Vortrag 4.April 2008 bei den Vorarlberger Amateurastronomen

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Vortrag 4.April 2008 bei den Vorarlberger Amateurastronomen
Scheinbar paradoxe Effekte der Schwerkraft,
und zur Entstehung rotierender Systeme im Weltall
Eine Meldung in den Nachrichten über die zum Absturz gebrachte Weltraumstation MIR im
Jahr 2001 löste bei mir eine Kette von Gedanken über scheinbar widersprüchliche Effekte
der Schwerkraft aus. Dadurch wurden mir aber letztendlich verschiedene Formen von Sternensystemen und Vorgänge im Weltall verständlich. Es entstand in mir die Vorstellung, dass
das All vielleicht doch ganz anders aussehen könnte. Bisher steht dieses Bild vom All aber
auf wackeligen Füßen und meine Erklärungsversuche für die Phänomene sind n.v.P.a. (nicht
vom Papst abgesegnet).
Es hieß: „ein Bremsmanöver wurde eingeleitet, worauf die MIR auf eine niedrigere Umlaufbahn absank und sich beschleunigte.“ Eine Beschleunigung aufgrund eines Bremsmanövers? Erstmal hätte ich gedacht, dass man der MIR einen kräftigen Schub nach unten hätte
versetzen müssen. In einem rotierenden System verhält es sich aber etwas anders.
1 – Raketenumlaufbahnen
Eine Rakete, die von der Erde in eine bestimmte Umlaufbahn geschickt wird, geht bald nach
dem senkrechten Start in eine immer flacher werdende Bahn über, bis sie die Bahn erreicht,
auf der sie keinen Vorwärtsschub mehr benötigt. Für diese Bahn braucht die Rakete eine
ganz bestimmte Geschwindigkeit. Um z.B. zur ISS in 341 km Höhe aufzusteigen, muss sie
auf 7,7km/sec beschleunigt werden. Um sich auf dieser Bahn stabil aufhalten zu können,
muss die Schwerkraft überwunden werden. Dafür ist aber in einer rotierenden Bewegung um
einen Masseschwerpunkt die Fliehkraft zuständig, und die hängt von der momentanen tangentialen Geschwindigkeit ab. Ist die Rakete zu langsam, so fällt die Rakete auf eine tiefere
Bahn oder sogar wieder auf die Erde zurück, ist sie zu schnell, so steigt sie in eine höhere
Bahn auf, und je nach dem kann sie sogar das Schwerefeld der Erde verlassen.
Vergleichsweise gilt das ja auch für die Planetenbahnen. Die Venus umkreist die Sonne innerhalb der Erdbahn und ist schneller, Mars dagegen außerhalb und ist langsamer als die
Erde. Das gilt zum einen für die Zeit, welche die Planeten für eine komplette Umrundung der
Sonne brauchen, zum anderen aber auch für die Tangentialgeschwindigkeiten (Venus 0,62
Jahre, 35 km/sec; Erde 1Jahr, 29,8 km/sec; Mars 1,88 Jahre, 24 km/sec).
2 – das Satteliten-Paradoxon
Dies führt aber zu eigenartigen Konsequenzen. Ein bekanntes Beispiel ist z.B. das sogenannte Satteliten-Paradoxon: Satteliten in einigen 100 km Höhe werden durch Reste von
Atmosphäre abgebremst und beschleunigen sich – man darf allerdings nicht vergessen,
dass sie dabei auch absinken.
3 – zwei Satteliten hintereinander auf der selben Umlaufbahn
Kommen wir noch einmal auf die Station MIR zurück und konstruieren folgenden
Fall 1a: vor der Raumstation sei in 1 km Entfernung ein führerloses Raumtaxi, auf der selben Bahn und folglich auch mit der gleichen Geschwindigkeit. Außen auf der Raumstation
sitzt ein ehemaliger Cowboy, der auf Astronaut umgesattelt hat, und fängt mit einem superlangen elastischen Lasso das Taxi ein, um es langsam zur Station zurückzuziehen (Abb. 1a
MIR+Taxi). Doch der Astronaut wundert sich darüber, was passiert: das Taxi wird von dem
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Lassos an die Station herangezogen und somit abgebremst. Dadurch ist es aber etwas zu
langsam für die gemeinsame Bahn, es sinkt auf eine tiefere Bahn ab und beschleunigt sich.
Umgekehrt die Station: sie wird durch den Zug nach vorne beschleunigt, ist jetzt zu schnell
für die Bahn, steigt auf und wird insgesamt langsamer, weil sie auf einer höheren Umlaufbahn langsamer sein muss. Beide entfernen sich, das Lasso streckt sich bis es reißt. Dies
kann man sich erst mal schwer vorstellen und ist vom Verstand kaum zu akzeptieren.
1a Der Astro-Cowboy versucht mit einem elastischen
Lasso das Raumtaxi an die Station heranzuziehen.
Zur Anschauung: bei einer Station in 340 km über dem Erdboden mit einer Geschwindigkeit
von 7,7 km/sec hätte ein Taxi auf einer Bahn, die um 1 km tiefer ist, eine Geschwindigkeit,
die um 0,575 m/sec schneller ist.
Fall 1b: Wenn statt des Lassos eine stabile Teleskopstange das Taxi und die Station starr
verbindet und mit Kraft verkürzt wird, um beide aneinander heranzuziehen, so sinkt das Taxi
und steigt die Station ebenso wie im obigen Beispiel, beide können aber nicht auseinanderdriften. In einem bestimmten Winkel zur Bahntangente, den ich aber hier nur mit, sagen wir
60°, abschätzen kann, wird die Konstellation stabil. Ganze 90°, bei dem die Station über dem
Taxi stehen würde und mit diesem und dem Erdmittelpunkt eine Linie bilden würde, können
ohne weiteres nicht erreicht werden, da ja das Taxi nicht nur nach innen in Richtung Erdmittelpunkt, sondern auch nach vorne, und die Station nicht nur nach außen, sondern auch
nach hinten zieht. In diesem Winkel, den ich den Annäherungswinkel nennen will, lassen
sich beide jetzt aneinander heranziehen.
Abb. 1c, 1d Das Raumtaxi wird mit Schwung
an die Station herangezogen
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Fall 1c: Geht man bei diesem Verfahren von vornherein mit viel Kraft ans Werk, so dass
Schwung in die Sache kommt, so entsteht ein Drehimpuls, welcher das Gespann den Annäherungswinkel überschreiten lässt bei einem Winkel von sagen wir schätzungsweise 110°
abgebremst wird. Denn ab 90° wirkt die Kraft nicht mehr bremsend auf das Taxi und nicht
mehr beschleunigend auf die Station. Weitere Kraftanstrengung führt also nicht zu einer weiteren Drehung, sondern das Gespann dreht sich wieder ein Stück zurück und pendelt sich
bei dem Annäherungswinkel von 60° ein und beide Teile lassen sich aneinander heranziehen.
Fall 1d:
Wenn man von vornherein mit noch mehr Kraft zu Werke geht, so reichen
Schwung und Drehimpuls aus, um eine 180°-Drehung zu erziehlen. Die Situation ist ähnlich
dem Anfangszustand, nur dass jetzt die Station vorne und das Taxi hinten ist, und außerdem
hat sich der Abstand verringert. Werden beide weiter mit Kraft aneinander herangezogen, so
drehen sie sich weiter und der Abstand verringert sich und gemäß der Formel von der Drehimpulserhaltung erhöht sich dabei auch die Rotationsgeschwindigkeit – und irgendwann ist
das Taxi an die Station herangezogen. Und wenn sie noch nicht abgestürzt sind, so rotieren
sie heute noch.
4 – der Drehimpuls
Zum Drehimpuls soll uns ein Experiment weiterhelfen: man setze sich auf einen Drehstuhl
mit ausgestreckten Armen, in jeder Hand ein schweres Gewicht, und lasse sich in eine leichte Drehung anschieben (Abb.2 Drehstuhl). Berücksichtigen wir hier nur die Gewichte und
vernachlässigen das Körpergewicht: ziehen wir bei ausgestreckten Armen die Gewichte bis
auf den halben Abstand r2 = ½ r1 von der Körperachse heran, so beschleunigen sich die Gewichte auf die doppelte Bahngeschwindigkeit von v1 auf v2 (tangentiale Geschw. und nicht
die Winkelgeschwindigkeit! Das ist die momentane Geschwindigkeit auf der Tangente an der
Umlaufbahn in diesem Punkt.) Die Winkelgeschwindigkeit erhöht sich dabei um mehr als das
Doppelte; es wird einem schwindelig. Streckt man die Arme aus, so verlangsamt man sich
wieder. Das Verhältnis v1 . r1 = v2 . r2 bleibt dabei konstant und somit auch der Betrag des
Drehimpulses: L = m · v · r mit der Masse m, der Geschwindigkeit v, und dem Abstand r.
Zieht man also die Hände auf den halben Abstand heran, so muss sich die Geschwindigkeit
verdoppeln (wenn wir nur die Masse der Gewichte und nicht die des Körpers in Betracht ziehen). Für den Drehstuhl gilt also die Beziehung:
v1 . r1 = v2 . r2.
Abb. 2 Das Drehstuhlexperiment
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5 – elliptische Bahnen und das 2. Gesetz von Keppler
Die Bahnen der meisten Planeten sind zwar annähernd kreisförmig, in Wirklichkeit aber Ellipsen mit einer geringen Exzentrizität (Abb. 3 Ellipsen). Die elliptische Bahn von Pluto hat
eine höhere, die Bahnen von Kometen meist eine sehr hohe Exzentrizität, d.h. die Ellipsen
haben eine langgestreckte Form.
Abb. 3 Eine Kreisbahn und 6 elliptische Bahnen mit gleich
großem Flächeninhalt, d.h. mit gleicher Umlaufzeit
( Man kann die Bahngeschwindigkeit vell auf einer elliptischen Bahn an einer bestimmten
Stelle auf der Ellipse mittels eines Parallelogramms aufteilen in einen radialen Anteil in Richtung hin zum bzw. weg vom Massezentrum und einem Anteil vtang.Kreis tangential zu einer
entsprechenden Kreisbahn durch diesen Punkt. Zur Berechnung des Betrages des Drehimpulses L benötigt man nur diesen tangentialen Anteil. Oder man beschreibt L, v, und r als
Vektoren (gerichtete Größen) und verwendet von vornherein die vektorielle Berechnungsmethode:
.)
Zu jeder elliptischen Bahn gibt es genau eine kreisförmige Bahn, die den gleichen Flächeninhalt, die gleiche Umlaufzeit für eine komplette Umrundung und den gleichen Drehimpuls
hat. Für elliptische Bahnen gilt das 2.Gesetz von Kepler: in gleichen Zeitabschnitten werden
von dem Strahl, der von dem Masseschwerpunkt bis zum Planeten (bzw. zur Rakete etc.)
verläuft, gleiche Flächen überstrichen. (Der Masseschwerpunkt, z.B. die Sonne für die Planetenbahnen, liegt auf einem der beiden Ellipsenbrennpunkte. Einen Kreis kann man als
einen Spezialfall einer Ellipse betrachten, bei welcher beide Brennpunkte zusammenfallen
und den Kreismittelpunkt bilden.)
6 – das 3. Gesetz von Keppler, Energie, Geschwindigkeit, Umlaufzeit
Das Drehstuhlexperiment kann man aber nicht direkt auf die Raketen- bzw. Planetenbahnen
übertragen. Z.B. ist Jupiter ca. 5 mal so weit von der Sonne entfernt wie die Erde, im Vergleich zum Drehstuhl müsste er 1/5 so schnell sein. In Wirklichkeit ist er aber mit 1/
ganz so langsam. Auch für die anderen Planeten gilt untereinander die Beziehung:
v1 . 1 = v2 . 2 .
Dies erhält man durch Umrechnung aus dem
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3. Gesetz von Kepler: U12 / r13 = U22 / r23 ,wobei U die Umlaufzeit ist.
Beim Drehstuhlexperiment bleibt der Drehimpuls unverändert, solange von außen nichts
bremsend oder beschleunigend auf mich einwirkt, egal ob ich die Gewichte mit gestreckten
Armen halte oder an mich heranziehe.
Wird aber eine Rakete von einer Bahn auf eine höhere Umlaufbahn angehoben, so müssen
die Triebwerke auf Vorwärtsschub in Richtung der tangentialen Geschwindigkeit gestellt
werden. Dabei erhöht sich die momentane Geschwindigkeit, die Bewegungsenergie und
damit auch der Drehimpuls. Paradoxerweise ist die Geschwindigkeit letztendlich geringer,
wenn die Rakete die zugehörige Umlaufbahn erreicht hat.
7 – tangential zur Bahn wirkende (beschleunigende oder abbremsende) Kräfte,
eine Rakete wechselt auf eine höhere Umlaufbahn
Stellen wir uns eine Rakete auf einer kreisförmigen Bahn vor (Abb. 4, Raketenbahnen, Bahn
A). Um auf dieser Bahn zu bleiben, braucht sie keinen Treibstoff, die Triebwerke sind aus.
Werden nun die Triebwerke angeschaltet, so erhöht sich die Geschwindigkeit, vorerst noch
tangential zur Kreisbahn A. Mit der Zeit entfernt sich die Bahn B aber von der Kreisbahn,
zum tangentialen Anteil der Geschwindigkeit vt kommt ein größer werdender radialer Anteil
vr. Werden nun die Triebwerke abgeschaltet, so geht die Rakete in eine elliptische Bahn C
über: sie umrundet die Erde nun nicht mehr einfach kreisförmig, ihr Schwung lässt sie auch
noch bis zu einem bestimmten Punkt höher steigen, bis zum Aphel, dem fernsten Punkt.
Aus dem 2. Gesetz von Keppler folgt, dass die Geschwindigkeit der Rakete während des
Anstieges vom erdnächsten Punkt, dem Perihel, bis zum fernsten Punkt, dem Aphel, immer
langsamer wird.
Soll die Raketen bald schon nach dem Verlassen von A in die kreisförmige Bahn D einschwenken, so ist die Geschwindigkeit möglicherweise so groß, dass sowohl der Anteil der
Geschwindigkeit tangential zur Kreisbahn abgebremst werden muss, damit die Rakete nicht
zu schnell ist für die Kreisbahn D ist, als auch der radiale Anteil, damit die Rakete wirklich auf
der Kreisbahn gelangt und nicht auf einer elliptischen Bahn bleibt.
Es gibt aber auch eine Kreisbahn E, die den gleichen Flächeninhalt wie die elliptische Bahn
C hat, beide Bahnen haben damit auch die gleiche Umlaufzeit. Dies ergibt sich aus dem 2.
Gesetz von Kepler. An den Schnittpunkten dieser beiden Bahnen ist die Geschwindigkeit der
Bahn E gleich groß wie der Anteil von C, welcher zu E tangential verläuft. Soll die Rakete
von der elliptischen Bahn C auf diese Kreisbahn E gebracht werden, so muss nur der radiale
Geschwindigkeitsanteil abgebremst werden.
An ihrem erdfernsten Punkt, dem Aphel, ist der radiale Geschwindigkeitsanteil der Rakete
verschwunden, und der tangentiale Anteil ist zu gering, um auf die kreisförmige Bahn G einzuschwenken, sie „fällt“ quasi wieder in Richtung Perihel. Um sich auf der Bahn G aufzuhalten, bräuchte die Rakete einen kräftigen Vorwärtsschub.
Wenn die Rakete für den Wechsel auf einen höhere Bahn möglichst wenig Treibstoff
verbrauchen soll, so sollte sie statt des relativ steilen Anstieges B eine Bahn H wählen, auf
der sie mit wenig Vorwärtsschub und einem geringen Anstieg sich langsam spiralförmig der
Zielbahn nähert, sodass möglichst wenig Treibstoff für das Abbremsen benötigt wird.
Für die weiteren Betrachtungen genügt folgende einfache Regel: Planeten (Asteroiden Raketen etc.) auf weiter äußeren Umlaufbahnen haben geringere Geschwindigkeit als solche auf
weiter innen liegenden Bahnen. Vereinfachend gehe ich auch von kreisförmigen Bahnen
aus, auch in den Zeichnungen. Gegebenenfalls schließe ich dann davon ausgehend auf andere Bahnformen.
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Abb. 4 eine Rakete steigt auf eine höhere Umlaufbahn auf
8 – Rotationen innerhalb eines übergeordneten rotierenden Systems
Betrachten wir noch einmal das Beispiel mit der Raumstation und dem Raumtaxi, Fall 1c
(Abb. 1c,MIR+Taxi), so ist dort ja kein „richtiger Drehimpuls“ zustande gekommen, wenn ich
mich einmal etwas verschwommen so ausdrücken darf. Das Gespann MIR und Taxi pendelt
sich auf eine Position mit einem Winkel ein, den ich den „Annäherungswinkel“ genannt habe.
Wahrscheinlich (n.v.P.a.) erreicht jedes Objekt bestehend aus 2 aneinandergekoppelten Teilen, oder eines mit einer länglichen Masseverteilung wie eine Rakete, irgendwann eine Position in diesem Winkel, wenn man es in einer Umlaufbahn sich selbst überlässt.
In Fall 1d wird man berücksichtigen müssen, dass zu dem Drehimpuls der Rotation, die sich
aus dem Annäherungsprozess ergibt, und welche die gleiche Orientierung wie die gesamte
Bahn von MIR und Taxi um die Erde hat, ein gegenläufiger Drehimpuls hinzukommt. Dieser
(geringere) Drehimpuls wird bewirkt durch die rückläufige Bewegung von Objekten auf äußeren Bahnen relativ zu solchen auf inneren Bahnen. Zur Berechnung des Drehimpulses einer
Rotationsbewegung, die sich innerhalb eines übergeordneten, größeren, ebenfalls rotierenden Systems ereignet, muss dieses übergeordnete System irgendwie berücksichtigt werden.
Oder kann man die Bahn des Mondes um die Erde für sich isoliert betrachten? In der Phase
z.B., bei welcher der Mond sich von der Sonne entfernt, erreicht er ja eine höhere Umlaufbahn, relativ zur Sonne betrachtet. Die Geschwindigkeit auf seinem Weg um die Sonne
müsste demnach abnehmen. Die annähernd kreisförmige Bahn des Mondes um die Erde wenn man die Erde als fixen Betrachtungspunkt nimmt – müsste in Richtung „zurück“ verbo-
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gen sein, und dementsprechend „vorwärts“ während der Phase, bei welcher der Mond sich in
Richtung Sonne bewegt (in Abb. 5, Mondbahn, übersteigert dargestellt).
Abb. 5 die Mondbahn
Entsprechend muss man auch bei den Planeten die übergeordnete Rotation berücksichtigen:
die Bahn des Sonnensystems um das galaktische Zentrum der Milchstraße.
9 – die seltsamen Formen der Hufeisenbahn und der Trojanerbahnen
Ähnliche, scheinbar paradoxe Schwerkraftphänomene kann man auch bei bestimmten Asteroiden und Monden beobachten. Es gibt einen Erdbegleiter namens 2002 AA29, ein Felsbrocken von nur 150m Durchmesser, der die Sonne in der Nähe der Erdumlaufbahn umkreist. Zeitweise verläuft seine Bahn etwas innerhalb der Erdbahn. Er ist somit auch etwas
schneller und scheint die Erde einzuholen. Er kommt der Erde irgendwann so nahe, dass
seine Bahn durch das Schwerefeld der Erde beeinflusst wird: er wird nach vorne gezogen,
also beschleunigt, wodurch er zu schnell wird für seine Bahn. Seine Bahn wird angehoben
und verlangsamt sich dabei ständig, er kreuzt die Erdbahn, und erreicht irgendwann eine
Bahn außerhalb der Erdbahn, auf der er etwas langsamer als die Erde die Sonne umrundet
und den Einflussbereich der Erde wieder verlässt. Er befindet sich dann relativ zur Erde auf
einer rückläufigen Bahn. Nun ist die Erde schneller, nach ca. 48 Jahren holt sie ihn fast ein,
doch ihr Schwerefeld bremst ihn ab. (Abb. 6a, 2002AA29, und ½ Jahr später: Abb. 6b) Er
sinkt vor der Erde auf eine niedrigere Bahn und wird wieder schneller, und das Schauspiel
beginnt von vorne. Insgesamt hat seine Bahn, relativ zur Erde betrachtet, die Form eines
Hufeisens, welches sich allerdings ständig mit der Erde mitdreht. Insgesamt dauert so ein
Zyklus 95 Jahre, für den äußeren Teil der Bahn braucht er etwas mehr als die Hälfte, für den
Inneren etwas weniger. Genaue Daten liegen mir nicht vor, z.B. wie breit die Bahn ist, ist sie
schmaler als der Erddurchmesser? Und sind die Wendepunkte mehrere Erde-MondAbstände von der Erde entfernt?
10 – Kräfte, die auf einen Himmelskörper senkrecht zur Bahnebene wirken
Die Bahnebene des Asteroiden 2002 AA29 ist gegenüber der Ekliptik etwas geneigt, das
hat zur Folge, dass er innerhalb eines Jahres vor bzw. hinter der Erde einmal auf und abzutanzen scheint (Abb. 6d) . Zu den Kräften, die beschleunigend oder bremsend wirken, also
parallel zur Tangentialgeschwindigkeit verlaufen, kommt hier noch eine senkrecht zur Bahnebene wirkende Kraft zum Zuge. Ich vermute, dass die Form der Hufeisenbahn an den Enden dadurch noch eine Drehung bekommt, in etwa wie in Abb. 6c(2002AA29).
Hier stellt sich generell die Frage, wie sich Kraftkomponenten senkrecht zur Bahnebene
auswirken (Abb.7). Letzten Endes haben sich die sogenannten Akkretionsscheiben aus rotierenden Wolken gebildet, indem das Material durch Kräfte parallel zur Rotationsachse, also
senkrecht zu den Bahnebenen auf eine Ebene zusammengeschoben wurde (Abb. 8, Akkretionsvorgang), dazu später noch näheres.
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Abb. 6, 2002AA29
Auch in unserem Sonnensystem spielen senkrecht zur Bahnebene wirkende Kräfte zwischen den Planeten, die sich mit ihrer Schwerkraft gegenseitig beeinflussen, eine Rolle.
Zwar befinden sich die Bahnebenen innerhalb eines schmalen scheibenförmigen Bereiches,
sie sind aber gegeneinander mit einem kleinen Winkel geneigt. So ist also Mars nicht nur
innerhalb der Bahn von Jupiter, sondern manchmal auch etwas „oberhalb“ (bzw. unterhalb),
und wird von ihm etwas „runtergezogen“ (bzw. herauf). Insofern müssten sich auch jetzt
noch die Bahnebenen der Planeten einander angleichen.
Abb.7 eine Kraft in beliebige Richtung, im Kräfteparallelogramm
nach tangentialem, radialen und zur Bahnebene senkrechtem
Anteil aufgelöst
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Abb. 8, Akkretionsvorgang
11 – radial wirkende Kräfte in Richtung Zentrum bzw. vom Zentrum weg
Neben den tangentialen Kräften in Bewegungsrichtung und den
senkrecht zur Bahnebene wirkenden Kräften fehlen in unserer Betrachtung jetzt noch die
radialen Kräfte, die vom Zentrum aus weg oder in Richtung Zentrum wirken. (Gemeint sind
hier die zeitweilig wirkenden Kräfte, die zu der sowieso schon vorhandenen Schwerkraft in
Richtung Zentralgestirn und der Fliehkraft in die entgegengesetzte Richtung noch dazukommen.)
Wenn die Raumstation ISS auf eine höhere Umlaufbahn gehoben werden soll, was öfter vorkommt, da sie pro Tag mehr als 100m absinkt, so genügt es nicht, sie mit einem kräftigen
Schub nach oben von der Erde weg zu stoßen. Wir wissen jetzt, dass die Raumstation dazu
einen Vorwärtsschub benötigt, da die tangentiale Geschwindigkeit entscheidend für die Zentrifugalkraft ist. Um sich stabil auf einer Umlaufbahn aufhalten zu können, muss die Anziehungskraft, die vom Massezentrum auf die Station wirkt, durch die Zentrifugalkraft aufgehoben werden. Für die Zentrifugalkraft ist aber die Geschwindigkeit tangential zur Umlaufbahn
an der momentanen Stelle zuständig.
Durch den Schub nach oben (radial vom Erdmittelpunkt weg) wird die Station zwar zeitweilig
angehoben. Da sie aber keinen Vorwärtsschub abbekommen hat, ist dort der tangentiale
Anteil der Geschwindigkeit zu gering. Sie ist also für die höhere Umlaufbahn zu langsam.
Das ergibt sich aus der Erhaltung des Drehimpulses. Die Station fällt anschließen wieder
tiefer, aus der (annähernden) Kreisbahn wird eine elliptische Bahn. Ein radial wirkender
Kraftschub wirkt sich also auf die Exzentrizität der Bahn aus. Die Exzentrizität gibt an, „wie
stark elliptisch“ eine Bahn ist. Geometrisch stellt sie die Entfernung der Brennpunkte der Ellipse von ihrem Zentrum dar. Da in diesem Fall sich der Drehimpuls nicht verändert hat, ist
die gesamte Umlaufzeit gleich groß wie vorher auf der kreisförmigen Bahn.
Wenn eine radial wirkende Kraft eine kreisförmige Bahn in eine elliptische Bahn strecken
kann, dann muss auch der umgekehrte Fall möglich sein, dass z.B. ein Asteroid mit einer
langgestreckten elliptischen Bahn zum geeigneten Zeitpunkt und an der richtigen Stelle einen Schub in Richtung Sonne bekommt, etwa vom Planeten Mars, und sich anschließend
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mit einer annähernd kreisförmigen Bahn im Asteroidengürtel aufhält. (Manche Modelle zur
Entstehung des Sonnensystems gehen davon aus, dass auch die Bahnen der Planeten ursprünglich eine stärkere Exzentrizität hatten. Dass sie jetzt fast alle annähernd kreisförmig
sind, wird jedoch auf andere Ursachen, z.B. auf Reibung, zurückgeführt.)
12 – der Trojaner-Dreh
Die Hufeisenbahn kann man als einen Spezialfall der Trojanerbahnen ansehen (Abb.9, Trojaner-Bahnen). Die Trojaner sind eine Gruppe von Asteroiden, die sich um die „Librationspunkte“ L4 und L5 von Jupiter scharen, und die auch bei anderen Planeten vermutet
werden. Die Librationspunke L4 und L5 bilden mit Sonne und Jupiter jeweils exakt ein
gleichseitiges Dreieck. (Die Librationspunkte L1 bis L5 sind Punkte in einem Zweier-System
wie z.B. Sonne - Jupiter, auf denen sich relativ kleine Objekte in einer Gleichgewichtsposition
befinden.) Lagrange und andere Mathematiker hatten sich bemüht, die Bahnen von 3 Körpern zu beschreiben, die sich gegenseitig mit ihrer Schwerkraft beeinflussen, das Dreikörperproblem. Dieses Problem ist aber nur in einigen Spezialfällen zu lösen, dazu gehören die
Trojanerbahnen. Im Normalfall umrunden die Trojaner entweder L4 oder L5 in Bahnen, welche die Form von gebogenen Tropfen haben, kleine Tropfen für enge Bahnen, große Tropfen für weitere. Bei sehr weiten Bahnen kann die Spitze des Tropfens aus Sicht des Planeten
bis hinter die Sonne reichen. Der Asteroid rutscht quasi aus dem Bereich von L4 in den von
L5 bzw. umgekehrt, und wir haben wieder die Hufeisenbahn.
Abb.9, Trojaner-Bahnen
Wie es zu diesen seltsamen Bahnen kommt, kann ich mir in etwa so veranschaulichen: insgesamt ist für die Bahn des Trojaners die Schwerkraft Fg in Richtung Massezentrum maßgeblich. Das Massezentrum ergibt sich aus Sonnenmasse und der viel kleineren Jupitermasse, ist also vom Sonnenzentrum etwas in Richtung Jupiter verschoben. Schauen wir uns den
Trojaner an, wenn er sich auf einer Bahn etwas innerhalb der Jupiterbahn befindet, er ist
also schneller als Jupiter und kommt in seine Nähe, Jupiters Masse „bekommt mehr Gewicht“. Dadurch verschiebt sich die Richtung der Anziehungskraft etwas vom Massezentrum
weg in Richtung Jupiter, es kommt also ein beschleunigender Kraftanteil Fb hinzu. Das führt
dazu, dass der Trojaner auf höhere Bahnen angehoben wird und sich dabei verlangsamt, die
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Jupiterbahn kreuzt und weiter auf einer noch höheren Bahn rückläufig ist und sich wieder
von Jupiter entfernt. Später, in größerer Entfernung zum Jupiter, dreht sich das Verhältnis
um: die Anziehungskraft verlagert ihre Richtung, nur wenig, aber doch entscheidend, vom
Massezentrum zum Sonnenzentrum. Es kommt also ein abbremsender Kraftkomponente Fa
hinzu. Der Trojaner wird abgebremst und fällt dadurch auf tiefere Bahnen wobei er sich beschleunigt, kreuzt wieder die Jupiterbahn und nähert sich wieder Jupiter. Vor Jupiter werden
die sich nähernden Trojaner von oben nach unten und wieder weg, hinter Jupiter werden sie
von unten nach oben und wieder weggeschoben. Insgesamt macht der Trojanerschwarm,
wenn er in Jupiters Nähe ist, eine leichte Drehbewegung, welche man den „Trojaner-Dreh“
nennen könnte.
13 – Nledönknlemmes, Leffotrak und die Saturnmonde Epimetheus und Janus
Eine ähnliche Situation hatte ich mir für den Asteroidengürtel ausgedacht und als Geschichte
aufgeschrieben: die beiden Asteroiden Nledönknlemmes und Leffotrak haben ähnlich große
Massen (Abb.10 Nledönknlemmes). Ihre Bahnen sind annähernd kreisförmig, die Bahn des
Leffotrak um weniger Kilometer kleiner, sodass er Nledönknlemmes einzuholen und mit ihm
zu kollidieren droht. Die Bewohner von Nledönknlemmes bekommen es mit der Angst zu tun,
doch der Philosoph Sosehïdes klärt sie über die wirklichen Bahnen auf: in einiger Entfernung
kommt die Annäherung zum Stoppen, nach dem gleichen Mechanismus wie oben beschrieben. Sie wechseln ihre Bahnen aus und entfernen sich wieder, bis sich in einigen 100 Jahren
der Vorgang mit vertauschten Rollen wiederholt.
Abb.10 Nledönknlemmes und Leffotrak
Erst später habe ich erfahren, dass es so eine ähnliche Situation tatsächlich gibt: die Saturnmonde Epimetheus und Janus tauschen auf diese Art ihre Bahnen aus. Diese beiden
Monde sind unregelmäßig geformt, in ihren größten Ausmessungen weniger als 200 km groß
und damit zu klein, um mit ihrer eigenen Schwerkraft Kugelformen auszubilden. Die Bahnen
sind annähernd kreisförmig und die große Halbachse beträgt ca. 150.000 km, ihr Bahnunterschied beträgt nur 50 km. Der Mond auf der inneren Bahn ist etwas schneller und es würde
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zur Kollision kommen, würde der beschriebene Mechanismus sie nicht zum Austausch ihrer
Bahnen veranlassen. (Die beiden Monde haben auch sonst noch interessante Eigenheiten.)
Konstruieren wir eine Situation mit 2 Planeten, die wie die beiden Saturnmonde ihre Bahnen
tauschen, der eine sei von menschenähnlichen Wesen bewohnt. Das System sei aber in
einen Nebel getaucht, sodass die Bewohner weder vom Zentralgestirn noch vom restlichen
Universum irgendetwas wissen. Sie sind aber hochentwickelt, kennen die Gesetze der Physik, speziell was die Schwerkraft betrifft. Ihre Energie beziehen sie aus irgendeiner lokalen
Quelle. In großen Abständen von mehreren 100 Jahren taucht ihr Nachbarplanet, kaum
sichtbar, aus dem Nebel auf, nähert sich ihnen, macht kehrt, und entfernt sich wieder, was
ihren Kenntnissen von der Schwerkraft widerspricht. Wie erklären sie sich das? Vermuten sie
dann, dass eine dunkle Energie ihren Nachbarplaneten von ihnen wegzieht?
Und jetzt noch ein anderer konstruierter Fall: wieder 2 Planeten mit den gleichen beschriebenen Eigenschaften, der eine hat wie unsere Erde Kontinente und Ozeane. Übt der andere
Planet eine Gezeitenwirkung aus, gibt es dann Ebbe und Flut? Und wenn ja, wie? Ist seine
Wirkung wie die des Mondes auf unserer Erde, dass ein Wellenberg in Richtung Nachbar,
ein zweiter Berg in entgegengesetzter Richtung entsteht? Oder entstehen irgendwelche anderen Flutberge?
14 – Milchstrasse und Sonnensystem, rotierende Strukturen im Weltall
Wolken aus Gas und Staub sind die Geburtsstätten von Objekten wie die Milchstrasse oder
unser Sonnensystem. Heutige Theorien gehen davon aus, dass es eine anfängliche, wenn
auch äußerst geringfügige und unregelmäßige Drehbewegung der Wolke relativ zur Umgebung gegeben haben muss. Durch die allmähliche Verdichtung infolge der eigenen Schwerkraftwirkung verstärkt sich die Rotation. Letzteres ist auf jeden Fall richtig, wie ja unser Drehstuhlexperiment zeigt. Die initiale Drehung ist möglicherweise jedoch nicht zufällig, sondern
hat eine bestimmte Entstehungsgeschichte, doch dazu später.
Zu Beginn ist im Inneren der Wolke die gegenseitige Anziehung mehr oder weniger allseitig,
noch nicht auf ein Zentrum gerichtet, zum Teil mit irgendwelchen Vorzugsrichtungen, da die
Dichte der Wolke ungleichmäßig ist. Allerdings ist zu den Randbeeichen die Anziehung geringer, da ja dort weniger Material in der Nähe ist. So kommt es in der Mitte zu einer stärkeren Verdichtung und somit orientiert sich die Anziehungskraft auch immer mehr auf das Zentrum zu, es bildet sich ein Massezentrum aus. Die allmählich zunehmende Rotation bedeutet
nun, dass sich alles um eine Achse dreht, welche in etwa durch das Zentrum geht: große
Bereiche drehen sich um die Achse oberhalb des Zentrums, andere unterhalb, andere innerhalb einer Ebene um das Zentrum selbst. Mit der allmählichen Verdichtung sammelt sich
immer mehr Material im Zentrum an. Damit richtet sich die Schwerkraftanziehung immer
mehr auf das Zentrum aus. Die durch die Rotation bedingte Fliehkraft wirkt aber immer noch
von der Achse weg, nicht vom Zentrum (Abb. 8). Schwerkraft und Fliehkraft wirken also nicht
genau entgegengesetzt und heben sich gegenseitig nur unvollständig auf. Es entsteht eine
resultierende Kraft parallel zur Achse in Richtung der Ebene, auf welche die Achse senkrecht
steht und in deren Mitte sich auch das Zentrum befindet. Diese Kraft drängt das Material der
Wolke in Richtung dieser Ebene zusammen, erst in Form eines Gebildes, welches
man„Akkretionsellipsoid“ nennen könnte, dann in eine Akkretionsscheibe. Gleichzeitig bewegt sich Material innerhalb der Zentrumsebene in immer enger werdenden spiralförmigen
Bahnen auf das Zentrum zu.
15 – Planetenentstehung
Heutige Theorien gehen davon aus, dass die Planetenentstehung in der nahezu perfekten
Akkretionsscheibe stattgefunden hat, nachdem die Hauptmasse sich schon im Zentralgestirn
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konzentriert hat und in der Scheibe nur noch Materialreste vorhanden sind. Bei den Resten
handelt es sich entweder um Material, welches zu Begin in den aller äußersten Bereichen
der Wolke war und einfach noch nicht bis zum Zentrum vorgedrungen ist, oder es stammt
aus Wolkenfetzen, die von Planetenkeimen durch deren Schwerkraftwirkung wieder nach
außen geschleudert oder vom Sonnenwind hinausgedrängt worden sind.
Abb.11 walzenförmige u. planetenf. Rotation
Ich kann mir vorstellen, dass Planetenkeime sich schon in der Anfangsphase oder zumindest
schon in der Phase des Akkretionsellipsoides gebildet haben. Doch was für eine Bahn beschreibt solch ein Objekt? Solange der größte Teil der Masse in der gesamten Wolke verteilt
ist, rotieren Gas und Staub walzenförmig um die Achse. Sobald sich jedoch die Masse im
Zentrum konzentriert, muss sich diese Rotationsbewegung ändern. Bewegungen wie beim
fertigen Planetensystem mit elliptischen Bahnen einzelner Wolkenfetzen und gegeneinander
gekippten Bahnebenen sind zwar räumlich schwer vorstellbar, doch muss es irgend ein Zwischenstadium geben. Wegen der unterschiedlichen Geschwindigkeiten lösen sich die einzelnen Wolkenfetzen immer wieder auf und formieren sich neu, behindern sich gegenseitig, und
der innere Gasdruck wirkt der Anziehung entgegen und drängt das Material immer wieder
auseinander. Spätestens sobald sich feste Körper bilden, können deren Bahnen nicht mehr
um die Achse, sondern müssen um das Zentrum verlaufen, oder sie werden aus dem System hinausgeschleudert (Abb.11 walzenförmige u. planetenförmige Rotation). Vorstellbar ist,
dass anfangs ihre Bahnen noch unregelmäßig sind, sie werden immer wieder von der Reibung und der Schwerkraft konzentrierter Wolkenfetzen oder anderer Brocken abgelenkt. Das
Maß an Chaos bzw. Ordnung hängt entscheidend davon ab, wie viel Masse noch in der
Wolke ist bzw. wie viel sich schon im Zentrum konzentriert hat.
16 – verschachtelte Akkretionsprozesse
Abb.12 verschachtelte Rotationen
Ich gehe auch davon aus, dass es diese Verdichtungsprozesse mit sich beschleunigender
Rotation in „verschachtelter“ Form gab und gibt: aus einer großen Wolke bildet sich eine Spiralgalaxie, innerhalb der Galaxie bilden sich Wolken und daraus kleinere Akkretionsscheiben, aus denen Sternensysteme wie unser Sonnensystem erwachsen. Die Planeten haben
sich wohl zum Teil aus mehr oder weniger zufälligen Kollisionen kleinerer Brocken gebildet.
Aber Staub, Gas und Schutt können nicht einfach auf einen Protoplaneten herabgerieselt
sein. Innerhalb eines übergeordneten rotierenden Systems müssen auch sie erst einmal eine
rotierende Scheibe bilden, um dann in immer enger werdenden Spiralbahnen auf den Planeten stürzen. Und in den Randbereichen dieser Scheiben können sich wiederum Materiean-
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sammlungen zu kleinen Akkretionsscheiben und später zu Monden formen... Und soviel ich
weiß, gibt es einen Uranusmond, der auch einen Trabanten hat, er könnte auch so entstanden sein.
17 – die Geburt des Mondes
Für die Entstehung unseres Erdenmondes gibt es zur Zeit 2 Theorien: die erste besagt, ein
großer Asteroid hat die noch junge Erde getroffen und einen Teil aus ihr herausgeschlagen,
woraus sich dann der Mond gebildet hat; die zweite besagt, durch die allmähliche Verdichtung der Akkretionsscheibe der Erde hat sich die Rotation dermaßen beschleunigt, dass sich
aus der noch glutflüssigen jungen Erde ein Tropfen gelöst hat und durch die Fliehkraft ein
Stück weggeschleudert worden ist, woraus dann der Mond entstanden ist.
Wahrscheinlich sind beide Theorien teilweise richtig. Es könnte sich z.B. so abgespielt haben: die Akkretionsscheibe der Erde besteht aus Gas, Staub, Schutt und einzelnen Objekten
und im Zentrum hat sich schon eine Protoerde gebildet. Ständig stürzt Material auf die Protoerde, die Scheibe verdichtet sich in Richtung Zentrum, wodurch die Rotation sich beschleunigt. Die Rotationsgeschwindigkeit reicht zwar nicht aus, um mittels der Fliehkraft Material wegzuschleudern, sie verlangsamt aber den Verdichtungsprozess. Zusätzlich kommen
von außerhalb der Akkretionsscheibe der Erde, aber von innerhalb des Sonnensystems einzelne Brocken herein und beeinflussen das Scheibenmaterial, entweder durch direkte Kollisionen, aber auch durch indirekte Beeinflussung mittels ihrer Schwerkraft. Sie können Material nach außen oder auch direkt zur Erde schleudern, sie können aber auch Material gerade
soviel Energie verpassen, dass es auf einer stabilen Umlaufbahn die Erde umrunden kann.
Aus solch einem Material könnte sich erst eine Scheibe und dann der Mond gebildet haben.
18 – wodurch wird die Rotation von Sternsystemen in Gang gesetzt?
Kommen wir nun zu dem allgemeineren Fall, dass nicht nur zwei (Janus und Epimetheus
bzw. Nledönklemmes und Leffotrak), sondern mehrere Objekte zusammen mit Staub und
Gas in einem rotierenden System sich einander nähern und mit ihrer Schwerkraft gegenseitig beeinflussen. Es könnte sich z.B. in unserem Sonnensystem zu einem Zeitpunkt, als es
noch jung war, so abgespielt haben. Dort kommt es irgendwann einmal an einer Stelle, sagen wir in der Nähe der heutigen Jupiterbahn, zu einer wolkenartigen Ansammlung von Materie. Z.B. begegnen sich mehrere Asteroiden auf stak elliptischen Bahnen mehr oder weniger zufällig. Oder mehrere Asteroiden auf Kreisbahnen begegnen sich, indem diejenigen, die
auf weiter innenliegenden Bahnen und somit schneller sind, die weiter äußeren einholen.
Staub und Gas können sich auch auf diese Art verdichten, können aber auch durch den
Sonnenwind zusammengeschoben werden, oder sogar durch Sternenexplosionen von außerhalb hereingeschleudert werden.
Falls die Gesamtmasse und Dichte der Wolke zu gering für eine gegenseitige Anziehung und
für einen Akkretionsprozess ist, bewirkt die Rotation der Scheibe, die weiter innen schneller
ist als außen, dass die Wolke wieder auseinandergezogen wird und sich auflöst, (Abb.13
Streckung einer Wolke) Ich habe dies einmal für eine Wolke auf einer Bahn anstelle von Jupiter und mit einen Durchmesser von einer astronomischen Einheit abgeschätzt. Innerhalb
von 10 Jahren, also mehr als einem Jupiterumlauf, streckt sie sich allein aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeiten von inneren und äußeren Bahnen auf etwas mehr als zwei
astronomische Einheiten.
Falls die Wolke genügend Masse und Dichte hat, sodass ihre Bestandteile sich gegenseitig
durch ihre Schwerkraft beeinflussen, so ist sie nun neben der Sonne ein sekundäres Massezentrum. Grafisch kann man das darstellen, indem man von den einzelnen Regionen und
Objekten der Wolke Pfeile in Richtung Mitte der Wolke zeichnet. In Wirklichkeit sind diese
Pfeile aber nur geringe Abweichungen, die das eigentliche Kraftfeld in Richtung Sonne
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Abb.13 Streckung einer Wolke
überlagern. Abb.14 zeigt die Anziehungskräfte in Richtung Zentrum der Wolke mit jeweils
einem Kräfteparallelogramm aus einem tangentialen und einem radialen Anteil. Wenn wir
von einem Beobachtungsstandort in der Mitte der Wolke die verschiedenen Regionen betrachten, so überholen wir die weiter außen liegenden, während wir von den weiter innen
liegenden überholt werden. (Für diejenigen Brocken und Asteroiden, die auf stark elliptischen
Bahnen laufen, gilt dies aber nur eingeschränkt bzw. im statistischen Mittel. In meinen
Zeichnungen habe ich zur Veranschaulichung immer Kreisbahnen dargestellt. In Wirklichkeit
waren kreisförmige Bahnen im jungen Sonnensystem, als es noch von einer Vielzahl von
Einzelobjekten bevölkert wurde, eher die Ausnahme.)
Abb.14 Kräfte in einer Wolke
Man könnte nun meinen, dass die Wolke durch die Geschwindigkeitsdifferenzen von inneren
und äußeren Bereichen so etwas wie einen initialen Drehimpuls erhält, und zwar mit umgekehrter Orientierung zur allgemeinen Rotation um die Sonne. Wenn nun durch die
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Schwerkraft die Wolke sich allmählich verdichtet, müsste die Rotation sich beschleunigen,
entsprechend unserem Drehstuhlexperiment (Abb.15 Falsche Annahme über Drehimpuls
der Wolke).
Diese Vorstellung ist jedoch FALSCH! Durch die Anziehungskräfte werden die Bestandteile
der Wolke nicht einfach in Richtung Zentrum der Wolke verschoben! Sondern sie bewegen
sich auf Bahnen, wie in den vorigen Beispielen beschrieben.
Wie der Erdbegleiter 2002AA29 zu dem Zeitpunkt, wenn er auf einer äußeren Bahn sich der
Erde von vorne nähert, weil er langsamer ist, dann aber auf eine innere Bahn gedrückt wird,
sich beschleunigt und wieder entfernt, so werden alle Wolkenbestandteile, die sich in Bahnrichtung vor dem Wolkenzentrum befinden, auf weiter innen liegende Bahnen gedrängt und
beschleunigt (Abb.16 Wolke + Trojanerbahnen).
Abb.15 Falsche Annahme über Drehimpuls der Wolke
Abb.16 Wolke + Trojanerbahnen
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Entsprechend werden Bestandteile hinter dem Wolkenzentrum nach außen gedrängt und
abgebremst. Die Wolke macht den „Trojaner-Dreh“. Insgesamt wird die Wolke gestreckt und
gekippt, der vordere Teil nach innen, der hintere nach außen. Dies ist ansatzweise eine Rotation in die andere Richtung, aber mit der gleichen Orientierung wie das Sonnensystem
(Abb17 Wolke vor der Streckung, Abb18 Wolke nach der Streckung).
Abb17 Wolke vor der Streckung
Abb18 Wolke nach der Streckung
Im Anfangsstadium dieses Prozesses schieben sich die Bereiche aneinander vorbei. Sobald
jedoch die Wolke etwas in die Länge gezogen ist, streben alle Bereiche auseinander
(Abb.19 Auseinanderstreben der Wolke). Egal, wo sich ein Beobachter innerhalb der Wolke
befindet, fast alle Bereiche der Wolke entfernen sich von ihm, allerdings nicht in alle Himmelsrichtungen, sondern vorzugsweise in etwa entlang der Wolkenachse. Nur in allernächster Nähe gibt es zwei kleine Bereiche, die sich ihm nähern.
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Je mehr die Wolke gestreckt wird, umso mehr schwindet die interne Schwerkraftwirkung des
sekundären Massezentrums, bis sie schließlich ganz in der Wirkung des übergeordneten
Sonnensystems untergeht. Damit gehen die Bestandteile wie Staub, Gas, einzelne Brocken
in „normale“ Bahnen über und die Wolke löst sich allmählich auf.
Abb.19 Auseinanderstreben einer Wolke
19 - Spiralarme
Die langgestreckte Wolke erinnert an den Spiralarm einer Galaxie, und tatsächlich bin ich der
Meinung, dass man diesen Prozess auf die nächsthöhere Größenordnung übertragen kann.
Der Prozess unterstützt die Bildung von Spiralarmen:
-
es kommt zu einer regionalen Materieansammlung aus Staub, Gas, Asteroiden, Sternen, etc.
da Objekte auf inneren Bahnen schneller sind als auf äußeren, wird die Ansammlung
spiralförmig gestreckt,
dies wird durch die interne Schwerkraftwirkung der regionalen Materieansammlung in
der Art und Weise wie beschrieben verstärkt, wobei der vordere Teil nach innen in
Richtung galaktisches Zentrum und auch noch weiter nach vorne gedrängt wird, der
hintere Teil nach außen und noch weiter nach hinten.
Und kaum hat sich der Spiralarm gebildet, so ist er auch schon wieder in Auflösung begriffen.
Verallgemeinernd kann man für die Galaxie sagen: obwohl die Gesamtmasse der Galaxie in
immer enger werdenden Spiralebahnen dem Zentrum zustrebt, bewegen sich innerhalb eines Spiralarmes fast alle Bestandteile auseinander (Abb.19 Auseinanderstreben einer Wolke). Egal von welchem Beobachtungsstandort innerhalb des Spiralarmes gilt:
- die meisten Sterne entfernen sich, und deren Licht erscheint rotverschoben,
- in einem kreuzförmigen Bereich bleibt die Entfernung der Sterne zum Beobachter eine Weile gleich,
- nur in zwei kleinen Winkeln nähern sich die Sterne dem Beobachter und deren Licht
ist blauverschoben.
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Dies hat mich zu folgendem Gedanken gebracht, der vielleicht zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht ist, den ich aber hier einmal äußern will: könnte es nicht sein, dass das Universum sich
schon längst in einer Phase des Zusammenziehens, der Akkretion befindet, und dabei einen
Wirbel, eine Art Supergalaxie bildet, deren Elemente Galaxien sind? (Abb. 20 All-Wirbel)
Wir überblicken mit unseren besten Teleskopen nur eine kleine Region eines Superspiralarmes, in welcher sich die meisten Galaxien von uns wegbewegen, sodass wir den Eindruck
haben, dass das ganze Universum expandiert.
Abb. 20 All-Wirbel
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dies zu untersuchen. Z.B. indem man das gesamte Universum in alle Himmelsrichtungen systematisch nach entfernten Galaxien absucht und deren
Geschwindigkeiten und Bewegungsrichtungen erforscht. Außerdem müssten die Achsen und
Rotationen eine Vorzugsrichtung aufweisen, ähnlich wie bei den Planeten unseres Sonnensystems.
Die Rotation von Galaxien erklärt man sich ja bisher dadurch, dass die Wolken, aus denen
diese entstanden sind, sich bereits anfangs geringfügig drehten, wodurch dann infolge der
Akkretion eine Rotation zustande kam. Falls das Universum aber insgesamt rotiert, käme die
Rotation der Galaxien durch die Akkretion der ursprünglichen Wolken in einem übergeordneten rotierenden System zustande, so wie ich es für die kleineren Sternsysteme beschrieben
habe.
20 – die Bildung eines neuen rotierenden Planeten
Kommen wir noch einmal zu der Situation zurück, bei der sich im jungen Sonnensystem in
der Nähe der heutigen Jupiterbahn eine Wolke bildet, deren Masse groß genug ist, um ein
sekundäres Massezentrum zu bilden (Abb.14). Die Wolke verdichtet sich, wird gestreckt und
zeitweilig in eine Drehung, die „Trojanerdrehung“ versetzt (Abb. 18). Wenn die Gesamtmasse und Dichte der Wolke eine bestimmte Grenze nicht überschreitet, so bleibt der Verdichtungsprozess und die Streckung der Wolke ein temporäres Ereignis, die Wolke löst sich irgendwann wieder auf, wobei ein Teil weiter nach außen, ein Teil weiter nach innen verfrachtet wird. Diese Grenze hängt neben der Dichte noch von verschiedenen anderen Faktoren
ab: vom Abstand der Wolke zur Sonne und von der Gesamtmasse des Sonnensystems, da
diese Größen die Geschwindigkeiten aller Objekte des Sonnensystems mitbestimmen.
Wird diese Grenze überschritten, so kann sich nicht die gesamte Wolke auflösen. Zumindest ein Teil wird von deren Massezentrum eingefangen und verdichtet sich immer mehr
(Abb.21 Wirbel in einer Wolke). Dieser eingefangene Bereich wird dann zum Geburtsort ei-
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ner Akkretionsscheibe bzw. eines Ellipsoides, aus der dann ein neuer Planet entstehen
kann. Diese Entstehungsgeschichte kann man auch übertragen auf die nächst kleinere Größenordnung, einen Mond, bzw. auf die nächst größere Ordnung, ein Sonnensystem, und
meiner Meinung auch auf die übernächste Ordnung: eine Galaxie.
Abb. 21 Wirbel in einer Wolke
Das Material der Akkretionsscheibe verhält sich in seiner Bewegung wie die Weltraumstation
und das Raumtaxi aus Abb.1b-1d. Und um es noch einmal zu betonen: die Rotationsrichtung verhält sich nicht so, wie man erst einmal vermuten könnte, da ja die äußeren Regionen
der Wolke rückläufig sich bewegen relativ zu den inneren Regionen. Sondern die Rotationsrichtung entwickelt sich in die selbe Richtung wie die Rotation des übergeordneten Systems.
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