Kardiorenales Syndrom „Auf Herz und Nieren“ Aus der Sprechstunde • Pat. NN, 71 Jahre, Größe 176 cm, Gewicht 78 kg • Stellt sich mit Kreatinin 2,77 mg/dl und Harnstoff 170 mg/dl vor, eGFR 22,7-37,9 ml/min. • Keine Urämie-Zeichen Würden Sie diesen Pat. dialysieren? Aus der Sprechstunde • Dilatative Cardiomyopathie mit Ejektionsfraktion 25 % • rez. kardiale Dekompensationen • AICD-Implantation bei rez. ventrikulären Tachykardien und Kammerflimmern Würden Sie diesen Pat. dialysieren? Kardiovaskuläre Ereignisse bei Niereninsuffizienz • 2,5-fach erhöhte kardiovaskuläre Ereignisrate bei Serumkreatintin >1,5 mg/ dl (HOT-Studie, Ruilope et al, J Am Soc Nephrol. 2001 Feb;12(2):218-25) • Um 40% erhöhtes Erreichen des kardiovaskulären Endpunktes bei Serumkratinin >1,4 mg/dl (HOPE-Studie, Mann et al, Ann Intern Med 2001;134:629–636) Herz- und Niereninsuffizienz • Ca. 1/3 der Herzinsuffizienten haben eine Niereninsuffizienz • Ca. 1/4 der Niereninsuffizienten haben eine Herzinsuffizienz Rubinger, NDT 2005; 20 [Suppl 7]: vii37-vii40 Daten einer US-amerikanischen Versicherung: Ab GFR<60 ml/min Anstieg der kardiovaskulären Ereignisrate unabhängig von Alter, Geschlecht oder Diabetes (Go et al, N Engl J Med 2004; 351:1296–1305) TOD CV Event Hospitalisation Herz und Niere: Durchblutung der Niere: 1,2 l/min. (20-25 % des Volumens, das das Herz in der Minute pumpt) Herz und Niere: Durchblutung der Niere: 1,2 l/min. (20-25 % des Volumens, das das Herz in der Minute pumpt) Interaktion Herz und Niere European CardioNephrology Association Kardiorenales Syndrom • Kardiovaskuläre Erkrankungen Beeinflussen die Nierenfunktion • Nierenerkrankungen stellen unabhängigen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen dar • Es gibt systemische Erkrankungen, die Herz und Nieren betreffen • Hohe Mortalität Verbindung Herz-Niere akut Herzerkrankung Nierenerkrankung chronisch CRS 1 Akutes kardiorenales Syndrom – Typ 1 Akutes Herzversagen löst akutes Nierenversagen aus z. B. Hypertensives Lungenödem, Akut dekompensierte chronische Herzinsuffizienz, kardiogener Schock, akutes Rechtsherzversagen Ronco et al, JACC 2008; 52:1527-1539 CRS 2 Chronisches kardiorenales Syndrom – Typ 2 Chronisch eingeschränkte Herzfunktion verursacht chronische Nierenerkrankung bei zugleich peripherer Minderperfusion („low output“)/Ischämie, Makrovaskulopathie, Mikrovaskulopathie. Weitere Flüssigkeits- und Salz-Retention, Diuretikaresistenz Ronco et al, JACC 2008; 52:1527-1539 Verbindung Niere-Herz akut Nierenkrankung Herzerkrankung chronisch Verbindung Niere-Herz Ketteler, Nephrologe 2010 CRS 3 Akutes renokardiales Syndrom – Typ 3 Akutes Nierenversagen verursacht kardiale Dysfunktion Überwässerung – Lungenödem, Elektrolytentgleisungen (Hyperkaliämie) – Arrhythmien, Herzstillstand, Urämie – Perikarditis, myokardiale Kontaktilität ↓ Ronco et al, JACC 2008; 52:1527-1539 CRS 4 Chronisches renokardiales Syndrom – Typ 4 Chronische Nierenerkrankung verschlechtert kardiale Funktion: Linksventrikuläre Hypertrophie und Dysfunktion, Akzelerierte Atherosklerose, Kardiovaskuläre Ereignisse ↑ Ronco et al, JACC 2008; 52:1527-1539 CRS 5 Sekundäres kardiorenales Syndrom – Typ 5 Systemerkrankungen führen zu parallelen, unabhängigen Schädigungen von Herz und Nieren: Sepsis, septischer Schock, Autoimmunerkrankungen, Diabetes mellitus Ronco et al, JACC 2008; 52:1527-1539 Therapie House et al, Am J Kidney Dis. 2010 Oct;56(4):759-73. Epub 2010 Jun 16. Therapie House et al, Am J Kidney Dis. 2010 Oct;56(4):759-73. Epub 2010 Jun 16. Therapie House et al, Am J Kidney Dis. 2010 Oct;56(4):759-73. Epub 2010 Jun 16. Die 3 Hauptsäulen der medikamentösen Herzinsuffizienz-Therapie Diuretika ß-Blocker ACEHemmer/ ATRB Diuretika • Flüssigkeitsmanagement • Verschiebungen im Elektrolythaushalt • „Nebenwirkungen“: Unterschiedliche Daten zur Mortalität unter Diuretika • Fraglich sind optimale Dosis, Verabreichungs-Weg oderHäufigkeit: Kont. Gabe und Bolus wohl gleichwertig (DOSE-AHFStudie), raschere Rekomp. unter kont. Gabe, jedoch schlechtere Nierenfunktion und höhere Sterblichkeit nach 6 Monaten (Palazzuoli Crit Care 2014) ß-Blocker • Reduzieren Katecholamin-Einfluss • Blutdruckkontrolle • Arryhtmiekontrolle ACE-Hemmer, ATRB • senken Gesamtmortalität bei Herzinsuffizienz um ca. 25 % • Blutdruckkontrolle Spezialfall: Spironolacton • RALES-Studie: Mortalität bei Herzinsuff. Stadium 3-4 um ca. 30 % gesenkt • Kaliumsparendes Diuretikum • Kontraindikation: Das Arzneimittel darf nicht angewendet werden bei: - Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff Spironolacton oder einen der sonstigen Bestandteile der Filmtabletten - Anurie - akutem Nierenversagen - schwerer Niereninsuffizienz mit Oligurie oder Anurie (Kreatinin-Clearance unter 30 ml/min pro 1,73m2 Körperoberfläche und/oder Serumkreatinin über 1,8 mg/dl); bei einer schweren Niereninsuffizienz ist Spironolacton nicht nur unwirksam, sondern sogar schädlich, da die glomeruläre Filtrationsrate weiter gesenkt wird. Quelle: Fachinformation ESA • Chronische Herzinsuff. ist mit Anämie verbunden. Anämie kann Herzfunktion verschlechtern. • Durch Aktivierung des EPO-Rezeptors evtl. Schutz vor Apoptose, Fibrose und Inflammation. • Reduktion der BNP-Spiegel, der NYHAKlasse, der Hospitalisierung durch EPO: House et al, Am J Kidney Dis. 2010 Oct;56(4):759-73. Epub 2010 Jun 16. Kontrollen (Placebo) ESA-behandelt Palazzuoli A et al, Clin Exp Med. 2010 May 29 Palazzuoli A et al, Clin Exp Med. 2010 May 29 Group A Epoetin alpha Group B Epoetin beta Palazzuoli A et al, Clin Exp Med. 2010 May 29 Zielwerte und Risiken • Erhöhte kardiovaskuläre Mortalität bei Ziel-Hb 13,5 mg/dl im Vergleich zu Ziel-Hb 11,3 (CHOIR, NEJM 2006) • Keine Reduktion CV-Ereignisse bei hohem Ziel-Hb (CREATE, NEJM 2006) • Neoplasie-Risiko: Erhöhte Mortalität und Tumorprogression unter ESA-Therapie (PREPARE: Brustkrebs; GOG-191: Hals-Tumore) • Keine Reduktion der Mortalität jedoch vermehrt Schlaganfälle bei Anhebung des Hämoglobins mit Darbepoetin (TREAT-Studie, Pfeffer NEJM 2009) Technischer Flüssigkeitsentzug zur akuten Rekompensation UNLOAD-Studie • Kein Einfluss auf Mortalität • Weniger Rehospitalisierung Costanzo MR, J Am Coll Cardiol. 2007 Feb 13;49(6): 675-83. Epub 2007 Jan 26. Technischer Flüssigkeitsentzug zur akuten Rekompensation CARRESS-HF-Studie • Pharmakologische Rekompensation erzielt ähnlichen Gewichtsverlust wie UF • Nierenfunktion unter medikamentöser Therapie besser erhalten • Mehr Nebenwirkungen unter HF Bart et al, NEJM 2012 PD oder HD? Adjusted Cox survival curves for new diabetic end-stage renal disease (ESRD) patients with and without congestive heart failure (CHF) treated with peritoneal dialysis (PD) versus hemodialysis (HD). Adjusted Cox survival curves for new nondiabetic endstage renal disease (ESRD) patients with and without congestive heart failure (CHF) treated with peritoneal dialysis (PD) versus hemodialysis (HD). Stack et al ., Kidney Int 2003, 1071-1079 Problem HD • Shuntvolumen bei niedriger Ejektionsfraktion: Kardiale Belastung oder schlechte Entwicklung des Shunts • Infektproblematik des getunnelten Katheters • Verschiebung von zum Teil großen Flüssigkeitsvolumina, Blutdruckabfall Peritonealdialyse: Beobachtungszeitraum 10 Jahre Gruppe A Überleben kürzer als Median Gruppe B Überleben länger als Median Cnossen et al, Blood Purif. 2010;30(2):146-52. Epub 2010 Sep 15. PD und NYHA-Klasse New York Heart Association-Classification NYHA 1 Keine Einschränkung der Belastbarkeit Vollkommen asymptomatische Herzerkrankung NYHA 2 Leichte Einschränkung der Belastbarkeit In Ruhe und bei leichter Belastung keine Beschwerden. Bei stärkerer Belastung Auftreten von Symptomen NYHA 3 Starke Einschränkung der Belastbarkeit In Ruhe keine Beschwerden. Bereites bei leichter Belastung Auftreten von Beschwerden. NYHA 4 Ruhebeschwerden. PD und NYHA-Klasse The effect of PD on the functional status of 122 patients with Class III (n=14) and Class IV (n=108) patients. Mehrotra eta al , Kidney Int 2006, 70, S67-71 PD und Hospitalisierung The effect of ambulatory PD on hospitalizations of patients with severe refractory CHF. Mehrotra eta al , Kidney Int 2006, 70, S67-71 PD und funktionelle Parameter The effect of ambulatory PD Gruppe A: 2 mal täglich Icodextrin on hospitalizations of patients with severe Gruppe B: 1CHF. mal täglich Icodextrin refractory Sav et al , Nephrology (Carlton). 2010 Apr;15(3):307-12 PD-Modalitäten • Verschiedene Regime: automatisiert, CAPD mit 1-3 Wechsel und kurzer Verweildauer, Icodextrin 12 h über Nacht (durch längere Verweilzeit weniger Beutelwechsel und dadurch geringes Infektionsrisiko) • Sequentielle Rekompensation: UF zur akuten Rekompensation, PD zum Erhalt Khalifeh et al, KI 2006.70, S72-S75 Verbesserung der Herzfunktion Left ventricular assist device: Verbesserung der renalen Perfusion durch Pumpunterstützung des insuffizienten Herzens, z. B. Berlin Heart Excor. Kardiale Resynchronisation: Verbesserung des Herzzeitvolumens durch Verbesserung der Kontrkation des Herzens: Biventrikuläres Pacing Zusammenfassung • Man unterscheidet 5 Typen des cardiorenalen Syndroms - - - - - Typ 1: Akutes cardio-renales Syndrom Typ 2: Chronisches cardio-renales Syndrom Typ 3: Akutes reno-cardiales Syndrom Typ 4: Chronisches reno-cardiales Syndrom Typ 5: Sekundäres cardio-renales Syndrom • Herz- und Niereninsuffizienz treten häufig gemeinsam auf Zusammenfassung • Kennzeichnend sind u. a. Flüssigkeits- und Salzretention, Diuretikaresistenz, häufige Hospitalisation • Es gibt verschiedene medikamentöse Ansätze in der Herzinsuffizienztherapie wie z. B. Diuretika und ACE-Hemmer, die auch die Nierenfunktion beeinflussen können • Dialyse bei therapierefraktärer Überwässerung trotz nicht terminaler NI sinnvoll Zusammenfassung • Durch PD Verbesserung der kardiozirkulatorischen Parameter (NYHA-Klasse, linksventrikuläre Masse und Herzfrequenz nimmt ab, Ejektionsfraktion nimmt zu), Reduktion der Hospitalisation, Verbesserung der Lebensqualität • Icodextrin bei der PD bietet möglicherweise Vorteile (längere Verweilzeit, gute Volumenbilanz) • Risiken der HD: Kreislaufbelastung durch Shunt, große Flüssigkeitsverschiebungen in kurzer Zeit Viel Erfolg Frage 1, Antwort C Welche Aussage ist falsch? A) Herzinsuffizienz und Niereninsuffizienz treten häufig gemeinsam auf. B) Ein chronisches cardio-renales Syndrom (CRS) wird nach Ronco als Typ 2 des CRS bezeichnet. C) Beim cardio-renalen Syndrom besteht keine Diuretika-Resistenz. D) Patienten mit cardio-renalem Syndrom haben eine hohe Hospitalisationsrate. E) Die Mortalität beim cardio-renalen Syndrom ist erhöht. Frage 2, Antwort E Welche Aussage zur Dialysetherapie bei cardio-renalem Syndrom ist richtig? A) Der Vorteil der Bauchfelldialyse ist eindeutig bewiesen. B) Eine Dialysebehandlung darf nur bei begleitender Niereninsuffizient im Stadium 5 begonnen werden. C) Auch bei Herzinsuffizienz ist eine Shuntanlage zur Hämodialyse immer sinnvoll. D) Icodextrin ist bei der Behandlung des cardio-renalen Syndroms mit Peritonealdialyse unbedeutend. E) Die Verschiebung großer Flüssigkeitsvolumina in relativ kurzer Zeit durch intermittierende Hämodialyse kann bei Herzinsuffizienz zu hämodynamischer Instabilität führen. Frage 3, Antwort B Überprüfen Sie nachfolgende Aussagen zur Peritonealdialyse bei cardio-renalem Syndrom: 1. Eine Verbesserung der Belastbarkeit des Patienten ist möglich (Verbesserung der NYHA-Klasse). 2. Die Hospitalisationsrate kann gesenkt werden. 3. Die Ejektionsfraktion sinkt weiter ab. Was ist zutreffend? A) Alle Aussagen sind falsch. B) Aussage 1. und 2. sind richtig. C) Alle Aussagen sind richtig. D) Aussage 2. und 3. sind falsch. E) Aussage 1. und 3. sind falsch.