Erfahrungswelten im Samadhi-Tank. Floating als möglicher Weg zu

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Erfahrungswelten im Samadhi-Tank. Floating als möglicher Weg zu
heilsamen und/oder transpersonalen Erlebnissen?
Vortrag von Harald Cont und Katrin Kandler
Kultur- und sozialanthropologisches Forschungssymposium
„Ohne Wasser ist kein Heil“
12.-13.03.2012, Museum für Völkerkunde Wien
"John Lilly nannte den von ihm entwickelten Tank „ein außerordentlich hilfreiches
Werk- und Spielzeug zur Erkundung vielfältigster Bewußtseinszustände“
(Gert Lyon, „Zum Samadhi-Tank“)
AGENDA
• Begriffe
• Motivation und Relevanz für die KSA
• Fragestellung
• Merkmale des Floatens/des Samadhi-Tanks
• Historische Entwicklung
• Methodisches Vorgehen
• Selbsterfahrung
• Forschungsergebnisse
• Zusammenfassung
• Quellen
BEGRIFFE
• Samadhi:
Samadhi ist ein Sanskrit-Wort für Vereinigung, Erfüllung, Vollendung, sowie das
völlige Versinken in sich selbst. Es bedeutet die höchste Stufe des Yoga-Weges und
das Ziel jeder Meditation: Das völlige In-sich-Ruhen in tiefer Versenkung, in
welcher das diskursive Denken aufhört.
• Alternative Bezeichnungen:
Neben dem Begriff des Samadhi-Tanks kennt man Bezeichnungen wie
Isolationstank, Entspannungstank, Deprivationstank, Floatingtank, uvm. welche
auch entsprechend unterschiedlich konnotiert sind.
• Floaten:
Floaten bedeutet wörtlich: „auf der Wasseroberfläche schweben“
Es gibt auch Wellness-Floating (oder das sogenannte Schwebebad), welches unsere
Forschung jedoch nicht berücksichtigt hat.
• Transpersonalität:
Per definitionem beschreibt Transpersonalität einen „Bewusstseinszustand/ oder zustände jenseits der personalen Erfahrung“
Für Stanislav Grof (der oft auch als „Vater der Transpersonalen Psychologie“
bezeichnet wird) bedeutet transpersonal die „erlebnismäßige Ausdehnung oder
Erweiterung des Bewusstseins über die gewöhnlichen Grenzen des Körper-Ich,
sowie über die Beschränkungen von Raum und Zeit.“
Nach Ken Wilber (dem sogenannten „Einstein der Bewusstseinsforschung“) ist die
Erfahrung des transpersonalen Raumes erst möglich, wenn die Grenzen des Innen
und Außen keine festen Größen mehr darstellen.
Man kann hier bereits sehen, dass es um die Erfahrung, das persönliche Erleben
von Transzendenz geht. In transpersonalen Erfahrungen transzendieren (also
überschreiten) Menschen ihre alltäglichen Begrenztheiten, nach innen und nach
außen.
Techniken zur Induktion von transpersonalen Erfahrungen:
Um diese transpersonale Erfahrung zu ermöglichen, haben sich im Lauf der
Menschheitsgeschichte in allen Kulturen verschiedene Techniken etabliert. Das
Holotrope Atmen und der Samadhi-Tank sind hierbei zwei Beispiele für einen
westlichen Zugang (wobei Holotropes Atmen im Gegensatz zum Samadhi-Tank
aktiv ist – dort sind Bewegung, Musik und eine spezielle Atemtechnik wesentliche
Elemente). Daneben existieren natürlich unzählige weitere Techniken, wie etwa
verschiedenste Formen der Meditation.
Neben den induzierten Erfahrungen gibt es auch spontane transpersonale
Erfahrungen, welche laut Grof häufig in der Kindheit, der Lebensmitte und dem
hohem Alter auftreten.
MOTIVATION UND RELEVANZ FÜR DIE KSA
Unsere Motivation für die Erforschung des Samadhi-Tank-Erlebnisses liegt vor
allem im Aspekt der Transpersonalität und dem vermeintlichen Heilungspotential
durch eben diese.
Im Laufe unseres Studiums sind wir immer wieder mit verschiedenen Techniken
und Verfahren konfrontiert worden, welche auf einen Heilungsprozess bzw. eine
Indikation eines ebensolchen, durch die transpersonale und/oder spirituelle
Dimension abzielen. Ein populäres Beispiel in der Kultur- und Sozialanthropologie
wäre hierfür der Schamanismus.
Der Samadhi-Tank war uns bis dato unbekannt und daher für uns von großem
Interesse, da Wasser in vielen Kulturen für Heilung und Genesung eine zentrale
Rolle spielt.
Nach anfänglicher Recherche fiel uns auf, dass es zwar einige medizinische
Studien bezüglich der heilenden Wirkung des Samadhi-Tanks gibt, jedoch noch
kaum bzw. keine Studien aus einer geisteswissenschaftlichen Disziplin – und somit
auch nicht aus der Kultur- und Sozialanthropologie.
Die meisten uns bisher bekannten Studien beziehen sich weiters hauptsächlich auf
Effekte, welche auf der physischen bzw. psychischen Ebene bemerkbar sind,
jedoch gibt es noch wenige wissenschaftliche Forschungen zum spirituellen und
seelischen Erlebnis-Aspekt des Floatings. Das bekannte Buch von Michael
Hutchison „The Book of Floating - Exploring the Private Sea“ bildet hier eine
lobenswerte Ausnahme, da es ein umfassendes Gesamtbild zum Phänomen des
Floatings bietet, welches auch diese letztgenannten Aspekte integriert.
FRAGESTELLUNG
• Hauptfrage:
„Ist Floating ein möglicher Weg zu heilsamen und/oder transpersonalen, sowie
spirituellen Erlebnissen?“
• Unterfragen:
• „Welche Motivation führt Menschen zum Floating?“
• „Welche Zielgruppe hat der Samadhi-Tank?“
• „Birgt Floating irgendwelche Risiken in sich, und falls ja, welche?“
MERKMALE
Was ist nun eigentlich so ein Samadhi-Tank? Wie sieht er aus, was sind seine
bestimmenden Merkmale?
Im Prinzip ist der Tank eine Art Badewanne in einer geschlossenen Box, welche
gegen Licht und Geräusche abgeschottet ist, wodurch es zur sogenannten
sensorischen Deprivation kommt - also einem Reizentzug, mit dem auch viele
spirituelle Praktiken arbeiten. Durch die totale Finsternis und die Schallisolierung
wendet sich die Aufmerksamkeit nach innen. Die Eigengeräusche des Körpers, wie
z.B. der Herzschlag können dadurch unnatürlich laut wahrgenommen werden.
Das Wasser im Tank hat weiters Körpertemperatur und ist dadurch weder zu heiß
noch zu kalt. Diese Temperatur wird konstant gehalten, was einen längeren
Aufenthalt im Tank begünstigt.
Durch den sehr hohen Salzgehalt (z.B. 500l mit 350kg Salz) wird Versinken
praktisch unmöglich, man schwebt auf der Oberfläche. Dieses Phänomen kennt
man auch in der Natur, z.B. beim Toten Meer.
Durch die Gesamtheit dieser Elemente verschwimmen mit der Dauer des
Aufenthalts die eigenen Grenzen – sowohl die körperlichen, als auch die
Bewusstseinsgrenzen. Es kann dadurch zu sogenannten Entgrenzungserlebnissen
kommen.
HISTORISCHE ENTWICKLUNG DES SAMADHI-TANKS
Der Samadhi-Tank wurde Mitte der 50er Jahre von dem Gehirnforscher John Lilly
im Auftrag der US Regierung für das Institute for Mental Health entwickelt.
Damals gab es zwei sich widersprechende Thesen zu der Frage, wie das Gehirn auf
Reizentzug reagiert. Die damals übliche Meinung war, dass das Gehirn seine
Aktivitäten bei Reizentzug verringert und womöglich sogar Gehirnzellen einbüßt.
Lilly war gegenteiliger Meinung und bewies diese These durch den Bau des ersten
Isolationstanks 1954 und durch darauf folgende Selbstversuche, sowie
Experimente mit Versuchspersonen. In den ersten Tankexperimenten war eine
Sauerstoffmaske notwendig, um im Tank atmen zu können, erst ab 1964 wurde
Wasser mit so hohem Salzgehalt verwendet, dass das Schweben auf der
Wasseroberfläche möglich war. Lilly fand durch seine Versuche heraus, dass
verschiedene Gehirnfunktionen durch Reizentzug sogar angeregt werden. Seine
Versuche und Erfahrungsberichte von Versuchspersonen aus den 1970er Jahren
sind unter anderem in seinem Buch „The deep self“ dokumentiert. Kommerzielle
Tankzentren gibt es ebenfalls seit den 70er Jahren.
METHODISCHES VORGEHEN
Wir haben während unserer Forschung mit folgenden Methoden gearbeitet:
• Literaturrecherche:
Rosemarie Anderson: „Intuitive Inquiry – A Transpersonal Approach“
Stanislav Grof: „Das Abenteuer der Selbstentdeckung“
Michael Hutchison: „The Book of Floating – Exploring the Private Sea“
John C. Lilly: „Das tiefe Selbst“
Gert Lyon: „Zum Samadhi-Tank“
Philipp Mayring: „Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken“
• Teilstrukturierte ExpertInneninterviews:
Im Rahmen der Forschung wurden qualitative, teilstrukturierte
ExpertInneninterviews mit Personen geführt, die bereits Erfahrungen mit Floating
gesammelt haben. Die Wahl fiel auf diese Interviewmethode, weil wir unsere
InterviewpartnerInnen als ExpertInnen für ihre individuellen Erfahrungen im Tank
ansehen.
Die Interviews wurden leitfadengestützt geführt und die Fragen sollten die
InterviewpartnerInnen anregen, über ihre individuellen Eindrücke, Erfahrungen,
sowie Erwartungen, Ängste, Motivationen und den Rahmenbedingungen zu
erzählen. Im Vordergrund stand dabei die Frage, ob und welche Wirkungen erzielt
wurden und ob diese als transpersonal oder heilsam empfunden wurden.
• Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring:
Zur Auswertung wurde die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring angewandt.
Dies ist eine Methode zur Textanalyse, welche helfen soll, Bedeutungsinhalte und
Interpretationen zu strukturieren und zu analysieren. Diese Methode wurde sowohl
bei der Auswertung der Erfahrungsberichte von insgesamt 151 Personen als auch
von 7 selbst geführten Interviews angewandt. 77 der Erfahrungsberichte stammen
aus Lilly`s Versuchen zwischen 1973 und 1975, dokumentiert in seinem Buch
„The deep self“. 74 Erfahrungsberichte stammen von BesucherInnen eines Tanks
in Wien bei einem privaten Betreiber in einem Raum der Sargfabrik im 14. Bezirk,
entstanden zwischen 1996 und 2011. Die Dauer im Tank variierte zwischen 20
Minuten und 12 Stunden, die meisten waren allerdings zwischen 1 und 2 Stunden
im Tank. Die Kategorienbildung erfolgte mit dem Ziel, die wesentlichsten und
aussagekräftigsten Sinngehalte herauszuarbeiten und wiederkehrende Elemente in
den Formulierungen herauszufiltern.
• Selbsterfahrung:
Zu Beginn der Forschung wurde eine Selbsterfahrung im Sinn einer teilnehmenden
Beobachtung bei einem privaten Betreiber in einem Raum der Sargfabrik im 14.
Bezirk in Wien durchgeführt. Die Sargfabrik ist eine ehemalige Fabrik zur
Sargherstellung, heute aber ein Verein für integrative Lebensgestaltung, sowie für
Wohn- und Kulturprojekte.
Vor der ersten Tank-Erfahrung erhält man eine Einführung über die Geschichte und
die Funktionsweise des Tanks und wird über die Risiken aufgeklärt. Meist werden
1,5 Stunden im Tank verbracht, manchmal ist es auch möglich, den Tank länger zu
nutzen.
Während unserer Selbstversuche durften wir u.a. Phänomene wie traumähnliche
Visionen, akustische Sensationen, die Illusion von Bewegung oder ein Gefühl des
Zeitverlusts erleben. Es kam weiters auch zu transpersonalen Erfahrungen und zu
heilsamen Erfahrungen auf der physischen Ebene.
• Transpersonale Forschung:
Problem: Wie gelangt man an die Erfahrungsinhalte transpersonaler Erlebnisse?
Wie kann man diese messen und adäquat interpretieren?
Lösungsansatz: Einerseits durch Intuitive Inquiry (Rosemarie Anderson),
andererseits durch Künstlerische Verarbeitung des Erlebten, z.B. durch Malen
Das rein verbale Vermitteln transpersonaler Erfahrungen ist oft nur schwer
möglich, da die Sprache per se ebenfalls begrenzt ist. Deshalb greifen Erfahrende
oftmals auf sprachliche Mittel wie Metaphorik oder Lyrik zurück, versuchen sich
in philosophischen Gedankengängen oder kombinieren das geschriebene Wort mit
Zeichnungen, Malereien und Skizzen.
• Intuitive Inquiry:
Die intuitive Erhebung (bzw. Untersuchung) stellt eine gewisse Haltung dar, mit
der wir in die Forschung gegangen sind. Einige wichtige Punkte davon sind:
• Die Intuitive Inquiry fordert einen Intuitiven Zugang zum Thema und ist
ursprünglich aus dem heuristischen Zugang entstanden
• Die Forschungsfrage ist in allen Bewusstseinszuständen präsent und kann dort
auch beantwortet werden (Schlaf, Traum, Wachbewusstsein)
Ein bekanntes Beispiel dafür wäre der deutsche Chemiker August Kekulé, der 1865
die Strukturformel des Benzols gefunden hat. Nachdem er jahrelang darüber
nachgedacht und geforscht hat, ist ihm die Antwort auf seine Frage schließlich im
Traum erschienen; in Form von Uroboros, also dem mythischen Symbol einer
Schlange, welche sich selbst in den Schwanz beißt. Dies hat ihn zur exakten
Strukturformel geführt, dem sogenannten Benzolring.
• Der Forscher/die Forscherin gelangt durch Empathie und Intuition zu
zusätzlichen nonverbalen Informationsgehalten
• Die persönliche Erfahrung und Interpretation des Forschers/der Forscherin
stehen im Zentrum der Forschung
Anderson selbst schreibt darüber:
“Die Transpersonale Psychologie bringt die Imagination und die Intuition zurück
in die wissenschaftliche Untersuchung. Eigenschaften wie Intuition, Mitgefühl,
unmittelbares Begreifen von Bedeutung, und der Dienst an den entrechteten
Personen der Gesellschaft nehmen einen zentralen Stellenwert in der
wissenschaftlichen/empirischen Untersuchung der transpersonalen Psychologie
ein. Es ist empfehlenswert, dass Forscher die Funktionen, Fähigkeiten und
Prozeduren der Intuitive Inquiry verinnerlichen und diese dadurch auch bei
anderen Formen der Forschung zum Tragen kommen.”
FORSCHUNGSERGEBNISSE
Phasen während der Floating-Erfahrung:
Lilly beschreibt 5 Wahrnehmungsstufen im Tank:
1. Die Konzentration auf das Körperempfinden wie zum Beispiel auf das Gefühl
des Schwebens, auf die Atmung und den Herzschlag.
2. Die Gedanken beginnen abzuschweifen, man denkt über das Selbst, das Leben,
eventuelle Probleme und den Alltag nach.
3. Schließlich folgt die Entspannung und die Loslösung vom Alltag.
4. Dem schließt ein traumhaftes Stadium an, in dem das Bewusstsein wie in einen
Traumzustand gelangt.
5. Die Projektion visueller Bildwelten beschreibt schließlich das letzte Stadium.
Ergebnisse der Inhaltsanalyse:
Diese Ergebnisse beziehen sich auf die Analyse der Berichte und Erfahrungen von
insgesamt 158 Personen, 22 davon waren mehrmals im Tank. Grundsätzlich haben
wir qualitativ gearbeitet, dennoch haben wir die Häufigkeit der Kategorien und
Formulierungen quantitativ dargestellt. Dieses Vorgehen ermöglicht es, einen
Überblick zu bekommen, wie oft diverse Formulierungen vorkommen. Dieser
Überblick zeigt außerdem, dass jede Erfahrung im Tank zwar individuell ist,
jedoch diverse Formulierung in den Erfahrungsberichten immer wieder auftreten
und von unterschiedlichen Personen genannt werden.
34 Personen beschrieben, dass sie im Tank kein Zeitempfinden hatten und
überrascht waren, wie schnell die Zeit um war.
79 Personen beschrieben ein körperbezogenes Empfinden und eine Konzentration
auf die Atmung, den Herzschlag sowie auf das Gefühl des Schwebens. Dies deckt
sich mit der von Lilly postulierten ersten Wahrnehmungsstufe.
Bei manchen blieb es bei dieser Erfahrung, doch 46 Personen formulierten ein
darauf folgendes Gefühl des Verschwimmens der körperlichen Grenzen.
Tiefe Entspannung, sowohl körperlich als auch geistig, haben 59 Personen
empfunden. Häufig wurde der Tank als eine Möglichkeit der einzigartigen und
vollkommenen Muskelentspannung beschrieben.
Bei 31 Personen waren im Tank die Gedanken an den Alltag und an Probleme im
Vordergrund. Diese Formulierung deckt sich mit der von Lilly postulierten zweiten
Wahrnehmungsstufe.
Das Loslassen von Alltag und Problemen stand für 26 Personen in ihrer FloatingErfahrung im Vordergrund. Diese Formulierung entspricht Lillys dritter
Wahrnehmungsstufe.
Die Illusion von Bewegung wurde von 31 Personen angesprochen, zum Beispiel:
das Gefühl, in eine bestimmte Richtung zu Floaten, oft wurden Vergleiche mit
Fluss oder fließendem Wasser genannt.
Ein Drang, sich zu bewegen wurde nur von 4 Personen beschrieben, meist von
Personen, welche mehrere Stunden im Tank verbracht haben.
Grundsätzlich ist es wichtig zu sagen, dass die Grenzen von Definitionen und
Formulierungen oft fließend sind. Was für eine Person ein Traumbild sein mag,
wird von einer anderen Person vielleicht als Halluzination oder transpersonale
Erfahrung interpretiert. Wir haben uns an den Formulierungen orientiert, welche
die Personen selbst verwendet haben.
9 Personen haben ihre Erfahrungen im Tank als transpersonal bezeichnet.
Von Halluzinationen sprachen 17 Personen. Diese schließen die Projektion
visueller Bilder mit ein, was sich mit Lillys fünfter Wahrnehmungsstufe deckt, wie
zum Beispiel das Sehen von Farben und Personen; aber auch akustische
Projektionen wie das Hören von Geräuschen oder sogar Musik.
Man kann davon ausgehen, dass Halluzinationen auf allen sinnlichen
Repräsentationsebenen vorkommen; also neben visuell und auditiv auch in
kinästhetischer,
olfaktorischer und gustatorischer Form und natürlich auch
oftmals in Kombination.
Langeweile im Tank haben nur 9 Personen empfunden, Enttäuschung und
unerfüllte Erwartungen wurden von 10 Personen formuliert. Oft wurde hier die
Neugier auf erweiterte Bewusstseinszustände angesprochen, welche nicht immer
erfüllt wurde.
61 Personen beschreiben ein Gefühl von Ruhe, Geborgenheit und Zufriedenheit in
und nach der Tank-Erfahrung.
Angstgefühle wurden von 22 Personen angesprochen. Hier wurde zum Beispiel die
Angst vor der Dunkelheit und die Angst davor, in dem beengten Raum gefangen zu
sein, häufig angesprochen. Interessant ist allerdings, dass nur 2 Personen die
Tanzsitzung abbrachen, bei den anderen Personen verschwanden die Angstgefühle
mit der Zeit. Eine Interviewpartnerin erzählte von klaustrophobischen Ängsten vor
und zu Beginn der Tanksitzung, seither sind diese Ängste allerdings nicht mehr
aufgetaucht.
Vergleiche „wie im Mutterbauch“ (positives Empfinden), aber auch „wie im
Sarg“ (angstbehaftet) wurden oft genannt. Dies zeigt, wie individuell dieselbe
Situation empfunden werden kann.
Interessant ist, dass sich 19 Personen daran erinnerten, geschlafen zu haben, jedoch
27 Personen ein Empfinden wie im Traum oder eine Traumphase beschrieben
haben. Einige unserer InterviewpartnerInnen erwähnten, dass der Übergang in eine
Schlafphase oft fließend ist und es im Nachhinein schwierig zu sagen war, ob die
Zeit im Tank im wachen oder schlafenden Zustand verbracht wurde. Ein Zitat eines
Interviewpartners über seine Erfahrung im Tank:
„Es war eine Phase zwischen Wachsein und Schlafen… eine Art totale Stille und
Loslösung von allem, es gab keine Sorgen, Spannungen oder Ähnliches mehr –
weder körperlich noch geistig.“
Eine Phase des Traumempfindens wird auch als vierte Wahrnehmungsstufe bei
Lilly beschrieben.
Für 37 Personen stellte der Tank eine Möglichkeit zur Selbstreflexion und zum
Nachdenken über das Selbst und das Leben dar. Diese Möglichkeit kann auch
positive Auswirkungen haben, denn 18 Personen haben im Tank durch die Zeit
zum Nachdenken und die Möglichkeit, in sich zu gehen, Lösungen für Probleme,
neue Ideen und Inspiration gefunden.
Der Aspekt der Heilsamkeit wurde von 13 Personen angesprochen, dies umfasst
sowohl körperliche Heilung, beispielsweise bei Hautkrankheiten,
Atembeschwerden, Rücken-, Gelenk- und Muskelschmerzen, als auch seelische
Heilung, zum Beispiel durch die Auszeit von Alltag und Sorgen.
Zielgruppe, Erwartungen und Risiken:
Basierend auf unseren ExpertInneninterviews, auch mit dem Betreiber des Tanks in
der Sargfabrik, sowie auf den aus Erfahrungsberichten gewonnenen Daten, lässt
sich sagen, dass Frauen und Männer gleichermaßen den Tank nutzen. Die größte
Gruppe, die den Tank benutzt, ist zwischen 25 und 50 Jahren.
Zu den Motivationen und Erwartungen lässt sich sagen, dass etwa 2/3 den Tank
primär zur physischen Entspannung aufsuchen, zum Beispiel bei muskulären
Verspannungen und akuten Rückenschmerzen; sowie zur Linderung von
Hautkrankheiten wie Neurodermitis. 1/3 sucht psychische Entspannung und/oder
erweiterte Bewusstseinszustände. Einige gehen mit bestimmten Themen in den
Tank und machen beispielsweise Mediations- oder Yogaübungen im Tank, andere
gehen ohne spezielle Vorhaben oder Erwartungen in den Tank und lassen sich
überraschen.
Mögliche Risiken sind:
• mögliche Ängste aufgrund von beengtem Raum, Dunkelheit,
Orientierungslosigkeit
• mögliche aufwühlende, unerwartete Erlebnisse
• Brennen von offenen Hautstellen durch Salzwasser
• nicht empfohlen wird Floating bei Herz- und Kreislauferkrankungen,
Depressionen, Epilepsie, Drogen- und Medikamenteneinfluss – dies sollte vor
dem Floating besser mit dem Arzt abgesprochen werden!
Psychoanalytische Perspektiven:
Für den Psychotherapeuten Gert Lyon ist der Samadhi-Tank aus
psychoanalytischer Sicht ein wirksames Instrument zur Selbsterforschung „innerer
Landschaften“. Er meint, durch die Abgeschirmtheit von Reizen von außen kann
man sich auf das Innere und auf das Selbst konzentrieren, die Grenze zwischen Es
und Ich verschwimmen und Bilder, Wünsche, Hoffnungen und Phantasien können
aus dem Unterbewusstsein auftauchen und bewusst wahrgenommen werden. Durch
die Reizisolation sowie durch tiefe Entspannung gelangt das Bewusstsein in eine
Traumphase, daher ist traumhaftes Erleben und das Sehen von traumhaften Bildern
möglich.
Allerdings können laut Lyon auch Bilder und Situationen auftauchen, die einem
Angst machen. Daher ist eine gute Vorbereitung notwendig, um sich darauf
einlassen zu können. Er formuliert drei wesentliche Punkte:
• Die eigene Motivation und das Erkenntnisinteresse sollen bewusst gemacht
werden.
• Das momentane Befinden, die Belastbarkeit und eventuelle Vorerfahrungen
sollen bewusst gemacht werden.
• Man soll sich über mögliche Erlebnisse informieren und sich Unterstützung
(professionelle oder aus dem Freundeskreis) sichern, um vor und nach der
Erfahrung begleitet zu werden und das Erfahrene besprechen zu können.
Heilsamkeit:
Heilsame Wirkungen von Floating belegen auch zahlreiche medizinische Studien.
Wir beziehen uns dabei auf den Deutschen Floating Verband, welcher Ergebnisse
der Studien von Universitäten und Forschungseinrichtungen katalogisiert und
zusammenfasst.
Medizinisch nachweisbare Effekte gibt es demnach in folgenden Bereichen:
• Orthopädie: Entlastung der Wirbelsäule, der Gelenke, der Bandscheiben und
der Muskeln
• Sportmedizin und Rehabilitationsmedizin: Durch die Ruhigstellung bei
Zerrungen und Stauchungen während des Floatens können diese besser
verheilen
• Schmerzmedizin: Entspannung und Reizisolation können zur Ausschüttung
von Endophinen führen, was das Schmerzempfinden verringern kann
• Dermatologie: Es wurde eine vergleichbare Wirkung des Tankwassers mit
hohem Salzgehalt mit Mineralsalzen im toten Meer nachgewiesen, dies
hilft bei Hautproblemen, Hautallergien, Neurodermitis, etc.
• Stressreduktion: Tiefe Entspannung und die Auszeit von Stresssituationen des
Alltags kann das Stressempfinden vermindern.
Kritische Perspektiven:
Es gibt allerdings nicht nur positive Äußerungen über Samadhi-Tanks. Der
Psychotherapeut Colin Goldner beispielsweise kritisiert die mangelnde Hygiene in
den Tanks. Er meint, durch die komplette Körperentspannung kann es zu Blasenund Darmentleerungen kommen. Er warnt außerdem davor, dass die totale
Isolation bei psychisch labilen Menschen psychotische Wahnzustände auslösen
kann. Darüber hinaus stellt für ihn die Zeit im Tank keinen Weg zur Lösung von
Problemen dar, sondern eher ein Weglaufen vor Problemen, mit welchen man im
Alltag allerdings wieder konfrontiert wird.
ZUSAMMENFASSUNG
• Erfahrungen sind individuell, hängen u.a. von Rahmenbedingungen, Stimmung
und Erwartungshaltungen ab
• Samadhi-Tank als Möglichkeit zur tiefen Entspannung
• Heilsamkeit und transpersonale Erfahrungen sind möglich, aber nicht garantiert
und werden begünstigt durch Regelmäßigkeit
„In den Gärten des kosmischen Labyrinths findet man sich selbst. Durch die
Verbindung mit dem All.“ (Aquanauten-Logbuch)
QUELLEN
Monographien und Artikel:
Anderson, Rosemarie/ Braud, William (1998): Intuitive Inquiry – A Transpersonal
Approach in Transpersonal Research Methods for the Social Sciences: Honoring
Human Experience. Sage Publications: London
Goldner, Colin (1997): Psycho: Therapien zwischen Seriösität und Scharlatanerie.
Pattloch: Augsburg
Hutchinson, Michael (2005): The Book of Floating: Exploring the Private Sea.
Gateway Books and Tapes: Nevada City
Lamnek, Siegfried (2005) Qualitative Sozialforschung. Lehrbuch. Vierte
überarbeitete Auflage. Weinheim: Beltz
Lilly, John C. (2007 [1915]) The Deep Self. Consciousness Exploration in the
Isolation Tank. Gateway Book: Nevada City
Lilly, John C. (1956) Die psychischen Auswirkungen der Reduktion üblicher
physischer Reizintensitäten auf normal und gesunde Personen. In: Pethes, Nicolas/
Griesecke, Birgit/ Krause, Marcus/ Sabisch, Katja (2008) Menschenversuche.
Eine Anthologie 1750-2000.Frankfurt/Main: Suhrkamp: S. 84-90
Mayring, Philipp (2002) Einführung in die qualitative Sozialforschung: eine
Anleitung zu qualitativem Denken. Fünfte überarbeitete Ausgabe. Weinheim: Beltz
Mayring, Philipp (2003) [2000] Qualitative Inhaltsanalyse In: Flick, Uwe/
Kardorff, Ernst von/ Steinke, Ines (Hg) Qualitative Forschung. Ein Handbuch.
Reinbek bei Hamburg: Rowohlt: S. 468-475
Interviews und Erfahrungsberichte:
Andy H., persönliches Interview, 04.03.2012, Wien, durchgeführt von Harald Cont
Martin W., persönliches Interview, 22.12.2011, Wien, durchgeführt von Katrin
Kandler
Maria G., persönliches Interview, 06.01.2012, Wien, durchgeführt von Katrin
Kandler
Walter U., persönliches Interview, 08.02.2012, Wien, durchgeführt von Harald
Cont und Katrin Kandler
Gedächtnisprotokoll der Selbsterfahrung, 22.11.2011, Wien, Harald Cont
Gedächtnisprotokoll der Selbsterfahrung, 22.11.2011, Wien, Katrin Kandler
Aquanautenlogbuch: Erfahrungsberichte von Tank-Sitzungen in der Sargfabrik
1996-2011
Internetquellen:
Deutscher Floating Verband: http://www.floating-verband.de/drupal/ [letzter
Zugriff: 22.03.2012]
Lyon, Gert (1999) Zum Samadhi Tank: http://www.gert-lyon.com/downloads/
samadhi199.pdf [letzter Zugriff: 19.03.2012]
KONTAKTMÖGLICHKEIT
Wir freuen uns über eine Kontaktaufnahme bei Fragen, Anmerkungen oder Kritik
unter:
Harald Cont: [email protected]
Katrin Kandler: [email protected]
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