I NHALT Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, eine der großen Fragen in der heutigen Zeit ist, ob Behörden und Verwaltungen wie Unternehmen geführt werden können – oder sollen. Bieten sie die strukturellen, organisatorischen und personellen Voraussetzungen dafür? Deshalb betrachten wir in dieser Ausgabe zunächst die Personalpolitik im öffentlichen Dienst und kommen danach auf das Ressourcenmanagement bei der Personalarbeit zurück. Wie Geschäftsprozesse optimiert werden können, zeigt das Praxisbeispiel an einem Jugendamt. Natürlich spielt dabei auch immer das Management eine Rolle: Welchen Stellenwert ein (vor-) gelebtes Leitbild hat und welche Chancen ein gutes Wissens- und Beschwerdemanagement bieten, beleuchten weitere Beiträge. Dipl.-Vw. Hermann Dahmen Leiter Bereich Verwaltung und Dienstleistung REFA Bundesverband e.V. Auch ein Blick in die Zukunft wird gewagt: Die zunehmende Vernetzung der Welt ermöglicht das sogenannte „Electronic Government“, die Nutzung elektronischer Medien zur Einbindung von „Kunden“ in das Verwaltungshandeln. Dieser Beitrag zeigt die Entwicklung des E-Governments und die sich daraus ergebenden Herausforderungen. Und noch ein Hinweis auf ein Highlight des Informations- und Erfahrungsaustausches für Fach- und Führungskräfte in der öffentlichen Verwaltung: Auf dem diesjährigen REFA-Forum Organisation am 22./23. Mai 2012 in München steht das Thema „Verwaltungsmodernisierung – Analyse und Lösungsmöglichkeiten“ im Vordergrund. Sollten Sie Fragen, Anmerkungen oder Wünsche haben, stehen wir Ihnen selbstverständlich zur Verfügung. Auch Lob oder Kritik nehmen wir gern entgegen. Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen Ihr Hermann Dahmen 4 P E R SO N A LE N TW I C K LU NG 8 11 14 24 RESSOURCENMANAGEMENT Integriertes Ressourcenmanagement als Auftrag der Unternehmungsführung und der Personalarbeit! Von Manfred Becker GESCHÄFTSPROZESSE Geschäftsprozesse im Jugendamt optimieren – Nicht ob, sondern wie ist hier die Frage! Von Kai Peters BESCHWERDEMANAGEMENT Beschwerdemanagement als Chance Von René Börschinger 16 BEHÖRDENLEITBILDER Behördenleitbilder – eine überholte Modeerscheinung? Von Giso Schütz 19 ELECTRONIC GOVERNMENT Die Notwendigkeit zur Fort- und Weiterbildung in Electronic Government in der öffentlichen Verwaltung Von Margit Scholl WISSENSMANAGEMENT 32 www.refa.de Impulse für eine bessere Personalpolitik im öffentlichen Dienst Bericht aus der Praxis Von Klaus Weber Wissensmanagement wird in den Köpfen entschieden! Voraussetzungen für ein erfolgreiches Informations- und Wissensmanagement und für Kommunikation Von Ulrich Zuber IMPRESSUM Verwaltungsmanagement 1/2012 3 © Pixelio Impulse für eine bessere Personalpolitik im öffentlichen Dienst Bericht aus der Praxis VonKlausWeber „Als Sachbearbeiter im Wohnungsamt eines Bezirksamtes in Berlin habe ich in den letzten Jahren viele Veränderungen mitgemacht. Das Streichen von Planstellen stand im Vordergrund, als mit der Hartz-IV-Reform der Anspruch auf Wohngeld für SGB-IIund Sozialhilfeempfänger gestrichen wurde. Gleichzeitig verhängte der Senat eine Stellensperre. Darüber hinaus wurde das Recht hinsichtlich der Fehlbelegung und dem Anspruch auf eine Sozialraumwohnung verschärft. Hier tragen wir als Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter die Auseinandersetzung mit den Bürgerinnen und Bürger aus, für die die Politik verantwortlich ist. Mittlerweile bekommen wir die sogenannte Kosten- und Leistungsrechnung voll zu spüren. In Berlin werden die zwölf Bezirke mit ihren Produkten verglichen, die Budgetzuweisung erfolgt über den sogenannten Medianwert. Damit haben einige Bezirke günstigere oder aber auch ungünstigere Produktkosten. Eine negative Bilanz führt dann im nächsten Haushaltsjahr unweigerlich zum Stellenabbau. So verdichtet sich die Arbeit immer mehr und es bleibt wenig Zeit, den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden.“ 1 1) Beamter (anonym) eines Bezirksamtes in Berlin. 4 Verwaltungsmanagement 1/2012 www.refa.de PERSONALENTWICKLUNG Aufgabenerfüllung wird immer schwieriger Von einem an der Aufgabenstellung gemessen ausreichenden Personalbestand im öffentlichen Dienst können wohl nur die wenigsten Behörden bzw. Verwaltungen sprechen. Selbst in den zurückliegenden Jahren mit enormen Steuermehreinnahmen wurde der Personalbedarf wenig oder nur in einigen Bereichen nach oben angepasst. Die Entscheidung über Personalbestände orientiert sich seit Jahren an Haushaltsentscheidungen und nicht am tatsächlichen Personalbedarf. Angesichts der oft unzureichenden Personalausstattung in Behörden bzw. Verwaltungen ist es nicht verwunderlich, wenn viele Menschen im Zusammenhang mit Personalbemessung von einer Mangelverwaltung sprechen. In der Tat wurde der Fehlbestand an Personal oft auf mehrere Bereiche einer Verwaltung verteilt, um wenigstens eine gerechte Mangelverteilung vorzunehmen. Es ist eben ein Unterschied, Bemessungsergebnisse einerseits möglichst transparent zu ermitteln, andererseits diese auch tatsächlich umzusetzen. Hier ist die Politik gefordert. Der Personalabbau im öffentlichen Dienst hat zu einer enormen Arbeitsverdichtung für die Beschäftigten geführt. Nicht der tatsächliche Personalbedarf zur Gewährleistung der Aufgaben steht im Mittelpunkt, sondern die Haushaltslage der Gebietskörperschaften. Fokus ist, den Personalaufwand zu reduzieren. In den letzten 15 Jahren wurden daher im öffentlichen Dienst zwei Millionen Arbeitsplätze abgebaut. Personalkürzungen und die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen standen im Vordergrund. So kostete die Privatisierung seit Anfang der 1990er-Jahre im www.refa.de Personalsituation im öffentlichen Dienst Saldo, also nach Berücksichtigung des Arbeitsplatzzuwachses in der Privatwirtschaft, mindestens 600 000 Arbeitsplätze.2 Niemand kann genau prognostizieren, wie sich die derzeitige Finanzkrise auf die Lage der öffentlichen Haushalte auswirken wird. Aber bereits jetzt sind stark negative Folgen für die Haushaltskonsolidierung zu erkennen. Keine guten Aussichten für eine dringend erforderliche bessere Finanzausstattung des öffentlichen Dienstes für qualitativ gute öffentliche Dienstleistungen! Klar ist: Wer einen starken öffentlichen Dienst will, muss auch bereit sein, zu investieren. Um den öffentlichen Dienst auszubauen – steigen doch die Anforderungen an die Pflege von Menschen, im Umweltschutz und im Bildungsbereich –, ist eine bessere Finanzausstattung erforderlich. Wir brauchen eine breite öffentliche Debatte über den Wert öffentlicher Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger und für die Wirtschaft. Dabei muss berücksichtigt werden, dass der öffentliche Dienst nicht nur für die Erfüllung staatlicher Aufgaben zuständig, sondern auch für eine demokratische und soziale Entwicklung verantwortlich ist. Die Personalpolitik des öffentlichen Dienstes wird aber nicht nur von der Finanzlage beeinflusst. Die öffentlichen Arbeitgeber sind für die Umsetzung und die Gestaltung von Personalpolitik in den Behörden und Betrieben zuständig. Wie auch in privaten Unternehmen stellt die Personalplanung dabei ein entscheidendes Instrument für die Dienstleistungsqualität dar. Da Dienstleistungen aber von Menschen erbracht werden und Arbeitsmittel den menschlichen Faktor nur bedingt ersetzen oder Hilfsmittel bleiben, kommt es weiterhin entscheidend auf den Menschen an. Und da schließt sich der Kreis: Die Personalkosten sind der größte Kostenfaktor für die öffentlichen Verwaltungen. Die zu leistenden Aufgaben müssen daher möglichst effizient und effektiv erbracht werden. Dabei gilt es, auf eine gleichmäßige Belastung der Beschäftigten zu achten und das Engagement bzw. den Einsatzwillen der Menschen zu fördern. Balance großen Einfluss auf das Mitarbeiterengagement haben. In Deutschland wird dem Arbeitsumfeld dabei die größte Bedeutung beigemessen; wichtig sei ein respektvoller Umgang zwischen den Beschäftigten. Motivation entscheidet über Erfolg y ein klarer Blick auf die komplexen Wirkungszusammenhänge in der Organisation, Eine Studie des Unternehmens MERCER Human Ressource Consulting (Februar 2008)3 unterstreicht, dass die Art der Arbeit und die Work-Life- 2) Hans-Böckler-Stiftung, September 2008. Verwaltung ändert sich Organisationen verändern sich permanent. Viele Wandlungsprozesse sind zufällig und bleiben lange Zeit unbemerkt. Dem steht der geplante Wandel gegenüber. Darunter werden alle Anstrengungen verstanden, die Funktionsweise einer Gesamtorganisation oder wesentlicher Teile davon mit dem Ziel einer Effizienzverbesserung zu ändern. Organisationsentwicklung ist eine Form des geplanten Wandels, bei dem ein organisationsweiter Entwicklungs- und Veränderungsprozess initiiert und gefördert wird. Um Veränderungen wirkungsvoll planen und gestalten zu können, sind nötig: 3) http://www.mercer.de, Pressemel- dung, Februar 2008. Verwaltungsmanagement 1/2012 5 PERSONALENTWICKLUNG Die Personalbedarfsermittlung ist Voraussetzung für eine zuverlässige Organisationsentwicklung und Personalplanung. Die Personalplanung umfasst innerhalb der Personalbedarfsplanung y die Personalbeschaffung, y die Personalerhaltung, y die Personalentwicklung, y den Personaleinsatz und y die Personalfreistellung. Veränderung von Organisationen y Kenntnisse über die Entwicklungsschritte von Organisationen, y ein wirksames Konzept zur Planung und Steuerung der Veränderung und y die Berücksichtigung und Integration der betroffenen Menschen und Prozesse. Auch eine Behörde muss sich als Organisation auf Veränderungen im Umfeld einstellen. Die wichtigsten Faktoren sind: y Politik (Legislative und Exekutive); y Bürgerinnen und Bürger (Kunden und Klienten); y Wirtschaft (wirtschaftliche Lage, Nachfrager von Dienstleistungen); y Arbeitsmarkt (demografische Entwicklung, Gewinnung von Fachkräften, Qualifizierung); y Recht (Judikative); y Technik (technologische Entwicklungen, zum Beispiel E-Government). Dabei sollte eine Verwaltung – wie jede andere Organisation auch – ein definierbares Sachziel haben und einzelne Schritte aufzeigen, mit denen auf die Veränderungen im Umfeld reagiert wird. Das Sachziel muss für alle dort Tätigen erfahrbar sein. Je komplexer die Leistungserwartungen und Arbeitsaufgaben des Verwaltungshandelns 6 Verwaltungsmanagement 1/2012 – das sich nach Gesetzeserfüllung, Wirtschaftlichkeit und Effektivität ausrichtet – sind, desto mehr Menschen sind an seiner Erfüllung beteiligt. Umso wichtiger ist es, Regelungen zu treffen, um eine wirtschaftliche Aufgabenerfüllung sicherzustellen bzw. Doppelarbeit oder Kompetenzgerangel zu vermeiden. Die Umsetzung von Veränderungen läuft schrittweise ab. Alle folgenden Schritte müssen erfolgreich abgeschlossen werden:4 1. Wahrnehmungen und Beobachtungen (Analyse zur Situation der Organisation); 2. Realitäts-Check (Festhalten der erforderlichen Veränderungsthemen); 3. Richtung (Ziele benennen und beschreiben); 4. Mobilisieren von Energie (gemeinsamer Umsetzungswille); 5. Aktion und Handeln (Maßnahmen); 6. Auswirkung (Prüfen: Was hat sich verbessert?); 7. Zielerreichung (Controlling über Zielerreichung); 8. Abschluss (Erkenntnisse für künftige Entwicklungen). 4) Fatzer G. (Hg.): Organisationsent- wicklung für die Zukunft, Köln, ED. HUM. Psych. Grundlage einer zuverlässigen Organisationsentwicklung ist die Personalplanung. Aspekte eines strategischen Personal­ managements Ziel einer Behörde muss es sein, das angestrebte Ziel bzw. Leistungsergebnis unter Beachtung der Personalkosten mit dem optimalen Personalbestand zu erreichen. Die Personalbedarfsplanung ist daher von großer wirtschaft licher Bedeutung. Mit ihrer Hilfe können sowohl Quantität (Personalkosten) und Qualität (Leistungspotenzial) ermittelt als auch die Auswirkungen zunehmender Verflechtungen – in Form übergreifender Geschäftsprozesse der Behörden –, höherer Transparenz durch Benchmark-Verfahren und der Einführung von Steuerungsmodellen umfassend in die Personalbedarfsberechnung einbezogen werden. Unter Personalbedarf ist die Anzahl von Stellen zu verstehen, die in einer Or ga nisa tions ein heit zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. für einen bestimmten Zeitraum zur anforderungsgerechten Erfüllung der Aufgaben benötigt werden. Die Personalbedarfsplanung ist ganzheitlich zu verstehen. Für die Berechnung werden die zu erwartenden Arbeitsmengen (quantitative Größe) und arbeits- und leistungsmäßige Voraussetzungen der ausführenden Kräfte (qualitative Größe) im Verhältnis zueinander berücksichtigt. Bei der Personalbedarfsermittlung wird zwischen zwei Methoden unterschieden, der summarischen und der analytischen Bedarfsermittlung. Welche Methode angewendet wird, hängt vor allem vom Verwendungszweck der Berechnungsergebnisse ab. So muss unter anderem geklärt werden, ob globale Personalbedarfszahlen für die gesamte Behörde erstellt werden sol- Arten Erläuterung Beispiel Quantitativer Personalbedarf AnzahlderStellen,diezur ErfüllungderAufgaben benötigtwerden Personalbedarfin AbteilungAbeträgt103 Stellen. Qualitativer Personalbedarf Anforderungenderaus­ zuführendenArbeitsauf­ gabenaneinengedachten Stelleninhaber 2Leiter,2Juristen, 5Sachbearbeiter,12 Ingenieure Örtlicher Personalbedarf Einsatzort AbteilungAamHaupt­ sitz Zeitlicher Personalbedarf Wannundwielange? AufDauer,1Jahroder quartalsweise www.refa.de PERSONALENTWICKLUNG len oder nur für Teilbereiche einer Behörde. Entsprechend dem Ergebnis der Bedarfsberechnung (Beschäftigtenanzahl) werden danach weitere Personalplanungsschritte wie Personaleinsatz und Personalentwicklung realisiert. Bei der summarischen Bedarfsermittlung ist die Regelarbeitszeit die Bezugsgröße. Das Ergebnis ist zeitraumbezogen. Methoden dieser Bedarfsermittlung sind:5 y Schätzmethoden und stochastische Methode (Vergangenheitswerte dienen als Basis); y Stellenplanmethode (vor - liegender Stellenplan ist Grundlage); y Kennzahlenmethode (pauschale Mengen-/Wertbezüge orientiert an der Vergangenheit). Bei der analytischen Bedarfsermittlung werden die zu erfüllenden Aufgaben und Abläufe analysiert und Grund-, Verteil- und gegebenenfalls Erholungszeiten berücksichtigt; das Ergebnis kann sowohl auftrags- als auch zeitraumbezogen bereitgestellt werden. Hier wird zunächst die Grundlast errechnet: y Aufgaben der Or ga ni sations ein heit (Menge X Zeit).5 Diese Methode ermöglicht eher als die summarische Be- darfsermittlung eine transparente und objektive Berechnung des tatsächlichen Personalbedarfs. Sie lässt sich in sechs Schritte unterteilen: 1. Ermittlung und Berechnung der Einsatzlast/des Kapazitätsbedarfs; Einsatzlast = Grundlast – Verteillast; 2. Ermittlung und Berechnung der Personalkapazität; Summe aller einem/r Mitarbeitenden aufgrund von Regelungen potenziell zur Verfügung stehenden Zeiten; 3. Berechnung des Personaleinsatzbedarfs zur Sicherstellung der Erledigung der in einer Periode anfallenden Arbeitsmenge; 4. Berechnung des Personalreservebedarfs; Berücksichtigung der Ausfallzeiten von Mitarbeitenden; 5. Berechnung des BruttoPersonalbedarfs; Gesamtbedarf = Personaleinsatzbedarf + Personalreservebedarf; 6. Interpretation und Bewertung der Ergebnisse. Personalplanung und Personalentwicklung gehören zusammen. Bei der Planung und Realisierung von Personalentwicklungsmaßnahmen sind die Führungskräfte gefragt. Personalentwicklung ist dabei mehr als nur das Offerieren von Fort- und Weiterbildungslehrgängen. Sie umfasst alle qualitativen Aspekte der Entwicklung der in einer Organisation vorhandenen menschlichen Ressourcen: die Förderung y fachlicher Fertigkeiten, y fachlich-funktionalen Wissens und Könnens, y methodischer Fähigkeiten, y sozialer Kompetenz und Motivation und y der Fähigkeit, all diese Aspekte in den Arbeitsprozess einzubringen. Personalentwicklung ist auch integraler Bestandteil des Personalmanagements und sollte Bestandteil der strategischen Planung sein. Ziel ist eine gemeinsame Entwicklung von Mensch und Organisation: eine Organisationsentwicklung mit Änderung des Verhaltens mittels gemeinsamer Werte, Normen und Symbole (Unternehmenskultur). Konzepte der Dienstleistungsorganisation und menschliches Wissen und Können werden systematisch verbunden. Integrierte Personalentwicklung stellt einen ganzheitlichen Ansatz dar (Personal, Organisation, Technik). y Die Behördenleitung muss vom Nutzen überzeugt sein. y Die Personal- oder Betriebsräte und die betroffenen Beschäftigten werden rechtzeitig unterrichtet und beteiligt. y Es muss eine geregelte Aufbau- und Ablauforganisation geben. y Das Vorgehen und die spätere Interpretation der Ergebnisse bei der Personalbedarfsermittlung müssen der Führung und den Betroffenen verständlich sein und dokumentiert werden. Personalmanagement greift am ehesten die Interessen der Beschäftigten auf. So können Aufgaben effizient erbracht, zu hohe Arbeitsbelastung vermieden und die Übernahme interessanter und potenziell höher bezahlter Tätigkeiten ermöglicht werden. VERFASSER Führungsaufgabe und Führungsverantwortung Eine fortschrittliche öffentliche Verwaltung braucht ein Umdenken der Führungskräfte. Die Zeiten des reinen Verordnens durch Vorgesetzte sind vorbei. Zum Erfolg gehört, die Menschen in Entscheidungen und Prozesse einzubeziehen. Vieles hat bereits in den letzten Jahren stattgefunden, aber es gibt immer noch Defizite. KlausWeber BereichsleiterimFachbereich BundundLändersowieBundes­ beamtensekretärderver.di Personal­ und Betriebs­ räte und Gewerkschaften sind gefordert Führungsaufgabe und -verantwortung www.refa.de Die erfolgreiche Durchführung von Personalbedarfs- und -entwicklungsmaßnahmen setzt voraus: 5) REFA-Bundesverband e. V. Verwaltungsmanagement 1/2012 7 © ClipDealer Integriertes Ressourcenmanagement als Auftrag der Unternehmungsführung und der Personalarbeit! VonManfredBecker Häufig klagen junge Angestellte: „Bin mit vielen Versprechungen angelockt und dann vergessen und allein gelassen worden!“ Abgesehen davon, dass es zu keiner Zeit klug war, Talente zu vernachlässigen, müssen die Unternehmen und die öffentlichen Verwaltungen zunehmend wertschätzender mit ihren Leistungs­ trägern umgehen. Für Arbeitgeber und Bewerber sind in Zukunft vier Aspekte zu beachten: Kompetenz­ management, Talentmanagement, Performanz­ management und Markenmanagement. Nachfolgend werden die vier Aspekte vorgestellt und personalwirt­ schaftliche Instrumente beschrieben, die die Inhalte der vier prominenten Handlungsfelder kennzeichnen. 8 Verwaltungsmanagement 1/2012 Kompetenzmanagement: Auf die Zusammenarbeit kommt es an! Der Begriff „Kompetenz“ wird häufig missverständlich ge­ braucht. Hier werden Kompe­ tenzen als die Befähigungen und die Erfahrungen verstan­ den, die eine Person benötigt, um eine definierte Tätigkeit anforderungsgerecht zu er­ ledigen. Tätigkeiten und An­ forderungen stehen in einem interdependenten Zusammen­ hang. Kompetenzmanage­ ment klärt folglich die Tätig­ keiten und Anforderungen, die ein Unternehmen bietet. Unternehmungsführung und Personalarbeit müssen hier in Zukunft noch stärker Hand in Hand arbeiten. Die Personal­ abteilung muss aktiv in die strategische Unternehmungs­ führung einbezogen sein. Aus der Unternehmungspla­ nung leiten sich die Tätigkei­ ten und Anforderungen ab, die das Unternehmen zur Er­ reichung seiner Ziele sicher­ stellen muss. Strategisches Kompetenzmanagement muss sich auf die Kerntätigkeiten und die Basisanforderungen konzentrieren. Diese sind in www.refa.de RESSOURCENMANAGEMENT Stellenbündeln zusammenzu­ fassen. Stellenbündel fassen auf einem mittleren Abstrak­ tionsniveau gleiche und hin­ reichend ähnliche Tätigkei­ ten und Anforderungen so zusammen, dass ein trans­ parentes Kompetenzkataster entsteht. Stellenbündel sind damit das Basisinstrument der Unternehmensführung und der Personalwirtschaft, auf dem alle weiteren Aktivitäten aufbauen. Dabei ist das Ange­ bot anspruchsvoller und her­ ausfordernder Tätigkeiten für Mitarbeiter und Bewerber be­ sonders wichtig, wie Studien belegen (Towers Perrin 2007, S. 7 ff.). Bewerber prüfen die Tätigkeiten und Anforderungen sowie die Entwicklungsmöglichkeiten, die ein potenzieller Arbeitgeber bietet. Unternehmen sollten daher analysieren, welche Herausforderungen sie Bewerbern bieten können. Talentmanagement: Auf die Akteure kommt es an! Der Philosoph Richard Precht fragt im Titel seines Bestsel­ lers „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“ nach dem Selbstverständnis, das Perso­ nen von sich haben, und dem Bild, das sich andere Personen zum Beispiel von einem Be­ werber machen. Das Selbst­ bild und das Fremdbild sowie Stärken, Ziele, Wünsche, Be­ fürchtungen und Erwartun­ gen zu klären, ist Gegenstand des Talentmanagements. Ent­ gegen der älteren Literatur zum Talentbegriff und zum Talentmanagement wird hier ein weiter Talentbegriff zu­ grunde gelegt: Nicht nur die Elite, sondern alle An­ bieter von Humanvermögen sind Talente. Das Talent­ management hat die Aufgabe, Selbstbild und Fremdbild von Talenten transparent zu www.refa.de Vier Handlungsfelder zukunftsfester Personalarbeit machen. Potenzialanalysen, psychologische Testverfah­ ren und Feedbackanalysen sind Instrumente, mit deren Hilfe persönliche Stärken und Schwächen, Ziele, Werte, Pri­ oritäten, Eigenschaften und Bedürfnisse identifiziert wer­ den können. Da sich Selbst­ und Fremdbild nur durch einen wechselseitigen Aus­ tausch zwischen Individuen herausbilden, ist eine Klärung von externen Faktoren und Rahmenbedingungen erfor­ derlich. Mitarbeiter, die ihre Talente und Leistungsangebote nicht kennen, können diese auch nicht „aktiv verkaufen“. Daher sollten Arbeitnehmer eigeninitiativ ergründen, ten, Ziele und Potenzial der Mitarbeiter systematisch zu erfassen und im fairen Dia­ log zu besprechen. Das struk­ turierte Mitarbeitergespräch als Instrument der Führung, Förderung und Entwicklung verbessert dabei nicht nur die Zusammenarbeit zwischen Führungskräften und Mit­ arbeitern, sondern auch die Leistungsbereitschaft sowie die Arbeitsergebnisse der Mit­ arbeiter. Talente müssen sich selbst kennen. Sie sollten in der Lage sein, sich optimal als exzellente Anbieter von Humanvermögen zu präsentieren und vorurteilsfrei prüfen, ob die angebotene Tätigkeit und die Entwicklungsmöglichkeiten den beruflichen und persönlichen Erwartungen entsprechen. Leistungsstarke Mitarbeiter erwarten von ihren Vorgesetzten eine nachvollziehbare Einschätzung ihrer Leistung und ihres Verhaltens. Das strukturierte Mitarbeitergespräch bietet die dialogische Plattform für ein leistungsfähiges Performanzmanagement. Performanzmanagement: Auf die Leistung kommt es an! Markenmanagement: Auf die Attraktivität kommt es an! y was ihnen Spaß macht, Von Mitarbeitern wird hohe Leistung erwartet. Perfor­ manzmanagement hat die Aufgabe, y welche Tätigkeit sie an­ streben, y Leistung und Verhalten zu planen, Unternehmen, Produkte und Personen sind dann Marken, wenn sie einen einzigartigen Nutzen versprechen und die­ ser auch entsprechend wahr­ genommen wird. Das Mar­ kenmanagement umfasst vier Marken: y welche Aufgaben sie favo­ risieren. Neben der guten Kenntnis der eigenen Stärken sollten Mitarbeiter ihre Vorgesetz­ ten auch danach befragen, was sie für die Entwicklung ihrer Talente tun. Dabei spielt die Personalentwicklung eine wichtige Rolle. Arbeitgeber, die keine systematische Per­ sonalentwicklung betreiben, werden von guten Bewer­ bern gemieden, leistungsstar­ ke Mitarbeiter wandern ab. Das Talentmanagement muss maßgeschneidert sein, damit die Menschen Anschluss an die technische und wirtschaft­ liche Entwicklung halten kön­ nen. y die Leistungserbringung zu begleiten, y das Leistungsergebnis zu messen und zu beurteilen sowie y die entsprechende Rück­ meldung an die Leistungser­ bringer sicherzustellen. Die jungen Fach­ und Füh­ rungskräfte fordern eine dif­ ferenzierte Beurteilung ihrer Leistung und ihres Verhaltens ein. Führungskräfte müssen gewillt und methodisch in der Lage sein, gute von weniger guter Leistung zu unterschei­ den und entsprechend zu be­ lohnen. Dazu dienen struktu­ rierte Mitarbeitergespräche. Sie sind ein geeignetes Inst­ rument, um Leistung, Verhal­ y die Unternehmungsmarke (Corporate Brand); y die Arbeitgebermarke (Employer Brand); y die Abteilungsmarke der Personalabteilung (Depart­ ment Brand HR); y die Mitarbeitermarke (Em­ ployee Brand). Alle vier Marken sind mitei­ nander verbunden und ent­ scheiden darüber, ob ein Un­ ternehmen attraktiv ist. Das Markenmanagement hat die Aufgabe, diese vier Marken aufzubauen, zu führen und insbesondere auch zu kom­ munizieren. Verwaltungsmanagement 1/2012 9 RESSOURCENMANAGEMENT In Zeiten wachsender Kunden­ und Bürgersensibilität müssen das Ansehen des Unterneh­ mens oder der Verwaltung sowie deren Geschäftsprakti­ ken (Corporate Brand) sensibel geprüft werden. Fehlverhalten wird über Netzwerke publi­ ziert, der Schaden ist groß. Be­ werber meiden Unternehmen, deren Ruf ruiniert ist. Als Arbeitgebermarke (Em­ ployer Brand) positionieren sich Unternehmen am Ar­ beitsmarkt. Attraktive Ar­ beitgeber sind solche Un­ ternehmen, die halten, was sie versprechen. Ein gutes Image reicht nicht aus. Die Arbeitgebermarke entsteht aus der Wechselseitigkeit von unternehmensinternen und externen Faktoren und Be­ dingungen. Ein prominenter Baustein der Arbeitgebermar­ ke ist die Personalentwick­ lung. Unternehmen, die keine systematische Personalent­ wicklung praktizieren, sind keine attraktiven Arbeitgeber. Aber auch die Arbeit selbst, der Umgang mit den Mitar­ beitern, der Führungsstil und die Leistungsfähigkeit der Personalarbeit sind Kernele­ mente der Arbeitgeberattrak­ tivität. Eine starke Arbeit­ gebermarke basiert auf der Identität des Unternehmens als Arbeitgeber, wobei neben dem faktischen Leistungsan­ gebot unter anderem Kultur, Vision und Werte des Unter­ nehmens das Fundament der Employer Brand bilden. Wird die Personalabteilung als Abteilungsmarke (Depart­ ment Brand HR) aufgebaut und geführt, dann sichert sie die Arbeits­ und die Beschäf­ tigungsfähigkeit der Beleg­ schaft und die Erreichung der Unternehmensziele glei­ chermaßen. Karriereförde­ rung, Coaching, Mentoring, systematische Entwicklungs­ beratung sind Instrumente, die die Personalabteilung als leistungsfähigen Bereich aus­ weisen. 10 Verwaltungsmanagement 1/2012 Schließlich müssen sich die Mitarbeiter selbst als Marke auf dem Arbeitsmarkt posi­ tionieren (Employee Brand). Wer rare Kompetenzen an­ bietet, realisiert ein höheres Einkommen und bessere Auf­ stiegschancen als Mitarbeiter, die keine seltene Befähigung anzubieten haben. Dabei be­ ginnt der kluge Aufbau einer Arbeitnehmermarke bereits im Studium. Wer als Student „harten“ Fächern ausweicht, wer sich mit „bestanden“ zu­ friedengibt, wer es versäumt, durch Auslandsaufenthalte, gute Sprachkenntnisse und Praktika persönliche Allein­ stellungsmerkmale aufzubau­ en, wird es nicht zur Arbeit­ nehmermarke bringen. Basis einer starken Employee Brand ist eine starke Persönlichkeit, die ihre Stärken und Talen­ te kennt und diese aktiv und kontinuierlich in Leistung und Verhalten umsetzt. Unternehmen und Beschäftigte müssen ihre Einmaligkeit, Einzigartigkeit, Wertigkeit und Nachahmungsresistenz in Marken bündeln. Unternehmungs-, Arbeitgeber-, HRAbteilungs- und Arbeitnehmermarken sind zu unterscheiden. Experten erreichen als Marke hohe Einkommen und haben gute Aufstiegschancen. Ressourcenmanagement der Zukunft: Auf die Passung kommt es an? Die demografische Entwick­ lung, verbunden mit Alterung und Schrumpfung der Beleg­ schaften, katapultiert das Ta­ lentmanagement in den Vor­ dergrund. Weil die Macht der Experten in den Unternehmen stark zunimmt, sind geeigne­ te Strategien und Instrumente zur Machtbegrenzung der Eli­ ten aufzubauen und einzuset­ zen. Schlüsselwort im Macht­ management ist Vertrauen. Es muss den Unternehmen gelingen, vertrauensbildende Maßnahmen und Arbeitsbe­ dingungen zu schaffen. Dazu gehört in Zukunft eine prak­ tikable Vereinbarung von Pri­ vatleben und Beruf, aber auch die Gesundheitsvorsorge und die Wiederentdeckung der Unternehmen und Verwaltun­ gen als berufliche Heimat, der die Mitarbeiter innerlich eng verbunden sind. Abstrichen bei der Attrakti­ vität als Arbeitgeber, fehlen­ de Attraktivität erschwert die Gewinnung von Talenten. In Zukunft sind nicht die Ar­ beitsplätze, sondern die Ar­ beitskräfte rar. Darauf stellen sich kluge Unternehmen schon heute ein, indem sie keine Ar­ beitsplätze, sondern Entwick­ lungschancen anbieten. Boreout, burnout, die Zu­ nahme von Depressionen, Unzufriedenheit und Leis­ tungsminderung schrecken Unternehmen und öffentliche Verwaltung gegenwärtig auf. Arbeit, so sind die Zeichen zu deuten, macht zunehmend krank. Wenn das so ist, dann können die Unternehmen kei­ ne attraktiven Stätten sein, denen man Markenqualität zuschreibt. Unternehmen, die krank machen, sind men­ schenverachtende Tretmüh­ len. Das Performanzmanage­ ment hat sicherzustellen, dass die Menschen Arbeit wieder als genussreichen Konsum wertvoller Lebenszeit erfah­ ren. Ein erster Schritt dazu ist es, Leistung wieder genauer zu messen, Tätigkeiten und An­ forderungen wieder stärker an der Leistungsstärke der Mitar­ beiter zu orientieren und eine Führung der personalen Wert­ schätzung sicherzustellen. Führungskräfte müssen gute Leistung belohnen, (Selbst­) Ausbeutung ihrer Mitarbeiter verhindern und dafür sor­ gen, dass Arbeit nicht krank macht. Ein leistungsstarkes Gesundheitsmanagement ist schon lange kein Luxus mehr. Becker, Manfred (2009): Personalentwick­ lung. Bildung, Förderung und Organisa­ tionsentwicklung in Theorie und Praxis. 5. Aufl., Stuttgart 2009. Literatur Towers Perrin (2007): Was Mitarbeiter bewegt, zum Unternehmenserfolg beizu­ tragen – Mythos und Realität: Towers Perrin Global Workforce Study 2007­2008, Frankfurt 2007. VERFASSER Prof.Dr.ManfredBecker WissenschaftlicherLeiter dereoipsopersonal-und organisationsberatungGmbH, Mainz Kontakt:Manfred.Becker@ eoipso-beratung.de Beim Markenmanagement reicht es nicht mehr aus, eine schöne Fassade zu haben. Das Markenmanagement muss die Inhaltsaspekte attraktiver Arbeit und die Identität des Unternehmens als Arbeitge­ ber stark in den Vordergrund stellen. Hier schließt sich dann auch der Kreis der vier Handlungsfelder: Stückwerk der Personalarbeit führt zu www.refa.de © Pixelio Geschäftsprozesse im Jugendamt optimieren – Nicht ob, sondern wie ist hier die Frage! VonKaiPeters Schlechtes Abschneiden eines Amtes im Kennzahlen­ zahlenvergleich: Zu hohe Stückkosten, zu lange Bearbeitungs­ und Wartezeiten. Was ist zu tun? Antworten gibt diese Zusammenfassung typischer Herausforderungen und praktizierter Lösungsansätze eines Projektes zur Geschäftsprozessoptimierung. Versetzen wir uns einmal in die Abteilung für Kindertagesbetreuung eines Jugend- oder Sozialamtes. Die Anlässe: Benchmarking-Ergebnisse und unzufriedene Eltern Das Amt musste über eine Prozessoptimierung bei der Bearbeitung von Anträgen für die Betreuung von Kindern in Kindertagesstätten (Kita) nachdenken: Ein interkommunaler Kennzahlenvergleich ergab die vergleichsweise höchsten Stückkosten pro Antrag aufgrund von Bearbeitungszeiten von durchschnitt- www.refa.de lich mehr als 35 Minuten. Wir setzen voraus, dass die Datengrundlage tatsächlich nach gleichen Grundsätzen geschaffen wurde (Einmaleins des Benchmarkings). Hinzu kam, dass die örtliche Presse bereits über den Unmut von Eltern berichtet hatte, die zu lange auf die Erteilung von Kita-Berechtigungsbescheiden warten mussten (durchschnittlich 26 Arbeitstage). Der Druck war also groß, weil bei Erstanträgen die Ausgestaltung der Berufstätigkeit der Eltern von der Bewilligung abhängt. Außerdem ließ die Prognose der altersbedingt frei werdenden und nicht wieder besetzbaren Personalstellen vor Ort nichts Gutes ahnen. Viel Arbeit bis zur Erfolgsmeldung über das Jugendamt Bis zur Erfolgsmeldung „Unser Jugendamt macht eine elternfreundliche Kehrtwende: Kita-Bescheide jetzt innerhalb einer Woche und Bearbeitungsaufwand auf durchschnittlich 15 Minuten gesenkt“ waren eine Reihe von Herausforderungen zu bewältigen. Herausforderung 1 Zunächst ist die Führung gefragt. Die Entscheidungsebene des betroffenen Amtes muss die Optimierung wollen und bereit sein, die Ergebnisse auch gegenüber Zweifeln und Widerständen umzusetzen. Das heißt auch: Im eigenen Amt muss ein Nutzen aus der Prozessoptimierung zu erwarten sein. Daher wurde im Projekt viel Wert – das heißt: auch Zeit – auf die Klärung der Auftragsbedingungen und der Ziele der Prozessoptimierung gelegt. Unerlässlich war dabei die Zusicherung, dass dem Amt aus dem Erfolg des Projektes keine negativen Konsequenzen drohen. Wer möchte schon als Erfolg verzeichnen, dass er schließlich weniger Personalressourcen als vorher zur Verfügung hat, weil die zuständige Finanzverwaltung den Geschäftsprozessoptimierungs- (GPO-) Erfolg gleich „abschöpft“!? Daher gehört in erfolgreichen Projekten zum Start stets ein Führungsworkshop, an dessen Ende eine kleine Anzahl ausgewählter, priorisierter und messbarer Ziele steht. Diese müssen aus Sicht des eigenen Amtes attraktiv sein. Sie bilden später die Basis für Kennzahlenund Indikatorenbildung, um das Ergebnis der Prozessoptimierung evaluieren zu können. Verwaltungsmanagement 1/2012 11 GESCHÄFTSPROZESSE In diesem Fall bedeutete es, dass die Amtsleitung sich zu folgenden Zielen bekannte: y Reduzierung des durchschnittlichen Bearbeitungsaufwandes in Minuten um 30 Prozent; y Reduzierung der durchschnittlichen Wartezeit auf den Bescheid auf fünf Arbeitstage. Die Effekte sollten genutzt werden, um den prognostizierten altersbedingten Weggang von Personal zu kompensieren und eine gleichmäßige und motivierende Auslastung des verbleibenden Personals sicherzustellen. Selbstverständlich wurden diese Auftragslage und die Zielsetzung mit der beabsichtigten Vorgehensweise persönlich mit den Betroffenen kommuniziert. Es wurde eine nachprüfbare Systematik des Informationsflusses im Projekt festgelegt, die sowohl analoge (Mitarbeiter-Jourfixe) als auch digitale Seiten (Intranet/Sharepoint) enthielt. Hierfür wurde eine verantwortliche Person benannt. Herausforderung 2 Die Betroffenen müssen gewonnen werden. Das erforderte ein spezifisches Einfangen der Wünsche und Erwartungen und natürlich ihre Berücksichtigung im Rahmen des Vorhabens. Seien wir ehrlich: Immer wieder denken Führungskräfte und Projektleitungen, dass die Begeisterung für ein Vorhaben zur Prozessoptimierung auf wundersame Weise vom Projektauftragsblatt auf die Betroffenen überspringt, wenn es nur laut genug vorgelesen wird. Gerade bei umfassenden Vorhaben ist zum Beispiel eine Konferenz zu Beginn des Projektes unter Teilnahme der Beschäftigten eine für alle hilfreiche Basis, in der offen und professionell moderiert 12 Verwaltungsmanagement 1/2012 y Ziele konkretisiert, y Erwartungen formuliert, y Risiken thematisiert und y Maßnahmen vereinbart werden. Damit dies nicht als Spielwiese aufgefasst wird, muss das Controlling der Umsetzung in die Hand eines allseits geachteten Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin gelegt werden. Wenn es etwas weniger aufwendig sein soll: Auch das gezielte Einholen eines freiwilligen und – wenn gewünscht – anonymen Feed-Forwards (Gegenteil von Feed-Back) wirkt gut unter den Betroffenen. Im weiteren Verlauf des Projektes war es entscheidend, dass die Intensität der Beteiligung von Mitarbeitern in jeder Phase nachvollziehbar geplant und eingehalten wurde. Ebenfalls von Bedeutung war die Transparenz über die Auswahl der Mitwirkenden und die Auswahlkriterien von Beginn an. Herausforderung 3 Individuell ausgewählte Instrumente und erprobte Methoden sind effizient und schaffen Akzeptanz der Ergebnisse. Besonders in den heutigen Zeiten knapper Ressourcen sind konsequent vorbereitete Prozessworkshops und zielgerichtete Prozessdokumentationen sicherzustellen. Wer nicht bereits während der Prozessoptimierung umsichtig und zeitschonend mit der wichtigsten Ressource – dem Personal – umgeht, hat schon verloren. Das bedeutete in unserem Projekt: Das galt für die Erhebung von Prozessverläufen, aber auch für Schwachstellenanalysen oder Sitzungen zur Erarbeitung des Soll-Konzeptes. Nachfolgend ist das in ähnlichen Projekten am häufigsten verwendete Phasenmodell zur Prozessoptimierung dargestellt. Die folgenden methodischen Aspekte waren zu klären: Eine einfache und bewährte Form der Darstellung von Ist-Prozessen kann nach dem Prozessdokumentation-Schema umgesetzt werden. Phasen-/Vorgehensmodell festlegen (Target Processing, Standardmodell oder offener Organisationsentwicklungsansatz); zielorientierte Definition von Symbolik, Wortwahl und Formularen zur Prozesserhebung; Auswahl eines geeigneten Tools zur Prozessmodellierung; Auswahl der Erhebungstechnik für Prozesse (Interviews, Workshops, . . .); Festlegung der entscheidungsrelevanten Prozessdaten sowie der geeigneten Datenermittlungsmethode (zum Beispiel Schätzung, Messung, Zeitaufnahme); Prinzipien der Schwachstellenanalyse; Festlegen der Entscheidungsverfahren und -instrumente (zum Beispiel Führungsentscheidung mit Beteiligungsverfahren auf der Basis von Nutzwertberechnung). Das Know-how zur Klärung der methodischen Fragen ist kein Geheimnis. Die nötigen Erfahrungen und Kenntnisse sind jedoch selten in einem Amt vollständig vorhanden. Daher ist es oft sinnvoll, das nötige Know-how punktgenau sicherzustellen. Je nach örtlichen Gegebenheiten bieten sich dabei folgende Ansätze an, die sich gegenseitig nicht ausschließen müssen: 1. Inhouse-Schulung des internen Projektteams (kein Seminar von der Stange); 2. Unterstützung des Projektteams oder der Projektleitung durch erfahrene Berater; 3. Twinning oder Coaching der Projektleitung; 4. gezielter Zukauf einzelner Leistungen (zum Beispiel zur Prozessaufnahme oder Datenermittlung); Quelle: Peters & Co. GmbH y Planen und Einhalten des internen Zeiteinsatzes für die GPO; y Sitzungen/Workshops zielgerichtet und kurz (maximal drei Stunden); y kein Workshop oder Interview ohne standardisierte Ergebnissicherung. Standardvorgehensmodell für eine Geschäftsprozessoptimierung www.refa.de Quelle: Peters & Co. GmbH GESCHÄFTSPROZESSE Prozessdokumentation 5. Komplettvergabe eines GPO-Vorhabens an Externe. Die besten Erfahrungen haben wir mit kooperativen Ansätzen (Punkte 1 bis 4) gemacht, da hier ein nachhaltiger Know-how-Transfer erfolgt und ein hohes Maß an Akzeptanz sichergestellt wird. Herausforderung 4 Nach der Schwachstellenanalyse nicht im Detail verlieren, sondern eine Richtungsentscheidung über das Grob-Soll-Konzept treffen, ehe es weitergeht. Im Falle unseres Jugendamtes enthielt das Soll-Konzept die folgenden inhaltlichen Empfehlungen: y Standardisierung der Forderung von Unterlagen; y Definition eines Standardprozesses für einfache Fälle, die sofort entschieden werden können; y Einrichtung eines FrontOffices für die Annahme und Sofortbearbeitung; y Zentralisierung der Bearbeitung schwieriger Fälle der Elternbeitragsberechnung; www.refa.de y Einführen einer Wartezeitgarantie; y Angebot von individuellen Terminfenstern für Komplettbearbeitung; y Einsatz von für die Antragsbearbeitung qualifiziertem anstelle von pädagogischem Personal; y Vorbereitung eines OnlineAngebotes; y Kooperationsvereinbarung mit einem Partner, der Personal für Auftragsspitzen vor Schuljahresbeginn stellt. Ganz gleich, ob es ein oder mehrere alternative Konzepte gibt: Sie sollten auf Basis eines erprobten Entscheidungsmodells bewertet werden. Dies kann zum Beispiel eine Kosten-Nutzenrechnung, eine Kostenvergleichsrechnung oder eine Nutzwertanalyse sein, die auch qualitative Aspekte darstellt. Dabei sollten auch kritische Aspekte wie Folgekosten und Risiken offen aufgeführt und bewertet werden, bevor eine Entscheidungsempfehlung abgegeben wird. Herausforderung 5 Vor der Umsetzung sollte die Evaluation gleich mitgeplant und nach der Erprobungsphase konsequent durchgeführt und veröffentlicht werden. Oft bleibt es bei einer Absichtserklärung zu Beginn der GPO: „Wir werden unbedingt später auswerten, ob wir unsere gesetzten Ziele erreicht haben.“ Dabei ist es gar nicht so schwer, eine Evaluation durchzuführen, wenn bereits in frühen Phasen der GPO daran gedacht wird. Ein Mix der nachstehend aufgeführten unterschiedlichen Instrumente wurde zum Beispiel in sozialen Dienstleistungszentren einer norddeutschen Bezirksverwaltung angewendet. Letztendlich heißt es dann, sehr frei in Anlehnung an Erich Kästner: „Tue nicht nur Gutes, sondern sprich auch darüber.“ Dies ist eine Fähigkeit, die mancher Verwaltungsleitung aus falsch verstandener Bescheidenheit noch abgeht! Daher gab es in dem Projekt nicht nur einen internen Projektabschlussbericht, sondern auch eine Berichterstattung in der Ortspresse, auf die die Beteiligten mächtig stolz waren. Zu recht! Denn man hatte es gemeinsam geschafft, für die Eltern und Kinder ein erkennbar besseres Ergebnis in der Antragsbearbeitung abzuliefern. Dies war durch deutlich kürzere Wartezeiten auf die Bescheide, Vermeidung unnötiger Rückfragen und Abbau von Rückständen möglich. Dann macht auch den Mitarbeitern das Arbeiten mehr Spaß. Im Amt ist man zuversichtlich, dass auf diese Weise auch der absehbare Weggang von Personal kompensiert werden kann. Abschließend ist anzumerken, dass viele dieser zusammengefassten Erfahrungen und Empfehlungen nicht allein aus unseren Projekten zur KitaAntragsbearbeitung, sondern genauso auch aus solchen zu Geschäftsprozessen bei den Hilfen zur Pflege, zur Eingliederungshilfe, bei der Beihilfebearbeitung, in der Bauaufsicht, in der ministeriellen Zuwendungsbearbeitung, in Volks- und Musikschulen, in Berufsbildungswerken oder in der amtlichen Statistikproduktion resultieren. VERFASSERIN KaiPeters Geschäftsführerin Peters&Co.GmbH Unternehmensberatung DieAutorinleitetseit15Jahren GPO-ProjektefürKundenderöffentlichenVerwaltung.DiesinspiriertezueinerZusammenfassung typischerHerausforderungenund praktizierterLösungsansätze. Verwaltungsmanagement 1/2012 13 © ClipDealer Beschwerdemanagement als Chance VonRenéBörschinger Beschwerden sind oft unangenehm. Ärgerliche Kunden oder umfangreiche Anliegen machen die Beschwerdebearbeitung häufig zu einem schwierigen Job. Beschwerden beinhalten aber auch – und vor allem ! – Chancen, die von Unternehmen beziehungsweise Behörden genutzt werden sollten. Zu einer professionellen Kundenbetreuung gehört auch der professionelle Umgang mit Unzufriedenheiten und Beschwerden der Kunden. Solche Beanstandungen müssen ernst genommen werden – ein Beschwerdemanagement unterstützt dabei, die Zufriedenheit der Kunden wiederherzustellen und ihre Loyalität zu erhöhen. Auf diese Weise wird eine folgenschwere Abwanderung des Kunden verhindert. Darüber hinaus liefern Kundenbeschwerden wichtige Informationen darüber, was im Unternehmen nicht optimal läuft bzw. wo Verbesserungspotenziale aus Kundensicht bestehen. Tipp: Der Begriff „Beschwerdemanagement“ ist eine so- 14 Verwaltungsmanagement 1/2012 genannte „Pejoration“, das bedeutet, der Terminus ist negativ belegt, hat einen schlechten Beiklang. Sprechen Sie deshalb eher von Feedbackmanagement oder Kundenzufriedenheitsmanagement, diese Bezeichnungen wirken positiv. Häufig wird unter Beschwerdemanagement, auch wenn es unter den Begriffen Feedbackmanagement oder Kundenzufriedenheitsmanagement läuft, lediglich das standardisierte Vorgehen bei eingehenden Beschwerden verstanden. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Ein Feedbackmanagement geht darüber weit hinaus. So wird hier die Kundenzufriedenheit als Qualitätsmerkmal analysiert, schon www.refa.de BESCHWERDEMANAGEMENT bevor es zu einer Beschwerde kommt, zum Beispiel durch eine Kundenbefragung. Wenn ein Unternehmen eine gewisse Größe erreicht hat, ist die Kundenbefragung die einzige Möglichkeit, ein verlässliches Bild von der Qualität der eigenen Arbeit zu erhalten. Um sich als Dienstleister verbessern zu können, ist die Außensicht der Kunden eminent wichtig. Sie deckt häufig interne Schwachstellen auf, die im Arbeitsalltag der unterschiedlichen Abteilungen nicht immer zutage treten. Die Befragung der Kunden hat zunächst das Ziel, Tendenzen aufzudecken, die zur Kritik führen können. Bei Kunden, die sich im Stillen ärgern, gibt es diese Chance allerdings nicht. Das ist dann eine verpasste Gelegenheit für das Unternehmen. „Einen Bestandskunden zu halten kostet sieben Mal weniger, als einen Neukunden zu gewinnen.“ – dieses geflügelte Wort scheint langsam Gehör zu finden. Nach einer MATERNA-Studie von 2008 haben daher sechs von zehn Firmen haben ein Feedbackmanagement eingerichtet. Damit liegt die Zahl der Betriebe mit einem Beschwerdemanagement jetzt acht Prozent höher als 2007. Zusätzlich geben 25 Prozent der Befragten an, in der Planungsphase zu sein. Jeder dritte Studienteilnehmer glaubt aber, dass dieses Mittel mehr kann, als nur unzufriedene Kunden zu beruhigen; sie erwarten insgesamt eine Verbesserung von Prozessen, Produkten und der Qualität im Unternehmen. Trotzdem erklären immer noch 16 Prozent, sie hätten nicht vor, ein Kundenzufriedenheitsmanagement einzurichten. Die Initiatoren der Umfrage haben sich genauer angesehen, welche Informationen im www.refa.de Rahmen des Beschwerdemanagements gesammelt werden. Neben den Kontaktdaten des Kunden nehmen 83 Prozent der Unternehmen auch den Grund der Klage auf und fragen dabei, was nicht gestimmt hat: y Hat es etwas mit dem Produkt selbst zu tun? y Gab es Beanstandungen bei der Lieferung? y Oder stimmte im Rahmen der Rechnungsstellung etwas nicht? 63 Prozent der Betriebe dokumentieren darüber hinaus, welche Erwartungen der Kunde geäußert hat. Der Geist ist willig, doch die IT ist schwach Sehr deutlich wird auch Handlungsbedarf mit Blick auf die verwendete Software. Verfügt sie über umfassende Auswertungs- und Controllingmöglichkeiten? Kann das Programm den gesamten Bearbeitungsprozess automatisch steuern? Erfassen und Auswerten der Beschwerde erfolgen nicht immer mit derselben Software. Konkret werden für die Erfassung diese Zahlen genannt: y 36 Prozent arbeiten mit Office-Applikationen und individuellen CustomerRelation ship-ManagementSystemen (CRM-Systemen). y 19 Prozent nutzen ihr Enterprise-Ressource-Planning-System (ERP-System). Ausgewertet werden die Daten y von 43 Prozent der Betriebe mit Office-Applikationen, y 25 Prozent arbeiten mit individuellen CRM-Systemen und y 17 Prozent mit BusinessIntelligence-Software. Insofern dürfen die Ergebnisse der Studie als Plädoyer für entsprechende IT-Investitionen verstanden werden. lung zu, die Bürger zufriedenzustellen. Beschwerden bedeuten Arbeitsaufwand für deren Bearbeitung und damit Personalkosten. Feedbackmanagement in der öffentlichen Verwaltung Viele Bürger beschweren sich sogar aufgrund von ihrer Meinung nach nicht ernst genommenen Beanstandungen aus Prinzip mehrmals. Gelingt es aber, die Beschwerdeführer durch die Antwort zu überzeugen, so kann deren Kundenzufriedenheit sogar über dem Wert beschwerdefreier Kunden liegen. Unzufriedene Kunden, die freundlich und schnell zufriedengestellt wurden, sind also die besten Empfehlungsgeber. Die Einrichtung eines Ideenund Beschwerdemanagements ist auch in der öffentlichen Verwaltung ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer verstärkten Bürgerorientierung. Damit gehört es neben anderen Elementen zu diesem Teilbereich der Verwaltungsreform. Um den Service für die Bürger verbessern zu können, sollten auch sie aufgefordert werden, positive und auch negative Wünsche und Anregungen einzubringen. Beschwerden und deren systematische Bearbeitung sind zum Glück auch für Behörden mittlerweile nichts grundsätzlich Neues. Bisher wurden sie allerdings meist „irgendwie“ bearbeitet und nur selten systematisiert. Dies gilt umso mehr für die Verarbeitung von Ideen, Anregungen und Verbesserungsvorschlägen aus den Reihen der Bürger. Aus der Kundenzufriedenheitsforschung ist bekannt, dass ein Beschwerdemanagement auch in der öffentlichen Verwaltung eine nicht zu unterschätzende Chance zur Steigerung der Bürgerzufriedenheit bietet. Aufgrund der Monopolstellung der meisten Behörden könnte man sich aber sich auf den Standpunkt stellen, hier nicht mehr tun zu müssen. Ein systematisches und zielgerichtetes Beschwerdemanagement bietet hier zahlreiche Chancen zur Verbesserung der Qualität und wirkt wie eine kostenlose Beratung durch den Bürger. VERFASSER RenéBörschinger SeniorBeraterundProjektleiter beiderREFAGmbHConsulting Doch abgesehen von solchen weichen Faktoren, wie „zufriedene Bürger“ oder „besseres Image“ lässt auch die Kostenrelevanz die Empfeh- Verwaltungsmanagement 1/2012 15 © ClipDealer Behördenleitbilder – eine überholte Modeerscheinung? VonGisoSchütz Das Leitbild – war es gestern noch das Kennzeichen für reformbewusste und moderne Behörden, gilt es heute vielfach als verstaubter Ballast. Sind Leitbilder nur etwas für dienstleistungs- und kundenorientierte Unternehmen? Oder können sie zur verbesserten strategischen Führung auch in Verwaltungen beitragen? 16 Verwaltungsmanagement 1/2012 www.refa.de BEHÖRDENLEITBILDER In den 1990er-Jahren ist die Leitbildwelle über die Behörden aller Verwaltungsebenen geschwappt. Um sich reformbewusst und modern zu zeigen, musste man sich als moderner Dienstleister darstellen. Und das konnte man leicht, das heißt ohne wirklich tief greifende Veränderungen, durch Hinweis auf die seit jeher kundenorientierte Qualität der Leistungen (Qualitätsmanagement) mithilfe eines Leitbildes bewerkstelligen. Da gleichzeitig auch der Mensch als Leistungsträger erkannt wurde, konnte man zugleich die Mitarbeiterorientierung mit Sätzen wie „Wir arbeiten offen und ehrlich miteinander.“ betonen. Damit verbunden war eine andere Modeerscheinung, die „Corporate Identity“. Dementsprechend wurden Leitbilder oft in langwierigen Prozessen unter Beteiligung aller Beschäftigten entwickelt. Schaut man heute auf die Webseiten von Behörden, so findet man Leitbilder entgegen der Erwartung, die man an das Wort stellt, kaum einmal an prominenter Stelle, sondern eher im Verborgenen über die Suchfunktion. Diktion und Inhalte legen meistens die Vermutung nahe, dass es sich um das eine, vor Jahren in einem einmaligen Prozess aufgestellte Leitbild handelt, auf das man verweisen kann, sollte einmal danach gefragt werden. Daher stellt sich die Frage, ob es sich bei den Leitbildern von Behörden um eine längst überholte Modeerscheinung handelt – so, wie heute auch das Pendel bei der Sicht auf „Behörden als Dienstleistungsunternehmen“ und „Leistungsadressaten als Kunden“ in das altgewohnte Verständnis (wir sind Behörden und keine Unternehmen, der Bürger ist nicht Kunde) zurück schwingt. www.refa.de Die moderne Behördenleitung sollte daher entscheiden, ob sie das Leitbild als alten Ballast, der heute eher verstaubt wirkt und wohl besser zu einem Unternehmen passt, abschaffen soll, oder ob das Leitbild bei stetiger Aktualisierung zur verbesserten strategischen Führung beitragen kann. Dabei könnten die folgenden Überlegungen eine Rolle spielen: 1. Gestaltung der Zukunft Das Leitbild kann das in Leitsätzen manifestierte Zukunftsbild der Behörde sein. Es geht von dem Auftrag und dem Ist-Zustand der Behörde aus und entwickelt den in dem nächsten überschaubaren Zeitraum realistisch erreichbaren Soll-Zustand. Dabei ist es Verpflichtung der Behördenleitung, die strategische Richtung und Ausrichtung der Behörde vorzugeben. Verpflichtung des mittleren Managements und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist es, diesem Rahmen die machbare, operative Füllung zu geben. Eine solche kooperative Erarbeitung des Leitbildes garantiert Fortschritt und Bodenhaftung gleichermaßen. Außerdem zeigt es die Sinnhaftigkeit des Behördenauftrags insgesamt und der Arbeit im Einzelnen auf. 2. Wirtschaftlichkeit und Wirkung Das Leitbild kann der erste Schritt zu wirkungsvollem und wirtschaftlichem Verwaltungsvollzug sein. Es geht um nichts weniger als das Selbstverständnis der öffentlichen Verwaltung als Teil der Exekutive. Hier ist zu entscheiden, ob der Behörde der vor allem gerichtssichere Vollzug der Gesetze im Verantwortungsbereich obliegt oder ob sich die Exekutive als gestaltende Kraft in Staat und Gesellschaft versteht. Gesetze als abstrakte Regelungstatbestände für alle möglichen Lebens- lagen bieten den Entscheidern immer verschiedene Lösungsmöglichkeiten, die alle rechtlich richtig sind, die aber – je nach der „ratio legis“, nach gesellschaftlichen Entwicklungsständen, der besonderen Lage im Einzelfall in Abwägung zum Allgemeinwohl oder politischen Notwendigkeiten – sehr flexibel angewendet werden können, ohne dass das Gesetz geändert werden muss. Das Leitbild kann hier Rahmen und Richtung für die Gesetzesanwendung im Verantwortungsbereich der Behörde geben. 3. Profilbildung Das Leitbild kann der Behörde Profil nach innen und nach außen geben. Es gilt, die Kernaufgabe der Behörde und die damit verbundenen Alleinstellungsmerkmale herauszuarbeiten. Es geht aber auch darum, wie die Behörde diese Kernaufgabe in der Praxis verwirklichen will. Themen dabei sind: y Aktualität des Wissens; y Beteiligung der Leistungsadressaten an der Entscheidungsfindung; y Umgangsstil im Innenund Außenverhältnis; y Transparenz von Entscheidungen und Prozessen. Dabei ist es wichtig, wirklich die Besonderheit der Kernaufgabe herauszustellen und nicht auf interne Unterstützungsleistungen wie IT-Einsatz oder Querschnittsaufgaben abzustellen. Bei Letzteren genügt der Hinweis auf eigene, kompetente strategische Steuerung und professionelle Unterstützung durch ein Dienstleistungszentrum oder Private. Alleinstellungsmerkmale herauszustellen kann insbesondere für Kommunen von Bedeutung sein. Ihre staatlichen Aufgaben sind überall gleich und können in Front- und Backoffices wirkungsvoll und wirtschaftlich organisiert werden. Dadurch entsteht Raum für die besondere Gestaltung der Selbstverwaltungsangelegenheiten. Nur hier kann das Gesicht der Kommune unverwechselbar geprägt werden. 4. Bewusstsein Das Leitbild kann die Realität und die Stärke der Behörde verändern. Das Leitbild ist nämlich kein Monolith, der nach dem einmaligen Kraftakt der Erarbeitung an den Wänden hängt, in Flyern verteilt wird und auf der Webseite nachzulesen ist. Das Leitbild wird erst dann mit Leben erfüllt und erhält erst dadurch seinen Sinn, wenn seine Leitsätze sich in allen Verhaltensweisen der Behördenleitung, aller Führungskräfte und aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowohl untereinander als auch im Verhältnis zu Externen widerspiegeln. Jede Entscheidung, ob strategisch oder operativ, ob in der Kernaufgabe oder in Querschnittsangelegenheiten (Organisationsmanagement, Personalmanagement, Finanzmanagement), muss von den Gedanken des Leitbildes getragen sein. Um dies zu erreichen, ist es praktisch, die Merkmale des Leitbildes in Zielvereinbarungen von der Spitze der Behörde bis zur Sachbearbeitung zu konkretisieren und diese mit messbaren Werten nach Qualität und Quantität der Leistungen zu versehen. In dieser Vernetzung werden dann auch die Balanced Scorecard und ein Controlling mit Kosten- und Leistungsrechnung sinnvoll. Aus den Ergebnissen kann man auf allen Ebenen leicht und tagesaktuell den Zielerreichungsgrad und damit die Ausfüllung des Leitbildes im Behördenalltag ablesen und im Zweifelsfall steuernd eingreifen. Verwaltungsmanagement 1/2012 17 BEHÖRDENLEITBILDER 5. Kultur Das Leitbild kann die Kultur der Behörde prägen. Fragen nach y der Führungshaltung der Vorgesetzten, y nach der Mitwirkung und dem Mitwirkungsgrad von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Entscheidungen (Mitarbeiter als „Entrepreneur“ oder als Befehlsempfänger und Zuarbeiter), y nach dem Umgang mit Externen (Behandlung im Über-/ Unterordnungsverhältnis im herkömmlichen Verständnis der Exekutive oder Verständnis als Partner mit Offenheit für die Interessenlage des Antragstellers/Auftraggebers wie bei einem Kundenverhältnis), y nach dem Umgang mit Wissen (Wissensmanagement), y nach dem Umgangsstil untereinander einschließlich dem Umgang mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus anderen Ländern und Kulturen (Integrationsmanagement) können in dem Leitbild beantwortet werden und der Behörde Richtung geben. Das Leitbild konkretisiert sich als Maßstab für Beurteilungen und für Entscheidungen über Leistungszulagen. Kulturelle Kompetenz im Sinne des Leitbildes wird Auswahlkriterium bei Einstellungsentscheidungen und bei der Besetzung von Stellen insbesondere von Führungspositionen. 6. Wandel Das Leitbild ist nicht für alle Zeit in Marmor gemeißelt. Das Zukunftsbild der Behördenleitung befindet sich – abhängig von politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, internationalen und gesetzgeberischen Entwicklungen – in einem ständigen Wandel und hat die Behördenentwicklung von der Gegenwart bis in eine fernere Zukunft im Blick. Das 18 Verwaltungsmanagement 1/2012 Zukunftsbild wird im Leitbild konkretisiert. Dabei sollte das Leitbild, damit es genügend realistische und erreichbare Ziele beschreibt, einen Zeitraum von fünf bis höchstens zehn Jahren umfassen. Die Behördenleitung muss entscheiden, ob und wann das Leitbild einer Aktualisierung bedarf. Dabei ist auch zu bedenken, dass durch Personalfluktuation auf allen Ebenen viele Ideen und Zielrichtungen, die für die Erarbeiter des Leitbildes von Bedeutung und selbstverständlich waren, verloren gehen. Hintergründe und Zusammenhänge müssen neu gedacht werden, damit sie in der Behörde wirken können. Auch über die Methode der Aktualisierung muss die Behördenleitung entscheiden: y Soll ein vollkommen neues Leitbild erarbeitet werden, zum Beispiel weil sich für die Behörde grundlegende Änderungen in der Aufgabenstellung ergeben haben? y Oder soll auf der Basis des vorhandenen Leitbildes und der strategischen Richtungsentscheidung der Behördenleitung jeder Leitsatz auf den Prüfstand gestellt werden? y Soll die Erarbeitung direktiv, kooperativ oder demokratisch erfolgen? Diese Überlegungen zeigen, dass das Leitbild – richtig verstanden und eingesetzt – durchaus kein „sozialromantisches Dokument“ (F.A.Z. vom 05.02.2007) ohne praktischen Nutzen ist, sondern in vielerlei Hinsicht der strategischen Steuerung der Behörde dienen kann. Allerdings entfaltet es seine Wirkung erst in Verknüpfung mit anderen betriebswirtschaftlichen Instrumenten: y als Basis für die Balanced Scorecard und daraus folgende Zielvereinbarungen mit Controlling und Kosten- und Leistungsrechnung, y als Richtschnur für das Organisationsmanagement mit Folgerungen für die Geschäftsprozessoptimierung und den IT-Einsatz, y als Steuerungsgröße im Personalmanagement und schließlich y als Kulturkompass der Behörde. Nur in dieser Wirkungsvernetzung ist der Aufwand für Entwicklung und Pflege eines Leitbildes vertretbar. Das Leitbild als reines Vorzeigeobjekt sollte hingegen entfallen. Die Behördenleitung wird sich vor diesem Hintergrund entscheiden müssen: Will sie der Behörde unternehmerischen Charakter geben und ein Leitbild in Verknüpfung mit betriebswirtschaftlichen Instrumenten, die sich in Unternehmen vielfach bewährt haben, zur Führung einsetzen? Oder sind für die Aufgabenerfüllung, den Gesetzesvollzug, die verwaltungseigenen Instrumente, zum Beispiel das verdiente Bürokratiemodell nach Max Weber, besser geeignet? VERFASSER GisoSchütz VizepräsidentdesBundesverwaltungsamtesa.D. y als Element im Qualitätsmanagement, y als Ausgangspunkt für das Changemanagement, www.refa.de © Pitopia Die Notwendigkeit zur Fort- und Weiterbildung in Electronic Government in der öffentlichen Verwaltung VonMargitScholl Electronic Government ist die Nutzung elektronischer Medien zur Einbindung von Bürgern, Unternehmen und Behörden in das Verwaltungshandeln. Es soll die Durchführung von Prozessen der öffentlichen Willensbildung, der Entscheidung und der Leistungserstellung in Politik, Staat und Verwaltung modern und kundenorientiert gestalten. Welche Entwicklungen und Herausforderungen mit der Einführung elektronisch gestützter Dienstleistungen und Online-Services seitens der öffentlichen Verwaltung verbunden sind, beschreibt dieser Artikel. www.refa.de Verwaltungsmanagement 1/2012 19 ELECTRONIC GOVERNMENT Verwaltungs­ modernisierung durch E­Government Unter Electronic Government (kurz: E-Government) wird die Nutzung des Internets und seiner Dienste sowie weiterer elektronischer Medien zur Einbindung der Bürger und Unternehmen in das Verwaltungshandeln sowie zur verwaltungsinternen Zusammenarbeit verstanden. Damit verbunden sind die Entwicklung und Einführung elektronisch gestützter Dienstleistungen und Online-Services seitens der öffentlichen Verwaltung, um die Durchführung von Prozessen der öffentlichen Willensbildung, der Entscheidung und der Leistungserstellung in Politik, Staat und Verwaltung modern und kundenorientiert zu gestalten. Dies verweist gleichzeitig auf die unglaubliche Dimension von E-Government als Änderungspotenzial hinsichtlich Transparenz, Kooperation und Interaktion aller Akteure innerhalb der G2xProzesse1 und auf die hehren Ansprüche einer sicheren und nachhaltigen Partizipation aller Beteiligten. Die Modernisierung von Staat und Verwaltung ist somit maßgeblich durch den Einsatz moderner Informationstechnologien angetrieben und geprägt [1]. Nach Luck et al. wird die Neugestaltung von Staat und Verwaltung damit gleichsam zu einer Frage der Gestaltung und des Einsatzes von Informationstechnologien. Wenn Technik die Rolle „als Motor für Veränderungen“ in Staat und Verwaltung übernimmt [1], wird Technik zur Triebfeder sozialer Innovationen. Damit sind E-GovernmentProjekte ohne Informationstechnologie (IT) nicht denkbar. Sie sind aber keineswegs „nur“ komplexe Informationstechnologie- (IT-) Projekte, sondern gehen von ihrem Anspruch und ihrer Wirkung 20 Verwaltungsmanagement 1/2012 weit darüber hinaus – sie bedeuten in letzter Konsequenz einen Umbau der Gesellschaft. Denn das Internet und seine innovativen Dienste verändern die Gesellschaft auf dem Weg zu einer globalen Informations- und Wissensgesellschaft. Diese Veränderung beeinflusst nicht nur das Verhältnis der öffentlichen Verwaltung nach außen zu ihren Kunden, sondern auch nach innen zu ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und wird zum Beispiel für das Verhältnis von (Linien-) Management und (Projekt-) Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht ohne Auswirkung bleiben können. Ebenso wird das Verständnis der Bedeutung von E-Government für die Verwaltungsmodernisierung entscheidend für den Erfolg der praktischen Umsetzung von E-Government sein. Gerade mit den E-GovernmentProjekten der ersten Stunde2 wurden bereits bemerkenswerte Erfahrungen festgehalten, die unter dem Blickwinkel eines ganzheitlichen Projektherangehens immer noch von aktueller Relevanz sein dürften, vor allem im kommunalen Sektor, der das tatsächliche E-Government zum Bürger stemmen muss. So wurde gleich im ersten Dokument, dem Leitfaden für Behördenleiter3, festgehalten, dass EGovernment „Chefsache“ ist – eine Erkenntnis, die zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor von entsprechenden Projekten wird. Chefsache meint, dass das (Top-) Management der öffentlichen Verwaltung einen Rahmen für kreatives Arbeiten der Projektteams setzt, ohne sich seiner eigenen Verantwortung zu entziehen und damit diesen Rahmen sichert, um Projekte erfolgreich abwickeln zu können. Es gehört zu den Aufgaben des Managements, den strategischen Rahmen zu setzen und aktiv unterstützend Kompetenz in der öffentlichen Verwaltung aufzubauen. Damit werden die notwendigen Handlungsund Gestaltungsspielräume geschaffen, um innovativ voranzukommen. Für die Bundesregierung und die öffentliche Verwaltung des Bundes als Großauftraggeber von Modernisierungsprojekten hat die IT in der Tat eine neue Dimension bekommen. Ohne IT gibt es y keine Modernisierung des Verwaltungshandelns, y keine Verbesserung der Dienstleistung und Servicequalität sowie y keine Steigerung der Effizienz und Effektivität. Doch IT führt keineswegs automatisch zum erhofften Erfolg: Verschiedene Untersuchungen und unterschiedliche Evaluationsdaten von IT-Projekten zeigen seit Jahren wiederkehrende Schwachstellen trotz professionellen Projektmanagements (PM). Viele Projekte dauern deutlich länger und sind teurer als geplant. Und ein Viertel wird abgebrochen oder – wie es der Präsentation der Prüfungsmitteilung des Bundesrechnungshofes (BRH) über größere IT-Projekte [2] zu entnehmen ist – meistens in ein neues Projekt übergeführt. Hinzu kommt, dass nicht nur das Projekt, sondern auch das Projektergebnis, das Produkt, betrachtet werden sollte – ist es doch das eigentliche Geschäftsziel des Projektes, das nicht selten weniger Funktionalität als erwartet aufweist, sodass für beides – Projekt und Produkt – ein gewisser Mangel an Qualität zu prognostizieren ist. Nach dem BRH bestätigte die Standish Group diese Tendenz der „(Miss-) Erfolgsfaktoren Projektgröße, Projektdauer, Projektpersonal“. Großprojekte müssen in überschaubare, aufeinander aufbauende Projekte untergliedert werden, will man damit Erfolge erzielen. Es ist inzwischen davon auszugehen, dass IT-Projekte vor allem dann erfolgreich absolviert werden können, wenn sich die (Teil-) Projektdauer auf ein Jahr begrenzen lässt – so bleiben der technische Lebenszyklus und die Risiken überschaubar und ITProjekte scheitern in diesem Zeitrahmen weniger an überholten technischen Spezifikationen. Allerdings ist damit die Gefahr an unzureichender organisatorischer Einbettung und mangelnder Akzeptanz nicht aus dem Weg geräumt. Da E-Government-Projekte weit über IT-Projekte hinausgehen, ist hier ein qualifiziertes Know-how noch entscheidender. Eine vorausschauende und intensive Projektvorbereitung sollte unter reflektierender Berücksichtigung der sogenannten Stakeholder eine klare, ganzheitliche Zieldefinition aufweisen und eine Risikoanalyse mit Präventivmaßnahmen beinhalten. Kompetenz für E-Government und seine Projekte in der öffentlichen Verwaltung aufzubauen bedeutet somit, die rechtzeitige und kontinuierliche Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung zu sichern. Die Anforderungen an EGovernment-Anwendungen bleiben ein komplexes Thema und der beständige Dialog zwischen Auftraggeber (Verwaltung) und Auftragnehmer (Unternehmen) unabdingbar für den Projekterfolg. Ein 1) G2C (Government to Citizen), G2B (Government to Business), G2G (Government to Government), G2A (Government to Agents), G2E (Government to Employees), G2N (Government to Non profit organizations) etc. 2) Gemeint ist die Initiative BundOnline 2005, siehe: http://www.cio.bund. de/cln_093/DE/E-Government/e-government_node.html;jsessionid=E40A 78FB2715753BC62BC5EBA837EF5D, Zugriff 08.01.2011. 3) https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/ Egovernment/1_Chef_pdf.pdf?__blob =publicationFile, Zugriff: 16.01.2011. www.refa.de ELECTRONIC GOVERNMENT weiterer, geradezu objektiver Umstand trifft anfangs jedes Projekt: Die Abschätzung des Aufwands und der Kosten zu einem Zeitpunkt, an dem man die Anforderungen und die Komplexität des Projektes in keinster Weise vollständig kennen kann, erfordert viel subjektive Erfahrung. Insofern liegt die Aufgabe beim Schätzen, wie Mangold [3] sagt, „nicht darin, FunctionPoint-Analysen zu erlernen, sondern ein fundiertes Verständnis dafür zu entwickeln, was es bedeutet, wenn Menschen mit unterschiedlichen Interessen, unterschiedlichen Kenntnissen und unterschiedlichen persönlichen Zielen an einer fast immer zu ungenau definierten Aufgabe gemeinsam arbeiten sollen.“ Der öffentliche Auftraggeber sollte sich seiner eigenen Rolle in E-Government-Projekten bewusst sein und klären, welche Kompetenzen intern vorzuhalten sind, um seiner Mitwirkung und seiner Kontrollfunktion gerecht zu werden. Dies würde auch bedeuten, dass das (Top-) Management der öffentlichen Verwaltung eher durch Beständigkeit geprägten Verwaltung auf eine gewisse Zurückhaltung stieß“ [4]. Doch die öffentliche Verwaltung kommt an einem gemeinsam strukturierten Vorgehen von Bund, Ländern und Kommunen für ein einheitliches E-Government nicht mehr vorbei. Es hat seit Jahren strukturelle, technische und rechtliche Voraussetzungen geschaffen und über den seit April 2010 etablierten IT-Planungsrat4 im September 2010 dazu eine neue nationale E-Government-Stategie beschlossen5. Das war eine mehr als notwendige Maßnahme, um die deutsche E-Government-Stagnation im EU-Vergleich zu überwinden. Das Zielsystem der nationalen E-Government-Strategie beinhaltet folgende Aspekte: y Orientierung am Nutzen für Bürger, Unternehmen und Verwaltungen; y Wirtschaftlichkeit und Effizienz der (vollständig digitalisierten) Prozesse; y Transparenz der Gesetzgebung, der Verfahren und der Daten sowie Datenschutz; y seine internen Projektteams in vielfältiger Weise stärkt, y gesellschaftliche Teilhabe/ Mitwirkung von Bürgern und Unternehmen; y ihnen Zeit und Kompetenzen gibt und y Innovationsfähigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit durch EGovernment-Forschung; y die Entwicklung neuer Fähigkeitsprofile der Beschäftigten unterstützt. Welche Ziele verfolgt E­Government? Mit Verwaltung und IT treffen sehr unterschiedliche Kulturen aufeinander, wie es auch der Äußerung von Cornelia Rogall-Grothe, der Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern (BMI) und Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik, zu entnehmen ist: „Es ist nicht verwunderlich, dass die durch sehr kurze Innovationszyklen geprägte [IT-] Branche in der www.refa.de y Standardisierte, modulare IT, gekennzeichnet durch Einfachheit und Wiederverwendbarkeit. Das für 2009 bis 2011 geltende Investitionsprogramm des Bundes in Höhe von 500 Millionen Euro ist fast vollständig ausgegeben bzw. festgelegt. Es kam dabei offenbar über 400 Unternehmen zugute 7. Nach Abele bleibt die IT „auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung das leistungsfähigste Instrument für Produktivitätssteige- Volle Online-Verfügbarkeit im europäischen Vergleich6 rungen“ [5]. Seit Jahren findet „in der Bundesverwaltung ein Personalabbau durch lineare Stellenkürzungen von jährlich durchschnittlich 1,5 Prozent statt. Seit 1998 sind rund 30.000 Personalstellen, also fast jede zehnte Stelle, eingespart worden. Das wiedervereinte Deutschland wird heute mit weniger Personal verwaltet als die damalige Bundesrepublik.“ Doch als eigentliches Hemmnis sieht Abele [5] das „Vorurteil, dass Modernisierung und eGovernment zwar die Qualität erhöhen, aber wirtschaftliche Kostenfaktoren sind …“. Und, dass „Einsparungen durch Modernisierung und Online-Diensten … schwer vorauszuberechnen“ sind. „Einsparungen liegen oftmals in anderen Bereichen und Behörden als in denen, in die investiert wurde. Denn Infrastrukturinvestitionen haben nach einiger Zeit auch Nutzeneffekte außerhalb des engeren Betrachtungsrahmens.“ Das macht Wirtschaftlichkeitsberechnungen als Auswahlkriterium für nationale E-Government-Projekte schwierig. Nach Abele gibt es „daher … für den Public Sector kaum veröffentlichte (IT-) Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Häufiger werden Projekte nach Dringlichkeit, qualitativer und strategischer Bedeutung sowie externen Effekten begründet.“ [5] Die Bertelsmannstiftung hat bereits 2002 mit einem „10-Punkte-Plan“ für ein „gutes E-Government“ plädiert [6]. Danach gelten folgende zehn Handlungsanweisungen als entscheidend für seine Umsetzung: y Prozesse gestalten; y Transparenz herstellen; y Beteiligung ermöglichen; y Nutzer einbinden; y Standards nutzen; y Kooperation sicherstellen; y Finanzierung maßschneidern; y Service bieten; y Kompetenzen schaffen; y Marketing planen. Dadurch ergibt sich eine Reihe von Fragen: y Was bedeuten diese zehn Punkte im Wechselspiel zwischen Management und Projekt? y Wird Wesentliches für innovative Projekte durch das 4) http://www.cio.bund.de/cln_093/ DE/Ueber_uns/IT-Planungsrat/itplanungsrat_node.html, Zugriff: 18.01.2011. 5) http://www.cio.bund.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Aktuelles/ nationale_e_government_strategie_beschluss_20100924_download. pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 08.01.2011. 6) http://lh4.ggpht.com/_3uCQVv x80II/TAqslZ3EVYI/AAAAAAAACp4/ bauAu-xdsc0/egovernment-entwicklung-2010.jpg, Zugriff: 16.01.2011. 7 ) h t t p : / / w w w. c i o . b u n d . d e / SharedDocs/Kurzmeldungen/ DE/2011/20110114_it_investitionsprogramm.html, Zugriff 08.01.2011. Verwaltungsmanagement 1/2012 21 ELECTRONIC GOVERNMENT Management der öffentlichen Verwaltung in seiner Innenstruktur tatsächlich erreicht? y Versteht sich das Management im Sinne Mangolds [3], „Dinge zu tun, damit [das] Umfeld seine volle Energie entfalten kann“? y Und befähigt es sein Umfeld, „diese Energie für die jeweiligen Ziele optimal einzusetzen und diese nachhaltig zum Erfolg zu bringen“? y Baut das Management der öffentlichen Verwaltung organisatorische und emotionale Hürden ab? y Stärkt das Management der öffentlichen Verwaltung die Projektmitarbeiter? y Motiviert es mit Vertrauen und Unterstützung? y Befähigt es sie, Ziele selbstständig erreichen zu können? Oder, wie Mangold [3] postuliert: „Überhöhte Kosten und Verluste entstehen nicht dadurch, dass jemand seine Arbeit macht. Sie entstehen dadurch, dass dieser Jemand seine Arbeit nicht machen kann. Sei es durch fehlende Ausbildung, fehlende Kompetenzen, fehlende Ziele, fehlende Unternehmensvisionen oder ein Management, das über jeden anzuschaffenden Kugelschreiber selbst entscheiden will.“ Der BITKOM (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V.), der mehr als 1 000 Unternehmen, davon 850 Direktmitglieder mit 120 Milliarden Euro Umsatz und 700 000 Beschäftigten, vertritt, veröffentlichte im Juli 2010 eine Stellungnahme zur nationalen E-GovernmentStrategie und eine Roadmap für die konkreten Umsetzungen von E-Government-Anwendungen in den öffentlichen Verwaltungen bis 2015 [7]. Unter vielen kritischen Aspekten wird unter anderem betont, dass ein effizientes EGovernment durch Geschäfts- 22 Verwaltungsmanagement 1/2012 prozessmanagement erreicht wird, das die „Prozesse … so gestaltet …, dass sie verbindlich sind, den Mitarbeiter durch Einbindung der IT in seiner Arbeit unterstützen und regelmäßig überwacht, bewertet und verbessert werden können.“ Nach dem BRH [1] ist die Bundesverwaltung zwischenzeitlich existenziell von der IT abhängig, der größte Teil des IT-Budgets ist fest für Betrieb, Unterhaltung und Weiterentwicklung verplant. Auf Nachfrage des BRH nach „Verbesserungspotentialen bei IT-Großprojekten“ bzw. bei „Software-Entwicklungsprojekten“ beschrieb das Bundesministerium des Innern (BMI) die Situation 2001 einerseits mit rasch steigender Komplexität und rasch steigendem Aufwand durch y höhere rungen, Qualitätsanforde- y zunehmenden Funktionsumfang, y mehr Beteiligte, y zu berücksichtigende AltVerfahren und y stärkere Integration anderen IT-Verfahren. mit Andererseits wird die Situation mit konkurrierenden Beziehungen der Projektzielgrößen Leistung, Zeit und Ressourcen beschrieben. Der BRH [1] bemängelt in seiner Rückschau unter anderem y die fehlende Strategie, welche Kompetenzen intern vorzuhalten sind, y das mangelnde NutzenInkasso der Fachbereiche, y die unzureichende Freistellung und Qualifizierung des Projektpersonals y den und Know-how-Transfer y das fehlende SteuerungsKnow-how hinsichtlich der extern Beteiligten. Allerdings ist das Auftraggeber-/Auftragnehmer- (AG-/ AN-) Verhältnis innerhalb bzw. zwischen Verwaltungsteilen keineswegs konfliktärmer. Vielmehr unterliegen „interne“ IT-Dienstleister sogar verstärkt einer permanenten „Überplanung“, weil jeder „interner AG“ in ihm „seinen“ AN sieht. Das ZIVIT hat auf diese Begehrlichkeiten seit 2006 mit y einem neuen Portfoliomanagement, y einem „auftraggeberübergreifenden Priorisierungsprozess“ und y einem ganzheitlichen Ressourcenmanagement für Personal, Haushalts- und Sachmittel setzung wahrgenommen hat und eine kreative Arbeit der Projektleitung und des Projektteams unterstützt und fördert. Oder, wie Mangold [3] sagt: „Das Erleben von Erfolg hängt vor allem im Beruf stark mit Verantwortung zusammen. … An etwas mitzuarbeiten bedeutet auch, Verantwortung für einen Teil zu tragen. Letztendlich bedeutet dies, persönlich am Gesamtergebnis Teil zu haben. … Gönnen Sie jedem sein persönliches Erfolgserlebnis und helfen Sie bei dessen Erreichung. Nur wer erfolgreich sein darf, liefert auch gute Ergebnisse.“ geantwortet [8]. Für die Projektleitung sind generell die spezifischen Kommunikationsformen und Informationsflüsse mit den unterschiedlichen Akteuren in dem Projekt von zentraler Bedeutung. Ebenso wird das Vorgehen im Projekt stark von dem Umstand beeinflusst, wie das Projekt und der/die Projektleiter/in in das Umfeld, die Linienorganisation eingebettet sind und welche Unterstützung und Kompetenzen ihnen zugesprochen werden. Die konkreten PM-Methoden können die Projektleitung und das Projektteam zwar lernen. Meistens werden die Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung jedoch ohne vorangehende Schulung in ein Projekt beordert, ohne ein entsprechendes Fähigkeitsprofil sicherzustellen. Wen wundert es, dass Fazit: Fort­ und Weiterbildung y Qualitätssicherungen nicht durchgeführt werden? Nach Mangold [3] ist „Management … eine Katalysatorfunktion“ und das Ergebnis dieser Katalyse das definierte Projektziel. „Die Elemente [= Zutaten], die an der Katalyse teilnehmen, sind Menschen, Vorgaben, Werkzeuge, Pläne und weitere Bestandteile eines Projekts.“ Projektmanagement, so Mangold, ziele darauf ab „mit solchen Zutaten das definierte Projektziel zu erreichen“ und dabei nicht nur „passende Zutaten auszutauschen“, sondern auch „deren Zusammensetzung zu verändern.“ Die Ziele, von denen Mangold spricht, lassen sich allgemein als erwünschte Ergebnisse individuellen Handelns bezeichnen und haben eine wichtige Orientierungsund Koordinationsfunktion. Es geht aber nicht nur um das Zusammenstellen und Mischen von Zutaten, sondern um „zielorientierte“ Handlungskoordination und Qualifizierung. Gleich wichtig ist, ob die Projektleitung als Einzelkämpfer agieren muss oder ob das Management seine Aufgabe einer institutionalisierten Rahmen- Dazu ist es notwendig, konkrete Zielsetzungen von EGovernment, von Prozessen und Projekten zu beraten und zu vermitteln. Ebenso ist es y Arbeitsaufträge nicht präzise formuliert, y Projekt- und Produktrisiken nicht beachtet, www.refa.de ELECTRONIC GOVERNMENT Die öffentliche Verwaltung soll durch E-Government y schneller, y einfacher, y kostengünstiger und nicht zuletzt y bürgernäher werden. Die vielfältigen Chancen, die sich aus neuen Technologien, besserer Qualifikation aller Beteiligten und modernem Management in Verbindung mit aktiver, strategischer Rahmensetzung ergeben, sind zu nutzen. EGovernment birgt ein großes Änderungspotenzial für gesellschaftliche Partizipation in sich; es wird an internen Verwaltungsstrukturen nicht haltmachen. Die zu entwickelnden und eingesetzten Softwareanwendungen werden die sozialen Prozesse aller Beteiligten stark beeinflussen. Deshalb ist ein ganzheitliches Verständnis der Dinge, auch von Qualität und Qualitätssicherung im E-Government, zu entwickeln, denn fehlende Qualität kostet nicht nur Geld, sondern macht auch unzufrieden. Nach Mangold [3] ist Qualität eine Frage der Kultur: „Da Qualität eine kulturelle Begleiterscheinung ist, kann sie nur in einer Umgebung gedeihen, in der sie auch gehegt www.refa.de und gepflegt wird. Sie muss explizit gewünscht werden. In einem Umfeld, das Qualität als nebenläufig betrachtet, wird diese niemals entstehen. Sie wird das Steckenpferd Einzelner bleiben und ein Schattendasein fristen. Diese Tatsache wird leider immer wieder unterschätzt.“ Das lässt sich durch eine zentral gepflegte Qualitätskultur zwar regeln, wird jedoch nur durch individuelles Engagement leben. Zur Qualität der öffentlichen Verwaltung als Dienstleister für Bürger und Wirtschaft gehört die umfassende Qualiizierung der Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter. Umfassende Qualifizierung beinhaltet heutzutage fundierte Kenntnisse über Grundlagen, Ziele und Möglichkeiten von E-Government. Ebenso sollten die organisatorischen Rahmenbedingungen und Gestaltungspotenziale sowie die besonderen Herausforderungen bei der Planung und Durchführung von E-Government-Projekten bekannt sein. Kenntnisse des Standes aktueller E-Government-Anwendungen sind genauso wichtig wie BestPractice-Beispiele und das Verstehen der EU-Dienstleistungsrichtlinie als möglicher Treiber von E-Government. Dieses und etliches mehr sind die Inhalte des Seminars E-Government, das ein integrativer Bestandteil der Fortbildung zur REFA-Prozessmanagerin / zum REFAProzessmanager ist. Ob Fach-/ Führungskräfte aus allen Bereichen, Projektleiter/Organisationsberater oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Prozessmanagement-Teams: Nutzen Sie diese Möglichkeit der komprimierten, praxisorientierten und kompetenten Vermittlung komplexer Seminarinhalte zu E-Government! [6] Bertelsmannstiftung (2002): 10-PunktePlan für gutes E-Government. http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/ rde/xbcr/SID-1837B69A-34452D2A/bst/ xcms_bst_dms_18431_18432_2.pdf, Zugriff: 16.01.2011. [7] http://www.bitkom.org/files/documents/StN_Nationale_E-Government_ Strategie_BITKOM_2010.pdf, Zugriff: 16.10.2011. [8] Milz (2010): Priorisierung in der Bundesfinanzverwaltung, Präsentation auf der Messe Moderner Staat in Berlin am 28.10.2010. VERFASSERIN Literatur [1] Luck von et al. (2005): E-Government-Forschungsplan: Handlungsfelder für eine neue Strategie in Deutschland, Gesellschaft für Informatik (GI), Fachbereich Rechts- und Verwaltungsinformatik Fachausschuss Verwaltungsinformatik (VI), Bonn. [2] Ditzen (2009): Verbesserungspotentiale bei der Umsetzung von (IT-) Projekten, Bericht über eine Qerschnittsuntersuchung des Bundesrechnungshofes 2005-2008, Präsentation im BAköV IT-Forum „Projektmanagement und IT-Bund“, 13.6.2009 in Berlin. Prof.Dr.MargitScholl TechnischeHochschuleWildau FBWirtschaftVerwaltung undRecht Kontakt: [email protected] [3] Mangold (2009): IT-Projektmanagement kompakt, 3. erw. Aufl., Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg. [4] Rogall-Grothe (2010): Potenziale des E-Governments gemeinsam nutzen, in: eGovernment Kompendium 2011 – ITReferenzbuch für den Öffentlichen Sektor, Vogel Business Media, Würzburg, Vogel ITMedien GmbH, S. 3. [5] Abele, Bearing@Point Partner (2010): Sparen an oder durch Modernisierung?, in: eGovernment Kompendium 2011 – ITReferenzbuch für den Öffentlichen Sektor, Vogel Business Media, Würzburg, Vogel ITMedien GmbH, S. 20-21. Unter E-Government (deutsch: E-Regierung) im weiteren Sinn verstehtmandieVereinfachungundDurchführungvonProzessen zur Information, Kommunikation und Transaktion innerhalb und zwischen staatlichen, kommunalen und sonstigen behördlichen Institutionen sowie zwischen diesen Institutionen und Bürgern bzw.UnternehmendurchdenEinsatzvondigitalenInformations- undKommunikationstechniken.E-GovernmentfasstsomitE-AdministrationundE-Democracyzusammen. Quelle: Wikipedia wichtig, aktuelle E-Government-Anwendungen – der neue Personalausweis, DeMail, einheitliche Behördennummer D115, KFZ-Wesen online usw. – und deren Historie zu kennen, Hintergründe der Informationssicherheit und Schutzwerte wie Vertraulichkeit, Verfügbarkeit, Integrität, Authentizität, Zuverlässigkeit und Rechtsverbindlichkeit zu verstehen sowie die Auswirkungen von Verschlüsselung, digitaler Signatur, Zugriffszertifikaten und elektronischen Identitätsdaten in Verwaltungsprozessen zu erfahren. Dimensionen von E-Government Verwaltungsmanagement 1/2012 23 © Pitopia Wissensmanagement wird in den Köpfen entschieden! Voraussetzungen für ein erfolgreiches Informations- und Wissensmanagement und für Kommunikation Von Ulrich Zuber Institutionen begegnen hohem Kostendruck und Veränderungsbedarf häufig mit neuen, variierten, ggf. isolierten Maßnahmen und Methoden aus den Bereichen Organisation, Technik und Personal. KostenLeistungs-Rechnung, Controlling, Aufgabenkritik und -analyse, technische Lösungen wie Dokumentenmanagement und Personalentwicklungskonzepte sind wichtige Beispiele und Werkzeuge. Einen Hype erfahren derzeit die Social Media. Dennoch gehören diese Methoden nur zum Erste-Hilfe-Kasten einer modernen Institution. Es lohnt sich, genau hinzusehen. 24 Verwaltungsmanagement 1/2012 Die zunehmende Komplexität der angesprochenen Veränderungen, die fortlaufende Verkürzung technischer Innovationszyklen sowie neue Managementansätze beeinflussen und verstärken sich gegenseitig, etablieren ständigen Wandel und lassen paradoxerweise nicht die notwendige Zeit zur Innovation. Sie legen einen neuen Maßstab an die Veränderungsfähigkeit an: Institutionen werden zukünftig nur wettbewerbsfähig sein, wenn sie sich die Fähigkeit zum ständigen Wandel aneignen und diese bewahren. Wandel und Veränderungsfähigkeit lassen sich allerdings www.refa.de WISSENSMANAGEMENT nicht an der Anzahl, dem Volumen oder der Wertigkeit der einzelnen Modernisierungsprojekte messen. Vielfältige zeitgleiche Veränderungsprozesse erreichen nicht den gewünschten Erfolg, wenn y es an einem orchestrierten Zusammenspiel und an Kommunikation fehlt und y sie nicht auf eindeutige und verständliche Strategieziele ausgerichtet sind. Der Kanon der Veränderungen wirkt sich dann gegenteilig aus: Ohne Synchronisation entwickelt er sich zu einem werteverzehrenden Strudel – nicht nur in finanzieller, sondern gerade in arbeitskultureller Hinsicht: Dieser Strudel verzehrt bestehende Zusammenarbeit, Kommunikation und Wissen schneller, als neue Strukturen und Prozesse aufgebaut sowie in der Organisation vertraut gemacht werden können. Ist die Erosion von Kommunikation, Kompetenz und folglich von Wissen erst in Gang gekommen, kann diesem Prozess nur schwer gegengesteuert werden. Hierarchieorientierte und traditionelle Organisationen begegnen dieser Entwicklung mit einer zentralisierten Steuerung, mit Standardisierung und mit weiteren Berichtspflichten bis hin zu einem Multiprojektmanagement. Es besteht aber die Gefahr, dass den Fachbereichen Entscheidungs- und Handlungsspielraum entzogen oder dies entsprechend empfunden wird. Werte- und Identifikationsverlust sind die Folge, führen zu Motivations- und Wissensblockaden, Abbau von „Schwarmintelligenz“, fehlender Entwicklungsdynamik, reduzierter Kommunikation und münden in weiterem Ressourcenbedarf. www.refa.de Kein Wissen ohne Innovation: Wissensmanagement braucht neues Denken, um Neues denken zu können! In diesem Strudel bietet die Erkenntnis einen Anker, dass die zentralen Faktoren für einen erfolgreichen, dauerhaften Wandel nicht Techniken oder Methoden sind, sondern das Vertrauen in die Kompetenz, Lern- und Gestaltungsbereitschaft und Erfahrung der Beschäftigten. Häufig werden Wissensteilung und Kommunikation zwar eingefordert, die entsprechenden erforderlichen Rahmenbedingungen aber aus vielfältigen, teilweise tradierten Gründen nicht geschaffen oder gar abgebaut. Folgende Zitate verdeutlichen diesen Aspekt: y „Es werden höchstens 5.000 Fahrzeuge gebaut werden. Denn es gibt nicht mehr Chauffeure, um sie zu steuern.“ (Gottlieb Daimler) y „640 Kilobyte (Arbeitsspeicher) ist alles, was irgendeine Applikation jemals benötigen sollte.“ (Bill Gates, 1981) y „Ich denke, es gibt weltweit einen Markt für vielleicht fünf Computer.“ (Thomas Watson, Vorsitzender von IBM, 1943) y „Schön, aber wozu ist das Ding gut?“ (Ein Ingenieur der Forschungsabteilung von IBM 1968 über den Mikrochip) Der tatsächliche Verlauf der Themen zeigt, dass sich das Management rechtzeitig von traditionellen und gesellschaftlich geprägten Denkansätzen und Steuerungsprozessen lösen muss, um Möglichkeiten zu erkennen und die zukunftsweisenden Rahmenbedingungen in der eigenen Institution zu schaffen. Ein modernes Wissensmanagement und eine aktive Kommunikation erfordern die Gestaltungsbereitschaft des Managements hin zu einer wissensorientierten Organisation mit einem ergebnis- und kompetenzorientierten Steuerungsansatz. Für einen erfolgreichen Wandel sollte daher Basis und Managementziel sein, rechtzeitig und zielgerichtet eine wissens- und ergebnisorientierte Organisation aufzubauen, die eine Innovations- und offene Fehlerkultur verbindet. Ein wichtiges Instrument hierfür ist ein modernes Wissensund Kommunikationsmanagement. Die Zusammenarbeit, die Kommunikation und der Wissensaustausch werden in einer Institution von einer Vielzahl organisatorischer und personalorientierter Rahmenbedingungen sowie von technischen Instrumenten reglementiert und damit geprägt. Folglich können alle Beschäftigen der Institution ihr Wissen nur in dem Maße nutzen, kommunizieren und ihre Erfahrung einbringen, wie es die Summe aller Rahmenbedingungen der Institution zulässt. Diese Rahmenbedingungen sind in ihrer Gesamtheit mit ihren gegenseitigen Abhängigkeiten und komplexen Wechselwirkungen nur aufwendig darstellbar. Sie sind aber für jeden einzelnen Beschäftigten als Wissenskultur trotzdem unmittelbar erfahrbar. Daher gilt: y Wissensnutzung und Kommunikation sind das Ergebnis der Rahmenbedingungen; sie sind damit nicht die Ausgangslage oder Problemstellung. Diese trennscharfe Differenzierung ist erforderlich, denn dadurch wird deutlich, dass Wissensnutzung und Kommunikation keine unmittelbaren Stellschrauben sein können: In einer mathematischen Berechnung ist das Ergebnis weiterhin folgerichtig, auch wenn „das Ergebnis nicht gefällt“. An dem Ergebnis – der Wirkung – zu laborieren, führt von den Ursachen und Stellgrößen weg. Entgegen den oben beispielhaft genannten Instrumenten des Werkzeugkastens mit mess- und steuerbaren Daten, Prozessen und Methoden kann sich Wissen als intellektuelles Kapital dem direkten Zugriff des Managements entziehen und sich jederzeit dem Management-Ideal der Planbarkeit, Steuerbarkeit und Kontrollierbarkeit versagen. Um das gewünschte Ergebnis zu erhalten, müssen sich die ganze Organisation und ihr internes wie externes Handeln verändern, wenn dieses auf der Nutzung von Wissen und Kommunikation beruht. Gerade in der Verwaltung und dem Dienstleistungssektor ist Wissen das Handwerkszeug und die zentrale entscheidende Ressource. Der Maßstab für Wissensteilung und Kommunikation muss an die Rahmenbedingungen und die diesbezügliche Lern- und Gestaltungsbereitschaft angelegt werden. „Neues denken durch neues Denken“ ist für ein Wissensmanagement untrennbar miteinander verbunden und sollte Programmsatz für Beschäftigte und Führung sein. Damit ist aber auch deutlich, das Wissensmanagement einen langen Atem haben muss. Keine Innovation ohne Wissen: Wissen als strategischer Faktor Wissen ist ein wesentlicher Faktor in der Formel des Erfolges einer Institution. Für eine erfolgreiche Umsetzung des Wissensmanagements ist maßgeblich, dass Wissen als ein zentraler Faktor in der Verwaltungsmanagement 1/2012 25 WISSENSMANAGEMENT Strategie verankert wird. Nur so lassen sich Wissen und Kommunikation als Gestaltungsaspekte auf jeder Zielebene aktiv anvisieren und einfordern. Die Wissensmanagementstrategie bricht den Faktor Wissen auf die Management- und Konzeptebenen bis zur operativen und Instrumentenebene herunter. Sie gibt einen Überblick über die Ausrichtung des Wissensmanagements, weist auf Rahmenbedingungen, Restriktionen und Einflussgrößen hin, erläutert Wirkungsmöglichkeiten und spezifische Teilziele. Dabei wird deutlich und transparent: Die Abhängigkeit des Wissensmanagements von organisatorischen, personalen und technologischen Rahmenbedingungen betrifft und beteiligt alle Bereiche und Beschäftigte jeder Funktionsebene. Es ist erforderlich, die Zusammen- und Wissensarbeit umfassend zu organisieren. Vorgehensmodell Wissensmanagementstrategie: Rahmenbedingungen für ein Wissensmanagement Wissensmanagement kann nur in Synchronisation der verschiedenen auf Wissen ausgerichteten Maßnahmen aus den Bereichen y Personal, y Organisation und y Technik erfolgreich umgesetzt werden. Die Wissensmanagementstrategie entwickelt bzw. verzahnt „nur“ – im Idealfall – Teilkonzepte und Transferinstrumente aus den Bereichen Personal, Organisation und Technik, die die Vorgaben sowie die strategischen und operativen Prozesse bis hin zu technischen Instrumenten für eine wissensorientierte Organisation abbilden. 26 Verwaltungsmanagement 1/2012 y angepasste und optimierte Geschäftsprozesse und entsprechende aufbauorganisatorische Abbildung bzw. Definition; y Definition von Hol- und Bringschuld von Wissen und Informationen; Bild 1: Verankerung des Wissensmanagements von der strategischen bis auf die operative Ebene Abhängigkeiten und Wechselwirkungen sind derart bedeutend, dass isolierte oder standardisierte Umsetzungen mit hoher Wahrscheinlichkeit scheitern werden. Die meisten Wissensmanagementprojekte folgen einem Realisierungsansatz im Top-Down-Verfahren: Ein „Wissensmanager“ kartografiert das Wissen, setzt Wissensdatenbanken oder Intranets auf und versucht die Beschäftigten dazu zu bewegen, die Plattformen mit allem wichtigen Wissen zu füllen. „Die Schwerpunkte liegen beim Identifizieren und Speichern von Wissen und Fragen der technischen Vernetzung von know how“ [Heisig; Vorbeck 1998]. Scheitern diese Modelle, so ist ein gewichtiger Grund, dass die Rahmenbedingungen nicht angepasst und tradierte Instrumente des Managements auf eine neue Ressource angewendet werden. Mitarbeiterverhalten, soziale Kompetenzen, Technikaffinität) und 2. der Technikeinsatz (u. a. hinsichtlich Ergonomie, Usability, Verständlichkeit, Funktionalität) die tägliche Ausgestaltung und letztendlich den Erfolg des Wissensmanagements (das „Wie wird es gelebt bzw. angewendet?“). Die strategischen und organisatorischen Vorgaben bilden aber hierfür die Rahmenbedingungen und Grundlagen (das „Was ist vorgegeben“). Sie prägen damit den täglichen Geschäftsbetrieb sowohl hinsichtlich der genannten technologischen als auch der personalen Kompetenzen und Fähigkeiten der Institution. Zu diesen Vorgaben und organisatorischen Aspekten zählen: y Ausrichtung der Aufgaben auf ein umfassendes Wissensmanagement: Aufgabenanalyse und Aufgabenkritik mit dem Bezugspunkt Wissen und Erfahrungsbereiche, Themenmining; y Definition und Entwicklung einer ergebnis- und kompetenzorientierten Organisation (z. B. in entsprechenden Leitlinien oder einem Leitbild), basierend auf Vertrauen, „echter“ Delegation, Fehlerkultur, Transparenz und Offenheit sowie flachen Hierarchien; y Analyse, Definition und Kombination von Wissensaktivitäten nach dem ParetoPrinzip; 1 y Definition von Rollen nach den Kriterien von Aufgabe, Verantwortung und Kompetenz; y teamorientierte Flexibilität der Arbeitszeit und der Arbeitszeitmodelle; y Definition eines entsprechenden Führungsverständ1) 80-Prozent-Methode, Ungleichverteilungsregel Obwohl die drei Bereiche Organisation, Personal und Technik gleichbedeutend für ein erfolgreiches Wissensmanagement sind, bedarf es hinsichtlich der Ausrichtung des Wissensmanagements einer Differenzierung. In besonderer Form bestimmen und prägen 1. die Fähigkeit der Beschäftigten zur Kommunikation und Wissensteilung (u. a. durch Teamorientierung, kooperatives Führungs- und Bild 2: Wissensbasierte kybernetische Entwicklung der verschiedenen Gestaltungsinstrumente einer Institution www.refa.de WISSENSMANAGEMENT Bild 3: Beispiel für eine Wissensmanagementlandkarte zur Organisation einer Redaktion (Internet, Intranet und Printmedien). nisses und -verhaltens (z. B. in Führungsleitlinien); y Definition eines entsprechenden Mitarbeiterverständnisses (Selbstverantwortung und Selbstentwicklung der Beschäftigten, Integration in Entscheidungsprozesse etc.); betrachten und entsprechend auszurichten. y Verankerung bzw. Abbildung angepasster oder neuer Instrumente gegebenenfalls auch in IT-Systemen; Hilfreich ist die Erstellung einer Wissensmanagementlandkarte. Sie ermöglicht einen Überblick und beschreibt ein ganzheitliches System, basierend auf den beiden interaktiven Säulen „Strategie- und Steuerungsprozesse sowie Vorgaben“ und „Operative Koordinationsprozesse“. Dabei y personalisierte Wissensverteilung; y veranschaulicht sie das Gesamtsystem, y Belohnungssysteme (Beurteilungen, Prämien etc.). y ermöglicht eine leitbildund zielgerechte Wissensarbeit sowie Wissensprozesse, Diese Punkte sind mit Blick auf den optimalen Umgang mit der Ressource Wissen sowie ein darauf ausgerichtetes Kommunikationsverhalten zu prüfen. Wissensmanagement setzt also auf einer breiten und tief reichenden Palette organisatorischer Grundprinzipien und Grundlagen auf. Es ist das gesamte Arbeitssystem zu www.refa.de y positioniert umfassend die Prozessbeteiligten und y erläutert die Abhängigkeiten, Wechselwirkungen und Schnittstellen. Sie ermöglicht es, Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen der originären Rollen mit Blick auf Wissensmanagement und Kommunikation umfassend zu definieren. Wissensmanagementlandkarten sind dabei vielfältig einsetzbar. Sie können z. B. auch zur Veranschaulichung der Redaktionsorganisation und der Redaktionsprozesse sowie der dort erforderlichen Definition von Rollen genutzt werden. Ein Beispiel für eine Wissensmanagementlandkarte zur Organisation einer Redaktion inklusive Internet, Intranet und Printmedien gibt die oben stehende Abbildung. Umsetzungsmodell für ein erfolgreiches und nachhaltiges Wissensmanagement Sind die strategischen Ziele und Vorgaben zum Wissen und zur Kommunikation definiert, sollten auf dieser Grundlage technische Instrumente ziel- und passgenau auf die Strategie sowie das Wissensmanagement abgestimmt realisiert werden. Nach dem Organisationsprinzip „vom Groben zum Detail“ werden Wissensmanagementaktivitäten in den daraus abgeleiteten Umsetzungsprojekten granularer. Besonders wichtig ist für diese Phase des Vorgehens: Es ist ausdrücklich nicht das Ziel der Wissensmanagementstrategie, „eigene Konzepte und Bewertungen“ zu verfassen und gewissermaßen „neben die bestehenden Aktivitäten“ und üblicherweise stattfindenden Veränderungsprozesse zu stellen. Es könnte zu einer Projektkonkurrenz kommen, durch die das strategische Projekt die Vorgaben der Bereiche allein dadurch und ohne inhaltliche Auseinandersetzung „überlagert“ oder gar „beiseiteschiebt“. Die ausgetragenen – im schlimmsten Fall aber nicht ausgetragenen – Zielund Projektkonflikte führen zur eingangs beschriebenen Situation der Werteerosion und einer unübersichtlichen, kaum mehr entscheidbaren Gemengelage. Verwaltungsmanagement 1/2012 27 WISSENSMANAGEMENT sige Wissensmanagementfunktionalitäten, die sich durch eine hohe nutzerorientierte Ergonomie und Usability auszeichnen. Literatur Heisig, P.; Vorbeck, J. (1998): Benchmarking Wissensmanagement: Best Practice in Deutschland und Europa. 1. Deutsche Konsortium-Benchmarkingstudie Wissensmanagement. Informationszentrum Benchmarking am Fraunhofer IPK. Berlin. Bild 4: Projekt- und Wertepyramide für die Realisierung eines Mitarbeiterportals Vielmehr ist der Faktor Wissen durch eine standardisierte Beteiligung in die originären Entwicklungs- und Entscheidungsprozesse des Veränderungsmanagements offen und ohne Projektegoismen zu implantieren. Er tritt damit nicht in Konkurrenz, findet in der Ausrichtung dieser Teilprojekte Berücksichtigung und wird so die Institution entsprechend automatisch ausrichten. Dies sichert mit dem ständigen Rückbezug zur Wissensmanagementstrategie die Konformität zur Hausstrategie und damit eine nachhaltige und stabile Umsetzung. Die Umsetzungsprojekte werden vor revolutionären, sich gegebenenfalls überlagernden Aktivitäten geschützt: Insbesondere hinsichtlich der schnellen technischen Zyklen und des schnelllebigen Ideenreichtums im Bereich der Informationstechnik ist es mit Blick auf die Investitionssicherheit und den Wandel der Arbeitsumgebung von Bedeutung, konsequent einen geradlinigen, strategieorientierten Entwicklungsprozess zu verfolgen. 28 Verwaltungsmanagement 1/2012 Die IT-Systeme müssen natürlich auf dem Stand der technischen Entwicklung gehalten werden; der Entwicklungs- und Veränderungsprozess darf aber nicht technisch getrieben sein. Folgerichtig sollte auch auf der Realisierungsebene immer der Gesamtzusammenhang zur Wissensmanagementstrategie hergestellt werden. Diese durchgängige und umfassende Ableitung lässt sich am Beispiel der Projekt- und Wertepyramide für die Realisierung eines Mitarbeiterportals gut veranschaulichen. Ein erfolgreiches Praxisbeispiel für das Vorgehens- und Umsetzungsmodell stellt das Wissensmanagementsystem OfficeNet dar. Trotz mehrerer technologischer Innovationszyklen konnten sich Funktionalität und Ausrichtung aufgrund der strategischen Verankerung in einem evolutionären Prozess mit den jeweils neuen technischen Möglichkeiten weiterentwickeln und das System auf einem technologisch modernen Stand bleiben. Durch diesen langjährigen Reifeprozess in der Praxis, mit unterschiedlichen und sich weiter entwickelnden Anforderungen, hat es sich zu einem umfassend vorkonfigurierten und konfigurierbaren Wissensmanagementsystem für die moderne Verwaltung entwickelt. Das Ergebnis sind kompakte, in sich verständliche, organisatorisch und technisch schlüs- VERFASSER Ulrich Zuber Identitätsmanagement (CI), Informations- und Wissensmanagement und Kommunikation in der Bundesverwaltung Kontakt: [email protected] OfficeNet 2 (ON2) ist ein umfassend vorkonfiguriertes aus der Praxis entwickeltes Wissensmanagementsystem für moderne Verwaltungen. Es ist eine Plattform zum Aufbau personalisierter barrierefreier Intranet-und Extranet-Portale unter vollständiger Integration der Basiskomponente CMS des Bundes, des Government-Site-Builders. Durch die modulare out-of-the-box-Softwarelösung und die offene Architektur, die auf Open Source-Komponenten und Standard Portal-Technologien basiert, ist die Integration in bestehende IT-Landschaften problemlos möglich, ohne auf lineare Skalierbarkeit, Flexibilität und gleichzeitige Kosteneffizienz zu verzichten. ON2 unterstützt durch vielfältige Personalisierungsfunktionen sowie durch flexible Abbildung von Organisations-, Aufgaben- bzw. Informationsstrukturen das Informations- und Wissensmanagement auch komplexer und vielschichtiger Verwaltungen. Informationen zu Organisationseinheiten, Personen, Aufgaben, Dienstleistungen sind kurzfristig recherchierbar. Die Wissensverteilung erfolgt strukturiert systemgestützt anhand flexibler Regeln und kann zudem individuell gesteuert werden. Die Informationsbereitstellung kann so jederzeit sichergestellt und evaluiert werden. www.refa.de S EMINARANGEBOT Informations- und Wissensmanagement Erfolgreiches Wissensmanagement! Die zunehmende Komplexität der Veränderungen, die fortlaufende Verkürzung technischer Innovationszyklen sowie klassische und neue Managementansätze beeinflussen und verstärken sich gegenseitig. Ohne Synchronisation sind sie nicht nur werteverzehrend, sondern legen einen neuen Maßstab an die Veränderungsfähigkeit an: Institutionen werden zukünftig dauerhaft nur erfolgreich sein, wenn sie sich die Fähigkeit zum ständigen Wandel aneignen und bewahren. Zentraler Faktor für einen dauerhaften Wandel ist die Erfahrung der Beschäftigten: Ausschließlich in der Praxis erprobtes Wissen und die Lern- und Gestaltungsbereitschaft der Beschäftigten sind die Basis für ein dauerhaft erfolgreiches Unternehmen oder erfolgreiche Behörde. Wissens- und Erfahrungsmanagement ist hierzu eine zentrale Schlüsselkompetenz. Dieses Seminar gibt Ihnen Orientierung über das Thema Wissensmanagement, verschafft Ihnen einen ganzheitlichen Überblick, unterstützt Sie im Veränderungsmanagement und der richtigen Verankerung des Wissensmanagement in Ihrer Institution. Sie lernen ein Gesamtkonzept kennen, das von der strategischen bis auf die operative und Instrumentenebene durchdefiniert wird. Anhand von Praxisbeispielen und einem Einblick in ein Wissensmanagementsystem wird Wissensmanagement für Sie (be)greifbar. IHRE TRAININGSFELDER – DIE SEMINARINHALTE y Einordnung und Bedeutung der Corporate Identity für das Wissensmanagement, Bedeutung und Anwendung von Leitbildern y Funktionen und Instrumente des Wissensmanagements y Umsetzungs- und Vorgehensmodell für Wissensmanagement y Sie lernen Organisationsformen und die einschlägigen organisatorischen Methoden und Techniken kennen. y Sie kennen das Projektmanagement mit Meilenstein- und Ressourcenplanung. y Sie lernen die verschiedenen Aspekte eines Redaktionskonzepts kennen und können ein Redaktionskonzept entwickeln. IHR THEMA – DIE ZIELGRUPPEN Führungskräfte, Mitarbeiter der Wissensmanagementprojekte, Organisationsentwickler und Change-Managementberater IHR ABSCHLUSS – DAS ZERTIFIKAT Sie erhalten eine Teilnahmebescheinigung. IHR SEMINARBEGLEITER – DER TRAINER Dipl. Verw.Wirt Ulrich Zuber IHRE TEILNAHME – DIE MODALITÄTEN Erfolgreiches Wissensmanagement Dauer: 2 Seminartage / 16 Stunden Preis 2012: 790 Euro/ REFA-Mitglieder 760 Euro Termine SEM IN A R Z IE L E – I H R N U TZ E N y Sie lernen Wissensmanagement kennen. y Sie verstehen die Bedeutung des Informations- und Wissensmanagements für Veränderung und Wandel und können es in die Unternehmens- und Behördenstrategie einordnen. y Sie lernen ein Wirkungs- und Funktionsgefüge und ein Vorgehensmodell für Wissensmanagement in der Praxis kennen. Sie erkennen die Abhängigkeiten und Wechselwirkungen z. B. zum Leitbild, Zielen, Organisations-, Personal- und IT-Strategie. 15.11.-16.11.2012 Orte Seminar-Nr. Dortmund 1838 010 Darmstadt 1838 011 ANMELDUNG UND INFORMATIONEN Fon 06151 8801-132 oder [email protected] y Sie lernen Maßnahmen des Wissensmanagements kennen, diese zu beurteilen, zu planen und zu steuern. y Sie erkennen die Möglichkeiten des Wissensmanagements (Chancen und Risiken) und sind in der Lage, diese in Ihre Praxis einzuordnen. Das Seminar gibt Ihnen eine an der täglichen Praxis orientierte Diskussionsmöglichkeit über spezielle Problemstellungen Ihres Bereichs oder Projekts www.refa.de Verwaltungsmanagement 1/2012 29 Die REFA-Beratung heißt REFA : Consulting. Nutzen Sie unser Know-how im Organisationsmanagement. Müssen auch Sie Ihre Verwaltungsprozesse gerecht und bürgernah aufbauen, ständig pflegen oder nachhaltig stärken? Ob es nun darum geht, Prozesse zu optimieren, Kosten zu senken, die Qualität zu sichern bzw. zu erhöhen oder einmal generell einen neutralen Blick auf sich werfen zu lassen: Nutzen Sie die langjährigen Erfahrungen der REFA-Experten. 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Organisationsuntersuchungen, Personalbedarfsermittlung und Zeitstudien gehören nach wie vor zu den in Verwaltung und in Dienstleistungsunternehmen anerkannten Consultingleistungen von REFA. IHRE WAHL – UNSER LEISTUNGSSPEKTRUM Organisationsuntersuchungen Prozessanalysen und -optimierung Personalbedarfsermittlung Zeitstudien Optimierung des Ressourcenmanagements Aufbau eines Qualitätsmanagements Betriebswirtschaft Controlling Kennzahlenbildung Change Management INTERESSIERT? – IHRE ANSPRECHPARTNER Hermann Dahmen Fon 06151 8801-147 [email protected] 30 Verwaltungsmanagement 1/2012 Elke Krebs Fon 06151 8801-123 [email protected] www.refa.de REFA-Fachliteratur für Praktiker Kompetenz in Organisationsmanagement und Controlling STANDARD-METHODEN DES ORGANISIERENS FÜR VERWALTUNG UND DIENSTLEISTUNG Entscheidungshilfe für den effizienten Methodeneinsatz Es verbergen sich noch erhebliche Optimierungspotenziale im Organisationsund Zeitmanagement sowohl in den Unternehmen, bei privaten Dienstleistern als auch in öffentlichen Verwaltungen. Gefragt ist methodisches Wissen, mit dem diese Potenziale identifiziert und effizient erschlossen werden können. Mit diesem Buch wird eine präzise Übersicht über Methoden, Techniken und Instrumente gegeben, die eine planmäßige und ebenso erfolgreiche Durchführung von Organisationsprojekten unterstützen. Durch die standardisierte Beschreibung erhält der Leser nicht nur rasch einen Überblick zu 25 für die praktische Organisationsarbeit bedeutenden Methoden, sondern er kann die zur Lösung eines Problems geeignete Methode zielsicher auswählen. Herausgeber: REFA und MTM 1. Auflage 2005, DIN A4, 214 Seiten, Preis 78 € ISBN 3-446-40441, Hanser oder 280056, REFA PRAXISHANDBUCH CONTROLLING ÖFFENTLICHE VERWALTUNG Der Praxisbegleiter Nicht nur Verwaltungschefs, sondern mehr denn je auch Mitarbeiter verschiedener Stufen verantworten in der Verwaltung finanzwirksame Entscheidungen. Controllingwissen ist hier unabdingbar. Dieses Handbuch beschreibt anschaulich zahlreiche in der Praxis erprobte Instrumente, die es ermöglichen, Controlling in den Verwaltungsalltag zu integrieren. Neben der Beschreibung aller Controllinginstrumente richtet sich der Fokus insbesondere auf das Anwendungswissen in der Praxis. Das Buch konzentriert sich somit weniger auf wissenschaftliche Details, sondern bietet Methoden, Techniken und Anwendungen aus der Controllerpraxis in der öffentlichen Verwaltung. Autoren: Kai Peters, Oliver Störmer und Tanja Weiss 1. Auflage September 2008, 168 Seiten, Preis 35 € ISBN 978-3-446-41756-4, Hanser oder 280061, REFA INTERESSIERT? – IHRE BESTELLMÖGLICHKEITEN Bestellen Sie direkt über Internet im REFA-Shop: www.refa.de www.refa.de Verwaltungsmanagement 1/2012 31 Herausgeber: REFA Bundesverband e.V. ein Unternehmen der REFA Group Verband für Arbeitsgestaltung, Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung Wittichstraße 2, 64295 Darmstadt Hermann Dahmen Fon 06151 8801-147 Fax 06151 8801-174 [email protected] www.refa.de Das Know-how. Seit über 85 Jahren. Der REFA-Verband ist nach DIN EN ISO 9001 zertifiziert. Im Sinne dieser Zertifizierung ist für den REFA-Verband „Qualität in der Weiterbildung“ eine permanente Herausforderung © REFA 01/2012