F4 Neurotische, Belastungs- und somatoforme - hpa

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F4
Neurotische, Belastungs- und
somatoforme Störungen
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
Überblick über die Störungsbilder Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
1.
Angst- und Panikstörungen
1.1 Phobien
1.2 sonstige Angststörungen
2.
Zwangsstörungen
3.
Belastungsstörungen
4.
dissoziative Störungen
5.
somatoforme Störungen
6.
sonstige Störungen
Einteilung im ICD-10: F4 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
spezifische
Phobien
Phobien
Agoraphobie
soziale Phobie
Andere Angststörungen
Panikstörung
generalisierte
Angststörung
Zwangsstörungen
Zwangsgedanken
Zwangshandlungen
gemischt
Belastungsstörungen
akute Belastungsreaktion
PTBS
Anpassungsstörung
Dissoziative Störungen
diverse
Somatoforme Störungen
diverse
Andere neurotische
Störungen
Neurasthenie
Depersonalisations-/
Derealisationssyndrom
Begriffe neurotische und somatoforme Störungen
neurotische Störungen
• Angsterkrankungen (Phobien und andere)
• Zwangsstörungen
• dissoziative bzw. Konversionsstörungen
Gemeinsamkeit dieser Erkrankungen:
die psychische oder körperliche Symptomatik kann
nicht primär durch eine organische Ursache oder eine
andere psychische Erkrankung erklärt werden.
somatoforme Störungen Erkrankungen, die mit anhaltenden körperlichen
Beschwerden einhergehen, für deren Ausmaß jedoch
keine ausreichende organische Erklärung gefunden
werden.
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
1.
Angst- und Panikstörungen
1.1. Allgemeines / Definitionen
1.2 Diagnosekriterien Phobien
1.3 Diagnosekriterien Panikstörung
1.4 Diagnosekriterien Generalisierte Angststörung
1.5 Differenzialdiagnosen
1.6 Ursachen
1.7 Therapie
ICD-10: F40 – F41 Angststörungen
Angststörungen
Phobien
sonstige
Angststörungen
Agoraphobie
m/o Panikattacken
Panikstörung
soziale Phobie
generalisierte
Angststörung (GAS)
spezifische Phobien
Überblick Häufigkeit von Angststörungen
Welche Bedeutung hat Angst?
•
•
•
Angst ist überlebenswichtig
Angst ist archaisch
Schreckreaktion dient
– dem Kampf
– der Flucht
– im Extremfall erstarren
Normale Angst vs. pathologische Angst
normale Angst
•
•
•
•
dient als Alarmfunktion für den
Organismus
soll Aktivitäten zur Beseitigung
der bestehenden oder
drohenden Gefahr auslösen
soll wieder verschwinden, wenn
die Gefahr vorüber ist
führt oft zu körperlichen
Reaktionen, die das Überleben
sichern sollen
pathologische Angst
•
•
•
lähmt die körperlichen und
geistigen Funktionen
Krankheitswert hat das
grundlose, übermäßige
Auftreten von Angst
auch das fehlende Auftreten
von Angst kann pathologisch
sein
Wie definiert man eigentlich Angst/ Phobie ?
• zentrale Emotion
PHOBIE
• Wird ausgelöst durch:
= Störung, bei der die
Angst
durch
eine eindeutig
 äußere Reize (z.B. Angreifer)
definierte, eigentlich
 innere Reize (z.B. Vorstellungen) ungefährliche Situation
• Funktionale Verhaltenssteuerung
ausgelöst wird
•
•
•
•
•
Wann macht Angst krank?
Angst ist dem Auslöser nicht angemessen
Keine Bewältigungsmöglichkeit
Starke Beeinträchtigung
Angstreaktion erfolgt nahezu immer
Vermeidungsverhalten oder Durchstehen von Situationen
nur unter starker Angst
Phobien vs. sonstige Angststörungen
Phobien
sonstige Angststörungen
Die Angst bei Phobien ist absolut
zielgerichtet und bezieht sich auf
bestimmte Objekte und
Situationen, die in Folge voller
Angst ertragen oder vermieden
werden.
Zwar weiß der Betroffene im
Allgemeinen rational, dass diese
Angst unbegründet ist, aber wird
vollkommen von ihr überwältigt
Die Angst bei den sonstigen
Angststörungen ist nicht zielgerichtet auf
ein Objekt oder eine Situation, sondern
sie tritt völlig ohne einen sachlichen
Stimulus auf und ist frei flottierend.
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
1.
Angst- und Panikstörungen
1.1. Allgemeines / Definitionen
1.2 Diagnosekriterien Phobien
1.3 Diagnnosekriterien sonstige Angststörungen
1.4 Differenzialdiagnosen
1.5 Ursachen
1.6 Therapie
ICD-10: F40 phobische Störungen
Phobien
Agoraphobie
m/o Panikattacken
soziale Phobie
spezifische Phobien
Phobische Störungen: F40.0 Agoraphobie
Synonym
Agora
Platzangst
griechisch für Marktplatz
Definition:
Agoraphobie ist geprägt durch Ängste, sich an
Orten oder Situationen zu befinden, in denen beim Auftreten
von hilflos machenden oder peinlichen Symptomen eine Flucht
nur schwer möglich oder aber keine Hilfe verfügbar wäre.
typische Situationen
• Menschenmengen in U-Bahn, Bus, Tunnel, Fahrstuhl
• öffentliche Plätze
• Reisen alleine bzw. weit weg von zu Hause
Lebenszeitprävalenz: ca. 5 %
Frauen sind häufiger betroffen als Männer
Störung beginnt i.d.R. im 3. Lebensjahrzehnt
Angstsymptome
Thorax/
Abdomen
vegetative
• Palpitationen,
Herzklopfen oder
erhöhte
Herzfrequenz
• Schwitzen
• fein- oder
grobschlägiger
Tremor
• Mundtrockenheit
• Atembeschwerden
• Beklemmungsgefühl
• Thoraxschmerzen
oder –
• missempfindungen
• Nausea od.
abdominelle
Missempfindungen
psychische
allgemeine
• Schwindel,
Unsicherheit,
Schwäche,
Benommenheit
• Derealisation oder
Depersonalisation
• Angst vor
Kontrollverlust
• Angst zu sterben
• Hitzewallungen
oder
Kälteschauer
• Gefühllosigkeit
oder
Kribbelgefühle
Diagnostische Kriterien lt ICD-10: Agoraphobie
Deutlich anhaltende Furcht vor oder Vermeidung folgender Situationen:
1.
Menschenmengen
4.
Reisen, mit weiter Entfernung von Zuhause
2.
3.
öffentliche Plätze
allein Reisen
> 2 Situationen
Angstsymptome
deutliche emotionale Belastung durch die
Furcht oder das Vermeidungsverhalten
vegetative
Thorax/Abdomen
+
psychische
Einsicht, dass diese übertrieben und
unvernünftig sind
Die Symptome sind auf die gefürchtete
Situation oder auf Gedanken an diese
beschränkt
allgemeine
insg. > 2, davon 1 vegetatives
mit oder ohne Panikstörung
Phobische Störungen: F40.1 Soziale Phobie
Synonym
soziale Angststörung, soziale Neurose, Antropophobie
Definition: Die soziale Phobie ist eine anhaltende Angst vor Situationen, in
denen die Person im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit anderer steht. Die Angst
wird als übertrieben und unvernünftig empfunden und führt in der Regel zu
einem ausgeprägten Vermeidungsverhalten.
typische Situationen
• Patient sieht sich einer prüfenden Beobachtung anderer ausgesetzt
• Situationen können nur in bestimmten Situationen oder in fast allen
Situationen außerhalb des Familienkreises auftreten
• Häufig mit niedrigem Selbstwertgefühl und Furcht vor jeglicher Kritik
verbunden
Lebenszeitprävalenz: ca. 4-8 %
Frauen und Männer sind etwa gleich häufig betroffen
Störung beginnt oft bereits im Jugendalter
Diagnostische Kriterien lt. ICD-10: Soziale Phobie
A: Deutliche Furcht im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen oder sich
peinlich oder erniedrigend zu verhalten
oder
B:
deutliche Vermeidung, in obige Situationen zu geraten
soziale Situationen wie Essen oder Sprechen in der Öffentlichkeit, Hinzukommen oder
Teilnahme an kleinen Gruppen, Begegnung von Bekannten in der Öffentlichkeit
Angstsymptome
vegetative
Thorax/
Abdomen
psychische
+
• Erröten oder
Zittern
• Angst zu
erbrechen
• Miktions- oder
Defäkationsdrang bzw.
Angst davor
allgemeine
> 2, davon 1 vegetatives
>1
deutliche emotionale Belastung durch die
Furcht oder das Vermeidungsverhalten
+
Einsicht, dass diese übertrieben und
unvernünftig sind
Die Symptome sind auf die gefürchtete
Situation oder auf Gedanken an diese
beschränkt
typische Aussagen/Gedanken bei sozialer Phobie
Wenn andere mich näher
kennen lernen, werden
sie mein „wahres Selbst“
entdecken und mich
ablehnen.
Es wäre unerträglich, als
minderwertig und
unzulänglich bloßgestellt zu
werden.
Am Arbeitsplatz und in
anderen Situationen
bin ich sozial
ungeschickt.
Ich sollte Situationen, in
denen ich Aufmerksamkeit
erregen könnte, vermeiden
oder mich so unauffällig
wie möglich verhalten.
Phobische Störungen: F40.2 spezifische Phobie
Definition: Hauptmerkmal der spezifischen Phobie ist die anhaltende Angst vor
einem umschriebenen Objekt oder einer umschriebenen Situation. Die Störung
wird nur diagnostiziert, wenn die Angst erhebliches Leiden verursacht.
Beispiele typischer Phobien
• Furcht vor Tieren
• Angst vor Blut
• Höhenangst
• Flugangst
Das Alter bei der Erkrankung ist sehr unterschiedlich:
Tierphobien beginnen fast immer in der Kindheit,
Höhenängste sowie Agoraphobie können auch noch im 4. Lebensjahrzehnt
beginnen.
Phobische Störungen: F40.2 spezifische Phobie - Subtypen
• Tier-Typus
• Umwelt-Typus
(Stürme, Höhen, Wasser) oft früher Beginn
• Blut-Spritzen-Verletzungs-Typus
(familiär gehäuft, manchmal Ohnmacht)
• Situativer Typus
(Fahrstühle, Räume)
• Anderer Typus
(Ersticken, Erbrechen, Erwerb einer Krankheit)
Diagnostische Kriterien lt. ICD-10: Spezifische Phobien
A: Deutliche Furcht vor einem bestimmten Objekt oder einer bestimmten
Situation (außer Agora- oder sozialer Phobie)
oder
B:
deutliche Vermeidung, solcher Objekte und Situationen (außer Agora- oder
sozialer Phobie)
Symptome
vegetative
Thorax/Abdomen
psychische
deutliche emotionale Belastung durch die
Furcht oder das Vermeidungsverhalten
+
allgemeine
Einsicht, dass diese übertrieben und
unvernünftig sind
Die Symptome sind auf die gefürchtete
Situation oder auf Gedanken an diese
beschränkt
insg. > 2, davon 1 vegetatives
Phobische Störungen: F40.2 spezifische Phobie
Überblick einiger spezifischer Phobien
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Klaustrophobie (enge Räume)
Arachnophobie (Spinnen)
Akrophobie (Höhe)
Aviophobie (Fliegen)
Dentophobie (Zahnarzt)
Didaskaleinophobie (Schule)
Gephyrophobie (Brücken überqueren)
Herpetophobie (Kriechtiere, Schlangen)
Xenophobie (fremde Personen)
Nyktophobie (Nacht/ Dunkeln)
www.sozphobie.de (Sozialphobie)
www.angstzentrum-berlin.de (Agoraphobie)
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
1.
Angst- und Panikstörungen
1.1. Allgemeines / Definitionen
1.2 Diagnosekriterien Phobien
1.3 Diagnnosekriterien sonstige Angststörungen
1.4 Differenzialdiagnosen
1.5 Ursachen
1.6 Therapie
ICD-10: F4.0 – F4. Angststörungen
sonstige Angststörungen
Panikstörung
generalisierte
Angststörung (GAS)
Andere Angststörungen
Panikstörung
(episodisch paroxysmale Angst)
• Wiederkehrende schwere
Angstattacken
Generalisierte Angststörung (GAS)
• Anhaltende Angst
• „frei flottierend“
paroxysmal = anfallsartig
Im Gegensatz zu
den Phobien
NICHT auf
spezifische
Situationen oder
Objekte bezogen
Diagnostische Kriterien lt ICD-10: Panikstörung
Wiederholte schwere Angstattacken (Panik), die sich nicht auf eine spezifische
Situation oder besondere Umstäne beschränken und deshalb auch nicht
vorhersehbar sind.
Eine Panikattacke hat folgende Charakteristika:
1. einzelne Episode intensiver Angst oder
Unbehagen
4. mind. 4 Symptome, davon 1 aus
vegetativ
Angstsymptome
2. beginnt abrupt
deutliche emotionale Belastung durch die
Furcht oder das Vermeidungsverhalten
vegetative
Thorax/
Abdomen
psychische
3. erreicht innerhalb weniger Minuten
ein Maximum und dauert mindestens
einige Minuten
+
allgemeine
> 4, davon 1 vegetatives
Einsicht, dass diese übertrieben und
unvernünftig sind
Die Symptome sind auf die gefürchtete
Situation oder auf Gedanken an diese
beschränkt
mittelgradig:
mind. 4 Panikattacken in
4 Wochen
schwer:
mind. 4
Panikattacken/Woche
Häufigste Symptome einer Panikattacke
Quelle:
Möller, Laux, Deister: Psychiatrie, Psychosomatik und
Psychotherapie 5. Aufl. 2013, S.137
Diagnostische Kriterien lt. ICD-10: generalisierte Angststörung (GAS)
A: Anspannung, Besorgnis und Befürchtungen in Bezug auf
alltägliche Ereignisse
> 6
Monate
Angst ist nicht auf bestimmte Umgebungsbedingungen beschränkt, sondern „frei
flottierend“. Symptome sind variabel. Oft Befürchtung oder Sorge, der
Betreffende selbst oder Angehörige könnten erkranken oder einen Unfall haben.
Angstsymptome
vegetative
psychische
Thorax/
Abdomen
allgemeine
> 4 Symptome ,
davon 1 vegetatives
Anspannung
unspezifische S.
• Muskelverspannung,
akute u. chron. Schmerzen
• Ruhelosigkeit u.
Unfähigkeit zu
Entspannen
• Gefühle von
Aufgedrehtsein,
Nervosität u. psych.
Anspannung
• Kloßgefühl im Hals oder
Schluckbeschwerden
• übertriebene
Reaktionen auf kleine
Überraschungen od.
Erschrecktwerden
• Konzentrationsschwierigkeiten,
Leeregefühl im Kopf wg
Sorgen od. Angst
• anhaltende Reizbarkeit
• Einschlafstörungen wg.
Besorgnissen
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
1.
Angst- und Panikstörungen
1.1. Allgemeines / Definitionen
1.2 Diagnosekriterien Phobien
1.3 Diagnnosekriterien sonstige Angststörungen
1.4 Differenzialdiagnosen
1.5 Ursachen
1.6 Therapie
Differenzialdiagnosen Angststörungen
Diagnostik:
Die Diagnostik muss verschiedene Ebenen umfassen:
1. Liegt normale oder pathologische Angst vor?
Abklärung der Schwere der Symptomatik, Ausprägung
der sozialen Beeinträchtigung
2. Liegt der Angstsymptomatik eine andere
psychische oder körperlich begründbare Störung
zugrunde?
Findet sich kein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer
solchen Erkrankung, handelt es sich vermutlich um
eine primäre Angstsymptomatik.
Testverfahren Häufig eingesetzter Fremdbeurteilungsfragebogen:
Hamilton-Angstskala (HAMA)
Differenzialdiagnosen Angststörungen
Quelle:
Möller, Laux, Deister: Psychiatrie,
Psychosomatik und Psychotherapie 5.
Aufl. 2013, S.139
Differenzialdiagnosen Angststörungen
Angstsymptome:
Panikartike Angstsymptome gibt es bei den verschiedensten psychischen
Störungen:
Leitsymptom Panikstörung:
Leitsymptom GAS:
Leitsymptom Phobien:
Angst aus heiteren Himmel ohne
äußeren Anlass
wechselnde Ängste und Befürchtungen in
Bezug auf alltägliche Ereignisse.
Mindestens 6 Monate. I.d.R. keine
Panikattacken.
Angst ist zielgerichtet und bezieht sich auf
bestimmte Objekte und Situationen, die
in Folge voller Angst ertragen oder
vermieden werden.
Besonders wichtig ist die Differenzierung zwischen Angst und Depression!
Häufig ist eine genaue Trennung nicht möglich. In diesem Fall muss entschieden werden,
welcher der beiden affektiven Zustände die eigentliche Grundlage der Störung darstellt oder
ob beide Symptome direkt aufeinander bezogen sind.
Differenzialdiagnosen Angststörungen
Angst = häufiges Begleitsymptom anderer psychischer und körperlicher Erkrankungen:
Erkrankungen, die häufig Angst als relevantes Symptom aufweisen (ohne
Angsterkrankungen)
nicht organische
psychische
Störungen
schizophrene Psychosen, affektive Psychosen, Zwangsstörungen,
Persönlichkeitsstörungen, Anpassungsstörungen
organisch bedingte
psychische
Störungen
Delir, organische Angststörung, organische wahnhafte Störung,
organische depressive Störung, organische Persönlichkeitsstörung
substanzabhängige
Störungen
Medikamente, Amphetamine, Kokain, Halluzinogene, Alkohol, Nikotin,
Koffein, Ecstasy, Opiate
neurologische
Erkrankungen
hirnorganische Anfallsleiden, Chorea Huntington, Migräne, Multiple
Sklerose, erhöhter Hirndruck
internistische
Erkrankungen
Angina pectoris,/Myokardinfarkt, Herzrhythmusstörungen,
Hypoglykämie, Hypoxie, Lungenembolie, Hyperthyreose, Karzinoid
Die klinisch wichtigste Differenzialdiagnose ist die Abgrenzung zu normaler Angst.
Differenzialdiagnosen Angststörungen
weitere wichtige Differenzialdiagnosen mit Angst und deren
Abgrenzung
normale Angst
psychologisch ableitbar, keine soziale Behinderung
schizophrene
Psychosen
wahnhafte Angst mit absoluter Wahngewissheit. Die
allgemeinen Wahnkriterien müssen erfüllt sein.
depressive
Störungen
Achten auf ausgeprägte depressive Symptome sowie den
häufigen phasenhaften Verlauf der Erkrankung
organische
Störungen
sorgfältige körperliche Untersuchung; Organbefunde stehen
evtl. in einem zeitlichen Zusammenhang zum Auftreten bzw.
Abklingen von Angstsymptomen.
Panikattacken müssen zu epileptischen Anfällen abgegrenzt
werden.
Differenzialdiagnosen Angststörungen
weitere wichtige Differenzialdiagnosen mit Angst und deren Abgrenzung
Drogenabhängig- Sowohl bei einer akuten Intoxikation als auch beim Entzug
keit
können Angstsymptome auftreten (auch bei Medikamenten,
z.B. Anxiolytika).
PTBS
vorausgegangenes Trauma; Angst ist ein führendes Symptom,
jedoch meist zeitlich und auch oft inhaltlich bezogen auf das
zugrunde liegende Trauma.
Zwangserkrankungen
Angst tritt üblicherweise nur dann auf, wenn die
Zwangsimpulse bzw. –handlungen nicht umgesetzt werden
können
Persönlichkeitsstörungen
Angst kann ein wesentliches Symptom sein, vor allem bei
ängstlichen, abhängigen, anankastischen und passivaggressiven PS.
Differenzialdiagnosen Soziale Phobie
Differenzialdiagnosen Soziale Phobie
Beispielhafte Anamnesefragen bei Verdacht auf Angst- und Panikstörungen
Einleitung
„Viele Menschen haben in den verschiedensten Situationen auch einmal
Ängste. Können Sie mir sagen, ob Ihnen die folgenden Situationen oder
Dinge Angst machen oder bei Ihnen den Wunsch auslösen, diese zu
vermeiden?“
Panikstörung
„Leiden Sie manchmal unter plötzlichen und unerwarteten Angstanfällen,
ohne dass eine tatsächliche Bedrohung vorliegt?“
Agoraphobie
„Gibt es bestimmte Situationen und Orte wie z.B. Kaufhäuser, Autofahren,
Menschenmengen, Fahrstühle oder geschlossene Räume, die Ihnen Angst
machen oder die Sie möglichst vermeiden?“
soziale Phobie „Fürchten oder vermeiden Sie bestimmte Situationen, in denen Sie von
anderen Menschen beobachtet oder bewertet werden könnten wie z.B.
öffentliches Sprechen, Zusammenkünfte, Partys oder Gespräche?“
Spezifische
Phobie
„Fürchten oder vermeiden Sie bestimmte Dinge oder Aktivitäten wie z.B.
Tiere, Höhen, Flugreisen oder den Anblick von Blut oder Verletzungen?“
generalisierte
Angsstörung
„Leiden Sie häufig unter übermäßig starken Sorgen, die Sie nicht kontrollieren
können, z.B. über familiäre, berufliche oder finanzielle Angelegenheiten?“
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
1.
Angst- und Panikstörungen
1.1. Allgemeines / Definitionen
1.2 Diagnosekriterien Phobien
1.3 Diagnosekriterien sonstige Angststörungen
1.4 Differenzialdiagnosen
1.5 Ursachen
1.6 Therapie
Ursachen von Angststörungen
Infolge des Vulnerabilitäts-Stress-Modells werden folgende
verursachende und krankheitsunterhaltende Faktoren diskutiert:
• kognitive und lerntheoretische Aspekte
 klassische und operante Konditionierung
 Modell-Lernen (Umgang der Eltern oder Bezugspersonen mit
Ängsten)
 Angstkreis
• psychodynamische Aspekte
• organische Erkrankungen und pharmakologische Ursachen
• psychische Erkrankungen
• aufrechterhaltende Faktoren
 primärer und sekundärer Krankheitsgewinn
Vulnerabilitäts-Stress-Modell
Die Vulnerabilität (lat. Vulnus = Wunde) beschreibt die Anfälligkeit eines
Menschen, an einer psychischen Krankheit zu erkranken.
Ursachen Angststörungen – kognitive und lerntheoretische Aspekte
Kognitive und lerntheoretische Aspekte
• Auslösen bedingter Reflexe i.S. des klassischen Konditionierens:
Ein ursprünglich neutraler Reiz wird durch die Begleitumstände
zum konditionierten Reiz (siehe Beispiel vom kleinen Albert)
• Es besteht ein Wechselspiel von komplexen Verstärkersystemen i.S.
des operanten Konditionierens.
• Das Zusammenspiel zwischen psychischen und körperlichen
Faktoren beschreibt ein Angstkreis.
• Erklären auch das Auftreten von Erwartungsangst (Angst vor der
Angst) im Rahmen von Panikstörungen
• Modell-Lernen: Umgang der Eltern oder Bezugspersonen mit
Ängsten wird übernommen
Ursachen Angststörungen – Klassisches Konditionieren (Lerntheorie)
Beispiel: Fall vom kleinen Albert
• Behaviorismus (Watson, 1928):
„Gebt mir ein Dutzend Kinder und eine Welt, in der ich sie
aufziehen
kann. Ich garantiere dann, dass ich jedes zu dem mache, was ich
möchte: Arzt, Rechtsanwalt, Künstler, ... , oder auch Bettler und
Dieb.“
•
•
•
•
•
•
•
Exp.(1920) mit dem kleinen Albert,11 Mon.
Albert wurde furchtkonditioniert:
Unkonditionierter Reiz: lautes Geräusch
Reflex: Schreckreaktion
lautes Geräusch wird mit weißer Ratte gekoppelt
später wurde dann nur die Ratte präsentiert
Albert zeigt Angst- und Schreckreaktionen
Ursachen Angststörungen – Operantes Konditionieren (Lerntheorie)
Ursachen Angststörungen – Lerntheoretisches Modell des Angstkreises
Ursachen Angststörungen – psychodynamische Theorien
Psychodynamische Theorien
•
Grundlage psychoanalytischer Theorien ist die Vorstellung von einer
misslungenen neurotischen Konfliktlösung, die zum Auftreten von Angst
führt.
•
Generalisierte Angst tritt besonders bei drohendem Verlust oder Trennung
von einer nahe stehenden Bezugsperson (Trennungsangst) bzw. bei Verlust
von sozialer Anerkennung auf.
•
Bei Phobien sind Verschiebung bzw. Projektion wichtige
Abwehrmechanismen. Dabei wird eine ursprüngliche intrapsychische
Gefahrenquelle (z.B. sexuelle Konflikte, verdrängte Phantasien) nach außen
verlagert.
Bsp. Verschiebung:
Nicht der strenge Vater erhält den Tritt vor‘s Schienbein,
sondern der kleine Bruder
Bsp. Projektion:
Er ist ja selber Schuld, dass ich fremd gegangen bin
Angststörungen – organische und pharmakologische Ursachen
organische Erkrankungen
•
viele körperliche Erkrankungen können zu Angstsymptomen führen, z.B.
 Hypo- und Hyperthyreose
 Hypoglykämie
 koronare Herzkrankheit (KHK), Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkt
 zerebrale Anfallsleiden (Epilepsie), Morbus Parkinson
 Asthma
pharmakologisch wirksame Substanzen, die eine Angstsymptomatik
auslösen können
•
•
•
•
•
Schilddrüsenhormone
Koffein, Nikotin, Appetitzügler
Natriumglutamat z.B. in Fertiggerichten
Sedativa und Hypnotika (v.a. im Entzug)
Anxiolytika (Benzodiazepine im Entzug)
Ursachen Angststörungen – psychische Erkrankungen
psychische Erkrankungen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
affektive Störungen, insbesondere depressive Episoden
Schizophrenie
Zwangsstörungen
Anpassungsstörungen
PTBS
Persönlichkeitsstörungen (insb. ängstlich-vermeidend, dependent)
Essstörungen
somatoforme Störungen
Drogen, Alkohol (Gebrauch, Intoxikation, Entzug)
Ursachen Angststörungen - primärer und sekundärer Krankheitsgewinn
primärer Krankheitsgewinn
•
•
innere Vorteile, die ein Patient aus seinen neurotischen Symptomen und aus
einer dadurch begründbaren Krankheit ziehen kann.
Beispiel: Vermeidung unangenehmer Situationen (plötzliche Erkrankung vor
einer Prüfung)
sekundärer Krankheitsgewinn
•
•
äußere Vorteile, die ein Patient nachträglich durch bereits bestehende
neurotische Symptome erreichen kann. Als Konsequenz werden die Symptome
u.U. sogar verstärkt.
Beispiel: erhöhte Zuwendung, Aufmerksamkeit, Krankschreibung, aber auch die
sog. Rentenneurose oder andere finanzielle Entschädigungen, die der Patient
durch seine Krankheit erzielt, können einen sekundären Krankheitsgewinn
darstellen
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
1.
Angst- und Panikstörungen
1.1. Allgemeines / Definitionen
1.2 Diagnosekriterien Phobien
1.3 Diagnnosekriterien sonstige Angststörungen
1.4 Differenzialdiagnosen
1.5 Ursachen
1.6 Therapie
Verlauf und Prognose: Angststörungen
Phobische Störungen
•
Unbehandelt => chronischer Verlauf
•
Agoraphobie: neigt zu einem chronischen Verlauf, in dem es oft zu „Angst vor der Angst“,
Vermeidungsverhalten und sozialer Isolierung kommt
•
soziale Phobie: häufig chronischer Verlauf mit besonders ausgeprägter Erwartungsangst
und Vermeidungsverhalten mit starker Beeinträchtigung des Soziallebens.
•
Spezifische Phobien: unterschiedlich
•
In der Kindheit erworben: klingen meistens ab
•
Im Erwachsenenalter erworben: dauerhaft persistierend
Bei Anwendung verhaltenstherapeutischer Verfahren: => 77% - 95% Verbesserung der
Symptome
andere Angststörungen
•
Panikattacken: treten meist wiederholt auf, häufig mehrfach pro Woche oder sogar täglich.
•
Die Panikstörung kann episodenhaft verlaufen, häufiger bleibt sie jedoch über Jahre in
unterschiedlicher Intensität bestehen.
•
Generalisierte Angststörungen: besteht ohne Behandlung über mehrere Jahre oder sogar
Jahrzehnte. Die soziale oder berufliche Beeinträchtigung ist meist geringer als bei anderen
Angststörungen.
Verlauf und Prognose: Angststörungen
Komorbiditäten
• ca. 60% der Patienten mit Panikstörung oder GAS,
ca. 40% der Patienten mit Phobien
 behandlungsbedürftige Depression
• ca 20-40% Missbrauch oder Abhängigkeit von Alkohol, Medikamenten oder
Drogen.
• es gehäuft treten auf
• Zwangsstörungen, somatoforme Störungen, posttraumatische
Belastungsstörungen
Belastende
Angstreaktion in sozialen
Situationen
Entwicklung
sozialer Defizite
Soziale
Phobie
Zunehmende Vermeidung
sozialer Situationen und
des im Mittelpunkt stehen
Abnahme positiver
sozialer Verstärker,
weniger soziale Kontakte
Therapie: Angst- und Panikstörungen
• Therapie richtet sich nach der im Vordergrund stehenden Form und
Ausprägung der Angst.
• Pharmakotherapie und nicht medikamentöse Therapie werden in der Regel
kombiniert.
• In der Therapie von Panikstörungen stehen pharmakologische Ansätze im
Vordergrund.
• In der Therapie phobischer Störungen spielt die Verhaltenstherapie eine
besondere Rolle.
• Bei der generalisierten Angststörung werden häufig eher psychodynamische
Therapieansätze angewendet (Psychoanalyse, tiefenpsychologische
Psychotherapie)
Wichtige Voraussetzung: Ausreichend Zeit auf Seiten des Arztes
Motivation des Patienten.
Primäres Therapieziel:
Patient soll seine Beschwerden als Ausdruck von Angst
erkennen.
Pharmakotherapie
• Antidepressiva (Langzeittherapie)
• selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI)
• selektive Serotonin/NoradrenalinWiederaufnahmehemmer (SNRI)
• Benzodiazepine (nur vorübergehend zur Akuttherapie)
• bei akuter und schwerer Symptomatik
• Gefahr durch Abhängigkeit
Wirkung von Antidepressiva
Serotoninmangel im Synaptischen Spalt bei Depressionen
Verhaltenstherapeutische Interventionen
Kognitive Verhaltenstherapie
Dem Patienten wird vermittelt, welche spezifischen Denkabläufe die Angst
aufrecht erhalten bzw. zu einer Ausbreitung der Angst beitragen. Grundlage dieser
Therapieform bilden die Information über die komplexen Zusammenhänge von
Angstentstehung und Folgen der Angst
Ziel:
Korrektur fehlerhafter und eingefahrener Denkmuster
Exposition mittels systematischer Desensibilisierung
Der Patient wird anhand einer hierarchischen Angstskala im Zustand der
Entspannung schrittweise mit einem angstauslösenden Stimulus konfrontiert. Die
Konfrontation erfolgt zunächst in der Vorstellung (in sensu), später auch in der
Realität (in vivo).  Habituationstraining
Exposition mittels Reizüberflutung
Eine andere Methode ist die Überflutung des Patienten mit den angstauslösenden
Reizen (Reizexposition) und den dadurch ausgelösten Angstreaktionen
(Reaktionsüberflutung)  Flooding
Ziel: Erfahrung, dass bei Verbleib in der Situation die Angst abklingt.
systematische Desensibilisierung: hierarchische Angstskala
erst in sensu, dann in vivo
tiefenpsychologisch orientierte Verfahren
Mit aufdeckenden tiefenpsychologisch orientierten Verfahren wird versucht, den
der Angstsymptomatik zugrunde liegenden Konflikt zu bearbeiten.
Voraussetzung:
Herausarbeiten des Konflikts und dessen Bezug zur
Angstsymptomatik
Häufig besteht eine strukturelle Ich-Schwäche, das bedeutet, dass die
sogenannten „Ich-Funktionen“ teilweise eingeschränkt sind.
Zu den Ich-Funktionen gehört zum Beispiel die Steuerung der Affekte und das
Wahrnehmen der inneren und äußeren Welt. Wer hier geschwächt ist, der kann
nur schwer innere Spannungen aushalten.
 zunächst Verbesserung der Angstbewältigungsmöglichkeiten
Tiefenpsychologisch orientierte Verfahren werden häufig über Jahre
kontinuierlich angewendet.
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
2.
Zwangsstörungen
2.1. Allgemeines / Definitionen
2.2 Diagnosekriterien Zwangsstörungen
2.3 Differenzialdiagnosen
2.4 Ursachen
2.5 Therapie
ICD-10: F42 Zwangsstörungen
Zwangsstörungen
Zwangsgedanken od. Grübelzwang
Zwangshandlungen (Zwangsrituale)
Zwangshandlungen u. –gedanken
gemischt
Überblick Häufigkeit von Zwangsstörungen
Zwangsgedanken und Zwangshandlungen
Zwangsstörungen
Zwangsgedanken od. Grübelzwang
Zwangshandlungen (Zwangsrituale)
Zwangsgedanken
sind sich wiederholt aufdrängende
Gedanken oder Vorstellungen, die starke
Angst oder Unwohlsein auslösen.
Der Betroffene erkennt diese
Denkinhalte als unsinnig.
Zwangshandlungen
sind ritualisierte Handlungen, die
willentlich ausgeführt werden, um
Anspannung zu reduzieren oder eine
vermeintliche Katastrophe abzuwenden.
Zwangshandlungen sind willentliche
Handlungen oder Gedanken, zu deren
Ausführung sich die Betroffenen
gedrängt fühlen.
Häufige Themen bei Zwangsgedanken
Häufige Themen bei Zwangshandlungen
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
2.
Zwangsstörungen
2.1. Allgemeines / Definitionen
2.2 Diagnosekriterien Zwangsstörungen
2.3 Differenzialdiagnosen
2.4 Ursachen
2.5 Therapie
Diagnostische Kriterien lt. ICD-10: Zwangsstörungen
an den
meisten Tagen
innerhalb 2
Wochen
A: Entweder Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen (oder beides)
B: Die Zwangsgedanken (Ideen oder Vorstellungen) oder –handlungen zeigen sämtliche der folgenden
Merkmale:
werden als eigene Gedanken/Handlungen von den Betroffenen angesehen und nicht als von
anderen Personen oder Einflüssen eingegeben.
sie wiederholen sich dauernd und werden als unangenehm empfunden, und mindestens ein
Zwangsgedanke oder eine Zwangshandlung werden als übertrieben und unsinnig anerkannt.
Betroffene versuchen, Widerstand zu leisten. Gegen mindestens einen Zwangsgedanken oder eine
Zwangshandlung wird gegenwärtig erfolglos Widerstand geleistet.
Ausführung eines Zwangsgedankens oder einer Zwangshandlung ist für sich genommen nicht
angenehm (Unterscheidung von der vorübergehenden Erleichterung von Spannung oder Angst).
C: Die Betroffenen leiden unter den Zwangsgedanken und Zwangshandlungen oder werden in ihrer
sozialen oder individuellen Leistungsfähigkeit behindert, meist durch den besonderen Zeitaufwand.
Angstnetzwerk bei Zwängen
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
2.
Zwangsstörungen
2.1. Allgemeines / Definitionen
2.2 Diagnosekriterien Zwangsstörungen
2.3 Differenzialdiagnosen
2.4 Ursachen
2.5 Therapie
Differenzialdiagnosen bei Zwangsstörungen
- Depressive Störungen (Grübelzwang)
- Angststörungen (Zwänge werden ausgeführt, um Angst zu
mildern)
- Chronischer Missbrauch von psychotropen Substanzen,
Medikamenten oder Alkohol (Craving)
- Persönlichkeitsstörung (anankastische PS)
- Impulskontrollstörungen (Kleptomanie, path. Spielen)
- Frühkindlicher Autismus (stereotype Verhaltensmuster)
- Tourette-Syndrom (motorische u. vokale Tics)
- Schizophrenie (zwanghafte Gedankenmuster, magisches
Denken oder als von außen eingegebene Zwangshandlungen)
- Organische Erkrankungen (Chorea Huntington)
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
2.
Zwangsstörungen
2.1. Allgemeines / Definitionen
2.2 Diagnosekriterien Zwangsstörungen
2.3 Differenzialdiagnosen
2.4 Ursachen
2.5 Therapie
Verlauf von Zwangsstörungen
• Oft vergehen 7-10 Jahre bis zur Behandlung
• Beginn: meist im Jugendalter/ frühes Erwachsenalter (vor
dem 30. Lebensjahr)
• Jungen > Mädchen
• Erkrankung nimmt langsam zu und verschlimmert sich
zunehmend
• Ohne Therapie => 2/3 chronisch
• Vollständige Ausheilung eher selten
Ursachen von Zwangsstörungen
Auch für die Zwangserkrankungen existiert noch kein einheitliches
Entstehungsmodell. Es wird ebenfalls ein multifaktorieller Ursprung vermutet:
•
kognitive und lerntheoretische Aspekte
 klassische und operante Konditionierung
•
psychodynamische Aspekte
 Fixierung in der analen Phase
•
aufrechterhaltende Faktoren
 Vermeidungsverhalten
 primärer und sekundärer Krankheitsgewinn
Ursachen Zwangsstörungen – psychodynamische Theorien
Abwehr eines Abhängigkeits-Autonomie-Konflikts:
Ein Konflikt zwischen aggressiven Impulsen des Ichs und einem
rigiden und strengen Über-Ich wird versucht, durch bestimmte
Abwehrmechanismen (z.B. Rationalisierung, Reaktionsbildung,
Ungeschehenmachen etc. ) zu verdrängen.
Man spricht von einer Fixierung in der analen Phase, d.h. der die
Störung bedingte Konflikt entsteht etwa im 2. bis 3. Lebensjahr
(anale Phase), wenn das Kind selbstständiger wird.
Dabei kommt es zum Konflikt mit den Eltern, die dem Kind in seinen
Autonomie-bestrebungen Grenzen setzen.
Reagieren die Eltern dabei sehr streng und unnachgiebig und
bestrafen das Kind mit Liebesentzug, wird dies zur Ausbildung eines
rigiden Über-Ichs angesehen.
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
2.
Zwangsstörungen
2.1. Allgemeines / Definitionen
2.2 Diagnosekriterien Zwangsstörungen
2.3 Differenzialdiagnosen
2.4 Ursachen
2.5 Therapie
Therapie: Zwangsstörungen
• Methode der 1. Wahl: Verhaltenstherapie
 Reizkonfrontation mit Reaktionsmanagement bei Zwangshandlungen
 Reizkonfrontation in sensu bei Zwangsgedanken
 kognitive Verfahren
• Pharmakotherapie
 SSRI
 SSNRI
 trizyklisches Antidepressivum
 atypische Neuroleptika
Therapie von Zwangsstörungen
•
Erstellen einer individuellen
Angsthierarchie
•
Aushalten einer gerade noch
erträglichen Situation OHNE das
bisher praktizierte
Vermeidungsverhalten
(Reaktionsmanagement) =
Reizkonfrontation in vivo
•
Bei Zwangshandlungen, die
durch bestimmte Gedanken
ausgelöst werden, erfolgt eine
Reizkonfrontation in sensu
(ebenfalls ohne das bisherige
Vermeidungsverhalten, die
Zwangshandlung)
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
3.
Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen
3.1. Allgemeines / Definitionen
3.2 Diagnosekriterien Belastungsstörungen
3.3 Differenzialdiagnosen
3.4 Ursachen
3.5 Therapie
ICD-10: F43 Belastungsstörungen
Belastungsstörungen
akute Belastungsreaktion
posttraumatische
Belastungsstörung
Anpassungsstörung
Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen
Gemeinsamkeit
psychosoziale Belastungsfaktoren als Auslöser
akute
Belastungsreaktion
ausgelöst durch ein außergewöhnlich belastendes
Lebensereignis
posttraumatischen
Belastungsstörung
verzögerte Reaktion auf eine außergewöhnliche Belastung,
Bedrohung oder Katastrophe
Anpassungsstörung
kann nach einer entscheidenden Lebensveränderung
auftreten
•
Störung steht also in direkter Folge zur Belastung bzw. zum
Trauma (Kausalzusammenhang)
• Symptomatik wäre ohne das belastende Ereignis nicht eingetreten
Beispiele für verschiedene Schweregrade psychosozialer Belastungsfaktoren
Begriff
akute Ereignisse
leicht
• Auseinanderbrechen der Freundschaft • familiäre Streitigkeiten
mit Freund oder Freundin
• Unzufriedenheit mit der Arbeit
• Schulbeginn oder –abschluss
• Leben in einer Wohngegend mit hoher
• Kind verlässt Elternhaus
Kriminalität
länger andauernde Lebensumstände
mittel
•
•
•
•
schwer
• Scheidung
• Geburt des ersten Kindes
• Arbeitslosigkeit
• Armut
sehr
schwer
(extrem)
• Tod eines nahen Verwandten
• Diagnose einer schweren körperlichen
Erkrankung
• Opfer einer Vergewaltigung
• eigene schwere chronische Erkrankung oder
Erkrankung eines Kindes
• fortwährende Misshandlungen oder sexueller
Missbrauch
Katastrophal
• Tod eines Kindes
• Selbstmord eines nahen Angehörigen
• verheerende Naturkatastrophe
• Gefangennahme als Geisel
• Folter
• Kriegserlebnisse, KZ
•
•
•
•
Heirat
Trennung vom Ehepartner
Arbeitsplatzverlust, Pensionierung
Misserfolge
Eheprobleme
schwerwiegende finanzielle Probleme
Ärger mit dem Vorgesetzten
alleinerziehender Elternteil
traumatisierende Lebensereignisse
individuelle Gewalt
• Vergewaltigung
• Zeuge oder Opfer von Gewalttaten in der
Familie
• versuchter Raubmord
• Geiselhaft
• Körperverletzung
• Folter
• Entführung
kollektive Gewalt
• Kriegsereignisse
• Erlebnisse in Luftschutzkellern
• Vertreibung aus der Heimat
• unmenschliche Haftbedingungen (KZ)
• Aussteiger aus Sekten
Naturkatastrophen
• Überschwemmung
• Feuer
• Blitzeinschlag
• Lawinenunglück
• Erdbeben
technische Katastrophen
• Flugzeugunglück
• schwerer Autounfall
• Explosion
• Arbeitsunfall
• Chemeiunfall
körperliche oder psychische
Extrembelastungen
• schwere Verbrennungen
• überlebter Herzstillstand
• schwerer allergischer Schock
• andere lebensbedrohliche Erkrankungen
Traumatische Erlebnisse bzw. was ist ein Trauma?
EREIGNIS
 verzögerte Reaktion auf ein belastendes Ereignis mit
außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß,
die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde.
Epidemiologie: PTBS
Ereignisse
60
50
40
30
20
Ereignisse
10
0
Besonders traumatisierende Ereignisse
•
•
•
•
•
•
•
Bei intensiver Bedrohung
Wiederholtem Vorkommen
Bei unerwartetem Eintritt
Wenn keine Kontrolle möglich
Wenn Hilfe ausblieb
Bei irrreversiblen Schäden oder Verlusten
Bei Schuldgefühlen wegen des Ereignisses
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
3.
Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen
3.1. Allgemeines / Definitionen
3.2 Diagnosekriterien Belastungsstörungen
3.3 Differenzialdiagnosen
3.4 Ursachen
3.5 Therapie
ICD-10: F43 Belastungsstörungen
Belastungsstörungen
F43.0 akute Belastungsreaktion
F43.1 posttraumatische
Belastungsstörung
F43.2 Anpassungsstörung
Definition und Merkmale einer akuten Belastungsreaktion lt. ICD-10
• vorübergehende Störung, die sich bei einem psychisch nicht manifest gestörten Menschen
als Reaktion auf eine außergewöhnliche physische oder psychische Belastung entwickelt.
• Individuelle Vulnerabilität und die zur Verfügung stehenden Bewältigungsmechanismen
(Coping-Strategien) spielen bei Auftreten und Schweregrad der Belastungsstörungen eine
Rolle.
• Symptomatik gemischt und wechselnd, beginnend mit einer Art der „Betäubung“ mit
Bewusstseinseinengung, eingeschrängte Aufmerksamkeit, einer Unfähigkeit, Reize zu
verarbeiten und Desorientiertheit.
• mögliche Folgeerscheinungen können sein ein weiteres Sich-zurück-ziehen aus der
Umweltsituation (bis hin zum dissoziativen Stupor, F44.2) oder ein Unruhezustand und
Überaktivität (wie Fluchtreaktion oder Fugue).
• Vegetative Zeichen panischer Angst wie Tachykardie , Schwitzen und Erröten treten
zumeist auf.
• Symptome erscheinen im Allgemeinen innerhalt von Minuten nach dem belastenden
Ereignis und gehen innerhalb von 2 – 3 Tagen, oft innerhalb von Stunden zurück.
• Teilweise oder vollständige Amnesie (siehe F44.0) bzgl. dieser Episode kann vorkommen.
• Achtung: suizidale Handlungen möglich!
Symptomgruppen akute Belastungsreaktion
Symptomgruppe 1
vegetative
Symptomgruppe 2
• Rückzug von erwarteten sozialen Interaktionen
• Einengung der Aufmerksamkeit
Thorax/Abdomen
• offensichtliche Desorientierung
psychische
• Ärger oder verbale Aggression
• Verzweiflung oder Hoffnungslosigkeit
allgemeine
Anspannung
unspezifische S.
• unangemessene oder sinnlose Überaktivität
• unkontrollierbare und außergewöhnliche Trauer
(zu beurteilen nach den jeweiligen kulturellen
Normen)
Diagnostische Kriterien lt. ICD-10 akute Belastungsreaktion
A: Erleben einer außergewöhnlichen psychischen oder physischen Belastung
B: Der außergewöhnlichen Belastung folgt unmittelbar der Beginn der Symptome (< 1 Std).
C: Unterteilung des Schweregrads in leicht, mittel und schwer:
leicht
nur Symptome
aus Gruppe 1
mittel
schwer
Symptome aus Gruppe 1
und zwei Symptome aus
Gruppe 2
Symptome aus Gruppe 1 und
vier Symptome aus Gruppe 2
oder dissoziativer Stupor
(F44.2)
D: Vorübergehende Belastung klingen nach spätestens 8 Stunden ab, anhaltende
Belastungen beginnen nach spätestens 48 Stunden abzuklingen
E: kein Vorliegen einer anderen psychischen oder Verhaltensstörung (außer F41.1 oder F60)
Das Ende einer anderen (psychischen) Krankheitsperiode muss mehr als 3 Monate
zurückliegen
Definition und Merkmale einer PTBS lt. ICD-10
• verzögerte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder einer Situation kürzerer oder
längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß, die bei
fast jedem eine tiefe Verzweiflung auslösen würde.
• Typische Merkmal sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden
Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen.
• andauerndes Gefühl von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit
• Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung
gegenüber, Freudlosigkeit, Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen
an das Trauma wachrufen könnten.
• meist Zustand vegetativer Übererregbarkeit mit Vigilanzsteigerung, übermäßige
Schreckhaftigkeit, Schlafstörungen.
• Häufig Angst und Depression in Verbindung mit den genannten Symptomen.
• Häufig Suizidgedanken
• Beginn mit einer Latenzzeit von wenigen Wochen bis zu einigen Monaten
• Bei chronischem Verlauf Übergang in eine andauernde Persönlichkeitsänderung (F62.0)
weitere Merkmale einer PTBS
• heftige seelische oder körperliche Reaktionen durch Reize, die an das Ereignis
erinnern (z.B. Jahrestag)
• Unfähigkeit, sich an zuvor angenehmen Tätigkeiten zu erfreuen
• quälende Schuldgefühle bzgl. anderer betroffener Menschen
• verminderte affektive Schwingungsfähigkeit (oft im Bereich Intimität und
Zärtlichkeit)
• Angst vor dem Alleinsein, teils mit Kontrollzwängen (Türen oder Fenster
wirklich verschlossen?)
• selbstschädigendes oder impulsives Verhalten
Diagnostische Kriterien lt. ICD-10 PTBS
A: Betroffene Person war einem kurz- oder langhaltendem Ereignis oder Geschehen von
außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophalem Ausmaß ausgesetzt, das bei nahezu jedem
tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde.
B: Anhaltende Erinnerungen oder Wiedererleben der Belastung durch aufdringliche
Nachhallerinnerungen, lebendige Erinnerungen, sich wiederholende Träume oder durch innere
Bedrängnis in Situationen, die der Belastung ähneln oder mit ihr in Zusammenhang stehen
C: Umstände, die der Belastung ähneln oder mit ihr in Zusammenhang stehen, werden tatsächlich
oder möglichst vermieden. Dieses Verhalten bestand nicht vor dem belastenden Ereignis.
Teilweise oder
vollständige
Unfähigkeit, einige
wichtige Aspekte der
Belastung zu erinnern.
Anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen
Sensitivität und Erregung (nicht vorhanden vor der
Belastung) mit > 2 der folgenden Merkmale
oder
•
•
•
•
•
Ein- und Durchschlafstörungen
Reizbarkeit oder Wutausbrüche
erhöhte Schreckhaftigkeit
Konzentrationsschwierigkeiten
Hypervigilanz
E: Beginn < 6 Monaten nach dem Belastungsereignis oder nach Ende der Belastungsperiode
Definition und Merkmale einer Anpassungsstörung
• Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im
Allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und nach einer
entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen
auftreten
• mögliche Ereignisse:
Trauerfall, Trennungserlebnisse, Emigration, Flucht, größerer Entwicklungsschritt
oder Krise (Schulbesuch, Elternschaft, Misserfolg, Erreichen eines ersehnten Zieles,
Ruhestand)
• individuelle Vulnerabilität spielt bei Auftreten und Form eine große Rolle;
Krankheitsbild wäre ohne diese Belastung aber vermutlich nicht entstanden.
• Anzeichen könne sein: depressive Stimmung, Angst, Sorge, Gefühl, mit den
alltäglichen Gegebenheiten nicht zurecht zu kommen, diese nicht vorausplanen
oder fortsetzen zu können.
• Störungen des Sozialverhaltens sind möglich, insbesondere bei Jugendlichen
• bei Kindern oft regressive Phänomene: erneutes Einnässen, Babysprache,
Daumenlutschen
• nicht zu verwechseln mit normalen Trauerreaktionen
Diagnostische Kriterien lt. ICD-10 Anpassungsstörung
A: Identifizierbare psychosoziale Belastung von einem nicht außergewöhnlichen oder katastrophalen
Ausmaß; Beginn der Symptome innerhalb eines Monats
B: Symptome und Verhaltensstörungen (außer Wahngedanken und Halluzination), wie sie vorkommen
bei - affektiven Störungen (F3)
Die Kriterien einer
- neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen (F4) einzelnen Störung werden
- Störungen des Sozialverhaltens (F91)
aber nicht erfüllt.
kurze depressive Reaktion
längere depressive Reaktion
Angst und depressive
Reaktion gemischt
leichter depressiver Zustand, nicht länger als 2 Jahre
sowohl Angst- als auch depressive Symptome,
jedoch nicht stärker als bei F41.2 oder F41.3
mit vorwiegender Störung
von anderen Gefühlen
vorwiegende Störung
Sozialverhalten
leichter depressiver Zustand, nicht länger als 4 Wochen
z.B. Angst, Depression, Besorgnis, Anspannung, Ärger.
auch zu verwenden für Kinder  dort oft zusätzlich regressives
Verhalten wie Bettnässen u. Daumenlutschen
z.B. Trauerreaktion bei Jugendlichen
 aggressives oder dissoziales Verhalten
E: Symptome bis 6 Monate nach Ende der Belastung , außer bei der längeren depressiven Reaktion.
normale vs. „abnorme“ Trauerreaktion
• Das Leiden eines Menschen infolge des Todes einer ihm nahestehenden Person wird
als natürliche, dem normalen menschlichen Erleben entsprechende Trauer
betrachtet (normale kulturspezifische Trauerreaktion) und nicht als
Anpassungsstörung bezeichnet.
• Die Reaktion eines Menschen auf den Tod einer wichtigen Bezugsperson umfasst
verschiedene Phasen mit jeweils charakteristischen Emotionen, Gedanken und
Verhaltensweisen.
• Die Trauernden durchlaufen die einzelnen Phasen nicht notwendigerweise
nacheinander, sondern erleben oftmals rasche Wechsel zwischen den
unterschiedlichen Zuständen.
• Die adäquate Verarbeitung des Verlusts stellt die Voraussetzung dafür dar, dass der
Betreffende sich wieder in der Lage fühlen kann, sein Leben der veränderten
Situation angemessen und auf befriedigende Weise fortzusetzen.
• Pathologische (abnorme) Trauer jeglicher Art wird zu den Anpassungsstörungen
gerechnet.
• Sehr ausgeprägte und länger als 6 Monate andauernde Trauerreaktion werden
unter F43.21 Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion verschlüsselt.
normale vs. „abnorme“ Trauerreaktion
• Von einer abnormen Trauerreaktion spricht man erst, wenn sie in der Art, der
Intensität, der Dauer und dem Inhalt außergewöhnlich ist und deutlich von
gesellschafts- und kulturspezifischen Normen abweicht.
• Bestimmte Phasen des Trauerprozesses werden dabei gar nicht durchlaufen
oder erscheinen in pathologischer Übersteigerung (Verleugnung: nicht zur
Beerdigung gehen, nicht über den Toten sprechen)
• Häufige weitere Symptome neben einem deprimierten Affekt:
Selbstanklagen, „Versteinerung“, gesteigerte Gereiztheit, aggressive Regungen,
Kontaktstörungen, soziale Isolierung, Schuldgefühle, psychovegetative Störungen
oder übertriebene Geschäftigkeit
„normale“ und pathologische Trauerphasen
Andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung
• Nach extremer Belastung (katastrophalen Ausmaßes) kann sich eine andauernde
Persönlichkeitsveränderung entwickeln. Diese äußert sich in unflexiblem und
unangepasstem Verhalten, das zu Beeinträchtigungen in den
zwischenmenschlichen, sozialen und beruflichen Beziehungen führt.
• Die Symptome treten neu auf und sind keine durch ein äußeres Ereignis ausgelöste
Zuspitzung von bereits bestehenden Persönlichkeitszügen.
 DD zu Persönlichkeitsstörungen, die bereits in der Kindheit und Jugend
begonnen haben
• Diagnosekriterien lt. ICD-10 (F62.0)
• feindliche oder misstrauische Haltung der Welt gegenüber
• sozialer Rückzug
• Gefühl der Leere oder Hoffnungslosigkeit
• chronisches Gefühl der Nervosität im Sinne eines ständigen Bedrohtseins
• Entfremdung
• Zeitkriterien: Die Persönlichkeitsveränderung muss über mindestens 2 Jahre
bestehen.
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
3.
Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen
3.1. Allgemeines / Definitionen
3.2 Diagnosekriterien Belastungsstörungen
3.3 Differenzialdiagnosen
3.4 Ursachen
3.5 Therapie
Differenzialdiagnosen Belastungsstörungen
• Zeitlicher Zusammenhang zwischen der Belastung und dem Auftreten der
Störung
• Grundsätzlich: Ausschluss organischer Ursachen (z.B. hirnatropische Prozesse,
endokrine Störungen
• Aufgrund der Vielgestaltigkeit der Symptomatik ist differenzialdiagnostisch das
gesamte Spektrum psychischer Störungen zu berücksichtigen. Es ist zu prüfen,
ob es sich bei der auftretenden Symptomatik um eine eigenständige psychische
Erkrankung handelt.
• Als Differenzialdiagnosen kommen besonders in Betracht:
– Angststörungen
– depressive Störungen
– Persönlichkeitsstörungen (z:B. schizoide PS)
– psychotische Störungen (insb. schizophrene Störungen)
– bei Kindern: Autismus und Asperger
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
3.
Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen
3.1. Allgemeines / Definitionen
3.2 Diagnosekriterien Belastungsstörungen
3.3 Differenzialdiagnosen
3.4 Ursachen
3.5 Therapie
Ursachen von Belastungs- und Anpassungsstörungen
• wesentliche Faktoren für die Entstehung
 belastendes, traumatisierendes Ereignis
 individuelle Aspekte wie Vulnerabilität,
Persönlichkeitszüge sowie ein instabiles soziales Netzwerk
• lerntheoretische Aspekte
 individuelle Coping-Strategien bzw. deren Versagen
• psychodynamische Aspekte
 Reaktivierung ungelöster Konflikte aus der Kindheit
 Symptombildung als Regression
• aufrechterhaltende Faktoren
 sekundärer Krankheitsgewinn
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
3.
Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen
3.1. Allgemeines / Definitionen
3.2 Diagnosekriterien Belastungsstörungen
3.3 Differenzialdiagnosen
3.4 Ursachen
3.5 Therapie
Therapie Anpassungs- und Belastungsstörungen
akute Belastungsreaktion
PTBS
Anpassungsstörung
bei starken Ängsten: Lorazepam (Benzodiazepin),
Achtung: Abhängigkeit!
bei Schlafstörungen Mirtazapin (Antidepressiva)
Benzodiazepine
(Abhängigkeit)
Antidepressiva
ggf. Notfallseelsorger
Traumatherapie
Krisenintervention
Krisenintervention:
- Person stabilisieren
- Bewältigungsstrategien
um Selbstkontrolle
wieder zu erlangen
Verhaltenstherapie:
Rollenspiel, Exposition
(graduell in sensu, in vivo)
Aufklärungsarbeit:
Trauerarbeit
Entspannungsverfahren
EMDR
kognitive
Verhaltenstherapie
ggf. Selbsthilfegruppen
EMDR
ggf. stationäre Aufnahme
Entspannungsverfahren
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
4.
Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen)
4.1. Allgemeines / Definitionen
4.2 Diagnosekriterien Belastungsstörungen
4.3 Differenzialdiagnosen
4.4 Ursachen
4.5 Therapie
Dissoziative Störungen – Begriffsdefinitionen
Dissoziation (von lat. dissociare „trennen“)
 Abspaltung bestimmter Erlebnisinhalte aus dem Bewusstsein
Konversion (von lat. conversio „Umwendung“, „Umkehr“)
 Umsetzung einer seelischen Belastung in körperliche Symptome
Dissoziation bedeutet, dass die Fähigkeit für bestimmte psychische oder
körperliche Teile gestört ist:Bestimmte Gedächtnisinhalte,
Körperwahrnehmungen oder Bewegungen sind vom „normalen“ Bewusstsein
abgespalten und können nicht mehr in das eigene Erleben oder die aktuellen
Erfahrungen integriert werden.
Die auslösenden und verursachenden Faktoren sind psychischer Natur, eine
körperliche Störung liegt nicht vor.
Eine Beziehung zwischen der körperlichen Symptomatik und der psychischen
Ursache wird von den Patienten meist völlig abgelehnt.
Dissoziative Störungen – Überblick
Dissoziative Störungen
körperliche Symptome (Konversion)
Psychische Symptome (Dissoziation)
dissoziative Bewegungsstörungen
Dissoziative Amnesie
(z.B. Lähmung)
(Verlust der Erinnerung)
dissoziative Krampfanfälle
Dissoziative Fugue
(z.B. Symptome einer Epilepsie)
(Entfernung von Zuhause mit Verlust der
Erinnerung)
dissoziative Sensibilitätsstörungen
Dissoziative Identitätsstörung
(z.B. Sehverlust, Parästhesien*)
(multiple Persönlichkeitsstörung)
dissoziativer Stupor
(Erstarrung, keine Reaktion auf Licht,
Geräusche, Berührung)
Dissoziative Trance- und
Besessenheitszustände
*Parästhesien: Gefühlsstörungen, abnormale Empfindungen, z.B. Kribbeln, „eingeschlafenes“ Bein
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
4.
Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen)
4.1. Allgemeines / Definitionen
4.2 Diagnosekriterien dissoziative Störungen
4.3 Differenzialdiagnosen
4.4 Ursachen
4.5 Therapie
Diagnostische Kriterien lt. ICD-10 dissoziative Störungen
Kein Nachweis einer körperlichen Krankheit, welche die Symptome erklären könnten
Überzeugender zeitlicher Zusammenhang zwischen den dissoziativen Symptomen und
belastenden Ereignissen, Problemen und Bedürfnissen
Störung
Symptome
Dissoziative Amnesie
(F44.0)
Erinnerungslücke für zurückliegende traumatische Ereignisse
(Unfall, Vergewaltigung, Trauerfall)
Dissoziative Fugue
F44.1)
Abruptes Fortlaufen von Zuhause oder dem Arbeitsplatz bei nach
außen geordneten Verhalten. Betroffener bricht Kontakt für die
Dauer von mehreren Tagen mit seinem sozialen Umfeld ab, reist
an Orte emotionaler Bedeutung und nimmt dort eine neue
Identität an. Für die Dauer der Fugue besteht fast immer eine
(partielle) Amnesie
Dissoziativer Stupor
(F44.2)
Bewegungsloses Verharren im Anschluss an ein für den
Betreffenden traumatisierendes Ereignis
Trance- oder
Besessenheitszustände
(F44.3)
Bewusstseinsveränderung, Einschränkung der Wahrnehmung der
Umgebung und zeitweiliger Verlust des Gefühls für die eigene
Identität, Gefühl der Fremdbeeinflussung
Diagnostische Kriterien lt. ICD-10 dissoziative Störungen (Forts.)
Störung
Symptome
Dissoziative
Bewegungsstörungen
(F44.4)
Bewegungsstörung, die neurologische Erkrankungen imitiert
(z.B. Lähmungen, Schwächen, Gangstörungen)
Dissoziative Krampfanfälle
(F44.5)
Pseudoanfälle, keine Bewußtlosigkeit während des Anfalls,
kein Einnässen, Einkoten, Zungenbiss oder Sauerstoffmangel,
keine Sturzverletzungen
Dissoziative Sensibilitätsund
Empfindungsstörungen
(F44.6)
Taubheit, Blindheit, Sensibilitätsstörungen
Sonstige dissoziative
Störungen (F44.8)
Ganser-Syndrom (F44.80) : nicht organisch bedingte
Verwirrtheit mit „Vorbeiantworten“
Multiple Persönlichkeit(sstörung) (F44.81):
Aufspaltung des Ichs in 2 oder mehrere Personen, die getrennt
voneinander und ohne Wissen der anderen agieren und erlebt
werden
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
4.
Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen)
4.1. Allgemeines / Definitionen
4.2 Diagnosekriterien dissoziative Störungen
4.3 Differenzialdiagnosen
4.4 Ursachen
4.5 Therapie
Diagnose
Differenzialdiagnosen bei dissoziativen Störungen
Differenzialdiagnose
Dissoziative
Amnesie
•
•
•
•
•
•
Dissoziative Fugue
Allgemein: Fuguezustände, z.B. bei
• Epilepsie
• Alkohol-/Drogenintoxikation
• Schizophrenie
• Demenz
• bipolare affektive Störung
Dissoziativer Stupor
•
•
•
•
•
•
dissoziative Symptome bei PTBS
Amnesie nach Schädel-Hirn-Trauma
Amnesie bei epileptischen Anfällen
Drogen-/Medikamenten- oder sonstigen Intoxikationen
zerebrovaskuläre Erkrankungen
Simulation
katatone Schizophrenie
Borderline-Persönlichkeitsstörung
PTBS
affektive Störungen (schwere Depression oder Manie)
Drogen-/Medikamentenintoxikationen
Epilepsie
Differenzialdiagnosen bei dissoziativen Störungen (Forts.)
Diagnose
Differenzialdiagnose
Trance-und
Besessenheitszustände
• Intoxikation
• delirantes Syndrom jeglicher Ursache
Dissoziative
Persönlichkeitsstörung
• Borderline-Persönlichkeitsstörung
• Schizophrenie
Dissoziative Störungen
der Bewegung oder der
Sinnesempfindung
•
•
•
•
somatoforme Störung
Epilepsien
zerebrovaskuläre Erkrankungen
Simulation
Depersonalisations-/
Derealisationssyndrom
•
•
•
•
•
•
starke Ermüdung
Drogen-/Medikamentenintoxikation
Schizophrenie
affektive Störungen
Angststörungen
Persönlichkeitsstörungen
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
4.
Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen)
4.1. Allgemeines / Definitionen
4.2 Diagnosekriterien Belastungsstörungen
4.3 Differenzialdiagnosen
4.4 Ursachen
4.5 Therapie
Ursachen von dissoziativen Störungen (Konversionsstörungen)
Die Entstehung wird als multifaktoriell angesehen.
Im Vordergrund stehen psychoanalytische Theorien.
 Man geht davon aus, dass innerseelische unbewusste Konflikte
quasi in Körpersprache übersetzt werden. Dadurch besteht
häufig ein deutlicher Symbolcharakter der Symptomatik.
In den früheren Hysteriekonzepten wurde eine enge Beziehung
zur ödipalen Phase angenommen, d.h. eine Fixierung auf den
gegengeschlechtlichen Elternteil und eine ungelöste
Abhängigkeitsproblematik.
Wichtige Abwehrmechanismen sind hier Verleugnung,
Verdrängung, Verschiebung, Projektion und Identifizierung.
Ursachen von dissoziativen Störungen (Konversionsstörungen)
• kognitive und lerntheoretische Aspekte
 operante Konditionierung
 Modell-Lernen (gehäuftes Auftreten bei nahen
Bezugspersonen, Schulklassen oder anderen Gruppen)
• aufrechterhaltende Faktoren
 primärer und sekundärer Krankheitsgewinn
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
4.
Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen)
4.1. Allgemeines / Definitionen
4.2 Diagnosekriterien Belastungsstörungen
4.3 Differenzialdiagnosen
4.4 Ursachen
4.5 Therapie
Therapie von dissoziativen Störungen (Konversionsstörungen)
•
Psychotherapie steht im Vordergrund
 Psychoanalyse
Klärung des unbewussten Konflikts, der als Symptom auf den Körper
übertragen wird.
 Verhaltenstherapie
Entwicklung von Fertigkeiten zur Verbesserung der Gefühls- und
Spannungsregulation (z.B. ausgewogene Ernährung, regelmäßiger und
ausreichender Schlaf, achtsamkeitsbasierende Methoden)
Techniken zur Selbstbeobachtung (z.B. Symptomtagebuch)
Erlernen von Entspannungsverfahren
 Gesprächstherapie
Klärung der aktuellen belastenden Situation
 Hypnosetherapie
 Psychoedukation
Zusammenhang zwischen belastender Situation und körperlichen Symptomen
 symptomatische somatische Therapie
z.B. Physiotherapie, Ergotherapie, Massagen etc.
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
5.
Somatoforme Störungen
5.1. Allgemeines / Definitionen
5.2 Diagnosekriterien somatoforme Störungen
5.3 Differenzialdiagnosen
5.4 Ursachen
5.5 Therapie
Somatoforme Störungen – Überblick
Somatoforme Störungen
Somatisierungsstörung
undifferenzierte
Somatisierungsstörung
Hypochondrische Störung
somatoforme autonome
Funktionsstörung
hypochondrische Störung
im engeren Sinne
körperdysmorphe Störung
je Organsystem
anhaltende somatoforme
Schmerzstörung
sonstige somatoforme Störungen
z.B. Bruxismus
Einführung/ Definition: Somatoforme Störungen
Körperliche Beschwerden OHNE somatische Ursache
Schmerzen, funktionelle Symptome verschiedener
Organsysteme oder diffuse Symptome, die die allgemeine
Belastbarkeit betreffen
Hartnäckige Forderung nach medizinischer Untersuchung
trotz negativer Ergebnisse
Übermäßigt besorgt um ihre Gesundheit
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
5.
Somatoforme Störungen
5.1. Allgemeines / Definitionen
5.2 Diagnosekriterien somatoforme Störungen
5.3 Differenzialdiagnosen
5.4 Ursachen
5.5 Therapie
Symptomatik lt. ICD-10: F45.0 Somatisierungsstörung
• anhaltendes Klagen über multiple und wechselnde körperliche Symptome
• nicht durch organische Ursache erklärbar
• Beschwerden beziehen sich auf verschiedene Organsysteme
• ständige Beschäftigung mit Symptomen
 mehrfaches Aufsuchen verschiedener Spezialisten
• hartnäckige Weigerung, die medizinische Feststellung zu akzeptieren
Verdauungstrakt
- Bauchschmerzen
- Übelkeit
- Gefühl von Überblähung
- Schlechter Geschmack
- Klagen über Erbrechen
- Klagen über Durchfall
Herz-Kreislauf-System
- Atemlosigkeit ohne Anstrengung
- Brustschmerzen
Haut- und Schmerzsymptome
- Klagen über Fleckigkeit oder
Farbveränderungen der Haut
- Schmerzen in den Gliedern, Extremitäten
oder Gelenken
- Taubheits- oder Kribbelgefühle
Urogenitaltrakt
- häufiges oder Schmerzen beim Wasserlassen
(Dysurie)
- Unangenehme Empfindung im Genitaltrakt
- Klagen über vaginalen Ausfluss
häufige Symptome: Somatisierungsstörungen
Körperliche Beschwerden
In %
Rücken- und
Gelenksbeschwerden
Ca. 90 %
Müdigkeit
Ca. 84%
Bauch- und Kopfschmerzen
Ca. 80%
Brustschmerzen
Ca. 72 %
Verdauungsbeschwerden
Ca. 60%
Unterleibsschmerzen,
Hautjucken, Sehschwierigkeiten
Ca. 40%
Symptomatik lt. ICD-10: F45.1 undifferenzierte Somatisierungsstörung
wenn die körperlichen Beschwerden zahlreich,
unterschiedlich und hartnäckig sind, aber das vollständige
und typische klinische Bild einer Somatisierungsstörung
nicht erfüllt ist:
falls die Mindestdauer der Symptomatik von 2 Jahren
noch nicht erreicht ist oder
weniger als die Mindestzahl von 6 somatoformen
Symptomen vorliegt.
Symptomatik ICD-10: F45.2 Hypochondrische Störung
hypochondrische Störung
im engeren Sinne
• Überzeugung an einer (oder
höchstens zwei) schweren
körperlichen Krankheiten zu leiden;
eine muss dabei vom Patienten
namentlich benannt werden
körperdysmorphe Störung
• Anhaltende Beschäftigung mit
einer vom Betroffenen
angenommenen Entstellung
oder Missbildung
• der Betroffene leidet unter der ständigen Sorge um die Symptome oder der
Störung des alltäglichen Lebens
• Aufsuchen vieler Ärzte oder auch Laienheiler
• hartnäckige Weigerung, die medizinische Feststellung zu akzeptieren
• wenn, dann nur vorübergehende Akzeptanz
> 6 Monate
Somatoforme autonome Funktionsstörungen
=
Symptome werden so geschildert, als beruhen sie auf
körperliche Erkrankungen
• Beispiel Herzneurose
– Körperliche Symptome wie beim Herzinfarkt
– Unterschied: Herzinfarktpatient glaubt nicht, dass er
krank ist – Herzneurotiker will ins Krankenhaus
Somatoforme autonome Funktionsstörungen
„Betroffene“ Organe (mind. 1):
• Herz und kardiovaskuläres System
• oberer Gastrointestinaltrakt
• unterer Gastrointestinaltrakt
• respiratorisches System
kein Nachweis einer
• Urogenitalsystem
Störung von Struktur
oder Funktion der
Organe, über welche
sie Patienten sich
Sorgen machen
vegetative Symptome (mind. 2):
• Palpitationen
• Schweißausbrüche (heiß oder kalt)
• Mundtrockenheit
• Hitzewallungen oder Erröten
• Druckgefühl im Epigastrium, Kribbeln
oder Unruhe in der Magengegend
weitere Symptome (1 oder mehr):
• Brustschmerzen oder
Druckgefühl in der Herzgegend
• Dyspnoe oder Hyperventilation
• außergewöhnliche
Ermüdbarkeit bei leichter
Anstrengung
• Aerophagie, Singultus oder
brennendes Gefühl im
Brustkorb oder im Epigastrium
• erhöhte Miktionsfrequenz oder
Dysurie
• Gefühl der Überblähung oder
Völlegefühl
Symptome: Anhaltende Schmerzstörung
> 6 Monate
=
Schmerzen
andauernder, quälender und schwerer Schmerz in bestimmten
Körperteilen
Tritt in Verbindung mit emotionalen Konflikten und
psychosozialen Belastung auf
Bsp: Psychogene Kopfschmerzen/ Rückenschmerzen
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
5.
Somatoforme Störungen
5.1. Allgemeines / Definitionen
5.2 Diagnosekriterien somatoforme Störungen
5.3 Differenzialdiagnosen
5.4 Ursachen
5.5 Therapie
Differenzialdiagnosen: Somatoforme Störungen
• Ausschluss körperlicher Erkrankungen
• Depressionen (v.a. larvierte Depression)
• Angststörung
• Schizophrenien
• Panikstörung
• somatoforme Störungen untereinander
Diagnostischer Entscheidungsbaum bei somatoformen Störungen
körperliche Beschwerden ohne
organische Grunderkrankung
multiple körperliche
Beschwerden
umschriebene körperliche
Symptomatik
• Somatisierungsstörung
• undifferenzierte
Somatisierungsstörung
• somatoforme autonome
Funktionsstörung
• somatoforme autonome
Funktionsstörung
• anhaltende Schmerzstörung
• Konversionsstörung
• sonstige somatoforme
Störungen
• größte Gruppe
• gesundheitspolitisch
relevanteste Gruppe
• Störung neigt zu einer
hohen Chronifizierung
• ein Schmerzsyndrom oder ein
Konversions- oder
dissoziatives Symptom steht
im Vordergrund
starke
Gesundheitsängste
• hypochondrische
Störung
• körperdysmorphe
Störungen
Unterscheidungskriterien somatoforme Störungen
Hypochondrische Störung
Konversionsstörung
Somatisierungsstörung
Der Betroffene beobachtet
über mindestens 6 Monate
seine gleichbleibenden
Symptome und ist überzeugt,
an 1er/ max. 2 schweren
Krankheit(en) zu leiden.
Die Störungen (z.B.
Lähmungserscheinungen)
treten im Zusammenhang
mit aktuellen
Konfliktsituationen auf und
bilden sich häufig spontan
zurück.
Charakterstruktur:
meist ängstlich depressiv
Charakterstruktur:
eher demonstrativ theatralisch (früher: hysterisch)
Die Patienten leiden
jahrelang unter häufig
wechselnden Symptomen,
die durch keine
diagnostizierbare körperliche
Krankheit erklärt werden
können. Die Symptomatik
geht oft mit einer lang
anhaltenden Konflikt- oder
Belastungssituation einher.
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
5.
Somatoforme Störungen
5.1. Allgemeines / Definitionen
5.2 Diagnosekriterien somatoforme Störungen
5.3 Differenzialdiagnosen
5.4 Ursachen
5.5 Therapie
Ursachen: Somatoforme Störungen
•
•
•
•
•
Chronische Überforderung
Psychosozialer Stress
Ähnliche Krankheitsbilder bei Familienangehörigen
Modellernen
Häufig: stark verminderte Fähigkeit Gefühle wahrzunehmen und
angemessen zu äußern
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
5.
Somatoforme Störungen
5.1. Allgemeines / Definitionen
5.2 Diagnosekriterien somatoforme Störungen
5.3 Differenzialdiagnosen
5.4 Ursachen
5.5 Therapie
Therapie: Somatoforme Störungen
Die Therapie der somatoformen Störungen muss immer auf den Patienten
individuell ausgerichtet werden.
Pharmakotherapie:
Antidepressiva, Benzodiazepine (Abhängigkeit!)
Psychotherapie (das Mittel der Wahl):
•
KVT: (v.a. bei Hypochondrie und chronischem Schmerz)
 Bearbeitung von kognitiven Schemata
 Sensibilisierung gegenüber kognitiven Prozessen von Aufmerksamkeit
und Körperwahrnehmung
 Reduktion von vermeidenden Bewältigungsstrategien und Aufbau
alternativer Lösungsstrategien
 Physische Aktivierung und Bestärkung von „Normalverhalten“ (Abbau
von „Schonverhalten“)
Therapie: Somatoforme Störungen
Fortsetzung Psychotherapie:
•
psychodynamische Ansätze (v.a. bei somatoformer autonomer
Funktionsstörung)
 Wichtige biographische Themen aufarbeiten (frühere
Traumatisierungen, Verluste); aufdeckende Arbeit bei
Traumatisierungen nur von traumaerfahrenen Behandlern!!!
 Beeinträchtigende Erfahrungen mit schwerwiegenden eigenen
Erkrankungen oder denen von nahen Angehörigen bearbeiten
 Evtl. tief verankerte Schuldgefühle und Bestrafungswünsche besprechen
F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
6.
Sonstige Störungen
6.1. Neurasthenie
6.2 Depersonalisierungs- und Derealisationssyndrom
Neurasthenie
 Ermüdungs- und Erschöpfungssyndrom
NICHT: Burn-Out
= Klage über Müdigkeit nach geringer geistiger/körperlicher Anstrengung
Symptome
• übersteigerte Müdigkeit und Müdigkeit
• Anhaltende Schlafstörungen
• Exzessive Ermüdbarkeit selbst nach geringer Belastung
• Fluktuierende Konzentrationsstörungen
• Muskuläre Schwäche
• Lokalisierte Muskelschwäche
F48.1 Depersonalisierungs- und Derealisationssyndrom
Seltene Störung, die i.d.R. nicht isoliert auftritt, sondern eher im Rahmen
anderer psychischer Störungen und die dann dort klassifiziert wird.
Depersonalisationssymptome
der Betroffene empfindet seine eigenen Gefühle und Erfahrungen als losgelöst,
fern, nicht als seine eigenen, verloren;
Gefühl von entfernt sein, „nicht richtig hier sein“ oder in einem Schauspiel
mitzuspielen
Derealisationssymptome
Objekte, Menschen oder die Umgebung erscheinen unwirklich und fern,
künstlich, farblos, leblos etc. oder wie eine Bühne, auf der jemand spielt
Der Betroffene weiß, dass die Veränderung nicht von außen
durch andere Personen oder Kräfte eigegeben wurde.
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