisonalen Niederschlagscharakteristik sowie eine Intensivierung des hydrologischen Kreislaufs vorausgesagt. Der entsprechende Wandel in den Abflüssen wird sich in
veränderten hydrologischen Regimes niederschlagen. Bisher hat in der Schweiz mit der Erwärmung auch die Verdunstung zugenommen (um 105 mm, das entspricht 23 %), der Verlust der
Gletschermasse von rund 50 km3 beziehungsweise im Durchschnitt 12 mm a−1 (+1,2 %) zum
Abfluss beigetragen. Der Abfluss ist dabei im Jahresmittel nahezu konstant geblieben (OcCC,
2007). Die Frequenz der schweizer Hochwasserereignisse im letzten Jahrhundert zeigt keine
eindeutigen Trends. Schwierigkeiten bei den entsprechenden Erhebungen sind einerseits sta-
56
2.4 Auswirkungen auf alpine Einzugsgebiete
Abb. 2.27: Simulierter Waldgrenzanstieg in der Schweiz: a) Anstieg unter der Annahme einer Temperaturerhöhung um 3,5 ◦ C, b) Anstieg unter zusätzlicher Landnutzungsänderung. Dargestellt sind auch
die zugehörigen Unsicherheiten (Zimmermann et al., 2006)
tistischer Natur (Extremereignisse sind per Definition selten), können andererseits aber auch
der anthropogenen Beeinflussung der Gewässer zugeschrieben werden (OcCC, 2003; Schaedler,
2000).
Die projizierte Zunahme der Extremniederschläge deutet auf einen damit verbundenen Anstieg
der Hochwasserfrequenz in Höhenlagen unter 1500 m hin, insbesondere im Winter, möglicherweise aber auch im Sommer. In alpinen Einzugsgebieten mit meist sommerlichen Hochwässern
nach Starkniederschlägen ist die Abschätzung noch sehr unsicher. Winterniederschläge in Form
von Schnee sind auch bei einer Zunahme nicht abflussbildend, jedoch könnte es im Frühling
durch eine Überlagerung der verstärkten Schneeschmelze mit zunehmenden Niederschlägen
vermehrt zu beschleunigten und damit hohen Abflüssen kommen. Im Sommer ist allgemein
mit trockeneren Böden und weniger Schmelzwasser zu rechnen, jedoch durch den Anstieg der
Nullgradgrenze auch mit schnellen Auswirkungen von Starkniederschlägen, welche als Regen
niedergehen und damit abflusswirksam sind. (OcCC, 2003, 2007).
Huss et al. (2008) berechneten die zukünftigen Abflussganglinien (Periode 2007 - 2100) für
einen Komplex von drei stark vergletscherten Einzugsgebieten im Kanton Wallis mittels eines
glazio-hydrologischen Modells unter Verwendung einer Auswahl dreier Szenarien aus OcCC
(2007). Auf Grund der sich fortsetzenden starken Gletscherschmelze zeigt der jährliche Ab-
57
2 Grundlagen
fluss zunächst einen Anstieg (Abb. 2.28). Nach einigen Dekaden, jeweils abhängig von den
unterschiedlichen Einzugsgebietseigenschaften und der Wahl des Szenarios, stabilisiert er sich
und fällt dann unter den aktuellen Betrag ab. Es zeigen sich Abflusszunahmen im Frühling
und Frühsommer und eine Verlängerung der Schmelzperiode, dagegen signifikante Abnahmen im Juli und August. Der Rückgang der Gletscherfläche bewirkt somit eine Verschiebung
von einem glazialgeprägten zu einem von der Schneeschmelze geprägten hydrologischen Regime (siehe Kapitel 2.1.3). Damit lassen Abflussregimes vergletscherter Einzugsgebiete eine
dominante Abhängigkeit von der Temperaturentwicklung erkennen; in tiefer gelegenen, unvergletscherten Gebieten dagegen hat die Niederschlagsentwicklung einen bedeutenderen Einfluss
(Braun et al., 2000; Horton et al., 2006; Schaefli et al., 2005b).
Die Wahl der Szenarien von Huss et al. (2008) erfolgte als zwei Extreme und ein Medianwert. Szenario 1 nimmt im Rahmen der berechneten Konfidenzintervalle in OcCC (2007) den
niedrigsten Temperaturanstieg und den höchsten Niederschlagsanstieg an und ist damit am
günstigsten für die Gletscherentwicklung (kalt und feucht). Szenario 3 dagegen nimmt die
stärkste Temperaturerhöhung und höchste Niederschlagsreduktion an (warm und trocken);
Szenario 2 spiegelt die jeweiligen Medianwerte wider (siehe auch Kapitel 2.3.1 und 2.3.2)14 .
Nach diesem Szenario steigt der Jahresabfluss zunächst für 2 - 4 Jahrzehnte an. Das Jahr 2025
zeigt für den Abfluss von Juli bis August eine Zunahme von 42 % im Vergleich zu 1961 - 1990,
was auf die erhöhte Eisschmelze zurückgeführt werden kann. Im Jahr 2025 liegt das jährliche
Abflussvolumen bei +48 %, dann sinkt es bis gegen Ende des Jahrhunderts wieder auf rund
+11 % über dem heutigen Niveau ab (Abb. 2.28).
Es lässt sich ein signifikanter Trend bezüglich der Länge der Schmelzpriode erkennen. Der Spitzenabfluss tritt in den ersten beiden Dekaden zunächst weiterhin im Juli auf und verschiebt
sich dann in Richtung Mai, was auf das Schwinden der Eismassen und damit die erwähnte
Verschiebung des Abflussregimes zurückzuführen ist. Der Einfluss der Gletscherschmelze auf
den Gesamtabfluss nimmt somit immer stärker ab. Gegen das Jahr 2100 zeigen die Szenarien
2 und 3 für Juli-August einen signifikant geringeren Abfluss als aktuell an (-55 % beziehungs-
14
Zur Berücksichtigung jährlicher Schwankungen der meteorologischen Variablen mit beträchtlichem Einfluss
auf den Abfluss sind den Szenarien jeweils zufällige Abweichungen überlagert
58
2.4 Auswirkungen auf alpine Einzugsgebiete
Abb. 2.28: Berechnete Jahresabflussganglinien für den Glacier de Moming (Kanton Wallis) für die
Vergangenheit (1961-1990) und vier zukünftige Momentaufnahmen. Die Vergletscherung des Einzugsgebiets steht jeweils in Klammern. (a) Szenario 1 (kalt und feucht), (b) Szenario 2 (Median), (c)
Szenario 3 (warm und trocken) (Huss et al., 2008)
59
2 Grundlagen
weise -92 %), dagegen eine Zunahme von 190 % respektive 66 % für Mai - Juni auf Grund des
früheren Einsatzes der Schmelzperiode und einen dem zunehmenden Niederschlag geschuldeten Anstieg im Herbst, welcher bisher für alpine Regimes untypisch ist (Horton et al., 2005)
(vergleiche Abb. 2.5). Verbunden damit und gleichzeitig bedingend wirkt ein starker Anstieg
der Evaporation auf den eisfreien Flächen und ein Anstieg der Gletschergleichgewichtslinie
von 800 m. Im Vergleich zu diesen Entwicklungen zeigt sich der Abfluss in Szenario 1 weit
weniger verändert. Gegen 2100 kommt es hier sogar im Sommer zu einer Abflusszunahme von
26 %. Es zeigt sich nur eine geringe Verschiebung der Abflussspitze Richtung Sommer (Huss
et al., 2008).
Horton et al. (2005) berechneten vergleichbare Werte für ihre elf untersuchten Einzugsgebiete.
Für die Saaser Vispa betrug die jährliche Abflussänderung für ihr +1 ◦ C-Szenario (2020-2049)
jedoch -5 % (Extremwerte -10/-2 %), für die A2- und B2-Szenarien jeweils -17 % (-34/-9 %)
und -13 % (-21/-5 %). Es zeigt sich auch hier eine entsprechende Verschiebung der Abflusspitzen in den Frühling und eine signifikante Abnahme der sommerlichen Abflüsse; ebenso
beobachtbar ist eine leichte Zunahme der winterlichen Abflüsse. Der Wandel des Abflussregimes wurde anhand sich verändernder Pardé-Koeffizienten dargestellt. Auffällig ist bei der
Saaser Vispa ein Anstieg des minimalen Koeffizienten von aktuell 0,06 auf 0,1/0,29/0,15 entsprechend den Szenarien und des Rückgangs der Amplitude von einem Monat zum nächsten
von 46 auf 26/8/17. Der maximale Koeffizient ändert sich demgegenüber nur gering von 2,86
auf 2,66/2,41/2,69.
Auch das gehäufte Auftreten von Gletscherseeausbrüchen hat einen bedeutenden Einfluss auf
das Abflussgeschehen. Im Himalaya (Nepal und Bhutan) beispielsweise gab es in den 1950er
Jahren ungefähr eine entsprechende Flut pro Dekade, in den 1990er Jahren war es bereits eine
Flut in drei Jahren und es wird angenommen, dass es bis zum Jahr 2010 eine Flut pro Jahr sein
wird (Richardson and Reynolds, 2000). Da sowohl von einer Zunahme der Frequenz wie auch
der Grösse derartiger Ereignisse zu rechnen ist, muss von einer verstärkten Gefährdung der
Infrastruktur und Zivilisation ausgegangen werden (Kaeaeb et al., 2005). Der projizierte Anstieg der Schneefallgrenze lässt weiterhin auf höhere Abflussspitzen schliessen, die winterlichen
Abflüsse und damit die Hochwasserwahrscheinlichkeit in dieser Jahreszeit wird zunehmen, im
60
2.4 Auswirkungen auf alpine Einzugsgebiete
Sommer dagegen abnehmen (OcCC, 1998). Bei einer Erwärmung der Atmosphäre um 1◦ C ist
dabei von einer Zunahme des Wasserdampfgehalts um 6 % auszugehen (Gesetz von ClausiusClapeyron), was auch zu einer Intensivierung des Wasserkreislaufes beiträgt (OcCC, 2003).
Die Abnahme der Permafrostverbreitung wird die Bedeutung des Basisabflusses in hochalpinen Gewässern auf Grund der erhöhten Infiltrationskapazität ungefrorener Böden steigern
(Hinzman et al., 2005), womit sich ein Niederschlagsereignis langsamer und gedämpfter in der
Abflussganglinie eines entsprechenden Gewässers äussern dürfte. Somit kann allein von erhöhter Niederschlagsintensität noch nicht auf erhöhte Abflussspitzen geschlossen werden (BWG
(2000)) zitiert in Ecoplan/Sigmaplan (2007)). Nach Naef et al. (1998) dürfte auch eine Zunahme der Niederschlagsmenge oder -intensität um je 20 % nicht zu einem überproportionalen
Anstieg des Oberflächenabflusses führen, da das Retentionsvermögen der schweizer Böden
noch nicht ausgeschöpft ist.
2.4.9 Wasserwirtschaft und Energieerzeugung
Die sich abzeichnenden klimatischen Veränderungen mit ihren hydrologischen Auswirkungen
werden einen massgeblichen Einfluss auf die schweizer Wasserwirtschaft haben. Während die
Stromproduktion bisher von relativ konstanten Abflussverhältnissen ausgehen konnte, muss
in Zukunft mit starken regionalen, saisonalen und auch volumetrischen Veränderungen gerechnet werden (Wyer, 2008). Im Moment liefern die tauenden Gletscher besonders im Wallis
viel Schmelzwasser. Im heissen Sommer 2003 stieg der Schmelzverlust auf das 5-fache des
„normalen“ Verlustes und ermöglichte so eine Energieproduktion, welche nur 0,8 % unter dem
zehnjährigen Mittel lag, obwohl der mittlere Jahresniederschlag nur 70 - 85 % des üblichen
Wertes betrug (OcCC, 2005). Eine derartige Kompensation wird jedoch in Zukunft mit dem
weiteren Schwund der Gletscher nachlassen und besonders für Flusskraftwerke ohne Retentionsraum ein Sommerloch und damit Produktionseinbussen zur Folge haben (Hauenstein,
2005; Zappa et al., 2008). Auf Grund der vorausgesagten zunehmenden winterlichen und abnehmenden sommerlichen Abflüsse ist diesbezüglich mit einer leichteren Bewirtschaftung der
Wasserressourcen zu rechnen (Horton et al., 2005). Nimmt der Winterabfluss zu, könnten
Flusskraftwerke mehr Strom zur Hauptenergiebedarfszeit erzeugen, der Speicherraumbedarf
tieferliegender Einzugsgebiete würde abnehmen; auch würden sich Mindestabflussprobleme im
61
2 Grundlagen
Winter und Frühling ent-, dafür allerdings im Sommer und Herbst verschärfen. Dagegen wird
die verstärkte Abhängigkeit der Abflüsse vom Niederschlagsregime möglicherweise zu weit
stärkeren Schwankungen führen (Horton et al., 2005) und die Stromproduzenten zwingen,
sich mit einer verstärkten Variabilität auseinanderzusetzen (M. Zappa in Wyer (2008)).
Westaway (2000) berechnete mittels eines einfachen Modells unter der Annahme einer globalen Erwärmung von 1,4◦ C für das gesamte Einzugsgebiet des Lac des Dix (Kanton Wallis) bis
zur Periode 2031 - 2060 eine Zunahme der Seeeinspeisung von 26 % mit dem stärksten Anstieg
des Seespiegel im Juli. Nach Erkenntnissen von Lehner et al. (2005) dürfte die Änderung des
Jahresabflussvolumens für die Schweiz bis zum Jahre 2070 jedoch um über 14 % abnehmen. Allerdings ist diese Angabe ein Mittelwert über alle schweizer Wasserkraftanlagen. In einer Studie
über Modellunsicherheiten bezüglich der Auswirkungen des Klimawandels auf Wasserressourcen zeigte Schaefli (2005) signifikant negative Auswirkungen auf die Energieproduktion für
das Kraftwerk Mauvoisin in den Walliser Alpen auf. Als Folge der bedeutenden Abnahme des
Jahresabflusses und der Modifikation des hydrologischen Regimes wird im Vergleich zur Kontrollperiode von 1961 - 1990 die simulierte Wasserkraftproduktion bis zur Periode 2070 - 2099
voraussichtlich um 36 % abnehmen. Das geht einher mit einem Temperaturanstieg von 3,4 ◦ C,
einer Niederschlagsabnahme von 8 %, einem bedeutenden Anstieg der Evaporation und einem
Rückgang der prozentualen Gletscherfläche von 41 auf 1,4 % im betrachteten Einzugsgebiet.
Dabei entspricht die historische Abflusscharakteristik einem glazialen Regime mit monatlichen
Spitzenabflüssen im Juli und August, die zukünftige einem nivalen Regime mit einem Maximalabfluss im Juni (siehe Abb. 2.5), was auch eine Verschiebung der Gesamtstromproduktion
um 7 % vom Winter in den Sommer nach sich zieht (Schaefli et al., 2007).
Verbunden mit einer anzunehmenden Steigerung und Veränderung der Saisonalität der Stromnachfrage (vermehrt sommerliche Kühltage und vermindert winterliche Heiztage) bedarf es
kurz- und langfristiger strategischer Planungen der Kraftwerksbetreiber (Zappa et al., 2008),
welche das Phänomen Klimawandel und seine komplexen Auswirkungen miteinbeziehen. Ein
grundlegender Schritt in diese Richtung ist die Initiierung des Forschungsprojektes ‘Klimaänderung und Wasserkraftnutzung‘, sowie der sektoriellen Studie ‘Wallis, Wasserkraft, Klimawandel‘ (siehe Kapitel 1.2), deren Teil auch diese Arbeit ist.
62
3 Modellkonzept
Im Folgenden werden die beschriebenen hydromorphologischen Prozesse in Zusammenhang
zueinander gesetzt und im Rahmen eines Systemmodells auf die Sedimentlieferung in alpinen
Einzugsgebieten angewandt. Damit sollen einerseits die komplexen Interaktionen und Auswirkungen dargestellt, andererseits eine Bestimmung der die Sedimentlieferung massgeblich
beeinflussenden Prozesse und wichtigen Elemente ermöglicht werden. Ausgehend davon werden
daraufhin Szenarien für eine zukünftige Entwicklung der hochalpinen Regionen des Kantons
Wallis im Kontext des Klimawandels erstellt, welche als Grundlagen für weiterführende Berechnungen bezüglich des quantitativen Sedimenttransports und damit der Verlandung dienen
können. Abschliessend folgt eine Zusammenstellung der notwendigen Parameter und Arbeitsschritte zur Untersuchung der Entwicklung des Sedimenttransports unter einem sich ändernden
Klima im Hinblick auf die Verlandung von Stauseen.
3.1 Systemmodell
Zum Verständnis der diskutierten Einflüsse des Klimas auf hydrologisch geprägte morphologische Prozesse im alpinen Raum soll zunächst das vielschichtige Wirkungsgefüge des Systems
Gletscher - Hang - Bach - Stausee als vereinfachendes Systemkonzept dargestellt werden.
Dabei wird ein Systemansatz der physischen Geographie nach Chorley and Kennedy (1971)
verfolgt, welcher geomorphologische und hydrologische Elemente im Sinn eines sogenannten
Sedimenttransfer - Modells verbindet.
Ein System ist nach Chorley and Kennedy (1971) eine strukturierte Menge von Objekten
und/oder Attributen, welche ihrerseits aus Komponenten oder Variablen bestehen. Diese können verschiedene Grössen annehmen und stehen in erkennbaren Beziehungen zueinander. Sie
63
3 Modellkonzept
arbeiten als komplexes Ganzes gemäss eines beobachtbaren Musters zusammen und sind durch
einen Austausch an Energie und Masse gekennzeichnet. Es existieren funktional betrachtet isolierte, geschlossene und offene Systeme, wobei erstere in der Natur eigentlich nicht vorkommen,
zweitere nur den Energiefluss zulassen und letztere einen in ständigem Austausch an Energie
und Masse nach einem Gleichgewicht streben (Chorley and Kennedy, 1971).
Der in dieser Arbeit betrachtete Bereich Einzugsgebiet bis Stausee kann bezüglich des
Sedimenttransportes als sogenanntes Kaskadenmodell beschrieben werden. Darunter
wird eine Aneinanderreihung von offenen, abgrenzbaren Subsystemen verstanden, bei denen der Austrag des einen (Output) den Eintrag des anderen (Input) Subsystems bildet.
Angetrieben wird das System dabei vom terrestrischen Hauptsystem, der solaren Energiekaskade. Innerhalb eines Subsystems sorgen Regler für die temporäre oder zeitlich
unbegrenzte Speicherung, die Umlagerung,
den Austrag sowie den Durchlauf (Throughput) von Sedimenten. Als solche klassifizieren
Chorley and Kennedy (1971) in Grenzwert-,
Abb. 3.1: Alpines Sedimenttransfer - Modell nach
Caine (1974) aus Nyenhuis (2005). Die Pfeile zeigen Richtung und relative Stärke der entsprechen-
Dispositions- und Präsenz- Regulatoren, welche jeweils anhand eines spezifischen Wertes
entscheiden, was mit dem betrachteten Sedi-
den Transportpfade
ment passiert. Abbildung 3.1 zeigt das alpine
Sedimentkaskaden - Modell nach Caine (1974), als Subsysteme sind hier etwa die freie Oberfläche (Free-face), der Hang (Talus), der Talboden (Valley floor) oder der Bach (Stream channel)
dargestellt.
64
3.1 Systemmodell
Kaskaden - Modell
Symbole
Input
Output
Regler
Transferprozess
Subsystem C
Subsystem
Transferprozess III
Speicher
Transferprozess IV
D
Speicher C
Subsystem
Subsystem B
Transferprozess I
Subsystem
A
Transferprozess II
Speicher B
Abb. 3.2: Symbolik eines Kaskaden - Modells
Die Erstellung der Sedimentkaskade für die betrachtete Problematik des Sedimenttransfers
in Stauhaltungen erfolgte unter Verwendung der Symbolik von Chorley and Kennedy (1971),
ergänzt durch ein Symbol für den Transferprozess (Otto, 2001), welches erlaubt, die in Kapitel
2.1.2 angesprochenen Prozesse darzustellen (Abb. 3.2). Die Transportpfade, Regler, Speicher
(siehe auch Abb. 2.3) und Transferprozesse stellen in diesem Zusammenhang die angesprochenen Komponenten des jeweiligen Subsystems (Objekt) dar. Auf die einzelnen Regler kann
im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden, für nähere Erklärungen sei auf Chorley
and Kennedy (1971) verwiesen. Auch werden Interaktionen beziehungsweise Rückwirkungen
(feedbacks) der einzelnen Elemente, Prozesse und Kaskaden untereinander nicht berücksichtigt; dazu wäre ein komplexeres Prozess - Reaktions - System aufzustellen. Das vorliegende
Modellkonzept dient nicht zur Quantifizierung der entsprechenden Transportprozesse, sondern
nur zur qualitativen Veranschaulichung. Der Sedimenttransfer erfolgt entlang der Verbindungspfade jeweils von links nach rechts; sie repräsentieren neben Grob- und Feinmaterial prinzipiell
auch den Transport von gelösten Stoffen, welcher hier allerdings nicht betrachtet wird.
65
3 Modellkonzept
Teilweise in Anlehnung an Otto (2001) wurde mit Hilfe der Prozess- und Speicherzussammenstellungen in Tabelle 2.1 und Abbildung 2.3 an Hand der vier Subsysteme Gletscher,
Hang, Gerinne und Stausee der Sedimenttransfer erfasst, welcher die Verlandung von alpinen
Stauhaltungen bedingt (Abb. 3.3). Für eine bessere Lesbarkeit sind dabei jeweils mehrere
klassifizierbare Transferprozesse aus Tabelle 2.1 zusammengefasst:
66
•
[1]
Sturzprozess: Blockabsturz, Felssturz, Bergsturz
•
[2]
Glazialerosion: Detersion, Detraktion, Exaration
•
[3]
Rutschung: Hangrutschung, Bergrutschung, Schuttrutschung
•
[4]
Gelifluktion: Kryoturbation, Blockgletscher, Blockströme
•
[5]
Fluvialerosion: Gerinnerosion, Murgänge
Atmosph.
Staubeintrag
Sedimenttransportsystem
Einzugsgebiet - Stausee
Subsystem Gletscher
Gravitation
Sturzprozess [1]
Input
Seiten- und
Endmoränen
Glazialer
Transport
Obermoräne
Symbole
Output
Regler
Transferprozess
Grundlawine
Speicher
Hangmure
Glazialerosion [2]
Rutschung [3]
Subsystem
Spüldenudation
Glazifluvialer
Transport
Grundmoräne
Subsystem Gerinne
Spülerosion
Gravitation
Festgestein
Bett- und Ufersediment
Fluvialerosion [5]
Subsystem Hang
Sturzprozess [1]
fluvialer
Transport
Hangschutt
Gelifluktion [4]
Periglazialspeicher
Verwitterung
Rutschmasse
Grundlawine
Subsystem Stausee
Feinsediment
Rutschung [3]
Spüldenudation
Subsystem
Bach
Gravitation
Spülerosion
Grobsediment
fluvialer
Transport
Hangmure
Spülung
Subsystem
Stollen
Trübestrom
[1]
Sturzprozess: Blockabsturz, Fels- und Bergsturz
[2]
Glazialerosion: Detersion, Detraktion, Exaration
[4]
Gelifluktion:
[3]
Rutschung:
[5]
Fluvialerosion: Gerinneerosion, Murgang
Hang-, Berg- und Schuttrutschung
Kryoturbation, Blockgletscher, Blockstrom
Abb. 3.3: Kaskaden - Modell des Sedimentransportsystems Einzugsgebiet - Stausee. Erklärungen im Text
Subsystem
Kraftwerk
3 Modellkonzept
Die Möglichkeit des direkten Sedimenteintrags vom Gletscher in den Stausee wird hier nicht
berücksichtigt, da die Stauhaltungen selten unmittelbar an der Gletscherzunge liegen oder
sich diese bereits zurückgezogen hat. Daher erfolgt der massgebliche Sedimenttransport entlang des Gerinnes; seitlicher Eintrag von Hängen ist meist geringerer und episodischerer Natur.
Im Folgenden wird jedes der in Abbildung 3.3 dargestellten Subsysteme anhand seiner Eingangsgrössen und den in ihm wirksamen Transferprozessen und Speichern beschrieben.
Subsystem Gletscher
Massgebend für die Bereitstellung von Sedimenten ist allgemein das Festgestein, jedoch stellt
im Subsystem Gletscher auch der Eintrag von Staub eine gewisse Rolle, da in den unbewachsenen Oberflächen der Wind feines Material austrägt, welches sich auf der Gletscheroberfläche
ablagert (Gravitation) und dort in Form einer Obermoräne gebunden wird. Das durch den
Gletscher erodierte Festgestein (Glazialerosion) gelangt in den Zwischenspeicher Grundmoräne oder wird durch Sturzprozesse von verwittertem Gestein ebenfalls als Obermoräne auf dem
Gletschereis abgelagert. Mittels dessen talgerichteter Bewegung (glazialer Transport) gelangt
es entweder zu den Seiten- und Endmoränen oder wird direkt durch supra-, en und subglaziale Transportpfade des Schmelzwassers aus dem System ausgetragen (glazifluvialer Transport1 ).
Das Moränenmaterial als Zwischenspeicher unterliegt fluvialen Einwirkungen, welche sich, entsprechend deren Intensität und Konsistenz, in verschiedenen Sedimentverlagerungsprozessen
äussern. Bei Schneeauflage können Sedimente durch Grundlawinen abgetragen, bei unbedecktem Oberflächen durch abfliessendes Wasser denudativ oder erosiv ausgespült oder durch
Rutschungen und in beschleunigter Form durch Muren ausgeräumt werden. Der Systemaustrag erfolgt als glazifluvialer Transport.
Subsystem Hang
Das Subsystem Hang generiert Sedimente durch physikalische Verwitterungsprozesse aus dem
Festgestein. Durch Sturz-, Rutschungs- und Gelifluktionsprozesse wird das Material mobilisiert
und in Rutschmassen, stationärem Hangschutt und Periglazialspeichern (Solifluktionsloben,
1
fluvialer Transport von Sedimenten glazialen Ursprungs
68
3.2 Szenarien
Blockgletschern) zwischengespeichert. Durch die schon oben angesprochenen Prozesse werden
die Sedimente weiter um- und verlagert und schliesslich fluvial aus dem System ausgetragen
(fluvialer Transport).
Subsystem Gerinne
Das Gerinne oder der Gletscherbach, als solcher betrachtet ab dem Austritt des Schmelzwassers aus dem Gletscher, erhält seinen Sedimenteintrag sowohl fluvial transportiert aus den
beiden Subsystemen Gletscher und Hang, wie auch durch Fluvialerosion aus dem Festgestein des Bachbettes. Das vorhandene Material wird abhängig von seiner Korngrösse und der
vorherrschenden Transportkapazität entweder als Sediment im Bett oder am Ufer zwischengelagert (Schwemmkegel (1) in Abb. 2.2) oder als Geschiebe beziehungsweise Schwebstoff aus
dem System ausgetragen.
Subsystem Stausee
In den Stausee tragen sowohl der Gletscherbach als auch die umliegenden Hänge Sedimente
ein. Diese sinken mit Abnahme der Fliessgeschwindigkeit und des Gefälles auf den Seegrund
oder werden als Trübestrom durch den See hindurchtransportiert. Sie verlassen das Subsystem und gelangen in Ableitungsstollen zu einem anderen Kraftwerk oder Staubecken oder
werden vor Ort mit dem Seeabfluss turbiniert. Die abgelagerten Sedimente bilden die Seeverlandung, jedoch können die feineren Anteile (entspricht ungefähr der Schwebstofffracht des
Gletscherbaches und dem Feinmaterial der Hänge) durch temporäre Spülungen wieder aus
dem Subsystem ausgetragen und durch Umleitungsstollen in den unterstromigen Bachverlauf
der Stauhaltung verlagert werden. Das effektive Verlandungsvolumen bildet somit hauptsächlich das Grobsediment, welches durch den Geschiebetransport des Gletscherbaches und die
Hangprozesse eingetragen wird.
3.2 Szenarien
Aufbauend aus den in den Kapiteln 2.3 und 2.4 aufgeführten Prognosen über die zukünftige
Entwicklung der bedeutendsten Klimaparameter und den daraus abgeleiteten Auswirkungen,
wird nun eine Zusammenstellung in Form zweier Szenarien für die hochalpine Region des Kan-
69
3 Modellkonzept
tons Wallis erstellt. Es wird jeweils ein Szenario für das Jahr 2050 und 2100 angegeben, da
sich die überwiegende Zahl der in der Literatur angeführten Arbeiten auf diese Zeitpunkte
beziehen, sie gut abgrenzbare Zeitschritte bieten und jegliche zeitliche Prognosen darüber hinaus auf Grund der Unsicherheiten nur Abschätzungen von Grössenordnungen, jedoch kaum
quantifizierbare Werte liefern würden. Tabelle 3.1 zeigt die getroffene Auswahl und Zusammenfassung der angesprochenen Klimaentwicklungprognosen für die Klimaelemente Temperatur,
Niederschlag und Wind, welche in dem vorliegenden Rahmen von Bedeutung sind.
Tab. 3.1: Szenarien der wichtigsten Klimaelemente bis zum Jahre 2100 für den Kanton Wallis
Klimaelemente
Szenario I: 2050
Szenario II: 2100
Temperatur
(Wi, Fr, So, He): +1.8, +1.8, +2.7, +2.1°C [1]; 1,3°C [2]
(Wi, Fr, So, He): +2.6, +2.5, +3.8, +3°C [1]; +3°C [2]
Temperaturextreme
Anstieg Tmax, starker Anstieg Tmin, jeder 10. Sommer > 21°C [3]
gleiche Zahl der heissen Tage wie heute in Südeuropa [4]
Niederschlag
(Wi, Fr, So, He): +8, 0, -17, -6% [1]; -3% [2]
(Wi, Fr, So, He): +11, -1, -23, -9% [1];-6%; Wi +12%, So -26% [2]
Niederschlagsextreme
bis +10% im Herbst, bis +20% im Winter [5]
40-100jähriges Ereignis kann bis zu 20jährigem werden [6]
Wind
Zunahme der extremen Stürme [3]
Häufigkeitsabnahme [4]
[1]
Frei, 2004
[2]
Horton et al., 2005
[3]
OcCC, 2007
[4]
Beniston et al., 2007
[5]
Schädler et al., 2007
[6]
Frei et al., 2006
Szenario I
Zur Bestimmung der Temperatur- und Niederschlagsentwicklung des Szenarios für 2050 wurden die nach den Jahreszeiten aufgegliederten Berechnungen von Frei (2004) für die Region
nördlich des Alpenhauptkammes herangezogen. Diese geben jeweils Änderungswerte bis zu
diesem Zeitpunkt an, allerdings als durchschnittlicher Wert für die gesamte Region und sind
demnach nicht repräsentativ für Walliser Gebirgstäler an der Grenze zum Alpenhauptkamm.
Horton et al. (2005) konzentrierten sich in ihrer Arbeit auf lokale Aspekte von Walliser Tälern
und gehen dabei von den gleichen Modellrechnungen aus, jedoch geben sie nur einen Jahresdurchschnittswert an. Auf Grund der Annahme einer vermehrt regionalen, umweltorientierten
Entwicklung in der Schweiz wurden die Berechnungen mittels des Szenarios B2 ausgewählt. Für
integrierende Berechnungen kann auf diese Ergebnisse zurückgegriffen werden. Saisonale Untersuchungen sollten jedoch auf genaueren als den angegebenen Werten beruhen, welche nach
Frei (2004) Figur 3 auch für den Kanton Wallis berechnet, jedoch nicht publiziert worden sind.
Die Extremwerte von Temperatur und Niederschlag, wie auch die Entwicklung des Windaufkommens sind nicht eindeutig quantifizierbar. Deshalb sind nur die entsprechenden Abschätzungen angegeben; es ist mit einer Zunahme der Variabilität der Witterung zu rechnen. Weite-
70
3.2 Szenarien
re Klimaelemente wie Strahlung, Sonnenscheindauer, Luftdruck, Luftfeuchte und Bewölkung
werden in diesem einfachen Szenario nicht berücksichtigt. Im Rahmen eines sich intensivierenden hydrologischen Kreislaufs ist mit einer Verstärkung der atmosphärischen Dynamik und
damit auch einer Zunahme der Luftfeuchte, sowie höheren Druckschwankungen zu rechnen.
Szenario II
Das zweite Szenario bezieht sich auf das Ende des 21. Jahrhunderts. Die Temperatur- und
Niederschlagsprognosen von Frei (2004) und Horton et al. (2005) zeigen hier gut vergleichbare Werte und können deshalb als gleichwertig angesehen werden, was auf die zunehmende
Ungenauigkeit und damit Nivellierung der Langzeitprognosen hinweist. Aussagen über die
Entwicklung der Temperatur- und Niederschlagsextrem deuten in Richtung einer stark zunehmenden Klimavariabilität mit einer höheren Auftrittswahrscheinlichkeit von Hitzetagen und
einem starken Frequenzanstieg der Extremniederschläge. Die Entwicklung der Windverhältnisse zeigt eine Besonderheit, da bei vorausgesagter Zunahme extremer Sturmereignisse in
Szenario I hier von einer Häufigkeitsabnahme ausgegangen wird.
Auswirkungen
In Abhängigkeit der beiden Szenarien sind in Tabelle 3.2 die damit einhergehenden Auswirkungen auf die diskutierten hydrologisch - morphologischen Prozesse und die Wasserwirtschaft
in den Einzugsgebieten hochalpiner Stauhaltungen zusammengefasst. Auch hier lassen die vielschichtigen Wirkungszusammenhänge, sowie starke regional geprägte Einflüsse allgemein keine
quantitativen Aussagen zu. Die prognostizierte Entwicklung der Gletscherfläche, abhängig vom
Anstieg der Gleichgewichtslinie, welche ihrerseits vom Verlauf der Nullgradgrenze bedingt ist,
zeigt starke Sensitivitäten gegenüber dem Klimawandel. Gegen Ende des 21. Jahrhunderts ist,
allerdings stark abhängig von topographischen Faktoren (Jomelli et al., 2004, 2007b), mit dem
Verschwinden von mehrjährigen Eisflächen zu rechnen, was eine massgebende Veränderung des
Einzugsgebietscharakters bedingen wird. Der Einfluss von Erosions- und Denudationsprozessen sowie das Abflussverhalten, gekennzeichnet durch das Erscheinungsbild des zugehörigen
Abflussregimes, wird sich verschieben. Die Wasserwirtschaft wird sich mit einer verstärkten
Variabilität, sowie einer Abnahme des Abflussaufkommens auseinanderzusetzten haben.
71
Tab. 3.2: Auswirkungen der prognostizierten Klimaänderung auf das Einzugsgebiet hochalpiner Stauhaltungen
Auswirkungen
Szenario I: 2050
Szenario II: 2100
Gletscherentwicklung
GWL-Anstieg 300m (bei +2,1°C), 65% Flächenverlust [1];
[2]
[3]
1-2m Eisdickenverlust ; 53% Flächenverlust (bei +1°C)
GWL-Anstieg 400-500m (bei +3 - 4°C) [1]; 80-90% Flächenverlust [3,4]
Schneegrenze
Anstieg um 360m von 840 auf 1200m [5]
Anstieg um mehr als 600m auf über 1500m (bei +3,4°C im Winter) [5]
Permafrostgrenze
Anstieg mit der Nullgradgrenze [6]
Anstieg mit der Nullgradgrenze [6]
Sturzprozesse
keine generelle Zunahme, mehr Sturzereignisse im Frühjahr
Blockgletscher
Erhöhte Fliesgeschwindigkeiten, dann Zerfall [8];
verstärkt durch Thermokarst und Gletscherseeausbildung [9]
Erhöhte Fliesgeschwindigkeiten, dann Zerfall [8];
verstärkt durch Thermokarst und Gletscherseeausbildung [9]
Murgänge
Frequenzabnahme wegen zeitlich verschobener Extremniederschläge,
[10]
[11]
Volumenzunahme ; Frequenzzunahme wegen Gletscherschmelze ;
[6,13]
Zunahme da mehr Feststoffpotential durch Permafrostrückgang
und
vermehrte Gletscherseeausbrüche [2,12]
Frequenzabnahme wegen zeitlich verschobener Extremniederschläge,
[10]
Volumenzunahme ; Zunahme da mehr Feststoffpotential durch
[6,13]
Permafrostrückgang
Rutschungen
Zunahme da weniger stabilisierender Permafrost [6,13], mehr
[6]
Extremniederschläge und verstärkter Wasserkreislauf
Zunahme da weniger stabilisierender Permafrost [13], mehr
[6]
Extremniederschläge und verstärkter Wasserkreislauf
Ökosystem
Anstieg klimatischer Höhenstufen mit 150m/°C, aber überlagert von
Landnutzungsänderungen, nicht regional vorhersagbar [14,15]
Anstieg klimatischer Höhenstufen mit 150m/°C, aber überlagert von
Landnutzungsänderungen, nicht regional vorhersagbar [14,15]
Abfluss
Jahresabfluss-Anstieg bis 48% (2025), längere Schmelzperiode,
[16]
Spitzenabfluss-Verschiebung von Juli Richtung Mai ;
[17]
Zunahme Basisabfluss ; höhere winterliche Abflüsse [18];
[5,6]
eventuell höhere Hochwasserwahrscheinlichkeit im Sommer
Jahresabfluss +11%, Spitzenabfluss Mai, Abfluss Juli-August -52%,
[16]
[3]
Mai-Juni +190% ; Jahresreduktion -13% ;
[16]
Zunahme Basisabfluss ; höhere winterliche Abflüsse [18];
[5,6]
eventuell höhere Hochwasserwahrscheinlichkeit im sommer
Abflussregime
Verschiebung Glazial- zu Nivalregime [16]; Pardé-Koeffizienten:
Min -> 0,06 auf 0,1; Max -> 2,86 -> 2,66; Amp 46 -> 26 [3]
Nivalregime [16]; Pardé-Koeffizienten:
Min -> 0,06 auf 0,15; Max -> 2,86 -> 2,69; Amp 46 -> 17 [3]
Wasserwirtschaft
Vorübergehende Produktionszunahme durch Gletscherschmelze [19];
Mindestabflussprobleme im Sommer, verstärkte Variabilität durch
Abhängigkeit vom Niederschlagsregime [3,20]
Abnahme der Energieproduktion aus Wasserkraft um über 30% [21]
[1]
[2]
[3]
[4]
[5]
[7]
keine generelle Zunahme, mehr Sturzereignisse im Frühjahr
[6]
[7]
[9]
Paul et al., 2007a
Kaeaeb et al., 2005
Horton et al., 2005
Zemp et al., 2006
OcCC, 2007
OcCC, 2003
Gruner, 2008
Kaeaeb et al., 2001
Seinova et al., 2007 [12] Richardson and Reynolds, 2000 [13] Gruber and Haeberli, 2007 [14] ONERC, 2008 [15] Zimmermann et al., 2006 [16] Huss et al., 2008
[18]
OcCC, 1998 [19] Hauenstein, 2005 [20] M. Zappa in Wyer, 2000 [21] Schaefli, 2005
[11]
[10]
[7]
Beniston, 2006
Hinzmann et al., 2005
[17]
3.3 Massgebende Prozesse und Elemente
Weitere Einflussfaktoren wie Rückkopplungseffekte (feedback effects) und der anthropogene
Nutzungswandel sind in dieser einfachen Konzeption nicht berücksichtigt, da sie die Komplexität des Systems stark erhöhen würden.
3.3 Massgebende Prozesse und Elemente
Nachdem der Sedimenttransfer vom Gletscher und den Hängen in die Stauhaltung in ein Modell gefasst wurde, ist es im Hinblick auf Prognosen des zukünftigen Verlandungsverhaltens
zielführend, für das System dominante Prozesse und Komponenten zu benennen, um weitere
Untersuchungen darauf auszurichten. Dafür werden die dargestellten Prozesse im Rahmen der
beschriebenen Szenarien auf ihren zukünftigen Einfluss und ihre Bedeutung untersucht.
Massgebende Prozesse
Als massgebende Prozesse werden im vorliegenden Kontext jene bezeichnet, welche zukünftig
einen wesentlichen Einfluss auf die Generierung und den Transport von Sedimenten haben
werden. Auf Grundlage der in Kapitel 3.2 erstellten Szenarien wurden die in Abbildung 3.3
aufgetragenen Sedimenttransferprozesse bezüglich ihrer kommenden Bedeutung im Hinblick
auf die Sedimentlieferung untersucht (Tab. 3.3). Für jeden Prozess ist dabei festgehalten, ob
die entsprechende Sedimentlieferung zu- oder abnehmen wird (Sedimentbilanz: + oder -; ? für
unsicher) und ob dieses Verhalten als transiente (vorübergehende) oder permanente Wirkung
einzuschätzen ist. Transferprozesse, welche eine quantitative Bedeutung erwarten lassen sind
als massgebend gekennzeichnet, was ihre Auswahl für weitergehende Untersuchungen im Rahmen der Verlandungsproblematik hervorhebt. Spülungen werden abhängig von der Verlandungsrate durchgeführt und sind deshalb hier als konstant dargestellt, ebenso die Gravitation,
welche unabhängig von den klimatischen Parametern wirkt.
73
Tab. 3.3: Bewertung der Sedimenttransferprozesse hinsichtlich ihres zukünftigen Einflusses auf die Sedimentlieferung. Erklärungen im Text
Prozess
Entwicklung Begründung
Sedimentbilanz
transient
permanent
massgebend
fluvialer Transport;
Fluvialerosion
+
steigender Abfluss [1]; vermehrte Extremabflüsse wegen mehr Extremniederschlägen [2,3], Überlagerung von
Schneeschmelze und Niederschlagsereignissen im Frühjahr, schnellerer Abflusswirksamkeit [4,5] und
verstärkter Abhängigkeit vom Niederschlagsregime [6,7]; Zunahme des Basisabflusses [8]
+
•
•
Gelifluktion
+/-
vorübergehend höhere Fliessgeschwindigkeiten [9], da Anstieg der Nullgradgrenze [4]
?
•
•
Gletscherrückgang mit GWL-Anstieg [10], Flächen- und Eisdickenverlust [9,10,11]
-
•
•
+
•
•
Glazialer Transport;
Gletschererosion
-
Glazifluvialer Transport
+/-
Abhängigkeit von glazialen und fluvialen Prozessen
Gravitation
○
gleichbleibend
Grundlawinen
•
[5]
-
weniger Schneeauflage, da Anstieg der Schneegrenze
-
•
Murgänge
+
Unsicherheiten bezüglich Frequenzzu- und Abnahmen [9,12,13], Volumenzunahme [12];
[4,15]
[9]
Zunahme da mehr Feststoffpotential durch Permafrostrückgang
, vermehrte Gletscherseeausbrüche
sowie Zunahme der Extremniederschläge [2]
+
•
•
Rutschungen;
Spüldenudation;
Spülerosion
+
Entstabilisierung von Permafrosthängen [15]; Zunahme der Extremniederschläge [2];
Intensivierung des Wasserkreislaufs [4]
+
•
•
Spülungen
○
gleichbleibend
Sturzprozesse
+/-
keine generelle Zunahme, eventuell häufiger im Frühjahr
Frostdurchgänge im Gestein durch Gletscherrückzug [17]
Trübeströme
+
Abhängigkeit vom Abflussverhalten
+
Verwitterung
+/-
Verstärkte physikalische Verwitterung in Bereichen des Gletscherrückzugs [17], jedoch eventueller Rückgang
durch Temperaturerhöhung, Zunahme der chemischen Verwitterung durch Ökosystemänderungen, wie
[9]
Bodenbildungsprozessen
?
[1]
•
[16]
, da Spannungsänderungen und häufigere
Huss et al., 2008 [2] Schädler et al. 2007 [3] Frei et al., 2006 [4] OcCC, 2003 [5] OcCC, 2007 [6] Horton et al., 2005 [7] M. Zappa in Wyer, 2000 [8] Hinzmann et al., 2005
Zemp et al., 2006 [12] Beniston, 2006 [13] Seinova et al., 2007 [14] Kaeaeb et al., 2001 [15] Gruber and Haeberli, 2007 [16] Gruner, 2008 [17] Haeberli et al., 1997
[11]
?
[9]
•
•
•
•
•
Kaeaeb et al., 2005
[10]
Paul et al., 2007a
3.3 Massgebende Prozesse und Elemente
Tab. 3.4: Bewertung der Speicherentwicklung. Symbolik wie in Abb. 3.3
Speicher
Entwicklung Begründung
Moränen
-
Hangschutt
+/-
Rutschmassen
+
Verstärkter Abtrag[1,2] durch Rutschungen, Spülerosion, Spüldenudation und eventuell Murgänge;
wenig Neubildung, da Gletscherrückzug
Sedimentbilanz
transient
-
•
Verstärkter Abtrag, aber auch Neubildung durch Verwitterung und deaktivierte
Periglazialschuttmassen
?
•
Zunahme von Rutschungen
+
•
zunächst Bewegungsbeschleunigung, dann Deaktivierung; eventuell Übergang zu Hangschutt
?
Periglazialspeicher
+/-
Bett- und Ufersediment
+/-
verstärkte Dynamik durch Intensivierung des hydrologischen Kreislaufs und der anderen Prozesse
?
Feinsediment
-
Rückgang der Gletschermilch durch verminderte Glazialerosion; eventuell mehr Trübeströme durch
Intensivierung des hydrologischen Kresilaufs
-
•
Grobsediment
+/-
Abhängigkeit von der Abflussentwicklung; eventuell Zunahme durch Intensivierung des
hydrologischen Kreislaufs; eventuell Abnahme mit Niederschlagsrückgang
?
•
[1]
Zepp, 2008
[2]
permanent
•
•
Otto, 2006
Der Einfluss von glazial gesteuerten Prozessen wie Gletschererosion und -transport sowie der
Lawinenaktivität wird im Zuge der Erwärmung als dauerhaft abnehmend eingestuft. Damit
einher geht die vorübergehend zunehmende fluviale und glazifluviale Aktivität, welche auch
Auswirkungen auf das Auftreten von Trübeströmen in den Stauhaltungen haben wird. Durch
den Rückzug der Gletscher und des Permafrosts ist mit der Freisetzung von grossen Mengen
unkonsolidierten Materials und im Rahmen eines verstärkten hydrologischen Kreislaufes mit
einer anhaltenden Zunahme von Rutschungen (auch Hangmuren) und Murgängen zu rechnen.
Bezüglich der Sedimentbilanz der Gelifluktionsaktivität lassen sich keine genauen quantitativen Vorraussagen treffen, ebenso unsicher sind die Prognosen über die Entwicklung von
Sturzprozessen. Die Verwitterungscharakteristik lässt bleibende Veränderungen erwarten, jedoch ist es nicht möglich, tendenzielle Aussagen zu treffen.
Speicher
Neben der Bewertung der bedeutenden Transferprozesse sind im vorgeschlagenen Kaskadenmodell die verschiedenen Speicherelemente von grosser Wichtigkeit; ihre Entwicklung hat
einen entscheidenden Einfluss auf den Sedimenttransfer und -eintrag in die Stauhaltung. In
Tabelle 3.4 sind entsprechende Projektionen des künftigen Werdegangs der erwähnten Speicher dargestellt. Die Einschätzungen erfolgten an Hand der massgebenden Prozesse und der
in Kapitel 2.4.6 angesprochenen Entwicklungsannahmen bezüglich der Sedimentbilanz und
transientem respektive permanentem Verhalten.
Die mit dem Gletscherrückzug zunehmend exponierten Moränen werden zukünftig einem verstärkten Abtrag unterliegen, wie es in einer Paraglaziallandschaft zu erwarten ist (siehe Abb.
75
3 Modellkonzept
2.3 und Abb. 2.25), was allerdings mit ihrer Neigungsabnahme und möglichen Konsolidierung
durch Vegetation enden wird. Mit dem Rückgang der Periglazialprozesse können die zugehörigen Speicher zukünftig als Hangschuttmassen angesehen werden, welcher einerseits zunehmend
abgetragen, andererseits aber auch stabilisiert werden könnte, abhängig von der Vegetationsausbreitung. Die Zunahme von Rutschungen dürfte allerdings den Anteil der Rutschmassen
steigen lassen. Die Dynamik der fluvialen Erosion und Sedimentation lässt im Hinblick auf den
intensivierten hydrologischen Kreislauf keine Aussagen über die Bilanz der Gerinnesedimente
zu, jedoch kann auf Grund der verminderten Gletschererosion langfristig von einem Rückgang
der Gletschermilch- und damit der Feinsedimentanlieferung ausgegangen werden. Hinsichtlich
des Grobsedimentes (Geschiebes) ist Entwicklung stark abhängig von der täglichen Abflussentwicklung und daher der zugehörigen Niederschlagscharakteristik; insgesamt quantitativ
nicht genau vorhersagbar.
Zukünftige Entwicklung
Anhand der aufgeführten Bewertungen wurde das in Kapitel 3.1 vorgestellte Systemkonzept
modifiziert (Abb. 3.4). Der prognostizierte Wandel der Transferprozesse sowie der Speicherelemente ist durch Einfärbung dargestellt (grün für Zunahme, blau für Abnahme, gelb mit
gepunkteter Umrandung bei Unsicherheiten bezüglich der Änderung und grau für Konstanz).
Durch teiltransparente Umrahmungen gekennzeichnet sind die massgebenden Prozesse, wobei ersichtlich wird, dass es sich hier sowohl um solche mit einer zunehmenden Bedeutung
(wie etwa Rutschungen), einer abnehmenden Bedeutung (Glazialerosion) oder einer unsicheren Entwicklung (Sturzprozesse) handelt. Weiterhin erkennbar ist der Einfluss der klimatischen
Elemente Niederschlag und Temperatur, welcher in Form von Grossbuchstaben neben den jeweiligen Prozesssymbolen zu finden ist.
76
Atmosph.
Staubeintrag
Sedimenttransportsystem
Einzugsgebiet - Stausee
Subsystem Gletscher
Gravitation
Sturzprozess [1]
N,T
Output
Einfluss der Klimaelemente
T
N,T
Grundlawine
N
N
Hangmure
Rutschung [3]
T
Glazialerosion [2]
T
Einfluss der
Temperatur
N
Einfluss des
Niederschlags
Symbole - Änderungen
Regler
Transferprozess
Unsicher
Zunahme
Speicher
Konstant
Abnahme
Massgebender
Prozess
N
Subsystem
N,T
Spüldenudation
Grundmoräne
Input
Seiten- und
Endmoränen
Glazialer
Transport
Obermoräne
Symbole
Glazifluvialer
Transport
N
Subsystem Gerinne
Spülerosion
Gravitation
N
Festgestein
Bett- und Ufersediment
Fluvialerosion [5]
N
Subsystem Hang
T
fluvialer
Transport
T
Sturzprozess [1]
Hangschutt
Gelifluktion [4]
Periglazialspeicher
Verwitterung
Rutschmasse
N,T
Grundlawine
Subsystem Stausee
N
N
N
Feinsediment
Rutschung [3]
Spüldenudation
N
Spülung
Subsystem
Bach
Gravitation
Spülerosion
N
Grobsediment
fluvialer
Transport
Hangmure
N
Subsystem
Stollen
Trübestrom
[1]
Sturzprozess: Blockabsturz, Fels- und Bergsturz
[2]
Glazialerosion: Detersion, Detraktion, Exaration
[4]
Gelifluktion:
[3]
Rutschung:
[5]
Fluvialerosion: Gerinneerosion, Murgang
Hang-, Berg- und Schuttrutschung
Kryoturbation, Blockgletscher, Blockstrom
Abb. 3.4: Bewertung des Sedimentransportsystems Einzugsgebiet - Stausee
Subsystem
Kraftwerk
3 Modellkonzept
Abbildung 3.4 stellt damit eine Zusammenfassung der in den vorangehenden Kapiteln dargelegten Auswirkungen des Klimawandels auf das Sedimenttransfersystem Einzugsgebiet Stausee dar. Sie zeigt den Zusammenhang der klimatischen Einwirkung auf die beteiligten
Prozesse und Speicher auf und kann somit als Grundlage für eine quantitative Untersuchung
der Entwicklung des Sedimenttransfers sowie der Verlandungsproblematik alpiner Wasserspeicher dienen.
3.4 Vorgehensstrategie zur quantitativen Abschätzung der
Auswirkungen
In Kapitel 2.1 wurden die Grundlagen der hydrologisch - morphologischen Prozesse gelegt,
welche das betrachtete Sedimenttransfersystem eines teilweise vergletscherten alpinen Einzugsgebiets in eine Stauhaltung prägen. Anschliessend wurden in den Kapiteln 2.2, 2.3 und
2.4 die damit verbundene Verlandungsproblematik sowie die Prognosen der zukünftigen Entwicklung des Klimas und die resultierenden Auswirkungen auf das System besprochen. Für die
darauf aufbauende, in Kapitel 3.1 aufgestellte und in Kapitel 3.3 bezüglich ihrer zukünftigen
Entwicklung, massgebender Prozesse und Elemente bewertete Systemkonzeption, werden im
Folgenden die Parameter und Arbeitsschritte zusammengestellt, welche für die Beantwortung
der vorliegenden Fragestellung als notwendig erscheinen.
3.4.1 Datenerfassung
Grundlegend für die umfassende Untersuchung eines entsprechenden Einzugsgebietes sind Angaben über dessen Geologie, Morphologie, Grösse, prozentuale Vergletscherung sowie die Form
der Landnutzung und Vegetation (Tab. 3.5). Der Einfluss von tektonischen (den Bau der Erdkruste betreffende) Parametern, der „dynamischen Kraft des alpinen Gebirgs - Systems“ (Palt,
2001), sollte in eine umfangreiche Betrachtung ebenfalls mit einbezogen werden. Palt (2001)
berücksichtigt dies in seiner Studie über die Bedeutung der Sedimenttransportprozesse für
Wasserkraftanlagen im Karakorum, einem seismisch sehr aktiven Gebirge. In Japan beispielsweise stieg die Sedimenttransportrate nach einem Erdbeben im Jahre 2004 in den folgenden
18 Monaten auf Grund von vermehrten Rutschungen stark an (Matsuoka et al., 2008).
78
3.4 Vorgehensstrategie zur quantitativen Abschätzung der Auswirkungen
Tab. 3.5: Zusammenstellung der zu erfassenden Parameter und Daten für weitergehende Simulationen
zur Entwicklung des Sedimenttransportes
Parameter
Erhebung
Gebietsdaten
Geologie, Morphologie, Einzugsgebietsgrösse, Gletscherfläche und -geschichte, Vegetation, Landnutzung
Tektonik
Hebungsrate, Erdbebenhäufigkeit
Erosion
Erosionsformen, Erosionsraten
Sedimentvolumen
Moränenschutt, Periglazialschutt, Hangschutt, Schuttfächer, Bachsedimente, Verlandungsdaten
Hydrologie
Abflussdaten[1], Daten über den Sedimenttransport, Stauhaltung
Klimadaten
Niederschlags- und Temperaturdaten[2], Evapotranspiration, Wind, Luftfeuchte, charakteristische Wetterlagen
[1]
Abflussganglinien, Extremwerte, Einzelwerte
[2]
jeweils Jahresdurchschnittswerte, Extremwerte, Ganglinien
Die Morphologie ist hinsichtlich des Gefälles und der Oberflächengestaltung am besten in
möglichst hoher Auflösung in Form eines digitalen Höhenmodells DHM oder topographischen
Modells DTM abzubilden. Geomorphologische Untersuchungen beziehungsweise Angaben hinsichtlich von Erosionserscheinungen und -raten und der Bestimmung des vorhandenen, mobilisierbaren Sedimentvolumens in Form von Moränen, Periglazial- und Hangschutt, fluvialen
Schuttfächern sowie Bachsedimenten sind durchzuführen. An hydrologischen Werten bedarf
es Abflussdaten in Form von Einzelwerten, Extremwerten und Ganglinien, bezüglich des Sedimenttransportes möglichst vieler Messwerte des Schwebstoff- und des Geschiebetransportes.
Diese können durch eventuelle Verlandungsangaben von Stauseen, Sedimentrückhaltebecken
oder Ablagerungen von Überschwemmungen ergänzt werden.
Neben der Erfassung der Grösse des hydrologischen Einzugsgebietes ist dieses in vergletscherte und unvergletscherte sowie in vegetationsbedeckte und -unbedeckte Fläche einzuteilen. Die
Entwicklungsgeschichte des Gletschers ist hilfreich, um morphologische Formen besser einordnen und eventuell vergleichbare Trends zu den späteren Berechnungen ableiten zu können.
Angaben über die Landnutzung sind bei den betrachteten alpinen Gebieten von Nutzen, wenn
sich in Zukunft eine Veränderung, beispielsweise im Rahmen einer touristischen Erschliessung
oder bezüglich eventueller Almwirtschaft, absehen lässt. Die Vegetation ist in der Ausprägung
anzupassender Auflösung nur unterhalb der Baumgrenze, beziehungsweise innerhalb von flächenhaftem Bewuchs zu berücksichtigen.
79
3 Modellkonzept
Tab. 3.6: Auswahl von Studien mit relevanten Simulationen zur Integration in ein Modell der quantitativen Abschätzung des Einflusses des Klimawandels auf die Entwicklung des Sedimenttransportes
Literatur
Modellart
Berechnungen
Huss et al., 2008; Schaefli et al., 2005;
Stahl et al., 2008
Glazio-hydrologisches Modell
Tagesabfluss und jährliche Gletschermassenbilanz
Horton et al., 2005
Niederschlags-Abfluss-Modell mit Gletschermodell
Abflussregimeänderungen
Dadson and Church, 2005
Paraglazailes Landschaftsentwicklungsmodell
Rutschungen und Sedimenttransport
Beyer Portner and Boillat, 1999
Numerisches Erosionsmodell
Erosionvolumen von Einzugsgebieten von Stauhaltungen
Verhaar et al., 2008
Morphodynamisches Modell für Sandbettflüsse
Sedimenttransport, Ablagerung und Erosion
Schaeffli, 2005
Regionales Klima-, glazio-hydrologisches- und Management-Modell
Einfluss des Klimawandels auf die Wasserkraftproduktion
Jenzer Althaus and De Cesare, 2006
Numerisches Fliessmodell
Trübestromausbreitung
Meteorologische Daten wie Jahresdurchschnittswerte, Extremwerte sowie Ganglinien von Temperatur und Niederschlag über eine möglichst grosse Aufzeichnungsdauer sind unter anderem
für die Kalibrierung der Klimasimulationen wichtig. Weitere zu beachtende Klimaelemente sind die Windverteilung, Luftfeuchte und möglicherweise charakteristische Wetterlagen
(Tab. 3.5). Dazu kommen Angaben über die Evapotranspiration2 , beziehungsweise Evaporation, welche in Modelle der Glazial- und Abflussentwicklung eingeht.
3.4.2 Berechnungen
Mit Hilfe der vorhandenen Gebietsdaten können aus globalen (GCM) regionale Klimasimulationen (RCM) erstellt werden3 , welche die morphologischen Besonderheiten des betrachteten
Einzugsgebietes berücksichtigen. Daraus kann mit Hilfe von Massenbilanzmodellen die zukünftige Gletscherentwicklung modelliert werden, was wiederum in hydrologische Modellrechnungen einfliesst, welche weiterhin durch die Klima- und Vegetationsentwicklung geprägt werden.
Letztere ist abhängig von den Klimaprognosen und der ebenso dadurch bedingten zukünftigen
Verbreitung von Permafrost. Wichtig sind weiterhin Simulationen der tektonischen Entwicklung (im Bezug auf Erdbeben und topographische Änderungen) und der Erosionsentwicklung.
Möglicherweise könnte auch eine Landnutzungsänderung miteinbezogen werden.
In Tabelle 3.6 ist eine Auswahl an Studien aufgetragen, welche für die Sedimenttransportentwicklung in zum Teil vergletscherten alpinen Einzugsgebieten relevante und erforderliche
Simulationen oder Modellierungen vorstellen. Einem umfassenden Modell für die vorliegende
2
Evapotranspiration: Summe aus der Evaporation (Verdunstung von der Gebietsoberfläche) und der Transpiration (Verdunstung von Tieren und Pflanzen)
3
Klimatologisches Downscaling
80
3.4 Vorgehensstrategie zur quantitativen Abschätzung der Auswirkungen
Klimamodell
Klimamodell
Gletschermodell
Gletschermodell
Permafrostmodell
Permafrostmodell
Vegetationmodell
Vegetationmodell
Landnutzungsmodell
Landnutzungsmodell
Erosionsmodell
Erosionsmodell
Hydrologisches
Hydrologisches Modell
Modell
Sedimenttransportberechnung
Sedimenttransportberechnung
Betriebswirtschaftliches
Betriebswirtschaftliches Modell
Modell
Abb. 3.5: Konzeption eines Vorhersagemodells für die Sedimentationsproblematik. Aufbauend
auf einer Modellkette werden Sedimenttransportberechnungen durchgeführt, welche in ein betriebswirtschaftliches Modell zu dessen Auswirkungen einfliessen können. Die Pfeile symbolisieren die
Einflüsse/Einwirkungen der Modelle aufeinander und sind jeweils von oben nach unten zu lesen
Fragestellung liegt eine integrative Modellierung der regionalen Entwicklung der Temperatur,
des Niederschlags und der Evaporation (Klimamodell), der Gletscher- und Permafrostentwicklung, der Vegetationsdynamik und des Landnutzungswandels wie der Erosionsentwicklung und
deren aller Auswirkung auf die Hydrologie zu Grunde (Abb. 3.5). Anschliessend können Berechnungen über die resultierenden Sedimentbewegungen, etwa mit Hilfe der in Kapitel 2.1.5
angeführten Geschiebetransportformeln und Ansätzen zum Schwebstofftransport, welche in
dieser Arbeit nicht näher diskutiert wurden, durchgeführt werden. Auf die betriebwirtschaftliche Modellierung der Auswirkungen des Transportes, wie der sich verändernden Hydrologie
als weitere Komponente wird im Rahmen dieser Arbeit ebenfalls nicht eingegangen.
Für eine genaue quantitative Abschätzung des Einflusses des Klimawandels auf den Sedimenttransport im Zusammenhang mit dem Problem der Verlandung alpiner Stauhaltungen
ist demnach ein hoher Bedarf an Datenerhebung und Berechnungsaufwand interagierender
Modellierungen vonnöten. In der in Kapitel 1.2 beschriebenen sektorielen Studie „Wallis, Wasserkraft, Klimawandel“ soll diesem Bedarf insofern gerecht werden, als das neben dem Modul 1
81
3 Modellkonzept
(Klimatologisches Downscaling) und den hydrologischen und betrieblichen Analysen für einzelne Einzugsgebiete (Module 2 und 3) ein weiteres Modul Wallis zur Untersuchung der Klimaund Geschiebeentwicklung erstellt werden soll (Abb. 1.1).
82
4 Das Untersuchungsgebiet
Das in dieser Arbeit vorgestellte Konzept zur Untersuchung des Einflusses des Klimawandels
auf den Sedimenttransport kann in einem weiter fortgeschrittenen Stadium der sektoriellen
Studie bei Vorliegen der entsprechenden Berechnungen angewandt werden. Im Rahmen einer
kleinen Feldstudie zum jetzigen Zeitpunkt konnten daher nur der Teilbereiche des vorhandenen Sedimentvolumens und der Geschiebetransportentwicklung betrachtet werden. Dazu
folgt zunächst ein Überblick über das gewählte Untersuchungsgebiet. Ein weiteres Kapitel
gibt Aufschluss über die angewandten Methoden der Datenerfassung und der durchgeführten
Berechnungen, gefolgt von den Resultaten und schliesslich einer Diskussion der Ergebnisse
und ihrer Bedeutung für die Stauseebewirtschaftung.
4.1 Wahl des Untersuchungsgebiets
Die Wahl des zu untersuchenden Einzugsgebietes orientierte sich an mehreren Rahmenbedingungen. Als Teil der sektoralen Studie „Wallis, Wasserkraft, Klimawandel“ (siehe Kapitel
1.2) wurde eine alpine Stauhaltung im Kanton Wallis untersucht werden, welche von einem
teilweise vergletscherten Einzugsgebiet gespeist wird. Da die vorliegende Diplomarbeit bereits
in der Anfangsphase der Studie angefertigt wurde, gab es keine Angaben über bevorzugte
Standorte von anderen Projektbeteiligten. Ein wichtiger Auswahlparameter lag deshalb auf
der Verfügbarkeit von Verlandungs- und Abflussdaten. Weiter in die Auswahl einbezogen wurden Faktoren wie Grösse und Zugänglichkeit, sowie das Vorhandensein von Studien bezüglich
des Sedimentvolumens- und transportes, der Erosion und Gletscherentwicklung.
In Folge einer Literaturrecherche über vorhandene Untersuchungen in Walliser Tälern wurde die Wasserfassung des oberen Einzugsgebietes der Turtmänna (Turtmanntal) ausgewählt,
83
4 Das Untersuchungsgebiet
welche von der Wasserkraftwerke Gougra AG (Forces Motrices de la Gougra SA in Sierre,
Kanton Wallis) betrieben wird. Für den Turtmannstausee und das dazugehörige Sedimentationsbecken konnten Verlandungs- und Abflussdaten vom Kraftwerksbetreiber bezogen, sowie Studien über Bauprojekte zur Eindämmung der vorhandenen Verlandungsproblematik
recherchiert werden. Geomorphologische Untersuchungen des gesamten Tales hinsichtlich der
Gletscher-, Permafrost- und Sedimentverbreitung werden seit vielen Jahren vom Geographischen Institut der Universität Bonn durchgeführt und konnten als Datengrundlage verwendet
werden.
4.2 Geologie und Geographie
Als Grundlage für die weiteren Ausführungen wird eine kurze Beschreibung der Geologie,
Morphologie, Gletschergeschichte und Sedimentmasse im Turtmanntal gegeben.
4.2.1 Geologie
Das gesamte südliche Wallis zwischen Simplon, Rhonetal und Grossem St. Bernhard wird vom
Komplex der Bernhard - und Monte Rosa - Decke eingenommen, welche zu den penninischen
Decken (Sediment- und Kristallingesteine) gehören. Dieser Komplex stösst in einem 100 km
langen Bogen nordwestwärts zwischen dem Mont Blanc - Massiv bis zum Helvetikum vor. Die
Gesteine des Turtmanntals gehören dabei fast ausschliesslich zur Siviez - Mischabel - Decke
(Abb. 4.1), welche zu den dachziegelartig angeordneten, nach Süden einfallenden plattenförmigen Einheiten der Bernhard - Decke gehört und aus unterschiedlichen metamorphen Gesteinen
aufgebaut ist. Die Hauptmasse besteht aus Gneis und Glimmerschiefer mit viel Amphibolit.
Im Turtmanntal werden sie von Zweiglimmergneisen und Chlorid - Muskowitschiefer dominiert
(Bearth, 1980), wurden früher in ältere und jüngere Casannaschiefer unterteilt und enthalten
eine hohe Konzentration von Erzvorkommen (Labhart, 1998).
4.2.2 Geomorphologie
Das Turtmanntal (Abb. A.1 und Abb. A.3 im Anhang) ist ein rund 15 km langes, südlich ins
Rhonetal einmündendes Hängetal1 zwischen dem Mattertal im Osten und dem Val d‘Anniviers
1
Glazial geprägtes Nebental, welches oberhalb der Talsohle über eine Stufe einmündet
84
4.2 Geologie und Geographie
Abb. 4.1: Die Lage der penninischen Decken im Bereich des Turtmanntals (Labhart, 1998)
im Westen. Es erstreckt sich vom Ort Turtmann mit 620 m ü. NN im Norden bis zum Nordgrat
des Weishorns mit 4203 m im Süden und besitzt eine planimetrische Fläche von 110 km2
(reale Fläche 139 km2 ) (Dikau et al., 2004; Rasemann, 2003). Die Vergletscherung liegt bei
14 %, das untere Drittel ist als Kerbtal, der obere Bereich als bis zu 300 m breites Muldental
ausgebildet und endet im Komplex aus dem Turtmann- und Brunegggletscher, aus welchem
die Turtmänna entspringt. Von Osten und Westen münden 14 Hängetäler, sogenannte Tällis,
ins Turtmanntal ein. Sie weisen eine vergleichsweise geringe Vergletscherung auf, weshalb ein
ungewöhnlich grosser periglazial geprägter Bereich mit vielen Blockgletschern und anderen
Gelifluktionserscheinungen vorhanden ist (Otto, 2001; Rasemann, 2003).
4.2.3 Gletscherentwicklung
Der südliche Teil des Tales wird bedeckt durch die Eismassen des Turtmann- und Brunegggletschers, welche 85 % der Gesamtvergletscherung des Tales ausmachen und in ihrem Entstehungsbereich zwischen dem Nordgrat (auf ca. 4’203 m), dem Bishorn (4’153 m) und dem
Brunegghorn (2’833 m) zusammenhängen. Sie fliessen getrennt um die Adlerflühe herum und
85
4 Das Untersuchungsgebiet
vereinigten sich bis zum Jahre 1934 am Boden des Turtmanntals. Durch den anhaltenden
Rückzug (Abb. A.4 und A.5 im Anhang) sind die beiden Zungen seitdem getrennt, wobei
sich der Brunegggletscher seitdem viel weiter zurückgezogen hat (auf ca. 2600 m), als der
Turtmanngletscher (2260 m) (Dikau et al., 2004; Otto, 2001). Insbesondere das Hitzjahr 2003
bewirkte einen Rückgang von rund 127 m für den Turtmann- und etwa 157 m für den Brunegggletscher (VAW, 2008).
86
Abb. 4.2: Blick von der Staumauer des Turtmannsees in Richtung des Einzugsgebiets (17.09.2008)
4 Das Untersuchungsgebiet
Das von den Gletschermassen zurückgelassene Gletschervorfeld ist der dynamischste Bereich
des Sedimenttransfersystems (Otto, 2006) (Abb. 4.2). Besonders die Jahre 2001, 2002 und
2003 haben hier grosse Veränderungen bewirkt. Durch den Kollaps der Gletscherfront (etwa
650 m2 ) im Jahr 2003, der nachfolgenden Ausbildung eines Gletschersees und dessen Ausbruch
im August sowie der Entstehung eines neuen Gletschertors2 auf der orographisch rechten Seite
im Übergang zum schuttbedeckten Zungenteil, verlagerte sich die Hauptabflussrinne von der
linken Seite in die Mitte des Vorfeldes. Etwas unterhalb des Gletscherterminus durchschneidet
der Schmelzwasserabfluss des Brunegggletschers die rechte Seitenmoräne des Turtmanngletschers und schmilzt dabei Teile des schuttbedeckten Eises (sogenanntes Toteis) (Dikau et al.,
2004).
Im Jahr 1900 reichte die vereinigte Zunge der beiden Gletscher bis zu einem Rundhöcker, welcher als natürliches Geschieberückhaltebecken fungiert und das Gletschervorfeld begrenzt. Das
Schmelzwasser hat im Verlauf des Gletscherrückzugs eine bis zu 30m tiefe Schlucht in diese
Felsschwelle eingetieft, in welche später die heutige Staumauer gebaut wurde (siehe auch Kapitel 4.4) (Otto, 2006). Während der Maximalausdehnung im 19. Jahrhundert (Höchststadium
der sogenannten kleinen Eiszeit um 1850) hat der Komplex der beiden Gletscher eine Seitenmoräne von bis zu 130 m Höhe und eine Endmoräne von zwei bis fünf Metern aufgeschüttet,
die im Bereich des heutigen Gletscherterminus unbewachsen und fluvial zerfurcht erscheinen,
im Bereich des Felsriegels allerdings schon teilweise bewachsen und stabilisiert, jedoch auch
viel geringmächtiger sind. In diesem Stadium erstreckte sich der Gletscher ungefähr 1,5 km
weiter als heute und endete etwa 400 m unterhalb der heutigen Staumauer (Otto, 2001); im
Jahr 1952 reichte er noch an den Fuss des heutigen Stausees (ALPRESERV, 2008).
4.2.4 Sedimente
Die grössten mobilisierbaren Sedimentmengen befinden sich im Gletschervorfeld in Form von
Moränen, welche seit der kleinen Eiszeit von den Gletschern zurückgelassen wurden. Am augenscheinlichsten ist die orographisch rechte (östliche) Seitenmoräne des Turtmanngletschers,
die in früheren Zeiten die Mittelmoräne beider Gletscher bildete (Abb. 4.2). Otto (2006)
schätzte die Sedimentmächtigkeit des Gletschervorfeldes vom hinteren Bereich der Talsohle bis
2
Meist halbrunder Austritt des Gletscherbaches aus der Gletscherzunge
88
4.2 Geologie und Geographie
Stausee
Inners
Wängertälli
Turtmanngletscher
Brunegggletscher
Abb. 4.3: Interpolation der Sedimentmächtigkeit im Vorfeld des Turtmanngletschers. Die Berechnung
erfolgte mit Hilfe der in blau dargestellten Interpolationspunkte; die Gletscherfläche wurde vor der
Volumenberechnung entfernt verändert nach Otto (2006))
zum Staudamm mit Hilfe von 11 Querprofilen und einem Längsprofil des sedimentbereinigten
Talgrundes ab, deren Verlauf er an Hand von Festgesteinsausbissen und den sedimentfreien
Hängen interpolierte (Abb. 4.3). Die durchschnittliche Mächtigkeit der Sedimentauflage ergab
sich zu 18 m, die maximale zu 91 m im Bereich der rezenten orographisch rechten Seitenmoräne (siehe Abb. 4.2). Das aus diesen Daten bestimmte Sedimentvolumen beträgt 19,6 ± 9,8
× 106 m3 , bei einer durchschnittlichen Stärke von 11,8 m3 m−2 .
Die orographisch linke (westliche) Seitenmoräne erstreckt sich in grösserer Mächtigkeit nur
am Rande der rezenten Zungenlage des Turtmanngletschers; hier mündet auch ein kleines,
steiles Seitental (Inners Wängertälli) mit einigen Schuttfächern ein. Weiter talabwärts dünnt
sie jedoch schnell aus und geht im Bereich des Stausees in eine dünne, durch Vegetation stabilisierte Hangschuttschicht über. Die angesprochenen Mittelmoräne endet am Durchbruch
des Bruneggbachs, der oberstrom einen kleinen Talkessel mit schuttbedecktem nordöstlichem
Seitenhang durchfliesst. Unterhalb des Durchbruchs verlaufen zwei hohe, in sich geschachtelte Moränenstadien an der rechten Seite bis zum seitlichen Eintritt des Pipjibachs. Ab hier
89
4 Das Untersuchungsgebiet
verbleibt nur noch eine, den Stausee begrenzende schwache, steile Seitenmoräne am Hang,
welche sich zu dem erwähnten Rundhöcker (der Begrenzung des Gletschervorfeldes mit der
Staumauer) ausdünnt.
Das Gletschervorfeld zeigt sich als eine durch die verzweigte Linienführung der Turtmänna
zerfurchte Ebene. Nach der seitlichen Einmündung des Bruneggbachs verlässt das Schmelzwasser das Schuttbett (an einem bis 2 m hohen Endmoränenstadium) und durchschneidet
einen grösseren Rundhöcker, der nur seitlich dünn sedimentbedeckt und durch Vegetation stabilisiert ist. Mit dem Austritt durch eine kleine Schlucht geht sie in das Sedimentationsbecken
der Stauhaltung über.
Als weiteres Sedimentvolumen ist das Baggergut zu nennen, das nach dem Aushub aus dem
Stausee und Sedimentationsbecken einerseits zum Dammbau des letzteren verwendet, andererseits im Eintrittsbereich des Pipjibachs deponiert wurde (siehe auch Kapitel 4.5 und
Abb. 4.2 der helle Schuttberg links im Vordergrund). Weiterer Hangschutt ist volumetrisch
nicht von Bedeutung. Es ist aber gerade dieser Bereich, den Otto (2001) im Turtmanntal als
einzig durchgängigen für den Transport auch grösserer Korngrössen ansieht.
Auch in den Seitentälern, insbesondere im Pipjitälli (Abb. A.6), welches oberhalb des Stausees ins Turtmanntal einmündet, finden sich grosse unkonsolidierte Schuttmengen. Trotz der
zu beobachtenden Blockgletscheraktivität in höheren Bereichen (in allen Tällis zusammen
80 intakte und 31 fossile Blockgletscher) in Sturzmassen und Moränenwällen, teilweise mit
Thermokarstausbildungen (Otto, 2001), sind diese Systeme bezüglich des Geschiebetransportes jedoch als abgekoppelt vom Turtmanntal beziehungsweise Stausee zu betrachten (Roer,
2008). Das erklärt sich auch in Verbindung mit der Untergrenze der Solifluktionserscheinungen
im Turtmanntal auf 2’330 m (Otto, 2001), welche als Anzeichen der Permafrostgrenze gewertet werden kann. Die Stirn des tiefliegensten reliktischen Blockgletschers im Pipjitälli befindet
sich auf 2’535 m (Nyenhuis, 2005), der Schwellenübergang zum Turtmanntal auf 2’456 m (Dikau et al., 2004).
90
4.2 Geologie und Geographie
Am Ausgang des Brändjitällis beispielsweise tritt das Schmelzwasser unterhalb des tiefstgelegensten Blockgletscherstirn aus, durchfliesst eine ca. 90 m2 grosse Grasebene und sedimentiert
Feinmaterial vor einem Felsriegel, bevor es gefasst und zum Turtmannstausee abgeleitet wird.
Er ist dabei nicht in der Lage gröberes Sediment aus dem Schuttsystem auszutragen, sondern
transportiert nur Feinmaterial (Schwebstoffe). Das gilt für viele Tällis, deren Schuttmassen
in Form von inaktiven Blockgletschern vor dem Talausgang enden, oder die eine ausgebildete
Fels- oder Schuttschwelle (z.B. Brändji- und Frilitälli) vor dem Übergang ins Turtmanntal
aufweisen (Otto, 2001).
4.2.5 Prozesse
Die Überschreitung der Felsriegel und Schwellen und damit eine Verlagerung von Grobschutt
über die Hänge in Richtung Talboden wäre nur durch periglaziale und glaziale Prozesse möglich, wozu allerdings die kleinen Gletscher in den Tällis bis zu 2’000 m vorstossen müssten
(Otto, 2001). Es lässt sich jedoch eindeutig eine Zunahme der horizontalen Blockgletschergeschwindigkeit feststellen, was Roer (2005) in ihrer Studie über die Kinematik von 34 aktiven
Blockgletschern in sechs der Tällis über den Zeitraum von 1976 - 2001 den erhöhten Oberflächentemperaturen zuweist. Die höchste berechnete Geschwindigkeit lag bei 1,76 m a−1 .
Der Sedimentaustrag aus den Tällis erfolgt somit hauptsächlich durch fluviale Abspülung
von Feinmaterial. Bis zum Bau des Staudammes (siehe Kapitel 4.4) erfolgte der glazifluviale
und fluviale Transport entlang des Talbodens, was verschiedene sedimentäre Terrassenniveaus unterhalb desselben belegen; er ist jedoch seitdem unterbrochen. Im Turtmanntal treten
verhältnismässig wenig Murgänge auf, was mit dem Mangel an Schuttmassen in potentiell gefährdeten Gebieten erklärt werden kann. Alle diesbezüglichen Formen befinden sich allerdings
unterstrom des betrachteten Einzugsgebietes und sind mit Bewuchs stabilisiert (Otto, 2001).
Mehr als 60 % der Talfläche sind über 25
◦
geneigt (25 % über 35 ◦ ) und damit potentiell
lawinen- beziehungsweise steinschlaganfällig. Letzteres äussert sich besonders im Pipjitälli,
dessen Schuttmassen zu einem grossen Teil auf diesen Prozess zurückgeführt werden können
(Otto, 2001). Im Einzugsgebiet der Stauhaltung sind die unvergletscherten Flächen durchschnittlich um 53 % geneigt (Martinerie et al., 2005).
91
4 Das Untersuchungsgebiet
Tab. 4.1: Einzugsgebietscharakteristik und Gletschergeschichte des Turtmannstausees. Die Gletscherdaten sind jeweils für beide Gletscher angegeben, der Brunegggletscher wird erst seit dem Jahr 1934
getrennt vom Turtmanngletscher erfasst
Charakteristik
Wert
Fläche des Einzugsgebiets
Literatur
36,6km2
Gougra, 2007
Mindesthöhe
2050m
Spreafico, 2006
mittlere Gebietshöhe
3033m
Spreafico, 2006
Höchster Punkt
4250m
Spreafico, 2006
mittlere Gebietsneigung
23,1°
Spreafico, 2006
Anteil bodenbedeckter Flächen
8,9%
Spreafico, 2006
Anteil waldbedeckter Flächen
0,0%
Spreafico, 2006
Anteil gletscherbedeckter Flächen
49,1%
Spreafico, 2006
Gletscherlänge (1973)
5,8km T, 4,6km B
Gletscherlänge (2006)
5,3km , 4,4 km
T
B
VAW, 2008
Spreafico, 2006
Gletscherfläche (1973)
5,911km2 T, 6,679 km2 B
Gletscherfläche (2000)
5,4km2 T, 5,8km2 B
Spreafico, 2006
Längenänderung (1885 - 2005), (1934 - 2005)
1284m T, 1129m B
VAW, 2008
T
= Turtmanngletscher
B
VAW, 2008
= Brunegggletscher
An den vegetationsbestandenen Hängen im unteren Bereich des Einzugsgebietes treten des
Weiteren vereinzelt flachgründige Rutschungen der dünnen Regolithdecke über dem anstehend Fels auf, teilweise durch Grundlawinen ausgelöst, welche auch in Steinschlagrinnen
niedergehen. Auch an den Moränenflanken ereignen sich Rutschungen, beispielsweise eine
sehr langsame in der orographisch linken (westlichen) Seitenmoräne des Turtmanngletschers
(Abb. A.7) (Otto, 2001). Hier weiterhin sichtbar sind typische Erosionsvorgänge im Moränenschutt, wobei stärker verbackene Bereich, beziehungsweise grössere Steine der Denudation
und Erosion widerstehen und eine Zerschneidung der Moränen bedingen (Erdpyramidenbildung oder Erdpfeiler (Ahnert, 2003); siehe auch Abb. 4.2 im Hintergrund an der orographisch
92
4.3 Klima
rechten Seitenmoräne oder Mittelmoräne).
Die Denudationsraten im gesamten Turtmanntal ermittelte Otto (2006) zu 1,2 ± 0,62 mm a−1 ,
wobei die Hängetäler mit 2,23 ± 1,12 mm a−1 im Gegensatz zum Gletschervorfeld (0,13 ± 0,06
mm a−1 ) klar hervorstechen. Der Sedimenttransfer ist dementsprechend vergleichbar gering:
Für das Gletschervorfeld liegt er bei 208,9 ± 104 t km−2 a−1 (im Vergleich zu 3560,4 ± 1’760
t km−2 a−1 ), wobei das Sedimentvolumen dort auch mit dem 50-fachen des Vorfeldes angegeben wird. Loye et al. (2007) gibt für das Einzugsgebiet der Stauhaltung eine durchschnittliche
Denudationsrate von 0,3 mm a−1 an. In Tabelle 4.1 sind abschliessend die wichtigsten Einzugsgebietsparameter und einige Daten zur Gletschergeschichte zusammengefasst.
4.3 Klima
Der Klimatyp des Turtmanntals ist als kontinental inneralpin zu kennzeichnen. Der scharfe
Knick des Rhonetals bei Martigny von südwestlicher in eine nordwestliche Richtung dämpft
den Einfluss der (Süd-)Westwinde und demnach das Eindringen von Niederschlag, weshalb
die Region des südlichen Wallis mit dem Turtmanntal als eine der trockensten in den Alpen
anzusehen ist (Otto, 2006; Roer, 2005).
Im Turtmanntal selbst befindet sich keine Klimastation, im Hungerlitälli wurde jedoch im
Jahre 2002 im Rahmen der Studien der Universität Bonn eine automatische Wetterstation errichtet. Die bisher erhobene Datenreihe ist allerdings noch zu kurz für verwendbare Aussagen
(Abb. 4.4). Die Werte der Jahre 2005 - 2007 lassen die Lage des Temperaturminimums im
Februar und des Maximums im August erkennen; die mittlere Jahrestemperatur liegt bei 1,2 ◦ C (auf 2’770 m). Der Monat mit der höchsten Niederschlagssumme ist der August (Otto,
2006). Die Gougra AG stellte für die Jahre 2006 - 2008 Temperaturdaten zur Verfügung (sechs
Messwerte pro Tag), welche mit Hilfe eines Temperatursensors an der Staumauer (2’177 m
Höhe) gemessen wurden. Für diese kurze Periode ergibt sich eine Jahresdurchschnittstemperatur von 2,74 ◦ C, sowie der Minimalwert von -19,9 und der Maximalwert von 18,7 ◦ C.
93
4 Das Untersuchungsgebiet
Abb. 4.4: Monatsmittel der Temperatur und des Niederschlags im Brändjitälli (2770 m) seit der
Installation der Wetterstation im Jahre 2002. Auf der linken Ordinate ist der Niederschlag [mm], auf
der rechten die Temperatur [◦ C] dargestellt. Daten für Juli 2002 bis September 2005 (Otto, 2006)
Die für eine Modellierung zu verwendenden Klimadaten müssen also über Berechnungen der
Daten von Stationen in benachbarten Tälern bestimmt werden. Dabei ist jedoch zu beachten,
dass die ausgeprägte Morphologie des Hochgebirges zu stark variierenden Lokalklimaten führt
und daher jedes Tal sein eigenes Klima besitzt (Rasemann, 2003). Otto (2001) bezog sich in
seiner Studie über das ganze Turtmanntal auf die meteorologischen Stationen Visp, Grächen,
Zermatt, Sion und Evoléne und verglich verschiedene hypsometrische (höhenabhängige) Temperaturgradienten der Region miteinander, wobei jener zwischen Visp und Zermatt im östlich
benachbarten Mattertal den örtlichen Verhältnissen am besten entsprach (Otto, 2001; Rasemann, 2003). Mit der Annahme einer Temperaturabnahme von 0,47 ◦ C pro 100 m konnten so
die -1 und -2 ◦ C Jahresisothermen (Höhenlinien der entsprechenden Jahresdurchschnittstemperatur) auf 2577 beziehungsweise 2854 m Höhe bestimmt werden, welche die Untergrenze des
diskontinuierlichen Permafrost bilden (Nyenhuis, 2005). Nach Roer (2005) kann im Einzugsbereich des Turtmannsees von einem Niederschlag zwischen 900 und 1’600 mm a−1 ausgegangen
werden.
94
4.4 Wasserkraftanlage
4.4 Wasserkraftanlage
Abbildung A.3 (Anhang) zeigt das Einzugsgebiet des Turtmannstausees und des vorgeschalteten Sedimentationsbeckens. Es werden der Abfluss der Turtmänna mit einem Einzugsgebiet
von insgesamt 25,2 km2 gefasst, welche sich aus den Schmelzwässern des Turtmann- und Brunegggletschers speist. Weiterhin eingeleitet werden der Pipjibach, der das Einzugsgebiet des
Pipjitällis mit rund 3,6 km2 entwässert (BFE, 2008a), sowie die Abflüsse dreier talabwärts
seitlich einmündenen Tällis, der Frili-, Blüomatt- und Brändjibach mit jeweils 1,7, 3,5 und
3,3 km2 (Abb. A.2 im Anhang). Insgesamt beträgt die Einzugsgebietsfläche damit 36,6 km2
(Gougra, 2007).
Der Stausee mit einem Fassungsvermögen von 780’000 m3 wurde Ende der 50er Jahre des
19. Jahrhunderts in Betrieb genommen (Martinerie et al., 2005) und dient als Sicherstellung
der Befüllung des Moiry-Stausses. Mit diesem ist er über einen 4,7 km langen Druckstollen
und eine 1,5 km lange Druckrohrleitung verbunden (Colenco, 2001; Gougra, 2007). Die Bogenstaumauer wurde vor dem Eingang der Schlucht errichtet, welche die Turtmänna in den
Rundhöcker am Gletscherstand von 1900 erodiert hat. Sie ist 110 m lang und bis zu 30 m hoch
(Mauerkrone auf 2’178 m Höhe). Der See besitzt durch seine Lage einen starken Einfluss auf
das ursprüngliche hydrologische Regime der Schmelzwässer. Er wirkt als Unterbrechung des
Sedimenttranfers der Turtmänna und somit als Senke (Speicher) für die eingetragenen Transportmassen. Seit dem Bau der Mauer hält der See nahezu alle Sedimente zurück (Martinerie
et al., 2005), die natürliche Hochwasserdynamik im Tal ist verlorengegangen (Dufour, 2004).
Auf Grund der Problematik des damit einhergehenden Stauraumverlustes wurde bereits 1972
mit der Ausbaggerung des Beckens begonnen und mit Hilfe des Baggerguts in drei Etappen
(1972, 1978 und 1993) oberstrom ein weiterer Damm aufgeschüttet. Er ist 16,5 m hoch, 325 m
lang ist (Zuber, 2005) und begrenzt das Geschieberückhaltebecken mit einem Nutzvolumen von
weiteren 150’000 m3 (Otto, 2001; Zuber, 2005). Durch die weiterhin starken Sedimentzuträge
ist inzwischen aber auch dieses Becken nahezu gefüllt, ebenso der sich daneben befindende
Schuttplatz für das Baggergut (siehe in Abb. 4.2). Die aktuelle Spülungspraxis des Stausees
(eine automatische Spülung pro Jahr als Schutz der Ablass- und Betriebsorgane) ist nicht
95
4 Das Untersuchungsgebiet
länger durchführbar (ALPRESERV, 2008); es wird deshalb nach Möglichkeiten gesucht, hohe
Abflüsse mit grossen Sedimentmengen um den See herumzuleiten, zu verdünnen oder anderweitig am Eintrag in den See hindern (ALPRESERV, 2008; Martinerie et al., 2005; Zuber,
2005).
Zur Quantifizierung der Verlandung sind bisher fünf Bathymetrien (Vermessungen des Seegrundes) in den Jahren 1959, 1970, 1978, 1997 und 2002 durchgeführt worden (Martinerie et al.,
2005). Die Messung im Jahr 2002 ergab einen Speicherrückgang von 780’000 auf 623’000 m3 ,
also einen Stauraumverlust von 20 % in 43 Jahren (Loye et al., 2007). Die jährliche Verlandung wird dabei auf 3’800 m3 geschätzt; der Eintrag ins Geschieberückhaltebecken mit 7000
m3 angegeben (Zuber, 2005). Im Jahr 2006 wurden bei einer erneuten Baggerung 120’000 m3
aus dem Rückhaltebecken entnommen (ALPRESERV, 2008).
Es finden sich in der Literatur einige widersprüchliche Angaben zu den Verlandungserscheinungen des Turtmansees und seines Geschieberückhaltebeckens; sie unterscheiden sich in den
Mittelungen über gewählte Zeitperioden, der Aufteilung in Geschiebe- und Schwebstofffracht
sowie der Berücksichtigung von Baggerungen und Spülungen (Loye et al., 2007; Martinerie
et al., 2005; Zuber, 2005). Aus diesem Grund bezieht sich ein Grossteil der hier verwendeten
Werte auf die Studie von Colenco (2001), die ihrerseits auf interne Berichte und Unterlagen
der Kraftwerke Gougra zurückgreift und somit als die verlässlichste Quelle angesehen wird.
Tabelle 4.2 gibt einen Überblick über die Sedimentvolumen, welche in den verschiedenen Zeitperioden im Geschieberückhaltebecken und Stausee abgelagert, aus diesem durch Spülungen
ausgetragen und aus dem Rückhaltebecken ausgebaggert wurden.
96
Tab. 4.2: Übersicht des Sedimenteintrags in die Turtmannstauhaltung seit 1959. Aufteilung in die Perioden zwischen zwei Bathymetrien. Der
graue Bereich repräsentiert die Zeit vor dem Bau des Geschieberückhaltebeckens, als noch die gesamte Feststoffmenge im Stausee abgelagert wurde.
Die Werte aus dieser Zeit gingen deshalb nicht in die Mittelungen ein (dargestellt in türkis und grün) (nach Colenco (2001))
1959 - 1970
Geschiebe Schwebstoffe
Verlandung Stausee
Gesamtfracht
[m3]
1970 - 1978
Geschiebe Schwebstoffe
1978 - 1997
Geschiebe
Schwebstoffe
1997 - 2002
Geschiebe Schwebstoffe
146'660
43'330; 23'500 [9]
Jahresdurchschnitt
3
[m /a]
12'220
2'280 [6]
Spülung Stausee
Gesamtfracht
Jahresdurchschnitt
[m3]
[m3/a]
70'000 [1]
[2]
2'500
Verlandung Geschieberückhaltebecken
Gesamtfracht
Jahresdurchschnitt
[m ]
[m3/a]
Deponieablagerungen
Gesamtfracht
[m3]
Jahresdurchschnitt
[m3/a]
3'360 [10]
3'000
[10]
2'500
2'500
3
[3]
34'000 [1]
[6]
34'300
5'700 [3]
63'600
4'550 [6]
32'100 [4]
13'900 [7]; 31'700 [8]
2'590 [5]
2'590 [5]
Mittelung
[10]
39'500
4'940 [10]
5'000
2'590 [5]
2'600
vor dem Bau des Geschieberückhaltebeckens
Mittelung der Schwebstoffe nach Colenco, 2001
Mittelung der Schwebstoffe und des Geschiebes nach Colenco, 2001
[1]
1963 - 1970
[2]
Zu hoher Schätzwert; gleichgesetzt mit ermitteltem Wert von 1992 - 2000
[3]
1972 - 1978
[4]
1970 - 1979
[5]
1970-2000
[6]
1978 - 1992
[7]
1979 - 1990
[8]
1990 - 1992
[9]
1990 - 1997
[10]
1992 - 2000
Tab. 4.3: Abschätzung der Aufteilung des Sedimenteintrags in Schwebstoffe und Geschiebe (nach ALPRESERV (2009))
Feststofffracht
Stausee (Verlandung)
Stausee (Spülungen)
Geschieberückhaltebecken
Total
Total
3
[m /a]
3
[m /a]
3
[m /a]
3
[m /a]
[%]
0
0
5'300
5'300
40
Schwebstoffe
3'000
2'500
2'300
7'800
60
Total
3'000
2'500
7'600
13'100
100
Geschiebe
4 Das Untersuchungsgebiet
Sedimentanalysen an der Staumauer ergaben eine Zusammensetzung von 60 % Schluff und
40 % Sand im Stausee (Zuber, 2005), was auch für den Gesamteintrag angenommen werden
kann. Die Korngrössenzusammensetzung im Geschieberückhaltebecken ergaben nach Analysen
aus dem Jahr 1993 eine Aufteilung in 70 % Geschiebe und 30 % Schwebstoffe (hier Korngrösse
< 1 mm) (Colenco, 2001). Dementsprechend können die Sedimente des Rückhaltebeckens und
der Deponieablagerungen (7600 m3 a−1 ) in Geschiebe und Schwebstoffe aufgeteilt werden:
• Geschiebe = 0,7 × 7’600 m3 a−1 = 5’300 m3 a−1
• Schwebstoffe = 0,3 × 7’600 m3 a−1 = 2’300 m3 a−1
Der totale Sedimentanfall des Systems Rückhaltebecken - Stausee kann somit als Mittelwert
QSed = 13’100 m3 a−1 angenommen werden und ist aufteilbar in Qg = 5’300 m3 a−1 für
den Geschiebe- und Qs = 3’000 + 2’500 + 2’300 = 7’800 m3 a−1 für den Schwebstoffeintrag
(Tab. 4.3).
4.5 Hydrologie
Tab. 4.4: Hydrologische Charakterisierung der
Das Einzugsgebiet des Stausees weist einen
Turtmänna. Qx steht jeweils für die x - jährliche
a - glaziären Abflusscharakter auf, der Be-
Wiederkehrwahrscheinlichkeit eines Abflusses
reich unterstrom der Staumauer wird als
Charakteristik
Wert
Literatur
Abflussregime
a-glaziär
Spreafico, 2001
b - glaziär eingestuft (siehe Abb. 2.5 und
Q1
6 [m3/s]
Dufour, 2004
Abb. C.1 im Anhang). Die Hauptabfluss-
3
Q5
12 [m /s]
Dufour, 2004
Q10
13 [m3/s]
Dufour, 2004
Q20
14 [m /s]
Dufour, 2004
Q50
17 [m3/s]
Dufour, 2004
(ALPRESERV, 2008); die dabei auftreten-
Q100
19 [m /s]
Dufour, 2004
den jährlichen Abflüsse sind in Tabelle 4.4
Colenco, 2001
zusammengefasst.
Q1000
Jahresabfluss
Stromproduktion
3
3
3
75 [m /s]
3
48 Mil m /a
Dufour, 2004
175 GWatt/a
Dufour, 2004
saison liegt zwischen Juni und September
zur Zeit der Schnee- und Gletscherschmelze
Der Jahresabfluss lässt sich in Basisabfluss,
Oberflächenabfluss und Gletscherschmelzabfluss aufteilen (Abb. 4.5). Der Basisabfluss ist im
Winter sehr schwach ausgeprägt und steigt im Sommer mit der Wassersättigung des Bodens
durch die Schneeschmelze an. Der Oberflächenabfluss liegt im Winter nahezu bei null, da
98
4.5 Hydrologie
der Niederschlag meist in fester Form fällt; er steigt mit dem Beginn der Schneeschmelze auf
Grund des wassergesättigten Bodens stark an und erreicht seine Höchstwerte während Niederschlagereignissen im Sommer und Herbst. Der Beitrag der Eisschmelze setzt ebenfalls mit
der Schmelze des Schneevorrats ein und tritt besonders nach der Ausaperung des Gletschers3
in Erscheinung (Martinerie et al., 2005).
Abb. 4.5: Aufteilung der Jahresabflussganglinie der Turtmänna in die verschiedenen Komponenten.
Simulation für das Jahr 1984 an Hand einer hydrologischen Modellierung über den Zeitraum 1983 2003 (verändert nach Martinerie et al. (2005))
Die Kraftwerke Gougra AG stellten für diese Studie tägliche Abflussmittelwerte der Turtmänna in den Stausee zur Verfügung, deren Aufbereitung in Kapitel 5.2 beschrieben wird.
Für den Zeitraum 2000 - 2008 konnten so höher aufgelöste Berechungen durchgeführt werden
(Tab. C.2). Der Höchstabfluss in dieser Periode trat am 26.06.2003 mit 9,70 m3 s−1 , der
Niedrigstabfluss am 03.03.2006 und 28.02.2008 mit 0,01 m3 s−1 auf. Der durchschnittliche
Jahresabfluss lag bei 1,62 m3 s−1 , der Medianwert allerdings nur bei 0,42 m3 s−1 . Der Spitzenabfluss tritt im Juli mit durchschnittlich 5,19 m3 s−1 auf; die Abflussdauerkurve über die
betrachtete Periode ist in Abbildung C.7 dargestellt.
3
Abschmelzen der rezenten Schneeauflage auf dem Gletschereis
99
5 Methoden
Der zeitliche Rahmen der Diplomarbeit erforderte die Beschränkung der Untersuchungen auf
zwei Aspekte des vorgestellten Konzeptes der Auswirkung des Klimawandels auf die Speicherverlandung. Untersucht wurde die Sedimentverfügbarkeit im Einzugsgebiet, sowie der Geschiebetransport der Turtmänna für vergangene Jahre und angenommene zukünftige Abflüsse.
5.1 Sedimentvolumen
Zur Erfassung des potentiell erodierbaren Sedimentvolumens im Einzugsbereich des Stausees,
welches für Abtragung und Gerinnetransportprozesse zur Verfügung steht, wurde zunächst
vom 17. - 29.09.2008 eine Feldbegehung durchgeführt. Dabei wurde ersichtlich, dass sich der
zu berücksichtigende Bereich klar definieren lässt. Wie in Kapitel 4.2.4 angesprochen, beschränken sich die massgeblichen Schuttmassen auf die optisch abgrenzbaren Einheiten Gletschervorfeld, Moränen und Ausbaggerungsschutt. Beide Gletscherzungen liegen auf dem Fels
auf, der Turtmanngletscher erreicht dabei gerade noch die Talfüllung. Aus diesem Grund
wird von keiner weiteren Sedimentfreisetzung durch den anhaltenden Rückzug gerechnet; die
zukünftige supra-, en- und subglaziale Sedimentanlieferung wird im Hinblick auf das grosse
Moränenschuttvolumen und die schwierige Vorhersagbarkeit nicht berücksichtigt. Ebenso wird
von keinem bedeutenden Sedimentzutrag durch die beiden von unterhalb der Staumauer zugeleiteten Bäche ausgegangen, da sich an deren Fassungen Entsanderbecken befinden.
Zur Abschätzung des Sedimentvolumens wurde darum der zu untersuchende Bereich der Seitenmoränen und des Gletschervorfeldes inklusive des Stausees und Geschieberückhaltebeckens
ausgewählt. Als Begrenzung dieses Gebietes diente im Norden die Staumauer, an der Ostseite der gut erkennbare Moränenauslauf am Hang, im Süden ein Ausbiss des Felsbetts des
100
5.1 Sedimentvolumen
Turtmanngletschers1 und an der Westseite in Stauseenähe das Seeufer. Das an der westlichen
Flanke des Turtmanngletschers einmündende Inner Wängertälli wurde dabei auf Grund seiner
grossen Schuttfächer mit in die Betrachtung einbezogen (Abb. 5.1).
Die beschriebenen Bereiche wurden nach dieser Auswahl bis an den Gletscher mit der Tracking
- Funktion eines GPS-Geräts abgegangen (siehe Abb. A.3). Ausserdem wurden die allfälligen
Hangneigungen mit Hilfe eines Neigungsmessers bestimmt. Im Vergleich der mittels GPS erhobenen mit den sichtbaren Abgrenzungen im digitalen Höhenmodell DTM-AV des Bundesamtes für Landestopographie der Schweiz (swisstopo) (Auflösung im Mittel ein Punkt pro m2 ;
(swisstopo, 2003)) zeigte das Höhenmodell eine sehr hohe Präzision. Auf Grund der angegebenen geringen Höhenungenauigkeiten der Lasermesspukte von ± 30 cm (Ungenauigkeit der
Vertikalwerte des GPS > 20m) wurde entschieden mit dem digitalen Modell weiterzuarbeiten.
Somit dienten die erhobenen Tracking - Strecken zur Validierung der optisch aus den DTM-AV
bestimmten Abgrenzungen. Die Daten für das Einzugsgebiet lagen als Punkte (xyz - Werte)
vor und wurden im Geographischen Informationssystem ArcGIS 9.3 der Firma ESRI mittels
der nearest neighbor - Interpolation zu einer Rasterdatei verarbeitet (Auflösung 1 × 1 m).
Über das Auswahlgebiet wurden 14 Quer- und zwei Längsprofile gelegt, die über die eigentlichen Sedimentablagerungen seitlich in die Hangbereiche (Fels oder geringmächtiger Hangschutt) hinausgehen und für die entsprechende Koordinaten aus der Interpolation erhoben
wurden (ArcScene - Ansicht2 in Abb. 5.1). Zur Abschätzung der Sedimentstärke wurden mehrere Annahmen getroffen, teilweise in Anlehnung an Otto (2006). Der Fuss der Staumauer in
der kleinen Schlucht der Turtmänna gibt einen festen Anhaltspunkt von 30 m Tiefe, was als
die maximale Mächtigkeit der glazifluvial abgelagerten Sedimente angesehen wird. Entlang der
gezogenen Querprofillinien wurde der Talgrund im Bereich der Sedimente entsprechend der
vorliegenden Hangneigung abgesenkt. Dies erfolgte unter der Annahme eines ursprünglich glazial geprägten U-förmigen Felstals mit einem zentralen Tiefpunkt und einem gleichmässigem
beidseitigem Anstieg. Die beiden Längsprofile verbinden jeweils die Tiefpunkte im Turtmanntal beziehungsweise im Innern Wängertälli.
1
2
Stelle, an der die Gletscherzunge nur noch auf Fels aufliegt
3D - Viewer von ArcGIS 9.2 der Firma ESRI
101
Abb. 5.1: Darstellung des Untersuchungsgebietes für die Sedimentvolumenberechnung. ArcScene - Ansicht einer nearest neighbor - Interpolisation
aus Daten des DTM-AV von (swisstopo, 2003), Auflösung 1 × 1 m. In gelb dargestellt ist die Oberfläche der betrachteten Sedimente, in rot der
Verlauf der 14 Quer- und zwei Längsprofile. Blick in Richtung Südwest
5.1 Sedimentvolumen
Neben der Schlucht stellen der grosse Rundhöcker oberstrom des Geschieberückhaltebeckens,
die Felskrete oberhalb des Innern Wängertällis sowie der Felsausbiss des Brunnegggletschers
bekannte Höhen dar, zwischen welchen die glaziale Eintiefung an Hand der Umgebungsmorphologie abgeschätzt werden konnte. Das Volumen der im oberen Teil noch von der Gletscherzunge überlagerten Grundmoräne wurde ebenfalls abgeschätzt, wobei von einer Sohlenschuttmächtigkeit von höchstens 10 m mit einer schnellen Ausdünnung in Richtung des Felsbettausbisses ausgegangen wurde. Diese Annahme gründet sich auf der Morphologie des Gletschers,
welcher an dieser Stelle von einem steilen Gefälle in die Talebene übergeht und demnach stark
erodierend und weniger sedimentierend wirken dürfte. Otto (2006) nahm hier ebenfalls eine
sehr schwache Sedimentlage an.
Mit Hilfe der Tiefpunkte und weiterer ein bis sechs gesetzter Punkte sowie den äusseren belassenen Höhenpunkten pro Querprofil wurde mit verschiedenen, in ArcGIS zur Verfügung
stehenden Verfahren der angenommene Talboden interpoliert. Für den ausgewählten Bereich
wurde schliesslich in ArcGIS mit Hilfe des Werkzeugs cut/fill3 das Volumen des Sedimentkörpers aus der realen Oberfläche (Modellierung aus den DTM-AV - Daten) und dem interpolierten Talgrund (mit dem die erwünschte U-Talform am besten wiedergebenden Verfahren)
gebildet. Nach der gleichen Methode wurde die enthaltene Gletschereismasse berechnet und
vom Gesamtvolumen abgezogen. Für die Bestimmung des potentiell für die Stauseeverlandung
mobilisierbaren Sedimentanteils wurde weiterhin das Volumen des Rückhaltebecken-StauseeKomplexes berechnet, um es vom Gesamtvolumen abziehen zu können. Zur grössenmässigen
Einordnung der erhaltenen Werte im Sinne von Grenzwerten wurden sämtliche Volumen zusätzlich mit einer angenommen V - Form des Talquerschnitts (untere Schranke) und einer
angenommenen Kastenform (obere Schranke) auf der Basis eines TINs (Dreiecks - vermaschtes Höhendatennetz) interpoliert.
3
Berechnet das Volumen zwischen einer Ursprungsfläche und einer daraus veränderten Fläche räumlich differenziert in Volumenzu- und abnahme
103
5 Methoden
5.2 Geschiebetransport
In diesem Kapitel wird zunächst die Bestimmung der rezenten Geschiebetransportkapazität
der Turtmänna und die dafür nötigen Feldaufnahmen beschrieben, gefolgt von der Aufstellung
zweier Szenarien für die mögliche zukünftige Abfluss- und damit Geschiebeentwicklung.
5.2.1 Feldaufnahmen und Analysen
Als Grundlage für die Geschiebeanalyse mit Hilfe von Transportformeln bedarf es der Aufnahme von Gerinnequerprofilen und der Durchführung von Korngrössenanalysen. An der Turtmänna wurden für diese Studie mit einem Disto Laser Distanzmesser mehrere Querprofile
vermessen. Die Wahl der Standorte erfolgte entsprechend der Repräsentativität für die Umgebung: Im Bereich der Grundmoräne sowie im Bereich der konsolidierten Sedimente in einer
kleinen Talaufweitung oberstrom des Rundhöckers vor der Einmündung der Turtmänna ins
Geschieberückhaltebecken. Dabei wurde jeweils auf den Ort des minimalen Gefälles geachtet,
welcher für den Geschiebetransport limitierend wirkt (Schlüsselstrecke).
Nahe den Querprofilen wurden an insgesamt acht Stellen die Kornverteilung der Sedimente
per Linienzahlanalyse untersucht. Dieses Verfahren einer Deckschichtprobenahme durch Bestimmung der b - Achse (zweitlängste Achse eines Steins) aller Steine entlang einer Linie mit
mindestens 150 Objekten wird empfohlen bei der Erhebung von gröberem Sohlenmaterial in
Kiesflüssen und ist mit geringem Aufwand durchführbar (Bezzola, 2005). Die Aufnahme und
Auswertung erfolgte nach der von Fehr (1987) beschriebenen Prozedur. Dabei werden nur
Körner > 1 cm in der Häufigkeit festgelegter Fraktionen aufgenommen, dann in Volumenprozent umgerechnet, auf die vernachlässigten kleineren Körner korrigiert sowie durch eine
Fuller-Kurve4 im Bereich der Feinfraktion ergänzt. Die erhaltene Kurve entspricht dann in
genügender Näherung der Korngrössenverteilung der sogenannten Unterschicht, der repräsentativen Zusammensetzung unter der sich durch Ausspülung ausbildenden Deckschicht.
4
Empirische Funktion zur Bestimmung des Geschiebefeinanteils bei bekannter Maximalkorngrösse
104
5.2 Geschiebetransport
Als weitere wichtige Parameter wurden die charakteristischen Korndurchmesser d30 , d50 und
d90 aus den Kurven abgelesen und der massgebende Korndurchmesser dm als geometrisches
Mittel berechnet (Bunte and Abt, 2001):
dm = 10
1
100
k
P
(log(di )pi )
i=1
(5.1)
mit di als Korndurchmesser der i-ten Fraktion und pi als deren prozentualen Gewichtsanteil
für die Korngrössenfraktionen i bis k. Dieser Ansatz eignet sich besser für die Geschiebeberechnung bei hohem Vorkommen von Grobkomponenten wie in Kiesflüssen. Nach Badoux and
Rickenmann (2008) wurde schliesslich die beiden kritischen Abflusswerte qc,min und qc,D (siehe
Kapitel 2.1.5) erstellt sowie daraus ein Mittelwert qc,1/2 abgeleitet.
5.2.2 Berechnung der Geschiebetransportkapazität
Als Vorarbeit für die Berechnung der aktuellen Transportkapazität mussten die von der Gougra
SA gelieferten Abflussdaten (Jahre 2000 - 2008) aufbereitet werden. Neben der Entfernung einiger weniger Ausreisser (fehlerhafter Abflusswerte, ersichtlich aus der Ganglinie5 ) musste
für die Jahre 2000 bis Mitte 2004 der Abfluss eines Seitenbaches (Barneusa) angenährt werden, welcher dem schon turbinierten Stauseewasser zufliesst, da nur die täglichen gemeinsamen
mittleren Abflüsse bekannt sind. Auf Grund vorliegender Abflussdaten dieses Baches für Mitte
2004 - 2008 wurde jeweils ein für diesen Zeitraum berechneter mittlerer Tagesabfluss abgezogen. Des Weiteren wurde die fehlenden Abflussdaten des Oktobers 2008 aus den anderen
acht Jahren gemittelt. Für die nicht geschiebewirksamen Zuflüsse6 des Frili- und Blüomattund Brändjibachs in den Stausee bestand nur eine einjährige Messperiode (September 2007
- September 2008). Daraus wurden zur grössenordnungsmässigen Abschätzung des Beitrags
zum Gesamtabfluss jeweils prozentuale monatliche Abzugsfaktoren für die Jahre 2000 - 2007
erstellt, mit denen die Tagesabflüsse korrigiert wurden. Die Geschiebeberechnungen wurden
jeweils mit dem gesamten (Q) und dem um diese drei Bäche reduzierten Abfluss (Qred ) durchgeführt.
5
6
Sommerliche Tagesabflussmittelwerte nahe null bei sonstigen Werten um 3 - 4 m3 s−1
Auf Grund der Sandfänge an deren Fassungen wird davon ausgegangen, dass sie nur unbedeutende Geschiebemengen, beziehungsweise nur Schwebstoffe eintragen.
105
5 Methoden
Für ein ausgewähltes Querprofil wurde eine Schlüsselkurve für die Beziehung Abfluss - Abflusstiefe berechnet (Abb. C.5 im Anhang). Dabei kam der Ansatz zur Bestimmung des Fliesswiderstands nach Smart and Jäggi (1983) zur Anwendung, welcher für steile Gerinne entwickelt
wurde:
q
vm =
−α
1−e
R√
d90 S
10, 9R p
2, 5
gRS
ks
(5.2)
mit ks = 1, 5d90 nach Bezzola (2005). Für die gewählte Abflusstiefe berechnete sich dann
jeweils daraus der Abfluss Q aus der Kontinuitätsgleichung als Produkt mit der zugehörigen
Querschnittsfläche. Die gesuchte Abflusstiefe für jeden Abfluss Q ergab sich an Hand einer Regressionsgleichung h(Q)und mit Hilfe einer Iterationsrechnung7 . Daraufhin folgte die Ermittlung der potentiellen Geschiebetransportkapazitäten für die Abflüsse der Jahre 2000 - 2008.
Angewandt wurden dabei die Gleichungen 2.9 mit Ak = 1, 95, sowie 2.4 und 2.5, ebenfalls
unter der Berücksichtigung des Porenvolumens (mit dem Faktor 1,3). Weiterhin kamen die
Formwiderstandskorrekturen mit den Gleichungen 2.10, 2.11, 2.12 und 2.13 zur Anwendung
(siehe Kapitel 2.1.5).
Um Vorraussagen über die zukünftige Entwicklung des tatsächlich auftretenden Geschiebetransportes im Hinblick auf die diskutierte Klimaänderung treffen zu können, wurden Korrekturfaktoren gegenüber den beobachteten Volumen berechnet, um die Überschätzungen der
Geschiebeformeln zu korrigieren. Als durchschnittliches Geschiebeeintragsvolumen wurde dabei Qg = 5’300 m3 a−1 angenommen (siehe Tab. 4.3).
5.2.3 Mögliche zukünftige Entwicklung
Zur tagesaufgelösten Berechnung des zukünftigen Geschiebetransportes wurden durchschnittliche Tagesabflüsse auf zwei Arten generiert: Erstens über die Mittelung der reellen täglichen
Abflüsse Q8 der Jahre 2000 - 2008 für eine tagesaufgelöste Abflusskurve (genannt Durchschnittsjahr I); zweitens über die Mittelung der nach dem Abflussvolumen sortierten Werte
7
Solange durchgeführt, bis die Abweichung zwischen dem gegebenem und dem berechneten Abfluss kleiner
als 1 % betrug.
8
Sämtliche Berechnungen wurden jeweils auch mit Qred durchgeführt.
106
5.2 Geschiebetransport
für eine statistisch genauer aufgelöste Abflussdauerkurve9 (Durchschnittsjahr II). Die daraus
ermittelten Jahresabflussgangkurven wurde mit der bestehenden Mittelung der Jahre 2000 2008 auf Übereinstimmung verglichen.
Sodann wurden aufbauend auf den Ergebnissen von Huss et al. (2008) zwei Abflussszenarien (A: 2025 - 2050 und B: 2075 - 2100) entwickelt, an Hand derer die täglichen Abflüsse
jeweils modifiziert und der daraus resultierende Geschiebetransport ermittelt werden konnte.
Szenario A geht dabei von einer Zunahme des Jahresabfluss von 50 % aus, behält jedoch die
prozentuale Verteilung über die Monate bei, da jeder Tagesabfluss mit 1,5 multipliziert wird.
Deshalb bleibt auch die Form der Abflussganglinie erhalten (a-glaziäres Regime). Für Szenario B wurde eine Veränderung derselben mit einer Verschiebung der Abflussspitze in den Juni
(vergleiche die Form in Abb. 2.28) angenommen, jedoch bei gleichbleibendem Jahresabfluss,
wobei auf sämtliche Tageswerte jeweils ein entsprechender Monatsfaktor angewandt wurde.
Die Aufstellung dieser Szenarien in Anlehnung an Huss et al. (2008) begründet sich mit der
räumlichen Nähe des Turtmanngletschers zum Glacier de Moming (Luftlinie 3 km), für welchen diese Berechnungen durchführten. Die von diesen Angaben etwas abweichenden Werte
von Horton et al. (2005) wurden hier auf Grund der grösseren Entfernung zum Saastal (Saaser
Vispa) nicht berücksichtigt.
9
Graph der jährlichen prozentualen Unterschreitungswahrscheinlichkeit von nach der Grösse geordneten Abflüssen
107
6 Resultate
6.1 Sedimentvolumen
Im Vergleich der verschiedenen in ArcGIS 9.3 angebotenen Interpolationsverfahren (Abb. B.1
im Anhang) zeigte die spline - Funktion die qualitativ beste Annäherung an die postulierte
U-Talform, wobei nur geringe seitliche Überschneidungen des berechneten Talgrundes mit der
realen Sedimentoberfläche auftraten. Aus diesem Grund wurde die spline - Interpolation (Parameter Tension) für die weiteren Berechnungen angewandt. Otto (2006) verwendete für seine
Berechnungen die TOPOGRID - Prozedur (auch Topo to Raster), welche für hydrologische digitale Höhenmodelle entwickelt wurde, jedoch hier nicht zu befriedigenden Ergebnissen führte.
Die Berechnung aus der Modellierung des Sedimentkörpers (Abb. 6.1) führte nach dem Abzug
von 8 × 106 m3 für die Gletscherzunge zu einem Gesamtvolumen von 35 × 106 m3 ; für das
V-Profil und das Kastenprofil ergaben sich jeweils 19 × 106 m3 und 48 × 106 m3 (nach Abzug
von 5 und 14 × 106 m3 ). Zur Betrachtung des potentiell erodierbaren Sedimentvolumens
können diese Werte für den Bereich der Stauhaltung und des Geschieberückhaltebeckens um
weitere 3 (U-Tal), 2 (V-Tal) beziehungsweise 4 × 106 m3 (Kastental) reduziert werden, so dass
sich 32 × 106 m3 (17 respektive 44 × 106 m3 ) ergeben.
6.2 Geschiebetransport
6.2.1 Feldaufnahmen
Während der Feldbegehung wurden fünf Querprofile der Turtmänna aufgenommen. Für die
folgenden Analysen wurde Profil 5 verwendet (siehe Abb. A.3), welches im Gegensatz zu den
anderen ein Felsprofil darstellt (Tab. 6.1). Hier kann von einer relativ konstanten Geometrie
108
6.2 Geschiebetransport
Abb. 6.1: Darstellung des Sedimentkörpers. ArcScene - Ansicht einer nearest neighbor - Interpolisation aus Daten des DTM-AV von (swisstopo, 2003), Auflösung 1 × 1 m. In rot gepunktet dargestellt ist
der Verlauf der 14 Quer- und zwei Längsprofile, blau gekennzeichnet die Zunge des Turtmanngletschers.
Rechts zwei Querprofilansichten im Schnitt, dabei in rot der mit der spline - Funktion interpolierte Talgrund (zweifache Überhöhung). Blick in Richtung Südwest
ausgegangen werden. Bei den anderen Profilen lässt die zu erwartende fluviale Umlagerung
keine längerfristigen Analysen zu. Weitere Auswahlbegründungen sind die Höhe der Ufer (bis
3,80 m) und die geringe Neigung von 4 - 5 %, was für den Sedimentdurchgang entscheidend
ist (sogenannte Schlüsselstrecke).
Das Querprofil 5 (siehe Abb. C.2 im Anhang) wurde für die weiteren Berechnungen vereinfacht
abgebildet (Abb. C.3). Als Ergebnisse der acht durchgeführten Linienzahlanalysen sind in
Abbildung C.4 die zugehörigen Kornverteilungskurven und ihr Mittelwert aufgetragen. In
Tabelle C.1 sind zusätzlich die daraus erhobenen charakteristischen Korngrössen dx sowie
die kritischen Abflusswerte pro Einheitsbreite qc,min , qc,D und qc,1/2 als deren Mittelwert für
109
6 Resultate
Tab. 6.1: Feldaufnahmen
Profil
Lagebeschreibung
Profilbeschreibung
Neigung
Profil 1
Gletschervorfeld, unterstrom
Einmündung Bruneggbach
Grundmoräne;
braided stream
3%
Profil 2
Gletschervorfeld, oberstrom
Einmündung Bruneggbach
Grundmoräne;
braided stream
3 - 4%
Profil 3
Eingang Talaufweitung
durch Vegetation teilweise
stabilisierte Sedimente
10%
Profil 4
Mitte Talaufweitung
durch Vegetation teilweise
stabilisierte Sedimente
4 - 5%
Profil 5
Ausgang Talaufweitung,
Rundhöcker
Felsprofil
4 - 5%
Linienzahlanalysen
Bezeichnung
2 parallel, 1 quer zum
Bach
L1.1, L1.2, L1.3
3 parallel zum Bach
L2.1, L2.2, L2.3
2 parallel zum Bach
L4.1, L4.2
Profil 5 zusammengefasst. Geschiebetransport im Profil tritt dabei nach den Berechnungen ab
einem Abfluss von Qc,1/2 = 0,76 m3 s−1 beziehungsweise Qc,D = 1,65 m3 s−1 auf.
6.2.2 Geschiebetransport während der Jahre 2000 - 2008
Die aus den Daten der Gougra SA berechneten Abflüsse Q für die Jahre 2000 - 2008 wurden
schon in Kap. 4.5 erwähnt (siehe Tab. C.2). In diesen Daten sind auch die Zuflüsse der drei
Nebenbäche enthalten. Mit Hilfe der in Kapitel 5.2.2 genannten Ansätze und der erstellten
Schlüsselkurve für Profil 5 (Abb. C.5) wurden darauf aufbauend die zugehörigen Geschiebetransportvolumen Qbxf y berechnet (Mittelwerte in Tab. 6.2). Dabei wurden die Berechnungen
jeweils für den aus qc,min und qc,D gemittelten Wert qc,1/2 sowie für den oberen Grenzwert
qc,D durchgeführt, zusätzlich auch noch für die entsprechend reduzierten Tageswerte Qred .
Die durchschnittlichen Überschätzungen im Vergleich zur angenommenen jährlichen Geschiebemenge von Qg = 5’300 m3 lagen im Bereich eines Faktors von 260 (Gleichung 2.4) über 190
(Gleichung 2.9) bis 160 (Gleichung 2.5) für Q unter Verwendung von qc,1/2 als Obergrenze, im
Bereich eines Faktors von 150 (Gleichung 2.4) über 140 (Gleichung 2.9) bis 90 (Gleichung 2.5)
für Qred unter Verwendung von qc,D . Gleichung 2.9 lieferte somit die am wenigsten abweichenden Werte, welche deshalb den vier Formkorrekturen unterzogen wurden. Einen Vergleich des
Korrekturverhaltens dieser Gleichungen, aufgetragen gegen die relative Abflusstiefe h/d90 ,
110
Tab. 6.2: Berechneter kumulativer Geschiebetransport der Jahre 2000 - 2008 im Vergleich zum durchschnittlichen Sedimenteintrag Qg in das
Geschieberückhaltebecken und den Stausee (Mittelung über die Jahre 1970 - 2002). Die Ergebnisse sind für den Mittelwert und den um die Nebenbäche reduzierten Mittelwert der Tagesabflüsse aufgetragen, dabei jeweils mit den Grenzwerten qc1/2 und qc,D . Die ersten drei Spalten zeigen die
Berechnungen mit den Gleichungen 2.9, 2.4 und 2.5, die fünf darauffolgenden die Anwendung der Formkorrekturen nach den Gleichungen 2.10,
2.11, 2.12 und 2.13 auf Gleichung 2.5 sowie Reduktionsfaktoren der letzten Spalte auf Qg
Gleichung 2.9
Qg
Jahr
Gleichung 2.5
Gleichung 2.5
Gleichung 2.5
Gleichung 2.5
Gleichung 2.5
Korrektur mit Gleichung 2.10 Korrektur mit Gleichung 2.11 Korrektur mit Gleichung 2.12 Korrektur mit Gleichung 2.13
Reduktion
[5]
Qb1
[m3]
Qb3f1/Qg
[-]
[m3]
Qb3f2/Qg
[-]
[m3]
Qb3f3/Qg
[-]
Qb3f4
[m3]
Qb/Qg
[-]
Qb3f3
[m3]
Qb2/Qg
[-]
Qb3f2
[m3]
Qb1/Qg
[-]
Qb3f1
3
[m3]
Qb3f4/Qg
[-]
Qg/Qbf4
[-]
990,000
187
1,370,000
258
860,000
162
200,000
38
1,110,000
209
90,000
17
90,000
17
0.06
900,000
170
980,000
185
610,000
115
150,000
28
710,000
134
70,000
13
60,000
11
0.09
850,000
160
1,160,000
219
720,000
136
160,000
30
800,000
151
70,000
13
70,000
13
0.08
760,000
143
790,000
149
490,000
92
110,000
21
560,000
106
50,000
9
50,000
9
0.11
[m ]
Q qc1/2 [1]
Q qc,D
Gleichung 2.4
[2]
Qb2
Qb3
5,300
Qred qc,1/2
[3]
Qred qc,D [4]
[1]
Mittelwert über die Periode 2000 - 2008, Grenzwert qc,1/2
[3]
Mittelwert über die Periode 2000 - 2008 (reduzierte Tageswerte), Grenzwert qc,1/2
[2]
Mittelwert über die Periode 2000 - 2008, Grenzwert qc,D
[4]
Mittelwert über die Periode 2000 - 2008 (reduzierte Tageswerte), Grenzwert qc,D
[5]
Mittelung über die Periode 1970 - 2002 (siehe auch Tab. 4.2 und Tab. 4.3)
6 Resultate
zeigt Abbildung C.6. Die stärkste Korrekturen für die Formverluste ergaben die Ansätze nach
den Gleichungen 2.12 und Palt (2001); zur Korrektur der zukünftigen Geschiebeberechnungen
wurde Gleichung Palt (2001) ausgewählt. Die dafür ermittelten Faktoren 0,06 - 0,11 gegenüber
Qg für Q mit qc,1/2 beziehungsweise Qred mit qc,D sind ebenfalls in Tabelle 6.2 aufgeführt.
6.2.3 Mögliche zukünftige Entwicklung
Der Vergleich von Durchschnittsjahr I (reale Tagesmittel) mit der Mittelung über die Monate der Jahre 2000 - 2008 zeigt eine sehr gute Übereinstimmung (Abb. C.8 im Anhang);
für Durchschnittsjahr II konnte diese Überprüfung leider nicht durchgeführt werden, da die
Werte sortiert vorliegen. Der in Abbildung C.7 dargestellte Verlauf der Abflussdauerkurven
(nur für Q) zeigt jedoch eine besser Näherung von Durchschnittsjahr II an die Mittelung der
Messperiode.
Tab. 6.3: Nomenklatur der Geschiebeszenarien G
kritischer Abfluss [3]
Geschiebetransport [4]
Tagesmittelwerte
Stauseeabfluss Q [1]
qc,1/2
Gqc,1/2 = GS
Tagesmittelwerte
Stauseeabfluss
reduziert Qred [2]
qc,D
Datengrundlage
Durchschnittsjahr I [4]
Durchschnittsjahr II [4]
GS,I
GS,II
GR,I
Szenario B [4]
GS,I,A
GS,I,B
GS,II,A
GS,II,B
GR,I,A
GR,I,B
GR,II,A
GR,II,B
Gred,qc,D = GR
GR,II
[2]
Szenario A [4]
[1]
Abflussdaten der Gougra AG
[3]
Annahme des kritischen Abflusses pro Einheitsbreite
[4]
Berechnung des Geschiebetransports nach Gleichung 2.5, Formkorrektur mit Gleichung 2.13 und Reduktion mit Faktor aus Tabelle C.3
um die nicht geschieberelevanten Abflüsse der Zuleitungen des Frili-, Blüomatt- und Brändjibachs reduzierte Daten
Als Überblick ist in Tabelle 6.3 die Symbolnomenklatur der durchgeführten Geschiebeberechnungen G dargestellt: S steht dabei für Stauseeabflüsse, R für um die Nebenbäche reduzierte
Stauseeabflüsse. Ersichtlich ist auch die Wahl der kritischen Abflusswerte pro Einheitsbreite
(qc,1/2 für GS und qc,D für GR ). Die Berechnungsergebnisse nach diesen Bezeichnungen sind
in Tabelle 6.4 aufgetragen. Auch hier zeigen die beiden Durchschnittsjahre jeweils ähnliche
Werte des Jahresabflusses und des Geschiebetransportes wie die entsprechenden Berechungen
mit Q und Qred . Die Anwendung der beiden Szenarien A und B bewirkte wie schon erwähnt
eine Abflusszunahme auf 150 % respektive eine Konstanz. Der Geschiebetransport nahm für
Szenario A bei beiden Durchschnittsjahren für Q auf rund 170 % (beziehungsweise 200 % für
Qred ) zu; für das Szenario B ergibt sich eine geringe Abnahme (beziehungsweise ein Wert von
112
6.2 Geschiebetransport
gemittelt 70 %).
Das Verhältnis des Geschiebetransports zum zugehörigen Abflusses Qgb /Q zeigte für die jeweiligen Abflüsse Qred mit dem kritischen Wert qc,D einen 35 % niedrigeren Wert als für die
Abflüsse Q mit dem kritischen Wert qc,1/2 ; für Szenario A ergaben sich 25 %, für Szenario B
48 %. Die Aufteilung des Abflusses und Geschiebetransportes über das Jahr in Durchschnittsjahr I (Abb. C.8) liess in Szenario B eine Verschiebung der massgebenden Monate von Juni August auf Mai - Juli erkennen; bei Szenario GR,I,B erfolgte letztlich der gesamte Geschiebetransport in diesen drei Monaten (Tab. 6.4). Dabei veränderte sich auch die Zahl der Tage mit
auftretendem Geschiebetransport (Geschiebetage) von 150 für Q (110 für Qred ) über 170 (125)
auf 215 (90). Die prozentuale Gegenüberstellung des Abflussanteils zum Geschiebetransport
dieser Monate bleibt in Szenario A gleich der Aufteilung des aufgestellten Durchschnittsjahres
(74 % gegenüber etwa 87 %), wobei für Qred jeweils fast der gesamte Geschiebetransport auf
die Monate Juni - August entfällt. In Szenario B dagegen wird der gleiche Geschiebeanteil von
nur 60 % des Jahresabflusses transportiert.
113
Tab. 6.4: Mögliche zukünftige Entwicklung des Geschiebetransports. Nomenklatur entsprechend Tabelle 6.3 (S steht für Stauseeabflüsse, R für
reduzierte Stauseeabflüsse). In gelb hervorgehoben die mittleren Werte für 2000 - 2008 zum Vergleich; in grün und blau eingefärbt jeweils die
Durchschnittsjahre I und II mit den Szenarien A und B
Jahresabfluss
[7]
Szenario
GS
GR
Q
3
[m ]
Verhältnis zum
Geschiebetransport nach
Durchschnittsjahr
Gleichung 2.5
Qb3 [7]
[7]
Q/Q
[%]
3
[m ]
Verhältnis
Formverlustkorrektur nach Korrektur mit Reduktionsfaktor Verhältnis zum
JahresHauptJahresJahresGeschiebe/Abfluss
Gleichung 2.13
aus Tabelle C.3
Durchschnittsjahr Geschiebetage Geschiebemonate Abflussanteil Geschiebeanteil
Qb3/Q
[-]
[7]
Qb3f4
[7]
Qb3f4k [7]
3
3
[m ]
[m ]
Qb3f4k/Qb3f4k
[%]
[7]
[-]
[-]
[%]
[%]
49'630'000
-
860'000
0.017
90'000
5'300
-
145
Juni - August
73%
87%
43'190'000
-
490'000
0.011
50'000
5'300
-
110
Juni - August
74%
92%
[1]
49'690'000
-
860'000
0.017
90'000
5'300
-
150
Juni - August
74%
88%
GR,I [1]
43'250'000
-
480'000
0.011
50'000
5'300
-
110
Juni - August
74%
96%
GS,I,A [2]
74'530'000
150%
1'370'000
0.018
150'000
8'800
166%
170
Juni - August
74%
86%
GR,I,A
[2]
64'780'000
150%
890'000
0.014
100'000
10'600
200%
128
Juni - August
74%
92%
GS,I,B
[3]
51'140'000
103%
750'000
0.015
80'000
4'700
89%
217
Mai - Juli
61%
85%
GR,I,B [3]
43'170'000
100%
310'000
0.007
30'000
3'200
60%
89
Mai - Juli
59%
100%
GS,II [4]
51'570'000
-
900'000
0.017
90'000
5'300
-
148
-
-
-
[4]
GS,I
44'830'000
-
520'000
0.012
50'000
5'300
-
105
-
-
-
[5]
77'350'000
150%
1'430'000
0.018
160'000
9'400
177%
173
-
-
-
GR,II,A [5]
67'250'000
150%
940'000
0.014
100'000
10'600
200%
122
-
-
-
GS,II,B [6]
53'680'000
104%
840'000
0.016
90'000
5'300
100%
210
-
-
-
[6]
45'220'000
101%
390'000
0.009
40'000
4'200
79%
93
-
-
-
GR,II
GS,II,A
GR,II,B
[1]
alle Tagesabflüsse reell gemittelt über die Periode 2000 - 2008
[4]
alle Tagesabflüsse sortiert gemittelt über die Periode 2000 - 2008
[2]
[7]
Q beziehungsweise Qred: steht jeweils für die Stauseeabflussdaten beziehungsweise für die um die drei Nebenbäche reduzierten Stauseeabflussdaten
1,5 * alle Tageswerte des Durchschnittsjahres I (Jahre 2025 - 2050)
[5]
[3]
1,5 * alle Tageswerte des Durchschnittsjahres II (Jahre 2025 - 2050)
veränderte Ganglinie des Durchschnittsjahres I (Jahre 2075 - 2100)
[6]
veränderte Ganglinie des Durchschnittsjahres II (Jahre 2075 - 2100)
7 Diskussion
7.1 Sedimentvolumen
Das berechnete Volumen der gesamten Glazialablagerungen von 35 ± 18,5 × 106 m3 kann
mit der Angabe von Otto (2006) verglichen werden; sein Wert (19,6 ± 9,8 × 106 m3 ) berücksichtigt aber das Inner Wängertälli nicht. Allerdings sind die beiden Berechnungen zu Grunde
liegenden Annahmen sehr vage. Die Daten des DTM-AV stammen aus dem Jahr 2003 und
sind demnach nur noch als bedingt aktuell anzusehen. Das gilt insbesondere für den Turtmanngletscher, welcher allein bis 2005 über 200 m zurückgeschmolzen ist (VAW, 2008). Die
untere Begrenzung der Gletscherzunge wurde deshalb aus den Trackingdaten entnommen, die
seitlichen Begrenzungen optisch aus dem DTM-AV. Inwieweit bei diesem Vorgehen schuttbedeckte Eismassen unberücksichtigt blieben und wieviel Eisvolumen seit 2003 abgeschmolzen
ist, ist nicht bekannt. Inzwischen eventuell erodierte Sedimente, beispielsweise im dynamischen
Gletschervorfeld, konnten ebenfalls nicht berücksichtigt werden.
Die interpolierten Querprofile stützen sich auf sehr wenige absolute Höhendaten und gehen
weiterhin von einem idealen Trogtal aus, auf welches aus der extrapolierten Hangneigung geschlossen wurde. Diese Annahme müsste für eine genauere Berechnung beispielsweise mittels
seismischen Refraktionsmessungen oder Bohrungen überprüft werden. Das Sedimentvolumen
im Bereich der Stauhaltung und des Geschieberückhaltebeckens wird als weniger unsicher
eingeschätzt, da hier an der Staumauer und im Zufluss des Rückhaltebeckens absolute Höhenwerte für die Interpolation vorlagen. Allerdings ist in den berechneten 3 ± 1 × 106 m3
noch das Wasservolumen der Becken enthalten, welches nicht bestimmt werden konnte, da
keine genauen Angaben zur Aufnahmezeit der Höhendaten sowie der Füllstände verfügbar
waren. Insofern wäre das gesamte Sedimentvolumen dieses Talabschnitts (inklusive der Stau-
115
7 Diskussion
haltung und des Rückhaltebeckens)) noch um das Wasservolumen zu reduzieren (maximal
0,8 + 0,15 × 106 m3 ).
Das angewandte Abschätzungsverfahren der Sedimentmasse von Talfüllungen stellt dabei
einen einfachen und empfohlenen Ansatz für Gebiete ohne vorhandene Daten der Sedimentmächtigkeit dar (Cornwell et al., 2003). Schrott et al. (2003) fanden bei der Anwendung in
den Bayrischen Alpen in Bereichen mässiger Hangneigung sehr gut vergleichbare Ergebnisse
mit seismisch ermittelten Werten. Für genauere Bestimmungen der Eismächtigkeit können
beispielsweise Echolotmessungen zum Einsatz kommen (Huss et al., 2008).
Insgesamt kann also von einem potentiell erodierbaren Sedimentvolumen von 32 × 106 m3 ausgegangen werden. Dessen mittelbarer Abtrag, Transport entlang der Turtmänna und Eintrag
in den Stausee im Rahmen der paraglazialen Entwicklungsverständnisses (siehe Abb. 2.25)
kann gerade im Hinblick auf den diskutierten Klimawandel als wahrscheinlich angesehen werden. Für zeitlich aufgelöste Quantifizierungen der Entwicklung bedarf es allerdings einer Erosionsmodellierung wie etwa nach Beyer Portner and Boillat (1999) (siehe Tab. 3.6).
7.2 Geschiebetransport
7.2.1 Feldaufnahmen
Die Mittelung der Kornverteilungen verschiedener geneigter Erhebungsstandorte erfolgte auf
Grund der Ähnlichkeit der erstellten Kurven bei Profil 5 mit den Aufnahmen im Gletschervorfeld und der starken Dynamik von Gletscherbächen, welche eine geringe Repräsentativität
von stichprobenartigen Aufnahmeflächen bedingen. Die ermittelte Kurve gleicht dabei den
Auswertungen in ALPRESERV (2008) und Martinerie et al. (2005). Die auffälligste Linienzahlanalyse in Tabelle C.1 stellt L1.3 dar, welche jedoch als einzige quer über den Bach
aufgenommen wurde; hier konnte allerdings das Feinmaterial nicht berücksichtigt werden. Für
eine bessere Repräsentativität der Verteilung wurde Analyse L1.3 in die Mittelung aufgenommen, um auch die gröbere Transportfraktion mit einzubeziehen.
116
7.2 Geschiebetransport
Die Profile 1 und 2 zeigen die geringste Neigung (Tab. 6.1), jedoch kann bei den leicht verlagerbaren Schuttmassen des Gletschervorfeldes nicht von einem repräsentativen Querschnitt auch
für zukünftige Berechnungen angenommen werden. Es muss hier von sich oft verzweigenden
Gewässerführungen, möglichen Gefälleänderungen und einer sich damit ständig ändernden
Morphologie ausgegangen werden. Allein bei Felsprofil 5 konnte deshalb von einer konstanten
Querschnittsform, sowie einer einheitlichen Gerinneführung ausgegangen werden, weshalb es
für eine längerfristige Berechnung herangezogen wurde.
Die Wahl von qc1/2 als Mittelwert der kritischen Abflüsse qc,min und qc,D gründet sich auf
der Annahme einer vorhandenen Deckschicht, welche durch den einsetzenden Geschiebetransport aufgebrochen wird und gilt demnach genaugenommen nur für diesen Zeitpunkt (siehe die
gestrichelte Linie in Abb. 2.10). Diese Näherung ist allerdings nur zulässig wenn der mittlere Abfluss den kritischen weit übersteigt (Kapitel 2.1.5). In den Jahren 2000 - 2008 lag für
Q (siehe Tab. C.2) der mittlere Abfluss bei 1,62 m3 s−1 , wobei Qc,1/2 = 0,76 m3 s−1 und
Qc,D = 1,65 m3 s−1 entspricht. Daher wurden zur grössenmässigen Einordnung die Berechnungen auch mit dem oberen Grenzwert qc,D durchgeführt.
7.2.2 Rezenter Geschiebetransport
Die für die Transportberechnungen benötigten Abflussdaten der Jahre 2000 - 2008 lagen als Tagesmittelwerte vor, allerdings bestanden für 2000 bis Mitte 2004 nur kumulative Abflusswerte
mit der Barneusa, deren mittlerer Abfluss etwa 7 % der Turtmänna entspricht. Daher wurden
in den Jahren 2004 - 2008 tagesaufgelöste Mittelwerte gebildet und von den Gesamtabflüssen
der Jahre 2000 - 2004 abgezogen. Bei dieser Methode ist von einem Verlust möglicher Extremwerte beziehungsweise einer Glättung von Schwankungen auszugehen. Weiterhin wurde der
Oktoberabfluss des Jahres 2008 aus einem Mittel der anderen Jahre erstellt, jedoch ist dieser
im Hinblick auf den Geschiebetransport von geringer Bedeutung. Die Entfernung weniger Ausreisserwerte dürfte ebenfalls nur eine sehr geringe Verschiebung der Mittelwerte bewirken. Für
die Berechnung der um die drei Nebenbäche reduzierten Abflüsse (durchschnittliche Reduzierung um 16 %) wurden für die Jahre 2000 - 2007 Tagesmittelwerte aus der Datenreihe 2007
- 2008 gebildet und von den Stauseeabflüssen abgezogen. Die dabei erhaltenen Werte sind als
ungenau anzusehen, da hier in verstärkter Weise von einer Glättung ausgegangen werden muss.
117
7 Diskussion
Bei der Ermittlung der Schlüsselkurve für Profil 5 wurde zunächst von einem Höchstabfluss
von Q100 = 20 m3 s−1 ausgegangen. Die nachfolgende Iteration begrenzte den anzunehmenden Abfluss zunächst auf 12,6 m3 s−1 , da hierfür die maximale Profiltiefe von 3,7 m erreicht
wurde, worüber hinaus keine brauchbaren Aussagen mehr möglich gewesen wären. Nach den
darauffolgenden neun Iterationen konnte diesem Wert eine Abflusstiefe von 1,56 m zugeordnet
werden. Somit sind die weitergehenden Berechnungen strenggenommen nur bis zu Abflüssen
zwischen Q5 = 12 und Q10 = 13 m3 s−1 anwendbar (siehe Tab. 4.4). Dieser Wert wurde allerdings nur in Szenario GS,II,B knapp erreicht, weshalb diese Begrenzung für die vorliegenden
Berechnungen unbedeutend ist.
Die Berechnungen mit den Gleichungen 2.9, 2.4 und 2.5 wichen jeweils im Vergleich zum
gemittelten Messwert Qg = 5’300 m3 sehr stark ab. Gleichung 2.9 summiert dabei die geschieberelevanten Abflüsse übers Jahr allein unter Berücksichtigung des kritischen Abflusses1 und
der Gerinneneigung. Gleichung 2.4 berücksichtigt weiterhin das Verhältnis d90 /d30 ; Gleichung
2.5 nimmt dagegen einen festen Wert für dieses Verhältnis an (1,05). Allerdings wurden die
beiden letzteren unter Berücksichtigung der Querprofildaten (jeweiliger Abflussquerschnitt)
angewandt, weshalb ihnen eine grössere Detailtreue bescheinigt werden kann. Gleichung 2.5
zeigte für Q mit der Annahme eines kritischen Abfluss von qc,1/2 eine Überschätzung um
einen Faktor von 162, für Qred mit qc,D eine Überschätzung um den Faktor 92 gegenüber
Qg = 5’300 m3 (im Gegensatz zu 258 beziehungsweise 149 für Gleichung 2.4). Der Unterschied liegt etwa bei einem Faktor 1,7, was auf das Verhältnis d90 /d30 = 16 zurückgeführt
werden kann. Letztendlich wurde Gleichung 2.5 für die Zukunftsberechnungen verwendet, da
sie die am wenigsten abweichenden Werte lieferte.
Eine Überschätzung der Geschiebefrachten kann hierbei dem gewählten Gerinnegefälle von
4,5 % zugeordnet werden. Mit dem, im Hinblick auf eine Schlüsselstrecke, geringsten Gefälle
von 3 % in Profil 1 (siehe Tab. 6.1) ergäbe sich eine Halbierung sämtlicher Werte. Weiterhin ist
die Unsicherheit des angenommenen realen Geschiebeeintrags Qg zu bedenken, welcher eine
Mittelung über den Zeitraum von 32 Jahren darstellt. Mögliche Veränderungen und Schwankungen während dieser Periode sind den Daten nicht zu entnehmen. Demnach kann auch nicht
1
Nimmt auch Bezug auf die Korngrössenverteilung
118
7.2 Geschiebetransport
mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der aktuelle Geschiebetrieb durch diesen Wert
charakterisiert ist, weshalb die auf dieser Annahme aufbauenden Reduktionsfaktoren ebenfalls
unsicher sind. Zusätzlichen Einfluss auf die Berechnungsgenauigkeit haben auch die starken
interanuellen Schwankungen des realen Geschiebetriebs, sowie der bisher nicht berücksichtigte
Einfluss der verzweigten Gerinne. Durch die Aufteilung des Abflusses können dabei die kritischen Werte qc der einzelnen Gerinne unterschritten werden, was sich im Vergleich zu einem
Einbettgerinne in einem verringerten Gesamttransport bei vergleichbarem Gesamtabfluss niederschlagen kann.
Warburton (1990a) ermittelte am Bas Glacier d’Arolla im Kanton Wallis mit einer kleineren
Einzugsgebietsfläche von 7,56 km2 (70 % vergletschert) in den Monaten Juni - Juli bei einem
Abfluss von etwa 8,6 × 106 m3 (aus Abbildung 3 in Gurnell et al. (1988) abgeschätzt) eine
Geschiebefracht von 14’100 m3 , allerdings bei einem Gefälle von 7 %. Allerdings ist an dieser
Wasserfassung auch von keiner Beschränkung der Sedimentverfügbarkeit auszugehen (Gurnell et al., 1988). Erhebungen am Pitzbach (Österreich) mit einem Einzugsgebiet von 27 km2
(60 % vergletschert) ergaben dagegen ein niedrigeres Transportvolumen von 6’500 m3 a−1
(Hofer, 1987). Im Vergleich dazu gibt der für das Turtmanntal angenommene Wert von 5’300
m3 eine plausible Grössenordnung an und stellt in Anbetracht weniger verfügbarer Geschiebedaten eine wichtige Grundlage dar.
Der Verlauf der Korrekturgleichungen zur Reduktion des Gefälles in Abbildung C.6 zeigt
für Gleichung 2.11 die höchsten Werte und ab einer relativen Abflusstiefe von 6 unplausible
Angaben von nr /ntot > 1, die sich in einer Zunahme der Geschiebemengen (auf Gbf 2 ) niederschlagen. Nach Tabelle 6.2 bewirkt Gleichung 2.10 eine Reduktion des Geschiebevolumens um
den Faktor 4, die Gleichungen 2.12 und 2.13 um einen Faktor 9. Die Steigung von Gleichung
2.10 zeigt eine starke Zunahme des Anteils der Kornreibung an der Gesamtreibung mit zunehmendem Abfluss, welcher bei einer Abflusshöhe von 1,4 m bei 70 % liegt. Die Gleichungen 2.12
und 2.13 weisen hier einen Anteil von etwa 50 % auf. Im Rahmen der empirischen Natur der
Formverlustansätze und der Wahl der Wahl der Gerinneneigung, wie auch fehlenden Angaben
bezüglich der Sedimentverfügbarkeit sind diese Ergebnisse allerdings als unsicher einzuschät-
119
7 Diskussion
zen. Für die Zukunftsberechnungen wurde Gleichung 2.13 als die am stärksten korrigierende
Reduktionsfunktion eingesetzt.
7.2.3 Mögliche zukünftige Entwicklung
Szenarienbewertung
Nach Abbildung C.7 stellte das Durchschnittsjahr II eine repräsentativere statistische Verteilung der Tagesabflüsse dar und zeigte damit auch eine realistischere Verteilung der Extremwerte, welche im Durchschnittsjahr I ausgemittelt wurden. Dagegen war es allerdings möglich,
für das letztgenannte tagesaufgelöste Abfluss- und Geschiebefrachtwerte zu bestimmen. Angewandt wurde die Erstellung auf die mittleren Tagesabflüsse Q und Qred , wobei die ersteren
eine genauere Datengrundlage bildeten. Daher wurden zwei Grundszenarien GS und GR aufgestellt, welche bei GS auf einem mittleren kritischen Abfluss qc,1/2 und bei GR auf einem
höheren qc,D im Sinne einer Deckschicht basieren, worauf wiederum die beiden Szenarien A
und B angewandt wurden (siehe Tabelle 6.3). Damit dient GR zur Grössenabschätzung von
GS im Sinne einer unteren Schranke. Mit Qc,D = 1,65 m3 s−1 liegt der kritische Abfluss auch
im Bereich der üblichen Werte proglazialer Wildbäche (Pitzbach in Österreich und Borgne
d’Arolla im Wallis etwa bei 2 m3 s−1 (Hofer, 1987; Warburton, 1990b)).
Die Szenarien A und B mussten dabei aus einer begrenzten Datengrundlage erstellt werden.
Da für das Turtmanntal keine eigenen Prognosen verfügbar waren, fanden die Ergebnisse von
Huss et al. (2008) Verwendung, welche zwar für ein benachbartes Tal erstellt wurden, jedoch
auf Grund der starken morphologischen, klimatischen und gletscherbezogenen Unterschiede
nicht direkt übertragbar sind. Szenario A ermöglichte eine einfache Umsetzung durch die
Multiplikation eines jeden Tageswertes mit einem festen Faktor. Szenario B dagegen beruht
auf mehreren Annahmen. Einerseits wurde die prozentuale Abflussveränderung jedes Monats
aus der Ganglinie für das Jahr 2100 aus Abbildung 2.28 abgeschätzt und dann auf die entsprechenden Tageswerte angewandt (jeweils für Q und Qred ). Andererseits wurde der Jahresabfluss
dabei auf relativ konstantem Niveau gehalten, was einer Mittelung der Aussagen von Horton
et al. (2005) und Huss et al. (2008) geschuldet ist, deren Prognosen für diesen Zeitraum näher
beieinander liegen, als jene für die Mitte des 21. Jahrhunderts. Insgesamt ist das Szenario B
120
7.2 Geschiebetransport
auch als viel spekulativer in seinen quantitativen Annahmen anzusehen.
Die beiden Durchschnittsjahre zeigen jeweils sehr gut vergleichbare Jahreswerte gegenüber
den Mittelwerten der Jahre 2000 - 2008 (für Q und Qred ), daher können sie als repräsentativ
für die betrachtete Abflussperiode angesehen werden. Auf Grund der guten Übereinstimmung
aller Abfluss - und Geschiebeberechnungen der Szenarien von Durchschnittsjahr I und II in
Tabelle 6.4 (A und B jeweils für Q und Qred ) können auch die Jahreaufteilungen des Durchschnittsjahres I für das statistisch genauere Durchschnittsjahr II angenommen werden.
Datenbewertung
Nach sehr niedrigen Werten im Winter steigt der Abfluss mit der Schneeschmelze ab Mitte
Mai stark an. Die jährliche Abflussspitze tritt im Juli auf, welcher bei Q einen Anteil von
33 % am Gesamtgeschiebetransport aufweist (bei Qred 36 %). Für die Abflusserhöhung um
50 % in Szenario A ergab sich ein Anstieg des Geschiebetransports2 von 70 % für Q und
sogar von 100 % für Qred (Tab. 6.4), was eindeutig der bedeutenden Zunahme in den schon
vorher geschiebewirksamen Monaten Juni - August zugeschrieben werden kann (fast keine
Abnahme des prozentualen Jahresgeschiebeanteils bei jeweils 20 zusätzlichen Geschiebetagen
in Durchschnittsjahr I). Das ist auch im grösseren Zuwachs des Verhältnisses Qgb / Q für
Qred gegenüber Q sichtbar. Interessant ist dabei die gegenüber Q projizierte höhere Geschiebetransportrate für Qred unter dem Gesichtspunkt, dass den Berechungen reduzierte Abflüsse
und der hohe kritische Abfluss qc,D zu Grunde liegen, was eigentlich einen niedrigeren Wert
erwarten lassen würde. Zudem tritt der Transport an weniger Tagen auf, was die Genauigkeit
dieses Ergebnisses in Frage stellt. Möglicherweise ist der Reduktionsfaktor aus Tabelle 6.2 zu
hoch gewählt, da in den stark geglätteten Daten von Qred weniger Extremabflüsse auftreten,
als eine realistische Ganglinie erwarten lassen würde.
In Szenario B resultierte aus der neu gestalteten Ganglinie nur eine unwesentliche Massenbilanzänderung, dagegen allerdings eine Abnahme des Geschiebetransports, besonders für Qred .
Neben der Verlagerung der massgebenden Geschiebemonate auf Mai - Juni zeichnete hier
2
Jeweils für beide Durchschnittsjahre; die Berechnung der jahreszeitlichen Verteilungen in Durchschnittsjahr
I werden auch als gültig für II angenommen
121
7 Diskussion
auch ein weitaus geringerer Abflussanteil von 60 % für den Grossteil der Geschiebefracht (85
- 100 %) verantwortlich. Das kann mit den erhöhten Abflüssen im Herbst und Winter erklärt werden, welche auf Grund ihrer trotzdem vergleichsweise geringen Werte nicht viel zum
Geschiebetransport beitragen (Abb. C.8). Allerdings schlagen sie sich für Q in einer grossen
Anzahl von Geschiebetragen wieder (217), von denen über 50 % in den Monaten August Dezember auftreten. In Szenario GR,I,B reduziert sich dieser Anteil durch die um 15 % niedrigeren Abflüsse auf nur noch 10 %, was den starken Rückgang der Geschiebetage auf 89
bewirkt. Es zeigt sich für Szenario B deshalb auch ein starker Rückgang des Verhältnisses
Qgb / Q, was als eine geringere Geschiebewirksamkeit des Jahresabflusses angesehen werden
kann.
7.3 Auswirkungen
Aus den Prognosen geht hervor, dass in den kommenden Jahren im Rahmen eines weiteren
Temperaturanstiegs und abschmelzenden Gletschern mit einer starken Erhöhung der Abflüsse
und einem dazu leicht überproportionalen Anstieg des Geschiebetransports zu rechnen ist,
jedoch zunächst in ähnlicher jährlicher Verteilung (Szenario A). Dabei ist insgesamt mit einer
Bedeutungszunahme des Basisabflusses zu rechnen (siehe Abb. 4.5), was sich gegen Ende des
Jahrhunderts verstärkt auswirken wird. Zu dieser Zeit wird sich auch die Abflussspitze mit
dem Hauptgeschiebeaufkommen vom Juli in Richtung Mai verschieben, Abflüsse im Spätjahr
dagegen weniger Geschiebe führen (Szenario B). Insgesamt könnte es auf diese Weise zu einer
Abnahme der Jahresgeschiebefracht kommen (siehe Tab. 6.4).
Ausgehend von der Annahme einer relativen Konstanz der Aufteilung von Schwebstoffen zu
Geschiebe wäre somit für das System Geschieberückhaltebecken - Turtmannstausee für Q von
einem Gesamtsedimenteintrag von QSed,Zukunf t,A = 13’100 × 1,7 = 22’270 m3 a−1 für Szenario
A respektive QSed,Zukunf t,B ≈ QSed = 13’100 m3 a−1 für Szenario B auszugehen. Unter Annahme der ungenaueren Datengrundlage Qred ergibt sich Qred,Sed,Zukunf t,A = 13’100 × 2 =
26’000 m3 a−1 beziehungsweise Qred,Sed,Zukunf t,B = 13’100 m3 a−1 × 0,7 = 9’200 m3 a−1 .
Im Rahmen der Ungenauigkeit der korrigierten Abflussdaten, der Sedimenteintragsmittelwerte, der Geschiebetransport- und Formverlustkorrekturgleichungen, der daraus erhobenen
122
7.3 Auswirkungen
Reduktionsfaktoren, der aufgestellten Durchschnittsjahre sowie der Abflussszenarien (besonders Szenario B) kann somit von einer bedeutenden Transportzunahme bis zur Mitte des
21. Jahrhunderts und einer darauffolgenden Veränderung der Abflusscharakteristik mit einer
leicht abnehmenden Sedimentlieferung ausgegangen werden. Diese Tendenzen sind dabei unabhängig von der Wahl des kritischen Abflusses qc , welcher sich nur auf die Quantität des
Sedimenttransports auswirkt.
Unter Berücksichtigung des abgeschätzten potentiell erodierbaren Sedimentvolumens von
32 ±13 × 106 m3 im Paraglazialgebiet kann von einer dafür grundsätzlich ausreichenden Sedimentverfügbarkeit ausgegangen werden. Nimmt man etwa den Anteil leicht mobilisierbarer
Sedimente mit 10 % an (beispielsweise Ablagerungen im Bereich des dynamischen Wildbachsystems im Gletschervorfeld) ergibt sich über 100 Jahre gerechnet ein möglicher Abtrag von
35’000 m3 a−1 , was der Grössenordnung von QSed,Zukunf t,A und Qred,Sed,Zukunf t,A entspricht.
Die Annahmen von Qg = 5’300 m3 a−1 als Vergleichswert und Mittel über 30 Jahre (ohne
Angaben über Sedimentverfügbarkeiten in diesem Zeitraum) sowie die unsicheren Formkorrekturfaktoren lassen jedoch auch die Möglichkeit einer eventuell höheren Transportkapazität
und damit verstärkten Geschiebetransport zu, welcher etwa an der Borgne d’Arolla für geringere Spitzenabflüsse beobachtet werden konnte (Warburton, 1992).
Allerdings sind für eine derartige Abschätzung noch alle weiteren in Kapitel 3.3 diskutierten
Prozess- und Speicherentwicklungen wie Interaktionen (Abb. 3.4) im Rahmen einer integrativen Modellrechnung (Abb. 3.5) einzubeziehen, welche in dieser Feldstudie nicht berücksichtigt
werden konnten. Dabei unterliegen viele der genannten Modelle ihrerseits schon derart grossen
Unsicherheiten, dass bei einem Zusammenwirken mit Fehlerüberlagerungen und daher nur mit
qualitativen Ergebnissen gerechnet werden kann. So rufen etwa die unterschiedlichen regionalen klimatischen Auswirkungen des globalen Klimawandels nahezu die gleichen Unsicherheiten
bezüglich des hydrologischen Kreislaufs hervor, wie die globale Erwärmung selbst (Schaefli,
2005).
123
8 Ausblick
Die Wasserwirtschaft wird sich auf künftig stark veränderte Bedingungen bezüglich des Wasserbedarfes wie auch der Wasserverfügbarkeit einstellen müssen. Regional sehr differenziert
werden dabei hohe Kosten entstehen, etwa auf Grund der auszubauenden Wasserversorgung
wegen zunehmenden Trockenheiten (Ecoplan/Sigmaplan, 2007). Für die hier betrachteten alpinen Einzugsgebiete dürfte das jedoch keine Rolle spielen. Allerdings ist auch hier mit Veränderungen zu rechnen.
Die nächsten Jahre werden einen verstärkten Abfluss bringen, verbunden mit erhöhten Sedimentmengen, was die Verlandung der Stauseen und Abrasionswirkung an den Turbinen
vorantreiben wird. Auf Grund vermehrter Extremniederschläge und grosser Mengen freigelegten Schutts kann von zunehmenden hydrologisch - morphologischen Prozessen ausgegangen
werden. Gegen Ende des Jahrhunderts wird mit dem Verschwinden der Gletschermassen auch
der Abfluss wieder abnehmen und verstärkt den Niederschlagsereignissen unterliegen. Es ist
mit einer veränderten Ganglinie mit früher auftretender Abflussspitze sowie Geschiebeeintrag
zu rechnen, jedoch über das Jahr ein ausgeglichenerer Abfluss anzunehmen.
Für genauere Vorraussagen und Bewertungen der komplexen Interaktionsstruktur bedarf es
weiterhin der Datenerfassung und Forschung der unterschiedlichen Disziplinen. Neben der
mehrfach angesprochenen Projektstudie “Klimaänderung und Wasserkraftnutzung“ sind daher weitere Studien zum Sedimenthaushalt alpiner Einzugsgebiete notwendig. Ein zusätzlicher
Arbeitsbereich betrifft die Verlandungproblematik der Stauseen, für die einerseits Umleitungsbauwerke geplant werden , andererseits eine Datenbank eingerichtet wird, um entsprechende
Erfahrungen bezüglich der Sedimentbewirtschaftung zu teilen beziehungsweise diese zu optimieren.
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pp. 39–66. [469].
136
Anhang
A. Gebietsdaten
B. Morphologische Daten
C. Hydrologische Daten
137
Anhang
Abb. A.1: Das Turtmanntal in den südlichen Walliser Alpen. Dargestellt ist das hydrologische Einzugsgebiet mit dem Turtmann- und Brunegggletscher (grosse blaue Signaturen unten links, beziehungsweise rechts), dem Verlauf der Turtmänna bis zur Mündung in die Rhone und den seitlich begrenzenden
Höhen (Otto, 2001)
138
Anhang
Abb. A.2: Situationsplan der Kraftwerke Gougra AG. Farblich hervorgehoben sind die jeweiligen
betrachteten Einzugsgebiete der Zuflüsse des Turtmann - Stausees: Turtmänna (rötlich), Brändjibach
(grün), Frilibach (blau) und Blüomattbach (gelb) (verändert nach Gougra (2007))
139
Anhang
Zuleitung Blüomatt
Zuleitung Brändji
Stausee
Geschieberückhaltebecken
Pipjitälli
Querprofil 5
Inners Wängertälli
Brunegggletscher
N
Turtmanngletscher
Abb. A.3: Situationsplan Turtmannstausee. Dargestellt sind die zusätzlichen Wasserfassungen mit
den Zuleitungen (rosa), der auf Sedimentvolumen untersuchte Bereich (gelb umrahmt) sowie die Gletscher, aufgenommenen Quer- und Längsprofile (rot) und die GPS - Trackingtour (blau)
140
Anhang
Abb. A.4: Längenentwicklung des Turtmanngletschers für die Messperiode 1885 - 2005. Die jährlichen
Vorstösse sind jeweils mit hellblauer, die Rückzüge mit orangener Farbe dargestellt. Die schwarze
Kurve zeigt die kumulative Längenänderung seit 1885. Messungen bis zum Jahr 1934 einschliesslich
des Brunegggletschers (VAW, 2008)
Abb. A.5: Längenentwicklung des Brunegggletschers für die Messperiode 1934 - 2005. Für die Darstellung siehe Abbildung A.4 (VAW, 2008)
141
Anhang
Abb. A.6: Das Pipjitälli in perspektivischer Schräglichtdarstellung mit Blick in ostsüdöstlicher Richtung (planimetrische Fläche 3, 55km2 , reale Fläche 4, 45km2 ). Gut erkennbar sind die glazialen und
periglazialen Schuttmassen, welche periglazialen Prozessen, wie der Blockgletscherbewegung unterworfen sind (Rasemann, 2003)
Abb. A.7: Rutschungsentwicklung in der orographisch linken (westlichen) Seitenmoräne des Turtmanngletschers. Vergleich zwischen den Jahren 2001 (Otto, 2001) und 2008 (eigenes Bild, 26.09.2008)
142
Anhang
2400
Oberfläche
Spline
Spline mit Begrenzung
Natural Neighbor
Topo to Raster
Trend
IDW mit Begrenzung
IDW
Kriging
2350
Tiefe [m]
2300
2250
2200
2150
2100
619300
619400
619500
619600
619700
619800
619900
620000
620100
Breite [m]
Abb. B.1: Vergleich verschiedener Interpolationsverfahren am Beispiel von Querprofil 1. In schwarz
dargestellt die Sedimentoberfläche. Für die Verfahren IDW und Spline wurde zusätzlich mit einer
Begrenzung des Sedimentbereiches gerechnet
143
Einzugsgebiet Turtmannstausee
Abb. C.1: Die Abflussregimes im Kanton Wallis; als Legende siehe Abbildung 2.5 (verändert nach Spreafico (2001)
Anhang
2,00
Profil 1
Profil 2
1,00
Profil 3
Profil 4
Profil 5
0,00
-1,00
4,00
9,00
14,00
19,00
24,00
Tiefe [m]
-1,00
-2,00
-3,00
-4,00
-5,00
Gerinnebreite [m]
Abb. C.2: Aufgenommene Querprofile
2,00
Profil 1
Profil 2
1,00
Profil 3
Profil 4
Profil 5
0,00
-1,00
4,00
9,00
14,00
Tiefe [m]
-1,00
-2,00
-3,00
-4,00
-5,00
Gerinnebreite [m]
Abb. C.3: Vereinfachte Querprofile
145
19,00
24,00
Anhang
100,0
90,0
80,0
Gewichtsprozent (%)
70,0
60,0
50,0
L1.1
40,0
L1.2
L1.3
30,0
L2.1
L2.2
L2.3
20,0
L4.1
L4.2
10,0
Mittelung
0,0
0,1
1
10
100
Korngrössendurchmesser d (cm)
Abb. C.4: Kornverteilungskurven für das Gletschervorfeld
Analyse
Steine
Neigung [%]
d30 [m]
d50 [m]
d90 [m]
dm [m] [1] qc,min [m2/s] [2] qc,D [m2/s] [2]
qc,1/2 [m2/s]
L1.1
315
0.03
0.02
0.04
0.15
0.03
0.22
1.20
0.71
L1.2
365
0.03
0.01
0.04
0.17
0.03
0.16
1.09
0.63
L1.3
125
0.03
0.03
0.07
0.30
0.05
0.43
3.11
1.77
L2.1
412
0.04
0.01
0.02
0.18
0.02
0.07
0.69
0.38
L2.2
341
0.04
0.01
0.02
0.06
0.02
0.05
0.24
0.14
L2.3
377
0.04
0.01
0.02
0.09
0.02
0.07
0.39
0.23
L4.1
368
0.05
0.01
0.03
0.18
0.03
0.06
0.56
0.31
L4.2
436
0.05
0.01
0.03
0.16
0.03
0.10
0.66
0.38
Mittelung
342
0.05
0.01
0.03
0.16
0.03
0.08
0.61
0.35
[1]
geometrisches Mittel nach Bunte and Abt, 2001
[2]
nach Badoux and Rickenmann, 2008
Tab. C.1: Linienzahlanalysen und Grenzwerte für Profil 5 im Gletschervorfeld. Die Mittelung der
Korndaten erfolgte über alle Proben, jene der Grenzwerte nur über die beiden in unmittelbarer Nähe
des Profils (gelb markiert)
146
Tab. C.2: Hydrologische Berechnungen für die Turtmänna, Abflussperiode 2000 - 2008, inklussive des Frili-, Blüomatt- und Brändjibachs (Q). Die
um diese Bäche prozentual reduzierten Werte (Qred ) fallen im Mittel um 12 % geringer aus. Die Maximal- und Minimalwerte (blau und rot), sowie
die Mittelwerte (grün) sind farblich hervorgehoben. Auswertung auf Grundlage von Tagesdurchschnittswerten, bereitgestellt von der Kraftwerke
Gougra AG, Sion
Charakteristik
Einheit
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
Mittelwert
Gesamtabfluss
[m3]
46'010'000
48'130'000
46'150'000
61'730'000
47'560'000
47'090'000
49'110'000
49'170'000
51'810'000
49'640'000
Mittlerer Jahresabfluss
[m3/s]
1.52
1.58
1.51
2.00
1.55
1.53
1.60
1.60
1.68
1.62
Jahresmedianwert
[m3/s]
0.54
0.37
0.42
0.36
0.40
0.43
0.40
0.47
0.38
0.42
Maximaler Abfluss
[m3/s]
6.98
9.14
8.35
9.70
8.61
8.39
8.92
8.68
8.71
8.61
Minimaler Abfluss
[m3/s]
0.02
0.03
0.02
0.01
0.01
0.02
0.01
0.06
0.01
0.02
Standardabweichung
[m3/s]
1.80
2.11
1.90
2.70
2.06
1.80
2.21
2.03
2.22
2.09
Variationskoeffizient
[-]
118.49
134.08
126.26
134.48
132.88
117.72
137.97
126.70
132.29
128.98
mittlerer Abfluss Juni
[m3/s]
4.76
3.39
4.53
6.98
2.93
4.35
4.26
4.54
4.54
4.47
mittlerer Abfluss Juli
[m3/s]
3.36
5.30
4.89
5.94
4.90
5.03
6.71
4.99
5.55
5.19
mittlerer Abfluss August
[m3/s]
4.12
5.28
3.57
6.22
5.43
3.38
2.42
4.27
4.64
4.37
Anhang
2
1.8
1.6
Abflusstiefe h [m]
1.4
1.2
1
0.8
h = 0.7571 Q0.2752
R2 = 0.9831
0.6
0.4
0.2
Schlüsselkurve nach Smart and Jäggi, 1983
0
0
2
4
6
8
10
12
Abfluss Q [m3/s]
Abb. C.5: Schlüsselkurve der Beziehung Abfluss - Abflusstiefe für Profil 5, nach dem Ansatz von
Smart and Jäggi (1983)
1
Gleichung 2.10
0.9
Gleichung 2.11
Gleichung 2.12
Reibungsverlusteverhätlnis nr/ntot
0.8
Gleichung 2.13
0.7
0.6
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0
0.00
1.00
2.00
3.00
4.00
5.00
6.00
7.00
8.00
9.00
10.00
relative Abflusstiefe h/d90
Abb. C.6: Vergleich der Formverlust - Korrekturgleichungen am Beispiel der Abflusswerte Q des
Jahres 2006
148
100%
90%
2000
80%
Unterschreitungswahrscheinlichkeit
2001
70%
2002
2003
60%
2004
50%
2005
2006
40%
2007
30%
2008
Mittelung 2000 - 2008
20%
Durchschnittsjahr I (reell)
10%
Durchschnittsjahr II (sortiert)
0%
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
4.5
5
5.5
6
6.5
7
7.5
8
8.5
9
9.5
Abfluss [m3]
Abb. C.7: Dauerkurven der Turtmänna für die einzelnen Jahre Periode 2000 - 2008, deren Mittelwert sowie für die beiden Durchschnittsjahre I
und II. Auswertung auf Grundlage von Tagesdurchschnittswerten, bereitgestellt von der Kraftwerke Gougra AG, Sion
10
50000
25'000'000
Mittelwert 2000 - 2008 - Abfluss Q
Abfluss Q
Abfluss Q_red
Szenario A - Abfluss Q
Szenario A - Abfluss Q_red
Szenario B - Abfluss Q
Szenario B - Abfluss Q_red
Geschiebetransport Q
Geschiebetransport Q_red
Szeanrio A - Geschiebetransport Q
Szenario A - Geschiebetransport Q_red
Szenario B - Geschiebetransport Q
Szenario B - Geschiebetransport Q_red
40000
35000
30000
15'000'000
25000
10'000'000
20000
15000
5'000'000
10000
5000
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Monat
Abb. C.8: Abfluss- und Geschiebeganglinien für die beiden Szenarien A und B an Hand des reell gemittelten Durchschnittsjahres I. Darstellung
jeweils für Q und Qred mit Abfluss und Geschiebetransport in der gleichen Farbe. Zum Vergleich ist für Q auch die mittlere Abflussganglinie der
Jahre 2000 - 2008 angegeben. Alle Angaben als kumulierte Monatswerte
Kumulativer monatlicher Geschiebetransport [m3]
Kumulativer monatlicher Abfluss [m3]
20'000'000
45000
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