01/2013 1 - Union Versicherungsdienst

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01/2013
Haftpflichtschäden
sind nicht die Hauptsache in der Medizin
Von der Skandalisierung zur Vertrauensbildung
Liebe Leserinnen und Leser,
sehr geehrte Damen und Herren,
in einem Brennpunkt-Thema befasste
sich der Informationsdienst 3/4/2012
mit der Arzthaftung in Deutschland
und Europa und der Frage: Wo wollen
wir hin?
Das Problem sind wirklich nicht die
tatsächlichen Fehlleistungen, die berechtigte Schadenersatzansprüche
auslösen - jeder Fehler ist schlimm
genug -, sondern die Größenordnungen des Schadenersatzes und
die dynamischen Entwicklungen von
bereits ausgeurteilten oder entschiedenen Schadenersatzansprüchen in
der Höhe.
Die Politik ist auf die Finanzierungsnotwendigkeit eines ausreichenden
Haftpflicht-Versicherungsschutzes
aufmerksam geworden. Gemeinsam
haben wir aber auch Themen und
Stellschrauben identifiziert, die zu
anderen Lastenverteilungen beitragen
könnten.
Lesen Sie dazu auf den Folgeseiten unsere Bestandsaufnahme März/2013. 
Ihr Manfred Klocke
1
INFO-DIENST
Wir sind ein halbes Jahr weiter, alle
Krankenhäuser in Deutschland haben
auch zum Ende des Jahrs 2012 Haftpflichtversicherungsschutz bekommen, die am Markt agierenden Haftpflichtversicherer haben unter großen Mühen einen Deckungsnotstand
verhindert. Wen wundert eigentlich
die Zurückhaltung der Versicherungswirtschaft, wenn in der Diskussion um
das Patientenrechtegesetz medial der
Fehler in der Medizin in den Mittelpunkt
der „Abendunterhaltung“ gestellt wird
und in Patientenumfragen die größten
Sorgen der Patienten sind, dass sie
vom Arzt falsch behandelt werden
könnten oder sich wegen fehlender
Hygiene Infektionen „einfangen“.
Das besondere Thema
Haftpflichtversicherung für Krankenhäuser und
Gesundheitsberufe
Eine Zwischenbetrachtung März 2013
U
nsere patientenorientierte Rechtsprechung (auch das Patientenrechtegesetz) und der in den Schadenersatz einfließende hohe Lebensstandard, inkl. der Kosten einer sehr
guten Patientenversorgung und den
umfassenden Möglichkeiten von Rehabilitation und häuslicher Pflege, bestimmen den Leistungsaufwand der
Versicherungswirtschaft für schuldhaft
verursachte Personenschäden. Dies gilt
generell: Kraftfahrzeughaftpflicht, Produkthaftpflicht, Privat- und Betriebshaftpflicht und ist nicht nur ein Phänomen
in der Versicherung von Heilberufen
und Krankenhäusern.
Die Prämiensteigerungen betrugen bei
zu sanierenden Verträgen zwischen 25
und 50%, bei notwendig werdenden
Umdeckungen wegen Vertragskündigungen der Vorversicherer Zurich /
Westf. Provinzial Nord/West Münster
50 und 100% oder zum Teil mehr.
Der an sich unbestrittene Prämienmehrbedarf von rd. 150 bis 200 Mio.
Euro pro Jahr für die Haftpflichtversicherung der Krankenhäuser und ihrer
Mitarbeitenden in Deutschland ist in
der Politik angekommen. Wir haben
dazu ein Positionspapier verfasst, das
ausgetauscht ist und das Sie auf Seite
4 nachlesen können.
INFO-DIENST
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2
Krankenhäuser haben neben den
höheren Prämien Einschränkungen
in der Versicherungssumme, sowohl
in der Höhe (von 15 Mio. auf 10 Mio.
oder 7,5 Mio. Euro) als auch in der
Breite (2-3fache Jahresmaximierung)
vereinbart. Dieses sind Themen, die
jetzt unter Kapazitätsgesichtspunkten
mit der Assekuranz aufzuarbeiten sind.
Die weitere Aufgabe, wieder mehr
Versicherungsanbieter zu gewinnen,
ist ebenso vordringlich.
In der Gesundheitswirtschaft haben
wir es allerdings mit einer natürlich
gegebenen Risikokonzentration und
relativ wenigen versicherten Personen/
Institutionen zu tun.
Versicherer-Markt oder Einheitslösungen, lange Verjährungsstrecken
und unbegrenzte Haftungshöhen oder
neue eingrenzende gesetzliche Regelungen? Diese Fragen werden nach
einem Jahr der Vertragssanierung und
Neueindeckung in der Haftpflichtversicherung für Krankenhäuser vor einem
enormen Kostendruck derzeit diskutiert.
bei dem engen Anbieter-Markt es gelungen ist, ursprüngliche Forderungen
der Versicherer um etwa 8 Mio. Euro
reduziert zu bekommen.
Politische Stellschrauben
Bringen wir es fertig, die dem medizinischen Handeln zuzuordnenden
Risikokosten im Gesundheitssystem
zu finanzieren und damit den „Komfort“
unseres Rechts- und Schadenersatzsystems zu sichern?
Unsere Unternehmensgruppe war
mit 560 Krankenhäusern betroffen.
Zum Teil wurden Mehrjahresschritte
vereinbart, für einige Verträge nur
erste Schritte, und rd. 270 Krankenhäuser in unserer Betreuung werden
erst in diesem oder dem nächsten
Jahr angesprochen werden. Bei den
verständlichen Sorgen über die hohen
Mehrkosten ist den Krankenhäusern
kaum bewusst geworden, dass auch
Wo wirken sich politische Akzente
nicht direkt auf die Dienstleister und
die Patienten aus?
Sind Risikofinanzierungen zum Beispiel pro Geburt (250 bis 350 Euro)
denkbar? So etwas wäre enorm systementlastend und zielgerichtet investiert.
Risikokosten sind zum Beispiel MDC
basiert kalkulierbar. Lesen Sie bitte
dazu auch Franz-Michael Petry „Können wir uns die Geburt von Kindern
nicht mehr leisten?“ auf Seite 5.
Die von uns aufgeworfene Frage nach
den Krankenkassen-Regressen, 25 bis
30% der Zahlungen der Assekuranz,
wird bereits politisch diskutiert.
Weniger Versicherungssteuer speziell
für die Haftpflichtversicherung der
Krankenhäuser und Ärzte wäre einfach, ist aber wohl nicht durchsetzbar.
Haftungsbegrenzungen bedeuten
Systemveränderungen und sind sehr
langfristig zu planen (siehe Schweden). Ob sie notwendig sind, wenn es
im Gesamtgesundheitssystem um 150
bis 200 Mio. Euro Haftpflichtprämie
geht, ist fraglich.
Ärzten selbst auf Claims-Made-Basis
enger als in Deutschland. Wir haben
sechs zeichnende Versicherer bundesweit – einige Regionalversicherer
und die kommunalen Schadenausgleiche. Auch in Österreich wird über
Versicherer, die im Land ansässig sind
und mit dem Land verbunden sind,
noch eingegrenzt aber ausreichend
Versicherungsschutz zur Verfügung
gestellt. Namhaft ist beispielsweise in
Italien kein italienisches Unternehmen
in diesem Markt tätig.
In Europa und zum Teil weltweit sieht
die Assekuranz wenig Motivation, auf
den deutschen Heilwesen-Haftpflichtmarkt zu kommen - eine zu leistende
Überzeugungsarbeit in der Zukunft.
Soweit unser Zwischenbericht Stand
März 2013. 
Patientenrechtegesetz
Manfred Klocke
Die Versicherungspflicht für Ärzte wirft
noch einige zu lösende Fragen auf:
Höhe der Versicherungssummen,
Insolvenzsicherungen bei Stellung
des Versicherungsschutzes durch
den Arbeitgeber; in diesem Zusammenhang auch Selbstbehalte in den
Krankenhauspolicen und auch die
Administration der Kontrollen.
Inhalt
Titelthema
Haftpflichtschäden sind nicht die
Hauptsache in der Medizin
1
Das besondere Thema
Haftpflichtversicherung für
Krankenhäuser und Gesundheitsberufe
2
Haftpflichtversicherungsprämien
für Krankenhäuser und Ärzte
4
Können wir uns die Geburt von Kindern
nicht mehr leisten?
5
Patientenrechtegesetz 2013
6
Nachrichten und Aktuelles
IHK würdigt Ausbildungsarbeit der
Ecclesia Gruppe
7
Aus den Märkten
Zypern als Blaupause für Europa?
8
Reise
Ertrunken?
Eine Frage der Beweisführung
10
Weltjugendtag in Rio de Janeiro
11
Versicherungspraxis
Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, das derzeitige Occurrence Versicherungsprinzip aufrecht zu erhalten;
wie gehen wir bei Claims-Made neben
der Frage der Anschlussdeckung mit
Insolvenzen und Ruhestand um?
Europa
In der Ecclesia Gruppe arbeiten wir
in Belgien, Österreich, der Schweiz,
Italien und Polen. In vielen Ländern
sind die Märkte für die Haftpflichtversicherung von Krankenhäusern und
Zähes Ringen um Beträge
12
Ausschluss „Schwamm“ –
BGH präzisiert Begriff
14
Klein, rund, lebensrettend
16
Bargeld besser unter Verschluss
verwahren
19
Schadenpraxis
Von Datenfressern und anderen
Desastern
20
Loch in der Leinwand
22
Rechtsprechung
Vermeidbarer Sturz
einer Heimbewohnerin
23
Sturz außerhalb des Pflegeheims
25
3
INFO-DIENST
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QM und RM sind mehr als CIRS, wofür
wollen die Kostenträger wieviel zahlen? Lesen Sie dazu auch Dr. Peter
Gausmann auf Seite 6.
+++ Positionen der Ecclesia Gruppe / Anregungen für die Politik +++
Haftpflichtversicherungsprämien für Krankenhäuser
und Ärzte
Patientenrechtegesetz / Qualitätsdiskussion / Beeinflussbare Faktoren
E
s ist wichtig, dass die Diskussion um
das Patientenrechtegesetz abflacht
und wir eine Umkehr von der Skandalisierung zur Vertrauensbildung in das
Gesundheitswesen und das Handeln
der Ärzte und Pflegenden bekommen.
Klärungsbedürftig ist die Frage, inwieweit die Mithilfe der Sozialversicherungsträger bei von Patienten
vermuteten Fehlleistungen nach dem
Patientenrechtegesetz ausgeweitet
werden soll.
Die Versicherungswirtschaft wird in den
Medien überwiegend neutral/freundlich
behandelt. Es leuchtet ein, dass unsere
patientenfreundliche Rechtsprechung
und die dadurch zu übernehmenden
Schadenersatzkosten, die durch Wohlstand, Gesundheitskosten (Personal/
medizinischer Fortschritt/Lebenserwartung etc.) und das Anspruchsverständnis in unserem Land beeinflusst sind,
finanziert werden müssen.
Weiter besteht die Frage von Besitzstand/Anspruchsgrundlage/Anspruchshöhen und „linke Tasche/rechte TascheKosten“ sowie deren Finanzierungsmöglichkeiten durch Krankenhäuser
und medizinische Dienstleistungserbringer.
Kernpunkte:
1. Schadenersatzbegehren / Verfahrensdauern
1.1. Ist mit der gesetzlichen Verpflichtung der Sozialversicherungsträger zur Patientenunterstützung
auch an eine „Eigenfinanzierung“
durch vermehrte Regresse gedacht?
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1.2. Kann die Unterstützung zur
Sachverhaltsaufklärung mit den
Gutachter- und Schlichtungsstellen gekoppelt werden? Stichwort:
Personalressourcen!
die bei der Schadenbearbeitung und
Finanzierung nicht helfen.
1.3. Zwar werden nur 20-25% aller
Anspruchsbegehren durch Gerichte
entschieden, es handelt sich dabei
allerdings um die gravierendsten
Fälle! Hilfreich wäre eine Spezialisierung und Konzentration der
zuständigen Gerichte (pointiert:
Vermeidung der Entscheidungen
„post mortem“).
Vielfach wird die Frage nach einem
Risiko-Pooling auf einen Spezialversicherer diskutiert. Dies hilft den Krankenhäusern und Kostenträgern nicht,
Wettbewerb ist nötig.
2. Anspruchsfristen / Anspruchshöhen
2.1. Derzeit: Verjährung 30 Jahre /
unbegrenzt.
2.2. Ist die politisch derzeit bewegte
Begrenzung der Haftung für „medizinische Fehlleistung/Arzthaftung“
(auch Hebammen, Pflege etc.?)
politisch wirklich machbar und für
Deutschland wünschenswert? Was
ist mit anderen Berufen?
3. „Linke Tasche / rechte TascheKosten“
3.1. Derzeit machen die Regresse
der Sozialversicherungsträger nach
Behandlungsfehlern rund 25-30%
der Versichererzahlungen aus.
3.2. Eine Prämienerhöhung von
500.000 auf 1 Mio. Euro kostet die
Krankenhäuser/Kostenträger rd.
100.000 Euro Versicherungssteuer,
die nicht absetzbar ist.
Bei 500 Mio. Euro Prämienaufkommen in Deutschland = 80 Mio. Euro,
•Reduzierte Sätze (sh. Feuer) oder
Erstattungsregelungen?
Wenn das bisherige patientenfreundliche und nach anerkannter Rechtsmeinung richtige Schadenkompensationssystem mit seiner Präventionswirkung
erhalten bleiben soll, gibt es zur Finanzierung der dazu notwendigen Aufwendungen nur wenige Stellschrauben.
4. Qualitäts- und Risikomanagement
Hierzu für Krankenhäuser und
Ärzte finanzielle Anreize zu bieten,
ist der richtige Weg; wir kennen
viele Projekte, in denen sich ein
eingehaltenes Unternehmensziel
QM/RM auch auf der Kostenseite
positiv auswirkt. Der Weg dorthin
kostet Geld (Stichworte: Organisationsveränderungen, KTQ-, pCCZertifizierungen und notwendige
Strukturveränderungen etc.). Die
bloße Teilnahme an einem nationalen CIRS ist ein Nebenprodukt.
QM/RM müssen gelebt und nachgewiesen werden (Zertifikate). 
Detmold, Januar 2013
Manfred Klocke
Aus Deutsche Hebammen Zeitschrift 3/2013
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Aus KU Gesundheitsmanagement 4/2013
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Nachrichten und Aktuelles
Aus der Gruppe
IHK würdigt Ausbildungsarbeit der Ecclesia Gruppe
F
ür besondere Bemühungen um
den Fachkräftenachwuchs hat die
Industrie- und Handelskammer Lippe
zu Detmold die Ecclesia ausgezeichnet. IHK-Hauptgeschäftsführer Axel
Martens (Foto rechts) überreichte im
Februar eine Urkunde der Initiative
„Nordrhein-Westfalen. Doppelt stark.“,
bei der die Ecclesia Gruppe mitwirkt.
„Mit ihrem großen Engagement über
Jahre hinweg weist die Ecclesia den
Weg für die dauerhafte Bindung motivierter junger Leute an die Region“,
sagte er. In einem Jahr, in dem es
doppelt so viele Abiturienten gebe
wie sonst, sei das besonders wichtig
(Nordrhein-Westfalen).
Im Sommer beginnen in Detmold 26
junge Leute ihre Ausbildung, davon
22 mit dem Ziel, Kaufleute für Versicherungen und Finanzen zu werden.
Zwei streben den Abschluss Fachinformatiker/in an, zwei sind Duale
Studierende.
den 26 neuen bildet das Unternehmen
dann am Standort Detmold 69 junge
Leute aus. 
Seit 2010 hat die Ecclesia Gruppe,
die aktuell rund 1.350 Mitarbeitende
beschäftigt, die Zahl der Azubis kontinuierlich gesteigert (2011: plus 21 %,
2012: plus 23 %, 2013: plus 19 %). Mit
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INFO-DIENST
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Tilman Kay (Foto links), Hauptgeschäftsführer der Ecclesia Gruppe,
nahm die Urkunde mit Dank entgegen
und sagte: „Unser Erfolg ist auch darin
begründet, dass wir trotz Wachstums
und internationaler Ausrichtung durch
die feste Verwurzelung in Ostwestfalen-Lippe authentisch geblieben sind.“
Aus den Märkten
Nach der erfolgreichen Rettungsaktion
Zypern als Blaupause für Europa?
S
elbst nach Ausbruch der EURSchuldenkrise hätte niemand geglaubt, dass Zypern so intensiv die
europäische Politik, die Finanzmärkte
weltweit, aber vor allen Dingen die
Berichterstattung in der Eurozone beherrschen könnte. Schließlich ging es
hier um ein Rettungsvolumen von 17
Mrd. EUR mit geringem Einfluss auf
die Eurozone. Bei Griechenland, Irland
und Portugal waren nicht nur die Beträge, sondern die Summen wesentlich
größer. Ein Großteil der Diskussion um
Zypern basiert allerdings auf der überraschenden Entscheidung, bei dieser
Rettung auch Kunden der zypriotischen
Kreditinstitute zu beteiligen.
Allerdings gibt es hierfür keine wirkliche Begründung. Zwar ist der Bankensektor in Zypern für die volkswirtschaftliche Leistungskraft des Staates
natürlich völlig überdimensioniert, man
lockte durch niedrige Steuersätze
jedoch auch Anleger an, bei denen
die Vermögensherkunft mindestens
zweifelhaft ist. Dies galt aber auch für
Irland, das sich fälschlicherweise gern
als Musterstaat darstellt, der die Hilfen
aus den EUR-Rettungsmaßnahmen
genutzt hat, um sich strukturell optimal
aufzustellen. Mit Blick auf die Arbeitslosigkeit und die dortigen Wirtschaftsstrukturen ist dies zu bezweifeln. Der
Wegfall der überragenden Bedeutung
des Finanzsektors kann einfach nicht
kompensiert werden.
Ähnliches wird nun auch für Zypern
gelten, wobei die Auswirkungen durch
die Beteiligung der Bankkunden noch
dramatischer werden. Dies hätte man
bei dem Ziel, ausschließlich ausländische Investoren an den Maßnahmen
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beteiligen zu wollen, wesentlich einfacher lösen können. So wäre es möglich gewesen, den Finanztransfer aus
Zypern heraus - ggf. ab bestimmten
Summen und in bestimmten Fristen zu beschränken oder mit einer Steuer
zu belegen.
anderen wollte man augenscheinlich
testen, ob eine Bereitschaft der Bevölkerung besteht, über das normale Maß
hinaus Beteiligungen an der Sanierung
von Staatshaushalten zu akzeptieren.
Bei der ursprünglich geplanten Abgabe handelte es sich um nichts anderes
Ebenso wenig überzeugt das Argument, dass zypriotische Bankkunden
deutlich höhere Zinsen als beispielsweise deutsche Anleger erhalten haben und damit die ursprünglich geplante Abgabe auf Bankeinlagen nur
ein Teil der Zinsen aufgezehrt hätte.
als eine Art Vermögenssteuer auf eine
bestimmte Vermögensform.
Zinsen sind eine Form von Einkommen
aus Kapitalvermögen und hätten dann
als solches - ggf. auch rückwirkend besteuert werden können. Aber dies
ist eben nicht erfolgt, weil man mit
dem Vorgehen in Zypern zwei Dinge
erreichen wollte. Zum einen verfolgte
man das Ziel, eine Art Exempel zu
statuieren, dass große volkswirtschaftliche Ungleichgewichte innerhalb der
Eurozone nicht toleriert werden. Zum
Insofern wäre ein ähnliches Modell
beispielsweise in Deutschland, wo
aber zumindest derzeit auch nicht die
Notwendigkeit besteht, nicht durchsetzbar. Allerdings stellt sich dennoch die Frage nach den generellen
Auswirkungen des nun für Zypern
geschaffenen Rettungsplans, bei dem
teilweise große Vermögen weitgehend verloren gehen. Diese Anleger
werden aber auch knapp die Hälfte
ihres Vermögens verlieren. Vor allen
Dingen hat die europäische Politik nun
zu einer immensen Verunsicherung
beigetragen, die den - ohnehin nicht
gerade hervorragend aufgestellten
Finanzsektor europaweit belasten
wird. Dabei droht in den meisten europäischen Staaten überhaupt keine
Gefahr. Dies gilt auch für Deutschland,
obwohl man dennoch hier die hohe
Abhängigkeit von Kreditinstituten reduzieren sollte.
Im DVAM-Finanzmanagement, das
vereinfacht formuliert eine honorarbasierte, strategische Finanzplanung
darstellt, erleben wir immer wieder
Situationen, in denen ein Kunde zwar
mit zwei oder drei Banken zusammenarbeitet und nicht nur Tages-, Festgeld
und Spareinlagen hat, sondern auch
über ein Wertpapierdepot verfügt.
Allerdings sind in vielen Fällen dort
Anleihen von Kreditinstituten übergewichtet. Besonders häufig findet man
dann dort einen weiteren Schwerpunkt
in Anlagen des Kreditinstituts vor, bei
dem das Depot geführt wird. Damit
ist nur vordergründig eine Risikodiversifikation erfolgt. Insofern ist die
Diversifikation von Anlagen besonders wichtig. Dies bedeutet insbesondere, bei mittel- und langfristigen
Wertpapieranlagen Werte aus dem
Finanzsektor eher zu meiden und dafür
erstklassige Unternehmensanleihen
und - je nach Risikoneigung und Anlagedauer - auch Aktien aus anderen
Branchen beizumischen.
Die über den gesetzlichen Anspruch
hinausgehende Einlagensicherung
kann sich nämlich sehr schnell als
theoretischer Wert herausstellen, der
ohnehin zukünftig angepasst wird.
Aber allein eine temporäre Nicht-Verfügbarkeit von Liquidität kann schon zu
massiven Belastungen der betroffenen
Anleger führen.
Natürlich werden diese Aspekte in
der DVAM-Vermögensverwaltung
strikt berücksichtigt, die damit eine
einfache und effektive Lösung bietet, um einseitige Risikostrukturen zu
vermeiden. Einen ersten Einblick zu
unserem Vorgehen in der DVAM-Vermögensverwaltung und beim DVAM-
Finanzmanagement bietet auch unser
wöchentlich per Mail erscheinender
DVAM-Finanzmarkt-Newsletter, für
den Sie sich jederzeit kostenlos und
unverbindlich unter [email protected]
anmelden können. 
Markus Schön
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INFO-DIENST
01/2013
Durch den Zahlungsverkehr und fehlende Alternativen in der kurzfristigen
Geldanlage sind Kreditinstitute ohnehin schon ein wesentlicher Faktor in
der Vermögensstrukturierung, den
man dann in anderen, verzichtbaren
Bereichen nicht auch noch übergewichten sollte. Zudem ist es wichtig,
sich bei den Bankpartnern Limits zu
setzen, die man dort maximal investiert, um so auch dort Klumpenrisiken
zu vermeiden.
Reise
Ertrunken? Eine Frage der Beweisführung
Tod im Wasser: Unfall oder nicht Unfall
N
ach Schätzungen der World Health
Organization (WHO) kommen jährlich rund 450.000 Menschen im Wasser
ums Leben. Ertrinken gilt nach den
tödlichen Verkehrsunfällen als die
zweithäufigste Unfallursache. Gerade in der Reisezeit haben wir oft mit
Todesfällen durch Ertrinken zu tun,
meist infolge von Bade- oder Tauchunfällen.
Ob der Tod im Wasser eine Leistung
der Unfallversicherung nach sich zieht,
steht und fällt mit der Todesursache.
Geistes- und Bewusstseinsstörungen
sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Ist nicht Ertrinken, sondern
eine Krankheit die Todesursache, liegt
kein Ertrinkungstod, sondern ein so
genannter Badetod vor. In diesem
Fall lehnt die Unfallversicherung die
Todesfallleistung ab.
Beim Ertrinken ist unmittelbar das
Wasser für den Tod des Menschen
verantwortlich (z.B. durch Aspiration), beim Badetod hingegen eine
Begleiterkrankung (z.B. Herzinfarkt,
Schlaganfall, Ganzkörperkrämpfe,
Bewusstseinsstörung, epileptischer
Anfall etc.).
Man unterscheidet zwei Arten von
„echten“ Ertrinkungstoden: das feuchte und das trockene Ertrinken. Bei der
feuchten Form verschluckt der oder
die Ertrinkende Wasser und aspiriert
es. Wasser, Luft und Bronchialsekret
vermischen sich in der Lunge zu einer schaumigen Masse. Dieser so
genannte Schaumpilz gilt als eines
der charakteristischen Ertrinkungszeichen. Eine sichere Aussage lässt sich
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allerdings nur treffen, wenn zusätzlich
zum Schaumpilz eine Ertrinkungslunge
(Emphysema aquosum) vorliegt.
Das Vorhandensein eines Schaumpilzes allein ist kein hundertprozentiges Indiz für einen Ertrinkungstod.
Das typische Sekret kann z.B. auch
entstehen, wenn bei einem Herz-Kreislauf-Zusammenbruch, etwa infolge
hochgradiger Alkoholisierung oder
anderer Vergiftungen, ein Lungenödem
auftritt (Oberlandesgericht Zweibrücken, 11.06.1982).
Beim trockenen Ertrinken ist das
Wasser nur mittelbar am Tod des
Menschen beteiligt. Sowohl das Eintauchen in kaltes Wasser als auch die
initiale Wasseraspiration können einen
Stimmritzenkrampf auslösen. Dieser
verhindert zwar, dass weiterhin Wasser eingeatmet wird, er blockiert aber
auch die lebensnotwendige Zufuhr von
Sauerstoff. Löst sich der Krampf nicht
mehr, erstickt der oder die Betroffene.
Beweisführung mitunter schwierig
Die Rechtsprechung akzeptiert den
Ertrinkungstod einhellig als Unfalltod. Dies bestätigt der Bundesgerichtshof (BGH) einmal mehr in einem
aktuellen Beschluss: Demnach genügt es, wenn Anspruchsstellende
das „Eindringen von Wasser in den
Kehlkopf“ der verstorbenen Person
nachweisen können, damit das Ereignis als „Unfalltod i.S.d. AUB“ gilt
(AUB = Allgemeine Bedingungen in
der Unfallversicherung).
Ob letztendlich eine Geistes- oder
Bewusstseinsstörung (Ausschlusstatbestand) die Ursache des Ertrinkens war, muss wiederum der Versicherer belegen (BGH-Beschluss
vom 18.01.2012, IV ZR 116/11, OLG
Nürnberg).
Der Beweis, dass tatsächlich Ertrinken die Todesursache war, ist für die
Hinterbliebenen der verstorbenen
Person dennoch oft schwer zu führen.
Steht im Totenschein als Todesursache „Ertrinkungsfall unklarer Genese“
oder Vergleichbares, können Bezugsberechtigte den Unfalltod nicht
nachweisen (Landgericht Neubrandenburg, Urteil vom 05.06.1997, 8
O 253/96).
Besonders problematisch ist, dass
wir von dem tödlichen Ereignis oft
erst nach der Beerdigung der verunglückten Person erfahren – obwohl
es gemäß AUB zu den Obliegenheiten der Versicherungsnehmenden gehört, jeden Unfalltod, auch
einen Ertrinkungstod, innerhalb von
48 Stunden zu melden (§ 9 Abs. 7
AUB 88).
Ist keine Obduktion erfolgt, lässt
sich zu diesem Zeitpunkt meist nicht
mehr klären, ob der Tod tatsächlich
durch Ertrinken eingetreten ist oder
ob die verstorbene Person ggf. erst
nach Eintritt des Todes unter Wasser geraten ist. Gibt es zudem keine
Zeugen für den Ertrinkungsvorgang,
ist die Beweisführung praktisch unmöglich.
Obduktion schafft Klarheit
Leichname von Ertrunkenen weisen
äußerlich kaum Anhaltspunkte auf, die
Rückschlüsse auf die Todesursache
zulassen. Ein Ertrinkungstod lässt
sich daher in der Regel nur durch
eine Obduktion nachweisen (Feststellung einer Ertrinkungslunge nebst
Schaumpilz). 
Jan-Luc Weber
Unser Rat: Bei Personen die sich freiwillig ins Wasser begeben haben und
darin ertrunken sind, ist eine Obduktion
als Beweissicherung dringend anzuraten. Bei Personen, die – nachweislich! – unfreiwillig ins Wasser geraten
sind (z.B. durch Ausrutschen und
Hineinfallen), ist eine Obduktion nicht
notwendig. In solchen Fällen wird der
Sturz ins Wasser als Unfallursache
anerkannt.
Pilgerpolice 2013
Weltjugendtag in Rio de Janeiro
io de Janeiro, die Stadt des berühmten Karnevals und vieler Sehenswürdigkeiten, lockt Jahr für Jahr
eine Vielzahl von Touristinnen und
Touristen auf den südamerikanischen
Kontinent. In diesem Sommer aber
könnten Zuckerhut und Copacabana
ein wenig in den Hintergrund des Interesses rücken. Als Wallfahrtsort wird
die brasilianische Metropole junge
Katholikinnen und Katholiken aus aller
Welt beherbergen, die gemeinsam
Gebet und Gottesdienst feiern wollen.
Vom 23. bis 28. Juli 2013 findet der
internationale katholische Weltjugendtag in Rio de Janeiro, Brasilien, statt.
Das diesjährige Motto: „Geht hin und
macht zu Jüngern alle Völker“ (vgl.
Mt 28, 19).
mit der sich Wallfahrerinnen und Wallfahrer aus Deutschland bis zu einer
Reisedauer von 31 Tagen versichern
können. Für Einzel- wie für Gruppenreisen kann der Versicherungsschutz
aus folgenden Bausteinen, je nach
individuellem Bedarf, zusammengestellt werden:
 Haftpflicht-/Unfallversicherung
 Auslandsreise-Krankenversicherung
 Reisegepäckversicherung
 Reiserücktrittskostenversicherung
Wer dorthin fliegen möchte, sollte einige
Vorbereitungen treffen. Dazu gehört
auch die Absicherung.
Weitere Informationen sowie die detaillierten Bedingungen finden Sie auf der
Homepage www.ecclesia.de/wjt2013.
Hier können Sie den Versicherungsschutz auch online beantragen. Bei
Fragen hilft Ihnen unser Reise-Serviceteam gerne.
E-Mail: [email protected] 
Der Ecclesia Versicherungsdienst hat
eine spezielle Pilgerpolice entwickelt,
Telefon: 05231 603-6487
Telefax: 05231 603-372
Sascha Kluge
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INFO-DIENST
01/2013
R
Versicherungspraxis
Schadenersatz für beschädigte Sachen – wie viel ist angemessen?
Zähes Ringen um Beträge
D
as Schadenersatzrecht beruht
auf dem Ausgleichsgedanken.
Kommt es zu einem Haftpflichtfall,
sollen mit der Schadenersatzleistung
Nachteile ausgeglichen werden,
die durch den Schaden entstanden
sind. Wer zum Schadenersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der
zum Ersatz verpflichtende Umstand
nicht eingetreten wäre – so jedenfalls
die Vorstellung des Gesetzgebers
(§ 249, 1 Bürgerliches Gesetzbuch
– BGB).
So gesehen, sollte die schadenverursachende Person eigentlich selbst
Hand anlegen, indem sie die notwendige Reparatur vornimmt. Das
ist aber in der Regel weder technisch
noch personell möglich, sodass dieser Ausgleichsform kaum praktische
Bedeutung zukommt.
Statt der Wiederherstellung können geschädigte Personen den zur Reparatur
erforderlichen Geldbetrag verlangen
(§ 249, II BGB). Übersteigen die Reparaturkosten den Wert der Sache,
liegt ein wirtschaftlicher Totalschaden
vor und es besteht Anspruch auf den
Wiederbeschaffungswert einer gleichartigen Sache.
Die Verwendung der Entschädigungsleistung steht dem Empfänger oder
der Empfängerin frei. D.h. es besteht
weitgehende Dispositionsfreiheit, ob
von der Reparaturoption Gebrauch
gemacht oder ob die Summe für etwas anderes, z.B. für einen Urlaub,
ausgegeben wird. Gänzlich schrankenlos ist diese Dispositionsfreiheit
natürlich nicht.
INFO-DIENST
01/2013
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Geschädigte dürfen sich durch den
Schaden nicht bereichern, heißt: Sie
dürfen – dank Schadenersatz – wirtschaftlich nicht besser als vor dem
Schadenfall dastehen. Die Ersatzpflicht
reicht im Normalfall nur bis zu der
Summe, die zur Wiederherstellung der
beschädigten Sache erforderlich ist.
Zur Ermittlung der genauen Höhe des
Betrags ziehen die Gerichte den „gesunden Menschenverstand“ zu Rate.
Bewilligt werden Aufwendungen in einer
Höhe, die ein vernünftiger, verständiger
und wirtschaftlich denkender Mensch
in der jeweiligen Lage sinnvollerweise
machen würde.
Soweit die Theorie. Aber wie sieht die
Abwicklung von Sachschadenfällen in
der Praxis aus?
Wenn eine Reparatur technisch und
wirtschaftlich möglich ist, gibt es in der
Regel keine Probleme. In diesem Fall
besteht grundsätzlich Anspruch auf
die notwendigen schadenbedingten
Reparaturkosten, die zur Wiederher-
stellung der beschädigten Sache aufzuwenden sind.
Häufig Streit über Summe
Die Berechnung des Wiederbeschaffungswerts führt immer wieder zu
Unstimmigkeiten zwischen geschädigten und schadenverursachenden
Personen bzw. den hinter Letzteren
stehenden Haftpflichtversicherungen.
Ist die beschädigte Sache neu, lässt
sich der zu erstattende Wert in der
Regel leicht ermitteln. In diesem Fall
sind die Kosten der Neubeschaffung
zu ersetzen. Hinzu kommen ggf. die
Entsorgungskosten für die beschädigte Sache.
Gibt es für die beschädigte Sache
keinen Gebrauchtwarenmarkt, fehlt
es natürlich an den entsprechenden
Möglichkeiten, den durchschnittlichen (Kauf-)Preis für gleichartige
gebrauchte Sachen und damit den
konkreten Wiederbeschaffungswert
zu ermitteln. In solchen Fällen haben
die Sachen weder einen Marktpreis
noch einen Verkehrswert und somit
auch nicht wirklich einen Wiederbeschaffungswert. Man kann allenfalls
von einem fiktiven Wiederbeschaffungswert sprechen.
Berechnung durch Annäherung
Die Ermittlung der angemessenen
Schadenersatzsumme gestaltet sich
in solchen Fällen schwierig. Nähern
kam man sich dem Wert einer ge-
brauchten beschädigten Sache, indem man zunächst ihren Neupreis
ermittelt. Im Anschluss ist zu klären,
ob und, wenn ja, in welchem Umfang
ein Austausch Neu gegen Alt der
geschädigten Person einen Vorteil
einbringen würde, der in Geld zu beziffern ist. Als Vorteil ließe sich z.B.
die längere Nutzungsmöglichkeit der
neuen Sache – in Geldwerten – anrechnen (Vorteilsausgleich).
Eine solche Vorgehensweise hat sich
in der Praxis als praktikabel und hilfreich erwiesen. Dennoch sind bei der
Berechnung fallspezifische Besonderheiten zu beachten. So ist etwa
zu differenzieren, ob es sich bei der
beschädigten Sache um einen reinen Gebrauchsgegenstand handelt
– dann wäre z.B. von einem langsamen, gleichmäßigen Wertverfall
auszugehen – oder um einen rein
modischen Gegenstand etc.
Neben der Möglichkeit, sich an den
Wiederbeschaffungswert einer Sache
anzunähern, steht es den Gerichten
natürlich auch frei, die Schadenhöhe
zu schätzen (§ 287 Zivilprozessordnung).
Der Einzelfall entscheidet
Ist eine beschädigte Sache reparabel,
werden in der Regel die Reparaturkosten ersetzt. Voraussetzung ist, dass
diese den Wert, den die beschädigte
Sache vor Schadeneintritt hatte, nicht
übersteigen. Sind die Reparaturkosten
aber höher, liegt ein wirtschaftlicher
Totalschaden vor und Geschädigte
haben Anspruch auf den Wert einer
gleichartigen Sache (Wiederbeschaffungswert).
Die Rechtsprechung macht aber Ausnahmen, wenn spezielle Konstellationen vorliegen. Hat eine geschädigte
Person ein berechtigtes Interesse
daran, die beschädigte, vertraute Sache zu erhalten, billigen die Gerichte
13
INFO-DIENST
01/2013
Bei gebrauchten Sachen liegen die
Dinge etwas komplizierter. Gibt es
einen Gebrauchtmarkt – wie z.B. für
Fahrzeuge –, sodass ein gleichwertiger, dem Alter und der Abnutzung
entsprechender Ersatz beschafft werden kann, sind die Kosten für diesen
zu übernehmen. In einigen Fällen kann
man auf Zeitwertberechnungstabellen
zur Orientierung zurückgreifen (bei KfzSchäden z.B. auf die Schwacke-Liste).
in Einzelfällen auch Reparaturkosten
zu, die bis zu 30 Prozent über dem
Wiederbeschaffungswert liegen.
Der oder die Geschädigte kann, sofern
die Reparatur nachgewiesen wird,
die vollen Reparaturkosten verlangen
(Opfergrenze). Andererseits muss sich
die geschädigte Person aber Wertverbesserungen durch die Reparatur als
Vorteil anrechnen lassen.
Wenn durch die Wiederherstellung der
beschädigten Sache eine Wertsteigerung eintritt, kommt ein Abzug von
der Entschädigungsleistung in Betracht („Neu für Alt“). Allein die Verwendung von neuen Ersatzteilen
rechtfertigt einen solchen Abzug
allerdings nicht. Voraussetzung ist
vielmehr, dass sich die Verbesserung
für die geschädigte Person wirtschaftlich positiv auswirkt.
Bei einer Fahrzeugreparatur etwa, bei
der üblicherweise Neuteile verbaut
werden, kommt ein Abzug tendenziell
nicht in Frage, sofern sich der Wert
des Fahrzeugs insgesamt nicht erhöht. Unter Umständen ist sogar eine
Wertminderung zu berücksichtigen,
schon deswegen, weil Unfallschäden beim Wiederverkauf eines Fahrzeugs offenbart werden müssen und
dies den Verkaufswert des Fahrzeugs
drückt.
Bei größeren Schadenfällen schalten Haftpflichtversicherer nicht selten
Sachverständige ein, um Feststellungen zur Schadenhöhe zu treffen.
Aber auch Sachverständige können
sich Entschädigungsbeträge nicht
„ausdenken“, sondern sie müssen
die vorgenannten Erwägungen bei der
Berechnung berücksichtigen.
Ziel aller Parteien sollte es sein, zu
einer einvernehmlichen Lösung zu
kommen, die wirtschaftlich mach- und
tragbar ist.
Als Versicherungsmakler verstehen wir
uns vorrangig als Ihr Interessenvertreter, aber gleichzeitig als Moderator
und Vermittler zwischen Geschädigten,
Versicherungsnehmenden und Versicherungen. Im Rahmen unserer
Regulierungsvollmachten hat eine
sachgerechte, ökonomische und zielführende Abwicklung der Schadenfälle
für uns stets Priorität. 
Gerald Kohl
Übrigens: Für den Zeitaufwand, den
die Beschaffung eines Ersatzes erfordert, besteht kein berechtigter
Anspruch auf Entschädigung. „Laufereien“ während oder nach einem
Schadenfall bleiben das Privatvergnügen von Geschädigten.
Unkalkulierbare Folgeschäden in der Leitungswasserversicherung
Ausschluss „Schwamm“ – BGH präzisiert Begriff
S
chwämme sind holzzerstörende
Pilze. Befallen sie Gebäude, richten sie mitunter verheerende Schäden an. In der Leitungswasserversicherung sind Schwammschäden
– ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen – üblicherweise ausgeschlossen.
In der Praxis wird der Leistungsausschluss „Schwamm“ oft nur auf den
so genannten Echten Hausschwamm
angewendet (siehe Kasten auf Seite
10). Dieser Gepflogenheit hat sich die
Rechtsprechung bisher überwiegend
angeschlossen.
Mit dieser eindimensionalen Definition soll jetzt Schluss sein. In einem
aktuellen Beschluss stellt der Bundesgerichtshof (BGH) klar, dass un-
INFO-DIENST
01/2013
14
ter der Bezeichnung „Schwamm“ in
den Versicherungsbedingungen alle
Hausfäulepilze zu fassen sind und
nicht nur eine Art (BGH, Beschluss
vom 27.06.12, IV ZR 212/10, AbrufNr. 122914).
Folgeschaden durch Feuchtigkeit
Hausfäulepilzen“, nicht nur den Echten
Hausschwamm (BGH, IV ZR 212/10).
Grundlage der BGH-Entscheidung ist
ein Leitungswasserschaden, in dessen
Folge es zum Pilzbefall eines Gebäudes gekommen ist. Die Vorgeschichte:
Eine defekte Heizungsleitung führt zu
einem Durchnässungsschaden im
Gebäude. Der Eigentümer lässt die
betroffenen Gebäudeteile, den Fußboden des Obergeschosses und die
Decke des Erdgeschosses, von einer
Fachfirma trocknen. Der Leitungswasserschaden ist zunächst behoben.
Der Senat betont zunächst, dass der
Leistungsausschluss „Schwamm“ eine
durchaus nachvollziehbare Schutz-
eines Gebäudes mit Pilzen würde oft
erst entdeckt, wenn der Befall schon
weit fortgeschritten sei. Der Nachweis,
ob die pilzbegünstigende Feuchtigkeit
die Folge eines früheren, bereits ausgeglichenen Leitungswasserschadens
Allerdings kommt es etwa ein Jahr
später erneut zu Problemen, nachdem der Versicherungsnehmer im
Obergeschoss einen luftundurchlässigen PVC-Boden verlegt hat. Nach
Abschluss der Arbeiten beginnen
Küchenmöbel in den neu verlegten
Boden einzusinken.
Die Ursache ist schnell gefunden: Die
Holzteile der Fußboden- bzw. Deckenkonstruktion sind durch Feuchtigkeit,
die sich im Gemäuer ausgebreitet hat,
mit Braunem Kellerschwamm befallen.
Der geschädigte Gebäudeeigentümer
ist der Ansicht, dass der Pilzbefall eine
Folge des früheren Leitungsschadens ist, und verlangt erneut Ersatz
von seiner Versicherung. Diese aber
verweigert die Zahlung unter Berufung auf die Ausschlussklausel. Der
Hauseigentümer klagt und bekommt
zunächst Recht.
BGH stärkt Versicherer
Der BGH sieht das anders und präzisiert: Der übliche Leistungsausschluss
„Schwamm“ bezeichne „alle Arten von
maßnahme der Versicherer sei, die
verhindere, dass über die „normalen“ Durchnässungsschäden hinaus
auch noch unabsehbare, kaum zu
kalkulierende Folgeschäden durch
Gebäudeschädlinge ausgeglichen
werden müssen.
Zudem sei bei Schwammschäden
häufig die Schadenrekonstruktion
problematisch. Die Kontamination
ist oder andere Ursachen hat, sei
wegen der verspäteten Entdeckung
des Schadens oft nicht mehr möglich.
Die (bis dato) übliche Praxis, dass
Versicherungen nur bei einem Gebäudebefall durch den Echten Hausschwamm leistungsfrei sind, können
die Richter nicht nachvollziehen. Der
Klauselwortlaut „Schwamm“, so der
BGH, gebe eine Beschränkung auf
15
INFO-DIENST
01/2013
Die Richter zweier Instanzen legen ihrer
Entscheidung die allgemein übliche
Auslegung der Schwammschadenklausel zugrunde: Demnach wäre der
Braune Kellerschwamm nicht vom
Ausschluss „Schwamm“ betroffen –
und der Leitungswasserversicherer
somit leistungspflichtig.
einzelne bzw. auf wenige, besonders
gefährliche Arten von Hausfäulepilzen
jedenfalls nicht her.
Nach allgemeiner Rechtsprechung
seien Versicherungsbedingungen so
auszulegen, wie „ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei
verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss“ (Senatsurteil vom 23.06.1993, IV ZR 135/92,
BGHZ 123, 83, 85 m.w.N. und ständig).
Branchenspezifische Interpretationen
von Begriffen (hier: „Schwamm“ =
„Echter Hausschwamm“) dürften bei
der Auslegung von Versicherungsbedingungen nicht das Maß der Dinge
sein.
Eine unangemessene Benachteiligung
oder Irreführung von Versicherungsnehmenden durch die Erweiterung
des Ausschlusstatbestands sieht das
Gericht nicht. Weder in der Umgangsnoch in der Rechtssprache, so der
BGH, sei mit dem Wort „Schwamm“
nur eine einzige Pilzart gemeint.
Einmal mehr betont der BGH des Weiteren, dass auch ein Schwammbefall,
Extrem gefährlich: Der Echte Hausschwamm
Der Echte Hausschwamm gehört zu den holzzerstörenden Pilzen, setzt
sich aber nicht nur in Hölzern fest, sondern auch im Mauerwerk.
Fachleute attestieren Serpula lacrymans, so die lateinische Bezeichnung,
ein immenses Zerstörungspotenzial. Im Laborversuch hat sich gezeigt, dass
der Pilz ein Holzteil innerhalb von drei Monaten derart zersetzen kann, dass
nur ein braunes Pulver übrig bleibt.
Der Echte Hausschwamm ist häufig in alten Gebäuden mit Fachwerk zu
finden. Kommt er – z.B. infolge eines Leitungswasseraustritts – mit Feuchtigkeit in Verbindung, beginnt er zu wachsen und entfaltet seine vernichtende
Kraft. Der Pilz breitet sich so lange sternförmig aus, bis die umgebende
Feuchtigkeit zu gering für sein Wachstum ist.
Bei aller Gefährlichkeit: Der Echte Hausschwamm ist bei Weitem nicht der
einzige Pilz, der ein Gebäude regelrecht zersetzen kann. Es gibt zahlreiche
andere Hausfäulepilze, die ihm in ihrer destruktiven Wirkung kaum nachstehen.
der durch einen bedingungsgemäßen
Leitungswasserschaden entstanden
ist, nicht versichert ist („ohne Rücksicht
auf mitwirkende Ursachen“).
arbeitenden unserer Schadenabteilung
Ihre Fragen dazu. 
Ina Haubrock
Mit dem Urteil stärkt der BGH die Position der Versicherer. Entsprechende
Ablehnungen im Schadenfall sind zu
erwarten. Gerne beantworten die Mit-
Klein, rund, lebensrettend
Rauchmelder: Gesetzliche Regelungen für Privathaushalte
W
enn es brennt, entsteht Qualm.
Eine große Zahl brandbedingter
Verletzungen und Todesfälle sind
nicht auf das Feuer selbst, sondern
auf Rauchgasvergiftungen zurückzuführen. Rauchmelder können helfen.
Sie „riechen“ buchstäblich die Gefahr
und warnen durch ein Signal – bevor
tödliche Rauchgaskonzentrationen
entstehen.
Über Normen und Vorschriften zu
Rauchmeldern in Deutschland und
die damit einhergehenden Pflichten für
Gebäudeeigentümer haben wir im Informationsdienst 03/2009 erstmals berich-
INFO-DIENST
01/2013
16
tet. In dieser Ausgabe greifen wir das
Thema erneut auf, denn seither sind
einige gesetzliche Änderungen zur
Rauchmelderpflicht in Kraft getreten.
Die Gesetze zur Rauchmelderpflicht für
Privathaushalte unterliegen der Länderhoheit. Detaillierte Infos zur Rechtslage
können in den einzelnen Landesbauordnungen nachgelesen werden (z.B.
unter www.rauchmelder-lebensretter.
de/aus-den-bundeslaendern.html;
per Klick auf die Länderwappen). Eine
Kurzübersicht geben wir in der Tabelle
auf Seite 18.
Ein Großteil der Länder hat die Installationspflicht für Rauchmelder inzwischen verbindlich eingeführt. Entsprechende gesetzliche Regelungen gibt
es in Rheinland-Pfalz, im Saarland, in
Schleswig-Holstein, in Hessen, in Hamburg, in Mecklenburg-Vorpommern,
in Thüringen, in Sachsen-Anhalt, in
Bremen, in Niedersachsen und – seit
diesem Jahr – in Bayern.
In fünf Ländern besteht bisher keine
Rauchmelderpflicht: in NordrheinWestfalen, Sachsen, Brandenburg,
Baden-Württemberg und Berlin. In
Nordrhein-Westfalen ist eine entspre-
chende Gesetzgebung in Vorbereitung
und in Berlin fordert die Politik die
Einführung einer Installationspflicht.
Verantwortlichkeiten unterschiedlich
In den meisten – aber nicht in allen
– Bundesländern sind die Eigentümer oder Eigentümerinnen bzw. die
Vermieter oder Vermieterinnen für
das Vorhandensein funktionierender
Rauchmelder zuständig. Die Pflichten
der Verantwortlichen reichen von der
Anschaffung des Rauchmelders über
die Installation bis hin zur Wartung und
Funktionskontrolle – dazu gehört auch,
die ständige Betriebsbereitschaft der
Geräte im Auge zu behalten.
In Mecklenburg-Vorpommern sind
nicht die Eigentümerinnen oder Eigentümer des Wohnobjekts, sondern die
Besitzerinnen und Besitzer für die Anbringung der Rauchmelder zuständig.
Der Begriff meint diejenigen Personen,
die das Haus oder die Wohnung bewohnen.
Ähnlich wie Mecklenburg-Vorpommern
handhaben die Rauchmelderpflicht
Schleswig-Holstein, Bremen, Niedersachsen, Bayern und Hessen.
In diesen Ländern muss zwar die
Eigentümerin oder der Eigentümer
des Wohnobjekts die Rauchmelder
anbringen, für die Betriebsbereitschaft
aber haben auch hier die Mieterinnen
und Mieter bzw. die unmittelbaren
Besitzerinnen und Besitzer zu sorgen.
In den Ländern, wo die Verantwortlichkeit für die Betriebsbereitschaft
der Rauchmelder auf der Vermie-
terseite liegt, kann die Installationsund Instandhaltungspflicht (z.B. der
regelmäßige Batteriewechsel) per
Mietvertrag auf die Mieterinnen und
Mieter übertragen werden.
Der Vermieter sollte sich allerdings –
nachgewiesenermaßen! – davon überzeugen, dass die auf diese Weise in die
Verantwortung genommenen Personen
in der Lage sind, die Rauchmelder
ordnungsgemäß zu installieren und zu
warten. Lässt sich dieser Nachweis im
Schadenfall nicht erbringen, haftet der
Vermieter – trotz Aufgabendelegation
– wegen Verletzung von Sorgfaltspflichten (Auswahlverschulden).
Steigerung der Sicherheit im Wohnobjekt auf die Mieterinnen und Mieter
umgelegt werden können. Für die
Installation von Rauchmeldern kann
eine anteilige Mieterhöhung veranschlagt werden (maximal 11 Prozent
der Investitionskosten jährlich). Die
Wartungskosten können in die Nebenkosten einfließen.
Nichteinhaltung ist ordnungswidrig
Als Alternative zur Pflichtendelegation
an die Mieterinnen und Mieter bietet
sich die Beauftragung einer externen
Fachfirma an. Tipp: Diese sollte rund
um die Uhr erreichbar sein und über
eingeübte Verfahren zur Fehlerbeseitigung verfügen.
Werden Rauchmelder entgegen der
Installationspflicht nicht eingebaut, ist
dies eine baurechtliche Ordnungswidrigkeit, die beträchtliche versicherungsrechtliche Konsequenzen nach
sich ziehen kann – von der einfachen
Nachrüstauflage über die Kürzung
der Entschädigungsleistung bis hin
zur kompletten Ablehnung der Schadenregulierung wegen Obliegenheitsverletzung. 
Das Mietrecht (Bürgerliches Gesetzbuch) sieht vor, dass Investitionen zur
Mona Liebchen
17
INFO-DIENST
01/2013
Wird das Objekt zur Miete bewohnt,
liegt die Verantwortung also ab Schlüsselübergabe beim Mieter (Besitzer).
Selbst gekaufte Rauchmelder können bei Auszug aus der gemieteten
Wohnung wieder ausgebaut und mitgenommen werden. Der Besitzerstatus – und damit noch vorhandene
Rauchmelder mit allen dazu gehörigen
Pflichten – geht bei Schlüsselrückgabe
wieder an den Vermieter über.
Mehr Infos rund um Rauchmelderpflichten gibt es im Web, z.B. unter
Rauchmelderpflicht in den Bundesländern
Bundesland
Gebäude
Räume
Einführung
Nachrüstpflicht
RheinlandPfalz
Neubauten
Umbauten
Bestandsbauten
Schlafzimmer
Kinderzimmer
Flure, die als
Rettungsweg dienen
2003
bis Juli 2012
Neubauten
Umbauten
Schlafzimmer
Kinderzimmer
Flure, die als
Rettungsweg dienen
2004
SchleswigHolstein
Neubauten
Umbauten
Bestandsbauten
Schlafzimmer
Kinderzimmer
Flure, die als
Rettungsweg dienen
2005
Änderung 2008
bis 31.12.2010
Hessen
Neubauten
Umbauten
Bestandsbauten
Schlafzimmer
Kinderzimmer
Flure, die als
Rettungsweg dienen
2005
(für Neubauten)
Änderung 2011
bis 31.12.2014
(nur für
Bestandsbauten)
Hamburg
Neubauten
Umbauten
Bestandsbauten
Schlafzimmer
Kinderzimmer
Flure, die als
Rettungsweg dienen
2006
bis 31.12.2010
MecklenburgVorpommern
Neubauten
Umbauten
Bestandsbauten
Schlafzimmer
Kinderzimmer
Flure, die als
Rettungsweg dienen
2006
bis 31.12.2009
Thüringen
Neubauten
Umbauten
Schlafzimmer
Kinderzimmer
Flure, die als
Rettungsweg dienen
2008
SachsenAnhalt
Neubauten
Umbauten
Bestandsbauten
Schlafzimmer
Kinderzimmer
Flure
2009
(für Neubauten)
bis 31.12.2015
(nur für
Bestandsbauten)
Bremen
Neubauten
Umbauten
Bestandsbauten
Schlafzimmer
Kinderzimmer
Flure
2010
bis 31.12.2015
Niedersachsen
Neubauten
Umbauten
Bestandsbauten
Schlafzimmer
Kinderzimmer
Flure
2012
(für Neubauten)
bis 31.12.2015
(nur für
Bestandsbauten)
Bayern
Wohnungen von
Neubauten oder
genehmigungspflichtigen Umbauten
Schlafzimmer
Kinderzimmer
Flure, die zu Aufenthaltsräumen führen
2013
bis 31.12.2017
(nur für
Bestandsbauten)
Saarland
http://www.rauchmelder-lebensretter.
de/rechte-und-pflichten.html
http://rauchmelderpflicht.net/
NordrheinWestfalen
Gesetz in
Vorbereitung
(Stand
13.12.2012)
BadenWürttemberg
bisher kein
Gesetz
Berlin
bisher kein
Gesetz
Brandenburg
bisher kein
Gesetz
Sachsen
bisher kein
Gesetz
Quelle: http://www.rauchmelder-lebensretter.de/aus-den-bundeslaendern.html
INFO-DIENST
01/2013
18
http://www.rauchmelder-lebensretter.
de/aus-den-bundeslaendern.html
Bargeld besser unter Verschluss verwahren
Einbruchdiebstahlpolicen: Voraussetzungen für Versicherungsschutz
U
nter welchen Voraussetzungen ist
Bargeld gegen Diebstahl versichert?
Früher waren die Bedingungen in der
Einbruchdiebstahlversicherung eher
starr. Heute stellt sich die Versicherungswirtschaft zunehmend auf die
unterschiedlichen Bedürfnisse der
(gewerblichen) Kundinnen und Kunden
ein. Die Versicherungssummen werden,
keiten, in denen das Bargeld aufbewahrt wird, nicht frei zugänglich sind.
Der Diebstahl von Bargeld beispielsweise, das sich zum Tatzeitpunkt in
einem abgeschlossenen (!) Zimmer
befindet, ist bis zur vereinbarten Summe versichert – selbst, wenn die Banknoten offen auf dem Tisch liegen.
sehen die Versicherungsbedingungen
keine Deckung vor. Gemeinhin klein,
leicht und nicht fest mit einem „unverrückbaren“ Untergrund verbunden,
können Diebe die Kassette problemlos
an sich nehmen.
Qualifizierter Verschluss
Der so genannte qualifizierte Verschluss empfiehlt sich zur Aufbewahrung großer Bargeldsummen. Voraussetzung für den Versicherungsschutz
ist hier das Vorhandensein besonderer
Sicherungen, z.B. ein Tresor mit einem
Mindestgewicht von 300 Kilogramm
oder ein eingemauerter Stahlwandschrank mit mehrwandiger Tür.
Macht sich z.B. jemand mit einem
Schweißgerät am Tresor zu schaffen
und stiehlt dessen Inhalt, leistet der
Versicherer Ersatz für den Schaden.
In der Regel gewähren Einbruchdiebstahlpolicen Versicherungsschutz bei
bestimmten Aufbewahrungsarten.
Unterschieden wird üblicherweise
zwischen
 erweitertem Verschluss,
 einfachem Verschluss
 und qualifiziertem Verschluss.
Wir erklären die Besonderheiten dieser
Varianten.
Erweiterter Verschluss
Um die Voraussetzung für den so
genannten erweiterten Verschluss zu
erfüllen, genügt es, dass die Räumlich-
Einfacher Verschluss
Im Fachjargon wird der so genannte
einfache Verschluss wie folgt definiert:
„Das Geld muss sich in einem Behältnis befinden, welches gegen die
einfache Wegnahme gesichert ist.“
Wird das Bargeld z.B. in einer festgedübelten Geldkassette, einem Schrank
oder einem verschließbaren Schreibtisch verwahrt, geht der Versicherer
davon aus, dass die Wegnahme, zumindest für die meisten Menschen, nur
unter größerer Anstrengung möglich
ist. Die für die jeweilige Verschlussart
vereinbarte Versicherungssumme
wird erstattet, wenn Langfinger, etwa
durch Aufbrechen, Aufhebeln oder
Wegstemmen des Behältnisses, das
darin befindliche Geld entwenden.
Für Bargeld indessen, das sich in einer
nicht fixierten Geldkassette befindet,
Ina Haubrock
Unsere Mitarbeitenden beantworten
gerne Ihre Fragen rund um die Absicherung von Bargeld und Wertsachen
– etwa, wenn Sie sich einen neuen
Tresor anschaffen wollen. Denn Vorsicht: Manche Hersteller werben mit
konkreten Versicherungssummen.
Auf solche Lockangebote sollten Sie
nicht allzu viel geben. Die genannten
Summen sind rein fiktiv und daher
nicht allgemeingültig.
19
INFO-DIENST
01/2013
ebenso wie die Verschlussvorschriften,
immer verbraucherfreundlicher.
Man beachte: Die drei hier genannten
Verschlussarten (erweiterter, einfacher,
qualifizierter Verschluss) sind zwar
Bestandteil vieler, aber durchaus nicht
aller Versicherungsverträge. Was zählt,
sind allein die Bedingungen, die Ihrer
persönlichen Police zugrundeliegen
(Regelungen und Versicherungssummen für Bargeld). 
Schadenpraxis
Bedrohte IT-Welten: Viren, Trojaner, Würmer auf dem Vormarsch
Von Datenfressern und anderen Desastern
C
omputer beschleunigen Arbeitsprozesse. Daten jagen in Windeseile
über den Globus. Internet und IT sind
heute längst nicht mehr aus dem täglichen Leben wegzudenken. Doch die
wachsende „Computerisierung“ hat
ihre Tücken. Je komplexer die Technik,
desto anfälliger ist sie für Schäden, je
sensibler die Daten, desto begehrter
sind sie bei Betrügern und Hackern.
Zu den Risiken der IT- und Internetnutzung haben wir in unseren Informationsdiensten bereits berichtet. In
Ausgabe 04/2007 stellten wir erstmals
unser Spezialprodukt SecurITy-Police
vor („Kombiniertes Produkt für ITEigenschäden“). Und im Informationsdienst 02/2009 griffen wir einen
Fall von Datenphishing auf („‚Fischen‘
einmal anders“).
Sowohl Schäden an der Hardware
als auch Schäden an der Software
nehmen zu. Nachfolgend haben wir
für Sie, liebe Leserinnen und Leser,
einige aktuelle Beispiele aus unserer
Schadenpraxis zusammengestellt.
Unser Kunde betreibt ein Krankenhaus. 16 Server und 400 PCs unterstützen die rund 900 Mitarbeitenden
im täglichen Betrieb. An das Netzwerk,
das die Verbindung der Systeme ermöglicht, sind u.a. auch die Telefonanlage und die digitale Radiologie
angeschlossen.
PE_SALITY.EN setzt sich vor allem in
ausführbaren Dateien (EXE-Dateien)
fest und verändert deren Code. Im
vorliegenden Fall macht das Virus sich
daran, Einträge in den Windows-Registrierungsdatenbanken zu verändern
und zu löschen. Wegen der dadurch,
zumindest teilweise, unbrauchbar
gewordenen Anwendungen wird der
Betrieb des Krankenhauses stark eingeschränkt. Besonders perfide: Auch
den zentralen Virenscanner setzt der
Eindringling außer Betrieb.
Im Mai 2012 treten erstmals Fehler im System auf. Die installierten
Unter Einbindung externer Dienstleistungsfirmen sind Mitarbeitende des
Virus schleicht sich ein
INFO-DIENST
01/2013
20
Wächterprogramme schlagen Alarm.
Schnell wird klar, dass sich das Virus
PE_SALITY.EN in das EDV-System
eingenistet hat und sich dort massiv
ausbreitet. Wie genau das Virus in das
System gelangt ist, lässt sich später
nicht mehr nachvollziehen.
betroffenen Krankenhauses tagelang
damit beschäftigt, das EDV-Netzwerk
von dem Virus zu säubern, damit der
Betrieb wieder störungsfrei laufen
kann.
Bislang hat der IT-Versicherer unserem
Klienten 70.000 Euro allein für die
Wiederinbetriebnahme der Rechner,
für die Säuberung der Systeme sowie
für die Überstunden des Krankenhauspersonals wegen der notwendigen
Mehrarbeit erstattet.
Virus stört Medizintechnik
In einem norddeutschen Krankenhaus
werden im August 2011 die Herzkatheter-Messplätze einer technischen
Überprüfung unterzogen. Dabei zeigt
sich, dass der linke Messplatz eine
ungewöhnliche Funktion aufweist,
Da das Krankenhaus nahezu alle
computergesteuerten Anlagen vernetzt
hat, ist nicht auszuschließen, dass der
Eindringling auch auf andere Rechner
oder medizinische Großgeräte übergesprungen ist.
Bei mehr als 30 Großanlagen wird
ein gründlicher Virencheck vorgenommen. Das Ergebnis bestätigt die
Befürchtungen: Das Virus hat diverse
medizinische Großgeräte befallen, und
auch weitere EDV-Systeme im Haus
sind betroffen.
Für die Prüfung und Desinfektion sowohl der medizinischen Großgeräte als
auch der EDV-Systeme fallen Kosten
von mehr als 100.000 Euro an, die über
die SecurITy-Police reguliert werden.
Virus und Wurm greifen an
Die diakonische Einrichtung, die eine
Vielzahl sozialer Dienstleistungen anbietet, ist mit insgesamt 300 hauptund ehrenamtlichen Beschäftigten
an 39 Standorten vertreten. Für ihre
vielschichtigen Aufgabenfelder betreibt
die Einrichtung ein IT-System mit 16
Servern, 210 stationären PCs und 35
Notebooks.
Es ist März 2012. Eines Tages lassen
sich auf mehreren PCs verschiedene
Anwendungen nicht mehr starten.
Es stellt sich heraus, dass das Virus
„sality“ und der Wurm „conficker“ das
EDV-System befallen haben.
Die Virendesinfektion sowohl am
Hauptsitz der Einrichtung als auch
an allen Außenstellen nimmt komplette fünf Wochen in Anspruch. Für
die Beauftragung externer Firmen,
für Überstunden des eigenen IT-Personals sowie für die Anschaffung
von Ersatzgeräten fallen Kosten an.
Davon können dank abgeschlossener
SecurITy-Police rund 70.000 Euro vom
Versicherer übernommen werden.
Defekte Storage verhindert Zugriff
In dem betroffenen Klinikum findet
sowohl die medizinische Notfallversorgung als auch die stationäre
Versorgung von Patientinnen und
Patienten statt. An einem Tag im Juni
2012 können sich die Beschäftigten
plötzlich nicht mehr an ihren (nicht
medizinischen) EDV-Programmen anmelden. Das Klinikum ist aufgrund des
Fehlers nur noch begrenzt einsatzfähig
und muss sich von der Rettungsstelle
abmelden.
SecurITy-Police und Co:
Spezialprodukte unseres Hauses
Wo Informationstechnologien genutzt
werden, sind sie zahlreichen Gefahren ausgesetzt. Zur Absicherung der
Risiken rund um Computer und Co.
– inklusive Computerkriminalität – hält
unser Haus spezielle Konzepte vor,
die auf die besonderen Bedürfnisse
der Sozial- und Gesundheitswirtschaft
zugeschnitten sind.
Fragen Sie uns. Gemeinsam mit Ihnen erarbeiten wir die passgenaue
Lösung für Sie.
Umfangreiche Analysen, welche die
hauseigene IT-Abteilung zusammen
mit dem betreuenden Systemhaus und
der EDV-Lieferantenfirma vornimmt,
bringen die Fehlerquelle zutage. Ein
Defekt am Lesekopf der Storage ist
für die Verweigerung des Programmzugriffs verantwortlich.
Eine Ersatz-Storage in der richtigen
Größe steht vor Ort nicht zur Verfügung. Sie muss zunächst aus England eingeflogen und neu installiert
werden. Zweieinhalb Tage lang kann
das Klinikum schließlich keine Notfälle
über die Rettungsstelle annehmen.
die das Systemhaus in Rechnung
stellt, und vor allem durch den Ertragsausfall wegen nicht angenommener Notfälle entstanden ist, wird
über die SecurITy-Police mit 60.000
Euro ausgeglichen.
Bagger schlägt zu
Unser Kunde betreibt an 13 Standorten Krankenhäuser, Hotels sowie
Alten- und Pflegeheime. Ende Februar
2012 wird der zentrale Telefon- und
Internetzugang unterbrochen. Der
Grund ist eine Leitungsstörung im
Telekom-Netz, ausgelöst durch eine
Baggerschaufel, die bei Bauarbeiten
das Kabel in der Erde durchtrennt hat.
Der Ausfall hält etwas länger als einen
Tag an. Viele Mitarbeitende müssen
nach Hause geschickt werden. Die
Hotels können während der Störung
keine Buchungen annehmen.
Die Ausgaben für den Ausfall des
– unfreiwillig untätigen – Personals
belaufen sich auf rund 11.000 Euro.
Hinzu kommen Kosten wegen der
Buchungsausfälle in den Hotels, deren
Höhe allerdings schwer zu ermitteln
ist, da die Zahl der (theoretisch) nicht
getätigten Hotelbuchungen nur geschätzt werden kann.
Am Ende kann über die SecurITyPolice für den gesamten Schaden
eine Vergleichszahlung über 35.000
Euro erbracht werden. 
Stephan Scharf
Weil der Storage-Defekt während der
Gewährleistungszeit aufgetreten ist,
übernimmt die Lieferantenfirma den
Hardwareschaden. Der weitergehende
Schaden, der durch Überstunden in
der IT-Abteilung, durch die Auslagen,
21
INFO-DIENST
01/2013
weil, wie sich bei näherem Hinsehen
herausstellt, das Gerät mit einem Virus
befallen ist.
Loch in der Leinwand
Installationsarbeiten: Gemälde durch Gerüst beschädigt
R
und eine Million Euro ist es wert:
Das Gemälde eines weltberühmten
US-amerikanischen Pop-Art-Malers
ziert die Wand des Konferenzraums
bei unserem Kunden, als es Opfer
unglücklicher Umstände wird.
Über dem großen Konferenztisch wird
ein neuer Beleuchtungskörper installiert. Eine Spezialfirma hat zu diesem
ist, ermittelt nach Abschluss der Restaurationsarbeiten die Wertminderung.
Sie beläuft sich auf 136.100 Euro.
Hinzu kommen die Kosten für die Restaurierung und den Transport des
Gemäldes sowie Aufwendungen für die
Sachverständige: mithin eine GesamtSchadensumme von rund 167.000
Euro.
auch deswegen als vorteilhaft, weil der
Versicherer in Kontakt zu Kunstsachverständigen steht, die auf entsprechende
Gemälde spezialisiert sind.
Indessen läuft der Regress gegen
die schadenverursachende Firma.
Die Hälfte der geforderten Summe ist
inzwischen geflossen. Um die Schadenquote zum Kunstversicherungsvertrag unseres Kunden möglichst wenig
zu belasten, bemüht sich unser Haus
aber nach wie vor darum, dass alle
Forderungen erfüllt werden. 
Stephan Scharf
Know-how in unserer Gruppe
Kunstrisiken zu versichern erfordert
Fachwissen und Erfahrung. Über unseren Spezialmakler für die Absicherung
sämtlicher Kunst- und Ausstellungsrisiken – Fine Art Business Partner (FABP)
– haben wir Sie im Informationsdienst
03/2011 bereits informiert („Von der
Kunst, Kunst zu versichern“).
Nutzen Sie die Expertise in unserem
Hause und profitieren Sie von unserer professionellen Unterstützung im
Schadenfall.
Zweck zwei Gerüste errichtet. Beim
Abbau kippt eines der Gerüste um,
weil sich eine Strebe gelöst hat. Im
Fallen trifft die Gerüstleiter das wertvolle
Gemälde an der Wand und schlägt
ein vier Zentimeter großes Loch in die
Leinwand.
Nachdem Mitarbeitende unseres
Hauses sich vor Ort ein Bild vom Schaden gemacht haben, wird das Gemälde
zwecks Restauration in die Werkstatt
verbracht. Eine Sachverständige, die
von Anfang an hinzugezogen worden
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Gegenüber der Haftpflichtversicherung
der schadenverursachenden Handwerkerfirma wird ein Regressanspruch
angemeldet. Die Gesellschaft behält
sich vor, den Schadenersatzanspruch
zunächst eingehend zu prüfen. Damit
die Ersatzzahlungen dennoch schnell
fließen können, gehen wir – parallel
zum Regress – einen anderen Weg.
Unser Kunde verfügt über eine Kunstversicherung. Über sie lassen wir den
Schaden letztlich abwickeln. Das erweist sich, neben dem Zeitgewinn,
Rechtsprechung
Obhuts- und Schutzpflichten in Alten- und Pflegeheimen
Vermeidbarer Sturz einer Heimbewohnerin
D
ie Obhuts- und Sorgfaltspflichten
betreuender Einrichtungen verlangen dem Pflegepersonal einiges ab
– und bergen entsprechende Risiken.
Sturzgefährdete Bewohnerinnen und
Bewohner sind vom Heimbetreiber besonders gegen Verletzungen abzusichern. Das hob das Oberlandesgericht
(OLG) Düsseldorf einmal mehr hervor,
als es darüber zu entscheiden hatte,
ob der Sturz einer Heimbewohnerin bei
gehöriger Sorgfalt des Pflegepersonals
hätte vermieden werden können (OLG
Düsseldorf, I 24 U 78/11).
Kommt eine betreute Person während
eines Pflegevorgangs zu Schaden,
weil das Betreuungspersonal Sorgfaltspflichten verletzt hat, muss der
Einrichtungsträger die Unvermeidbarkeit des Schadenereignisses beweisen,
um einer zivilrechtlichen Haftung zu
entgehen (Entlastungsbeweis).
Aufgrund einer Hirnblutung ist die
73-jährige Heimbewohnerin und gesetzlich Krankenversicherte halbseitig gelähmt. Wegen ihrer Einschränkungen (Pflegestufe II) befindet sie
sich in vollstationärer Betreuung des
beklagten Alten- und Pflegeheims.
Dem Pflegepersonal ist bekannt, dass
die Bewohnerin, sofern sie sich am
Bettgitter festhält, zwar selbstständig
aufstehen kann, aber niemals allein
stehen gelassen werden darf.
Nach der Benutzung des Toilettenstuhls
kommt es zum Sturz der Betreuten.
Sie hält sich mit beiden Händen am
festgestellten Pflegebett fest, während
die Pflegekraft hinter ihr steht, um ihr
beim Wiederankleiden behilflich zu
sein. Dabei kippt die 73-Jährige zur
Seite und zieht sich beim Aufprall auf
den Boden eine Beckenringfraktur zu.
Für den Zeitraum von zwei Monaten vor
dem Sturz sind mehrere Auffälligkeiten
bei der Patientin dokumentiert: z.B.
schlechtes Stehen nach Mobilisation,
Sturz bei Transfervorgang ohne Schadenfolge, Ermahnung zur Vorsicht beim
Toilettengang und starker Rechtsdrang
beim Stehen.
Pflichten verletzt?
Per Gesetz gehen die Schadenersatzansprüche auf den Versicherungsträger
– hier: die gesetzliche Krankenversicherung – über, der verpflichtet ist, Sozialleistungen zur Behebung des Schadens
zu erbringen (§ 116 Sozialgesetzbuch
X). Die Krankenkasse der geschädigten
Person kann Ersatzansprüche gegen
den Heimträger dann durchsetzen,
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Sturz wegen bekannter Standunsicherheit
wenn das von ihm beschäftigte Personal eine Pflicht gegenüber einer
betreuten gesetzlich krankenversicherten Person schuldhaft verletzt und
diese Pflichtverletzung unmittelbar zu
einem Schaden geführt hat. Das gilt
beispielsweise, wenn Sorgfalts- und
Obhutspflichten missachtet wurden
(diese ergeben sich als Nebenpflichten
aus dem Heimvertrag und aus dem
Heimgesetz).
(vgl. BGH NJW 2005, 1937 ff). Dabei
sind die Würde und die Interessen
der betroffenen Person ebenso zu
beachten wie ihre Selbstständigkeit,
ihre Selbstbestimmung und ihre Selbstverantwortung (vgl. OLG Düsseldorf, I
24 U 78/11, Abs. 27).
Vor diesem Hintergrund macht die
Krankenkasse der verunfallten Heimbewohnerin gegenüber dem Träger
des Alten- und Pflegeheims die entstandenen Heilbehandlungskosten
in Höhe von rund 6.500 Euro auf dem
Klageweg geltend.
Die Richter des OLG Düsseldorf geben
der Krankenkasse der Geschädigten
Recht. Sie argumentieren, dass der
Schaden sich bei einer Pflegemaßnahme ereignet habe, die in den so
genannten „voll beherrschbaren Gefahrenbereich“ fällt. Mit „voll beherrschbar“ sind Situationen gemeint, die das
Personal, das eigens dafür ausgebildet
ist, meistern kann und daher auch
meistern muss, weil die Parameter,
die zu einem Schaden führen könnten,
bekannt sind.
Ob im vorliegenden Fall eine Verletzung
der Sorgfalts- und Obhutspflichten
durch den Heimträger bzw. das Pflegepersonal gegeben ist, hat das OLG
Düsseldorf zu entscheiden.
Unstreitig ist, dass der Heimträger bzw.
das Pflegepersonal Pflegeleistungen
nach dem anerkannten Stand pflegewissenschaftlicher Erkenntnisse
zu erbringen hat. Im konkreten Fall
heißt das, das Pflegepersonal hat der
Bewohnerin gegenüber notwendige,
ihrem Status (Pflegestufe II) entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um
sie in ihrem alltäglichen Lebensablauf
zu unterstützen.
Gemeinhin gilt, dass der Umfang solcher Unterstützungsmaßnahmen sich
nach dem Gesundheits- und Pflegezustand der oder des Pflegebedürftigen
richtet und auf die in Pflegeheimen
üblichen Maßnahmen begrenzt ist, die
mit einem vernünftigen finanziellen und
personellen Aufwand realisierbar sind
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Voll beherrschbare Situation
Mit anderen Worten: Wenn, wie vorliegend, das Wohl und Wehe der betreuten Personen buchstäblich in den
Händen der Pflegekraft liegt und es
in solch einer Situation zum Schaden
kommt, hat der Einrichtungsträger zu
beweisen, dass das Personal keine
Schuld am Geschehen trifft. Der Entlastungsbeweis gelingt aber in der Regel
nur, wenn dargelegt werden kann,
dass individuelle, nicht vorhersehbare Aspekte zur Schadenentstehung
(mit) beigetragen haben, die Situation
mithin nicht oder nur noch begrenzt
beherrschbar war.
Das OLG betont, dass die Heimbewohnerin wegen ihrer gesundheitlichen
Einschränkungen einer besonderen
Betreuung bedurft habe, u.a. beim
Anziehen. Die Pflegekraft hätte, so
die Richter, die Gefährdungssituation – bekannte und dokumentierte
Standunsicherheit der Betreuten und
somit Sturz- und Verletzungsgefahr – so
gestalten können, dass es eben nicht
zu einer Körperverletzung kommt.
Nach Ansicht der Richter wäre in der
konkreten Situation noch eine zweite
Pflegekraft zur Unterstützung notwendig gewesen, um den Sturz der Bewohnerin zu verhindern. Dem Heim und
seinem Personal wird eine Verletzung
der Sorgfalts- und Obhutspflichten
unterstellt.
Eine Haftung ist daher nur dann ausgeschlossen, wenn sich das Heim
bzw. das Pflegepersonal entlasten
kann. Der Entlastungsbeweis gelingt
hier aber nicht. Das Gericht verurteilt
den Träger des Alten- und Pflegeheims
zum Schadenersatz. 
Über die Betriebs-Haftpflichtversicherung des beklagten Pflegeheims
sind neben der ausgeurteilten Klageforderung auch die Gerichts- und
Sachverständigenkosten sowie die
eigenen und gegnerischen Anwaltskosten gedeckt. Den Heimträger und
die mitversicherte Pflegekraft treffen
somit keine finanziellen Folgen.
Frank Betke
Sturz außerhalb des Pflegeheims
Altenpflege: Allgemeines Lebensrisiko vs. Aufsichtspflichtverletzung
D
as Thema „Aufsicht“ war einer der
Themenschwerpunkte unserer Informationsdienste in 2012. Fälle von – vermeintlich – vernachlässigten Pflichten in
betreuenden Einrichtungen begegnen
uns sehr häufig in unserer Schadenpraxis. Wie das folgende Beispiel zeigt,
hat die Aufsichtspflicht über betreute
Personen aber durchaus Grenzen.
gegen den haftpflichtversicherten Träger eines Pflegeheims geltend.
Faust zu verlassen. Als es ihr schließlich doch gelingt wegzulaufen, zieht
sie sich draußen auf der Straße bei
einem Sturz Verletzungen zu.
Die Vorgeschichte
Die krankenversicherte Bewohnerin
des beklagten Altenpflegeheims, einer
offenen Einrichtung, leidet an Demenz.
Die Begründung
Die klagende Krankenversicherung
begründet ihren Anspruch gegen
das Altenpflegeheim damit, dass das
Personal keine ausreichenden Vorkehrungen gegen das Entweichen der
Bewohnerin getroffen habe.
Der Versicherungsschutz
Die Betriebs-Haftpflichtversicherung
des Heims gewährt ihrem Versicherungsnehmer Abwehrschutz gegen
unberechtigte Forderungen, indem
sie einen Rechtsanwalt mit der Klageabwehr mandatiert. Mit dessen
Unterstützung gelingt es schließlich,
den gerichtlich geltend gemachten
Anspruch der Krankenkasse erfolgreich abzuschmettern.
Einrichtung trifft Obhutspflicht
Die gesetzliche Krankenversicherung
einer Pflegeheimbewohnerin macht
einen auf sie übergegangenen Schadenersatzanspruch (rund 5.250 Euro)
Sie gilt zwar als gangsicher, ist aber
räumlich nicht orientiert und zeigt eine
starke Weglauftendenz. Bis zu dem
hier in Rede stehenden Vorfall hindert
das Betreuungspersonal die Seniorin
mehrfach daran, das Heim auf eigene
Als mögliche Schadenursachen kämen beispielsweise Krankheit bzw.
geistige oder körperliche Einschrän-
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Die Klage
Mit dem Fall befasst sich das Landgericht (LG) Aachen (Urteil vom
01.09.2011, 12 O 488/10). Um die
Frage zu klären, ob das Pflegepersonal
wegen mangelnder Aufsichtsführung
eine (Mit-)Schuld an der Verletzung der
Bewohnerin trifft, definiert das Gericht
zunächst die Art und den Umfang der
dem Heimträger obliegenden Obhutspflichten. Von Einrichtungen werde
generell gefordert, die dort betreuten
Personen – hier: die verunfallte Heimbewohnerin – vor drohenden Schäden
zu schützen.
kungen in Betracht, bedingt durch
die eigene Person oder durch die
Einrichtung. Auch die bauliche Gestaltung einer Pflegeeinrichtung berge
mitunter Schadenpotenzial für die
Betreuten (Bundesgerichtshof, Urteil
vom 28.04.2005, in BGHZ 163,53,
vgl. auch Oberlandesgericht Koblenz,
NJW-RR 2002,867 f.).
Keine Totalüberwachung
Der Umfang der Aufsichtspflicht bemisst sich grundsätzlich am konkreten
Hilfebedarf jeder einzelnen betreuten
Person, hängt also weitgehend von ihrem gesundheitlichen Status, also von
ihren individuellen Erkrankungen ab.
In der allgemeinen Rechtsprechung
herrscht Konsens, dass die Aufsichtsund Verkehrssicherungspflichten von
Einrichtungen nicht uneingeschränkt
gelten. Als ausreichend werden in der
Regel die in Pflegeheimen üblichen
Maßnahmen betrachtet, die mit einem
vernünftigen finanziellen und personellen Aufwand realisierbar sind (OLG
München, VersR 2004, 618f.; vgl. auch
unseren Beitrag „Vermeidbarer Sturz
einer Heimbewohnerin“ auf Seite 23).
Bei aller Verantwortung haben betreuende Einrichtungen auch die Selbstständigkeit und die Selbstbestimmung
der betreuten Personen zu respektieren und zu fördern (BGH a.a.O.). Die
Würde, die Interessen und die individuellen Bedürfnisse von betreuten
Personen müssen gewahrt bleiben.
Das Gericht stellt fest: Auch bei größtmöglicher Sorgfalt könne – besonders bei offenen Einrichtungen wie
im vorliegenden Fall – niemals sicher
ausgeschlossen werden, dass Bewohnerinnen oder Bewohner punktuell
nicht unter der Kontrolle des Pflegepersonals stünden. Dies gelte vor
allem auch vor dem Hintergrund, dass
freiheitseinschränkende Maßnahmen
unzulässig seien.
Eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung
ist nach Ansicht der Richter mit einem
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zumutbaren personellen oder wirtschaftlichen Aufwand nicht zu leisten.
Schutzpflichten nicht vernachlässigt
Auch bei näherer Betrachtung der konkreten Umstände trifft das Pflegeheim
aus Sicht der Richter keine Schuld
an der Verletzung der Bewohnerin,
weder unter dem Aspekt des ersten
Anscheins (Anscheinsbeweis) noch
vor dem Hintergrund individueller
Besonderheiten der Verunfallten. Da
bei ihr keine generelle Sturzgefahr,
sondern lediglich eine räumliche Desorientierung und eine Weglauftendenz
vorgelegen hätten, sei das Heim der
Verletzten gegenüber nicht verpflichtet
gewesen, besondere Vorkehrungen
gegen Stürze zu treffen.
Im vorliegenden Fall sei der Körperschaden der Bewohnerin nicht
dadurch eingetreten, dass sich die
Gefahr der Orientierungslosigkeit
verwirklicht habe, sondern aufgrund
eines Sturzes, der dem allgemeinen
Lebensrisiko zuzurechnen sei.
Eine Aufsichtspflichtverletzung der
offenen Einrichtung liegt nach Ansicht
des Gerichts nicht vor. Die Richter
weisen die Klage der Krankenkasse
zurück.
Frank Betke
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Herausgeber
Union Versicherungsdienst GmbH
Manfred Klocke, Geschäftsführer
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E-Mail: [email protected]
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