Theoretische Physik 3 — Quantenmechanik H. Spiesberger 10. Übungsblatt Ausgabe: 11.1.2017 Abgabe: 20.1.2017 Besprechung: 23.-27.1.2017 —————————————————————————————————————— Aufgabe 19. Kanonische Quantisierung (11 Punkte) Eine systematische Methode für den Übergang von der klassischen zur quantenmechanischen Beschreibung eines physikalischen Systems bietet die sogenannte kanonische Quantisierung, die in dieser Aufgabe untersucht werden soll. Ausgangspunkt bildet dabei die Hamiltonsche Formulierung der Mechanik, in der alle Observablen durch Funktionen der Phasenraumkoordinaten (xi , pi ) und der Zeit t beschrieben werden. Die Zeitentwicklung der Koordinaten (xi , pi ) ist durch die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen gegeben, die in der Form ẋi = ∂H = {xi , H}, ∂pi ṗi = − ∂H = {pi , H} ∂xi (1) geschrieben werden können. Hierbei bezeichnet H = H(xi , pi , t) die Hamilton-Funktion des Systems und {·, ·} die Poisson-Klammer, definiert durch X ∂F ∂G ∂F ∂G {F, G} = . (2) − ∂x ∂p ∂p ∂x i i i i i (a) (i) Zeigen Sie, dass die Poisson-Klammer antisymmetrisch und bilinear ist und der Jacobi-Identität {F, {G, H}} + {G, {H, F }} + {H, {F, G}} = 0 genügt. Ein Vektorraum mit einer binären Verknüpfung, die diese drei Eigenschaften erfüllt, heißt Lie-Algebra. Die Poisson-Klammern definieren also eine Lie-Algebra über dem Vektorraum der Phasenraumfunktionen. 2P (ii) Zeigen Sie, dass die Poisson-Klammer zusätzlich die Leibnizregel {F, GH} = {F, G}H + G{F, H} erfüllt. 1P (iii) Überprüfen Sie, dass auch der Vektorraum der linearen Operatoren mit dem Kommutator als binäre Verknüpfung eine Lie-Algebra bildet und die Leibnizregel gilt. 1.5P (b) Berechnen Sie die fundamentale Poisson-Klammer {pi , xj } und folgern Sie daraus eine Abbildung der beiden Lie-Algebren aufeinander (Poisson-Klammern {· , ·} → Kommutatoren [· , ·], Phasenraumfunktionen O (pi , xi , t) → lineare Operatoren Ô), wobei die Phasenraumkoordinaten auf Orts- und Impulsoperator abgebildet werden sollen (xi , pi ) → (Qi , Pi ). Diese Abbildung ist die Vorschrift zur kanonischen Quantisierung. 1.5P (c) Finden Sie für die totale Zeitableitung einer klassischen Observablen O (xi , pi , t), d.h. d/dt O (xi , pi , t), einen Ausdruck, der die Poisson-Klammer mit der HamiltonFunktion enthält und zeigen Sie, dass dieser durch kanonische Quantisierung in die Heisenbergsche Bewegungsgleichung der Quantenmechanik übergeht. 1.5P Hinweis: Beachten Sie, dass xi und pi zeitabhängig sind und benutzen Sie Gl. (1). (d) Berechnen Sie für ein Teilchen im Magnetfeld mit der Lagrangefunktion 1 ~ x, t) L = m~x˙ 2 − qΦ(~x, t) + q~x˙ · A(~ 2 (3) ~ = m~x˙ als Funktion der Phasenraumvariablen und beden kinetischen Impuls Π stimmen Sie mit der kanonischen Quantisierungsvorschrift den Kommutator [Πi , Πj ] zwischen den Komponenten des zugeordneten quantenmechanischen Operators. (Be~ =∇ ~ × A.) ~ achten Sie Aufgabe 18 von Übungsblatt 9: B Kann der Operator des kinetischen Impulses (in der Ortsdarstellung) durch partielle Ableitungen dargestellt werden? 2P (e) Die Hamilton-Funktion eines klassischen, eindimensionalen Systems enthalte den Term p2 x2 . Machen Sie sich klar, dass in diesem Fall die kanonische Quantisierung nicht eindeutig ist, da nach der Quantisierung die Reihenfolge der Operatoren eine Rolle spielt. Geben Sie zwei mögliche Anordnungen an, die zeigen, dass auch die Forderung H = H † diese Mehrdeutigkeit nicht vollständig beseitigt. Zeigen Sie, dass Differenzen zwischen Operatoren, die bis auf die Reihenfolge ihrer Faktoren gleich sind, im klassischen Limes ~ → 0 verschwinden. 1.5P Aufgabe 20. Reelle Wellenfunktionen (2 Punkte) Zeigen Sie: Ist die Wellenfunktion Ψ(~x) eines Teilchens reellwertig, so gilt (a) Die Wahrscheinlichkeitsdichte des Impulses |Ψ̃(~p)|2 ist symmetrisch unter p~ → −~p. 1P (b) Der Erwartungswert des Teilchenimpulses in diesem Zustand ist null. 1P Bitte notieren Sie die Zeit, die Sie für die Bearbeitung der Übungsaufgaben benötigt haben.