1 Fall Die verweigerte Arbeitsaufnahme Am 29.1.2009 schloss

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Fall
Die verweigerte Arbeitsaufnahme
Am 29.1.2009 schloss Arbeitgeber A mit N einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Der Text des
Vertrags entstammt einer CD-ROM mit Vertragsmustern, die A von seinem
Arbeitgeberverband erhalten hat und von der er die Verträge für seine Mitarbeiter ausdruckt
und lediglich mit deren persönlichen Daten vervollständigt. Nach diesem Arbeitsvertrag sollte
N am 1.3.2009 bei A eine Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter aufnehmen. § 2 des
Arbeitsvertrages sieht eine sechsmonatige Probezeit vor. Als monatliche Vergütung sind
2.000 € (brutto) vereinbart.
Am 26.2.2009 rief N bei einem Mitarbeiter des A an und erklärte, die Arbeit am 1.3.2009 nicht
aufnehmen zu wollen. Daraufhin telefonierte der Geschäftsführer des A am folgenden Tag mit
N und sagte, er halte die Vorgehensweise des N nicht für gut, könne aber gegen den Wunsch
des N nichts einwenden.
Da N die Arbeit bei A nicht aufnahm, verlangt A mit Schreiben vom 13.3.2009 von N die
Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von zwei durchschnittlichen Wochenverdiensten (1.000
€). Er beruft sich dabei auf § 7 des Arbeitsvertrags, in dem es heißt:
„Löst der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der jeweiligen
Kündigungsfristen auf oder nimmt er die Arbeit vertragswidrig zur vereinbarten Zeit
nicht auf, so hat der Arbeitnehmer eine Vertragsstrafe in Höhe von zwei
durchschnittlichen Wochenverdiensten zu zahlen.“
N hingegen meint, er müsse keine Vertragsstrafe zahlen, da die vertragliche Regelung
unwirksam sei. Besteht der Anspruch des A auf Zahlung von 1.000 €?
Abwandlung
Ändert sich die Lösung des Falls, wenn § 7 des Arbeitsvertrags wie folgt lautet?
„Löst der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der jeweiligen
Kündigungsfristen auf, nimmt er die Arbeit vertragswidrig zur vereinbarten Zeit nicht
auf oder wird der Arbeitgeber durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten des
Arbeitnehmers zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst, so hat
der Arbeitnehmer eine Vertragsstrafe in Höhe von zwei durchschnittlichen
Wochenverdiensten zu zahlen.“
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Inhalt:
o
o
o
o
o
§ 309 Nr. 6 BGB, Vertragsstrafe
Arbeitsrechtliche Besonderheiten gem. § 310 Abs. 4 S. 2 BGB
Angemessenheitskontrolle von Vertragsstrafen, § 307 Abs. 1 BGB
Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB
Rechtsfolge von Verstößen gegen §§ 307ff. BGB: Verbot geltungserhaltender
Reduktion, „blue-pencil-Test“
Gliederung
AUSGANGSFALL..................................................................................................................... 3
A. Wirksamer Arbeitsvertrag .............................................................................................. 3
I. Vertragsschluss: 29.1.2009 ...................................................................................... 3
II. Aufhebungsvertrag .................................................................................................. 3
III. Kündigung............................................................................................................... 3
IV. Zwischenergebnis .................................................................................................. 3
B. Wirksamkeit der Vertragsstrafenabrede nach §§ 305 – 310 BGB ................................ 3
I. Anwendungsbereich der AGB-Kontrolle................................................................... 3
1. Zeitlicher Anwendungsbereich.....................................Fehler! Textmarke nicht definiert.
2. Sachlicher Anwendungsbereich ..............................................................................................3
3. Persönlicher Anwendungsbereich...........................................................................................4
4. Zwischenergebnis......................................................................................................................4
II. Vorliegen einer AGB ................................................................................................ 4
1. Vorformulierte Vertragsbedingung...........................................................................................4
2. Vielzahl von Verträgen ..............................................................................................................4
3. Vom Arbeitgeber gestellt...........................................................................................................4
4. Nicht im Einzelnen ausgehandelt ............................................................................................5
5. Zwischenergebnis......................................................................................................................5
III. Einbeziehung in den Vertrag .................................................................................. 5
1. Willenseinigung ..........................................................................................................................5
2. Keine Kollision mit Individualvereinbarung..............................................................................5
3. Keine überraschende Klausel ..................................................................................................5
4. Zwischenergebnis......................................................................................................................6
IV. Auslegung der Vertragsstrafe ................................................................................ 6
V. Angemessenheitskontrolle ...................................................................................... 6
1. Schranken der Inhaltskontrolle
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2. Verstoß gegen § 309 Nr. 6 BGB..............................................................................................6
a) Teilweise: § 309 Nr. 6 BGB anwendbar ............................................................... 6
b) Teilweise: § 309 Nr. 6 BGB nicht anwendbar ...................................................... 7
c) Zwischenergebnis................................................................................................. 8
3. Materiell unangemessene Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB) ...................8
a) Benachteiligung .................................................................................................... 8
b) Unangemessenheit............................................................................................... 8
4. Formell unangemessene Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB)................................10
VI. Zwischenergebnis ................................................................................................ 10
C. Verwirken der Vertragsstrafe durch N ......................................................................... 10
D. Ergebnis....................................................................................................................... 10
ABWANDLUNG ...................................................................................................................... 10
A. Wirksamkeit der Vertragsstrafenabrede ...................................................................... 11
I. Unwirksamkeit nach § 309 Nr. 6 BGB .................................................................... 11
II. Angemessenheitskontrolle gem. § 307 BGB......................................................... 11
1. Materiell unangemessene Benachteiligung .........................................................................11
2. Formell unangemessene Benachteiligung...........................................................................12
3. Rechtsfolge...............................................................................................................................13
III. Zwischenergebnis................................................................................................. 13
B. Verwirken der Vertragsstrafe durch N ......................................................................... 13
C. Ergebnis....................................................................................................................... 14
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AUSGANGSFALL
Möglicherweise hat A gegen N einen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von
1.000 € wegen Nichtaufnahme der Arbeit aus § 7 des Arbeitsvertrags. Dieser Anspruch setzt
voraus, dass zwischen den Parteien ein wirksamer Arbeitsvertrag geschlossen wurde und die
darin enthaltene Vertragsstrafenabrede wirksam ist.
A. Wirksamer Arbeitsvertrag
Zu prüfen ist, ob A und N einen wirksamen Arbeitsvertrag geschlossen haben.
I. Vertragsschluss: 29.1.2009
Zwischen A und N erfolgte der Vertragsschluss durch Willenseinigung am 29.1.2009.
Bedenken an der Wirksamkeit des Vertrages bestehen nicht.
II. Aufhebungsvertrag
Möglicherweise hat A bzw. der entsprechende Mitarbeiter oder der Geschäftsführer des A als
dessen Vertreter am 26.2.2009 oder am 27.2.2009 am Telefon mit N einen
Aufhebungsvertrag geschlossen. Ein solcher Vertrag bedarf jedoch nach § 623 BGB zu seiner
Wirksamkeit der Schriftform und zwar auch dann, wenn die Initiative zur Aufhebung des
Arbeitsverhältnisses vom Arbeitnehmer ausgeht (Vgl. KR/Spilger, 10. Aufl. 2013, § 623 BGB,
Rn. 71.). Dies folgt zum einen aus der Warn-, Klarstellungs- und Beweisfunktion, zum
anderen aus dem Schutzzweck gegenüber dem Arbeitnehmer, das Arbeitsverhältnis nicht
unüberlegt zu beenden (Vgl. Preis/Gotthardt, NZA 2000, 348, 354). N hat lediglich am Telefon
über die Aufhebung des Vertrages mit A gesprochen. Die Schriftform wurde also nicht
eingehalten, daher ist zwischen A und N kein wirksamer Aufhebungsvertrag geschlossen
worden.
III. Kündigung
Möglicherweise ist in den Telefonaten eine Kündigung des N zu sehen. Eine ausdrückliche
Kündigungserklärung liegt nicht vor. Jedoch gab N durch seine Äußerung, die Arbeit nicht
aufnehmen zu wollen, zu erkennen, dass er das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen möchte.
Darin kann eine konkludente Kündigungserklärung gesehen werden.
Allerdings bedarf auch die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nach § 623 BGB der
Schriftform. Diese ist, wie bereits festgestellt, nicht eingehalten worden. Daher wurde der
Arbeitsvertrag auch nicht durch Kündigung des N beendet.
IV. Zwischenergebnis
Zwischen A und N besteht ein wirksamer Arbeitsvertrag.
B. Wirksamkeit der Vertragsstrafenabrede nach §§ 305 – 310 BGB
Damit der Anspruch des A auf Zahlung von 1.000 € besteht, muss des Weiteren die
Vertragsstrafenabrede wirksam sein. Zwar kann nach § 339 BGB grundsätzlich eine
Vertragsstrafe für den Fall vereinbart werden, dass der Schuldner einen Anspruch nicht oder
nicht in gehöriger Weise erfüllt. Der Wirksamkeit der Vertragsstrafenabrede stehen jedoch
möglicherweise die Vorschriften der §§ 305 – 310 BGB zur Kontrolle Allgemeiner
Geschäftsbedingungen (AGB) entgegen.
I. Anwendungsbereich der AGB-Kontrolle
Damit die arbeitsvertragliche Abrede anhand der §§ 305 – 310 BGB überprüft werden kann,
müssen diese Normen anwendbar sein.
1. Sachlicher Anwendungsbereich
Entgegen der vormaligen Bestimmung des § 23 AGBG a.F. finden die §§ 305 – 310 BGB
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gemäß § 310 Abs. 4 S. 1 BGB auf Arbeitsverträge Anwendung, so dass der sachliche
Anwendungsbereich der AGB-Kontrolle eröffnet ist.
2. Persönlicher Anwendungsbereich
Der zwischen dem Arbeitgeber A und dem Arbeitnehmer N geschlossene Arbeitsvertrag ist
gemäß § 310 Abs. 1 BGB auch nicht vom persönlichen Anwendungsbereich der AGBKontrolle ausgenommen.
3. Zwischenergebnis
Die Vertragsstrafenabrede nach § 7 des Arbeitsvertrages zwischen A und N fällt in den
Anwendungsbereich der AGB-Kontrolle §§ 305 – 310 BGB.
II. Vorliegen einer AGB
Weitere Voraussetzung der AGB-Kontrolle ist das Vorliegen einer Allgemeinen Geschäftsbedingung i.S.v. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Nach der Legaldefinition dieser Vorschrift sind
unter dem Begriff der Allgemeinen Geschäftsbedingung alle für eine Vielzahl von Verträgen
vorformulierten Vertragsbedingungen zu verstehen, die eine Vertragspartei der anderen
Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt.
1. Vorformulierte Vertragsbedingung
Zu klären ist, ob es sich bei der Vertragsstrafenabrede um eine vorformulierte Vertragsbedingung handelt. Der Text des Arbeitsvertrags stammte von einer CD-ROM des
Arbeitgeberverbands des A. Er ist also nicht erst im Rahmen der Vertragsverhandlungen
entstanden, sondern wurde vorformuliert. Dabei spielt es keine Rolle, dass nicht A selbst den
Vertrag entworfen hat. Vielmehr genügt es auch, wenn der Verwender der jeweiligen Klausel
– hier also der A – einen von Dritten vorformulierten Vertrag verwendet.
2. Vielzahl von Verträgen
Grundsätzlich müssen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für eine Vielzahl von
Verträgen vorformuliert sein. Modifiziert wird dieses Merkmal bei Verbraucherverträgen durch
§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Danach liegt eine Allgemeine Geschäftsbedingung auch dann vor,
wenn die betreffende Klausel nur zur einmaligen Verwendung bestimmt ist, soweit der
Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf den Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte.
Ob Arbeitnehmer als Verbraucher i.S.v. § 13 BGB anzusehen sind, wird zwar vom BAG
grundsätzlich bejaht (BAG 25.5.2005 AP BGB § 310 Nr. 1), im Schrifttum aber vereinzelt
bestritten. A hat die vorformulierten Bedingungen jedoch regelmäßig für Verträge mit seinen
Arbeitnehmern verwendet, weswegen diese Streitfrage letztlich offen bleiben kann. Die von A
genutzten Arbeitsverträge, einschließlich der Vertragsstrafenabrede, waren für die
Verwendung in einer Vielzahl von Fällen vorgesehen.
Anm.: Vertragsbedingungen sind für eine Vielzahl von Verträgen bereits dann vorformuliert,
wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist (BAG, NZA-RR 2009, 519, Rn. 17).
Anm.: Der Wortlaut des § 13 BGB spricht für die Einordnung des Arbeitnehmers als Verbraucher.
Der Arbeitnehmer stellt den „Prototyp des Unselbstständigen“ dar und verfolgt demnach mit dem
Abschluss des Arbeitsvertrages keineswegs gewerbliche oder selbstständige Zwecke. Der
Einwand, der Arbeitnehmer könne schon deshalb kein Verbraucher sein, weil er nichts
verbrauche, schlägt nicht durch, da es sich hierbei nicht um ein Tatbestandsmerkmal handelt,
sondern lediglich einen rechtstechnischen Oberbegriff. Hinzu kommt, dass der Zweck der
Verbraucherschutzvorschriften, welcher in der Übervorteilung der unterlegenen Vertragspartei
liegt, sich auf das Arbeitsverhältnis übertragen lässt (siehe vertiefend hierzu Preis,
Individualarbeitsrecht, 4. Aufl. 2012, § 8 IV).
3. Vom Arbeitgeber gestellt
Des Weiteren muss der Verwender – dh. der Arbeitgeber – die AGB „stellen“. Er muss also
die Einbeziehung in den Vertrag verlangen. Durch § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB wird auch dieses
Erfordernis bei Verbraucherverträgen modifiziert. Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten
nach dieser Vorschrift stets als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den
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Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden.
Es ist davon auszugehen, dass A als Verwender die Arbeitsbedingungen und damit auch die
Vertragsstrafenabrede gestellt hat. Der Streit, ob Arbeitnehmer als Verbraucher einzustufen
sind, kann folglich auch insoweit dahinstehen.
4. Nicht im Einzelnen ausgehandelt
Unter den Begriff der Allgemeinen Geschäftsbedingungen fallen darüber hinaus gemäß § 305
Abs. 1 S. 3 BGB nur Abreden, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurden. Echte
Individualabreden unterliegen somit nicht der Anwendung des Rechts der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen. Ein Aushandeln im Sinne dieser Vorschrift erfordert mehr als ein
Verhandeln; der Arbeitgeber muss den gesetzesfremden Kern der Klausel ernsthaft zur
Disposition des Arbeitnehmers gestellt und diesem die Möglichkeit eingeräumt haben, den
Inhalt der fraglichen Klauseln beeinflussen zu können (ErfK/Preis, 14. Aufl. 2014, §§ 305-310
BGB Rn. 24.). Dass A den Inhalt der Vertragsstrafenabrede ernsthaft zur Disposition des N
gestellt hat, ist nicht ersichtlich. Die Klausel wurde daher nicht im Einzelnen ausgehandelt.
5. Zwischenergebnis
Die Vertragsstrafenabrede ist als Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB
anzusehen.
III. Einbeziehung in den Vertrag
Eine Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenabrede kann nur dann erfolgen, wenn diese Klausel
wirksamer Vertragsbestandteil geworden ist.
1. Willenseinigung
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass sich A und N bei Abschluss des Arbeitsvertrages auch
über die Geltung der Vertragsstrafenabrede nach § 7 des Vertrages geeinigt haben.
Anm.: Anders als im allgemeinen Zivilrecht sind die Vorschriften des § 305 Abs. 2 und 3 BGB im
Arbeitsrecht gemäß § 310 Abs. 4 S. 2 Hs. 2 BGB nicht anzuwenden. Es genügt daher zur
Einbeziehung einer AGB nicht, wenn der Arbeitgeber auf die Klausel hinweist und der
Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hat.
2. Keine Kollision mit Individualvereinbarung
Darüber hinaus ist zu untersuchen, ob eine vorrangige Individualabrede vorliegt, die nach
§ 305b BGB Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben würde. Anhaltspunkte
dafür, dass eine von der Vertragsstrafenabrede abweichende Individualvereinbarung
geschlossen wurde, sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
Anm.: § 305 Abs. 1 S. 3 BGB setzt voraus, dass es sich bei der jeweils kontrollierten Klausel nicht
um eine Individualvereinbarung handelt. § 305b BGB verlangt, dass diese Klausel nicht mit einer
anderweitigen Individualabrede kollidiert.
3. Keine überraschende Klausel
Die Vertragsstrafenabrede ist nicht wirksamer Vertragsbestandteil geworden – mit der Folge,
dass ein Anspruch des A auf Zahlung von 1.000 € nicht besteht –, wenn sie i.S.d. § 305c
Abs. 1 BGB als überraschende Klausel einzustufen ist. Voraussetzung hierfür ist, dass die
Klausel nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des
Vertrags, so ungewöhnlich ist, dass der Vertragspartner des Verwenders, hier also der
Arbeitnehmer N, mit ihr nicht zu rechnen brauchte. Erforderlich ist also zum einen die
objektive Ungewöhnlichkeit, zum anderen das subjektive Überraschungsmoment.
Vertragsstrafenabreden werden in Arbeitsverträgen jedoch häufig verwendet und es ist nicht
ersichtlich, dass die Klausel an versteckter Stelle im Arbeitsvertrag enthalten war. Darüber
hinaus ist der Arbeitsvertrag für den Arbeitnehmer kein Massengeschäft, weshalb das
subjektive Überraschungsmoment regelmäßig ausscheidet. Die Vertragsstrafenabrede ist
daher nicht als überraschende Klausel i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB anzusehen.
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4. Zwischenergebnis
Die Vertragsstrafenabrede ist wirksamer Vertragsbestandteil geworden.
IV. Auslegung der Vertragsstrafe
Nach § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung zu Lasten ihres Verwenders. Vor der Angemessenheitskontrolle muss die
Klausel daher möglichst „arbeitnehmerfeindlich“ ausgelegt werden, um anschließend zu
überprüfen, ob sie mit diesem Inhalt der Angemessenheitskontrolle standhält.
Die Vertragsstrafenabrede ist jedoch inhaltlich klar und deutlich bestimmt, so dass letztlich
keine Auslegungsspielräume verbleiben.
Anm.: Bleiben Auslegungsspielräume ist die Klausel zunächst in ihrer arbeitnehmerfeindlichsten
Auslegung einer Inhaltskontrolle zu unterziehen. Erst wenn die Klausel danach einer
Inhaltskontrolle standhält, ist die arbeitnehmerfreundlichste Auslegung heranzuziehen (vgl. dazu
Preis/Roloff, RdA 2005, 144, 149).
V. Angemessenheitskontrolle
Zu klären ist, ob die Vertragsstrafenabrede nach § 7 des Arbeitsvertrages gemäß §§ 307 –
309 BGB unangemessen ist.
1. Schranken der Inhaltskontrolle
Als Schranke der Inhaltskontrolle ist § 307 Abs. 3 BGB zu beachten. Hiernach sind nur
Bestimmungen in AGB, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese
ergänzende Regelungen vereinbart werden, nach § 307 Abs. S.1, Abs. 2 sowie §§ 308, 309
BGB kontrollfähig. Hier enthält § 7 des Arbeitsvertrags eine Vertragsstrafenabrede, die den
Arbeitgeber vom konkreten Nachweis eines Schadens befreit. Ohne diese Abrede müsste der
Arbeitgeber jedoch im Rahmen des § 280 Abs. 1 BGB diesen Nachweis führen. § 7 des
Arbeitsvertrags weicht insofern von der Rechtsvorschrift des § 280 Abs. 1 BGB ab, ist mithin
nach § 307 Abs. S. 1, Abs. 2 sowie §§ 308, 309 BGB kontrollfähig.
2. Verstoß gegen § 309 Nr. 6 BGB
Möglicherweise verstößt die Klausel gegen § 309 Nr. 6 BGB. Nach dieser Vorschrift sind
Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, durch die dem Verwender
für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs
oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer
Vertragsstrafe versprochen wird. Zweifelhaft ist aber, ob diese Norm auf Arbeitsverträge
anzuwenden ist.
a) Teilweise: § 309 Nr. 6 BGB anwendbar
Teilweise wird die Anwendbarkeit von § 309 Nr. 6 BGB auch im Arbeitsrecht bejaht (LAG
Düsseldorf 8.1.2003 – 12 Sa 1301/02 – ; ArbG Bochum 8.7.2002 – 3 Ca 1287/02 – ; Däubler,
NZA 2001, 1329, 1336).
Der Ausschluss dieser Vorschrift für das Arbeitsrecht lasse sich nach der neuen Rechtslage
nicht mehr rechtfertigen, da die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG nicht mehr im
neuen Recht enthalten ist. Es fehle an hinreichend gewichtigen arbeitsrechtlichen
Besonderheiten, die die Anwendung des Klauselverbots des § 309 Nr. 6 BGB auf
vorformulierte Arbeitsverträge ausschließen könnten.
Nicht nur im Arbeitsrecht bestünden Nachweisprobleme für den Arbeitgeber hinsichtlich eines
konkreten Schadens, der z.B. durch die Nichtaufnahme der Tätigkeit entstanden ist. Zudem
fehle es häufig schon an einem Schaden. Es stelle eine Standardsituation dar, dass der
Arbeitgeber die Arbeitsversäumnis durch die Verteilung der Arbeit auf andere Arbeitnehmer
auffängt (LAG Düsseldorf 8.1.2003 – 12 Sa 1301/02 –). Darüber hinaus bedeute ein neu
eingestellter Arbeitnehmer in den ersten Wochen seiner Tätigkeit für den Arbeitgeber keinen
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Gewinn, sondern eine zusätzliche Belastung, weil er erst eingearbeitet werden müsse (LAG
Düsseldorf 8.1.2003 – 12 Sa 1301/02 –). Auch unter diesem Gesichtspunkt fehle es jedenfalls
bei Nichtaufnahme der Arbeit in der Regel an einem Schaden des Arbeitgebers. Es könne
also nicht damit argumentiert werden, die Anwendbarkeit von § 309 Nr. 6 BGB sei wegen des
schwierigen Schadensnachweises im Arbeitsrecht ausgeschlossen.
Des Weiteren solle das Schutzniveau im Arbeitsrecht nicht hinter demjenigen des
allgemeinen Zivilrechts zurückbleiben, was ebenfalls für eine Anwendung dieser Vorschrift
spreche.
§ 309 Nr. 6 BGB findet somit dieser Ansicht nach auch im Arbeitsrecht uneingeschränkt
Anwendung. Der Arbeitgeber sei für den Fall eines unberechtigten Nicht-Erscheinens des
Arbeitnehmers auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach § 280 Abs. 1
BGB beschränkt.
Anm.: Folgt man dieser Ansicht, ist die Vertragsstrafe unwirksam. Ein Anspruch des A auf
Zahlung von 1.000 € gegen N besteht danach nicht.
b) Teilweise: § 309 Nr. 6 BGB nicht anwendbar
Teilweise, auch vom BAG, wird die Anwendbarkeit von § 309 Nr. 6 BGB wegen entgegenstehender arbeitsrechtlicher Besonderheiten i.S. von § 310 Abs. 4 S. 2 BGB verneint
(BAG 4.3.2004 AP BGB § 309 Nr. 3; BAG 21.4.2005, NZA 2005, 1053, 1054; BAG
18.12.2008, NZA-RR 2009, 519, 522; BAG, 19.8.2010, NJOZ 2011, 565; Gotthardt,
Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform Rn. 277; Lingemann, NZA 2002, 181, 191;
Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, 4. Aufl. 2011, II V 30 Rn. 29 = S. 1479). Dieser Ansicht
stehen die besseren Argumente zur Seite.
§ 309 Nr. 6 BGB ist, wie die anderen dort genannten Fälle, z.B. „Nichtabnahme der Leistung“
zeigen, primär am Erscheinungsbild des zahlungspflichtigen Kunden orientiert. Der
Gesetzgeber wollte nicht jegliche Art von vorformulierten Vertragsstrafen verbieten, sondern
vorrangig einen Missbrauch von Reuegeldern und ähnlichen Sanktionierungen im
Geschäftsverkehr verhindern.
Die Vorschrift des § 309 Nr. 6 BGB ist darüber hinaus auf Situationen zugeschnitten, in denen
dem Verwender der Nachweis eines Schadens regelmäßig nicht schwer fällt und ein
Schadensersatzanspruch deshalb als Sanktion für die Vertragsverletzung zur Verfügung
steht. Im Arbeitsrecht ist die Situation jedoch eine andere: Bei einem Vertragsbruch des
Arbeitnehmers ist der Nachweis eines konkreten Schadens in aller Regel schwierig, der
Arbeitgeber hat zumeist erhebliche Beweisschwierigkeiten. Insbesondere bei einer komplexen
Organisationsstruktur des Betriebs ist der Anteil eines einzelnen Arbeitnehmers an Gewinn
und Verlust schwer feststellbar und damit auch der Nachweis eines Schadens bei
Verweigerung der Arbeitsleistung in der Praxis kaum zu erbringen. Daran ändert auch die
Tatsache nichts, dass im Einzelfall ein Schaden nicht entstanden ist. Daher steht dem
Arbeitgeber faktisch das Instrument des Schadensersatzanspruchs als Sanktion für
Vertragsverletzungen durch den Arbeitnehmer nicht zu.
Zudem kann der Arbeitgeber zwar den Primäranspruch auf Erbringung der Arbeitsleistung
einklagen und titulieren lassen. Doch auch die Durchsetzung dieses Anspruchs bereitet dem
Arbeitgeber Schwierigkeiten. Im Gegensatz zu anderen Gläubigern kann er den Anspruch auf
Leistung der Arbeit nach § 888 Abs. 3 ZPO nicht vollstrecken (so auch BAG 4.3.2004 NZA
2004, 727, 731 f.). Die Vertragsstrafenabrede ist daher in vielen Fällen die einzig wirksame
Sanktionsmöglichkeit des Arbeitgebers, weswegen er ein Bedürfnis an einer entsprechenden
Vereinbarung hat (BAG 4.3.2004 NZA 2004, 727, 733).
Diese Besonderheiten des Arbeitsrechts sprechen dafür, die Vorschrift des § 309 Nr. 6 BGB
in diesem Rechtsgebiet nicht anzuwenden und Vertragsstrafen grundsätzlich zuzulassen.
Anm.: Problematisch ist im Rahmen von § 310 Abs. 4 S. 2 BGB im Übrigen bereits, welche Art
von Besonderheiten berücksichtigt werden dürfen. Nach einer Auffassung (Thüsing, NZA 2002,
591, 592 m. w. N.) sind arbeitsrechtliche Besonderheiten i. S. dieser Norm lediglich rechtliche
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Besonderheiten des Arbeitslebens, während tatsächliche Besonderheiten keinen Einfluss auf
die AGB-rechtliche Prüfung haben dürften. Eine solche tatsächliche Besonderheit bilden etwa
die bestehenden Beweisschwierigkeiten für den Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers.
Nach Ansicht des BAG (BAG 25.5.2005, NZA 2005, 1111, 1115) sind hingegen nicht nur
rechtliche, sondern auch tatsächliche Besonderheiten des Arbeitslebens zu berücksichtigen, da
die Privilegierung des § 310 Abs. 4 S. 2 BGB die Beachtung aller arbeitsrechtlichen
Besonderheiten erfordere. Eine vermittelnde Lösung (Dauner-Lieb/Henssler/Preis/Preis,
Inhaltskontrolle im Arbeitsrecht, S. 64, 68) zieht auch tatsächliche Besonderheiten heran,
verlangt jedoch, dass diese sich auch normativ widerspiegeln. Dieser Streit war im Fall des N
nicht entscheidungsrelevant, da neben den bestehenden Beweisschwierigkeiten ohnehin eine
rechtliche Besonderheit des Arbeitsrechts in der Regelung des § 888 Abs. 3 ZPO zu sehen ist
(Den Streit dementsprechend ebenfalls offen lassend: BAG 4.3.2004 NZA 2004, 727,
731 ff.).
c) Zwischenergebnis
§ 309 Nr. 6 BGB ist nach zutreffender Ansicht wegen der im Arbeitsrecht geltenden
Besonderheiten nicht anwendbar. Die Vertragsstrafenabrede ist somit nach dieser Vorschrift
nicht unwirksam.
3. Materiell unangemessene Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB)
Dass § 309 Nr. 6 BGB im Arbeitsrecht nicht anwendbar ist, bedeutet nicht, dass die
Vertragsstrafenabrede gar keiner Kontrolle am Maßstab des AGB-Rechts unterliegt. Vielmehr
sind solche Abreden einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB zu unterziehen. Nach
dieser Vorschrift sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam,
wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben
unangemessen benachteiligen.
Als Beispiele für eine solche unangemessene Benachteiligung nennt § 307 Abs. 2 BGB die
Unvereinbarkeit der Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Vorschrift, von
denen abgewichen wird (Nr. 1), sowie die den Vertragszweck gefährdende Einschränkung
wesentlicher Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben (Nr. 2).
Voraussetzung ist allerdings stets eine Benachteiligung und deren Unangemessenheit.
a) Benachteiligung
Als Benachteiligung ist jede für den Arbeitnehmer nicht vorteilhafte Abweichung von
gesetzlichen Regelungen zu verstehen.
Wäre die Vertragsstrafenabrede nicht vereinbart, müsste der Arbeitgeber bei einer
Vertragsverletzung durch den Arbeitnehmer im Rahmen des § 280 Abs. 1 BGB u. a. einen
konkreten Schaden nachweisen. Auf Grund der Vertragsstrafenabrede entfällt dieser
Schadensnachweis jedoch. Der Arbeitnehmer ist zur Zahlung der Strafe schon dann
verpflichtet, wenn er die in der Klausel genannte Vertragsverletzung begangen hat. Somit liegt
in der Abrede über eine Vertragsstrafe eine für den Arbeitnehmer ungünstige Abweichung der
gesetzlichen Grundsätze und damit eine Benachteiligung vor.
b) Unangemessenheit
Eine Benachteiligung ist jedoch nicht in jedem Fall unwirksam. Vielmehr steht § 307 Abs. 1
BGB einer Benachteiligung nur dann entgegen, wenn diese unangemessen ist. Wann dies
der Fall ist, ist im Rahmen einer Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer
zu untersuchen. Die Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des
Arbeitnehmers muss insofern durch begründete und billigenswerte Interessen des
Arbeitgebers gerechtfertigt sein oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen werden (st.
Rspr. vgl. nur BAG 4.3.2004 NZA 2004, 727, 732). Die Angemessenheit einer
Vertragsstrafenklausel wird man mithin nur dann bejahen können, wenn ein berechtigtes
Interesse des Arbeitgebers an der Sanktionierung bestimmter Verhaltensweisen des
Arbeitnehmers besteht (ErfK/Preis, 14. Aufl. 2014, §§ 305 – 310 Rn. 97). Insbesondere darf
eine Vertragsstrafe nicht in erster Linie zur bloßen Schöpfung neuer, vom Sachinteresse des
Verwenders losgelöster Geldforderungen eingesetzt werden (Preis/Stoffels, Der
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Arbeitsvertrag, 4. Aufl. 2011, II, V 30 Rn. 30 = S. 1481).
Nach der zwischen A und N vereinbarten Abrede wird die Vertragsstrafe dann verwirkt, wenn
der Arbeitnehmer seine Tätigkeit vertragswidrig zur vereinbarten Zeit nicht aufnimmt oder
dieser das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der jeweiligen Kündigungsfrist auflöst. Damit ist
genau der Fall erfasst, in dem der Arbeitgeber den Primäranspruch auf Arbeitsleistung nicht
vollstrecken kann und bei einer Vertragsverletzung durch den Arbeitnehmer einen konkreten
Schaden nur schwer beweisen kann, so dass ihm daher kein wirksames Sanktionsinstrument
zur Seite steht. Der Arbeitgeber hat daher ein berechtigtes Interesse daran, dieses Verhalten
des Arbeitnehmers durch vertragliche Instrumente zu sanktionieren. Dem Arbeitnehmer steht
hingegen weder das Recht noch ein schützenswertes Interesse zu, den Arbeitsvertrag zu
brechen (BAG 18.12.2008, NZA-RR 2009, 519, 524). Er hat vielmehr seine
Hauptleistungspflichten zu erbringen. Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ist mithin nicht
grundsätzlich als unangemessene Benachteiligung von Arbeitnehmern i. S. d. § 307 Abs. 2
BGB anzusehen.
Eine ungemessene Benachteiligung kann jedoch auch aus der Höhe der Vertragsstrafe
folgen, die ebenfalls angemessen sein muss, also nicht unverhältnismäßig sein darf. Die
Unangemessenheit kann insbesondere in einem Missverhältnis zwischen der
Pflichtverletzung und der Höhe der Vertragsstrafe bestehen (BAG 4.3.2004 NZA 2004, 727,
733). Nach früherer Ansicht der Rechtsprechung war davon auszugehen, dass die generelle
Höchstgrenze für eine Vertragsstrafe im Arbeitsrecht bei einem Bruttomonatsverdienst liegt
(BAG 4.3.2004 NZA 2004, 727, 733 f.; LAG Berlin 19.5.1980 AP BGB § 339 Nr. 8; LAG
Baden-Württemberg 30.7.1985 LAGE BGB § 339 Nr. 1), bei kurzer Kündigungsfrist noch
darunter. Mittlerweile hat der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts klargestellt, dass es keine
generelle Höchstgrenze für eine arbeitsvertraglich vereinbarte Vertragsstrafe gibt (BAG
25.09.2008 NZA 2009, 370, 375). Insofern wird für die Feststellung der angemessenen Höhe
einer Vertragsstrafe der maßgeblichen Kündigungsfrist erhebliche Bedeutung zugemessen.
So hat das BAG unter Verweis auf die zu § 343 BGB ergangene Rechtsprechung
entschieden, dass eine Vertragsstrafe in Höhe eines vollen Bruttomonatsgehalts bei einer
bloß zweiwöchigen Kündigungsfrist regelmäßig zu hoch sei. In der Kündigungsfrist komme
zum Ausdruck, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber Arbeitsleistungen vom
Arbeitnehmer verlangen könne und welches Interesse er an der Arbeitsleistung habe. Da es
aber bei der Vereinbarung einer Vertragsstrafe zumindest auch um einen vermögenswerten
Ausgleich nicht erbrachter Vertragsleistungen des Arbeitnehmers gehe, sei zum einen die
Kündigungsfrist, die durch den Vertragsbruch des Arbeitnehmers nicht beachtet wurde, ein
relevanter Abwägungsgesichtspunkt zur Feststellung der angemessenen Vertragsstrafenhöhe
(BAG 4.3.2004 NZA 2004, 727, 734; BAG 18.12.2008, NZA-RR 2009, 519, 524). Zum
anderen böte die Orientierung an der Höhe der vereinbarten Vergütung einen geeigneten
Maßstab, um den Wert der Arbeitsleistung festzustellen. In dieser komme zum Ausdruck,
welche Mittel der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Marktverhältnisse einsetzen muss,
um den Gegenwert der Arbeitsleistung zu erhalten (BAG 18.12.2008, NZA-RR 2009, 519,
524). Die Länge der jeweiligen Kündigungsfrist und die für diesen Zeitraum zu zahlende
Vergütung spiegeln damit nach der Rechtsprechung des BAG regelmäßig das wirtschaftliche
Interesse des Arbeitgebers an der Arbeitskraft des Arbeitnehmers wider. Dementsprechend
ist eine Vertragsstrafe in Höhe der Arbeitnehmerbezüge bis zum Ablauf der ordentlichen
Kündigungsfrist für den Fall des Nichtantritts der Arbeit grundsätzlich angemessen (BAG
4.3.2004 NZA 2004, 727, 734; BAG 18.12.2008, NZA-RR 2009, 519, 524).
Anm.: Das BAG lässt jedoch Raum zur Abweichung von dieser an der Kündigungsfrist
orientierten Leitlinie. Eine Vertragsstrafe, die höher ist als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit
zwischen einer vorzeitigen tatsächlichen Beendigung und dem rechtlich zulässigen
Beendigungszeitpunkt zu zahlen wäre, ließe sich ausnahmsweise rechtfertigen, wenn das
Sanktionsinteresse des Arbeitgebers im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung den Wert
der Arbeitsleistung auf Grund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteige
(BAG 4.3.2004 NZA 2004, 727, 734).
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Im Fall des N beträgt die Vertragsstrafe zwei durchschnittliche Wochenverdienste. Nach § 2
des Arbeitsvertrages wurde eine sechsmonatige Probezeit vereinbart, so dass die
Kündigungsfrist für das Arbeitsverhältnis gem. § 622 Abs. 3 BGB zwei Wochen beträgt. Die
Vertragsstrafe entspricht auch in ihrer Höhe den Arbeitnehmerbezügen bis zum Ablauf der
ordentlichen Kündigungsfrist und ist folglich auch insofern angemessen. Eine
unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 2 BGB scheidet daher aus.
Anm.: Eine Klausel, die trotz der Befugnis der Vertragsparteien zur Kündigung des
Arbeitsverhältnisses innerhalb einer Probezeit von sechs Monaten mit einer Frist von zwei
Wochen eine Strafe i.H.v. einem Bruttomonatslohn für den Fall vorsah, dass der Arbeitnehmer
„das Anstellungsverhältnis rechtswidrig nicht aufnimmt oder vertragswidrig vorzeitig beendet“,
hat das BAG für unwirksam erachtet. Während der Probezeit sei der Arbeitgeber „übersichert“
(BAG 23.9.2010 NZA 2011, 89). Etwas anderes gilt, wenn für Kündigungen in der Probezeit
eine Kündigungsfrist von einem Monat gilt (BAG 19.8.2010 − 8 AZR 645/09, NJOZ 2011, 565).
4. Formell unangemessene Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB)
Eine unangemessene Benachteiligung durch die Vertragsstrafenklausel kann allerdings auch
dann vorliegen, wenn das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht eingehalten ist,
die Klausel also nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot ist somit Bestandteil
der Angemessenheitskontrolle. Besonderheiten des Arbeitsrechts stehen seiner Anwendung
nicht entgegen. Aus dem Transparenzgebot folgt, dass der Verwender vorformulierter
Vertragsbestimmungen diese so auszugestalten hat, dass sie die Rechte und Pflichten des
Vertragspartners in Inhalt und Umfang möglichst klar und durchschaubar darstellen, so dass
für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und der Vertragspartner
möglichst ohne fremde Hilfe seine Rechte feststellen kann (BAG 31.8.2005 NZA 2006, 324,
328).
In einer Vertragsstrafenabrede muss dementsprechend sowohl die vereinbarte Strafe als
auch der Tatbestand, der sie auslösen soll, klar und deutlich bezeichnet sein, damit der
andere Teil sich in seinem Verhalten darauf einstellen kann. Die zwischen A und N
vereinbarte Vertragsstrafe lässt deutlich erkennen, unter welchen Voraussetzungen die Strafe
verwirkt wird („Auflösen des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der Kündigungsfrist“,
„vertragswidrige Nichtaufnahme der Arbeit zur vereinbarten Zeit“). Auch die Höhe der Strafe
ist eindeutig vorgegeben, so dass § 7 des Arbeitsvertrages den Anforderungen des § 307
Abs. 1 S. 2 BGB genügt.
VI. Zwischenergebnis
Die Vertragsstrafenabrede verstößt nicht gegen § 307 Abs. 1 und 2 BGB und stellt mithin eine
wirksam vereinbarte Vertragsbedingung dar.
C. Verwirken der Vertragsstrafe durch N
Ist die Vertragsstrafe wirksam, muss sie schließlich auch im Einzelfall verwirkt worden sein,
damit A die Zahlung verlangen kann; mit anderen Worten muss der mit der Strafe belegte
Tatbestand im Einzelfall tatsächlich erfüllt worden sein. Nach der vertraglichen Vereinbarung
ist dies der Fall, wenn der Arbeitnehmer vertragswidrig seine Tätigkeit nicht zur vereinbarten
Zeit aufnimmt. N hat, ohne dass eine wirksame Kündigung oder ein wirksamer
Aufhebungsvertrag vorliegt, seine Arbeit nicht aufgenommen. Damit hat er die Vertragsstrafe
verwirkt.
D. Ergebnis
A kann von N Zahlung der Vertragsstrafe in Höhe von 1.000 € verlangen.
ABWANDLUNG
Der Anspruch des A gegen N auf Zahlung der Vertragsstrafe in Höhe von 1.000 € wegen
Nichtaufnahme der Arbeit kann sich erneut lediglich aus § 7 des Arbeitsvertrags ergeben.
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Zwischen den Parteien besteht ein wirksamer Arbeitsvertrag (vgl. Ausgangsfall), so dass
lediglich zu untersuchen ist, ob die Vertragsstrafenabrede wirksam ist. Das hängt davon ab,
ob die gegenüber dem Ausgangsfall hinzugefügte Passage „wird der Arbeitgeber durch
schuldhaft vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers zur fristlosen Kündigung des
Arbeitsverhältnisses veranlasst“ erstens wirksam ist und ob im Falle ihrer Unwirksamkeit
zweitens die gesamte Klausel unwirksam ist.
A. Wirksamkeit der Vertragsstrafenabrede
Vom Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB, die
darüber hinaus in den Arbeitsvertrag einbezogen wurden, ist entsprechend der Ausführungen
des Ausgangsfalls auszugehen. Fraglich ist jedoch, ob § 7 des Arbeitsvertrags der
Inhaltskontrolle anhand von § 309 Nr. 6 BGB und § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB Stand hält.
I. Unwirksamkeit nach § 309 Nr. 6 BGB
Die Vertragsstrafenklausel kann nach § 309 Nr. 6 BGB unwirksam sein. Es ist allerdings
fraglich, ob die Regelung nach § 7 des Arbeitsvertrags überhaupt unter das
Vertragsstrafenverbot des § 309 Nr. 6 BGB gefasst werden kann. Nach dieser Vorschrift
besteht ein Klauselverbot in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur, wenn „dem Verwender
für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs
oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer
Vertragsstrafe versprochen wird“. Die zu kontrollierende Klausel enthält jedoch eine
Vertragsstrafe auch für den Fall, dass der Arbeitgeber durch „schuldhaft vertragswidriges
Verhalten des Arbeitnehmers zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst“
wurde.
Aus dem Wortlaut des § 309 Nr. 6 BGB zieht das BAG (BAG 21.4.2005, NZA 2005, 1053,
1054 f.) den Schluss, dass diese Vorschrift auf Vertragsstrafenregelungen wegen sonstiger
Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers schon nicht anwendbar sei und diese letztlich nur an
§ 307 BGB zu messen seien. In der Literatur wird hingegen vereinzelt die Auffassung
vertreten, dass über den Wortlaut der Norm („für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich
vom Vertrag löst“) hinaus im Arbeitsrecht sämtliche Vertragsstrafenabreden bereits nach
§ 309 Nr. 6 BGB unwirksam seien. Das gesetzliche Unbilligkeitsurteil erfasse nicht nur den
Fall des Vertragsbruchs. Nach hier vertretener Auffassung scheitert die Anwendbarkeit des
§ 309 Nr. 6 BGB jedoch jedenfalls an den im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten i. S. d.
§ 310 Abs. 4 S. 2 BGB (strittig, vgl. Ausgangsfall). Deswegen kann dieser Streit dahinstehen.
II. Angemessenheitskontrolle gem. § 307 BGB
Die Unwirksamkeit der Vertragsstrafenregelung kann sich mithin lediglich aus § 307 Abs. 1,
Abs. 2 BGB ergeben. Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen
den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
1. Materiell unangemessene Benachteiligung
Die Vertragsstrafenabrede nach § 7 des Arbeitsvertrags kann den Verwender gem. § 307
Abs. 1 S. 1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen
benachteiligen. Die Verwirkungstatbestände „Auflösen des Arbeitsverhältnisses ohne
Einhaltung der Kündigungsfrist“, „vertragswidrige Nichtaufnahme der Arbeit zur vereinbarten
Zeit“ und die Höhe der Strafe enthalten keine solche unangemessene Benachteiligung (vgl.
Ausgangsfall).
Zweifel an der Angemessenheit der Benachteiligung ergeben sich jedoch hinsichtlich
Verwirkungsgrunds „wird der Arbeitgeber durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten
Arbeitnehmers zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst“.
Angemessenheit erfordert, dass die Abwägung der Interessen von Arbeitgeber
Arbeitnehmer ergibt, dass die Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses
11
des
des
Die
und
des
Arbeitnehmers durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers
gerechtfertigt
oder
durch
gleichwertige
Vorteile
ausgeglichen
wird.
Eine
Vertragsstrafenklausel ist mithin nur dann angemessen, wenn überhaupt ein berechtigtes
Interesse des Arbeitgebers an der Sanktionierung der im Verwirkungsgrund genannten
Verhaltensweise des Arbeitnehmers besteht (BAG 21.4.2005, NZA 2005, 1053, 1055). Der
fragliche Verwirkungsgrund unterscheidet sich jedoch von den im Ausgangsfall geprüften
Verwirkungsgründen des vorsätzlichen Vertragsbruchs durch den Arbeitnehmer, bei denen
der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Einhaltung der arbeitsvertraglichen
Hauptpflicht hat, während der Arbeitnehmer kein schützenswertes Interesse daran hat, den
Arbeitsvertrag zu brechen. Bei einem schuldhaften vertragswidrigen Verhalten, das den
Arbeitgeber zu einer fristlosen Kündigung veranlasst, wird der Interessenausgleich in erster
Linie durch die Möglichkeit der fristlosen Kündigung des Arbeitgebers gem. § 626 BGB
gewährleistet (BAG 21.4.2005, NZA 2005, 1053, 1055). Eine zu dieser erheblichen
Rechtsfolge hinzutretende Bestrafung des Arbeitnehmers durch eine Vertragsstrafe kann nur
dann gerechtfertigt sein, wenn es um die Verletzung weiterer schutzwürdiger Interessen des
Arbeitgebers geht, etwa bei bestimmten Eigentums- oder Vermögensverletzungen durch den
Arbeitnehmer (BAG 21.4.2005, NZA 2005, 1053, 1055). Für eine Vertragsstrafe, die global
schon durch jegliches schuldhaftes vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers, das den
Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung veranlasst, verwirkt wird, fehlt es mithin an einem
berechtigten Interesse des Arbeitgebers. Letztlich zielt eine solche Klausel auf die
Absicherung aller vertraglichen Pflichten ab und enthält damit eine „Übersicherung“ des
Arbeitgebers. Der Verwirkungsgrund „wird der Arbeitgeber durch schuldhaft vertragswidriges
Verhalten des Arbeitnehmers zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst“
verstößt mithin gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB (so auch BAG 21.4.2005, NZA 2005, 1053,
1055).
2. Formell unangemessene Benachteiligung
Eine unangemessene Benachteiligung durch die Vertragsstrafenklausel kann sich zudem
schon daraus ergeben, dass das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht
eingehalten wurde, wenn also die Klausel nicht klar und verständlich ist. Der Verwender
vorformulierter Vertragsbestimmungen hat diese so auszugestalten, dass sie die Rechte und
Pflichten des Vertragspartners in Inhalt und Umfang möglichst klar und durchschaubar
darstellen, so dass für diesen keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und
der Vertragspartner möglichst ohne fremde Hilfe seine Rechte feststellen kann (BAG
31.8.2005 NZA 2006, 324, 328). Vertragsstrafenabreden müssen dementsprechend sowohl
die vereinbarte Strafe als auch den Tatbestand, der sie auslösen soll, klar und deutlich
bezeichnen, damit der andere Teil sich in seinem Verhalten darauf einstellen kann. Bezüglich
der Verwirkungstatbestände „Auflösen des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der
Kündigungsfrist“ und „vertragswidrige Nichtaufnahme der Arbeit zur vereinbarten Zeit“ sowie
der Höhe der Strafe ist eine solche eindeutige Bezeichnung gegeben, die den Anforderungen
des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB genügt (vgl. Ausgangsfall).
Die Transparenz des Verwirkungsgrunds „wird der Arbeitgeber durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses
veranlasst“ ist hingegen problematisch. Durch ein solches Strafversprechen werden letztlich
global alle arbeitsvertraglichen Pflichten abgesichert. Die Pflichtverletzungen, welche die
Vertragsstrafe auslösen können, sind durch die gewählte Formulierung damit gerade nicht so
bestimmt dargelegt, dass sich der versprechende Arbeitnehmer in seinem Verhalten auf diese
einstellen könnte (BAG 21.4.2005 NZA 2005, 1053, 1055). Anhand der Vertragsstrafenabrede
muss der Arbeitnehmer jedoch klar und eindeutig erkennen können, welche konkreten
Pflichten des Arbeitsverhältnisses durch das Strafversprechen zusätzlich gesichert werden
sollen, um zu wissen „was auf ihn zukommen kann“. Hinsichtlich des Verwirkungsgrunds „wird
der Arbeitgeber durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers zur fristlosen
Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst“ liegt mithin ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1
S. 2 BGB vor (BAG 21.4.2005, NZA 2005, 1053; 1055).
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Anm.: Eine andere Ansicht ist hinsichtlich des Transparenzgebots des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB
sowie der unangemessenen Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB mit
entsprechender Argumentation vertretbar (vgl. Wolf/Lindacher/Pfeifer/Stoffels, AGB-Recht, 6.
Aufl. 2013, Anhang zu § 310 Rn. 207; kritisch auch Bayreuther, NZA 2005, 1337 [1338]).
3. Rechtsfolge
Fraglich ist, welche Rechtsfolge der Verstoß des Verwirkungsgrunds „wird der Arbeitgeber
durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers zur fristlosen Kündigung des
Arbeitsverhältnisses veranlasst“ gegen § 307 Abs. 1 S. 1 sowie S. 2 BGB nach sich zieht.
§ 306 Abs. 1 BGB normiert in Abweichung von § 139 BGB, dass der Vertrag im Übrigen
grundsätzlich aufrechterhalten bleibt, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder
teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden sind bzw. – wie § 7 des Arbeitsvertrags –
unwirksam sind. Nach § 306 Abs. 2 BGB richtet sich der Inhalt des Vertrags in diesen Fällen
nach den gesetzlichen Vorschriften. Eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel ist mithin
nicht erlaubt. Verstößt der Inhalt einer Allgemeinen Geschäftsbedingung teilweise gegen die
§§ 307 ff. BGB, so ist die Klausel grundsätzlich im Ganzen unwirksam (Palandt/Grüneberg,
73. Aufl. 2014, § 307 BGB Rn. 8). Dieses Verbot der geltungserhaltenden Reduktion ist auch
im Arbeitsrecht zu beachten (BAG 12. 1. 2005 AP BGB § 309 Nr. 1; BAG 25. 5. 2005 AP BGB
§ 310 Nr. 1). Danach wäre § 7 des Arbeitsvertrags insgesamt unwirksam, obwohl eine
unangemessene Benachteiligung lediglich hinsichtlich des für N nicht erfüllten
Verwirkungsgrunds „wird der Arbeitgeber durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten des
Arbeitnehmers zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst“ festgestellt
werden konnte.
Etwas anderes kann sich jedoch aus dem von der Rechtsprechung vorgenommenen „BluePencil-Test“ ergeben, der eine Ausnahme von der grundsätzlichen Gesamtnichtigkeit einer
Klausel begründet (vgl. ausführlich Preis, Individualarbeitsrecht, § 25 IV. 6. B). Ist eine Klausel
sprachlich und inhaltlich teilbar und nur ein Teil unangemessen benachteiligend, soll die
Klausel im Übrigen wirksam bleiben, wenn sich der unwirksame Teil aus dem Text der
Klausel streichen lässt, ohne dass der Wortlaut seinen Sinn verliert. Den unzulässigen Teil
„wird der Arbeitgeber durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers zur
fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst“ nach dieser Maßgabe aus § 7 des
Arbeitsvertrags zu streichen, würde am Sinn der Vertragsstrafenabrede nichts verändern. Es
würde nur die Aufzählung um einen Punkt ärmer machen, die restliche Regelung
(Vertragsstrafe für den Fall, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der
Kündigungsfrist auflöst bzw. vertragswidrig nicht zur vereinbarten Zeit aufnimmt), bliebe
jedoch verständlich. Der unwirksame Teil kann darum herausgestrichen werden und die
Vertragsstrafenabrede bleibt insoweit wirksam (BAG 21.4.2005, NZA 2005, 1053, 1056.).
Anm.: In seltenen Fällen wird trotz des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion eine
ergänzende Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB als Anwendung dispositiven Rechts
nach § 306 Abs. 2 BGB vorgenommen. Eine ergänzende Vertragsauslegung erfordert
allerdings, dass der Regelungsplan der Vertragspartner infolge der Lücke einer
Vervollständigung bedarf. Vgl. hierzu ausführlich Preis, Individualarbeitsrecht, 4. Aufl. 2012,
§ 25 IV. 6. a. = S. 339.
III. Zwischenergebnis
Die Vertragsstrafenregelung in § 7 des Arbeitsvertrags ist nichtig, soweit die Vertragsstrafe für
den Fall verwirkt ist, dass der Arbeitnehmer durch schuldhaftes vertragswidriges Verhalten
den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst. Von der
Unwirksamkeit wird die Vertragsstrafenregelung in § 7 des Arbeitsvertrags jedoch nicht
erfasst, wenn sie an den Nichtantritt des Arbeitsverhältnisses oder die Lösung des
Arbeitsverhältnisses unter Vertragsbruch anknüpft.
B. Verwirken der Vertragsstrafe durch N
N hat, ohne dass eine wirksame Kündigung oder ein wirksamer Aufhebungsvertrag vorliegt,
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seine Arbeit nicht aufgenommen. Damit wird die Vertragsstrafe auf einen der wirksamen
Verwirkungsgründe des § 7 des Arbeitsvertrages gestützt.
C. Ergebnis
A kann von N Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 1.000 € verlangen.
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