Heft 16 - Spiegel

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TRENDS
WIRTSCHAFT
A k t i o n är e
Während sich deutsche Konzerne mit
ihren Bilanzen derzeit mehr und mehr
den Regeln der internationalen Kapitalmärkte unterwerfen und ihre stillen
Reserven offenlegen, bleibt das
Bonner Justizministerium bei seiner
aktionärsfeindlichen Politik. In einem
Schreiben an das Bundesverfassungsgericht sprechen die Beamten den Aktionären das Recht ab, zu erfahren,
wie reich die ihnen gehörenden Unternehmen tatsächlich sind. Begründung:
P. SEITZ / ZEITENSPIEGEL
Bonn gegen
offene Bilanzen
len Wert von Beteiligungen hätten zudem keinen „hohen Aussagewert“, da die Firmen diese „im
Regelfall nicht verkaufen“. Die
seltsamen Aussagen finden sich
in einer Stellungnahme des Ministeriums zu einer Verfassungsbeschwerde des Würzburger Ökonomen Ekkehard Wenger. Der
Professor für Bankbetriebslehre,
der in Hauptversammlungen
gern über die selbstherrlichen
Vorstände herzieht, will erreichen, daß die Manager den Wert
ihrer Beteiligungen nicht verschweigen
dürfen. Über diese Forderung werden
demnächst die Karlsruher Richter entscheiden.
Wenger
Solche Auskünfte seien wegen der
damit verbundenen Unsicherheiten
„wenig hilfreich“ oder sogar „irreführend“. Informationen über den aktuel-
Fernsehen
Lufthansa
Kirch will Pro-Sieben-Anteil reduzieren
Steuern sparen
mit Miles & More
J. H. DARCHINGER
Leo Kirch und sein Sohn Thomas wollen sich aus dem
TV-Sender Pro Sieben teilweise zurückziehen. Dort
soll Kirch junior seinen Anteil von 24,5 Prozent auf
9,9 Prozent absenken. Diese Beteiligung läge unter
der neuen gesetzlichen Bagatellgrenze von zehn Prozent, die von 1997 an gilt. Nach dem Manöver würde
die Kirch-Familie rein rechnerisch, gemäß dem neuen
Kontrollmodell, nur noch 15 Prozent der deutschen
TV-Zuschauer erreichen und läge damit weit unter
der medienpolitischen Obergrenze von 30 Prozent.
Heute kommt Kirch, der im digitalen Fernsehen rund
50 Spartenkanäle starten will, bereits auf über 28 Prozent. Die frei werdenden Kirch-Aktien sollen beim
Börsengang von Pro Sieben zusätzlich plaziert werReischl
den. Damit stünden 50 statt gut 35 Prozent zum Verkauf; 40 Prozent gehören dem Handelskonzern Rewe. Pro-Sieben-Vorstandschef
Georg Kofler will sich intensiv um institutionelle Anleger bemühen. Vor allem in
den USA sei „viel Geld zu holen“, sagt der Aufsichtsratsvorsitzende und ReweChef Hans Reischl. Durch die neue Strategie kommt Pro Sieben in Zeitverzug.
Den ursprünglich für diesen Sommer vorgesehenen Börsengang hat der Sender,
dessen Wert auf 2,5 bis 3 Milliarden Mark fixiert wird, um knapp ein Jahr verschoben. Eigentlich sei Pro Sieben viel mehr wert, meint Reischl: Ein US-Sender habe
ihm den 40-Prozent-Anteil bereits gegen einen stolzen Aufpreis abkaufen wollen.
Verlage
Mit Tricks ins Internet
Mit ungewöhnlichen Methoden ist der
Verlag der Passauer Neuen Presse
(PNP ) ins Online-Geschäft eingedrungen. Über die Universität Passau und
das gemeinnützige wissenschaftliche
Deutsche Forschungsnetz bekam die
bayerische Verlagsgruppe fast zum
Nulltarif Zugang zum Internet. Den
vermarkteten die Medienmanager, vor
allem über die eigene lokale Zeitung,
gegen nur zehn Mark Monatsgebühr
an Privatkunden weiter; Werbekunden
schalteten Online-Anzeigen. Nachdem
sich ein niederbayerischer Konkurrent
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DER SPIEGEL 16/1996
Internet-Angebot der PNP
beschwert hat, rückt das Deutsche
Forschungsnetz von dem Verlag
(Umsatz: 750 Millionen Mark) ab: Eine Vermarktung sei „illegal und grundsätzlich nicht gestattet“.
Lufthansachef Jürgen Weber und
Hansgeorg Hauser, Parlamentarischer
Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, versuchten Anfang des Monats vergebens, einen seit langem
schwelenden Konflikt zu beenden. Die
Finanzjuristen des Bundes und der
Länder nehmen Anstoß am „Miles &
More“-Prämiensystem, mit dem die
Fluggesellschaft Vielflieger in ihre Maschinen lockt. Prinzipiell, so die beamteten Juristen, seien die Prämien
„geldwerte Vorteile“, wenn das Ticket
des Fluggastes vom Arbeitgeber bezahlt wird. Deshalb müßten Freiflüge
genauso versteuert werden wie ein
Preisvorteil beim Jahreswagen, der einem Angestellten vom Arbeitgeber
weit unter Preis überlassen werde.
Lange Zeit hielt die Lufthansa dagegen, ihre Vielflieger dürften vom Fiskus nicht belästigt werden, weil eine
Besteuerung gegenüber der weltweiten
Konkurrenz einen Wettbewerbsnachteil darstelle. Nun zeigt die Fluggesellschaft Kompromißbereitschaft: Wenn
der Staat den Vielfliegern einen jährlichen Freibetrag von 2400 Mark einräume, sei man bereit, den Kunden die eigentlich fällige Einkommensteuer auf
die Prämie zu ersparen und in pauschalierter Form selbst zu tragen. Diskutiert wurde ein Steuersatz von 35 Prozent. Nun muß der Bonner Finanzminister mit den Ländern beraten, ob
sich das Problem nach Lufthansa-Manier rechtlich einwandfrei lösen läßt.
Um wieviel Geld es geht, will keiner
der Beteiligten offenbaren. Für 1993,
als die Kampagne anlief, bezifferte die
Lufthansa den Prämienwert auf acht
Millionen Mark.
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