Leitsymptom Dysphagie – eine fachübergreifende Herausforderung Die Dysphagie wird definiert als eine Störung des Schluckaktes beim Trinken, der Aufnahme fester Speisen oder beim Schlucken des eigenen Speichels. Ursächlich für dieses Symptom können Erkrankungen aus verschiedenen Fachrichtungen mit >50 Differentialdiagnosen sein. Deshalb ist eine isolierte, d.h. eine auf ein spezialisiertes Fachgebiet begrenzte Betrachtung, häufig nicht ausreichend. Zur Diagnostik ist die Erhebung klinischer Daten wie Alter, Geschlecht, Gewichtsverlauf, Symptomdauer, Komorbiditäten, begleitende Symptome oder stattgehabte interventionelle Therapien im Anamnesegespräch meist wegweisend, zumindest hilfreich für die Einleitung einer rationalen und gezielten Diagnostik. Die Dysphagie sollte zumindest durch eine einmalige Spiegelung des oberen Gastrointestinaltrakts mittels Ösoophagogastroduodenoskopie abgeklärt werden. Neben dem Tumorausschluss, können durch die Entnahme von Gewebeproben mikroskopische Ursachen einer Dysphagie ausgeschlossen werden. Funktionsstörungen der beiden Ösophagusschließmuskeln, sowie der tubulären Motilität werden v.a. manometrisch erfasst. Einen festen Platz in der Refluxdiagnostik (sekundäre Motilitätsstörungen) nimmt die Langzeitsäuremessung des Ösophagus (pH-Metrie) in Kombination mit der Impedanzmessung ein. Kürzlich wurde eine neue Messtechnik für Patienten mit einer oropharyngealen Manifestation einer Refluxkrankheit eingeführt. Mit dem pharyngealen pH-Mess-System (Restech®) wird eine Messung des pH-Wertes in der Ausatemluft des Patienten vorgenommen. Die sehr gut verträgliche Sonde wird im Bereich der Uvula an der Rachenhinterwand platziert. Eine radiologische Diagnostik mittels digitaler Röntgenkinematographie vermag die zeitliche Abfolge der Funktionsabläufe des Schluckvorganges darstellen und sollte aufgrund der Komplexität von erfahrenen Radiologen durchgeführt werden. Es werden, dank moderner Technik mit nur geringer Strahlenbelastung, pro Sekunde bis zu 30 Bilder aufgenommen. Hierdurch können verschiedene Pathologien der pharyngealen sowie der ösophagealen Schluckphase dokumentiert werden. Neben der radiologischen Funktionsdiagnostik hat sich die fiberendoskopische Untersuchung des Schluckens (FEES) etabliert. Mit einem flexiblen Endoskop wird transnasal der Pharynx und der Larynx untersucht. Die Menge des Speichels, die Sensibilität und die Morphologie können unter direkter Sicht überprüft werden. Vor Einleitung einer Therapie sollte eine Diagnosesicherung erfolgen. Bei einer refluxassoziierten Dysphagie ist die medikamentöse Therapie mit einem Protonenpumpenhemmer (PPI) Mittel der ersten Wahl. Ebenso symptomatisch ist die Therapie der eosinophilen Ösophagitis mit topisch wirksamen Steroiden. Einen kausalen medikamentösen Therapieansatz verfolgt man bei der Behandlung von infektiösen oder malignen Ursachen der Dysphagie durch die Verabreichung von Antibiotika, Virustatika, Antimykotika respektive Zytostatika. Hinsichtlich der interventionellen Therapien stehen neben kurativen resezierenden Verfahren (z.B. endoskopische Tumorresektionen), auch symptomatisch oder palliative Optionen zur Verfügung (z.B. Stenteinlagen, Bougierungstherapien, Ballondilatationen). Eine operativ-chirurgische onkologischen Behandlung Ursachen an der erster Dysphagie Stelle steht (Hypopharynx-, bei nahezu Ösophagus- allen und Cardiakarzinom). Divertikel der Speiseröhre (Zenker- und epiphrenische Divertikel) sind Domäne der interventionellen Therapie (Divertikulektomie mit Myotomie). Funktionelle Störungen (z.B. Achalasie) können in bestimmten Fällen erfolgreich chirurgisch behandelt werden (Myotomie). Insbesondere nach HNO-ärztlichen Tumorresektionen können durch Substanzdefekte postoperativ häufig permanente Schluckstörungen entstehen. Bei zu erwartenden vitalbedrohlichen Schluckstörungen sollte auf eine Operation verzichtet werden und eine primäre Strahlentherapie gegebenenfalls in Kombination mit einer Chemotherapie angestrebt werden. Während und nach einer Bestrahlung können ebenfalls Schluckstörungen auftreten. Durch neuere Bestrahlungstechniken können schluckrelevante Strukturen im Halsbereich geschont werden. Die Therapie dieser postinterventionellen Dysphagie ist eine Domäne der spezialisierten Logopäden, die eine auf den Einzelfall zugeschnittene funktionelle Schlucktherapie einleiten. Grundsätzlich gilt, dass es bei der Abklärung der Dysphagie keinen rigiden diagnostischen und therapeutischen Algorithmus gibt. Entscheidungen sollten insbesondere unter Berücksichtigung der örtlichen apparativen und personellen Ressourcen getroffen werden; bei komplexen Fällen ist eine Zentrumsvorstellung zur spezialisierten Abklärung und Therapie notwendig. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit von ärztlichen, logopädischen und anderen therapeutischen Berufsgruppen gewährleistet ist. Die Kommunikation zwischen den Fachdisziplinen ist die entscheidende Variable für eine erfolgreiche Therapie.