VSW.Kompakt | 18.03.2015 Sachsens Wirtschaft von Russlandkrise besonders betroffen 1. Sächsische Ausfuhren nach Russland sanken 2014 um 13 Prozent In den Jahren vor der Ukrainekrise war Russland einer der wichtigsten Wachstumsmärkte für die sächsische Wirtschaft. 2013 führten die Unternehmen Waren im Wert von mehr als 1,3 Mrd. EUR nach Russland aus. Das waren 370 Prozent mehr als 2005. Damit war das Land zum siebtwichtigsten Außenhandelspartner und zum mit Abstand größten osteuropäischen Markt für sächsische Erzeugnisse aufgestiegen. Schwerpunkte der Ausfuhren bilden Erzeugnisse der Metall- und Elektroindustrie, insbesondere Fahrzeuge und Fahrzeugteile (2013: 44 Prozent Anteil) sowie Maschinen und Anlagen (2013: 24 Prozent Anteil). Infolge des Ukrainekonflikts sind die sächsischen Ausfuhren nach Russland 2014 um insgesamt 13 Prozent eingebrochen. Bundesweit wurde sogar ein Rückgang um 16 Prozent verzeichnet. Ein besonders starker Einbruch erfolgte Mitte des Jahres mit den einsetzenden Sanktionen gegen Russland. Überdurchschnittlich stark war der Rückgang in der Elektrotechnik (-36 Prozent) und bei Maschinenbauerzeugnissen (-16 Prozent). Fahrzeuge aus Sachsen wurden mit -11 Prozent ebenfalls deutlich seltener als 2013 auf dem russischen Markt abgesetzt. Angesichts der aktuell sehr schwierigen Lage der russischen Wirtschaft ist mit keiner schnellen Erholung zu rechnen. 1 2. Verfall des Ölpreises und Abwertung des Rubels schwächen die russische Wirtschaft 2014 verzeichnete Russland noch ein zumindest geringes Wirtschaftswachstum von 0,6 Prozent. Die russische Industrieproduktion wuchs aufgrund von Sondereffekten (u. a. Militär) sogar um 2 Prozent. Die höchsten Produktionszuwächse gab es bei Kunststoffen (je nach Warengruppe zwischen 25 und 33 Prozent), Agrargütern (je nach Warengruppe zwischen 14 und 22 Prozent) und Erdölprodukten (bis zu 9 Prozent). Auf der anderen Seite waren bereits deutliche Produktionsrückgänge im zivilen Maschinenbau (je nach Warengruppe zwischen -23 und -30 Prozent) und bei Nutzfahrzeugen (-23 Prozent) zu verzeichnen. Diese Entwicklung dürfte sich auch 2015 fortsetzen. Russland befindet sich derzeit in einer wirtschaftlichen Abwärtsspirale, die maßgeblich durch den rapiden Ölpreisverfall und die EU-Sanktionen im vergangenen Jahr ausgelöst wurde. Mit weniger als 45 USD pro Barrel Urals-Rohöl erreichte der Rohölpreis im Januar 2015 seinen vorläufigen Fünf-Jahres-Tiefstand. Seitdem hat sich der Ölpreis bei rund 57 USD pro Barrel stabilisiert, was aber immer noch rund 47 Prozent unter dem Niveau von Juni 2014 ist. Die Folge sind niedrigere Einnahmen aus dem Ölexport für den russischen Staatshaushalt, aus dem u. a. der Infrastrukturausbau und Industrieförderprogramme finanziert werden. Außerdem gehen die Investitionen der russischen ölproduzierenden Konzerne zurück, die einen wesentlichen Anteil an den Bruttoanlageninvestitionen haben. 2 Zugleich wirken die EU-Sanktionen in den Bereichen Rüstung, Gütern mit doppeltem Verwendungszwecke („dual use“), Energie sowie Zugang zum Kapitalmarkt. Zusammen mit dem Ölpreisverfall führten diese zu einem Kapitalabfluss sowie zur Abwertung des Rubels (binnen zwei Jahren um rund 40 Prozent), was wiederum die Inflation in Russland befeuerte und die Zentralbank zu einer drastischen Anhebung der Leitzinsen veranlasste. Aktuell liegt der Leitzins bei 14 Prozent (nach 17 Prozent zum Jahresende 2014). Der durchschnittliche Zinssatz für Kredite an Unternehmen stieg auf 20 Prozent, für Konsumentenkredite sogar auf rund 29 Prozent an. Finanzierungsprobleme haben vor diesem Hintergrund rasant zugenommen. Durch die schwierige Kreditsituation bei gleichzeitig stark steigenden Verbraucherpreisen sanken die inländische Kaufkraft von Unternehmen und Bevölkerung sowie die Investitionstätigkeit. In Kombination mit den rückläufigen Staatseinnahmen hat dies die russische Nachfrage nach Industrieerzeugnissen einbrechen lassen und Russland zwischenzeitlich in eine Rezession gestürzt. Bei einem durchschnittlichen Rohölpreis von 60 USD je Barrel prognostiziert GTAI für 2015 einen Rückgang des russischen Bruttoinlandsprodukts von bis zu 5,5 Prozent. Die russischen Importe sollen um 15 Prozent zurückgehen. Eine allgemeine Markterholung ist in Russland frühestens 2017/18 zu erwarten. Um dem wirtschaftlichen Abwärtstrend entgegenzusteuern, hat die russische Regierung ein Subventionsprogramm für 190 „systemrelevante Unternehmen“ aufgelegt, die im ersten Quartal 2015 staatliche Unterstützung in Höhe von 22 Mrd. RUB erhalten sollen. 3 3. Partnerschaft mit Russland droht langfristig Schaden zu nehmen – Chancen zur Entspannung müssen genutzt werden Aufgrund des schwachen Rubels und des prohibitiv wirkenden Hochzinsniveaus können sich russische Kunden kaum noch deutsche Investitions- und Konsumgüter leisten. GTAI beurteilt vor allem das Marktpotenzial im Maschinen- und Fahrzeugbau negativ, in der Elektro- und Umwelttechnik wird bestenfalls eine Stagnation erwartet. Um die heimische Wirtschaft weiterhin mit Gütern zu versorgen und die fehlenden Importe aus der EU zu substituieren, zeichnen sich Trends zur Eigenproduktion in Russland sowie einer Umlenkung der Handelsströme ab. So legten zwischen Januar und November 2014 gegenüber dem Vorjahreszeitraum die Importe aus Kasachstan um 25 Prozent, aus den USA um 15 Prozent und aus der Schweiz um 12 Prozent zu. Trotzdem gibt es nach Einschätzung von GTAI nach wie vor eine positive Grundstimmung gegenüber deutschem Unternehmertum und der Qualität deutscher Produkte. Aus der Sicht der Unternehmen hat Russland zudem in den letzten Jahren wichtige Reformschritte in Richtung einer Liberalisierung der Rechtssetzung und der Vereinfachung des Steuerrechts getan, die für ein besseres Geschäftsumfeld und -klima sorgen. Dies spiegelt sich in Russlands Platzierung im Ease-of-Doing-Business-Index der Weltbank wider, der staatliche Regulierungen von Unternehmen und den Schutz von Eigentumsrechten misst. Seit 2013 ist Russland hier von Platz 92 (von 189) auf nunmehr Platz 62 aufgestiegen. Russland ist und bleibt daher ein wichtiger Markt für die sächsische Wirtschaft mit einem langfristig großen Potenzial für weiteres Wachstum. Kontakte und Partnerschaften zu Russland gilt es weiter zu pflegen. Für die sächsische Wirtschaft ist es von großer Bedeutung, dass die sich aus der Umsetzung des zweiten Minsker Abkommens ergebenden Chancen auf eine politische Entspannung schnellstmöglich für eine Normalisierung der wirtschaftlichen Beziehungen genutzt werden. Die VSW steht für Ihre Fragen und Anregungen gern zur Verfügung: Kontakt: Lars Kroemer Tel. 0351 25593-39, Fax 0351 25593-605 [email protected] Download Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft e. V. (VSW) Besucheranschrift: Bautzner Straße 17 . 01099 Dresden . Postanschrift: PF 300 200 . 01131 Dresden Tel. 0351 25593-0 . Fax 0351 25593-78 . [email protected] . www.vsw-direkt.de 4 Powered by TCPDF (www.tcpdf.org)