F4 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen Überblick über die Störungsbilder Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 1. Angst- und Panikstörungen 1.1 Phobien 1.2 sonstige Angststörungen 2. Zwangsstörungen 3. Belastungsstörungen 4. dissoziative Störungen 5. somatoforme Störungen 6. sonstige Störungen Einteilung im ICD-10: F4 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen spezifische Phobien Phobien Agoraphobie soziale Phobie Andere Angststörungen Panikstörung generalisierte Angststörung Zwangsstörungen Zwangsgedanken Zwangshandlungen gemischt Belastungsstörungen akute Belastungsreaktion PTBS Anpassungsstörung Dissoziative Störungen diverse Somatoforme Störungen diverse Andere neurotische Störungen Neurasthenie Depersonalisations-/ Derealisationssyndrom Begriffe neurotische und somatoforme Störungen neurotische Störungen • Angsterkrankungen (Phobien und andere) • Zwangsstörungen • dissoziative bzw. Konversionsstörungen Gemeinsamkeit dieser Erkrankungen: die psychische oder körperliche Symptomatik kann nicht primär durch eine organische Ursache oder eine andere psychische Erkrankung erklärt werden. somatoforme Störungen Erkrankungen, die mit anhaltenden körperlichen Beschwerden einhergehen, für deren Ausmaß jedoch keine ausreichende organische Erklärung gefunden werden. F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 1. Angst- und Panikstörungen 1.1. Allgemeines / Definitionen 1.2 Diagnosekriterien Phobien 1.3 Diagnosekriterien Panikstörung 1.4 Diagnosekriterien Generalisierte Angststörung 1.5 Differenzialdiagnosen 1.6 Ursachen 1.7 Therapie ICD-10: F40 – F41 Angststörungen Angststörungen Phobien sonstige Angststörungen Agoraphobie m/o Panikattacken Panikstörung soziale Phobie generalisierte Angststörung (GAS) spezifische Phobien Überblick Häufigkeit von Angststörungen Welche Bedeutung hat Angst? • • • Angst ist überlebenswichtig Angst ist archaisch Schreckreaktion dient – dem Kampf – der Flucht – im Extremfall erstarren Normale Angst vs. pathologische Angst normale Angst • • • • dient als Alarmfunktion für den Organismus soll Aktivitäten zur Beseitigung der bestehenden oder drohenden Gefahr auslösen soll wieder verschwinden, wenn die Gefahr vorüber ist führt oft zu körperlichen Reaktionen, die das Überleben sichern sollen pathologische Angst • • • lähmt die körperlichen und geistigen Funktionen Krankheitswert hat das grundlose, übermäßige Auftreten von Angst auch das fehlende Auftreten von Angst kann pathologisch sein Wie definiert man eigentlich Angst/ Phobie ? • zentrale Emotion PHOBIE • Wird ausgelöst durch: = Störung, bei der die Angst durch eine eindeutig äußere Reize (z.B. Angreifer) definierte, eigentlich innere Reize (z.B. Vorstellungen) ungefährliche Situation • Funktionale Verhaltenssteuerung ausgelöst wird • • • • • Wann macht Angst krank? Angst ist dem Auslöser nicht angemessen Keine Bewältigungsmöglichkeit Starke Beeinträchtigung Angstreaktion erfolgt nahezu immer Vermeidungsverhalten oder Durchstehen von Situationen nur unter starker Angst Phobien vs. sonstige Angststörungen Phobien sonstige Angststörungen Die Angst bei Phobien ist absolut zielgerichtet und bezieht sich auf bestimmte Objekte und Situationen, die in Folge voller Angst ertragen oder vermieden werden. Zwar weiß der Betroffene im Allgemeinen rational, dass diese Angst unbegründet ist, aber wird vollkommen von ihr überwältigt Die Angst bei den sonstigen Angststörungen ist nicht zielgerichtet auf ein Objekt oder eine Situation, sondern sie tritt völlig ohne einen sachlichen Stimulus auf und ist frei flottierend. F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 1. Angst- und Panikstörungen 1.1. Allgemeines / Definitionen 1.2 Diagnosekriterien Phobien 1.3 Diagnnosekriterien sonstige Angststörungen 1.4 Differenzialdiagnosen 1.5 Ursachen 1.6 Therapie ICD-10: F40 phobische Störungen Phobien Agoraphobie m/o Panikattacken soziale Phobie spezifische Phobien Phobische Störungen: F40.0 Agoraphobie Synonym Agora Platzangst griechisch für Marktplatz Definition: Agoraphobie ist geprägt durch Ängste, sich an Orten oder Situationen zu befinden, in denen beim Auftreten von hilflos machenden oder peinlichen Symptomen eine Flucht nur schwer möglich oder aber keine Hilfe verfügbar wäre. typische Situationen • Menschenmengen in U-Bahn, Bus, Tunnel, Fahrstuhl • öffentliche Plätze • Reisen alleine bzw. weit weg von zu Hause Lebenszeitprävalenz: ca. 5 % Frauen sind häufiger betroffen als Männer Störung beginnt i.d.R. im 3. Lebensjahrzehnt Angstsymptome Thorax/ Abdomen vegetative • Palpitationen, Herzklopfen oder erhöhte Herzfrequenz • Schwitzen • fein- oder grobschlägiger Tremor • Mundtrockenheit • Atembeschwerden • Beklemmungsgefühl • Thoraxschmerzen oder – • missempfindungen • Nausea od. abdominelle Missempfindungen psychische allgemeine • Schwindel, Unsicherheit, Schwäche, Benommenheit • Derealisation oder Depersonalisation • Angst vor Kontrollverlust • Angst zu sterben • Hitzewallungen oder Kälteschauer • Gefühllosigkeit oder Kribbelgefühle Diagnostische Kriterien lt ICD-10: Agoraphobie Deutlich anhaltende Furcht vor oder Vermeidung folgender Situationen: 1. Menschenmengen 4. Reisen, mit weiter Entfernung von Zuhause 2. 3. öffentliche Plätze allein Reisen > 2 Situationen Angstsymptome deutliche emotionale Belastung durch die Furcht oder das Vermeidungsverhalten vegetative Thorax/Abdomen + psychische Einsicht, dass diese übertrieben und unvernünftig sind Die Symptome sind auf die gefürchtete Situation oder auf Gedanken an diese beschränkt allgemeine insg. > 2, davon 1 vegetatives mit oder ohne Panikstörung Phobische Störungen: F40.1 Soziale Phobie Synonym soziale Angststörung, soziale Neurose, Antropophobie Definition: Die soziale Phobie ist eine anhaltende Angst vor Situationen, in denen die Person im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit anderer steht. Die Angst wird als übertrieben und unvernünftig empfunden und führt in der Regel zu einem ausgeprägten Vermeidungsverhalten. typische Situationen • Patient sieht sich einer prüfenden Beobachtung anderer ausgesetzt • Situationen können nur in bestimmten Situationen oder in fast allen Situationen außerhalb des Familienkreises auftreten • Häufig mit niedrigem Selbstwertgefühl und Furcht vor jeglicher Kritik verbunden Lebenszeitprävalenz: ca. 4-8 % Frauen und Männer sind etwa gleich häufig betroffen Störung beginnt oft bereits im Jugendalter Diagnostische Kriterien lt. ICD-10: Soziale Phobie A: Deutliche Furcht im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen oder sich peinlich oder erniedrigend zu verhalten oder B: deutliche Vermeidung, in obige Situationen zu geraten soziale Situationen wie Essen oder Sprechen in der Öffentlichkeit, Hinzukommen oder Teilnahme an kleinen Gruppen, Begegnung von Bekannten in der Öffentlichkeit Angstsymptome vegetative Thorax/ Abdomen psychische + • Erröten oder Zittern • Angst zu erbrechen • Miktions- oder Defäkationsdrang bzw. Angst davor allgemeine > 2, davon 1 vegetatives >1 deutliche emotionale Belastung durch die Furcht oder das Vermeidungsverhalten + Einsicht, dass diese übertrieben und unvernünftig sind Die Symptome sind auf die gefürchtete Situation oder auf Gedanken an diese beschränkt typische Aussagen/Gedanken bei sozialer Phobie Wenn andere mich näher kennen lernen, werden sie mein „wahres Selbst“ entdecken und mich ablehnen. Es wäre unerträglich, als minderwertig und unzulänglich bloßgestellt zu werden. Am Arbeitsplatz und in anderen Situationen bin ich sozial ungeschickt. Ich sollte Situationen, in denen ich Aufmerksamkeit erregen könnte, vermeiden oder mich so unauffällig wie möglich verhalten. Phobische Störungen: F40.2 spezifische Phobie Definition: Hauptmerkmal der spezifischen Phobie ist die anhaltende Angst vor einem umschriebenen Objekt oder einer umschriebenen Situation. Die Störung wird nur diagnostiziert, wenn die Angst erhebliches Leiden verursacht. Beispiele typischer Phobien • Furcht vor Tieren • Angst vor Blut • Höhenangst • Flugangst Das Alter bei der Erkrankung ist sehr unterschiedlich: Tierphobien beginnen fast immer in der Kindheit, Höhenängste sowie Agoraphobie können auch noch im 4. Lebensjahrzehnt beginnen. Phobische Störungen: F40.2 spezifische Phobie - Subtypen • Tier-Typus • Umwelt-Typus (Stürme, Höhen, Wasser) oft früher Beginn • Blut-Spritzen-Verletzungs-Typus (familiär gehäuft, manchmal Ohnmacht) • Situativer Typus (Fahrstühle, Räume) • Anderer Typus (Ersticken, Erbrechen, Erwerb einer Krankheit) Diagnostische Kriterien lt. ICD-10: Spezifische Phobien A: Deutliche Furcht vor einem bestimmten Objekt oder einer bestimmten Situation (außer Agora- oder sozialer Phobie) oder B: deutliche Vermeidung, solcher Objekte und Situationen (außer Agora- oder sozialer Phobie) Symptome vegetative Thorax/Abdomen psychische deutliche emotionale Belastung durch die Furcht oder das Vermeidungsverhalten + allgemeine Einsicht, dass diese übertrieben und unvernünftig sind Die Symptome sind auf die gefürchtete Situation oder auf Gedanken an diese beschränkt insg. > 2, davon 1 vegetatives Phobische Störungen: F40.2 spezifische Phobie Überblick einiger spezifischer Phobien • • • • • • • • • • Klaustrophobie (enge Räume) Arachnophobie (Spinnen) Akrophobie (Höhe) Aviophobie (Fliegen) Dentophobie (Zahnarzt) Didaskaleinophobie (Schule) Gephyrophobie (Brücken überqueren) Herpetophobie (Kriechtiere, Schlangen) Xenophobie (fremde Personen) Nyktophobie (Nacht/ Dunkeln) www.sozphobie.de (Sozialphobie) www.angstzentrum-berlin.de (Agoraphobie) F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 1. Angst- und Panikstörungen 1.1. Allgemeines / Definitionen 1.2 Diagnosekriterien Phobien 1.3 Diagnnosekriterien sonstige Angststörungen 1.4 Differenzialdiagnosen 1.5 Ursachen 1.6 Therapie ICD-10: F4.0 – F4. Angststörungen sonstige Angststörungen Panikstörung generalisierte Angststörung (GAS) Andere Angststörungen Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst) • Wiederkehrende schwere Angstattacken Generalisierte Angststörung (GAS) • Anhaltende Angst • „frei flottierend“ paroxysmal = anfallsartig Im Gegensatz zu den Phobien NICHT auf spezifische Situationen oder Objekte bezogen Diagnostische Kriterien lt ICD-10: Panikstörung Wiederholte schwere Angstattacken (Panik), die sich nicht auf eine spezifische Situation oder besondere Umstäne beschränken und deshalb auch nicht vorhersehbar sind. Eine Panikattacke hat folgende Charakteristika: 1. einzelne Episode intensiver Angst oder Unbehagen 4. mind. 4 Symptome, davon 1 aus vegetativ Angstsymptome 2. beginnt abrupt deutliche emotionale Belastung durch die Furcht oder das Vermeidungsverhalten vegetative Thorax/ Abdomen psychische 3. erreicht innerhalb weniger Minuten ein Maximum und dauert mindestens einige Minuten + allgemeine > 4, davon 1 vegetatives Einsicht, dass diese übertrieben und unvernünftig sind Die Symptome sind auf die gefürchtete Situation oder auf Gedanken an diese beschränkt mittelgradig: mind. 4 Panikattacken in 4 Wochen schwer: mind. 4 Panikattacken/Woche Häufigste Symptome einer Panikattacke Quelle: Möller, Laux, Deister: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie 5. Aufl. 2013, S.137 Diagnostische Kriterien lt. ICD-10: generalisierte Angststörung (GAS) A: Anspannung, Besorgnis und Befürchtungen in Bezug auf alltägliche Ereignisse > 6 Monate Angst ist nicht auf bestimmte Umgebungsbedingungen beschränkt, sondern „frei flottierend“. Symptome sind variabel. Oft Befürchtung oder Sorge, der Betreffende selbst oder Angehörige könnten erkranken oder einen Unfall haben. Angstsymptome vegetative psychische Thorax/ Abdomen allgemeine > 4 Symptome , davon 1 vegetatives Anspannung unspezifische S. • Muskelverspannung, akute u. chron. Schmerzen • Ruhelosigkeit u. Unfähigkeit zu Entspannen • Gefühle von Aufgedrehtsein, Nervosität u. psych. Anspannung • Kloßgefühl im Hals oder Schluckbeschwerden • übertriebene Reaktionen auf kleine Überraschungen od. Erschrecktwerden • Konzentrationsschwierigkeiten, Leeregefühl im Kopf wg Sorgen od. Angst • anhaltende Reizbarkeit • Einschlafstörungen wg. Besorgnissen F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 1. Angst- und Panikstörungen 1.1. Allgemeines / Definitionen 1.2 Diagnosekriterien Phobien 1.3 Diagnnosekriterien sonstige Angststörungen 1.4 Differenzialdiagnosen 1.5 Ursachen 1.6 Therapie Differenzialdiagnosen Angststörungen Diagnostik: Die Diagnostik muss verschiedene Ebenen umfassen: 1. Liegt normale oder pathologische Angst vor? Abklärung der Schwere der Symptomatik, Ausprägung der sozialen Beeinträchtigung 2. Liegt der Angstsymptomatik eine andere psychische oder körperlich begründbare Störung zugrunde? Findet sich kein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer solchen Erkrankung, handelt es sich vermutlich um eine primäre Angstsymptomatik. Testverfahren Häufig eingesetzter Fremdbeurteilungsfragebogen: Hamilton-Angstskala (HAMA) Differenzialdiagnosen Angststörungen Quelle: Möller, Laux, Deister: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie 5. Aufl. 2013, S.139 Differenzialdiagnosen Angststörungen Angstsymptome: Panikartike Angstsymptome gibt es bei den verschiedensten psychischen Störungen: Leitsymptom Panikstörung: Leitsymptom GAS: Leitsymptom Phobien: Angst aus heiteren Himmel ohne äußeren Anlass wechselnde Ängste und Befürchtungen in Bezug auf alltägliche Ereignisse. Mindestens 6 Monate. I.d.R. keine Panikattacken. Angst ist zielgerichtet und bezieht sich auf bestimmte Objekte und Situationen, die in Folge voller Angst ertragen oder vermieden werden. Besonders wichtig ist die Differenzierung zwischen Angst und Depression! Häufig ist eine genaue Trennung nicht möglich. In diesem Fall muss entschieden werden, welcher der beiden affektiven Zustände die eigentliche Grundlage der Störung darstellt oder ob beide Symptome direkt aufeinander bezogen sind. Differenzialdiagnosen Angststörungen Angst = häufiges Begleitsymptom anderer psychischer und körperlicher Erkrankungen: Erkrankungen, die häufig Angst als relevantes Symptom aufweisen (ohne Angsterkrankungen) nicht organische psychische Störungen schizophrene Psychosen, affektive Psychosen, Zwangsstörungen, Persönlichkeitsstörungen, Anpassungsstörungen organisch bedingte psychische Störungen Delir, organische Angststörung, organische wahnhafte Störung, organische depressive Störung, organische Persönlichkeitsstörung substanzabhängige Störungen Medikamente, Amphetamine, Kokain, Halluzinogene, Alkohol, Nikotin, Koffein, Ecstasy, Opiate neurologische Erkrankungen hirnorganische Anfallsleiden, Chorea Huntington, Migräne, Multiple Sklerose, erhöhter Hirndruck internistische Erkrankungen Angina pectoris,/Myokardinfarkt, Herzrhythmusstörungen, Hypoglykämie, Hypoxie, Lungenembolie, Hyperthyreose, Karzinoid Die klinisch wichtigste Differenzialdiagnose ist die Abgrenzung zu normaler Angst. Differenzialdiagnosen Angststörungen weitere wichtige Differenzialdiagnosen mit Angst und deren Abgrenzung normale Angst psychologisch ableitbar, keine soziale Behinderung schizophrene Psychosen wahnhafte Angst mit absoluter Wahngewissheit. Die allgemeinen Wahnkriterien müssen erfüllt sein. depressive Störungen Achten auf ausgeprägte depressive Symptome sowie den häufigen phasenhaften Verlauf der Erkrankung organische Störungen sorgfältige körperliche Untersuchung; Organbefunde stehen evtl. in einem zeitlichen Zusammenhang zum Auftreten bzw. Abklingen von Angstsymptomen. Panikattacken müssen zu epileptischen Anfällen abgegrenzt werden. Differenzialdiagnosen Angststörungen weitere wichtige Differenzialdiagnosen mit Angst und deren Abgrenzung Drogenabhängig- Sowohl bei einer akuten Intoxikation als auch beim Entzug keit können Angstsymptome auftreten (auch bei Medikamenten, z.B. Anxiolytika). PTBS vorausgegangenes Trauma; Angst ist ein führendes Symptom, jedoch meist zeitlich und auch oft inhaltlich bezogen auf das zugrunde liegende Trauma. Zwangserkrankungen Angst tritt üblicherweise nur dann auf, wenn die Zwangsimpulse bzw. –handlungen nicht umgesetzt werden können Persönlichkeitsstörungen Angst kann ein wesentliches Symptom sein, vor allem bei ängstlichen, abhängigen, anankastischen und passivaggressiven PS. Differenzialdiagnosen Soziale Phobie Differenzialdiagnosen Soziale Phobie Beispielhafte Anamnesefragen bei Verdacht auf Angst- und Panikstörungen Einleitung „Viele Menschen haben in den verschiedensten Situationen auch einmal Ängste. Können Sie mir sagen, ob Ihnen die folgenden Situationen oder Dinge Angst machen oder bei Ihnen den Wunsch auslösen, diese zu vermeiden?“ Panikstörung „Leiden Sie manchmal unter plötzlichen und unerwarteten Angstanfällen, ohne dass eine tatsächliche Bedrohung vorliegt?“ Agoraphobie „Gibt es bestimmte Situationen und Orte wie z.B. Kaufhäuser, Autofahren, Menschenmengen, Fahrstühle oder geschlossene Räume, die Ihnen Angst machen oder die Sie möglichst vermeiden?“ soziale Phobie „Fürchten oder vermeiden Sie bestimmte Situationen, in denen Sie von anderen Menschen beobachtet oder bewertet werden könnten wie z.B. öffentliches Sprechen, Zusammenkünfte, Partys oder Gespräche?“ Spezifische Phobie „Fürchten oder vermeiden Sie bestimmte Dinge oder Aktivitäten wie z.B. Tiere, Höhen, Flugreisen oder den Anblick von Blut oder Verletzungen?“ generalisierte Angsstörung „Leiden Sie häufig unter übermäßig starken Sorgen, die Sie nicht kontrollieren können, z.B. über familiäre, berufliche oder finanzielle Angelegenheiten?“ F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 1. Angst- und Panikstörungen 1.1. Allgemeines / Definitionen 1.2 Diagnosekriterien Phobien 1.3 Diagnosekriterien sonstige Angststörungen 1.4 Differenzialdiagnosen 1.5 Ursachen 1.6 Therapie Ursachen von Angststörungen Infolge des Vulnerabilitäts-Stress-Modells werden folgende verursachende und krankheitsunterhaltende Faktoren diskutiert: • kognitive und lerntheoretische Aspekte klassische und operante Konditionierung Modell-Lernen (Umgang der Eltern oder Bezugspersonen mit Ängsten) Angstkreis • psychodynamische Aspekte • organische Erkrankungen und pharmakologische Ursachen • psychische Erkrankungen • aufrechterhaltende Faktoren primärer und sekundärer Krankheitsgewinn Vulnerabilitäts-Stress-Modell Die Vulnerabilität (lat. Vulnus = Wunde) beschreibt die Anfälligkeit eines Menschen, an einer psychischen Krankheit zu erkranken. Ursachen Angststörungen – kognitive und lerntheoretische Aspekte Kognitive und lerntheoretische Aspekte • Auslösen bedingter Reflexe i.S. des klassischen Konditionierens: Ein ursprünglich neutraler Reiz wird durch die Begleitumstände zum konditionierten Reiz (siehe Beispiel vom kleinen Albert) • Es besteht ein Wechselspiel von komplexen Verstärkersystemen i.S. des operanten Konditionierens. • Das Zusammenspiel zwischen psychischen und körperlichen Faktoren beschreibt ein Angstkreis. • Erklären auch das Auftreten von Erwartungsangst (Angst vor der Angst) im Rahmen von Panikstörungen • Modell-Lernen: Umgang der Eltern oder Bezugspersonen mit Ängsten wird übernommen Ursachen Angststörungen – Klassisches Konditionieren (Lerntheorie) Beispiel: Fall vom kleinen Albert • Behaviorismus (Watson, 1928): „Gebt mir ein Dutzend Kinder und eine Welt, in der ich sie aufziehen kann. Ich garantiere dann, dass ich jedes zu dem mache, was ich möchte: Arzt, Rechtsanwalt, Künstler, ... , oder auch Bettler und Dieb.“ • • • • • • • Exp.(1920) mit dem kleinen Albert,11 Mon. Albert wurde furchtkonditioniert: Unkonditionierter Reiz: lautes Geräusch Reflex: Schreckreaktion lautes Geräusch wird mit weißer Ratte gekoppelt später wurde dann nur die Ratte präsentiert Albert zeigt Angst- und Schreckreaktionen Ursachen Angststörungen – Operantes Konditionieren (Lerntheorie) Ursachen Angststörungen – Lerntheoretisches Modell des Angstkreises Ursachen Angststörungen – psychodynamische Theorien Psychodynamische Theorien • Grundlage psychoanalytischer Theorien ist die Vorstellung von einer misslungenen neurotischen Konfliktlösung, die zum Auftreten von Angst führt. • Generalisierte Angst tritt besonders bei drohendem Verlust oder Trennung von einer nahe stehenden Bezugsperson (Trennungsangst) bzw. bei Verlust von sozialer Anerkennung auf. • Bei Phobien sind Verschiebung bzw. Projektion wichtige Abwehrmechanismen. Dabei wird eine ursprüngliche intrapsychische Gefahrenquelle (z.B. sexuelle Konflikte, verdrängte Phantasien) nach außen verlagert. Bsp. Verschiebung: Nicht der strenge Vater erhält den Tritt vor‘s Schienbein, sondern der kleine Bruder Bsp. Projektion: Er ist ja selber Schuld, dass ich fremd gegangen bin Angststörungen – organische und pharmakologische Ursachen organische Erkrankungen • viele körperliche Erkrankungen können zu Angstsymptomen führen, z.B. Hypo- und Hyperthyreose Hypoglykämie koronare Herzkrankheit (KHK), Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkt zerebrale Anfallsleiden (Epilepsie), Morbus Parkinson Asthma pharmakologisch wirksame Substanzen, die eine Angstsymptomatik auslösen können • • • • • Schilddrüsenhormone Koffein, Nikotin, Appetitzügler Natriumglutamat z.B. in Fertiggerichten Sedativa und Hypnotika (v.a. im Entzug) Anxiolytika (Benzodiazepine im Entzug) Ursachen Angststörungen – psychische Erkrankungen psychische Erkrankungen • • • • • • • • • affektive Störungen, insbesondere depressive Episoden Schizophrenie Zwangsstörungen Anpassungsstörungen PTBS Persönlichkeitsstörungen (insb. ängstlich-vermeidend, dependent) Essstörungen somatoforme Störungen Drogen, Alkohol (Gebrauch, Intoxikation, Entzug) Ursachen Angststörungen - primärer und sekundärer Krankheitsgewinn primärer Krankheitsgewinn • • innere Vorteile, die ein Patient aus seinen neurotischen Symptomen und aus einer dadurch begründbaren Krankheit ziehen kann. Beispiel: Vermeidung unangenehmer Situationen (plötzliche Erkrankung vor einer Prüfung) sekundärer Krankheitsgewinn • • äußere Vorteile, die ein Patient nachträglich durch bereits bestehende neurotische Symptome erreichen kann. Als Konsequenz werden die Symptome u.U. sogar verstärkt. Beispiel: erhöhte Zuwendung, Aufmerksamkeit, Krankschreibung, aber auch die sog. Rentenneurose oder andere finanzielle Entschädigungen, die der Patient durch seine Krankheit erzielt, können einen sekundären Krankheitsgewinn darstellen F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 1. Angst- und Panikstörungen 1.1. Allgemeines / Definitionen 1.2 Diagnosekriterien Phobien 1.3 Diagnnosekriterien sonstige Angststörungen 1.4 Differenzialdiagnosen 1.5 Ursachen 1.6 Therapie Verlauf und Prognose: Angststörungen Phobische Störungen • Unbehandelt => chronischer Verlauf • Agoraphobie: neigt zu einem chronischen Verlauf, in dem es oft zu „Angst vor der Angst“, Vermeidungsverhalten und sozialer Isolierung kommt • soziale Phobie: häufig chronischer Verlauf mit besonders ausgeprägter Erwartungsangst und Vermeidungsverhalten mit starker Beeinträchtigung des Soziallebens. • Spezifische Phobien: unterschiedlich • In der Kindheit erworben: klingen meistens ab • Im Erwachsenenalter erworben: dauerhaft persistierend Bei Anwendung verhaltenstherapeutischer Verfahren: => 77% - 95% Verbesserung der Symptome andere Angststörungen • Panikattacken: treten meist wiederholt auf, häufig mehrfach pro Woche oder sogar täglich. • Die Panikstörung kann episodenhaft verlaufen, häufiger bleibt sie jedoch über Jahre in unterschiedlicher Intensität bestehen. • Generalisierte Angststörungen: besteht ohne Behandlung über mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte. Die soziale oder berufliche Beeinträchtigung ist meist geringer als bei anderen Angststörungen. Verlauf und Prognose: Angststörungen Komorbiditäten • ca. 60% der Patienten mit Panikstörung oder GAS, ca. 40% der Patienten mit Phobien behandlungsbedürftige Depression • ca 20-40% Missbrauch oder Abhängigkeit von Alkohol, Medikamenten oder Drogen. • es gehäuft treten auf • Zwangsstörungen, somatoforme Störungen, posttraumatische Belastungsstörungen Belastende Angstreaktion in sozialen Situationen Entwicklung sozialer Defizite Soziale Phobie Zunehmende Vermeidung sozialer Situationen und des im Mittelpunkt stehen Abnahme positiver sozialer Verstärker, weniger soziale Kontakte Therapie: Angst- und Panikstörungen • Therapie richtet sich nach der im Vordergrund stehenden Form und Ausprägung der Angst. • Pharmakotherapie und nicht medikamentöse Therapie werden in der Regel kombiniert. • In der Therapie von Panikstörungen stehen pharmakologische Ansätze im Vordergrund. • In der Therapie phobischer Störungen spielt die Verhaltenstherapie eine besondere Rolle. • Bei der generalisierten Angststörung werden häufig eher psychodynamische Therapieansätze angewendet (Psychoanalyse, tiefenpsychologische Psychotherapie) Wichtige Voraussetzung: Ausreichend Zeit auf Seiten des Arztes Motivation des Patienten. Primäres Therapieziel: Patient soll seine Beschwerden als Ausdruck von Angst erkennen. Pharmakotherapie • Antidepressiva (Langzeittherapie) • selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) • selektive Serotonin/NoradrenalinWiederaufnahmehemmer (SNRI) • Benzodiazepine (nur vorübergehend zur Akuttherapie) • bei akuter und schwerer Symptomatik • Gefahr durch Abhängigkeit Wirkung von Antidepressiva Serotoninmangel im Synaptischen Spalt bei Depressionen Verhaltenstherapeutische Interventionen Kognitive Verhaltenstherapie Dem Patienten wird vermittelt, welche spezifischen Denkabläufe die Angst aufrecht erhalten bzw. zu einer Ausbreitung der Angst beitragen. Grundlage dieser Therapieform bilden die Information über die komplexen Zusammenhänge von Angstentstehung und Folgen der Angst Ziel: Korrektur fehlerhafter und eingefahrener Denkmuster Exposition mittels systematischer Desensibilisierung Der Patient wird anhand einer hierarchischen Angstskala im Zustand der Entspannung schrittweise mit einem angstauslösenden Stimulus konfrontiert. Die Konfrontation erfolgt zunächst in der Vorstellung (in sensu), später auch in der Realität (in vivo). Habituationstraining Exposition mittels Reizüberflutung Eine andere Methode ist die Überflutung des Patienten mit den angstauslösenden Reizen (Reizexposition) und den dadurch ausgelösten Angstreaktionen (Reaktionsüberflutung) Flooding Ziel: Erfahrung, dass bei Verbleib in der Situation die Angst abklingt. systematische Desensibilisierung: hierarchische Angstskala erst in sensu, dann in vivo tiefenpsychologisch orientierte Verfahren Mit aufdeckenden tiefenpsychologisch orientierten Verfahren wird versucht, den der Angstsymptomatik zugrunde liegenden Konflikt zu bearbeiten. Voraussetzung: Herausarbeiten des Konflikts und dessen Bezug zur Angstsymptomatik Häufig besteht eine strukturelle Ich-Schwäche, das bedeutet, dass die sogenannten „Ich-Funktionen“ teilweise eingeschränkt sind. Zu den Ich-Funktionen gehört zum Beispiel die Steuerung der Affekte und das Wahrnehmen der inneren und äußeren Welt. Wer hier geschwächt ist, der kann nur schwer innere Spannungen aushalten. zunächst Verbesserung der Angstbewältigungsmöglichkeiten Tiefenpsychologisch orientierte Verfahren werden häufig über Jahre kontinuierlich angewendet. F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 2. Zwangsstörungen 2.1. Allgemeines / Definitionen 2.2 Diagnosekriterien Zwangsstörungen 2.3 Differenzialdiagnosen 2.4 Ursachen 2.5 Therapie ICD-10: F42 Zwangsstörungen Zwangsstörungen Zwangsgedanken od. Grübelzwang Zwangshandlungen (Zwangsrituale) Zwangshandlungen u. –gedanken gemischt Überblick Häufigkeit von Zwangsstörungen Zwangsgedanken und Zwangshandlungen Zwangsstörungen Zwangsgedanken od. Grübelzwang Zwangshandlungen (Zwangsrituale) Zwangsgedanken sind sich wiederholt aufdrängende Gedanken oder Vorstellungen, die starke Angst oder Unwohlsein auslösen. Der Betroffene erkennt diese Denkinhalte als unsinnig. Zwangshandlungen sind ritualisierte Handlungen, die willentlich ausgeführt werden, um Anspannung zu reduzieren oder eine vermeintliche Katastrophe abzuwenden. Zwangshandlungen sind willentliche Handlungen oder Gedanken, zu deren Ausführung sich die Betroffenen gedrängt fühlen. Häufige Themen bei Zwangsgedanken Häufige Themen bei Zwangshandlungen F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 2. Zwangsstörungen 2.1. Allgemeines / Definitionen 2.2 Diagnosekriterien Zwangsstörungen 2.3 Differenzialdiagnosen 2.4 Ursachen 2.5 Therapie Diagnostische Kriterien lt. ICD-10: Zwangsstörungen an den meisten Tagen innerhalb 2 Wochen A: Entweder Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen (oder beides) B: Die Zwangsgedanken (Ideen oder Vorstellungen) oder –handlungen zeigen sämtliche der folgenden Merkmale: werden als eigene Gedanken/Handlungen von den Betroffenen angesehen und nicht als von anderen Personen oder Einflüssen eingegeben. sie wiederholen sich dauernd und werden als unangenehm empfunden, und mindestens ein Zwangsgedanke oder eine Zwangshandlung werden als übertrieben und unsinnig anerkannt. Betroffene versuchen, Widerstand zu leisten. Gegen mindestens einen Zwangsgedanken oder eine Zwangshandlung wird gegenwärtig erfolglos Widerstand geleistet. Ausführung eines Zwangsgedankens oder einer Zwangshandlung ist für sich genommen nicht angenehm (Unterscheidung von der vorübergehenden Erleichterung von Spannung oder Angst). C: Die Betroffenen leiden unter den Zwangsgedanken und Zwangshandlungen oder werden in ihrer sozialen oder individuellen Leistungsfähigkeit behindert, meist durch den besonderen Zeitaufwand. Angstnetzwerk bei Zwängen F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 2. Zwangsstörungen 2.1. Allgemeines / Definitionen 2.2 Diagnosekriterien Zwangsstörungen 2.3 Differenzialdiagnosen 2.4 Ursachen 2.5 Therapie Differenzialdiagnosen bei Zwangsstörungen - Depressive Störungen (Grübelzwang) - Angststörungen (Zwänge werden ausgeführt, um Angst zu mildern) - Chronischer Missbrauch von psychotropen Substanzen, Medikamenten oder Alkohol (Craving) - Persönlichkeitsstörung (anankastische PS) - Impulskontrollstörungen (Kleptomanie, path. Spielen) - Frühkindlicher Autismus (stereotype Verhaltensmuster) - Tourette-Syndrom (motorische u. vokale Tics) - Schizophrenie (zwanghafte Gedankenmuster, magisches Denken oder als von außen eingegebene Zwangshandlungen) - Organische Erkrankungen (Chorea Huntington) F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 2. Zwangsstörungen 2.1. Allgemeines / Definitionen 2.2 Diagnosekriterien Zwangsstörungen 2.3 Differenzialdiagnosen 2.4 Ursachen 2.5 Therapie Verlauf von Zwangsstörungen • Oft vergehen 7-10 Jahre bis zur Behandlung • Beginn: meist im Jugendalter/ frühes Erwachsenalter (vor dem 30. Lebensjahr) • Jungen > Mädchen • Erkrankung nimmt langsam zu und verschlimmert sich zunehmend • Ohne Therapie => 2/3 chronisch • Vollständige Ausheilung eher selten Ursachen von Zwangsstörungen Auch für die Zwangserkrankungen existiert noch kein einheitliches Entstehungsmodell. Es wird ebenfalls ein multifaktorieller Ursprung vermutet: • kognitive und lerntheoretische Aspekte klassische und operante Konditionierung • psychodynamische Aspekte Fixierung in der analen Phase • aufrechterhaltende Faktoren Vermeidungsverhalten primärer und sekundärer Krankheitsgewinn Ursachen Zwangsstörungen – psychodynamische Theorien Abwehr eines Abhängigkeits-Autonomie-Konflikts: Ein Konflikt zwischen aggressiven Impulsen des Ichs und einem rigiden und strengen Über-Ich wird versucht, durch bestimmte Abwehrmechanismen (z.B. Rationalisierung, Reaktionsbildung, Ungeschehenmachen etc. ) zu verdrängen. Man spricht von einer Fixierung in der analen Phase, d.h. der die Störung bedingte Konflikt entsteht etwa im 2. bis 3. Lebensjahr (anale Phase), wenn das Kind selbstständiger wird. Dabei kommt es zum Konflikt mit den Eltern, die dem Kind in seinen Autonomie-bestrebungen Grenzen setzen. Reagieren die Eltern dabei sehr streng und unnachgiebig und bestrafen das Kind mit Liebesentzug, wird dies zur Ausbildung eines rigiden Über-Ichs angesehen. F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 2. Zwangsstörungen 2.1. Allgemeines / Definitionen 2.2 Diagnosekriterien Zwangsstörungen 2.3 Differenzialdiagnosen 2.4 Ursachen 2.5 Therapie Therapie: Zwangsstörungen • Methode der 1. Wahl: Verhaltenstherapie Reizkonfrontation mit Reaktionsmanagement bei Zwangshandlungen Reizkonfrontation in sensu bei Zwangsgedanken kognitive Verfahren • Pharmakotherapie SSRI SSNRI trizyklisches Antidepressivum atypische Neuroleptika Therapie von Zwangsstörungen • Erstellen einer individuellen Angsthierarchie • Aushalten einer gerade noch erträglichen Situation OHNE das bisher praktizierte Vermeidungsverhalten (Reaktionsmanagement) = Reizkonfrontation in vivo • Bei Zwangshandlungen, die durch bestimmte Gedanken ausgelöst werden, erfolgt eine Reizkonfrontation in sensu (ebenfalls ohne das bisherige Vermeidungsverhalten, die Zwangshandlung) F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 3. Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 3.1. Allgemeines / Definitionen 3.2 Diagnosekriterien Belastungsstörungen 3.3 Differenzialdiagnosen 3.4 Ursachen 3.5 Therapie ICD-10: F43 Belastungsstörungen Belastungsstörungen akute Belastungsreaktion posttraumatische Belastungsstörung Anpassungsstörung Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen Gemeinsamkeit psychosoziale Belastungsfaktoren als Auslöser akute Belastungsreaktion ausgelöst durch ein außergewöhnlich belastendes Lebensereignis posttraumatischen Belastungsstörung verzögerte Reaktion auf eine außergewöhnliche Belastung, Bedrohung oder Katastrophe Anpassungsstörung kann nach einer entscheidenden Lebensveränderung auftreten • Störung steht also in direkter Folge zur Belastung bzw. zum Trauma (Kausalzusammenhang) • Symptomatik wäre ohne das belastende Ereignis nicht eingetreten Beispiele für verschiedene Schweregrade psychosozialer Belastungsfaktoren Begriff akute Ereignisse leicht • Auseinanderbrechen der Freundschaft • familiäre Streitigkeiten mit Freund oder Freundin • Unzufriedenheit mit der Arbeit • Schulbeginn oder –abschluss • Leben in einer Wohngegend mit hoher • Kind verlässt Elternhaus Kriminalität länger andauernde Lebensumstände mittel • • • • schwer • Scheidung • Geburt des ersten Kindes • Arbeitslosigkeit • Armut sehr schwer (extrem) • Tod eines nahen Verwandten • Diagnose einer schweren körperlichen Erkrankung • Opfer einer Vergewaltigung • eigene schwere chronische Erkrankung oder Erkrankung eines Kindes • fortwährende Misshandlungen oder sexueller Missbrauch Katastrophal • Tod eines Kindes • Selbstmord eines nahen Angehörigen • verheerende Naturkatastrophe • Gefangennahme als Geisel • Folter • Kriegserlebnisse, KZ • • • • Heirat Trennung vom Ehepartner Arbeitsplatzverlust, Pensionierung Misserfolge Eheprobleme schwerwiegende finanzielle Probleme Ärger mit dem Vorgesetzten alleinerziehender Elternteil traumatisierende Lebensereignisse individuelle Gewalt • Vergewaltigung • Zeuge oder Opfer von Gewalttaten in der Familie • versuchter Raubmord • Geiselhaft • Körperverletzung • Folter • Entführung kollektive Gewalt • Kriegsereignisse • Erlebnisse in Luftschutzkellern • Vertreibung aus der Heimat • unmenschliche Haftbedingungen (KZ) • Aussteiger aus Sekten Naturkatastrophen • Überschwemmung • Feuer • Blitzeinschlag • Lawinenunglück • Erdbeben technische Katastrophen • Flugzeugunglück • schwerer Autounfall • Explosion • Arbeitsunfall • Chemeiunfall körperliche oder psychische Extrembelastungen • schwere Verbrennungen • überlebter Herzstillstand • schwerer allergischer Schock • andere lebensbedrohliche Erkrankungen Traumatische Erlebnisse bzw. was ist ein Trauma? EREIGNIS verzögerte Reaktion auf ein belastendes Ereignis mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Epidemiologie: PTBS Ereignisse 60 50 40 30 20 Ereignisse 10 0 Besonders traumatisierende Ereignisse • • • • • • • Bei intensiver Bedrohung Wiederholtem Vorkommen Bei unerwartetem Eintritt Wenn keine Kontrolle möglich Wenn Hilfe ausblieb Bei irrreversiblen Schäden oder Verlusten Bei Schuldgefühlen wegen des Ereignisses F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 3. Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 3.1. Allgemeines / Definitionen 3.2 Diagnosekriterien Belastungsstörungen 3.3 Differenzialdiagnosen 3.4 Ursachen 3.5 Therapie ICD-10: F43 Belastungsstörungen Belastungsstörungen F43.0 akute Belastungsreaktion F43.1 posttraumatische Belastungsstörung F43.2 Anpassungsstörung Definition und Merkmale einer akuten Belastungsreaktion lt. ICD-10 • vorübergehende Störung, die sich bei einem psychisch nicht manifest gestörten Menschen als Reaktion auf eine außergewöhnliche physische oder psychische Belastung entwickelt. • Individuelle Vulnerabilität und die zur Verfügung stehenden Bewältigungsmechanismen (Coping-Strategien) spielen bei Auftreten und Schweregrad der Belastungsstörungen eine Rolle. • Symptomatik gemischt und wechselnd, beginnend mit einer Art der „Betäubung“ mit Bewusstseinseinengung, eingeschrängte Aufmerksamkeit, einer Unfähigkeit, Reize zu verarbeiten und Desorientiertheit. • mögliche Folgeerscheinungen können sein ein weiteres Sich-zurück-ziehen aus der Umweltsituation (bis hin zum dissoziativen Stupor, F44.2) oder ein Unruhezustand und Überaktivität (wie Fluchtreaktion oder Fugue). • Vegetative Zeichen panischer Angst wie Tachykardie , Schwitzen und Erröten treten zumeist auf. • Symptome erscheinen im Allgemeinen innerhalt von Minuten nach dem belastenden Ereignis und gehen innerhalb von 2 – 3 Tagen, oft innerhalb von Stunden zurück. • Teilweise oder vollständige Amnesie (siehe F44.0) bzgl. dieser Episode kann vorkommen. • Achtung: suizidale Handlungen möglich! Symptomgruppen akute Belastungsreaktion Symptomgruppe 1 vegetative Symptomgruppe 2 • Rückzug von erwarteten sozialen Interaktionen • Einengung der Aufmerksamkeit Thorax/Abdomen • offensichtliche Desorientierung psychische • Ärger oder verbale Aggression • Verzweiflung oder Hoffnungslosigkeit allgemeine Anspannung unspezifische S. • unangemessene oder sinnlose Überaktivität • unkontrollierbare und außergewöhnliche Trauer (zu beurteilen nach den jeweiligen kulturellen Normen) Diagnostische Kriterien lt. ICD-10 akute Belastungsreaktion A: Erleben einer außergewöhnlichen psychischen oder physischen Belastung B: Der außergewöhnlichen Belastung folgt unmittelbar der Beginn der Symptome (< 1 Std). C: Unterteilung des Schweregrads in leicht, mittel und schwer: leicht nur Symptome aus Gruppe 1 mittel schwer Symptome aus Gruppe 1 und zwei Symptome aus Gruppe 2 Symptome aus Gruppe 1 und vier Symptome aus Gruppe 2 oder dissoziativer Stupor (F44.2) D: Vorübergehende Belastung klingen nach spätestens 8 Stunden ab, anhaltende Belastungen beginnen nach spätestens 48 Stunden abzuklingen E: kein Vorliegen einer anderen psychischen oder Verhaltensstörung (außer F41.1 oder F60) Das Ende einer anderen (psychischen) Krankheitsperiode muss mehr als 3 Monate zurückliegen Definition und Merkmale einer PTBS lt. ICD-10 • verzögerte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder einer Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung auslösen würde. • Typische Merkmal sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen. • andauerndes Gefühl von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit • Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit, Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. • meist Zustand vegetativer Übererregbarkeit mit Vigilanzsteigerung, übermäßige Schreckhaftigkeit, Schlafstörungen. • Häufig Angst und Depression in Verbindung mit den genannten Symptomen. • Häufig Suizidgedanken • Beginn mit einer Latenzzeit von wenigen Wochen bis zu einigen Monaten • Bei chronischem Verlauf Übergang in eine andauernde Persönlichkeitsänderung (F62.0) weitere Merkmale einer PTBS • heftige seelische oder körperliche Reaktionen durch Reize, die an das Ereignis erinnern (z.B. Jahrestag) • Unfähigkeit, sich an zuvor angenehmen Tätigkeiten zu erfreuen • quälende Schuldgefühle bzgl. anderer betroffener Menschen • verminderte affektive Schwingungsfähigkeit (oft im Bereich Intimität und Zärtlichkeit) • Angst vor dem Alleinsein, teils mit Kontrollzwängen (Türen oder Fenster wirklich verschlossen?) • selbstschädigendes oder impulsives Verhalten Diagnostische Kriterien lt. ICD-10 PTBS A: Betroffene Person war einem kurz- oder langhaltendem Ereignis oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophalem Ausmaß ausgesetzt, das bei nahezu jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde. B: Anhaltende Erinnerungen oder Wiedererleben der Belastung durch aufdringliche Nachhallerinnerungen, lebendige Erinnerungen, sich wiederholende Träume oder durch innere Bedrängnis in Situationen, die der Belastung ähneln oder mit ihr in Zusammenhang stehen C: Umstände, die der Belastung ähneln oder mit ihr in Zusammenhang stehen, werden tatsächlich oder möglichst vermieden. Dieses Verhalten bestand nicht vor dem belastenden Ereignis. Teilweise oder vollständige Unfähigkeit, einige wichtige Aspekte der Belastung zu erinnern. Anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen Sensitivität und Erregung (nicht vorhanden vor der Belastung) mit > 2 der folgenden Merkmale oder • • • • • Ein- und Durchschlafstörungen Reizbarkeit oder Wutausbrüche erhöhte Schreckhaftigkeit Konzentrationsschwierigkeiten Hypervigilanz E: Beginn < 6 Monaten nach dem Belastungsereignis oder nach Ende der Belastungsperiode Definition und Merkmale einer Anpassungsstörung • Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im Allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten • mögliche Ereignisse: Trauerfall, Trennungserlebnisse, Emigration, Flucht, größerer Entwicklungsschritt oder Krise (Schulbesuch, Elternschaft, Misserfolg, Erreichen eines ersehnten Zieles, Ruhestand) • individuelle Vulnerabilität spielt bei Auftreten und Form eine große Rolle; Krankheitsbild wäre ohne diese Belastung aber vermutlich nicht entstanden. • Anzeichen könne sein: depressive Stimmung, Angst, Sorge, Gefühl, mit den alltäglichen Gegebenheiten nicht zurecht zu kommen, diese nicht vorausplanen oder fortsetzen zu können. • Störungen des Sozialverhaltens sind möglich, insbesondere bei Jugendlichen • bei Kindern oft regressive Phänomene: erneutes Einnässen, Babysprache, Daumenlutschen • nicht zu verwechseln mit normalen Trauerreaktionen Diagnostische Kriterien lt. ICD-10 Anpassungsstörung A: Identifizierbare psychosoziale Belastung von einem nicht außergewöhnlichen oder katastrophalen Ausmaß; Beginn der Symptome innerhalb eines Monats B: Symptome und Verhaltensstörungen (außer Wahngedanken und Halluzination), wie sie vorkommen bei - affektiven Störungen (F3) Die Kriterien einer - neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen (F4) einzelnen Störung werden - Störungen des Sozialverhaltens (F91) aber nicht erfüllt. kurze depressive Reaktion längere depressive Reaktion Angst und depressive Reaktion gemischt leichter depressiver Zustand, nicht länger als 2 Jahre sowohl Angst- als auch depressive Symptome, jedoch nicht stärker als bei F41.2 oder F41.3 mit vorwiegender Störung von anderen Gefühlen vorwiegende Störung Sozialverhalten leichter depressiver Zustand, nicht länger als 4 Wochen z.B. Angst, Depression, Besorgnis, Anspannung, Ärger. auch zu verwenden für Kinder dort oft zusätzlich regressives Verhalten wie Bettnässen u. Daumenlutschen z.B. Trauerreaktion bei Jugendlichen aggressives oder dissoziales Verhalten E: Symptome bis 6 Monate nach Ende der Belastung , außer bei der längeren depressiven Reaktion. normale vs. „abnorme“ Trauerreaktion • Das Leiden eines Menschen infolge des Todes einer ihm nahestehenden Person wird als natürliche, dem normalen menschlichen Erleben entsprechende Trauer betrachtet (normale kulturspezifische Trauerreaktion) und nicht als Anpassungsstörung bezeichnet. • Die Reaktion eines Menschen auf den Tod einer wichtigen Bezugsperson umfasst verschiedene Phasen mit jeweils charakteristischen Emotionen, Gedanken und Verhaltensweisen. • Die Trauernden durchlaufen die einzelnen Phasen nicht notwendigerweise nacheinander, sondern erleben oftmals rasche Wechsel zwischen den unterschiedlichen Zuständen. • Die adäquate Verarbeitung des Verlusts stellt die Voraussetzung dafür dar, dass der Betreffende sich wieder in der Lage fühlen kann, sein Leben der veränderten Situation angemessen und auf befriedigende Weise fortzusetzen. • Pathologische (abnorme) Trauer jeglicher Art wird zu den Anpassungsstörungen gerechnet. • Sehr ausgeprägte und länger als 6 Monate andauernde Trauerreaktion werden unter F43.21 Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion verschlüsselt. normale vs. „abnorme“ Trauerreaktion • Von einer abnormen Trauerreaktion spricht man erst, wenn sie in der Art, der Intensität, der Dauer und dem Inhalt außergewöhnlich ist und deutlich von gesellschafts- und kulturspezifischen Normen abweicht. • Bestimmte Phasen des Trauerprozesses werden dabei gar nicht durchlaufen oder erscheinen in pathologischer Übersteigerung (Verleugnung: nicht zur Beerdigung gehen, nicht über den Toten sprechen) • Häufige weitere Symptome neben einem deprimierten Affekt: Selbstanklagen, „Versteinerung“, gesteigerte Gereiztheit, aggressive Regungen, Kontaktstörungen, soziale Isolierung, Schuldgefühle, psychovegetative Störungen oder übertriebene Geschäftigkeit „normale“ und pathologische Trauerphasen Andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung • Nach extremer Belastung (katastrophalen Ausmaßes) kann sich eine andauernde Persönlichkeitsveränderung entwickeln. Diese äußert sich in unflexiblem und unangepasstem Verhalten, das zu Beeinträchtigungen in den zwischenmenschlichen, sozialen und beruflichen Beziehungen führt. • Die Symptome treten neu auf und sind keine durch ein äußeres Ereignis ausgelöste Zuspitzung von bereits bestehenden Persönlichkeitszügen. DD zu Persönlichkeitsstörungen, die bereits in der Kindheit und Jugend begonnen haben • Diagnosekriterien lt. ICD-10 (F62.0) • feindliche oder misstrauische Haltung der Welt gegenüber • sozialer Rückzug • Gefühl der Leere oder Hoffnungslosigkeit • chronisches Gefühl der Nervosität im Sinne eines ständigen Bedrohtseins • Entfremdung • Zeitkriterien: Die Persönlichkeitsveränderung muss über mindestens 2 Jahre bestehen. F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 3. Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 3.1. Allgemeines / Definitionen 3.2 Diagnosekriterien Belastungsstörungen 3.3 Differenzialdiagnosen 3.4 Ursachen 3.5 Therapie Differenzialdiagnosen Belastungsstörungen • Zeitlicher Zusammenhang zwischen der Belastung und dem Auftreten der Störung • Grundsätzlich: Ausschluss organischer Ursachen (z.B. hirnatropische Prozesse, endokrine Störungen • Aufgrund der Vielgestaltigkeit der Symptomatik ist differenzialdiagnostisch das gesamte Spektrum psychischer Störungen zu berücksichtigen. Es ist zu prüfen, ob es sich bei der auftretenden Symptomatik um eine eigenständige psychische Erkrankung handelt. • Als Differenzialdiagnosen kommen besonders in Betracht: – Angststörungen – depressive Störungen – Persönlichkeitsstörungen (z:B. schizoide PS) – psychotische Störungen (insb. schizophrene Störungen) – bei Kindern: Autismus und Asperger F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 3. Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 3.1. Allgemeines / Definitionen 3.2 Diagnosekriterien Belastungsstörungen 3.3 Differenzialdiagnosen 3.4 Ursachen 3.5 Therapie Ursachen von Belastungs- und Anpassungsstörungen • wesentliche Faktoren für die Entstehung belastendes, traumatisierendes Ereignis individuelle Aspekte wie Vulnerabilität, Persönlichkeitszüge sowie ein instabiles soziales Netzwerk • lerntheoretische Aspekte individuelle Coping-Strategien bzw. deren Versagen • psychodynamische Aspekte Reaktivierung ungelöster Konflikte aus der Kindheit Symptombildung als Regression • aufrechterhaltende Faktoren sekundärer Krankheitsgewinn F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 3. Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 3.1. Allgemeines / Definitionen 3.2 Diagnosekriterien Belastungsstörungen 3.3 Differenzialdiagnosen 3.4 Ursachen 3.5 Therapie Therapie Anpassungs- und Belastungsstörungen akute Belastungsreaktion PTBS Anpassungsstörung bei starken Ängsten: Lorazepam (Benzodiazepin), Achtung: Abhängigkeit! bei Schlafstörungen Mirtazapin (Antidepressiva) Benzodiazepine (Abhängigkeit) Antidepressiva ggf. Notfallseelsorger Traumatherapie Krisenintervention Krisenintervention: - Person stabilisieren - Bewältigungsstrategien um Selbstkontrolle wieder zu erlangen Verhaltenstherapie: Rollenspiel, Exposition (graduell in sensu, in vivo) Aufklärungsarbeit: Trauerarbeit Entspannungsverfahren EMDR kognitive Verhaltenstherapie ggf. Selbsthilfegruppen EMDR ggf. stationäre Aufnahme Entspannungsverfahren F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 4. Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen) 4.1. Allgemeines / Definitionen 4.2 Diagnosekriterien Belastungsstörungen 4.3 Differenzialdiagnosen 4.4 Ursachen 4.5 Therapie Dissoziative Störungen – Begriffsdefinitionen Dissoziation (von lat. dissociare „trennen“) Abspaltung bestimmter Erlebnisinhalte aus dem Bewusstsein Konversion (von lat. conversio „Umwendung“, „Umkehr“) Umsetzung einer seelischen Belastung in körperliche Symptome Dissoziation bedeutet, dass die Fähigkeit für bestimmte psychische oder körperliche Teile gestört ist:Bestimmte Gedächtnisinhalte, Körperwahrnehmungen oder Bewegungen sind vom „normalen“ Bewusstsein abgespalten und können nicht mehr in das eigene Erleben oder die aktuellen Erfahrungen integriert werden. Die auslösenden und verursachenden Faktoren sind psychischer Natur, eine körperliche Störung liegt nicht vor. Eine Beziehung zwischen der körperlichen Symptomatik und der psychischen Ursache wird von den Patienten meist völlig abgelehnt. Dissoziative Störungen – Überblick Dissoziative Störungen körperliche Symptome (Konversion) Psychische Symptome (Dissoziation) dissoziative Bewegungsstörungen Dissoziative Amnesie (z.B. Lähmung) (Verlust der Erinnerung) dissoziative Krampfanfälle Dissoziative Fugue (z.B. Symptome einer Epilepsie) (Entfernung von Zuhause mit Verlust der Erinnerung) dissoziative Sensibilitätsstörungen Dissoziative Identitätsstörung (z.B. Sehverlust, Parästhesien*) (multiple Persönlichkeitsstörung) dissoziativer Stupor (Erstarrung, keine Reaktion auf Licht, Geräusche, Berührung) Dissoziative Trance- und Besessenheitszustände *Parästhesien: Gefühlsstörungen, abnormale Empfindungen, z.B. Kribbeln, „eingeschlafenes“ Bein F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 4. Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen) 4.1. Allgemeines / Definitionen 4.2 Diagnosekriterien dissoziative Störungen 4.3 Differenzialdiagnosen 4.4 Ursachen 4.5 Therapie Diagnostische Kriterien lt. ICD-10 dissoziative Störungen Kein Nachweis einer körperlichen Krankheit, welche die Symptome erklären könnten Überzeugender zeitlicher Zusammenhang zwischen den dissoziativen Symptomen und belastenden Ereignissen, Problemen und Bedürfnissen Störung Symptome Dissoziative Amnesie (F44.0) Erinnerungslücke für zurückliegende traumatische Ereignisse (Unfall, Vergewaltigung, Trauerfall) Dissoziative Fugue F44.1) Abruptes Fortlaufen von Zuhause oder dem Arbeitsplatz bei nach außen geordneten Verhalten. Betroffener bricht Kontakt für die Dauer von mehreren Tagen mit seinem sozialen Umfeld ab, reist an Orte emotionaler Bedeutung und nimmt dort eine neue Identität an. Für die Dauer der Fugue besteht fast immer eine (partielle) Amnesie Dissoziativer Stupor (F44.2) Bewegungsloses Verharren im Anschluss an ein für den Betreffenden traumatisierendes Ereignis Trance- oder Besessenheitszustände (F44.3) Bewusstseinsveränderung, Einschränkung der Wahrnehmung der Umgebung und zeitweiliger Verlust des Gefühls für die eigene Identität, Gefühl der Fremdbeeinflussung Diagnostische Kriterien lt. ICD-10 dissoziative Störungen (Forts.) Störung Symptome Dissoziative Bewegungsstörungen (F44.4) Bewegungsstörung, die neurologische Erkrankungen imitiert (z.B. Lähmungen, Schwächen, Gangstörungen) Dissoziative Krampfanfälle (F44.5) Pseudoanfälle, keine Bewußtlosigkeit während des Anfalls, kein Einnässen, Einkoten, Zungenbiss oder Sauerstoffmangel, keine Sturzverletzungen Dissoziative Sensibilitätsund Empfindungsstörungen (F44.6) Taubheit, Blindheit, Sensibilitätsstörungen Sonstige dissoziative Störungen (F44.8) Ganser-Syndrom (F44.80) : nicht organisch bedingte Verwirrtheit mit „Vorbeiantworten“ Multiple Persönlichkeit(sstörung) (F44.81): Aufspaltung des Ichs in 2 oder mehrere Personen, die getrennt voneinander und ohne Wissen der anderen agieren und erlebt werden F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 4. Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen) 4.1. Allgemeines / Definitionen 4.2 Diagnosekriterien dissoziative Störungen 4.3 Differenzialdiagnosen 4.4 Ursachen 4.5 Therapie Diagnose Differenzialdiagnosen bei dissoziativen Störungen Differenzialdiagnose Dissoziative Amnesie • • • • • • Dissoziative Fugue Allgemein: Fuguezustände, z.B. bei • Epilepsie • Alkohol-/Drogenintoxikation • Schizophrenie • Demenz • bipolare affektive Störung Dissoziativer Stupor • • • • • • dissoziative Symptome bei PTBS Amnesie nach Schädel-Hirn-Trauma Amnesie bei epileptischen Anfällen Drogen-/Medikamenten- oder sonstigen Intoxikationen zerebrovaskuläre Erkrankungen Simulation katatone Schizophrenie Borderline-Persönlichkeitsstörung PTBS affektive Störungen (schwere Depression oder Manie) Drogen-/Medikamentenintoxikationen Epilepsie Differenzialdiagnosen bei dissoziativen Störungen (Forts.) Diagnose Differenzialdiagnose Trance-und Besessenheitszustände • Intoxikation • delirantes Syndrom jeglicher Ursache Dissoziative Persönlichkeitsstörung • Borderline-Persönlichkeitsstörung • Schizophrenie Dissoziative Störungen der Bewegung oder der Sinnesempfindung • • • • somatoforme Störung Epilepsien zerebrovaskuläre Erkrankungen Simulation Depersonalisations-/ Derealisationssyndrom • • • • • • starke Ermüdung Drogen-/Medikamentenintoxikation Schizophrenie affektive Störungen Angststörungen Persönlichkeitsstörungen F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 4. Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen) 4.1. Allgemeines / Definitionen 4.2 Diagnosekriterien Belastungsstörungen 4.3 Differenzialdiagnosen 4.4 Ursachen 4.5 Therapie Ursachen von dissoziativen Störungen (Konversionsstörungen) Die Entstehung wird als multifaktoriell angesehen. Im Vordergrund stehen psychoanalytische Theorien. Man geht davon aus, dass innerseelische unbewusste Konflikte quasi in Körpersprache übersetzt werden. Dadurch besteht häufig ein deutlicher Symbolcharakter der Symptomatik. In den früheren Hysteriekonzepten wurde eine enge Beziehung zur ödipalen Phase angenommen, d.h. eine Fixierung auf den gegengeschlechtlichen Elternteil und eine ungelöste Abhängigkeitsproblematik. Wichtige Abwehrmechanismen sind hier Verleugnung, Verdrängung, Verschiebung, Projektion und Identifizierung. Ursachen von dissoziativen Störungen (Konversionsstörungen) • kognitive und lerntheoretische Aspekte operante Konditionierung Modell-Lernen (gehäuftes Auftreten bei nahen Bezugspersonen, Schulklassen oder anderen Gruppen) • aufrechterhaltende Faktoren primärer und sekundärer Krankheitsgewinn F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 4. Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen) 4.1. Allgemeines / Definitionen 4.2 Diagnosekriterien Belastungsstörungen 4.3 Differenzialdiagnosen 4.4 Ursachen 4.5 Therapie Therapie von dissoziativen Störungen (Konversionsstörungen) • Psychotherapie steht im Vordergrund Psychoanalyse Klärung des unbewussten Konflikts, der als Symptom auf den Körper übertragen wird. Verhaltenstherapie Entwicklung von Fertigkeiten zur Verbesserung der Gefühls- und Spannungsregulation (z.B. ausgewogene Ernährung, regelmäßiger und ausreichender Schlaf, achtsamkeitsbasierende Methoden) Techniken zur Selbstbeobachtung (z.B. Symptomtagebuch) Erlernen von Entspannungsverfahren Gesprächstherapie Klärung der aktuellen belastenden Situation Hypnosetherapie Psychoedukation Zusammenhang zwischen belastender Situation und körperlichen Symptomen symptomatische somatische Therapie z.B. Physiotherapie, Ergotherapie, Massagen etc. F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 5. Somatoforme Störungen 5.1. Allgemeines / Definitionen 5.2 Diagnosekriterien somatoforme Störungen 5.3 Differenzialdiagnosen 5.4 Ursachen 5.5 Therapie Somatoforme Störungen – Überblick Somatoforme Störungen Somatisierungsstörung undifferenzierte Somatisierungsstörung Hypochondrische Störung somatoforme autonome Funktionsstörung hypochondrische Störung im engeren Sinne körperdysmorphe Störung je Organsystem anhaltende somatoforme Schmerzstörung sonstige somatoforme Störungen z.B. Bruxismus Einführung/ Definition: Somatoforme Störungen Körperliche Beschwerden OHNE somatische Ursache Schmerzen, funktionelle Symptome verschiedener Organsysteme oder diffuse Symptome, die die allgemeine Belastbarkeit betreffen Hartnäckige Forderung nach medizinischer Untersuchung trotz negativer Ergebnisse Übermäßigt besorgt um ihre Gesundheit F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 5. Somatoforme Störungen 5.1. Allgemeines / Definitionen 5.2 Diagnosekriterien somatoforme Störungen 5.3 Differenzialdiagnosen 5.4 Ursachen 5.5 Therapie Symptomatik lt. ICD-10: F45.0 Somatisierungsstörung • anhaltendes Klagen über multiple und wechselnde körperliche Symptome • nicht durch organische Ursache erklärbar • Beschwerden beziehen sich auf verschiedene Organsysteme • ständige Beschäftigung mit Symptomen mehrfaches Aufsuchen verschiedener Spezialisten • hartnäckige Weigerung, die medizinische Feststellung zu akzeptieren Verdauungstrakt - Bauchschmerzen - Übelkeit - Gefühl von Überblähung - Schlechter Geschmack - Klagen über Erbrechen - Klagen über Durchfall Herz-Kreislauf-System - Atemlosigkeit ohne Anstrengung - Brustschmerzen Haut- und Schmerzsymptome - Klagen über Fleckigkeit oder Farbveränderungen der Haut - Schmerzen in den Gliedern, Extremitäten oder Gelenken - Taubheits- oder Kribbelgefühle Urogenitaltrakt - häufiges oder Schmerzen beim Wasserlassen (Dysurie) - Unangenehme Empfindung im Genitaltrakt - Klagen über vaginalen Ausfluss häufige Symptome: Somatisierungsstörungen Körperliche Beschwerden In % Rücken- und Gelenksbeschwerden Ca. 90 % Müdigkeit Ca. 84% Bauch- und Kopfschmerzen Ca. 80% Brustschmerzen Ca. 72 % Verdauungsbeschwerden Ca. 60% Unterleibsschmerzen, Hautjucken, Sehschwierigkeiten Ca. 40% Symptomatik lt. ICD-10: F45.1 undifferenzierte Somatisierungsstörung wenn die körperlichen Beschwerden zahlreich, unterschiedlich und hartnäckig sind, aber das vollständige und typische klinische Bild einer Somatisierungsstörung nicht erfüllt ist: falls die Mindestdauer der Symptomatik von 2 Jahren noch nicht erreicht ist oder weniger als die Mindestzahl von 6 somatoformen Symptomen vorliegt. Symptomatik ICD-10: F45.2 Hypochondrische Störung hypochondrische Störung im engeren Sinne • Überzeugung an einer (oder höchstens zwei) schweren körperlichen Krankheiten zu leiden; eine muss dabei vom Patienten namentlich benannt werden körperdysmorphe Störung • Anhaltende Beschäftigung mit einer vom Betroffenen angenommenen Entstellung oder Missbildung • der Betroffene leidet unter der ständigen Sorge um die Symptome oder der Störung des alltäglichen Lebens • Aufsuchen vieler Ärzte oder auch Laienheiler • hartnäckige Weigerung, die medizinische Feststellung zu akzeptieren • wenn, dann nur vorübergehende Akzeptanz > 6 Monate Somatoforme autonome Funktionsstörungen = Symptome werden so geschildert, als beruhen sie auf körperliche Erkrankungen • Beispiel Herzneurose – Körperliche Symptome wie beim Herzinfarkt – Unterschied: Herzinfarktpatient glaubt nicht, dass er krank ist – Herzneurotiker will ins Krankenhaus Somatoforme autonome Funktionsstörungen „Betroffene“ Organe (mind. 1): • Herz und kardiovaskuläres System • oberer Gastrointestinaltrakt • unterer Gastrointestinaltrakt • respiratorisches System kein Nachweis einer • Urogenitalsystem Störung von Struktur oder Funktion der Organe, über welche sie Patienten sich Sorgen machen vegetative Symptome (mind. 2): • Palpitationen • Schweißausbrüche (heiß oder kalt) • Mundtrockenheit • Hitzewallungen oder Erröten • Druckgefühl im Epigastrium, Kribbeln oder Unruhe in der Magengegend weitere Symptome (1 oder mehr): • Brustschmerzen oder Druckgefühl in der Herzgegend • Dyspnoe oder Hyperventilation • außergewöhnliche Ermüdbarkeit bei leichter Anstrengung • Aerophagie, Singultus oder brennendes Gefühl im Brustkorb oder im Epigastrium • erhöhte Miktionsfrequenz oder Dysurie • Gefühl der Überblähung oder Völlegefühl Symptome: Anhaltende Schmerzstörung > 6 Monate = Schmerzen andauernder, quälender und schwerer Schmerz in bestimmten Körperteilen Tritt in Verbindung mit emotionalen Konflikten und psychosozialen Belastung auf Bsp: Psychogene Kopfschmerzen/ Rückenschmerzen F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 5. Somatoforme Störungen 5.1. Allgemeines / Definitionen 5.2 Diagnosekriterien somatoforme Störungen 5.3 Differenzialdiagnosen 5.4 Ursachen 5.5 Therapie Differenzialdiagnosen: Somatoforme Störungen • Ausschluss körperlicher Erkrankungen • Depressionen (v.a. larvierte Depression) • Angststörung • Schizophrenien • Panikstörung • somatoforme Störungen untereinander Diagnostischer Entscheidungsbaum bei somatoformen Störungen körperliche Beschwerden ohne organische Grunderkrankung multiple körperliche Beschwerden umschriebene körperliche Symptomatik • Somatisierungsstörung • undifferenzierte Somatisierungsstörung • somatoforme autonome Funktionsstörung • somatoforme autonome Funktionsstörung • anhaltende Schmerzstörung • Konversionsstörung • sonstige somatoforme Störungen • größte Gruppe • gesundheitspolitisch relevanteste Gruppe • Störung neigt zu einer hohen Chronifizierung • ein Schmerzsyndrom oder ein Konversions- oder dissoziatives Symptom steht im Vordergrund starke Gesundheitsängste • hypochondrische Störung • körperdysmorphe Störungen Unterscheidungskriterien somatoforme Störungen Hypochondrische Störung Konversionsstörung Somatisierungsstörung Der Betroffene beobachtet über mindestens 6 Monate seine gleichbleibenden Symptome und ist überzeugt, an 1er/ max. 2 schweren Krankheit(en) zu leiden. Die Störungen (z.B. Lähmungserscheinungen) treten im Zusammenhang mit aktuellen Konfliktsituationen auf und bilden sich häufig spontan zurück. Charakterstruktur: meist ängstlich depressiv Charakterstruktur: eher demonstrativ theatralisch (früher: hysterisch) Die Patienten leiden jahrelang unter häufig wechselnden Symptomen, die durch keine diagnostizierbare körperliche Krankheit erklärt werden können. Die Symptomatik geht oft mit einer lang anhaltenden Konflikt- oder Belastungssituation einher. F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 5. Somatoforme Störungen 5.1. Allgemeines / Definitionen 5.2 Diagnosekriterien somatoforme Störungen 5.3 Differenzialdiagnosen 5.4 Ursachen 5.5 Therapie Ursachen: Somatoforme Störungen • • • • • Chronische Überforderung Psychosozialer Stress Ähnliche Krankheitsbilder bei Familienangehörigen Modellernen Häufig: stark verminderte Fähigkeit Gefühle wahrzunehmen und angemessen zu äußern F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 5. Somatoforme Störungen 5.1. Allgemeines / Definitionen 5.2 Diagnosekriterien somatoforme Störungen 5.3 Differenzialdiagnosen 5.4 Ursachen 5.5 Therapie Therapie: Somatoforme Störungen Die Therapie der somatoformen Störungen muss immer auf den Patienten individuell ausgerichtet werden. Pharmakotherapie: Antidepressiva, Benzodiazepine (Abhängigkeit!) Psychotherapie (das Mittel der Wahl): • KVT: (v.a. bei Hypochondrie und chronischem Schmerz) Bearbeitung von kognitiven Schemata Sensibilisierung gegenüber kognitiven Prozessen von Aufmerksamkeit und Körperwahrnehmung Reduktion von vermeidenden Bewältigungsstrategien und Aufbau alternativer Lösungsstrategien Physische Aktivierung und Bestärkung von „Normalverhalten“ (Abbau von „Schonverhalten“) Therapie: Somatoforme Störungen Fortsetzung Psychotherapie: • psychodynamische Ansätze (v.a. bei somatoformer autonomer Funktionsstörung) Wichtige biographische Themen aufarbeiten (frühere Traumatisierungen, Verluste); aufdeckende Arbeit bei Traumatisierungen nur von traumaerfahrenen Behandlern!!! Beeinträchtigende Erfahrungen mit schwerwiegenden eigenen Erkrankungen oder denen von nahen Angehörigen bearbeiten Evtl. tief verankerte Schuldgefühle und Bestrafungswünsche besprechen F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 6. Sonstige Störungen 6.1. Neurasthenie 6.2 Depersonalisierungs- und Derealisationssyndrom Neurasthenie Ermüdungs- und Erschöpfungssyndrom NICHT: Burn-Out = Klage über Müdigkeit nach geringer geistiger/körperlicher Anstrengung Symptome • übersteigerte Müdigkeit und Müdigkeit • Anhaltende Schlafstörungen • Exzessive Ermüdbarkeit selbst nach geringer Belastung • Fluktuierende Konzentrationsstörungen • Muskuläre Schwäche • Lokalisierte Muskelschwäche F48.1 Depersonalisierungs- und Derealisationssyndrom Seltene Störung, die i.d.R. nicht isoliert auftritt, sondern eher im Rahmen anderer psychischer Störungen und die dann dort klassifiziert wird. Depersonalisationssymptome der Betroffene empfindet seine eigenen Gefühle und Erfahrungen als losgelöst, fern, nicht als seine eigenen, verloren; Gefühl von entfernt sein, „nicht richtig hier sein“ oder in einem Schauspiel mitzuspielen Derealisationssymptome Objekte, Menschen oder die Umgebung erscheinen unwirklich und fern, künstlich, farblos, leblos etc. oder wie eine Bühne, auf der jemand spielt Der Betroffene weiß, dass die Veränderung nicht von außen durch andere Personen oder Kräfte eigegeben wurde.