Analysis II - Vorlesung gehalten von Prof. Dr. Klaus Künnemann im SS06 Thema: Analysis im Rn gesetzt in LATEX von Daniel König 17. Juni 2007 §25 Metrische Räume 25.1 Definition Sei X eine Menge. Eine Abbildung d : X × X −→ R heißt eine Metrik auf X, wenn für alle x, y ∈ X gilt: i) d(x,y) ≥ 0 ∧ [d(x, y) = 0 ⇔ x = y] ii) d(x, y) = d(y, x) (Symmetrie) iii) d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z),(Dreiecksungleichung) 25.2 Beispiel i) X = R mit der Metrik (vgl. 2.6v)) d(x, y) = |x − y| q ii) X = C mit der Metrik (vgl. Satz 15.4) d(x, y) = kx − yk = (x − y)(x − y) n mit der Metrik d(x, y) = kx − yk, wobei für u = t (u , . . . , u ) ∈ Rn gesetzt wird. iii) X = Rq 1 n Pn n n 2 kuk = j=1 uj . Diese Metrik ist die Standardmetrik auf dem R mit der wir im R (sofern nicht anders vereinbart) stets rechnen wollen. 25.3 Lemma1 y1 P Für x = (x1 , . . . , xn ), y = ... ∈ Rn sei < x, y >= ni=1 xi yi . Dann gilt yn | < x, y > | ≤ kxk · kyk (CS-Ungleichung)2 und kx + yk ≤ kx| + kyk (4 -Ungleichung) 0 iv) Sei [a, b] ⊆ R ein kompaktes Intervall, qR X = l [a, b] der Raum der stetigen Funktionen f : [a, b] −→ b 2 R und für f ∈ X sei kf kL2 = a |f (t)| dt. Dann gilt kf kL2 = 0 ⇔ f = 0 und wie in Lemma 25.3 kf + gkL2 ≤ kf kL2 + kgkL2 . Wie in iii) wird daher durch d(f, g) = kf − gkL2 eine Metrik auf X definiert. v) Sei X eine Menge. Die diskrete Metrik3 auf X wird durch ½ 0, falls x = y d(x, y) = 1, falls x 6= y ¯ vi) Sei (X, d) ein metrischer Raum und Y ⊆ X, so ist Y mit der induzierten Metrik d¯y×y : Y ×Y −→ R ein metrischer Raum. 25.4 Definition Sei (X, d) ein metrischer Raum. 1 andere Version von Cauchy-Schwarz = Cauchy-Schwarzsche Ungleichung 3 x ist immer 1 oder 0 2 3 i) Für ² ∈ R und a ∈ X heißt B² (a) = {x ∈ X | d(x, a) < ²} die offene Kugel vom Radius ² um a oder auch Umgebung von a. ii) Eine Teilmenge U ⊆ X heißt Umgebung des Punktes a ∈ X, wenn ein ² > 0 mit B² (a) ≤ U existiert. iii) Eine Teilmenge U ⊆ X heißt offen, wenn zu jedem Punkt a ⊆ U ein ² = ²(a) > 0 mit B² (a) ≤ U 25.5 Lemma Sei (X, d) ein metrischer Raum. Die offenen Kugeln Br (b) sind offene Mengen für alle r > 0, b ∈ X. 25.6 Definition Eine Folge (xn )n∈N im metrischen Raum (X, d) heißt genau dann konvergent gegen a ∈ X, wenn ∀²>0 ∃N ∈N ∀n≥N : d(x, a) < ² 25.7 Definition Sei f : X −→ Y eine Abbildung von metrischen Räumen (X, d),(Y, d). i) f heißt genau dann stetig in a ∈ X, wenn ∀²>0 ∃δ>0 ∀x∈X : [d(X, a) < δ ⇒ d(f (x), f (a) < ²)] {z } | ⇔f (Bδ (a))⊆B(² f (a)) ii) f heißt stetig, wenn f in jedem Punkt a ∈ X stetig ist. 25.8 Satz In einem metrischen Raum (X, d) gilt: i) ∅ und X sind offene Mengen ii) Ist (Ui )i∈I eine Familie offener Mengen in X, so ist auch S i∈I Ui offen. iii) Ist (Uj )j∈J eine endliche Familie (#j < ∞) von offenen Mengen in X, so ist auch der offen. Darüber hinaus gilt: T j∈J iv) (Hausdorffeigenschaft) Zu x, y ∈ X mit x 6= y existieren Umgebungen U von x und V von y mit U ∩ V = ∅. Beweis: i) sind offensichtlich S ii) Sei S a ∈ i∈I Ui . Etwa a ∈ Ui0 . Wähle ² > 0 mit B(² (a)) ⊆ Ui0 . Dann ist B(² (a)) ⊆ Ui0 ⊆ i∈I Ui ⇒ Beh. T iii) Sei a ∈ U := j∈J . Da Uj offen ist, existiert ein ²j > 0 mit der Eigenschaft B(² (a)) ⊆ Uj . Für ² := min{² J endlich) nun T j |j ∈ J}(daT B(² (a)) ⊆ j∈J B²j (a)) ⊆ j∈J Uj 4 iv) Sei r := d(x, y) > 0 Für U := B r2 (x),V := B r2 (y) folgt U ∩ V = ∅, denn für z ∈ (U ∩ V ) würde r = d(x, y) 4−Gl. ≤ d(x, z) + d(z, y) < 2r (x) + 2r (x) = r (WIDERSPRUCH!!) folgen 2. 25.9 Lemma Sei (X,d) ein metrischer Raum. Dann gilt: Der Grenzwert einer konvergenten Folge in X ist eindeutig bestimmt. Bezeichnung: limn→∞ xn = a. Eine Folge (xn )n∈N konvergiert genau dann gegen a ∈ X, wenn für jede Umgebung U von a in X ein N = N (U ) ∈ N existiert mit xn ∈ U , ∀n≥N . Beweis: Die Eindeutigkeit folgt wie im Beweis von Satz 3.6. Gilt limn→∞ xn = a und ist U Umgebung von a, so wähle ² > 0 mit B(² (a)) ⊆ U . Wähle N mit der Eigenschaft d(xn , a) < ² ∀n≥N . Dann folgt xn ∈ U für alle n ≥ N . Gilt umgekehrt die Voraussetzung des Lemmas, so wähle U := B(² (a)) als Umgebung von a. Dann existiert N mit xn ∈ B² (a), ∀n≥N .2 25.10 Satz Sei f : X −→ Y eine Abbildung von metrischen Räumen: • Für a ∈ X sind äquivalent i) f ist stetig in a ii) Zu jeder Umgebung V von f (a) in Y existiert Umgebung U von a in X mit f (U ) ⊆ V . iii) Für jede Umgebung V von f (a) ist f −1 (V ) := {x ∈ X|f (x) ∈ V } eine Umgebung von a in X. iv) Für jede konvergente Folge (xn )n∈N in X mit a = limn→∞ xn ist (f (xn ))n∈N konvergent in Y mit limn→∞ f (xn ) = f (a). • Die Funktion f ist genau dann stetig, wenn das Urbild jeder offenen Menge in Y offen in X ist. Beweis: • (Ringschluss) i) → ii) Zu jeder Umgebung U von f (a) existiert ein ² > 0 mit B(² (a)) ⊆ V . Nach i) existiert ein δ > 0 mit f = B(δ (a)) ≤ B(² (f (a))) ≤ V . Dann ist U = B(δ (a)) gesuchte Umgebung von a. ii) → iii) jedes U in i) erfüllt U ⊆ f −1 (V ) → f −1 (V ) ist Umgebung. iii) → iv) Sei (xn )n∈N eine Folge mit a = limn→∞ xn . Sei V eine Umgebung von f (a). Nach Voraussetzung iii) ist f −1 (V ) eine Umgebung von a. Nach 25.5 existiert ein N ∈ N mit xn ∈ f −1 (V ) für n ≥ N . Also gilt f (xn ) ∈ V ∀n≥N . Nach 25.5 folgt limn→∞ f (xn ) = f (a). iv) → i) Sei ² > 0 gegeben. Angenommen es existiert kein δ > 0 mit f (Bδ (a)) ⊆ B² f (a). Dann gilt ∀δ>0 ∃x∈X : [d(x, a) < δ ∧ d(f (x), f (a)) > ²] Also existiert zu δ = n1 , n ∈ N>0 ein x ∈ X mit d(xn , a) < n1 und d(f (xn ), f (a)) > ². Dann gilt limn→∞ xn = a, aber (f (xn ))n∈N konvergiert nicht gegen f(a) (WIDERSPRUCH!!) ⇒ Beh. • Sei f stetig und V offene Teilmenge von Y. Dann ist f −1 (V ) nach a)iii) eine Umgebung jedes Punktes von f −1 (V ) also eine offene Menge. Sei umgekehrt das Urbild offener Mengen. offen. Sei a ∈ X und V eine Umgebung von f(a). Nach Definition enthält V eine offene Umgebung 5 V 0 = B² (f (a)). Dann ist U = f −1 (V 0 ) ⊆ f −1(V ) eine offene Umgebung von a. Damit ist f −1 (V ) eine Umgebung von a und stetig nach a)iii). 2 25.11 Definition Sei (X,d) ein metrischer Raum. Eine Folge (xn )n∈N in X heißt eine Cauchy-Folge ∀²>0 ∃N ∈N ∀m,n≥N : d(xm , xn ) < ² Der metrische Raum (X,d) heißt vollständig, falls jede Cauchy-Folge in X konvergiert. 25.12 Beispiele vii) Sei D ⊆ R und X := {f : D −→ R beschränkt} ⊆ Abb(D, R). Die Supremumsnorm kf k := kf kD := sup{|f (x)| : x ∈ D} < ∞ (f ∈ X) induziert vermöge der Vorschrift d(f, g) = kf − gkD ,(f, g ∈ X) auf X eine Metrik. Der metrische Raum (X,d) ist vollständig nach Proposition 10.6. Nach 10.3 ist die Teilmenge für ein kompaktes Intervall Y := C 0 (D) = {f : D −→ R| stetig} ⊆ X ebenfalls vollständig. viii) Für D = {1, 2, · · · , n} ist X = Abb(D, R) und k.kD ist die Maximumsnorm, d.h. für x = | {z } x−→(f (1),··· ,f (n)) x1 .. . ∈ Rn ist kxkmax := kxkD = max{|xi |i = i, · · · , n}. Nach vii) ist Rn mit der durch die xn Maximumsnorm induzierte Metrik vollständig. Die Standardmetrik d auf Rn war induziert durch x1 qP .. n n 2 die Standardnorm kxk = i=1 xi , falls x = . ∈ R als der Abstand d(x, y) = kx − yk. xn P n 2 Für x ∈ R gilt kxkmax = max{|xi |i = i, · · · , n}2 ≤ ni=1 x2i ≤ n · max{xi |i = i, · · · , n}2 = √ √ n · kxkmax also kxkmax ≤ kxk ≤ n · kxkmax und dmax (x, y) ≤ d(x, y) ≤ n · dmax (x, y) ∀x,y∈Rn . Dann sind die selben Folgen in Rn für die Metriken d und dmax konvergent bzw Cauchy-Folgen. Weiter definieren beide Metriken diesselben offene Mengen. 25.13 Korollar Der metrische Raum Rn , Standardmetrik) ist vollständig. Beweis: siehe oben 2 §26 Topologische Räume 26.1 Definition Sei X eine Menge und T ⊆ ℘(X) := Potenzmenge von X eine Menge von Teilmengen von X. Dann heißt T Topologie auf X, wenn gilt: i) ∅, X ∈ T ii) Ist (Ui )i∈I eine Familien von Elementen von T, so ist auch die 6 S i∈I Ui ∈ T T iii) Ist (Uj )j∈J eine endliche Familie von Elementen von T, so ist i∈I Ui ∈ T . Eine Menge X zusammen mit T heißt topologischer Raum X = (X, T ). Die Elemente von T heißen offene Teilmengen von X. Erfüllt dieser Raum X = (X, T ) zusätzlich Begingung iv), iv) Zu (x, y ∈ X) mit x 6= y existieren Elemente U, V ∈ T mit x ∈ U, y ∈ V und U ∩ V = ∅, so heißt X Hausdorffsch. 26.2 Beispiele Sei (X, d) ein metrischer Raum und T = {U ∈ ℘(X)| U ist offen ein metrischer Raum (X, d)}. Dann ist X ein Hausdorffscher topologischer Raum. ACHTUNG!! Verschiedene Metriken d, d0 auf X können diesselbe Topologie induzieren (vgl. Bsp 25.12). 26.3 Definition Sei (X,d) ein topologischer Raum. i) Eine Teilmenge U ∈ X heißt Umgebung von x ∈ X, wenn es eine offene Menge U 0 ∈ T mit x ∈ U 0 ⊆ U . Ist U ∈ X offen x ∈ U , so heißt U offene Umgebung von x ∈ U . ii) Eine Teilmenge A ∈ X heißt genau dann abgeschlossen, wenn das Komplement AC := X \ A := {x ∈ X|x ∈ / A} eine offene Menge ist. 26.4 Satz Sei (X,d) ein topologischer Raum. Dann gilt: i) ∅,X sind abgeschlossen; ii) Ist (Ai )C eine Familie abgeschlossener Teilmengen in X, so ist iii) Ist (Ai )i∈I T Ai abgeschlossen. S eine endliche Familie abgeschlossener Teilmengen in X, so ist i∈I Ai abgeschlossen. i∈I Beweis: i) klar.TFür ii),iii)Sfolgt die BehauptungSaus folgenden T Gleichungen: X \ i∈I Ai = i∈I (X \ A) und X \ j∈J Aj = j∈J (X \ A) 2 26.5 Definition Sei X ein topologischer Raum und M ⊆ X. 0 i) x ∈ X heißt innerer Punkt von M, wenn M eine Umgebung von x ist. Die Menge M heißt das Innere von M! ii) x ∈ X heißt Berührpunkt von M, wenn in jeder Umgebung von x in X ein Punkt aus M liegt. Die Menge M̄ der Berührpunkte von M heißt der Abschluss M in X. Gilt M̄ = X, so liegt M dicht in X. iii) x ∈ X heißt Randpunkt von M, wenn für jede Umgebung V von x sowohl V ∩ M 6= ∅ als auch V ∩ X \ M 6= ∅ ist. Die Menge ∂M aller Randpunkte von M heißt der Rand von M. 26.6 Satz Sei M Teilmenge des topologischen Raumes X. Dann gilt: 7 0 i) M ⊆ M ⊆ M̄ 0 0 0 ii) M ∪ ∂M = M̄ und M ∩ ∂M = ∅. Also ∂M = M̄ \ M iii) ∂M = M̄ ∩ X \ M 0 iv) M ist die größte in M enthaltene offene Teilmenge von X. v) M̄ ist die kleinste abgeschlossene Teilmenge von X, die M enthält. vi) ∂M ist immer abgeschlossen. vii) Äquivalente Aussagen: • a) M ist offen 0 • b) M =M • c) M ∩ ∂M = ∅ viii) Äquivalente sind: • a) M ist abgeschlossen 0 • b) M =M • c)∂M ⊆ M . Beweis: i) ist offensichtlich 0 0 ii) Zunächst gilt M ⊆ M̄ und ∂M ⊆ M̄ . Ist x ∈ M̄ und x ∈ / M , so existiert in jeder Umgebung von 0 x ein Element aus X \ M und folglich ist x ∈ ∂M . Also M ∪ ∂M = M̄ . Nach Definition ist 0 0 M ∩∂M = ∅ ⇒ ∂M = M̄ \ M . iii) x ∈ ∂M ⇔ ∀ Umgebungen von V von x: V ∩M 6= ∅∧v ∩(X \M ) 6= ∅ ⇔ x ∈ M̄ ∧x ∈ (X \ M ) ⇔ x ∈ M̄ ∩ (X \ M ) 0 S S iv) Sei x ∈M . Dann ist M Umgebungen von X und es existiert 0 Ux ⊆ M ⊆ x∈M Ux . Also ist x∈M 0 S M = x∈M Ux offen. Sei V ⊆ M offen in X. Zu zeigen ist V ⊆M . Dann ist M eine Umgebung 0 aller Punkte von V. Nach Definition ist V ⊆M . v) M̄ ist abgeschlossen, falls X \ M̄ offen ist. Sei x ∈ X \ M̄ . Dann existiert eine offene Umgebung U von x mit U ∩ M = ∅. Da jedes x ∈ U die Umgebung U mit U ∩ M = ∅ besitzt, folgt U ∩ M̄ = ∅, also U ⊆ X \ M̄ . Damit ist X \ M̄ offen. Sei A ⊆ X abgeschlossen mit M ⊆ A. Zu zeigen: M̄ ⊆ A Da X \ A für jedes x ∈ X \ A eine offene Umgebung ist, die M nicht trifft, folgt (X \ A) ∩ M̄ = ∅. Es folgt M̄ ⊆⇒ Beh. 8 vi) ∂M = M̄ ∩ X \ M ist abgeschlossen nach v). vii) a) ⇔ b) folgt aus iv). 0 b)⇔ c) folgt aus M ∩ ∂M = ∅ nach ii) viii) a) ⇔ b) folgt aus v) 0 b)⇒ c) folgt aus M ∪ ∂M = M̄ nach ii). 0 )⇒ b) M̄ =M ∪ ∂M ⊆ M , falls ∂M ⊆ M . Mit v) folgt Beh. 2 26.7 Definition Sei X = (X, T ) ein topologischer Raum, (xn )n∈N Folge in X und x ∈ X. Die Folge (xn )n∈N konvergiert genau dann gegen x, wenn zu jeder Umgebung U von x in X ein N ∈ N existiert mit xn ∈ U für alle n ≥ N. 26.8 Bemerkung Ist X Hausdorffsch, so ist der Grenzwert eindeutig (Beweis wie in Satz 3.6) 26.9 Lemma Sei (X, d) ein metrischer Raum versehen mit der durch die Metrik induzierten Topologie. Dann gilt für M ⊆ X: i) x ∈ X ist Berührpunkt von M (d.h. x ∈ M̄ ) genau dann, wenn eine konvergente Folge (xn )n∈N mit xn ∈ M ,∀n∈N und limn→∞ xn = x existiert. ii) M ist genau dann abgeschlossen in X, wenn der Grenzwert jeder in X konvergenten Folge (xn )n∈N mit xn ∈ M ,∀n∈N bereits in M liegt. Beweis: i) ⇒: Sei x ∈ M̄ . Zur Umgebung B 1 (x) existiert nach Voraussetzung ein x ∈ B 1 (x) ∩ M . Für n n (xn )n∈N gilt limn→∞ xn = x. ⇐: Klar und gilt in jedem topologischen Raum. ii) ii) folgt aus i), da M genau dann abgeschlossen ist, wenn M = M̄ . 2 26.10 Definition Seien X,Y topologische Räume und f : X −→ Y eine Abbildung. i) f heißt stetig in a ∈ X, wenn für jede Umgebung V von f(a) ein Y eine Umgebung U von a in X mit f (U ) ⊆ V existiert. ii) f heißt stetig, wenn f in jedem Punkt stetig ist. 26.11 Lemma Sind f : X −→ Y und g : Y −→ Z Abbildungen von topologischen Räumen, a ∈ X, f stetig in a und g stetig in f(a). Dann ist g ◦ f : X −→ Z stetig in a. Beweis: klar 2 9 26.12 Satz Für Abbildungen f : X −→ Y zwischen topologischen Räumen ist äquivalent: i) f ist stetig ii) f −1 (V ) ist offen in X für alle V offen in Y. iii) f −1 (V ) ist abgeschlossen in X für alle V abgeschlossen in Y. Beweis: i) ⇔ ii) folgt wie in Beweis von Satz 25.10 b). Für N ⊆ Y gilt: f −1 (V \ N ) = X \ f −1 (N ) ⇒ ii) ⇔ iii)2 §27 Kompaktheit und Zusammenhang 27.1 Definition Sei X = (X, T ) ein topologischer Raum. i) X heißt zusammenhängend, wenn X 6= ∅ ist und keine Zerlegung X = U ∪ V von X in offene Mengen U,V mit U ∩ V = ∅ und U = 6 ∅ ∧ V 6= ∅ existiert. ii) Sei Y ⊆ X. Dann wird durch T 0 = {U ∩ V | U ∈ T } eine Topologie auf Y definiert (Übungsaufgabe) Dies ist die durch X induzierte Topologie auf Y. iii) Eine Teilmenge Y des topologischen Raums X heißt zusammenhängend, falls Y mit der induzierten Topologie zusammenhängend ist. 27.2 Satz Sei f : X −→ Y eine stetige Abbildung topologischer Räume. Ist X zusammenhängend, so ist auch f (X) = {f (x)|x ∈ X} zusammenhängend. Kurz: Das stetige Bild zusammenhängender Mengen ist zusammenhängend. Beweis: 4 Da X 6= ∅ ist f (X) 6= ∅. Angenommen f(X) ist nicht zusammenhängend. Dann existieren offene Mengen5 U,V in f(X) mit U ∪ V = f (X), U ∩ V = ∅, U 6= ∅ 6= V. Nach Wahl der induzierten Topologie existieren offene Mengen U 0 , V 0 in Y mit 0 ∩ f (X) 0 ∩ f (X) U = Uw V = Vw Ä Ä −1 0 −1 −1 0 Da f stetig ist, sind f (U ) = f (U ) und f (V ) = f −1 (V ) 4 5 Will man beweisen, dass es etwas NICHT gibt, nimmt man immer Indirekten Beweis Mengen sind nicht einfach nur offen, sondern IMMER offen in . . . 10 offen. Ferner ist f −1 (U ) ∩ f −1 (V ) = f −1 (U ∩ V )6 = ∅ und f −1 (U ) 6= ∅ = 6 f −1 (V ) sowie f −1 (U ) ∪ −1 −1 −1 f (V ) = f (U ∪ V ) = f (f (X)) = X (WIDERSPRUCH! zu X zusammenhängend. 27.3 Konvention Betrachte R und Rn (sofern nicht anders vereinbart) immer mit der zur Standardmetrik (= euklidische Metrik) induzierten Topologie. 27.4 Satz Die zuammmenhängenden Teilmengen von R sind genau die nichtleeren Intervalle. Beweis: Sei ∅ = 6 I ⊆ R ein Intervall. Angenommen I = U ∪ V mit U ∩ V = ∅ und U 6= ∅ = 6 V und U,V offen in I. Wähle a ∈ U, b ∈ V mit o.B.d.A. a < b. Betrachte f : I −→ R, ½ 1, falls x ∈ U f (X) = 0, falls x ∈ V Die Funktion f ist wohldefiniert. (da U ∪ V = I und U ∩ V = ∅) und stetig (da U,V offen in I). ¯ ¯ Aber f [a,b] erfüllt nicht den Zwischenwertsatz 8.11. (WIDERSPRUCH!) ⇒ I zusammenhängend. Nun sei I zusammenhängend. Angenommen I ist kein Intervall. Dann existieren Punkte a, b, c ∈ I mit a < b < c ∧ a, c ∈ I ∧ b ∈ / I. Dann ist I = U ∪ V mit U = (−∞, b) ∩ I, V = (b, ∞) ∩ I offen in I mit U ∩ V 6= ∅ in (WIDERSPRUCH!!) zur Annahme I zusammenhängend. 2 27.5 Korollar(Allgemeiner Zwischenwertsatz) Sei X ein zusammmenhängender topologischer Raum und f : X −→ R stetig. Dann ist f(X) ein Intervall in R. Beweis: Satz 27.2 und Satz 27.4 2 27.6 Definition i) Ein Weg oder eine Kurve in einem topologischen Raum ist eine stetige Abbildung γ : I −→ X, wobei ∅ 6= I ⊆ R ein Intervall ist. ii) Ein topologischer Raum X 6= ∅ heißt wegzusammenhängend, falls es zu je zwei Punkten y, z ∈ X immer einen Weg γ : [a, b] −→ X mit a < b, a, b ∈ R und γ(a) = y, γ(b) = z gibt. 27.7 Satz Ein wegzusammenhängender topologischer Raum ist zusammenhängend. Beweis: Angenommen X wäre nicht zusammenhängend. Dann ist X = U ∪ V mit U, V 6= ∅ und offen und U ∩ V = ∅. Wähle y ∈ U und z ∈ V und γ : [a, b] −→ X als Weg mit γ(a) = y ∧ γ(b) = z. Dann ist [a, b] = γ −1 (U ) ∪ γ −1 (V ), a ∈ γ −1 (U ) 6= ∅ offen, b ∈ γ −1 (V ) 6= ∅ offen und γ −1 (U ) ∩ γ −1 (V ) = γ −1 (U ∩ V ) = ∅ in Y zu I Intervall, d.h. zusammenhängend. 2 27.8 Korollar R ist zusammenhängend. 6 =∅ 11 Beweis: Zu y, z ∈ R ist γ : [0, 1] −→ Rn , γ(t) = t · z + (1 − t)y ein Weg von y nach z. ⇒ Rn wegzusammenhängend. ⇒ zusammenhängend. 2 27.9 Definition Sei M eine Teilmenge des topologischen Raumes X. i) Unter einer offenen Überdeckung von M versteht S man eine Familie (Ui )i∈I (I beliebige Indexmenge)7 von offenen Mengen Ui ∈ X mit M ⊆ i∈I Ui . ii) M heißt quasikompakt, falls jede offene Überdeckung von M eine endliche Teilüberdeckung besitzt, d.h. zu jeder offenen Überdeckung (Ui )i∈I von M existiert eine endliche Teilmenge {i1 , . . . , ik } mit M ⊆ Ui ∪ . . . ∪ Uik . iii) M heißt kompakt, falls M quasikompakt und X Hausdorffsch ist. 27.10 Beispiele i) Sei (X, d) ein metrischer Raum und (an )n∈N Folge in X, die gegen a ∈ X konvergiert. Dann ist M := {an |n ∈ N} ∪ {a} kompakt. Beweis: Als metrischer Raum ist X Hausdorffsch. Sei (Ui )i0 ∈I eine offene Überdeckung von M. Da a ∈ M , existiert i0 ∈ I mit a ∈ Ui0 . Da a ∈ M existiert i0 ∈ I mit a ∈ Ui0 . Dann ist Ui0 eine offene Umgebung von a und es existiert ein N ∈ N mit an ∈ Ui0 für alle n ≥ N . Zu an für n < N wähle ein in ∈ I mit an ∈ Uin . Dann ist M ⊆ Ui0 ∪ Ui0 ∪ . . . ∪ UiN −1 eine endliche Teilüberdeckung ⇒ Beh. 2 ii) Die Menge M := { n1 |n ∈ N>0 } ⊆ R ist nicht kompakt. Beweis: ³ ´ 1 1 Sei U1 = ( 12 , 2) und Un = n+1 , n−1 für n ≥ 2. Dann ist deckung von M. Da Un ∩ M = { n1 } 1 n ∈ Un und (Un )n∈N eine offene Über- gibt es keine endliche Teilüberdeckung. 2 27.11 Satz Seien ai , bi ∈ R, ist der abgeschlossene Quader ai ≤ bi ; für i = 1, . . . , n gegeben. Dann x ¯ 1 ¯ .. n ¯ Q := . ∈ R ¯ai ≤ xi ≤ bi , f üri = 1, . . . , n xn eine kompakte Teilmenge des R. Beweis: Rn ist Hausdorffsch. Sei (Ui )i∈I eine offene Überdeckung von Q. Annahme: Q kann nicht durch endlich viele Uik überdeckt werden. Konstruiere induktiv eine Folge von Quadern Q := Q0 ⊇ Q1 ⊇ Q2 ⊇ . . . so, dass Qm an jeder Kante die halbe Kantenlänge von Qm−1 besitzt und Qm nicht durch endlich viele Uik überdeckt werden kann. Setze Q0 := Q. Sei Qm−1 bereits konstruiert (m ≥ 1), etwa Qm−1 = I1 × I2 × . . . In für abgeschlossene Intervalle Ii ⊆ R mit l(Ii ) = 2−(m−1) (bi − ai ). 7 endlich oder ∞ 12 Qm−1 (2) I2 (1) I2 Q1,2 m−1 Q1,1 m−1 (1) I1 (1) Q2,2 m−1 Q2,1 m−1 (2) I1 (2) Zerlege Ii in zwei abgeschlossene Teilintervalle Ii und Ii der halben Länge. Für si ∈ {1, 2} sei S (s ) (s ) 1 ,...,sn 1 ,...,sn Qsm−1 = I1 1 × . . . × In n . Erhalte 2n Quader mit Qm−1 = s1 ,...,sn ∈{1,2} Qsm−1 . Da Qm−1 nach Konstruktion nicht durch endlich viele Ui überdeckt wird, gilt dies auch für einer dieser Quader 1 ,...,sn Qm := Qsm−1 . Sei nun am ∈ Qm gewählt. Für x, y ∈ Qm gilt v v v u n u n u n uX uX uX −m t (bi − ai ) ⇒ (am )m∈N kx − yk = t (xi − yi )2 ≤ t (2−m (bi − ai ))2 ≤ 2 i=1 i=1 | i=1 {z } konstant ist Cauchy-Folge. Da Rn vollständig ist, existiert a = limn→∞ an . Offenbar ist a ∈ Qm für alle m. Dann existiert pPnein i0 ∈ I mit a² ∈ Ui0 . Da offen, existiert ein ² > 0 mit B² (a) ⊆ Ui0 . Wähle m so groß, 2 dass 2−m i=1 (bi − ai ) < 2 . Da a ∈ Qm folgt Qm ⊆ B² (a) ⊆ Ui0 im (WIDERSPRUCH!) dazu, dass Qm keine endliche Teilüberdeckung besitzt. 2 27.12 Satz Jede kompakte Teilmenge M eines metrischen Raumes X ist beschränkt und abgeschlossen. Beweis: S M beschränkt: Sei a ∈ X beliebig (der Fall X = ∅ ist trivial). Dann ist M ⊆ X = n≥1 Bn (a) also S (Bn (a))n∈N eine offene Überdeckung von M. Es gibt also n1 , . . . , nk mit M ⊆ j=1,...,k Bnj (a). Sei N := max{n1 , . . . , nk }. Dann ist M ⊆ Bn (a) beschränkt. Zeige: M ist abgeschlossen. Zeige X \ M offen. Sei also a ∈ X S \ M . Für n ≥ 1 sei Un := {x ∈ X|d(x, a) > n1 }. Dann ist Un offen (Übungsaufgabe) und es gilt n≥1 Un = X \ {a} ⊇ M . Da M kompakt ist, existieren n1 , . . . , nk ≥ 1 mit Un1 ∪ . . . ∪ Unk ⊇ M . Für n := max{n1 , . . . , nk } gilt daher M ⊆ Un , also B 1 (a) ⊆ X \ M ⇒ X \ M n offen. 2 27.13 Satz Sei X ein (quasi)kompakter topologischer Raum und Y eine abgeschlossene Teilmenge von X. Dann ist Y ebenfalls (quasi)kompakt. Beweis: Ist X Hausdorffsch, so ist auch Y mit induzierter Topologie Hausdorffsch. Sei (Ui )n∈N eine offene Überdeckung von Y und X quasikompakt.S Dann existiert zu Ui eine offene Menge Vi in X mit Ui = Y ∩ Vi . Sei V = X \ Y offen und X ⊆ V ∪ i∈I Vi ist offene Überdeckung. Da X quasikompakt, existieren i0 , . . . , ik , mit X ⊆ V ∪ Vi0 ∪ . . . ∪ Vik . Dann ist Y ⊆ Ui0 ∪ . . . ∪ Uik eine endliche Teilüberdeckung ⇒ Beh. 2 27.14 Satz(Heine-Borel) Sei Teilmenge M ⊆ R ist genau dann kompakt, wenn M beschränkt und abgeschlossen ist. Beweis: 13 Ist M kompakt, so nach 27.12 beschränkt und abgeschlossen. Umgekehrt sei M beschränkt und abgeschlossen. Da M beschränkt ist, ist M in einem abgeschlossenen Quader Q ⊆ Rn enthalten, der nach 27.11 kompakt ist. Als abgeschlossene Teilmenge des kompakten Raumes Q ist M nach 27.10 kompakt. 27.15 Beispiel Sei M ⊆ R kompakt. Dann ist M beschränkt und sup(M ) < ∞ und inf (M ) > −∞. Da M abgeschlossen ist gilt: sup(M ) = max(M ) ∈ M, inf (M ) = min(M ) ∈ M 27.16 Satz Es sei f : X −→ Y stetige Abbildung topologischer Räume. Ist M ⊆ X quasikompakt, so ist auch f (M ) ⊆ Y quasikompakt. Kurz: Das stetige Bild einer quasikompakten Menge ist quasikompakt. Beweis: S Sei (Ui )i∈I eine offene Überdeckung von f (M ). Da f stetig, ist Vi = f −1 (Ui ) offen in X und M ⊆ i∈I Vi . Da M quasikompakt, existieren i1 , . . . , ik mit M ⊆ Vi , ∪ . . . ∪ Vik . Also gilt f (M ) ⊆ f (Vi ) ∪ . . . ∪ f (Vik ) ⊆ Ui1 ∪ . . . ∪ Uik und dies ist die gesuchte endliche Teilüberdeckung. 2 27.17 Satz Sei X ein quasikompakter topologischer Raum und f : X −→ R stetig. Dann ist f beschränkt und nimmt auf X das Minimum und das Maximum an, d.h.: ∃p,q∈X mit f (p) = inf {f (x)|x ∈ X} ∧ f (q) = sup{f (x)|x ∈ X} Beweis: Nach 27.16 ist f (x) ⊆ R kompakt. Beh. folgt aus 27.15. 2 27.18 Satz(Bolzano-Weierstraß) Sie M eine kompakte Teilmenge eines metrischen Raumes X und (an )n∈N eine Folge mit an ∈ M ∀n∈N . Dann besitzt (an )n∈N eine konvergente Teilfolge, die gegen einen Punkt a ∈ M konvergiert. Beweis: Angenommen: keine Teilfolge konvergiert gegen einen Punkt a ∈ M . Dann besitzt jedes x ∈ X eine offene Umgebung Ux , die nur endlich viele Glieder der Folge (an )n∈N enthält.(Benutze Umgebungen B 1 , n ≥ 1). Da M kompakt ist, enthält die offene Überdeckung (Ux )x∈X von M eine endliche Teilübern deckung, d.h. ∃xn , xn ∈ X mit {an 8 |n ∈ N} ⊆ M ⊆ {Ux1 9 ∪ . . . ∪ Uxn } (WIDERSPRUCH!) zur Wahl der Ux 2 27.19 Korollar Ein kompakter metrischer Raum ist vollständig. Beweis: Sei (xn )n∈N Cauchy-Folge im kompakten metrischen Raum X. Nach 27.18 existiert eine konvergente Teilfolge (xnk )k∈N . Sei a := limn→∞ xnk . Dann folgt sofort a = limn→∞ xn ⇒ X vollständig. 2 8 9 unendlich viele Glieder jede dieser Mengen besitzt nur endlich viele Glieder 14 §28 Kurven im Rn 28.1 Erinnerung i) Auf Rn : kxk = qP n 2 i=1 xi , Metrik d(x, y) = kx − yk ⇒ Standardtopologie ii) Für a ∈ Rn , ² > 0 offenen Kugeln B² (a) = {x ∈ Rn |kx − ak < ²} und U ⊆ Rn offen ⇔ ∀a∈U ∃²=²(a)>0 : B² ⊆ U iii) A ⊆ Rn ist abgeschlossen ⇔ Grenzwert jeder Folge in A, die in Rn konvergiert liegt in A (Lemma 25.9) iv) I ⊆ R zusammenhängend ⇔ ∅ = 6 I Intervall. Wegen zusammenhängender Teilmengen des Rn sind zusammenhängend, z.B. B² (a), Rn . v) K ⊆ Rn kompakt ⇔ beschränkt und abgeschlossen. vi) Rn ist abgeschlossen im metrischen Raum. 28.2 Satz xk1 Sei (xk )k∈N Folge im Rn etwa xk = ... ∈ Rn . Dann konvergiert (xk )k∈N genau dann gegen xkn a1 .. a = . ∈ Rn , wenn für i = 1, . . . , n gilt: limk→∞ xki = ai . an Beweis: Es gelte limk→∞ xki = ai . Sei ² > 0 gegeben. Dann existiert ein N ∈ N mit d(xk , a) = kxk − ak < ² für k ≥ N . Für i ∈ {1, . . . , n} und k ≥ N folgt v uX q u n 2 t |xki − ai | = (xki − ai ) ≤ (xkj − aj )2 = kxk − ak < ² ⇒ lim xki = aj k→∞ j=1 Umgekehrt gelte limk→∞ xki = aj für a = 1, . . . , n. Zu ² > 0 sind N1 , . . . , Nn mit |xki − ai | < k ≥ Ni für k ≥ Ni := max{N1 , . . . , Nn } folgt v u n uX kxk − ak = t (xki − ai )2 ≤ ² ⇒ lim xk = a2 i=1 √² n für k→∞ 28.3 Korollar Sei (Y, d) ein metrischerRaum. f1 f1 (y) Eine Abbildung f = ... : Y −→ Rn ; y −→ ... ist genau dann stetig, wenn alle fn fn (y) 15 f : Y −→ R stetig sind (i = 1, . . . , n) Beweis: Nach 25.10 a) ist f stetig, wenn gilt: Für jede konvergente Folge (yk )k∈N in Y mit limk→∞ f (yk ) = f (b). Benutze nun Satz 28.2 2 28.4 Satz Folgende Abbildungen sind stetig: i) add : Rn −→ R; (x, y) −→ x + y = add(x, y) ii) mult : R × R −→ R; (x, y) −→ xy iii) quot : R × R∗ −→ R; (x, y) −→ Beweis: Benutze wieder Satz 28.2 Ist (yk )k∈N eine Folge mit yk = µ x y yk1 yk2 ¶ µ ∈ R2 und limk→∞ yk = b = AnaI lim yki = bi ∧ lim add(yk ) = lim yk1 + yk2 = k→∞ k→∞ k→∞ b1 b2 ¶ . Dann gilt nach 28.2 lim yk1 + lim yk2 = b1 + b2 = add(b) k→∞ k→∞ Ebenso folgen ii) und iii) 2 28.5 Korollar Sei (Y, d) ein metrischer Raum und f, g : Y −→ R stetig. Dann ist auch f + g, f · g : Y −→ R; (y) (f + g)(y) = f (y) + g(y); (f · g)(y) = f (y) · g(y) stetig. Gilt g(y) 6= 0 ∀ y ∈ Y , so ist auch fg (y) > fg(y) stetig. Beweis: µ ¶ µ ¶ f f (y) 2 Nach Satz 28.2 ist die Funktion : Y −→ R ; y −→ stetig. Die Komposition stetiger g g(y) Funktionen istµstetig ¶ (26.11), sind auch µ ¶ µ ¶ f f f f f + g = add ◦ ; f · g = mult ◦ ; g = quot ◦ 2 g g g 28.6 Definition Eine Kurve im Rn ist gegeben durch die stetige Abbildung γ : I −→ Rn , wobei I ⊆ R Intervall posiviver Länge ist. γ1 γ1 (t) Ist γ = ... ; I −→ R; t −→ ... mit γi : I −→ R, so sind die γi stetig. Die Kurve γn γn (t) heißt differenzierbar (bzw stetig differenzierbar), falls dies für γi und i = 1, . . . , n gilt. Die Kurve γ heißt stückweise ¯ differenzierbar, falls es eine Zerlegung a = to < t1 < . . . < tn = b von I ⊆ [a, b] gibt, so dass γ ¯[I∩[t ,t 1]] : I ∩ [ti , ti+ 1] −→ R stetig differenzierbar ist für i = 0, . . . , n − 1. Das Bild i i+ γ(I) heißt die Spur der Kurve γ. Ist I = [a, b] ein kompaktes Intervall, so ist γ(a) der Anfangs- und γ(b) der Endpunkt von γ. Ist γ(a) = γ(b), so heißt γ geschlossen. 28.7 Beispiele Sei r > 0: 16 µ i) γ : [0, 2π] −→ R2 , t ii) γ : [0, 2π] −→ R2 , t −→ µ −→ r · cos t r · sin t r · sin t r · cos t ¶ ∈ Rn ¶ ∈ Rn iii) Seien a ∈ R, v ∈ Rn \ {0}. Die Kurve γ : R −→ Rn , γ(t) := a + t · v beschreibt Gerade durch a mit Richtungsvektor v. r · cos(t) iv) Sei r > 0 und c 6= 0 reelle Zahlen. Die Spur der Kurve γ : R −→ R3 , γ = r · sin(t) ct 3 beschreibt Schraubenlinie im R . 28.8 Definition 0 γ1 (t) γ1 (t) Sei γ : I −→ Rn , X −→ ... eine differenzierbare Kurve. Für t ∈ I heißt γ 0 (t) = ... ∈ γn (t) γn0 (t) n R der Tangentialvektor von γ zum Parameterwert t. 28.9 Bemerkung Sei T = {t0 , . . . , tk } eine Zerlegung des Intervalls [a, b] ( also a = t0 < . . . < tk = b) und γ : [a, b] −→ Rn eine Kurve. Pk Verbindet man γ(ti−1 ) mit γ(ti ) geradlinig, so erhält man Polygonzug der Länge L(T, γ) := i=1 kγ(ti ) − γ(ti−1 )k. 28.10 Definition ¯ © ª Für eine Kurve γ : [a, b] −→ Rn sei L(γ) := sup L[T, γ)¯ T Zerlegung von [a, b] . Die Kurve heißt rektifizierbar, falls L(γ) < ∞. In diesem Fall heißt L(γ) die Länge von γ. 28.11 Satz Jede stückweise stetig differenzierbare Kurve γ : [a, b] −→ Rn ist rektifizierbar und für ihre Länge gilt Rb L(γ) = a kγ 0 (t)kdt. Beweis benötigt. 28.12 Definition Seien X,Y metrische Räume. Eine Abbildung f : X −→ Y heißt genau dann gleichmäßig stetig, wenn gilt: ∀²>0 ∃δ>0 ∀x,y∈X : d(x, y) < δ ⇒ d(f (x), f (y) < ². 28.13 Satz Sei f : X −→ Y eine stetige Abbildung von metrischen Räumen. Ist X kompakt, so ist f gleichmäßig stetig. Beweis: Ist X kompakter metrischer Raum, so gilt Satz 27.18 (Bolzano-Weierstraß). Nun folgt Beweis wie in Beweis von Satz 8.20. 2 28.14 Definition Im Folgenden sei K einer der Körper R oder C. Eine vektorwertige Funktion 17 f1 f1 (t) f = ... , [a, b] −→ Rn ,t −→ ... heißt Riemann-integrierbar, falls alle Funktionen fn fn (t) fi : [a, b] −→ K R-integrierbar sind. In diesem Fall ist Rb f (t)dt Z b 1 a .. n f (t)dt = ∈ R der Wert des Integrals. . Rb a a fn (t)dt 28.15 Satz F1 Für F = ... : [a, b] −→ Kn seien alle Fi stetig und differenzierbar und F n0 F1 Rb f = F 0 = ... : [a, b] −→ Kn . Dann gilt a f (t)dt = F (b) − F (a). Fn0 Beweis: Wende Hauptsatz auf Fi und Fi0 an. 28.16 Bemerkung P Wir versehen Kn für K = R mit euklidischem Standardprodukt y >= ni=1 x i yi und für K = C < x, x1 y1 Pn .. .. mit hermiteschem Skalarprodukt < x, y >= i=1 xi yi für x = . ,y = . ∈ Kn . In beiden xn yn √ Fällen definiert kxk = < x, y > eine Norm und d(x, y) = kx − yk eine Metrik auf Kn . Beachte, dass der kanonische Isomorphismus von R-Vektorraum Cn (Z1 , . . . , Zn ) −→R ˜ 2n , −→ ((Re(Z1 ), Im(Z1 )), . . . , ((Re(Zn ), Im(Zn )), (x1 + iy1 , . . . , xn + iyn ) ←− (x1 , y1 , . . . , xn , yn ) mit diesen Normen und Metriken verträglich ist ( ⇒ Cn vollständig, Heine-Borel für Cn , . . .) 28.17 Satz(Cauchy-Schwarz) Für x,y ∈ Kn gilt: | < x, y > | ≤ kxk · kyk Beweis: x1 y1 Zu x = ... ,y = ... ∈ Kn betrachte xn yn ½ f [0, n] −→ K, f (t) = ½ g[0, n] −→ K, g(t) = 18 0 für t=0 xi für t ∈ (i − 1, i] ∈ V 0 für t=0 yi für t ∈ (i − 1, i] ∈ V Erhalte | < x, y > | = 10 ¯Z n ¯ Z n Z n Z n ¯ ¯ 11 ¯ ¯≤ g(t)dt g(t)|dt ≤ g(t)|dt = |f (t)| · |g(t)|dt f (t) · |f (t) · |f (t) · ¯ ¯ 0 0 0 0 sZ sZ n ≤ 12 n |f (t)|2 dt · |g(t)|2 dt = kxk · kyk2 0 0 28.18 Satz Rb Rb Für eine stetige vektorwertige Funktion f : [a, b] −→ Kn gilt kyk = k a f (t)dtk ≤ a kf (t)kdt. Beweis: f1 p Sei f = ... = (f1 , . . . , fn )t . Als stetige Funktion sind f und kf k = |f1 |2 + . . . + |fn |2 integrierfn bar. y1 Rb Rb Rb Pn Pn 2 Sei yi := a fi (t)dt also y = ... = a f (t)dt und kyk2 = i=1 yi · a fi (t)dt = i=1 |yi | = yn ´ R R b ³Pn b i=1 yi · fi (t)dt = a < y, f (t) > dt. a Mit Cauchy-Schwarz und Monotonie des Integrals Z 2 kyk ≤ Z b kykkf (t)kdtkyk · a b kf (t)kdt. a Für kyk = 0 ist Behauptung klar. Für kyk > 0 multiplizieren obige Gleichung mit 1 kyk ⇒ Behauptung 2 Beweis von Satz 28.11: Wir können o.B.d.A. γ als stetig differenzierbar annehmen. T = {to , . . . , tn } von R ti 0 Für eineR tZerlegung i [a, b] gilt nach 28.15 und 28.17 kγ(ti ) − γ(ti−1 )k = k ti−1 γ (t)dtk ≤ ti−1 ky 0 (t)kdt, also Rb P P R ti L(T, γ) = ki=1 kγ(ti ) -γ(ti−1 ) k ≤ ki=1 ti−1 kγ 0 (t)kdt = a kγ 0 (t)kdt. Damit ist γ rektifizierbar und Rb L(γ) ≤ a kγ 0 (t)kdt. Zeige umgekehrte Ungleichung. Sei ² > 0 gegeben. Da γ 0 : [a, b] −→ Rn nach 28.13 gleichmäßig stetig ist, existiert ein δ > 0 mit ∀t,t0 ∈[a,b] < δ ⇒ kγ 0 (t) − γ 0 (t0 )k < ². Sei T = {to , . . . , tn } Zerlegung von [a, b] mit |ti − ti−1 | < δ∀i=1,...,k . Dann gilt für t ∈ [ti − i, ti ] schon 10 Definition von f,g (für K = C 24.3) 12 Cauchy-Schwarz 23.8 11 19 0 k ≤ kγ 0 − γ 0 k + kγ 0 k < ² + kγ 0 k kγ(t) (t) (ti ) (ti ) (ti ) Z ti ti−1 0 ky 0 (t)kdt ≤ (ky 0 (ti )k + ²)(ti − ti−1 ) = kγ(t ( −ti−1 )k + ²(ti − ti−1 ) i) i °Z ° ° ti ° ° ° 0 0 0 = ° kγ( t) + γ(ti ) k − kγ( t)dt° + ²(ti − ti−1 ) ° ti−1 ° ° ° °Z °Z ° ° ti ³ ° ti ´ ° ° ° ° 0 0 0 ° γ − γ (t) dt° + ²)(ti − ti−1 ) ≤ ° γ ° +° ° ° ti−1 (t) ° ° ti−1 (ti ) | {z } kγ(ti ) −γ(ti−1 ) k °Z ° °Z ° ° ti ° ° ti ° ° ° ° ° 0 0 0 = γ(t) dt° γ(t − γ dt +° ° ° + ²)(ti − ti−1 ) ≤ kγ(ti ) − γ(ti−1 ) dtk + ) (t) i ° ti−1 ° ° ti−1 ° | {z } ° ° ° °Z ° ° ti ° ° 0 γ(t − γ ° dt ° ° ti−1 | i ) {z (t)}° ° ° ≤² | {z } ≤²(ti −ti−1 ) + 2 · ²(ti − ti−1 ) Rb Summation über i liefert a kγ 0 (t)kdt ≤ L(T, γ) + 2 · ²(b, a) ≤ L(γ) + 2 · ²(b − a). Da ² beliebig war, Rb folgt a kγ 0 (t)kdt ≤ Lγ. ⇒ 2 28.19 Satz µ ¶ t − sin(t) Die Zykloide γ : [0, 2π] −→ t −→ beschreibt Bahn eines Punktes auf der Peripherie 1 − cos(t) eines Kreises vom Radius 1 der auf x-Achse der x-y-Ebene abrollt. Der Tangentialvektor in t ist µ ¶ 1 − cos(t) 0 γ (t) = und sin(t) R2 , kγ 0 (t)k2 = (1 − cos(t))2 + sin2 (t) = 1 − 2 · cos(t) + cos2 (t) + sin2 (t) = 2 − 2 · cos(t) µ ¶ µ ¶ µ ¶ µ ¶ t t t t t (Additionstheorem) = 2 − 2 · cos + = 2 − 2 · (cos2 − sin2 = 2 − 2 · (1 − 2 · sin2 2 2 2 2 2 µ ¶ t 2 = 4 · sin . 2 Also ist | γ 0 (t)k2 = 2 · | sin( 2t )| und L(γ) = R 2π 0 2 · | sin( 2t )|dt U Auf g. = 8. 28.20 Definition Sei γ : [a, b] −→ Rn eine Kurve und [α, β] ⊆ R Intervall. Für eine stetige bijektive Abbildung φ γ φ : [α, β] −→ [a, b] ist γ̃ := γ ◦ φ : [α, β] −→ [a, b] −→ Rn , τ −→ γ(φ(τ )) wieder eine Kurve in Rn . Sagen, dass γ̃ aus γ durch Parametertransformation φ hervorgeht. Sind φ und φ−1 stetig differenzierbar, so nennt man φ eine C 1 -Parametertransformation. Nach Satz 8.16 ist die Funktion φ stets streng monoton. 20 i) 1.Fall: φ ist streng monoton fallend. Dann heißt φ orientierungsumkehrend. ii) 2.Fall: φ ist streng monoton steigend. Dann heißt φ orientierungstreu 28.21 Bemerkung Ist φ eine C 1 -Parametertransformation, so folgt aus φ−1 ◦ φ = id[α, β] mit Kettenregel (φ−1 )0 φ0 (t)φ0 (t) = 1 für alle t ∈ [α, β]. Also φ0 (t) 6= 0 für alle t ∈ [α, β]. Dann ist φ orientierungstreu, falls φ0 (t) > 0 ∀t und φ orientierungsumkehrend, falls φ0 (t) < 0 ∀t∈[α,β] . 28.22 Proposition Die Kurve γ̃ := γ ◦ φ : [α, β] −→ Rn gehe aus der stetig differenzierbaren Kurve γ : [a, b] −→ Rn durch die C 0 -Parametertransformation φ hervor. Dann gilt: i) (Tangentialvektoren) Für τ ∈ [α, β] und t = φ(τ ) ∈ [a, b] gilt γ̃(τ ) = γ 0 (t) · φ0 (t). |{z} |{z} |{z} Rn Rn ∈R ii) (Länge) L(γ) = L(γ̃, d.h. die Länge ist invariant unter C 1 -Parametertransformation. Beweis: i) folgt aus der Kettenregel ii) Folgt aus i) und Substitutionsregel. Führe den Beweis für orientierungsumkehrend (orientierungstreu geht analog). Dann ist φ0 (τ ) < 0 für τ ∈ [α, β] und φ(α) = b und φ(β) = a. Also Z β L(γ̃) = 0 i) Z kγ (t)kdτ = α b Z = Z β 0 0 β kγ (φ) · φ (τ )kdτ = − α 0 0 kγ (φ(τ ))k · φ (τ )dτ α Subst. Z = − a kγ 0 (t)kdt b kγ 0 (t)kdt = L(γ)2. a §29 Partielle Ableitung 29.1 Definition Sei U ⊆ Rn eine offene Menge und f : U −→ R eine Funktion. i) Die Menge Γf := {(x, y) ∈ U × R|y = f (x)} ⊆ Rn+1 heißt der Graph von f. Für c ∈ R ist Nf (c)={x ∈ U |f (x) = c} ⊆ Rn die Niveaumenge von f zum Wert c. Für n = 2 heißen diese auch Höhenlinien. 0 ii) 1 ≤ i ≤ n sei ei = 1 i-ter Einheitsvektor ∈ Rn 0 21 iii) Die Funktion f heißt in x ∈ U partiell differenzierbar bzgl. der i-ten Koordinatenrichtung, falls der Limes f (x + h · ei ) − f (x) ∂f (x) := lim h→0,h6=0 ∂xi h existiert. Hier läuft Limes nur über solche h mit x + h · ei ∈ U . Der Wert ∂f ∂ (x) := Dif(i) = f (x) ∂xi ∂xi heißt die i-te Ableitung von f in x. iv) f heißt partiell differenzierbar, falls ∂f ∂xi (x) für alle i = 1, . . . , n und alle x ∈ U existiert. f heißt stetig partiell differenzierbar, falls zusätzlich alle Funktionen stetig sind. ∂f ∂xi : U −→ R für i = 1, . . . , n 29.2 Bemerkung i) Eine Funktion f : U −→ R kann man vermöge f (x1 , . . . , xn ) = f (x1 e1 , . . . , xn en ) als Funktion in n reellen Variablen betrachten. x1 ∂f (x) die Ableitung der ii) Sei U ⊂ R offen, f : U −→ R und x = ... ∈ Rn . Dann ist ∂x i xn Funktion x1 .. ξ . 1 .. xi−1 . .. ξ gi : ξ ∈ R | . ∈ U −→ R, ξ :−→ gi (ξ) := f an der Stelle xi | {z } .. =M . xi+1 .. ξn . xn f (x + h · ei ) − f (x) gi (ξ) − gi (x) ∂f (x) = lim = lim = gi0 . h→0,h6=0 h→0,h6=0 ∂xi h ξ − xi Damit übertragen sich Rechenregeln für Ableitungen auf partielle Ableitungen. x1 p 29.3 Beispiel Betrachte die Funktion r : Rn −→ R, x = ... −→ kxk = x21 + . . . + x2n Niveauxn mengen für c > 0 sind Sphären von Radius c > 0 ∂Br (0). Die Funktion r ist in U = R \ 0 partiell x1 ∂r differenzierbar und ∂x (x) = √ 22xi = kxxi k für x = ... ∈ Rn . 2 i 2· x1 +...+xn i xn 29.4 Bemerkung Aus partieller Differentierbarkeit folgt nicht die Stetigkeit einer Funktion. 29.5 Definition 22 i) Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ R partiell ³ differenzierbar. ´ ∂f ∂f Dann heißt (grad f )(x) = (∇f )(x) := ∂x (x), . . . , ∂x (x) ∈ Rn der Gradient von f in x. n i ii) Sei U ⊆ Rn offen. Ein Vektorfeld auf U ist eine Abbildung v : U −→ Rn . Ein Vektorfeld heißt integrierbar, falls es eine partiell differenzierbare Funktion f : U −→ R mit grad(f ) = v gibt. Die Funktion heißt dann eine Potentialfunktion für f. 29.6 Lemma Für partiell differenzierbare Funktionen f, g : U −→ R gilt: grad(f, g) = g · grad(f ) + f · grad(g) Beweis: Die Produktregel der Analysis I liefert ∂ ∂ ∂ (f, g) = f · (g) + (f ) ⇒ Beh.2 ∂xi ∂xi ∂xi 29.7 Definition ∂f Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ R partiell differenzierbar. Sind alle partiellen Ableitungen Dif = ∂x : i U −→ R wieder partiell differenzierbar, so heißt f zweimal partiell differenzierbar.Definiere induktiv k-mal partiell differenzierbar. f heißt k-mal stetig partiell differenzierbar, wenn f k-mal partiell differenzierbar ist und alle Ableitungen Di1 . . . Dik f : U −→ R für k 0 ≤ k stek k ∞ tig T sind.k Bezeichnung: C (U, R) = C (U ) = { k-mal stetig partiell differenzierbar } und C (U, R)= k>0 C (U, R) ∞ -oft stetig partiell differenzierbar. 29.8 Satz Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ R zweimal stetig partiell differenzierbar. Dann gilt für alle a ∈ U und alle i, j ∈ {1, . . . , n} ¶ µ ¶ µ ∂ ∂ ∂ ∂ f (a) = f (a) ∂xj ∂xi ∂xi ∂xj Beweis: Fixieren wir alle Koordinaten xk für k 6= i, j, so können wir o.B.d.A. n=2, j=1, i=2 annehmen. Nach Übergang zur Funktion x −→ f (x + a) können wir a=0 annehmen. Schreibe (x, y) statt (x1 , x2 ). Da U ⊆ R2 mit0 ∈ U , existiert δ > 0 mit V = {(x, y) ∈ R2 ||x| < δ, |y| < δ} ⊆ U . Für x, y ⊆ V......Fy : (−δ, δ) −→ R,Fy (x̃) = f (x̃, )y − f (x̃, 0). Mittelwertsatz I 12.5 liefert ξ ∈ R mit |ξ| < |x| und Fy (x) − Fy0 (0) = Fy (ξ)x und Fy0 (ξ)= D1 f (ξ, y) − D1 f (ξ, 0). Mittelwertsatz der IntegralHS R t rechnung liefert η ∈ R mit |η| < |y| mit D1 f (ξ, y) − D1 f (ξ, 0) = 0 D2 D1 f (ξ, t)dt = D2 D1 f (ξ, η)y. Insgesamt (29.1) f (x, y) − f (x, 0) − f (0, y) + f (0) = Fy (x) − Fy (0) = Fy0 (ξ)x = [D2 D1 f (ξ, η)] · x · y. Dasselbe Argument mit vertauschten x, y liefert ξ, η ∈ R mit |ζ̃| ≤ |η̃| ≤ y und ˜ · x · y. ˜ η)] (29.2) f (x, y) − f (x, 0) − f (0, y) + f (0, 0) =[D1 D2 f (ξ, ˜ Beachte, dass (ξ, η) und (ξ, η̃) von (x, y) abhängen. Für x ◦ y 6= 0 folgt aus (29.1) und (29.2) bereits die Gleichung (29.3) (29.3) D1 D2 f (ξ˜ = D2 D1 f (ξ, η) ˜ η̃) gegen (0, 0) und aus der Lässt man nun (x, y) −→ 0 gehen, so konvergieren auch (ξ, η) und (ξ, Stetigkeit der zweiten partiellen Ableitung folgt D2 D1 f (0, 0) 2. 23 29.9 Korollar Sei U ⊆ Rn offen und f ∈ C k (U, R). Dann gilt Dik . . . D(1) (f ) = Diφ(k) . . . Diφ(k) (f ) für jede Permutation φ ∈ Sk . Beweis: Jede Permutation ist Produkt von Transpositionen. 2 29.10 Schreibweise Di Dj f = ∂2 ∂2 ∂kf f ; Di Di f = f ; Dik . . . Di1 f = 2 ∂xi ∂xj ∂xk . . . ∂x1 ∂xi 29.11 Korollar Eine notwendige Bedingung dafür, dass ein stetig differenzierbares Vektorfeld v = (v1 , . . . , vn ) : U −→ Rn integrierbar ist, ist die Integrabilitätsbedingung (29.4) ∂vj ∂vi = , ∀i, j ∈ {1, . . . , n} ∂xi ∂xj Beweis: Angenommen f ∈ C 2 (U ) ist Potentialfunktion. Dann gilt Satz 29.8 2. 29.12 Beispiel Das Vektorfeld v : R2 −→ R2 , v(x1 , x2 ) −→ 1 2 ∂f ∂xi = vi und Potentialfunktion folgt aus · (−x2 , x1 ) ist nicht integrabel, da − 21 = ∂v1 ∂x2 6= 2v2 2x1 = 12 . 29.13 Definition Eine offene Menge U ⊆ Rn heißt sternförmig bezüglich p ∈ U , falls zu jedem q ∈ U die Strecke von p nach q ganz in U liegt, d.h. {t · q + (1 + t)p|t ∈ [0, 1]} ⊆ U. Ist U sternförmig für ein p ∈ U , so heißt U ein Sterngebiet. 29.14 Bemerkung In Sterngebieten ist die Integrabilitätsbedingung (29.4) sogar hinreichend für die Existenz eines Potentials (Beweis später). Dies gilt allgemeiner für einfach zusammenhängende Gebiete. §30 Totale Differenzierbarkeit 30.1 Definition Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ Rm . Die Abbildung f heißt im Punkt x ∈ U (total) differenzierbar, falls es eine lineare Abbildung A : Rn −→ Rm und eine offene Umgebung V ⊆ Rn der Null gibt, so dass für ξ ∈ V gilt (30.1)f (x + ξ) = f (x) + Aξ + φ(ξ), wobei φ : V −→ Rm eine Funktion mit limξ→0 φ(ξ) kξk 30.2 Bemerkung i) Für m=n=1 ist dies alte Differenzierbarkeit. 24 = 0. ii) Die lineare Abbildung A : Rn −→ Rm wird bezüglich der Standardbasen von Rn und Rm durch die Matrix a11 . . . a1n .. .. (aij )1≤i≤m,1≤j≤n = ... . . am1 . . . amn beschrieben. Identifiziere im Folgenden die Abbildung A mit der sie beschreibenden Matrix. Dann ist durch Matrixmultiplikation gegeben: A : Rn −→ Rm , x −→ Ax. φ1 f1 iii) Für f = ... : U −→ Rm ,φ = ... : V −→ Rm besagt (30.1) gerade, dass fi (x + ξ ∗ ) = φm P fm fi (x) + m a ξ + φ (ξ) für alle ξ ∈ V und 1 ≤ i ≤ m. ij j i j=1 iv) Insbesondere: Die Funktion f ist in x ∈ U genau dann total differenzierbar, wenn alle fi : U −→ R in x total differenzierbar sind. 30.3 Satz Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ Rm differenzierbar. Sei V ⊆ Rn offene Umgebung der Null, A ∈ M (m × n, R) und φ : V −→ Rm mit limξ→0 φ(ξ) kξk = 0 und f (x + ξ) = f (x) + Aξ + φ(ξ). Dann gilt: i) f ist stetig in x ∈ U ii) Alle Komponenten fi : U −→ R von f für 1 ≤ i ≤ m sind in x partiell differenzierbar und ∂fi ∂xi (x) = aij . Beweis: i) Da limξ→0 Aξ = 0 (Übungsaufgabe) und limξ→0 φ(ξ) = 0 folgt limξ→0 f (x + ξ) = f (x) ⇒ Stetigkeit. P ii) Für 1 ≤ i ≤ m ist fi (x + ξ) = fi (x) + nj=1 aij ξj + φi (ξ) mit limξ→0 φ(ξ) kξk = 0. 13 Also gilt : fi (x + h · ej ) = fi (x) + ai j · h + φi (h · ej ). Es folgt ∂fi (x) = ∂xi fi (x + h · ej ) − fi (x) φ(h · ej ) = aij + lim = aij 2. h→0,h6=0 h→0,h6=0 h h lim 30.4 Korollar ³ ´ ∂fi Die Matrix A = (aij )ij = ∂x (x) j ij in Definition 30.1 ist eindeutig bestimmt. Man nennt A das Differential oder die Jacobi-Matrix von f in x und schreibt µ ¶ ∂fi A(f (x)) := Jf (x) := (x) ∂xj ij 13 für kleines h ∈ R 25 Ist M = 1 , so ist DF = Jf grad(f ). Beweis: Beweis klar! 30.5 Satz ∂f Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ Rm partiell differenzierbar. Alle partiellen Ableitungen Di f = ∂x : i U −→ R seien x ∈ U stetig. Dann ist f total differenzierbar. Beweis: Da U offen existiert ein δ > 0 mit Bδ (x) = {y ∈ Rn |ky − xk < δ} ⊆ U . Sei ξ ∈ Rn mit kξk < δ ist, ξ1 .. und ξ = . gegeben (also x + ξ ∈ U ). ξn ξ1 .. . Pi (i) (0) (n) = x + ξ und Betrachte Z : x + v=1 ξv · ev = x + ξ = ξ0 i für 1 ≤ i ≤ n. Also Z = xi Z .. . 0 (i) (i−1) Z und Z unterschiedlich in i-ter Koordinate. Der Mittelwertsatz 12.5 liefert Z xi +ξ Hauptsatz (Di f )(x1 , . . . , xi−1 , t, xi+1 , . . . , xn )dt = (Di f )(y (i) ) f (Z (i) − f (Z (i−1) = = xi (i−1) Z + ξi ei ªi für ª ∈ [0, 1]. Pn Pn (i) (i−1) ) = (i) Erhalte: f (x + ξ) − f (x) = i=1 f (Z ) - f (Z i=1 (Di f )(y ) · ξ. Sei ai := Di f (x) und φ : Bδ (0)P −→ R P φ(ξ) := i = 1n [Di f (y ( i)) − ai ] · ξ. Dann gilt f (x + ξ) = f (x) + ni=1 ai ξi + φ(x) und wir müssen (i) gegen x, und mit noch zeigen limξ→0 φ(ξ) kξk = 0. Für ξ → 0 streben die von ξ abhängigen Punkte y P n Stetigkeit der Di f folgt limξ→0 φ(ξ) f (y (i) − ai ] · ξi 2. i=1 [D kξk = 0 = limξ→0 | i {z } kξk |{z} −→f ürξ=0 Betrag≤1 30.6 Korollar Sei U ⊆ R offen und f : U −→ Rm . Dann gilt für f: stetig partiell differenzierbar ⇒(total) differenzierbar ⇒ partiell differenzierbar Insbesondere ist eine stetige partiell differenzierbare Funktion f stetig. Beweis: Beweis klar 2. 30.7 Bemerkung Umkehrungen obiger Implikation sind im Allgemeinen falsch. 30.8 Satz (Kettenregel) Seien U ⊆ Rn und V ⊆ Rm offen und g : U −→ Rm , f : U −→ Rn Abbildungen mit g(U ) ⊆ U . Es sei g in x ∈ U und f in y := g(x) differenzierbar. Dann ist die Kettenregel f ◦ g : U −→ Rk , x −→ f (g(x)) 26 in x ∈ U differenzierbar und es gilt: D(f ◦ g)(x) = [(Df )(g(x))] · [Dg(x)] Matrizenprodukt, Reihenfolge beachten! Beweis: Sei A = Dg(x) und B = Df (y). Es ist D(f ◦ g)(x) = B · A zu zeigen. Nach Voraussetzung existieren ²1 , ²2 > 0 mit g(x + ξ) = g(x) + Aξ + φ(ξ) für ξ ∈ B²i (0) ⊆ Rn mit limξ→0,ξ6=0 φ(ξ) kξk = 0. f (y + η) = f (y) + Bη + ψ(η) für η ∈ B²2 (0) ⊆ Rn mit limη→0,η6=0 ψ(η) kηk = 0. Wähle zu ξ speziell η := g(x + ξ) − g(x) = Aξ + φ(ξ) so ergibt sich für ξ ∈ B²3 (0) mit ²3 klein η ∈ B²2 (0) und (f ◦ g)(x + ξ) = f (g(x + ξ)) Def. von = η f (g(x) + η) = f (y + η) = f (g(x)) + B · η + ψ(η) = f ◦ g(x) + BAξ + Bφ(ξ) + ψ(Aξ + φ(ξ) = f ◦ g(x) + B · A · ζ + χ(ξ), mit χ(ξ) = Bφ(ξ) + ψ(Aξ + φ(ξ). Der Satz ist bewiesen, falls gilt: limξ→0,ξ6=0 Die Funktion ψ1 : B²2 −→ χ(ξ) kξk = 0. Rk ( ψ1 (η) = 0, χ(ξ) kξk , falls η = 0 falls η = 6 0 ist stetig in 0 nach Voraussetzung und erfüllt ψ(η) = kηk · ψ1 (η) ∀η∈B²2 (0) . Benutze 30.9 Lemma Für die lineare Abbildung A : Rn −→ Rm mit Matrix ¡√ A = (ai j) ¢ ∈ M (m × n, R) und m · n · M · kxk für alle x ∈ Rn . Insbesondere ist M := max{|aij |1 ≤ i ≤ m, 1 ≤ i ≤ n} gilt kAxk ≤ n m A : R −→ R stetig. Beweis: Beweis später 2. Wir wollen noch limξ→0,ξ6=0 ψ(Aξ+φ(ξ)) kξk = 0 zeigen. limξ→0,ξ6=0 φ(ξ) kξk Da = 0, existiert ²4 > 0 und K > 0 mit kφ(ξ)k ≤ K · kξk für alle ξ ∈ B²4 (0). Sei M zu A wie in Lemma 30.9 gewählt. Dann ψ(Aξ + ψ(ξ)) kξk = ≤ und kAξ + ψ(ξ)k kAξ + φ(ξ)k · ψ1 (Aξ + φ(ξ) mit kξk kξk kAξ + φ(ξ)k √ ≤ m·n·M +K kξk lim ψ1 (Aξ + Φ(ξ)) = 0, ξ→0,ξ6=0 da ψ1 , A und φ stetig mit Wert 0 bei 0 sind ⇒ Beh. 2. 27 Beweis: (Beweis von Lemma 30.9) P Sei y = AX also yi = nj=1 aij xj . Dann liefert Cauchy-Schwarz (Satz 28.17) ¯ ¯ v ¯ ¯ u n x1 ¯ ¯ uX ¯ ¯ |yi | = ¯< ... , X̄ >¯ ≤ t |ai j|2 · kX̄k |{z} ¯ ¯ j=1 ¯ ¯ xn =kxk √ √ 2 nM · kxk = n · M · kxk ≤ und v um p uX √ kyk = t |yi |2 ≤ m · n · M 2 · kxk2 = m · n · M · kxk ⇒ Behauptung i=1 Die Stetigkeit der Abbildung A : Kn −→ Kn folgt nun aus √ kAx − Ayk = kA(x − y)k ≤ m · nM kx − yk 2. 30.10 Korollar g1 Seien U ⊆ Rn offen und V ⊆ Rn offen und f : V −→ R, y −→ f (y) und g = ... , gm U ∈ Rm ,x −→ y = g(x) differenzierbare Ableitungen mit g(u) ⊆ V . Dann ist h := f ◦ g : U −→ R differenzierbar und für 1 ≤ i ≤ n gilt: m X ∂f ∂h ∂gi (x1 , . . . , xn ) = (g1 (x), . . . , gm (x)) · (x1 , . . . , xn ) ∂xi ∂yi ∂xj j=1 Beweis: Die Jacobi-Matrizen von f,g,h sind µ ¶ ∂h ∂h Dh(x) = (grad h)(x) = (x), . . . , (x) ∂x1 ∂xn µ ¶ ∂f ∂f Df (g(x)) = (grad f)(g(x)) = (g(x)), . . . , (g(x)) ∂y1 ∂ym ∂g1 ∂g1 ∂x1 (x) · · · ∂xn (x) .. .. .. (Dg)(x) = . . . ∂gm ∂x1 (x) ··· ∂gm ∂xn (x) und die Behauptung folgt aus Dh(x) = (Df ) · (g(x)) · (Dg)(x).2 30.11 Beispiel Sei C = (cij ) ∈ Mn (R) symmetrische Matrix. Symmetrisch cij = cji , d.h. C t = C. Symmetrische Matrix liefert x1 P g : Rn −→ R x = ... −→ g(x) =< x, Cx >= ni,j=1 cij xi xj xn 28 die zu C gehörige quadratische Form. Für x, ξ ∈ Rn gilt: g(x + ξ) = < x + ξ, C(x + ξ) >=< x, Cx > + < x, Cξ > + < ξ, Cx > + < ξ, Cξ > = < x, Cx > +2· < Cx, ξ > + < ξ, Cξ > = < x, Cx > +Aξ + φ(ξ)(< x, y >= xt · y) mit A = 2 · (Cx)t = 2 · xt · C t = 2 · xt C und φ(ξ) =< ξ, Cξ >= ξ t Cξ Mit Cauchy-Schwarz und Lemma 30.9 folgt |φ(ξ) = | < ξ, Cξ > | ≤ kξk · kCξk ≤ n · max{|cij |} · kξk2 ∧ φ(ξ) = 0. ξ→0,ξ6=0 kξk lim Also ist g in x differenzierbar mit Dg(x) = grad g(x) = 2 · (C · x)t .2 30.12 Definition Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ R. Weiter sei x ∈ U und v ∈ Rn mit kνk = 1. Die Richtungsableitung von f in x ist im Fall der Existenz der Grenzwert ¯ d ∂ f (x + tν) − f (x) Dn uf (x) := f (xtν)¯t=0 = lim für ν = ei ist Dν = Dei = t→0,t6=0 dt t ∂xi die i-te partielle Ableitung. 30.13 Satz Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ R stetig partiell differenzierbar. Dann gilt für alle x ∈ U und ν ∈ Rn mit kνk = 1 n X ∂f (Dν f )(x) = grad f (x) · ν =< gradt f (x), ν >= (x) · νj . ∂xj j=1 Beweis: x1 + tν1 .. Durch g : R −→ Rn , g(t) := x + tν = ∈ Rn wird Gerade durch x in Richtung ν . xn + tνn beschrieben. Da g(0) = x ∈ U existiert ein ² > 0 mit g(t², ²) ⊆ U . Also ist h := f ◦ (g|(−²,²) : (−², ²) −→ R, definiert und h(t) = f (x + tν). Nach Definition von Dν und nach der Kettenregel folgt d dh f (x + tν)|t=0 = (0) dt dt n X dgi ∂f (g(t)) · (t)|t=0 . = ∂xj dt dν f (x) = j=1 Es ist dgi (t) = νi als Dν (f (x)) dt n X ∂f = (x) · νj 2. ∂xj g(0) = x, j=1 29 30.14 Erinnerung Der Mittelwertsatz 12.5 sagt: Ist f : I −→ R differenzierbar im Intervall I ⊆ R, x, x + ξ ∈ I, so existiert θ ∈ (0, 1) mit f (x + ξ - f(x) = f 0 (x + θξ) · ξ. Ist f sogar stetig differenzierbar, so liefern Hauptsatz und Substitution u = x + tξ Z µZ x+ξ 0 f (u)du = f (x + ξ) − f (x) = x 1 ¶ 0 f (x + tξdt · ξ 0 Der Zwischenwertsatz f (x + θξ) wird also ersetzt durch Mittelwert R1 0 f 0 (x + tξ = dt. 30.15 Definition Für 1 ≤ i ≤ m und 1 ≤ j ≤ n seien aij : I −→ R stetige Funktionen auf einem kompakten Intervall I = [t0 , t1 ] ⊆ R. Dann ist A := (aij )i,j eine Matrix von Funktionen und wir definieren R t1 R t1 t0 A(t)dt ∈ M (m × n, R) als die Matrix mit Koeffizienten t0 aij (t)dt. 30.16 Satz Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ Rm stetig partiell differenzierbar. Sei x ∈ U und ξ ∈ R so, dass die Strecke x + t · ξ ∈ [0, 1] ganz in U liegt. Dann gilt: µZ 1 f (x + ξ) − f (x) = ¶ Df (x − t · ξ)dt · 14 ξ. 0 Beweis: f1 Sei f = ... und betrachte gi : [0, 1] −→ R, gi (t) := fi (x + t · ξ). Dann fn fi (x + ξ) − Hauptsatz = fi (x) = gi (1) − gi (0) Z 1 gi0 (t)dt 0 Kettenregel = = Z n 1X 0 j=1 n X µZ 1 j=1 Da Df die Matrix mit Komponenten ∂fi ∂xj ∂fi (x + tξ) · ξ ∂xj 0 ¶ ∂fi (x + t · ξ)dt · ξ. ∂xj ist, folgt Behauptung 2. 30.17 Korollar n o ∂fi Mit Bezeichnung aus 30.16 und M := sup ∂x (x + t · ξ)|1 ≤ i ≤ m, 1 ≤ j ≤ n, t ∈ [0, 1] < ∞ gilt j √ kf (x + ξ) − f (x)k ≤ mn · M kξk (d.h., f ist im Punkt x Lipschitz stetig. Beweis: 14 Matrixprodukt 30 kf (x + ξ) − f (x)k = Satz 28.18 ≤ °Z 1 ° ° ° ° Df (x + t · ξ)dt · ξ ° ° ° 0 Z 1 kDf (x + t · ξ)ξkdt 0 Lemma 30.9 ≤ Z 1√ m · n · M · kξkdt 0 = √ m · n · M kξk2. §31 Lokale Extrema und Taylorsche Formel 31.1 Bezeichnung Wir nennen α = {α1 , . . . , αn } ∈ Nn einen Multiindex, |α| = α1 , . . . , αn seine Ordnung und α! = α1 !, . . . , αn ! heißt α-Fakultät. Wir schreiben α < β = (β1 , . . . , βn ) ∈ Nn :⇔ αi ≤ βi ∀1≤i≤n . Ist f eine (α + 1)-mal stetig partiell differenzierbare Funktion, so sei Dα f := D1α1 , . . . , Dnαn f = ∂ |α| f ∂ α1 x1 , . . . , ∂ αn xn Für x = x1 .. α n α α . ∈ R sei x = x1 1 . . . xnn das Monom zum Exponent α . xn 31.2 Satz Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ R k-mal stetig partiell differenzierbar. Sei x ∈ U , ξ ∈ U , ξ ∈ Rn und ² > 0 so, dass x + t · ξ ∈ U ∀t∈(−²,1+²) g : (−², 1 + ²) −→ R, g(t) := f (x + t · ξ) k-mal stetig partiell differenzierbar und es gilt dk g (t) = g (k) (t) = dtk X α∈Nn ,|α|=k k! α D f (x + t · ξ)ξ α α! 31.3 Satz(Taylorsche Formel) Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ R k-mal stetig partiell differenzierbar. Sei αx ∈ U , ξ ∈PRn mit P f (x) x + t · ξ ∈ U ∀t∈[0,1] . Dann existiert ein θ ∈ [0, 1] so, dass f (x + ξ) = |α|≤k D α! · ξ α + |α|=k+1 Dα f (x+θ·ξ) α ξ . α! Beweis von 31.3 Zeige durch vollständige Induktion über k (31.1)g k (t) = n X (Dik · · · Di1 f )(x + t · ξ) · ξi1 · · · ξik i1 ,··· ,ik =1 Für k = 1 folgt dies aus der Kettenregel (Satz 30.8) g 0 (t) = (grad f )(x + t · ξ) · ξ = n X Di f (x + tξ) · ξi i=1 31 Auch Induktionsschritt folgt mit Kettenregel n X d g k+1 (t) = (Dik · · · Di1 f )(x + t · ξ)ξi1 · · · ξik dt i1 ,··· ,ik=1 | {z ” } “ Pn = n X Dj j=1 = n X i1 ,··· ,ik=1 n X Dik ···Di1 f (x+t·ξ)ξi1 ···ξik ) (Dik · · · Di1 f )(x + t · ξ)ξi1 · · · ξik · ξij i1 ,··· ,ik=1 (Dik+1=1 Dik · · · Di1 f )(x + t · ξ) · ξi1 · · · ξik+1 ⇒ (31.1) i1 ,··· ,ik+1 Kommt (i1 , . . . , ik ) ∈ 1, . . . , nk die 1 α1 − mal, die 2 α2 − mal, . . . und n αn − mal vor, sot gilt |α| = α1 + . . . + αn = k und nach Korollar 29.9 ist Dik · · · Di1 f (x + t · ξ)ξi1 · · · ξik = D1α1 · · · Dnαn f (x + t · ξ) · ξ1 · · · ξn = Dα f (x + t · ξ)ξ α k! Behauptung: Zu α ∈ N mit |α| = k gibt es genau α! verschiedene k-Tupel (i1 , . . . , ik ) ∈ 1, . . . , nk in denen ν ∈ 1, . . . , n genau αν − mal vorkommt. Begründung: Sei etwa (i1 , . . . , ik ) ein solches Tupel. Es gibt k! Möglichkeiten i1 , . . . , ik in verschiedener Reihenfolge anzuordnen (nämlich iσ(1) , . . . , iσ(k) für σ ∈ Sk und #Sk = k!). Aber α! = α1 ! · . . . · αn ! dieser Möglichkeiten liefert dasselbe Tupel (da #(Sα1 × Sα2 × . . . × Sαn ) = α!). ⇒ Beh. Wendet man (31.1) und Behauptung an, so folgt der Satz. 2 31.3 Satz ∃θ ∈ [0, 1]f (x + ξ) = X X Dα f (x) ξα + α! |α|≤k |α|≤k+1 Dα f (x + θξ) α! Beweis: Betrachte g : (−², 1+²) −→ R, g(t) = f (x+t·ξ) mit ² > 0 geeignet. Nach 31.2 ist g (k +1)−mal stetig differenzierbar und die Taylorformel mit der Lagrangeschen Form des Restgliedes liefert ein θ ∈ [0, 1] so, dass k X g (m) (0) g (k+1) (θ) g(1) = + m! (k + 1)! m=0 Mit Formel aus Satz 31.2 folgt die Behauptung. 2 31.4 Korollar Seien U ⊆ Rn of f en, f : U −→ R k-mal stetig partiell differenzierbar, x ∈ U und δ > 0 mit Bδ (x) ⊆ U . Dann gilt für ξ ∈ Rn mit kξk < δ (also mit x + ξ ∈ U ) f (x + ξ) = X Dα f (x) ξ α + φ(ξ), wobei φ : Bδ (0) −→ R eine Funktion mit α! |α|≤k φ(ξ) lim ξ→0,ξ6=0 kξkk 32 = 0 und φ(0) = 0 ist. Beweis: Zu ξ ∈ Bδ (0) existiert nach Satz 31.3 ein θ = θ(ξ) ∈ [0, 1] mit f (x + ξ) = X |α|=k−1 = rα (ξ) = X Dα f (x + θξ) Dα f (x) α ξ + ξ −α α! α! |α|=k X X Dα f (x) ξα + rα (ξ) · ξ α mit rα : Bδ (0) −→ R, α! |α|≤k Dα f (x + θξ) − α! |α|=k α D f (x) P Aus der Stetigkeit von Dα f folgt limξto0 rα (ξ) = 0 . Wir müssen φ(ξ) = |α|=k rα (ξ) · ξ α definieren. P φ(ξ) |φ(ξ)| |rα (ξ)|·|ξ α Dann gilt φ(0) = 0 und limξ→0,ξ6=0 kξk und für |α| = k gilt k = 0, dann kξkk = |α|=k kξkk |ξ α | |ξ1 |α1 · · · |ξn |αn = ≤1 k kξk kξkα1 · · · kξkαn ⇒ Behauptung 2. 31.5 Definition Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ R k-mal stetig partiell differenzierbar. Der k-Jet oder das k-te Taylorpolynom von f ein Entwicklungspunkt x ∈ U ist das Polynom (jxk f )(ξ) = X Dα f (x) · ξ α in ξ. α! |α|≤k Ist k = ∞, so ist der Jet oder die Taylorreihe von f im Entwicklungspunkt x ∈ U die Potenzreihe (jx∞ f )(ξ) = X Dα f ξα. α! |α|=0 31.6 Beispiel Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ Rn k-mal stetig partiell differenzierbar und x ∈ U . k=0: Dann ist f stetig, nur α = (0, . . . , 0) erfüllt |α| = 0 und der Nulljet ist (jx0 f ) = f (x) k=1: Die Mulitindizes α mit |α| = 1 sind ej (0 . . . 010 . . . 0) (1 an j-ter Position). Für j ∈ 1, . . . , n. Es ej ist |ej | = 1, e0j1 und ξ ej = ξej . Also D ejf!(x) ξ ej = Dj f (x) · ξj . Damit folgt für den 1-Jet (jx1 f )(ξ) = P f (x) + nj=1 Dj f (x) · ξj = f (x) + (grad f )(x) + (grad f )(x) · ξ und Korollar 31.4 liefert für k = 1 gerade Differenzierbarkeit von f aus stetig partieller Differenzierbarkeit. k=2: Wir haben folgende Multiindizes α ∈ Nn mit |α| = 2 . Die Multiindizes 2 · ei für i ∈ 1, . . . , n und ei + ej für i < j und 1 ≤ i, j ≤ n. Es gilt D2·ei = Di2 f, Dei +ej f = Dij , (2ei )! = 2, (ei + ej )! = 1 33 ξ 2ei = ξ 2 , ξ ei +ej = ξi · ξj . Damit gilt für den 2-Jet (jx2 f )(ξ) = f (x) + (grad f )(x) · ξ + P2 (ξ), wobei P2 (ξ) = n X D2 f (x) i 2 i=1 = X ξ2 + Di Dj f (x)ξi ξj 1≤i≤j≤n n 1 X · Di Dj f (x)ξi ξj (da Di Dj f (x) 2 i,j=1 1 1 = Dj Di f (x) = ξ t · (Hessf )(x) · ξ = 2 2 1 = · < ξ, (Hessf )(x) · ξ > mit folgender Definition. 2 31.7 Definition Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ Rn 2-mal stetig partiell differenzierbar. Dann heißt die n × n-Matrix (Hessf )(x) := (Di Dj f (x))1≤i,j≤n ∈ Mn (R) die Hessesche Matrix von F in x ∈ U . 31.8 Korollar Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ Rn 2-mal stetig partiell differenzierbar und x ∈ U . i) (Hess f)(x) ist eine symmetrische Matrix ii) Wähle δ > 0 mit Bδ (0) ⊆ U . Dann gilt für ξ ∈ Bδ (0)Rn f (x + ξ) = f (x) + (grad f )(x) · ξ + ξ t (Hessf )(x)ξ + φ(ξ), wobei φ : Bδ (0) −→ 0 mit φ(0) = 0 und limξ→0,ξ6=0 φ(ξ) kξk2 = 0. Beweis: i) folgt, da Di Dj f = Dj Di f nach 29.8 und ii) folgt aus Beispiel 31.6 und Korollar 31.4 2. 31.9 Definition Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ R Funktion i) Ein Punkt x ∈ U heißt lokales Minimum (bzw. lokales Maximum) falls eine offene Umgebung V von x in U existiert so, dass f (x) ≤ f (y) (bzw f (x) ≥ f (y)) für alle y ∈ V gilt. Gilt sogar f (x) < f (y) (bzw f (x) > f (y)) für alle y ∈ V \{x}, so heißt x isoliertes lokales Minimum (bzw Maximum). Ein lokales Extremum ist ein lokales Minimum oder ein lokales Maximum. ii) Sei f partiell differenzierbar. Ein Punkt x ∈ U heißt kritisch, falls (grad f )(x) = 0 gilt. In diesem Fall heißt f(x) ein kritischer Wert. 34 31.10 Satz(notwendiges Kriterium für lokale Extrema) Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ R partiell differenzierbar. Besitzt f in x ∈ U ein lokales Extremum, so ist x kritisch, d.h. grad f (x) = 0. Beweis: Wähle δ > 0 mit Bδ (x) ⊆ U . Für 1 ≤ i ≤ n betrachte gi : (−δ, δ) −→ R, gi (t) := f (x + t · ei ). Mit f hat auch gi ein lokales Extremum und zwar in Null. Analysis I gi0 (0) = 0. Kettenregel gi0 (t) = Di f (x + t · ei ) ⇒ Di f = 0 ⇒ 31.11 Bemerkung Für x, y ∈ Rn und A ∈ Mn (R) gilt grad(x) = (Di f (x), · · · , Dn f (x)) = 0.2. a11 . . . a1n .. · .. xt Ay = (x1 , . . . , xn ) ... . . an1 . . . ann y1 .. =< x, Ay > . . yn Insbesondere (A = En ) gilt xt · Ay = xt · At · y = (Ax)t · y =< Ax, y >. 31.12 Definition Sei A ∈ R symmetrisch. i) A heißt positiv definit, falls < ξ, Aξ >> 0 ∀ξ∈Rn \{0} ii) A heißt positiv semidefinit, falls < ξ, Aξ >≥ 0 ∀ξ∈Rn \{0} iii) A heißt negativ definit, falls < ξ, Aξ >< 0 ∀ξ∈Rn \0 iv) A heißt negativ semidefinit, falls < ξ, Aξ >≤ 0 ∀ξ∈Rn \{0} v) A heißt indefinit, falls η, ξ ∈ Rn mit < ξ, Aξ >> 0 und < η, Aη >< 0 existieren. 31.13 Satz Sei U ∈ Rn offen, f : U −→ R zweimal stetig differenzierbar, x ∈ U und x ein kritischer Punkt für f (d.h. grad f (x) = 0). Dann i) (Hessf )(x) positiv definit ⇒ f hat in x lokales Minimum ii) (Hess f )(x) negativ definit ⇒ f hat in x lokales Maximum iii) (Hess f )(x) indefinit ⇒ f hat in x ein kompaktes Extremum Beweis: Sei A := (Hessf )(x). Nach Korollar 31.8 existiert δ > 0 so, dass für ξ ∈ Bδ(0) gilt (31.2)f (x + ξ) − f (x) + 1 φξ < ξ, Aξ > +φ(ξ) mit lim . ξ→0 kξk2 2 Zu gegebenem ² > 0 existiert dann 0 < δ 0 < δ mit |φ(ξ) ≤ ²kξk2 ∀ξ ∈ Bδ (0). 35 i) Sei A positiv definit und S := {ξ ∈ Rn |kξk = 1} die Sphäre vom Radius 1 Es ist Φ : Rn −→ R, x −→ kxk eine stetige Funktion und α{1} ⊆ R abgeschlossen. Also ist S = Φ−1 {1} ebenfalls abgeschlossen. Ferner ist S ⊆ B2 (0) beschränkt. Als beschränkte und abgeschlossene Menge ist S nach Beispiel 30.11 stetig und nimmt auf dem Kompaktum S ihr Minimum an. Da < Aξ, ξ >> 0 ∀ξ∈Rn \{0} ist also α := inf {< ξ, Aξ > |ξ ∈ S} > 0 Zeige nun, dass (31.3) < ξ, Aξ >≥ α · kξk2 ∀ξ ∈ Rn . Für ξ = 0 ist dies klar. Für ξ 6= 0 sei 1 λ := kξk−1 > 0 und η := λξ ∈ S. Aus α ≤< η, Aη > = < Aξ, Aλξ > = λ2 · < ξ, Aξ > = kξk 2 α 0 2 < ξ, Aξ > ⇒ (31.3). Wähle δ > 0 mit |φ(ξ)| ≤ 4 · kξk ∀ ξ ∈ Bδ0 (0). Dann folgt mit (31.2) und (31.3) f (x + ξ) ≥ = also 1 α f (x) + αkξk2 = kξk2 2 4 1 2 f (x) + αkξk 4 f (x + ξ) > f (x)∀ξ∈Bδ0 (0)\{0} . ii) Ist (Hessf )(x) negativ definit, so betrachte −f an der Stelle von f. Dann ist ii) auf i) zurückgeführt. (Zu i) isoliertes Minimum, zu ii) isoliertes Maximum) iii) Sei A := (Hessf )(x) indefinit. Es ist zu zeigen, dass in jeder Umgebung von x Punkte y, y 0 mit f (y) < f (x) < f (y 0 ) existiert. Da A indefinit, existiert ξ ∈ R2 \ {0} mit < ξ, Aξ >= β > 0. Für kleine t ∈ R gilt nach (31.2) f (x + t · ξ) = = und 1 < tξ, Atξ > +φ(tξ) 2 β f (x) = t2 + φ(tξ) α β |φ(t · ξ)| ≤ t2 . α f (x) + Es folgt f (x + t · ξ) > f (x)∀t.....δ Ebenso zu η ∈ Rn mit < η, Aη >< 0 finde kleines t ∈ R mit f (x + t · ξ) < f (x) ⇒ Behauptung 2. 31.14 Beispiel Sei c ∈ R fest und f : Rn −→ R, f (x, y) = i) f (x, y) = x2 + y 2 + c hat in 0 isoliertes Minimum , da µ ¶ x ( grad f ) = (2x − 2y) = 0 y µ ¶ µ ¶ µ ¶ x 0 0 ⇔ = und (Hessf )(x) y 0 0 µ ¶ 2 0 = ist positiv definit . 0 2 36 µ ii) f (x, y) = x2 − y2 + c. Hier ist grad f µ (Hessf )(x) x 0 ¶ µ = x y ¶ 2 0 0 2 = (0, 0) für x = 0 ∧ y = 0 und ¶ ist indefinit d(x, y) = x2 − y 2 + c iii) Ist (Hess f )(x) semidefinit in einem kritischen Punkt, so lassen sich keine allgemeinen Aussagen machen. Beispiel: f (x, y) = x2 + y 4 hat in (0, 0) ein isoliertes Minimum f (x, y) = x2 hat in (0, 0) ein nicht-isoliertes Minimum f (x, y) = x2 + y 3 hat in (0, 0) µ kein ¶ lokales Extremum µ ¶ µ ¶ 0 0 2 0 und in allen Fällen ist grad f = (0, 0) und (Hess f ) = indefinit. 0 0 0 0 §32 Normen und Fixpunkte 32.1 Definition ¯ Für eine lineare Abbildung A : Rn −→ Rm sei kAk := sup{kAxk¯x ∈ Rn , kxk = 1} 32.2 Lemma i) ∀A ⊂ M (m × n, R) gilt kAk < ∞ und kAkx ≤ kAk · kxk ∀x∈Rn ii) Durch die Zuordnung k.kM (m × n, R) −→ R, A −→ kAk wird eine Norm auf dem R-Vektorraum M (m × n, R) definiert, d.h. a) kAk≥0 und (kAk = 0 ⇔ A = 0) ∀A ∈ M (m × n, R) b) kλAk = |λ| · kAk ∀λ∈R c) kA + Bk ≤ kAk + kBk ∀A, B ∈ M (m × n, R) Insbesondere wird durch d(A, B) := kB − Ak eine Metrik und eine Topologie auf M (m × n, R) definiert. iii) A ∈ M (m × n, R) ∀ B ∈ M (k × n, R) gilt: kBAk ≤ kBk · kAk. Beweis: √ i) Nach Lemma 30.9 gilt kAk ≤ m · n max{|aij |, 1 ≤ i ≤ m, 1 ≤ j ≤ n} < ∞, falls A = (aij ). Zweite Ungleichung ist klar für x = 0. Für x 6= 0 sei λ = kxk > 0. Dann gilt kAxk = |λ|kA λx k ≤ |λ| · kAk = kAk · kxk ⇒ i) ii) α trivial 37 Für λ ∈ R, A, B ∈ M (m × n, R) gilt: i) k(λA)xk = |λ|kAk ≤ |λ| · kAkkxk, also kλAk ≤ |λ|kAk(∗) i) |λ| · kAkkxk = kλAxk ≤ kλAk · kxk, also |λ|kAk ≤ |λ|kAk(∗∗) Aus (*) und (**) ⇒ b). i) Aus k(A + B)xk = kAx + Bxk ≤ kAxk + kBxk < kAkkxkkBkkxk < (kAk + kBk) · kxk ⇒ kA + Bk ≤ kAk + kBk ⇒ c) iii) folgt aus i) i) kB · A · xk ≤ kBk · kAxk ≤ kBk · kAk · kxk ⇒ kB · Ak < kBk · kAk2. 32.3 Lemma Zwei Normen k.k1 und k.k2 auf Rn sind äquivalent, d.h. es existiert α, β > 0 so, dass ..... α · kxk1 ≤ kxk2 ≤ βkxk1 . Insbesondere induzieren k.k1 und k.k2 diesselbe Topologie. Beweis: Offenbar definiert dies eine Äquivalenzrelation. Es genügt zu zeigen, dass eine beliebige Norm k.k1 auf Rk äquivalent zur Standardnorm k.k auf Rk ist. Sei S := {x ∈ Rk |kxk = 1}. Dann ist S kompakt und α = inf {kxk1 |x ∈ S} > 0, da k.k2 : Rk −→ R¯ stetig. Nach Konstruktion P gilt kxk1 ≥ αkxk für alle x ∈ Rk . Umgekehrt gilt mit β := k · max{kei k1 ¯i = 1, . . . , k}. Für x = ki=1 λi ei ∈ Rk folgt kxk1 4−U ngl ≤ k X |λi |kei k ≤ max{|λi |, 1 ≤ i ≤ k} · β i=1 ≤ v u k uX t λ2i · β = kxk · α2. i=1 32.4 Lemma Die Determinante det: Mn (R) −→ R ist eine stetige Funktion, die Gruppe Gln(R) der invertierbaren Matrizen ist offen in Gln(R) und die Abbildung inv: Gln(R) −→ Gln(R), A −→ A−1 ist stetig. Beweis: 2 Wir betrachten den Isomorphismus von R-Vektorräumen (32.1) Mn (R) −→ ˜ Rn der durch a11 . . . a1n .. .. −→ (a . . . a a . . . a ) .. . 11 1n 21 nn . . an1 . . . ann 2 gegeben ist als Identifikation. Dann wird auf Mn (R) = Rn vermöge 32.2 ii) und durch die Standard2 metrik auf Rn diesselbe Topologie definiert. Die Leibnizformel sagt: X 2 2 det : Mn (Rn ) = Rn , det(A) = sgn(σ)a1σ(1) . . . anσ(n) σ∈Sn 38 2 und dies ist offenbar stetig. Damit ist auch Gln(Rn ) = det−1 (R \ {0}) offen. Weiter ist | {z } of f en A− 1 = 1 · Ã, det(A) wobei à die zu A adjungierte Matrix bezeichnet. Auch diese Bildung ist stetig in den aij . 2 32.5 Lemma Sei A ∈ Mn (R) mit kAk < 1. Dann ist En − A invertierbar. Genauer gilt: Die Reihe (32.2) ∞ X Ak k=0 konvergiert in Mn (R) gegen inverse Matrix zu En − A. Beweis: Für Invertierbarkeit genügt es En − A injektiv zu zeigen. Angenommen, es existiert x ∈ Rn \ {0} mit (En −A)(x) = x−Ax = 0. Nach Voraussetzung gilt kAxk ≤ kAk·kxk < kxk im (WIDERSPRUCH!!) zu 2 Ax = x. Da Mn (R) ' Rn vollständig ist, kann man Konvergenz von (32.2) mit dem Cauchy-Kriterium zeigen. Es gilt ¯m ¯ m m ¯X ¯ X X ¯ ¯ Ak ¯ ≤ kAkk kAk k ≤ ¯ | {z } ¯ ¯ k=l k=l k=l <1 und für kAk < 1 ist Cauchy-Kriterium erfüllt. Aus ! Ã∞ ∞ ∞ X X X k Ak = En .2 Ak − A (En − A) = k=1 k=0 k=0 32.6 Lemma Sei U ⊆ Rn offen, f : U −→ R stetig partiell differenzierbar und ξ ∈ Rn mit x + t · ξ ∈ U ∀t∈[0,1] . Ist dann kDf (x + t · ξ)k ≤ M für ein M ≥ 0 und alle t ∈ [0, 1], so gilt kf (x + ξ) − f (x)k ≤ M · kξk Beweis: Dies folgt wie Korollar 30.17 aus dem Mittelwertsatz 30.16. Es gilt ° °µZ 1 ¶ ° ° ° Df (x + t · ξ dt · ξ ° kf (x + ξ)f (x)k = ° ° ° 0 ° °Z 1 ° ° ° ° Df (x + t · ξ) · ξ dt° = ° {z } ° ° 0 | ° Satz28.18 Z ∈Rn 1 ≤ kDf (x + t · ξ) · ξkdt 0 Z ≤ 0 1 kDf (x + t · ξ)k ·kξkdt ≤ M · kξk2 | {z } ≤M 39 32.7 Definition Sei (X, d) ein metrischer Raum. Eine Abbildung f : X −→ X heißt kontrahierend mit Kontrahierungskonstante λ ∈ [0, 1), wenn für alle x, y ∈ X gilt d(f (x), f (y)) ≤ λ · d(x, y) 32.8 Satz(Banachscher Fixpunktsatz) Sei (X, d) ein vollständiger metrischer Raum und f : X −→ X kontrahierend. Dann besitzt f genau einen Fixpunkt, d.h. es existiert genau ein x ∈ X mit f (x) = x. Ist x0 ∈ X beliebig und (xn )n∈N induktiv durch xn+1 = f (xn ) gegeben, so ist X = lim xn . n→∞ Beweis: Sei λ die Kontrahierungskonstante. Angenommen f (x) = x und f (y) = y. Dann d(x, y) = d(f (x), f (y)) ≤ λ · d(x, y). Da λ < 1 folgt d(x, y) = 0 ⇒ x = y. Zur Existenz: Sei x0 ∈ X beliebig und xn+1 = f (xn ) = f n+1 (x0 ) mit f n+1 = f ◦ . . . ◦ f : X −→ X. Zeige, dass | {z } n+1 (xn )n∈N eine Cauchy-Folge ist ∀ x, y ∈ X. ¡ ¢ d(f n x, f n y) ≤ λd f n−1 x, f n−1 y ≤ . . . ≤ λn d(x, y) für m ≥ n. ¢ ¡ ¢ ¡ d(xm , xn ) = d f n ◦ f m−n x, f n y = λn d f m−n (x0 ), x0 (4-Ungl.) ≤ λn · m−n−1 X m−n−1 X ¡ ¢ d f i+1 (x0 ), f i (x0 ) ≤ λn · λi d (f (x0 ), x0 ) i=0 i=0 1 ≤ λ d (f (x0 ), x0 ) · 1−λ n ⇒ (xn ) ist Cauchy-Folge: Da X vollständig, existiert x := limn→∞ xn ∈ X. Als kontrahierende Abbildung ist f : X −→ X stetig (wähle δ = ²). Daher f (x) = f ( lim xn ) = lim f (xn ) = lim Xn+1 = X.2 m→∞ n→∞ n→∞ §33 Der Satz über die Umkehrabbildung 33.1 Definition Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ Rm eine Abbildung. Dann heißt f k-mal stetig differenzierbar, falls f k-mal stetig partiell differenzierbar ist. Ist V ⊆ Rm offen und f : U −→ V k-mal stetig differenzierbar. Dann heißt f : U −→ V ek -diffeomorph oder in C k -Diffeomorphismus, falls f eine k-mal stetig differenzierbare Umkehrabbildung f −1 : V −→ U besitzt. Bezeichnung: C k (U, Rm ) = {f : U −→ Rm | f k-mal stetig differenzierbar} 33.2 Bemerkung Sei f : U −→ V stetig differenzierbar mit differenzierbarer Umkehrabbildung f −1 : V −→ U . Aus Kettenregel und f −1 ◦ f = idU , f ◦ f −1 = idV folgt für u ∈ U und v := f (u) ∈ V Df −1 (v) · Df (u) = En und Df (u) · Df −1 (v) = Em 40 Damit ist m = n und Df −1 (v) = (Df (u))−1 = [inv · Df ] (f −1 (v)) Insbesondere ist f −1 : V −→ U bereits C 1 und Df (u) ist invertierbar für alle u ∈ U . 33.3 Definition Seien U, V ⊆ Rn und f : U −→ V eine C 1 -Abbildung. Dann heißt f ¯lokal um u ∈ U diffeomorph invertierbar, wenn es offene v := f (u) gibt, so dass die Einschränkung f ¯U1 : U1 −→ V1 ein C 0 -Diffeomorph ist. 33.4 Satz über die Umkehrfunktion Seien U, V ⊆ Rn offen, u ∈ U und f :−→ V C 1 -Abbbildung. Dann ist f genau dann lokal um u ∈ U diffeomorph invertierbar, wenn Df (u) regulär, d.h. eine invertierbare Matrix ist. Beweis: Betrachte zunächst den Fall U = 0, v = f (u) = 0, Df (0) = En . Zu kleinem y ∈ V ist nun ein x ∈ U mit f (x) = y gesucht. Zu y ∈ V betrachte gy : U −→ Rn , gy (x) = y + x − f (x). Dann y = f (x) ⇔ gy (x) = x. Zeige, dass gy kontrahierend ist. Betrachte g : U −→ Rn , g(x) := g0 (x) = x − f (x). Dann gy (x1 ) − gy (x2 ) und gy kontrahierend, falls dies für g gilt. Aus Df (0) = En folgt Dg(0) = 0. Da gC 1 existiert ein r > 0 mit kDg(x)k ≤ 21 ∀x ∈ Kr (0). Aus 32.6 folgt für x1 , x2 ∈ Kr (0) 1 (33.1) kg(x1 ) − g(x2 )k ≤ kx1 − x2 k. 2 Speziell für x1 = 0 mit g(x1 ) induziert g eine Abbildung g : Kr (0) −→ K r2 (0). Damit induziert gy für y ∈ K r2 (0) eine Abbildung gy : Kr (0) −→ Kr (0), die nach (33.1) kontrahierend ist. der Banachsche Fixpunktsatz liefert (betrachte Kr (0) kompakt ⇒ vollständig) (33.2) ∀y∈K r (0) ∃!x∈Kr (0) : f (x) = y. 2 Sei ¯ r U1 := {x ∈ Rn ¯kxk < r ∧ kf (x)k < 2 = Br (0) ∩ kf k−1 (B r2 (0)) Dann ist U1 offene Umgebung von u = 0. Weiter ist f : U1 −→ f (U2 ) =: V1 bijektiv. Erhalte Umkehrabbildung ψ = f −1 : V1 −→ U1 . Zeige V1 offen und ψ = f −1 differenzierbar. (nach Bemerkung 33.2 ist f −1 dann bereits C 1 ). Für x, x0 ∈ Kr (0) gilt kx − x0 k = ≤ (33.3) kg(x) + f (x) − g(x0 ) + f (x0 ) ≤ kg(x) − g(x0 )k + kf (x) − f (x0 )k 1 · kx − x0 k + kf (x) − f (x0 )k 2 ⇒ kx − x0 k ≤ 2 · kf (x) − f (x0 )k ≤ r ∧ kf (x)k ≤ ⇒ kxk < r. Setze man x0 = 0 folgt: kxk r 2 41 Aus (32.2) folgt V1 = B 2r (0) und V1 ⊆ Rn ist offen. Wendet man (33.3) auf y = f (x), y 0 = f (x0 ) an, so folgt kψ(y) − ψ(y 0 )k ≤ 2 · ky − y 0 k Dies liefert Stetigkeit der Abbildung ψ. f : U −→ V, u ∈ U, v = f (u) Beweis: u = 0, v = 0, Df (u) = En , f (x) = y Zeige: ψ = f − 1 : V1 −→ U1 ist differenzierbar (g(x) = x−f (x)). Zunächst ist Df (x) = En −Dg(x) nach Lemma 32.5 für alle x ∈ U1 invertierbar, da für solche x bereits kDg(x)k ≤ 21 gilt: Sei y = f (x) ∈ V1 und φ = Bδ (x) −→ Rn und φ̃ : Bδ̃ (y) −→ Rn definiert durch (33.4)f (x + ξ) = f (x) + A · ξ + φ(ξ)∀ξ ∈ U1 (33.5)ψ(y + η) = ψ(y) + A−1 η + φ̃(η)∀η ∈ V1 , wobei A = Df (x). Es gilt limξ→0,ξ6=0 φ(ξ) kξk = 0 (33.6) und wir müssen zeigen: limη→0,η6=0 Wähle nun zu kleinem ξ ein η so, dass x + ξ = ψ(y + η). Dann liefern (33.4) und (33.5) y+η Wende A−1 φ̃(η) kηk = 0. = f (x + ξ) = y + A (ψ(y + η) − ψ(y)) − φ (ψ(y + η) − ψ(y)) an. ψ(y + η) = ψ(y) + A−1 η + A−1 φ(ψ(y + η) − ψ(y)) | {z } =φ̃(η) Betrachte φ̃(η) kηk = A−1 φ(ψ(y + η) − ψ(y)) kφ(ψ(y + η) − ψ(y))k kψ(y + η) − ψ(y)k ≤ kA−1 k · | {z } kηk kψ(y + η) − ψ(y)k kηk | | {z } {z } (1) (2) (3) Der (1). Term rechts ist beschränkt, der (2). geht für η → 0 gegen 0 nach (33.6), da limη→0 ψ(y + η = φ̃(η) kηk = 0 ⇒ ψ differenzierbar. Damit folgt Satz für u = 0, v = 0, Df (0) = En . Für beliebige f : U −→ V und u ∈ U , v ∈ V von A := Df (u) und f˜ gegeben als ¯ ¯ f˜ : Ũ := {x ∈ Rn ¯x + u ∈ U } −→ Ṽ := {y ∈ Rn ¯Ay + v ∈ V } ψ(y) und der dritte Term ist beschränkt ⇒ limη→0 mit f˜ f˜ Dann gilt = A−1 (f (x + u) − v) also = multA−1 ◦ addv ◦ f ◦ addu . f˜(0) = 0 und Df˜(0) = En . Dann besitzt f˜ lokal diffeomorphe Umkehrfunktion ψ̃ bei Null. Dann definiert ψ̃(y) = ψ̃(Ay − v) − u mit ψ = add−u ◦ ψ̃ ◦ multA−1 ◦ add−v , denn f = addv ◦ multA ◦ f˜ ◦ addu . 2 33.5 Korollar Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ Rn stetig differenzierbar. Es seien u ∈ U und r > 0 mit Kr (0) ⊆ U und kDf (x) − En k < 12 ∀x ∈ Kr (u). Dann gilt: i) Zu gegebenem Anlass y ∈ K r2 (f (x)) ∃!x ∈ Kr (u) mit f (x) = y ¯ ii) Ist δ < 2r , so ist f ¯B (u) injektiv und B δ (f (u)) ⊆ f (Bδ (u). δ 42 2 Beweis: i) folgt aus dem letzten Beweis ii) Für x ∈ Kr (u) ist kDf (x)k ≤ kDf (x) − En k + kEn k < 3 2 Nach 33.6 folgt kf (x) − f (u)k ≤ 23 · δ < 2r , falls x ∈ Kδ (u). Also x ∈ Kδ (u) ⇒ f (x) ∈ K r2 (f (u)). ¯ Nach i) ist f ¯B injektiv. Sei y ∈ B δ (f (u)), also y ∈ K δ (f (u)) für ein δ 0 < δ. Nach i) existiert δ(u) 2 2 ein x ∈ Kδ0 (u) ⊆ Bδ(u) mit f (x) = y. 2 33.6 Bemerkung Lokal differenzierbare Abbildungen kann man sich als lokale nichtlineare Koordinatentransformationen vorstellen. Ein C 1 -Diffeomorphismus f : U −→ V ⊆ Rn (U, V offen ) liefert krummlinige Koordinaten auf U. Den Koordinatenlinien ¯ {x + t · ei ¯t ∈ R} in V entsprechen Kurven ¯ {f −1 (x + t · ei )¯t ∈ R} ∈ U 33.7 Lemma i) Sei U ⊆ Rn offen und f, g ∈ C k (U, Rm ) ⇒ λf + µg , f, g ∈ C k (U, Rm ) ∀ λ, µ ∈ R ii) ∀ U ⊆ Rn offen ∀ f, g ∈ C k (U, Rn mit g(x) 6= 0 ∀ x ∈ U ⇒ f g ∈ C k (U, R) iii) ∀ U ⊆ Rm offen ∀ f ∈ C k (U, Rm ), ∀ g ∈ C k (V, Rp ) mit f : U −→ V gilt g ◦ f ∈ C k (U, Rp ) 2 iv) Nach Identifikation Gln(R) ⊆ Mn (R) = Rn sind die Abbildungen detMn (R) −→ R und inv : Gln(R) −→ Gln(R C ∞ )-Abbildungen. Beweis: Für k > 0 gilt f ∈ C k (U, Rm ), falls die Einträge Dj fi von Df in C k−1 (U, R) liegen. Zeige i) - iii) durch Induktion nach k. Für k = 0 kar nach Eigenschaften der Stetigkeit. Betrachte nur iii) ( i), ii) analog, aber einfacher). Laut Kettenregel ist = ((Df ) ◦ g ) · Dg D(g ◦ f ) | {z } |{z} | {z } C k−1 C k−1 Einträge sind nach Induktionsvoraussetzung ⇒ Einträge von D(g ◦ f ) sind C k−1 ⇒ Beh iii) Für iv) beachte, dass det nach Leibnizregel durch ein Polynom gegeben ist. Alle partiellen Ableitungen sind wieder Polynome und verschwinden für Ordnung ≥ n + 1. Ebenso sind die Einträge der adjungierten Matrix C ∞ -Funktionen. Aus A−1 = 1 · à detA folgt mit i) - iii) Beh 2. 33.8 Korollar 43 Ist die Abbildung f : U −→ V im Satz 33.4 eine C k -Abbildung, so ist auch jede lokale Umkehrfunktion von f eine C k -Abbildung. Beweis: Nach Bemerkung 33.2 ist Df −1 = inv(Df ) ◦ f −1 . Nach Voraussetzung und 33.7 ii) sin die Einträge von inv(Df ) bereits C k−1 -Abbildungen. Ist f −1 in C l für l ≤ k − 1, so sind die Einträge von Df −1 ebenfalls C l . Dann ist f −1 in C k+1 . Da f ∈ C 1 folgt induktiv f −1 ∈ C k 2. Beispiel(Polarkoordinaten) Betrachte die C ∞ -Abbildung µ Φ : (0, ∞) × R −→ R, mit der Jacobi-Matrix µ DΦ r φ ¶ µ = r φ ¶ µ −→ r · cos φ r · sin φ cos φ −r · sin φ sin φ r · cos φ ¶ ¶ µ ¶ r = r · cos2 φ + r sin2 φ = r > 0, ist Φ lokal und jedes (r, φ) ∈ (0, ∞) × R invertierbar. φ Es gilt (nachrechnen) µ µ ¶¶−1 µ ¶ cos φ sin φ r DΦ = cos φ − sin φ φ r r Da det Φ Setze Dann gilt µ x r = cos φ, y r x y ¶ µ r φ := Φ ¶ . = sin φ. Also ist µ µ ¶¶−1 à √ x r x2 +y 2 DΦ = −y φ 2 2 x +y √ y x2 +y 2 x x2 +y 2 ! µ = D(ψ) x y ¶ , falls ψ lokale Umkehrfunktion zu Φ ist. Man kann ein ψ explizit angeben. Sei etwa φ ∈ (− π2 , π2 ). Dann ist x = r · cos φ > 0. Seien U1 = (0, ∞) × (− π2 , π2 ), V1 = (0, ∞) × R. Dann sind U1 , V1 offene Umgebungen von (r, φ) und (x, y) ist C ∞ -Diffeomorphismus mit der durch ! µ ¶ à p 2 x̃ + ỹ 2 x̃ ψ : V1 −→ U1 , ψ = arctan x̃ỹ ỹ gegebene Umkehrfunktion. Beachte: Φ ist nicht injektiv auf (0, R × R. (r, φ) heißen Polarkoordinaten von (x,y). Nachtrag zum Beweis des Umkehrsatzes: Behauptet, dass kψ(y+η)−ψ(y)k beschränkt ist fur kleine η. kηk Begründung: Vorher ∀x, x0 ∈ Kr (0) gilt kx − x0 k ≤ . . . ≤ 12 kx − x0 k + kf (x) − f (x0 )k gezeigt ⇒ (33.3)kx − x0 k ≤ 2 · kf (x) − f (x0 )k 44 Dann gilt: kψ(y + η) − ψ(y)k k(x + ξ) − xk = nach (33.3)2. k(y + η − yk kf (x + ξ) − f (x)k §34 Implizite Funktionen und Mannigfaltigkeiten 34.1 Satz(Satz über implizite Funktionen) Seien U ⊆ Rn , V ⊆ Rk offen, f : U × V −→ Rk , (x, y) 7−→ f (x, y) eine C l -Abbildung (l ≥ 1) und (u, v) ∈ U × V , so dass f (u, v) = 0 und ! õ ¶ ∂fi det (u, v) 6= 0 gilt. ∂yj i≤i,j≤k Dann lässt sich die Gleichung f (x, y) = 0 lokal um (u, v) eindeutig durch C l -Funktionen nach y auflösen. Das bedeutet folgendes: Es gibt offene Umgebungen U1 ⊆ U von u und V1 ⊆ V von v und eine C l -Abbildung g : U1 −→ V1 so, dass gilt: i) g(u) = v ii) f (x, y(x)) = 0, ∀ x ∈ U1 iii) ∀ (x, y) ∈ U1 × V1 folgt aus f (x, y) = 0 bereits y = y(x). Skizze: Im kleinen Rechteck U1 × V1 sieht man den Graphen von g. Der Übergang von U × V zu U1 × V1 ist wesentlich. Der satz beschreibt die Lösungsmenge von f (x, y) = 0 lokal als Graphen einer Funktion. Beweis: Die Abbildung F : U ×V −→ Rn ×Rk , (x, y) 7−→ (x, f (x, y)) ist ebenfalls C l und hat die Jacobi-Matrix 1 DF = 0 .. . Damit ist det DF = det ∂fi ∂yj 0 1 ∂fi ∂xi µ³ 0 . ∂fi ∂yi ´ ¶ . Insbesondere ist detDF (u, v) 6= 0. Es gilt F (u, v) = (u, 0) und i,j Satz über die Umkehrfunktion liefert offene Umgebungen W ⊆ U × V von (u, v) und W̃ ⊆ Rn × Rk ¯ von (u, v) so, dass F ¯W : W −→ W̃ ein C l -Diffeomorphismus ist. Wähle nun offene Umgebungen U1 von u in U und V1 von v in V mit U1 × V1 ⊆ W . (Wähle z.B. δ > 0 mit Bδ (u, v) ⊆ W und U1 = B δ (u), 2 ¯ V1 = B δ ). Da F ¯ C l -Diffeomorphismus ist, existiert nach eventueller Verkleinerung von U1 so dass 2 (v) W U1 × 0 ⊆ W̃ zu jedem x ∈ U1 genau ein y ∈ Rk mit (x, y) ∈ W und F (x, y) = (x, f (x, y)) = (x, 0). Definiere g(x) = y und erhalte Abbildung g : U1 −→ Rk . Mit der C ∞ -Abbildung i2 : Rn −→ Rn × Rk , ¯ x 7−→ (x, 0), der C l -Umkehrabbildung. G : W̃ −→ W zu F ¯W und der C ∞ -Projektion pr2 : Rn −→ Rk , (x, y) 7−→ y gilt g(x) = pr2 ◦ G ◦ i2 (x). 45 Als Komposition von 3 C l -Abbildungen ist g ebenfalls C l . Da g stetig mit g(u) = v ist, können wir nach Verkleinerung von U1 auch g(U1 ) ⊆ V1 annehmen 2. 34.2 Bemerkung i) Das Problem f (x, y) = 0 zu lösen, wird durch die Transformation F in das Problem pr2 (x, y) = 0 zu lösen übersetzt: ii) Für die Jacobi-Matrix von g in u gilt: ³ ´ ∂gi ∂xj (u) 1≤j≤n,1≤i≤k ³ =− ´−1 ∂fi (u, v) ∂yj 1≤j,j≤k ³ · ∂fi ∂xj ´ 1≤j≤n,1≤i≤k := := := ∂g ∂x ∂f ∂v ∂f ∂x Beweis: Betrachte h : U1 −→ U × V , x 7−→ (x, g(x)). Dann gilt f ◦ h = 0, also nach Kettenregel 0 = d(f ◦ h)(u) = Df (u, v) · Dh(u) µ ¶ µ ¶ ∂f ∂f En = (u, v) (u, v) · ∂g ∂x ∂y ∂x (u) ∂f ∂f ∂g = (u, v) · En + (u, v) · (u) ∂x ∂y ∂x ³ Multiplikation mit ´−1 ∂f ∂y (u, v) liefert die Behauptung 2. 34.3 Beispiel P i) Seien a0 , . . . , an ∈ Rn und P (t) = nk=0 ak tk ∈ R[t]. Wir nenne α ∈ R eine einfache Nullstelle von P (t), falls P (t) = (t − α) · Q(t) für ein Polynom Q(t) mit Q(α) 6= 0 gilt. In diesem Fall ist P 0 (t) = Q(t) + (t − α) · Q0 (t), also P 0 (α) 6= 0. ii) Betrachte das allgemeine normierte Polynom vom Grad n f : Rn × Rn −→ R, f (x0 , . . . , xn−1 , t) = tn + xn−1 tn−1 + · · · + x1 t + x0 Sei x̃ = (x̃, . . . , x̃n−1 ) ∈ R fest gewählt. Dann ist f (x̃, t) ∈ R[t]. Sei α eine einfache Nullstelle von (x̃, t). Dann ∂f ∂t (x̃, α) 6= 0 nach i). Der Satz über implizite Funktionen liefert offene Umgebung U von x̃ ∈ Rn und eine Funktion g : U −→ R, so dass f (x, g(x)) = 0 für alle x ∈ U . Eine solche Funktion g heißt algebraische Funktion. 34.4 Definition 46 i) Eine Teilmenge M ⊆ Rn heißt k-dimensionale C l -Untermannigfaltigkeit, wenn gilt: Jede Punkt p ∈ M besitzt offene Umgebung U ⊆ Rn mit einem C l -Diffeomorphismus h : U −→ U 0 , wobei U 0 ⊆ Rn = Rk × Rn−k offen und h(U ∩ M ) = U 0 ∩ (Rk × ¯ 0) ist. Ein solches h heißt S Karte der Untermannigfaltigkeit und eine Familie {hi : Ui −→ Ui0 ¯i ∈ I} von Karten mit M ⊆ i∈I Ui heißt Atlas der Untermannigfaltigkeit M. ii) Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ Rk in u ∈ U differenzierbar. Der Rang von f in u ist der Rang des Differentials rgU (f ) := rg(Df (u)) ∈ N Der Punkt u ∈ U heißt kritischer Punkt von f, wenn rgU f < k ist und in diesem Fall heißt f (u) kritischer Wert von f. Ist x ∈ Rk kein kritischer Wert (bzw u ∈ Rn kein kritischer Punkt) so heißt x (bzw u) regulärer Wert (bzw Punkt). Insbesondere sind Punkte in Rk \ f (u) regulär. 34.5 Satz Sei U ⊆ Rn offen und f : U −→ Rk eine C l -Abbildung (l ≥ 1). Ist w ∈ Rk ein regulärer Wert von f, so ¯ f −1 ({w}) = {x ∈ U ¯f (x) = w} eine C l -Untermannigfaltigkeit der Kodimension k, d.h. der Dimension n-k des Rn . 34.6 Beispiele i) Sei U ⊆ R2 offen und f : U −→ R stetig differenzierbar. Dann ist für jeden regulären Wert w von f die Höhenlinie Nf (w) = f −1 ({w}) eine 1-dimensiolnale C − 1-Untermannigfaltigkeit des R2 . Ist w der Wert in einem lokalen Extremum von f, so ist w ein kritischer Wert von f und f −1 ({w}) ist im Allgemeinen keine Untermannigfaltigkeit. ii) Skizzen der Höhenlinien in lokalem Extremum und Sattelpunkt. P iii) Die Funktion f : Rn −→ Rf (x) = kxk2 = ni=1 x2i ist C ∞ mit Differential (Df )(x) = (grad f )(x) = 2 · (x1 , . . . , xn ). Damit ist 0 ∈ Rn der einzige kritische Punkt und f (0) = 0 der einzige kritische ¯ Wert von f. Sei r > 0. Dann ist ∂Kr (0) = {x ∈ Rn ¯kxk = r} = f −1 ({r}) eine (n−1)-dimensionale C ∞ -Untermannigfaltigkeit des Rn . Insbesondere ist die n-Spalte eine Untermannigfaltigkeit des Rn+1 Beweis von Satz 34.5 Zunächst betrachte, dass Φ Untermannigfaltigkeit des Rn jeder Dimension ist. Nach Definition liegen in f −1 ({w}) nur reguljäre Punkte. Sei u ∈ f −1 ({w}). g : U −→ ³ Für ´ ³ R, x ´7−→ g(x) = f (x) − w gilt ¯ ∂fi ∂fi −1 ¯ M := f ({w}) = {x ∈ U g(x) = 0}. Es gilt rg ∂xj (w) = rg ∂x (u) = k. Nach Umordnung j ´ ³ ∂gi (u) = k. Für die Abbildung φ : U −→ Rn mit der Koordinaten des Rn können wir rg ∂x j 1≤i,j≤k φ(x) = (g1 (x), . . . , gk (x), xk+1 , . . . , xn ) erhalte Jacobi: ∂g ∂g i i ∂xj 1≤i,j≤k ∂xj 1≤i≤k,k+1≤j≤n 1 .. 0 0 . 0 , 1 47 die nur offenbar rg = n hat. Nach Satz 33.4 existieren offene Umgebungen U1 von U und V1 von φ(u) = (0, . . . , 0, uk+1 , . . . , un ) so, dass φ : U1 −→ V1 ein C l -Diffeomorphismus ist. Nach Definition von φ gilt M = g −1 ({0}) = φ−1 ({0} × Rn−k ) also φ(U1 ∩ M ) = V1 ∩ ({o} × Rn−k ). Damit ist φ eine Karte von M um den Punkt u. §35 Der Tangentialraum 35.1 Definition Sei M ⊆ Rm+n eine m-dimensionale C l -Untermannigfaltigkeit (l ≥ 1). Nach Definition haben wir ¯ l -Diffeomorphismus offener Teilmen0 ¯ einen Atlas auf M, d.h. eine Familie {hi : Ui −→ Ui i ∈ I} von CS −1 m m+n 0 gen des R mit M ∩ Ui = hi (Ui ∩ (R × ({0}))) und M ⊆ i∈I Ui . Ein Vektor v ∈ Rm+n heißt Tangentialvektor an M im Punkt p ∈ M , falls eine stetig differenzierbare Kurve γ : (−², ²) −→ Rm+n zu einem ² > 0 mit γ(0) = p so, dass v = γ 0 (0) gilt. Die Menge der Tangentialvektoren heißt der Tangentialraum von M in p. Bezeichnung: Tp M . 35.2 Satz In der in 35.1 Definition beschriebenen Situation gilt: i) Tp M ist ein m-dimensionaler Untervektorraum des Rm+n ii) Ist h : U −→ U 0 ⊆ Rm+n eine Karte von M um p mit h(p) = 0 und h(U ∩ M ) = U 0 ∩ (Rm × {0}), so gib Tp M = (Dh)(p)−1 (Rm × {0}) · ¸ −1 m m+n (Dh)(p) m+n = Bild R × {0} ←→ R ,→ R · ¸ − m m+n (Dh)(p) 1 m+n = Bild R × {0} ,→ R ,→ R = (Dh−1 )(0)(Rm × {0}) Beweis: 0 0 m × {0}) ⊆ Rm . Sei p ∈ M und h : U −→ U 0 eine = 0. Sei V = U ∩ M und ¯ Karte mit h(p) ¯0 V 0 = U ∩ (R m−n 0 m 0 −1 −1 ¯ ¯ Dann ist V ⊆ R offen, ψ : h V : V −→ V bijektiv und ψ = h V : V −→ V ⊆ R ist stetig differenzierbar. Behauptung: Tp M = Bild [(...ψ − 1)(0) : Rm −→ Rm+n ] ⊆ : Sei γ : (−², ²) −→ U stetig differenzierbare Kurve mit γ(0) = p und γ(t) ∈ M ∀ t ∈ (−², ²). Dann ist auch ψ ◦ γ = h ◦ γ : (−², ²) −→ V 0 ⊆ U 0 eine stetig differenzierbare Kurve mit ψ ◦ γ(0) = ψ(p) = h(p) = 0. Die Kettenregel liefert aus γ = ψ − 1 ◦ (ψ ◦ γ) bereits γ 0 (0) = (Dψ −1 )(0)(ψ · γ)(0) = (Dψ − 1)(0) · w, mit w = (ψ ◦ γ)0 (0) ⊇ : Sei w ∈ Rm und γ̃ : (−², ²) −→ V 0 ⊆ Rm mit γ̃(t) · t · w. Also γ̃(0) = 0; γ̃ 0 (0) = w. Dann gilt für die Kurve γ := ψ −1 ◦ γ̃ bereits γ 0 (t) = (Dψ − 1)(0) · w. Insbesondere folgt i). Teil ¯ ii) folgt, wenn man (Dψ −1 )(0) = (Dh−1 )(0)¯Rm ×{0} und Dh−1 (0) = (Dhi(p)−1 ) betrachtet. Sei nun g wie in iii) gegeben und γ : (−², ²) −→ U ⊆ Rm+n wie in Definition 35.1 mit γ(0) = p. Dann 48 ist g ◦ γ = 0, also 0 = D(g ◦ γ) = (Dg)(p) · γ 0 = 0. Es folgt Tp M ⊆ ker [Dg(p) : Rm+n −→ Rn ]. Aus rg[Dg(p)] = n folgt dim ker ([Dg](p)) = (m+n)−n = m. Da nach i) auch dim Tp M = m ist, folgt Gleichheit 2. 35.3 Bemerkung ψ −1 i) Wird die Untermannigfaltigkeit M lokal um p ∈ M durch eine Karte Rm ⊇ V 0 −→ V ⊆ M ⊆ Rm+n parametrisiert, so beschreibt sich Tp M durch die lineare Approximation Rm (Dψ − 1)(0) −→ Tp M ⊆ Rm+n g ii) Wird M ¯lokal um p ∈ M durch die Gleichungen g beschrieben. p ∈ U −→ Rn . M ∩ U ={x ∈ U ¯g(x) = 0}, rgp (g) = n, so wird Tp durch die lineare Approximation der Gleichungen g beschrieben ¯ Tp M = {v ∈ Rm+n ¯[Dg(p)] · v = 0} iii) Ist in ii) n = 1, also g : U ¯−→ R, so besagt Dg(p) · v = 0 gerade grad (g)(p)v = 0. Also Tp M = grad(g)(p)⊥ = {v ∈ Rm+n ¯grad(p)v = 0} 35.4 Beispiel ¯ Ist M = S n−1 : {x ∈ Rn ¯g(x) = 0} für g : Rn −→ R,¯ g(x) = kxk2 − 1, so gilt grad (g)(x1 , . . . , xn ) = 2 · (x1 , . . . , xn ). Nach letzter Bemerkung ist {v ∈ Rn ¯ < v, p >= 0} 35.5 Definition i) Sei X ⊆ Rn und f : X −→ R. Sei N ⊆ X. Ein Punkt p ∈ N heißt lokales Minimum (bzw lokales Maximum) unter der Nebenbedingung N, falls eine offene Umgebung U von p in Rn existiert, so dass f (x) ≥ f (p) (bzw f (x) ≤ f (p)) ∀ x ∈ U ∩ N . Analog lokales, isoliertes Extremum unter Nebenbedinung N ii) Sei M eine C 1 -Untermannigfaltigkeit des Rn . Sei U ⊆ Rn¯ offen, M ⊆ U und f : U −→ R stetig differenzierbar. Dann heißt p ∈ M kritischer Punkt von f ¯M : M −→ R, wenn für jede C 1 -Kurve γ : (−², ²) −→ Rn mit γ(−², ²) ≤ M und γ(0) = p gilt, dass 0 ein kritischer Punkt von f · g : (−², ²) −→ R ist, (d.h.(f ◦ γ)0 (0) = 0). p heißt kritischer Punkt unter der Nebenbedingung M. 35.6 Lemma(Lokale Extrema unter Nebenbedingungen) In der Situation von Definition 35.5 ii) gilt: Ist p ∈ M ein lokales Extremum von f unter der Nebenbedingung M, so ist p ein kritischer Punkt von f unter der Nebenbedingung M. Beweis: Ist γ : (−², ²) −→ M Kurve wie in 35.5 ii), so liegt bei 0 ein lokales Extremum von f ◦ γ(−², ²) −→ R. Analysis I ⇒ (f ◦ γ)0 (0) = 0 und p ist kritisch unter der Nebenbedingung M. 35.7 Satz(Methode der Multiplikatoren von Lagrange) g1 .. m+n Seien U ⊆ R offen, g = . : U −→ Rn eine C 1 -Abbildung, p ∈ M mit rgp (g) = n, M gn 49 ¯ eine C 1 -Untermannigfaltigkeit der Dimension m von Rm+n mit M ⊆ U mit M = {x ∈ U ¯g(x) = 0}. Dann ist eine C 1 -Funktion f : U −→ R genau dann kritisch in p unter der Nebenbedingung M, wenn λ1 , . . . , λn ∈ R existieren, so dass D(f + λ1 g1 + . . . + λn gn )(p) = grad(f + λ1 g1 + . . . + λn gn ) = 0 Ist speziell n = 1, also M durch genau eine Gleichung g = 0 beschrieben, so besagt obiges: ∃λ ∈ R mit (gradf )(p) = λ(grad g(p)) Beweis: Bedingung an kritischen Punkten besagt 0 = (f ◦ γ)0 (0) = (Df )(p) · γ 0 (0) für alle γ wie oben. Dies ist äquivalent zu Tp M ⊆ ker(Df (p) : Rm + n −→ R) |{z} Linearf orm Rm+n , Der Vektorraum der Linearformen auf die auf dem m-dimensionalen Untervektorraum Tp M verschwinden, hat die Dimension (m + n) − m. Nach Satz 35.2 gilt hier Tp M : ker(Dg(p) : Rm+n −→ Rn . Die n-Zeilen, der Matrix Dg(p) sind linear unabhängige Linearformen auf Rm+n , die auf Tp M verschwinden, d.h. sie bilden eine Basis dieses Raumes. Also f kritisch unter der Nebenbedingung M ⇒ kerDg(p) = Tp M ⊆ kerDf (p) ⇒ Df (p) ist Linearkombination der Zeilen von Dg(p) n X ⇒ ∃λ1 , . . . , λn ∈ RDf (p) = − λi Dgi (p) i=1 ⇒ ∃λ1 , . . . , λn ∈ RD(f + λ1 g1 + . . . + λn gn (p) = 0 2. 35.8 Bemerkung Zur Bestimmung eines kritischen Punktes hat man m + 2n Gleichungen g(p) = 0 (n Gleichungen) grad(f + λ1 g1 + . . . + λn gn (p) = 0 (m + n Gleichungen) und die (m + 2n) Unbekannten (p, λ) ∈ Rm+n × Rn zu bestimmen 2. 35.9 Satz ¯ Sei A ∈ Mn (R) symmetrisch und M := sup{| < x, Ax > |¯x ∈ Rn , kxk = 1}. Dann ist µ < ∞ und µ oder −µ ein Eigenwert von A. Beweis: Pn Sei A = (aij ) und q : Rn −→ R, q(x) =< x, Ax >= xt Ax = i,j=1 aij xi xj . Suche Extrema von q ¯unter der Nebenbedingung kxk = 1. Betrachte g : Rn −→ R, g(x) = kxk2 − 1 und M = {x ∈ R¯g(x) = 0} = S n−1 . Da M kompakt ist, existiert ein p ∈ M mit µ = |q(p)| < ∞. Dann hat q in p ein lokales Extremum unter der Nebenbedingung g = 0. Nach Satz 35.7 existiert ein λ ∈ R mit (grad q) = λ · grad(g)(p). Nun ist grad g(x) = 2xt und (grad q)(x) = 2(Ax)t für allen x ∈ Rn nach Beispiel 30.11. Also 2(Ap)t = λ2pt und AP = λp und λ ist ein Eigenwert von A. Schließlich µ = |q(p)| = | < x, Ax > | = | < p, λp > | = |λ| · kpk = |λ|, da p ∈ S n − 1 2. 50 §36 σ-Algebren und Messräume Literatur: Bröcker, Analysis II Elstrod, Maß- und Integrationstheorie Cohn, Measure Theory Wollen Teilmengen M einer Menge X ein Maß M(M ) zuordnen: Hierunten wollen wir uns für M ⊆ X = R2 den Flächeninhalt von M und für M ⊆ X = R3 das Volumen von M vorstellen. Natürlich soll das Maßmit Vereingungsbildern etc. verträglich sein. Problem: Es zeigt sich, dass nicht jeder Teilmenge M ⊆ Rn auf sinnvollen Weise ein Maß zugeordnet werden kann. (Banach-Tarski-Paradoxon). Lösung: ¯ Wir definieren Maße nur auf Teilmengen M der Potenzmenge M ⊆ ℘(x) := {M ¯M ⊆ X Teilmenge} 36.1 Definition Sei X 6= ∅ eine Menge (deren Elemente wir Punkte nennen). i) Eine Menge M von Teilmengen von X (also M ⊆ ℘(x)) heißt ein Mengenring, falls gilt: a) ∅ ∈ M b) A, B ∈ M ⇒ A ∪ B, A ∩ B, A \ B ∈ M ii) Eine Menge M von Teilmengen von X heißt eine σ-Algebra auf X, falls gilt: a) ∅ ∈ M b) M ∈ M ⇒ M C := X \ M ∈ M ( M C = X \ M Komplement von M in X) ¯ S c) Ist {Mj ¯j ∈ N} eine abzählbare Familie von Mengen Mj ∈ M, so ist auch j∈N Mj ∈M iii) Eine Menge X zusammen mit einer σ-Algebra M auf X heißt ein Messraum (X, M ). Die Mengen in M heißen messbare Mengen. 36.2 Lemma i) Jede σ-Algebra ist ein Mengenring. ¯ ¯ ii) Ist T M eine σ-Algebra und {Mj j ∈ N} eine abzählbare Familie mit MJ ∈ M, so ist auch j∈N Mj ∈ M iii) Erfüllt M ⊆ ℘(x) die Bedingungen, a) ∅ ∈ M b) M ∈ M ⇒ M C ∈ M ¯ c) S Ist {Mj ¯j ∈ N eine abzählbare Familie paarweise disjunkter Mengen Mj ∈ M, so gilt j∈N ∈ M 51 so ist M bereits eine σ-Algebra. ¯ iv) Ist {Mj ¯j ∈ N} eine Familie von σ-Algebren auf X mit I 6= ∅, so ist auch \ M := Mi eine σ-Algebra auf X. i∈I Beweis: S i) Sei M σ-Algebra und A, B ∈ M. Dann liegen auch A ∪ B = j∈N Mj mit M0 := A, Mj := B für j ≥ 1 sowie A ∩ B = (AC ∪ B C )C und A \ B = A ∩ B C ∈ M . Ebenso gilt ∅ ∈ M ⇒ Behauptung. ³S ´C T C ii) folgt aus j∈N Mj = (Übungsaufgabe) j∈N Mj ¯ iii) Es ist Definition 36.1 ii) c) zu zeigen. Sei {Mj ¯j ∈ N} Familie mit Mj ∈ M. Dann ist: Mj0 à j−1 [ := Mj \ ! Mk ∈M k=0 ¯ und die Mengen {Mj0 ¯j ∈ N} sind paarweise disjunkt (Übungsaufgabe). Nun folgt c) aus [ Mj = j∈N [ M 0 ∈ M. ⇒ iii) j∈N iv) Zeige, dass M die Bedingung a), b), c) erfüllt. 2. 36.3 Definition i) Seien (X, M) und (Y, M) Messräume. Eine Abbildung f : X −→ Y heißt messbar, wenn für jede messbare Menge N ∈ N auch f −1 (N ) ∈ M messbar ist. ii) Sei X eine Menge und S ⊆ ℘(x) eine Menge von Teilmengen von X. Dann ist \ σ(S) := N N σ−Algebra auf X S⊆N nach 36.2 iv) eine σ-Algebra auf X. Dies ist die kleinste σ-Algebra auf X, die X enthält. σ(S) heißt die von S erzeugte σ-Algebra. 36.2 Lemma zu 36.2 iii) (a)(b) M ⊆ M ⇒ M C ∈ M und A, B ⇒ A ∩ B ∈ M im Beweis Mj0 := Mj \ à j−1 [ ! Mk = Mj ∩ à j−1 \ ! k=0 da j−1 [ k=0 52 Mk = k=0 MkC à j−1 [ k=0 ∈M !C Mk ∈ M, 36.4 Lemma Die Komposition messbarer Abbildungen ist messbar. Beweis: klar! 2 36.5 Lemma Sei (X, M) ein Messraum und f : X −→ Y eine Abbildung von Mengen. ¯ i) Durch f ∗ M := {N ⊆ Y ¯f −1 (N ∈ M)} wird auf Y eine σ-Algebra definiert. Dies ist die größte σ-Algebra für die f messbar ist und heißt das direkte Bild von M unter f. ii) Sei S ⊆ ℘(Y ). Dann ist die Abbildung f : (X, M) −→ (Y, σ(S)) genau dann messbar, wenn f −1 (S0 ) ∈ M ∀ S0 ∈ S. Beweis: i) folgt, da f −1 mit allen mengentheoretischen Operationen vertauscht: f −1 (∅) = ∅ f −1 (AC ) = f (A)C ¢ S −1 (A ) f i i∈IAi = i∈I f ¢ T −1 ¡T −1 f (Ai ) f i∈I Ai = ¡S −1 All dies rechnet man leicht nach. Dies impliziert, dass f ∗ M wieder eine σ-Algebra ist. Offenbar ist f ∗ M die größte σ-Algebra für die f messbar ist. ii) Offenbar ist f −1 (S0 ) ∈ M ∀ S0 ∈ S (schreibe kurz f −1 (S) ⊆ M), falls f messbar ist. Umgekehrt gelte f −1 (S) ⊆ M. Dann gilt S ⊆ f ∗ M. Da σ(S) die kleinste σ-Algebra ist, die S enthält, folgt σ(S) ⊆ f ∗ M. Es folgt (nach Defintion von f ∗ M), f ist (M, σ(S))-messbar. 2 36.6 Definition Sei X ein topologischer Raum und T ⊆ ℘(x) die Menge der offenen Teilmengen von X. Die von den offenen Mengen erzeugte σ-Algebra B(x) := σ(T ) heißt die Borelalgebra auf x. Insbesondere ist B(Rn ) bezüglich der Standardtopologie des Rn definiert. 36.7 Lemma Eine stetige Abbildung f : X −→ Y von topologischen Räumen ist bezüglich der Borelalgebren B(X) und B(Y ) messbar. Beweis: B(Y ) wird von den offenen Mengen U ⊆ X erzeugt. Für diese ist f −1 (u) offen in X, also f −1 (u) ⊆ B(x). Mit 36.5 ii) folgt Beh. 2 36.8 Lemma Jede der folgenden Teilmengen von ℘(R) bildet ein Erzeugendensystem von B(R): ¯ S1 = {A ∈ R¯ A abgeschlossen } ¯ S2 = {(−∞, a]¯a ∈ R} ¯ S3 = {(a, b]¯a, b ∈ Q} 53 Beweis: Wir zeigen B(R) ⊆ σ(S3 ) ⊆ σ(S2 ) ⊆ σ(S1 ) ⊆ B(R Für jede abgeschlossene Menge A ⊆ R ist AC ∈ B(R) als A = (AC )C ∈ B(R). Aus S1 ⊆ B(R) folgt σ1 (S1 ) ⊆ B(R), da B(R) eine σ-Algebra ist. Für a ∈ R ist (−∞, a] = [ [−n, a] ∈ σ(S1 ). Als S2 ⊆ σ(S1 ) und σ(S2 ) ⊆ σ(S1 ). n∈N,n≥|a| Für a, b ∈ Q ist (a, b] = (−∞, b] \ (−∞, a] ∈ σ(S2 ) ⇒ S3 ⊆ σ(S2 ) und σ(S3 ) ⊆ σ(S2 ). Ist U ⊆ R offen, so existiert zu jedem x ∈ U ein ¯ a = a(x) ∈ Q und b = b(x) ∈ Q, so dass x ∈ (a, b] =: Ix ⊆ U . Da Q abzählbar ist, ist die Menge {Ix ¯x ∈ U } abzählbar und U= [ Ix ∈ σ(S3 ) ⇒ B(R) ⊆ σ(S3 ).2 x∈U 36.9 Definition i) Sei M ⊆ X. Dann heißt die durch ½ χM (x) := 1, falls x ∈ M 0, falls x ∈ /M definierte Funktion die charakteristische Funktion von M. ii) Sei (X, M) ein Messraum und φ : X −→ R eine (M, B(R))-messbare Funktion. Dann heißt φ eine Stufenfunktion, falls φ nur endlich viele Werte annimmt. ¯ iii) Wir setzen R̄ = R ∪ {±∞}. Man prüft sofort, dass durch B(R̄) := {M ⊆ R̄¯M ∩ R ∈ B(R)} eine σ-Algebra auf R̄ definiert wird. Eine Funktion f : X −→ R̄ heißt auch numerische Funktion auf X. 36.10 Bemerkung i) Ist (X, M) Messraum und M ⊆ X, so gilt: χM messbar ⇔ M ∈ M ii) Die Funktion φ : X −→ R ist genau dann eine Stufenfunktion, wenn a1 , . . . , ak ∈ R und disjunkte Mengen M1 , . . . , Mk ∈ M existieren, so dass φ= k X ¡ ¢ ai χMi Mi := f −1 ({ai }) i=1 iii) Die Mengen (a, ∞] ⊆ R̄ für a ∈ R bilden Erzeugendensystem von B(R̄) Beweis: zu iii): ¯ Sei S = {(a, ∞]¯a ∈ R}. Da (a, ∞] ∩ R = (−∞, a]C ∈ B(R, ist S ⊆ B(R) und σ(S) ⊆ B(R). Umgekehrt 54 ¯ sei M ∈ B(R̄) also M0 := M ∩ R ∈ B(R). Da σ(S) ∩ R := {A ∩ R¯A ∈ σ(S)} eine σ-Algebra ist, die alle Mengen (−∞, a] = ((a, ∞] ∩ R)C enthält, folgt nach 36.8 bereits B(R) ⊆ σ(S) ∩ R. Ferner gilt \ {+∞} = (n, ∞] ∈ σ(S) n∈N {−∞} = \ (−n, ∞]C ∈ σ(S) n∈N Aus M0 ∈ B(R) = σ(S) ∩ R und {∞}, {−∞} ∈ σ(S) folgt M ∈ σ(S). 2 36.11 Satz Sei (X, a) ein Messraum. i) Eine Funktion f : X wenn für jedes a ∈ R die Menge ¯ −→ R ist genau dann (a, B(R))-messbar, − ¯ {f ≤ a} := {x ∈ X f (x) ≤ a} messbar ist. (= f 1((−∞, a])). ii) Eine ¯ Funktion f : X −→ R̄ ist genau dann messbar, wenn ∀ a ∈ R die Menge {f > a} := {x ∈ X ¯f (x) > a} messbar ist. f1 iii) Eine Abbildung f = ... X −→ Rn ist genau dann messbar, wenn alle Komponenten fn fi : X −→ R messbar sind. iv) Die messbaren Abbildungen X −→ Rn bilden einen Vektorraum. v) Ist f : X −→ Rn messbar, so auch |f | : X −→ Rn messbar. Sind f, g : X −→ R messbar, so auch f · g : X −→ R messbar. Beweis: i) folgt mit 36.8 aus 36.6 ii). Ebenso folgt ii) aus Bemerkung 36.10 iii) und 36.6 ii). Für iii) seien zunächst alle Abbildungen fi messbar. Die Mengen (−∞, a1 ] × . . . × (−∞, an ] für a1 , . . . , an ∈ R bilden ein Erzeugendensystem von B(R) (Übungsaufgabe) und \ \ f −1 ((−∞, a1 ] × . . . × (−∞, an ] = = 1n fi−1 ((−∞, ai ]) = = 1n {fi ≤ a} ∈ a i i Mit 36.6 ii) ist f messbar. Ist umgekehrt f messbar, so ist fi = pri ◦ f mit pri 15 x1 : Rn −→ R, ... − 7 → xi xn als Komposition menssbarer Funktionen messbar ( denn pri ist stetig, also messbar). Zu iv) und v): Für λ, µ ∈ R und f, g : X −→ R messbar ist λf + µg = F1 ◦ (f, g), |f | = F2 ◦ f, f · g = F3 ◦ (f, g)(n = 1!) mit (f, g) : X −→ R2n = Rn × Rn . x 15 7−→ (f (x), g(x))( ist messbar nach iii). Projektion 55 F1 : Rn × Rn −→ Rn , (x, y) 7−→ λx + µy F2 : Rn −→ R, x 7−→ |x| F3 : R × R −→ R, (x, y) 7−→ x · y. Die Abbildungen Fi sind stetig, also messbar. Als Komposition messbarer Funktionen sind λf + µg, |f |, f · g messbar 2. Ausblick: R P P φ = ai χMi , φ = ai · Maß(Mi ) 36.12 Satz ¯ Ist X eine Menge und (fj : X −→ R̄¯j ∈ N) eine Folge numerischer Funktionen, so können wir definieren: ¯ ¯ supj∈N fj = sup{fj ¯j ∈ N} : X −→ R̄, x 7−→ sup{fj (x)¯j ∈ N}; ¯ ¯ inf j∈N fj = inf{fj ¯j ∈ N} : X −→ R̄, x 7−→ inf{fj (x)¯j ∈ N}; limj∈N sup fj = inf sup fk : X −→ R̄, x 7−→ lim j∈N k≥j supj∈N fj limj∈N inf fj = sup inf fk : X −→ R̄, j∈N k≥j x 7−→ lim inf fj (x) j Ist lim inf Y ∈N fj = lim supj∈N fj , so konvergiert fi punktweise gegen f, und wir schreiben limj∈N fj = f . 36.13 Satz Sei (X, a) Messraum. i) Ist (fj )j∈N Folge messbarer Funktionen, f : X −→ R̄, so sind auch limj∈N supfj , limj∈N inf fj , inf j∈N fj , supj∈N fj : X −→ R̄ messbar. Konvergiert (fj )j∈N punktweise gegen f = limj→∞ fj : X −→ R̄, so ist f messbar. ii) Konvergiert die Folge messbarer Funktionen (fj )j∈N mit fj : X −→ R̄, die punktweise gegen f : X −→ R̄ konvergiert, so ist f messbar. iii) Die messbare Funktion f : X −→ R̄ erfülle f ≥ 0( also f (x) ∈ [0, ∞]). Dann existiert aufsteigende Folge von Stufenfunktionen 0 ≤ φ1 ≤ φ2 ≤ . . . mit φj : X −→ R, j ∈ N, die punktweise gegen f konvergiert, d.h. f = limj∈N φj = supj∈N φj . Beweis: i) Für a ∈ R sind die Mengen {supj∈N fj > a} = [ j∈N 56 {fj > a | {z } messbar messbar. Nach 36.11 ii) ist supfj messbar. Nach 36.11 iv) ist auch inf fj = −supj∈N (−fj ). j∈n Also ist auch limj∈N inf fj und limj∈N supfj messbar. Mitlim j ∈ N inf fj ist limj∈N fj messbar, falls existent. ii) folgt aus i) uns Satz 36.11 iii). iii) F ürj ∈ N>0 sei φj definiert durch j j·2 X φj (x) = j · χ{ f ≥ j}(x) + (k − 1) · 2−j χ{ (k − 1)2−j ≤ f < k2−j }(x) k=1 Dann prüft man, dass gilt a) 0 ≤ φj (x) ≤ φj+1 (x) ≤ f (x) b) |f (x) − φj (x)| < 2−j , falls f (x) < j. c) φj (x) = j, falls f (x) > j. Aus a) - c) folgt limj φj = supj φj = f (x). Insbesondere ist die Konvergenz auf den Mengen {f ≤ j} nach b) gleichmäßig 2. 36.14 Korollar Sei (X, a) ein Messraum. Dann ist f : X −→ R genau dann messbar, wenn sie punktweiser Limes von Stufenfunktionen ist. Beweis: Nach 36.13 ii) ist Limes von Stufenfunktionen messbar. Umgekehrt sei f : X −→ R messbar. Schreibe f = f + − f − mit f + = max(f, 0) und f − = − min(f, 0). Die Funktionen f + = 12 · (f + |f |), f − = 12 · (|f | − f ): X −→ [0, ∞] sind nach 36.11 messbar und nach 36.13 Limiten von Stufenfunktionen. Dann ist f = f + − f − Limes von Stufenfunktionen. 2 36.15 Bemerkung Das Wort Treppenfunktionen resenzieren wir für integrierbare Stufenfunktionen. §37 Maße, Maßfortsetzung und Lebesgue-Maß 37.1 Definition i) Wir rechnen im folgenden mit ∞ nach den Regeln: ∞·0 = 0·∞=0 ∞ · a = a · ∞ = ∞, falls 0 ≤ a ≤ ∞ ∞ + a = a + ∞ = ∞, falls 0 ≤ a ≤ ∞ 57 ii) Sei X eine Menge und ξ ≤ ℘(x). Eine Abbildung φ : ξ −→ [0, ∞] heißt a) monoton, wenn für A, B ∈ ξ mit A ⊆ B folgt φ(A) ≤ φ(B) b) additiv, wenn für alle A, B ∈ ξ mit A ∨ B ∈ ξ und A ∩ B = ∅ gilt φ(A ∪ B) = φ(A) + φ(B) c) S σ-additiv, wenn für alle Folgen (An )n∈N mit paarweise disjunkten Mengen Aj ∈ ξ mit j∈N Aj ∈ ξ gilt ! à X [ φ(An ) An = φ n∈N n∈N iii) Sei a ein Mengenring auf der Menge X. Ein Prämaß auf a ist eine σ-additive Abbildung. µa −→ [0, ∞] mit µ(∅) = 0. S Ein Prämaß µ heißt σ-endlich, falls eine Folge An ∈ a, n ∈ N existiert, mit X = n∈N An und µ(An ) < ∞ ∀ n ∈ N iv) Sei (X, a) ein Messraum. Ein Maß auf (X, a) ist ein Prämaß auf a, d.h. eine σ-additive Abbildung µ : a −→ [0, ∞] mit µ(∅) = 0. Ein Maßraum (X, a, µ) ist ein Messraum mit einem Maß µ. 37.2 Beispiel Sei (X, a) ein Messraum. i) Sei p ∈ X. Das Dirac-Maß δp ist für M ∈ a definiert durch ½ 1, falls p ∈ M δp (M ) = 0, falls p ∈ /M ii) Das Zählmaß I ist für M ∈ a definiert durch ½ #M I(M ) = ∞ falls M endlich sonst 37.3 Lemma Sei a Mengenring auf X und µ : a −→ [0, ∞] Prämaß. Dann gilt: i) µ ist monoton und additiv ii) Für Mengen A, B ∈ a gilt µ(A ∪ B) = µ(A) + µ(B) − µ(A ∩ B) S iii) Für eine Folge (An )n∈N von Menge An ∈ a mit n∈N An ∈ a gilt à ! ∞ [ X µ An ≤ µ(An ) σ-Subbadditivität n=0 n=0 iv) S Ist (An )n∈N eine aufsteigende Folge von Mengen in a, also An ⊆ An+1 für alle n ∈ N, mit n∈N An ∈ a, so ist à ! [ µ An = lim µ(An ) Stetigkeit von unten n=0 58 n→∞ Beweis: Aus µ σ-additiv folgt µ additiv. In ii) ist . . A ∪ B = (A ∩ B) ∪ (B \ A) ∪ (A \ B) eine disjunkte Vereinigung. Also µ(A ∪ B) = µ(A ∩ B) + µ(A \ B) + µ(B \ A), sowie µ(A) = µ(A \ B) + µ(A ∩ B) und µ(B) = µ(B \ A) + µ(A ∩ B) Zusammen folgt ii). i) Für A, B ∈ a mit A ⊆ B ist µ(B) = µ(A) + µ(B \ A) ≥ µ(A) ⇒ Monotonie. | {z } ≥0 ii) siehe oben iii) Es ist A0n := S An \ (A0 ∪ .S. . ∪ An−1 ) ∈ a. Die Folge (A0n )n∈N besteht aus paarweise disjunkten Mengen mit n∈N A0n = n∈N An ∈ a. Da µ σ-additiv und A0n ⊆ An ist, folgt à µ [ ! An n∈N à =µ [ ! A0n σ−add = n∈N X µ(A0n ) X M onotonie ≤ n∈N µ(An ). n∈N iv) Für aufsteigende Folge (An )n∈N wie in iv) in (Bn )n∈N mit B0 := A0 und Bn := An \ An−1 ∈ a eine Folge paarweise disjunkter Mengen mit à ! à ! [ [ [ S σ−add. An ∈ a. Also µ An = µ Bn = n∈N Bn = n∈N P n∈N n∈N µ(Bn ). Da An = B0 ∪ B1 ∪ . . . ∪ Bn eine disjunkte Zerlegung ist, gilt à ! n X [ µ(An ) = µ(Bk ) also µ An n∈N n∈N k=0 = X n∈N µ(Bn ) = lim n→∞ n X µ(Bk ) = lim n→∞ k=0 n X µ(An ) 2 k=0 37.4 Proposition Sei a Mengenring auf X und µ : a −→ [0, ∞] eine additive Abbildung mit µ(∅) = 0. Dann sind äquivalent: i) µ ist σ-additiv ii) µ ist σ-subadditiv (wie in 37.3 iii)) iii) Für jede aufsteigende Folge (An )n∈N ist a mit S n∈N An ∈ a gilt µ ¡S n∈N An ¢ = limn→∞ µ(An ) 59 Beweis: In 37.3 wurde bereits i) ⇒ ii), i) ⇒ iii) gezeigt. S Zeige ii) ⇒ i) Sei (An )n∈R Folge paaweise disjunkter Mengen mit n∈R An ∈ a. für Cn := A0 ∪ . . . ∪ An Pn liefert Additivität µ(Cn ) = k=0 µ(Ak ), und die σ−Subadditivität liefert à (37.1) µ à Da µ ! [ An n∈N [ ! An n∈N ≤ ∞ X µ(An ) = lim µ(Cn ) n=0 n→∞ à = µ(Cn ) + µ | ! [ Ak k>n {z ≥ µ(Cn ) } ≥0 Da (µ(Cn ))n∈N monoton steigt, folgt in (37.1) Gleichheit. Zeige iii) ⇒ i) Sei (An )n∈R Folge wie oben. Sei Cn := A0 ∪ . . . ∪ An ∈ a. Wende iii) auf (Cn )n∈R an und erhalte à ! à ! [ [ µ An = µ Cn = lim µ(Cn ) n∈N Da µ additiv ist µ(Cn ) = Pn k=0 µ(Ak ) n→∞ n∈N und limn→∞ µ(Cn ) = P∞ n=0 µ(An ). 37.5 Definition Sei X = R. Ein endliches Intervall in R ist ein offenes, halboffenes oder abgeschlossenes Intervall endlicher Länge (inklusive den einpunktigen Mengen). ¯ Sei B0 := {M ⊆ R¯ M ist endliche Vereinigung endlicher Intervalle in R} ⊆ ℘(R). 37.6 Lemma B0 ist ein Mengenring auf R. Beweis: S Sn Φ ∈ B0 , da Φ die leere Vereinigung ist. Seien nun A = m k=0 Ik , B = k=0 Ik ∈ B0 . mit endlichen Intervallen Ik und Jk . Dann ist A ∪ B = I0 ∪ . . . ∪ Im ∪ JS . ∪ Jn ∈ B0 . Da der Durchschnitt von 0 ∪ . .S m n zwei endlichen Intervallen wieder ein solcher ist, A ∩ B = k=0 k=0 Ik ∩ Jl ∈ B0 . Schließlich ist B \ A Sm Tn = k=0 l=0 (Ik \ Jl ) und da jedes Ik \ Jl ∈ B0 liegt, folgt die Behauptung. 2 37.7 Lemma Ist R ∞M ∈ B0 , so ist χM : R −→ R eine Treppenfunktion wie in der Analysis I betrachtet und wir können −∞ χM (t)dt als Treppenintegral definieren (vgl. Definition 13.2). Wir definieren Z λ : B0 −→ [0, ∞), λ(M ) = i) λ ist die eindeutig bestimmte additive Funktion ∀ a < b ∈ R. ii) λ definiert ein Prämaß auf dem Mengenring B0 . 60 ∞ −∞ R∞ −∞ χM (t)dt χM (t)dt −→ [0, ∞) mit λ([a, b]) = b − a Beweis: Offenbar ist λ(∅) = 0. Sind A, B ∈ B0 mit A ∩ B = ∅, so gilt Z Z Z χA∪B = χA + χB also λ(A ∪ B) = χA∪B (t)dt = χA (t)dt + χB (t)dt = λ(A) + λ(B), d.h.λ additiv. S Es genügt Stetigkeit von unten zu zeigen. Sei (An )n∈R aufsteigende Folge in B0 mit A := n∈N An ∈ . T B0 . Sei Bn := A \ An . Dann Bn ∈ B0 , Bn+1 ⊆ Bn ∀ n ∈ N und n∈N Bn = ∅. Aus A = An ∪ Bn folgt λ(An ) = λ(A), falls limn→∞ λ(Bn ) = 0. Sei ² > 0 gegeben. Zu jedem Bn wähle kompaktes Cn ⊆ Bn mit Cn ∈ B0 und λ(Bn \ Cn ) < 2²n . Für Dn := C0 ∩ . . . ∩ Cn ∈ B0 gilt Dn kompakt, Dn ⊆ Bn und Bn \ Dn M onotonie S S S P = Pnk=0 (Bn \ Ck ) ⊆ nk=0 (Bk \ Ck ). Als λ(Bn \ Dn ) ≤ λ ( nk=0 (Bk \ Ck )) ≤ nk=0 λ(Bk \ Ck ) ≤ nk=0 2²k = 2 · ². (Dn )n∈N absteigende Folge kompakter Mengen mit Dn ⊆ Bn und λ(Bn \ Dn ) < ². T T T T Aus n∈N Bn = ∅ folgt n∈N Dn = ∅. Also n∈N (DnC ) = ( n∈N Dn 16 )C = ∅C = R. Dann ist (DnC )n∈N eine offene Überdeckung der kompakten Menge Do . Also existiert n0 ∈ N mit D0 ⊆ D1C ∪ . . . ∪ DnC0 = DnC0 . Aus Dn0 ⊆ D0 ⊆ DnC0 folgt Dn0 = ∅ und Dn ⊆ Dn0 = ∅ für n ≥ n0 . Für n ≥ n0 folgt λ(Bn ) = λ(Bn \ Dn ) + λ(Dn ) < ² ⇒ limn→∞ λ(Bn ) = 0. 2 | {z } =0 Ziel: λ fortsetzen auf σ(B0 ) = B(R) 37.8 Satz(Maßfortsetzungssatz von Hahn) Sei a ein Mengenring auf der Menge X und µ ein σ-endliches Prämaß auf a. Dann lässt sich µ auf genau eine Weise zu einem Maß µ : σ(a −→ [0, ∞) auf der von a erzeugten σ-Algebra fortsetzen. Für M ∈ σ(a) gilt µ(M ) = inf { ∞ X µ(An )} wobei das Infimum über alle Folgen n=0 (An )n∈N in a mit M ⊆ [ n∈N gebildet wird. Beweis: Beweis später 2 37.9 Bemerkung Die σ-Endlichkeit von µ wir nur für die Eindeutigkeit der Fortsetzung gebraucht. 37.10 Definition Sei B σ-Algebra auf der Menge X. Ein äußeres Maß auf B ist eine Funktion µ∗ : B −→ [0, ∞) mit i) µ∗ (∅) = 0 ii) µ∗ (A) ≤ µ∗ (B), falls A ⊆ in B ¢ P ¡S ∗ iii) ∀ (An )n∈N in B gilt µ∗ n∈N An ≤ n∈N µ (An ) (σ-Subadditiv) 16 offen,da Dn abgeschlossen 61 37.11 Lemma P∞ ∗ Sei µ Prämaß auf Mengenring a auf X. Für Y ⊆ X S sei µ (Y ) = inf{ n=0 µ(An )} ∈∗[0, ∞), wobei das Infimum über allen Folgen (An )n∈N in a mit Y ⊆ n∈N An gebildet wird. Dann ist µ ein äußeres Maß auf der σ-Algebra ℘(x) aller Teilmengen von X und es gilt µ ∗ (A) = µ(A)∀ A ∈ a. Beweis: Zeige zuerst die letzte Gleichung: Sei AS∈ a. Aus A ⊆P A∪∅∪∅ . . . folgt µ∗ (A) ≤ µ(A): Zu S ² > 0 wähle nun eine Folge (An )P n∈N mit An ∈ a, ∞ ∞ ∞ ∗ 17 A ⊆ Pn∈N An und n=0 µ(An ) ≤ µ (A + ²). Da A = n=0 (An ∩ A) folgt µ(A) ≤ n=0 µ(An ∩ A) ∗ (A) also µ(A) = µ∗ (A). ≤ 18 ∞ µ(A ) ≤ µ N n=0 Zeige µ∗ ist ein äußeres Maß: Offenbar gelten i) und ii) in 37.10. Für iii) benutze wieder 2²n Argument. Sei (Yj )j∈N Folge von Mengen S P j ∗ in X und ² > 0 gegeben. Wähle Folge (Ajn )n∈N in a mit Yj ⊆ ∞ Ajn und ∞ n ) ≤ µ (Yj ) + n∈0 n=0 µ(A S S S P P j j ∞ ∞ ∞ ∞ ∞ ² ² ∗ ∗ . Dann ist Y := j=0 Yj ⊆ j=0 n=0 An und folglich µ (Y ) ≤ n,j=o µ(An ) ≤ j=0 (µ (Yj ) + 2j 2j P P ∞ ∗ ∗ ≤ ∞ j=0 µ(Yj ) + 2² ⇒ µ (Y ) ≤ j=0 µ (Yj ) σ-Subadditivität 2. 37.12 Definition Sei µ∗ ein äußeres Maß auf ℘(x) für eine Menge X. Dann heißt A ⊆ X µ∗ -messbar, wenn für jede Teilmenge z ⊆ X gilt µ∗ (Z) = µ∗ (Z ∩ A) + µ∗ (Z ∩ AC ). 37.13 Lemma (von Caratheodory) Sei µ∗ ein äußeres Maß auf ℘(x) für¯ eine Menge X. Sei a ⊆ ℘(x) die Menge der µ∗ -messbaren Mengen. Dann ist a∗ eine σ-Algebra und µ∗ ¯a∗ ein Maß auf a∗ . Beweis: i) ∅ ∈ a∗ ii) A ∈ a∗ ⇒ AC ∈ a∗ , klar nach Symmetrie iii) A, B ∈ a∗ ⇒ A ∩ B ∈ a∗ Begründung: Sei Z ⊆ X beliebig. Da A, C ∈ a∗ , folgt µ∗ = µ∗ (Z ∩ A) + µ∗ (Z ∩ AC ) µ∗ (A ∩ Z) µ∗ (Z ∩ (A ∩ B)C ) = µ∗ (A ∩ Z ∩ B) + µ∗ (A ∩ Z ∩ B C ) = (Z ∩ (A ∩ B)C ∩ A) + (Z ∩ (A ∩ B)C ∩ AC ) {z } | {z } | =A∩Z∩B C =Z∩AC Zusammengesetzt liefert µ∗ (Z) = µ∗ (Z ∩ (A ∩ B)) + µ∗ (Z ∩ (A ∩ B)C ⇒ A ∩ B ∈ a∗ iv) A, B ∈ a∗ ⇒ A ∪ B = (AC ∩ B C )C und A \ B = A ∩ B C ∈ a∗ , d.h. a∗ ist Mengenring. v) Seien A, B ∈ a∗ mit A ∩ B = ∅. Dann gilt für Z ⊆ X µ∗ (Z ∩ (A ∪ B)) = µ∗ (Z ∩ (A ∪ B) ∩ A) + µ∗ (Z ∩ (A ∪ B) ∩ AC ) = µ∗ (Z ∩ A) + µ∗ (Z ∪ B) 17 18 Prämaß σ-Subadditiv Monotonie 62 Induktiv folgt für paarweise disjunkte Mengen A0 , . . . , An ∈ a∗ µ∗ (Z ∩ (A0 ∪, . . . , ∪An )) = µ∗ (Z ∩ A0 ) + . . . + µ∗ (Z ∩ An ). vi) Sei (An )n∈N Folge paarweise disjunkter Mengen in a∗ und A := nach iv) und v) für alle n ∈ N S n∈N An . Dann gilt für Z ⊆ X µ∗ (Z) = µ∗ (Z ∩ (A0 ∪ . . . ∪ An )) + µ∗ (Z ∩ (A0 ∪ . . . ∪ An )C ) n X ≤ µ∗ (Z ∩ Ak ) + µ∗ (Z ∩ Ak ) k=0 Also µ∗ (Z) ≥ ∞ X µ∗ (Z ∩ Ak ) + µ∗ (Z ∩ AC ) k=0 µ∗ ein äußeres Maß ist, folgt ∞ X (Z ∩ A) ≤ µ∗ (Z ∩ Ak ), also µ∗ (Z) ≥ µ∗ (Z ∩ A) + µ∗ (Z ∩ AC ) Da µ∗ k=0 und ≤ folgt aus der σ-Subadditivität von µ∗ . Also Gleichheit und A ∈ a∗ . Also ist a∗ σ-Algebra. vii) Da µ∗ (∅) = 0 bleibt zu zeigen, dass µ∗ σ-additiv auf a ist. Sei (An )n∈N wie in vi) gewählt. Dann gilt nach v) mit Z = X ! Ã∞ à n ! ∞ [ [ M onotonie X σ−add. X v) ∗ ∗ ∗ µ∗ (Ak ) ≤ Ak ≤ µ µ (Ak ) = µ k=0 k=0 k=0 k=0 Limesübergang n → ∞ liefert Behauptung 2 Beweis des Maßfortsetzungssatzes 37.8 Existenz der Fortsetzung: Zum Mengenring a und Prämaß µ auf a bilde a∗ und µ∗ wie in 37.12 und 37.13. Dann ist σ(a) ⊆ a∗ zu zeigen. Es reicht a ⊆ a∗ zu zeigen. Sei also A ∈ a und Z ⊆ X beliebig. Da µ∗ äußeres Maß gilt (37.2) µ∗ (Z) ≤ µ∗ (Z ∩ A) + µ∗ (Z ∩ AC ) S Sei ² > 0 gegeben. Nach Definition von µ∗ inS37.12 existiert Folge (An )n∈N S in a mit Z ⊆ ∞ n=0 An und P ∞ ∞ ∞ ∗ (Z) + ². Dann ist Z ∩ A ⊆ C ⊆ C) µ(a ) ≤ µ (A ∩ A) und Z ∩ A (A ∩ A n n n k=0 n=0 n=0 Also µ∗ (Z ∩ A) + µ∗ (Z ∩ AC ) σ−subadd. ≤ X n=0 = ∞ X µ(An ∩ A) + ∞ X µ(An ∩ AC ) n=0 µ(An ) ≤ µ∗ (Z) + ² n=0 Da dies für alle ² > 0 gilt, folgt = in (37.2) also a ⊆ a∗ Eindeutigkeit der Fortsetzung: ¯ ¯ Sei µ die oben konstruierte Fortsetzung und v ein weiteres Maß auf σ(a) mit v ¯a = µ¯a Behauptung: µ = v. 63 S Da µ σ-endlich ist, existiert Folge (An )n∈N in a mit X = n∈N An und µ(An ) < ∞ ∀ n ∈ N. Wir können offenbar An ⊆ An+1 ∀ n ∈ N annehmen. Aufgrund der Stetigkeit des Maßes von unten, genügt es v(Y ∩ An ) = µ(Y ∩ An ) für alle n ∈ N und Y ∈ σ(a) zu zeigen. Also ist zu zeigen: Hat A ∈ a endliches Maß und ist Y∈ σ(a), Y ⊆ a, so gilt µ(Y ) = v(Y ). Nach Konstruktion von µ ist µ(Y ) = inf{ ∞ X µ(An )} = inf{ n=0 da Y v(An )}, n=0 ¯ ¯ µ¯a = v ¯a, wobei inf für alle (An )n∈N in a mit ∞ [ ⊆ gebildet wird. Für diese Folgen gilt n=0 v ∞ X (Y ) à monoton ≤ V ∞ [ ! An n=0 σ−subadd. ≤ ∞ X v(An ), n=0 also v(Y ) ≤ µ(Y ). Mit dem selben Argument folgt v(A\Y ) ≤ µ(A\Y ). Da A ∈ a ist µ(A) = v(A) < ∞. Aus µ(A) = v(A) = v(A \ Y ) + v(Y ) ≤ µ(A \ Y ) + µ(Y ) = µ(A) < ∞ folgt nun v(Y ) = µ(Y ) ∀ Y ∈ σ(a) 2. 37.14 Beispiel Wende Satz 37.8 auf Beispiel 37.5 an. Erhalte ein eindeutig bestimmtes Maß λ : B(R) = σ(B0 ) −→ R mit λ([a, b]) = b − a für alle a, b ∈ R mit a ≤ b. Dies ist das sogenannte 1-dimensionale Lebesgue-Maß . 37.15 Bemerkung In analoger Weise findet man das n-dimensionale Lebesgue-Maß λ als das eindeutig bestimmte Maß λn = λ : B(Rn ) −→ R mit λ([a1 , b1 ] × . . . × [an , bn ]) = n Y (bi − ai ) i=1 für alle ai , bi ∈ R mit bi ≥ ai (Details in der Literatur z.B. Cohn, Elstrodt, Bauer) 37.16 Definition Sei (X, a, µ) ein Maßraum i) Y ⊆ X heißt Nullmenge, falls A ∈ a existiert mit Y ⊆ A und µ(A) = 0. ii) Sei P (x) eine Eigenschaft ¯ von Punkten x ∈ X. Dann sagen wir, P gilt fast überall oder µ-fast überall, falls {x ∈ X ¯¬P (x)} eine Nullmenge ist. iii) Eine Teilmenge Y ⊆ X heißt µ-messbar, wenn Y sich als Y = A ∪ N für ein A ∈ a und eine Nullmenge N schreiben lässt. 37.17 Lemma Sei (X, a, µ) Maßraum und ā die Menge der µ-messbaren Teilmengen von X. Dann ist ā σ-Algebra 64 und auf ā existiert eindeutig bestimmte Fortsetzung µ̄ : ā −→ [0, ∞) von µ̄ mit (37.3) µ̄(A ∪ N ) = µ(A), falls A ∈ a und N Nullmenge . (X, ā, µ) heißt Komplettierung von (X, a, µ) Beweis: Offen ist ā σ-Algebra, denn nach σ-Subadditivität ist eine abzählbare Vereinigung von Nullmengen wieder eine Nullmenge. Definiere µ̄ durch (37.3). Es ist Wohldefiniertheit zu zeigen. Sei etwa B := A ∪ N = A0 ∪ N 0 mit A, A0 ∈ mathf raka und N, N 0 ∈ a mit N ⊆ M, N 0 ⊆ M 0 und µ(M ) = µ(M 0 ) = 0. Dann µ(A) ≤ µ(A0 ∪ M 0 ) ≤ µ(A0 ) + µ(M 0 ) = µ(A0 ) ≤ µ(A ∪ M ) ≤ µ(A) + µ(M ) = µ(A). Also µ(A) = µ(A0 ) | {z } =0 ⇒ Wohldefiniertheit. Da µ̄(∅) = µ(∅) = 0 bleibt σ-Additivität zu zeigen. Sei (Bn )n∈N Folge paarweise disjunkter Mengen in ā etwa Bn = An ∪ Nn mit An ∈ a und Nn Nullmenge. Dann sind die (An )n∈N paarweise disjunkt und ! ! Ã∞ Ã∞ [ [ [ [ Nn µ̄ Bn = µ̄ An ∪ An =µ n=0 n=0 n=0 n=0 | {z } | {z } ∈a = ∞ X µ(An ) = n=0 ∞ X N ullmenge µ̄(Bn ).2 n=0 37.18 Bezeichnung Ist (X, a, µ) ein Messraum und sind f, fn : X −→ R (n ∈ N) Funktionen, so schreibe z.B. f > 0 µ-fast überall ¯ −→ :⇔ {x ∈ X ¯f (x) ≤ 0} ist Nullmenge fn n → ∞ f µ − fast überall ¯ ¯ :⇔ {x ∈ X ¯fn (x)¯ konvergiert nicht gegen f (x)} ist Nullmenge. n∈N §38 Konstruktion des Integrals Sei (X, a, µ) ein Maßraum. Alle Aussagen in diesem Paragraphen beziehen sich auf (X, a, µ). 38.1 Definition Eine Funktion φ : X −→ R heißt eine Treppenfunktion, wenn φ nur endlich viele Werte annimmt und für jedes c ∈ R \ {0} die Stufe φ−1 ({c}) ∈ a messbar und von endlichem Maß µ(φ− 1({c}) < ∞ ist. Sind c1 , . . . , ck die paarweise verschiedenen Werte von φ und Mi := φ−1 ({c}) so heißt Z X φdµ = = 1k ci µ(Mi ) x i das Integral über die Treppenfunktion φ. Beachten Sie: 65 Konvention ci µ(Mi ) = 0, falls ci = 0 und µ(Mi ) = ∞. Die Menge aller Treppenfunktionen φ : X −→ R wird mit T (µ) bezeichnet. Für f ∈ T (µ) ist offenbar R auch |f | ∈ T (µ) und kf k1 := x |f |dµ heißt die L1 -Norm von f. 38.2 Lemma i) T (µ) ist ein R − V R, der mit f, g ∈ T (µ) auch f · g und |f | enthält ii) Das Integral von Treppenfunktionen def. lineare und monotone Abb: Z Z T (µ) −→ R, f 7−→ f dµ x x iii) die L1 -Norm definiert eine Semi-Norm auf T (µ), d.h. für φ, ψ ∈ T (µ) und λ ∈ R gilt: a) kφk1 = 0 b) kλφk2 = |λ| · kφk2 c) kφ + ψk2 ≤ kφk2 + kψk2 Vorsicht! Aus kφk1 = 0 folgt nicht φ = 0, sondern nur φ = 0 µ-fast überall. Beweis: einfaches Nachrechnen 38.3 Definition Eine L1 -Cauchy-Folge in T (µ) ist eine Folge (φn )n∈N von Elementen φn ∈ T (µ), so dass gilt: ∀²>0 ∃N ∈N ∀n,m>N : kφn − φm k1 < ² 38.4 Lemma(Konstruktionslemma) Eine L1 -Cauchy-Folge (φn )n∈N in T (µ) besitzt stets eine Teilfolge (φn )n∈N , die fast überall punktweise gegen eine Funktion f : X −→ R konvergiert und zwar so, dass es zu jedem ² > 0 ein z² ∈ a mit µ(z² < ² existiert, derart, dass diese Teilfolge (φnk )n∈N auf X \ Z² geleichmäßig gegen f konvergiert. Beweis: Wähle rekursiv eine Teilfolge (φk )k∈N von (φn )n∈N , so dass kφnk − φnl k1 ≤ 2−2k ∀ k ∈ N, ∀ l ≥ k. Ds ist möglich, da (φn )n∈N L1 -Cauchy-Folge ist. Die Mengen Yk := {|φnk+1 − φnk | > 2−k } sind messbar und Z s.o 2−k µ(Yk ) ≤ |φnk+1 − φnk | = kφnk+1 − φnk k1 ≤ 2−2k . Also µ(φk ) ≤ 2−k . x Für Zk := ∞ [ Yn folgt mit σ − Subadd.µ(Zk ) = µ( n=k ≤ X n≥k ∞ [ Yn ) n≥k µ(Yn ) ≤ ∞ X 2−n = 2 · 2−k . n=k ¡ ¢ P Für Z ∈ / Zk gilt |φnk+1 − φnk | ≤ 2−l für l ≥ k. Daher konvergiert die ReiheP ∞ l=0¡ φnl+1 − φn¢l auf X \ Zk gleichmäßig und µ(zk ) ≤ 2 · 2−k wird für große k beliebig klein. Mit ∞ nl konl=0 φnl+1 − φT vergiert auch die Folge (φnl )l∈N gegen eine Funktion f : X −→ R und zwar für jedes x ∈ X \ ∞ k=0 Zk 66 T T −k folgt µ ( ∞ Z ) = 0 2 und gleichmäßig auf X \ Zk . Wegen µ ( ∞ k=0 Zk ) ≤ µ(Zk ) ≤ 2 · 2 k=0 k 38.5 Lemma i) Sei (φn )n∈N eine L1 -Cauchy-Folge in T (µ). Dann ist auch konvergiert in R. ¡R ¢ x φn dµ n∈N eine Cauchy-Folge, also ii) Seien (φn )n∈N und (ψn )n∈N zwei L1 -Cauchy-Folgen in T (µ), die beide punktweise µ-fast überall gegen diesselbe Funktion f : X −→ R konvergieren. Dann gilt: Z Z lim kφn − ψn k1 = 0 insbesondere lim φn dµ = lim ψn dµ n→∞ n→∞ x n→∞ x Beweis: i) folgt aus ¯Z ¯ ¯Z ¯ Z Z ¯ ¯ ¯ ¯ 4U ngl. ¯ φm dµ − φn dµ¯ = ¯ (φm − φn )dµ¯ ≤ |φm − φn | dµ = |φm − φn |1 ¯ ¯ ¯ ¯ x x x x ii) Mit φn und ψn ist auch (τn ) mit τn = φn − ψn eine L1 -Cauchy-Folge, die µ-fast überall gegen 0 konvergiert. Es genügt limn→∞ kτn k1 = 0 zu zeigen. Die zweite Behauptung folgt dann aus ¯Z ¯ Z ¯ ¯ s.o. ¯ φn dµ − ψn dµ¯ ≤ kφn − ψn k1 = kτn k1 ¯ ¯ x x Es genügt limn→∞ kτn k1 = 0 für eine Teilfolge (τnk )k∈N zu zeigen. Wähle eine solche wie in 38.4 und bezeichne sie der Einfachheit halber wieder mit (τn )n∈N . Sei ² > 0 gegeben und wähle k ∈ N, so dass kτn −¯ τk k1 < ² ∀ n ≥ k. Ist τk ≡ 0, so folgt kτn k < ²∀ n ≥ k. Sonst ist kτk k∞ := sup{|τk (x)|¯x ∈ X} > 0. Wähle gemäß 38.4 ein z ∈ a, so dass (τn )n∈N auf X \ Z gleichmäßig konvergiert und µ(Z) < kτk²k∞ gilt. Es ist M := {τk 6= 0} ∈ a und µ(M ) < ∞. Also Z kτn k1 = x + und |τn |dµ ≤ Z Z |τn |(χz + χM \Z + χX\M )dµ = |τn |χz dµ + |τn |χM \Z x x Z Z Z Z 4U ngl χX\M dµ, wobei |τn |χz dµ ≤ |τn − τk |χz dµ + |τk |χz dµ ≤ kτn − τk k x + Z x x x x µ(Z) · kτk k∞ ≤ ² + ² = 2² Z ¯ |τn |χM \Z dµ ≤ sup{|τn (x)|¯x ∈ X \ Z}µ(M ) < ² für n ≥ N x = ≤ Z N (², k), da (τn )n∈N auf X \ Z gleichmäßig konvergiert. Weiter |τn |χX\M dµ x Z Z |τn − τk |χX\M dµ + |τk |χX\M dµ ≤ |τn − τk k1 + 0 < ², falls n ≥ k. Zusammen x x kτn k1 < ² für n ≥ max{N, K} ⇒ lim kτn k1 = 0. n→∞ 38.6 Definition Eine Funktion f : X −→ R heißt µ-integrabel oder Lebesgue-integrabel, wenn es eine L1 -Cauchy-Folge 67 (φn )n∈N in T (µ) gibt, die µ-fast überall punktweise gegen f konvergiert. Die nach Lemma 38.5 von der Wahl einer solchen unabhängige Zahl Z Z f dµ := lim φn dµ n→∞ x x heißt das Lebesgue-Integral von f über X. Ist Y messbar in X und f : X −→ R µ-integrabel, so ist auch f · χY integrabel (Übungsaufgabe) und wir setzen Z Z f dµ := f · χY dµ Y x Die Menge der µ-integrablen Funktionen wird mit L1 (X, a, µ) oder kurz L1 (µ) bezeichnet. 38.7 Satz(Eigenschaften des Integrals) i) L1 (µ) ist R − V R und R : L1 (µ) −→ R, f 7−→ R ist eine Linearform. R R ii) (Monotonie) Für f, g ∈ L1 (µ) mit f ≤ g µ-fast überall gilt x f dµ ≤ x gdµ x x f dµ iii) Ist Y ∈ a mit µ(Y ) < ∞, so ist χy integrabel und Z Z χy dµ = dµ = µ(y) x y iv) (Zerlegungseigenschaft) Sind Y, Z ∈ a mit Y ∩ Z = ∅ und ist f : X −→ R Funktion, so dass f · χY ∪Z integrabel ist, so sind auch f · χY und f · χZ integrabel und Z Z Z f dµ = f dµ + f dµ Y ∪Z Y Z v) Ist f : X −→ R integrierbar, so auch —f— und ¯Z ¯ Z ¯ ¯ ¯ f dµ¯ ≤ |f |dµ =: kf k1 ¯ ¯ x x vi) Die L1 -Norm L1 (µ) −→ R f 7−→ kf k1 eine Semi-Norm auf L1 (µ) in Sinne von 38.2 vii) Gilt für f, g : X −→ R bereits f ◦ g µ-fast überall, so ist f integrierbar genau dann, wenn g integrierbar ist. In diesem Fall ist Z Z f dµ = gdµ x x viii) f : X −→ R ist genau dann integrierbar, wenn f+ = Beweis: 68 1 (|f | + f ) und f− = f+ − f integrierbar sind. 2 i) Seien f, g integrierbar uns ∈ L1 (µ)λ, µ ∈ R. Dann existieren L1 -Cauchy-Folgen (φn )n∈N und n→∞ n→∞ (ψn )n∈N mit φn −→ f , ψn −→ g µ-fast überall. Dann ist (λφn + µψn )n∈N eine L1 -CauchyFolge, die µ-fast überall gegen λf + µg konvergiert. Also λf + µg ∈ L1 (µ) und µ Z ¶ Z Z Z Z Z (λf + µg)dµ = lim (λf + µg)dµ = lim λ φn dµ + µ ψn dµ = λ f dµ + µ gdµ n→∞ x x n→∞ x x x x ii) Monotonie folgt aus v) ¯Z ¯ Z Z ¯ ¯ vii) 0 ≤ ¯¯ (f − g)dµ¯¯ ≤ |f − g|dµ = (f − g)dµ x iii) folgt nach Def x x Z Z dµ = Y χY dµ = µ(Y ), da χY Treppenfunktion. n→∞ iv) Ist φn )n∈N eine L1 -Cauchy-Folge int T (µ) mit φn −→ f · χY ∪Z µ-fast überall, so betrachte (φn χY )n∈N und (φn χZ )n∈N in T (µ). Dann folgt Behauptung, da χY ∪Z = χY +χZ , falls Y ∩Z = ∅. n→∞ n→∞ v) Seien (φn )n∈N L1 -Cauchy-Folge mit φn −→ f µ-fast überall folgt |φn | −→ |f | µ-fast überall. Aus ||φm | − |φn | ≤ |φm − φn | folgt k|φm | − |φn |k1 ≤ kφm − φn k, d.h. (|φn |)n∈N bildet eine L1 -Cauchy-Folge. Durch Limesübergang folgt v) aus der entsprechenden Eigenschaft für Treppenfunktionen: ¯Z ¯ ¯ ¯ ¯Z ¯ Z Z Z ¯ ¯ ¯ ¯ |.|stetig ¯ ¯ ¯ f dµ¯ = ¯ lim ¯ ¯ ¯ φ dµ = lim φ ≤ lim |φ |dµ = |f |dµ n n¯ n ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ x n→∞ x n→∞ x n→∞ x x vi) folgt sofort aus 38.6 Definition vii) rechnet man direkt nach viii) klar. 38.8 Satz i) Ist f ∈ L1 (µ), so existiert eine messbare Funktion f˜ : X −→ R mit f = f˜ µ-fast überall. ii) Ist f ∈ L1 (µ), so gilt: kf k1 = 0 ⇔ f = 0 µ-fast überall. Beweis: n→∞ i) Wähle eine L1 -Cauchy-Folge (φn )n∈N in T (µ) mit φn −→ f . Dann ist f˜ := limn∈N supφn nach 36.13 iii) messbar, da φn messbar undf = f˜ µ-fast überall ii) Sei f ∈ L1 (µ). Offenbar ist nur ⇒ zu zeigen. Sei f˜ : X −→ R wie in i) gewählt. Nach 36.13 iii) existiert eine aufsteigende Folge (φn )n∈N in T (µ) mit φn ≥ 0 und limn→∞ φn = |f˜|. Da φn ≥0 M ontonie R R R f = f˜ µ-fast überall, folgt 0 = kf k1 = x |f |dµ = x |f f˜|dµ ≥ limn→∞ x φn dµ ≥ 0. Mit 69 ¡R ¢ R (φn )n∈N ist auch x φn dµ n∈N eine aufsteigende Folge in [0, ∞], also x φn dµ = 0 ∀ n ∈ N. Für ¡© ª¢ 1 m, n ∈ N gilt µ φn > m = 0, da µ½ ¾¶ Z Z 1 1 0≤µ φn > =m χφn > 1 dµ ≤ m φn dµ = 0. m m x m x ¯ 1 Da {|f˜| > 0} = {x ∈ X ¯∃m∃N ∀n≥N : φn (x) > } m ¾ [ [ \ ½ 1 φn > = folgt m m∈N N ∈N n≥N µ ¶ ∞ ³ ´ n o X 1 = µ {f˜ 6= 0} = µ |f˜ > 0 ≤ µ {φn > } = 0 m m,n=0 38.9 Bemerkung i) Wie in Definition 38.3 definiere L1 -Cauchy-Folge in L0 (µ) n→∞ ii) Ist (φn )n∈N eine L1 -Cauchy-Folge in T (µ) und g ∈ L1 (µ) mit φn −→ g µ-fast überall, so folgt lim kφn − gk1 = 0, denn kφn − gk1 = lim kφn − φm k = 0, da (φn )L1 − Cauchy − F olge n→∞ m→∞ 38.10 Satz(Normkonvergenzsatz) Für eine L1 -Cauchy-Folge (fn )n∈N in L1 (µ) gilt: Es existiert Teilfolge (fnk )k∈N die µ-fast überall punktweise gegen eine Funktion f : X −→ R konvergiert, so dass zu jedem ² > 0 eine Menge Z² ∈ a mit µ(Z² ) < ² existiert derart, dass (fnk )k∈N auf X \ Z² gleichmäßig gegen f konvergiert. i) Je zwei solche Grenzfunktionen stimmen µ-fast überall überein und sind integrierbar. 1 ii) Für eine Grenzfunktion f wie in i) konvergiert (f R R n )n∈N gegen f in der L -Norm, d.h. limn→∞ kfn − f k1 = 0 und insbesondere limn→∞ x fn dµ = x f dµ Beweis: i) folgt wörtlich wie das Konstruktionslemma 38.4 bis auf die Messbarkeit von Yk = {|fnk+1 −fnk | ≥ 2−k }. Ersetze o.B.d.A. fn durch messbare Funktion f˜ gemäß 38.8 i). ii) Sind f, f˜ Grenzwerte (µ-fast überall) von Teilfolgen der L1 -Cauchy-Folge (fn )n∈N , so folgt kf − f k1 = 0 nach iii) also f = f˜ µ-fast überall ist (38.8). Sei f wie in i) gewählt. Zeige f integrierbar (⇒ jedes f˜ = f µ-fast überall ist in L1 (µ)). Wir können annehmen, dass f (x) = limn→∞ fn (x)∀ x ∈ X und zu ² > 0 gleichmäßig auf X \ Z² . Für k ∈ N wähle τk ∈ T (µ) mit |fnk − τk | < k1 außerhalb einer Menge Zk ∈ a mit µ(Zk ) < 21k und mit kfnk − τk k1 < k1 . Dies geht nacht 38.9 Bemerkung. Wegen kτk − Tl k1 ≤ kτl − fnl k1 + kfnTl − fnS k + kfnk - τk k1 ist (τn )n∈N L1 -Cauchy-Folge. Weiter k 1 P∞ ∞ konvergiert (τn (x))n∈N für x ∈ / Z := n=0 ∞ Z = lim sup Z gegen f (x). Da µ(Z k k k) ≤ k=0 k k=0 P∞ −k n→∞ < ∞ folgt mit Übungsaufgabe 1 iii) Blatt 10 µ(Z) = µ(limk sup Zk ) = 0. Alsoτn −→ k=1 2 f µ-fast überall ⇒ f ∈ L1 (µ) 70 iii) Aus 38.9 ii) folgt für (τn )n∈N wie oben bereits limk→∞ kτk − f k1 = 0. Aus kfnk − f k1 ≤ kfnk − 1 τk k1 + kτk − f k1 folgt limk→∞ ¯R kfnk −R f k1 = ¯ 0. Da (fn )n∈N eine L -Cauchy-Folge ist, folgt limn→∞ kfn − f k1 = 0. Aus ¯ x fn dµ − x f dµ¯ ≤ kfn − f k1 . 2. 38.11 Defintion Eine Funktion f : X −→ R mit kf k1 = 0 also mit f = 0 µ-fast überall heißt eine Nullfunktion. Die Menge aller Nullfunktionen sei N (µ) bezeichnet. 38.12 Lemma ¯ N ist ein Untervektorraum von L1 (µ). Sei L1 (µ) = L0 (µ)¯N (µ) der Quotientenvektorraum. Dann wird durch kf · N (µ)k1 := kf k1 auf L1 (µ) eine wohldefinierte Norm induziert, die L1 -Norm. Der normierte Vektorraum (L−1 (µ)k.k1 ) ist vollständig. Beweis: Nachrechnen Vollständigkeit folgt aus 38.10. 38.13 Warnung Für f ∈ L1 (µ) hat f (x0 ) für x0 ∈ X keinen Sinn mehr. Ist µ({x0 }) = 0, so kann man f ◦ µ−fast überall, aber f (x0 ) 6= g(x0 ) gelten. §39 Konvergenzsätze Fixiere Maßraum (X, a, µ) wie in 38. 39.1 Satz(Monotone Konvergenz von Beppo Levi) ¡R ¢ Sei (fn )n∈N eine Folge in L0 (µ) mit f≤ fn+1 µ-fast überall. Ferner sei die Folge x fn dµ n∈N beschränkt. Sei f˜ = limn→∞ supfn : X −→ R ∪ {∞} und f := f˜χf˜6=∞ : X −→ R. Dann ist f ∈ L0 (µ), es gilt µ({f˜ = ∞}) = 0 R (d.h., f = f˜ µ-fast überall) und limn→∞ kf − fn k1 = 0. Also gilt insbesondere f dµ = limn→∞ fn dµ. x Beweis: Für ² > 0 und m ≥ n ≥ N gilt Z kfm − fn k1 ≤ x Z (fm − fn )dµ = x Z fm dµ − x fn dµ < ², ¡R ¢ falls n geeignet gewählt ist, da x fn dµ n∈N als beschränkt, monoton steigende Folge eine CauchyR R Folge bilden. Der Normkonvergenzsatz liefert eine Funktion g : X −→ R mit x gdµ = limn→∞ x fn dµ und g ist µ-fast überall der Limes einer Teilfolge von (fn )n∈N . Dann ist: g = f˜ = f µ-fast überall. 39.2 Definition Sei (fn )n∈N eine Folge von Funktionen. Dann wird (fn )n∈N durch die Funktion g : X −→ R majorisiert, wenn |fn (x)| ≤ g(x)∀ n ∈ N und µ-fast überall alle x ∈ X gilt. Die Funktion g heißt dann Majorante. 39.3 Satz(Majorante Konvergenz von Lebesgue) Es sei (fn )n∈N eine Folge von L0 (µ) und f : X −→ R eine Funktion, so dass (fn )n∈N µ-fast überall gegen f konvergiert. Ferner werde die Folge (fn )n∈N durch g ∈ L0 (µ) majorisiert. Dann ist f ∈ L0 (µ) Z Z lim kf − fn k1 = 0 und lim fn dµ = f dµ n→∞ n→∞ x x 71 Beweis: Aufgrund des Normkonvergenzsatzes genügt es wie im Beweis von 39.1 zu zeigen, dass (fn )n∈N eine n→∞ L’-Cauchy-Folge ist. Wir können o. E. annehmen, dass fn −→ punktweise und |fn | ≤ g überall gilt. Für k ≥ 1 betrachte ¯ hk : X −→ Rhk (x) = sup{|fm (x) − fn (x)|¯m, n ≥ k}(≥ |fm (x)| + |fn (x)| ≤ 2g(x)) Dann gilt hk ≤ 2g(x) Zwischenbehauptung: hk ∈ L0 (µ)∀ k ∈ N Beweis: Zunächst ist |fm − fn | ∈ L0 (µ) also auch ¯ Vl = max{|fm − fn |¯k ≤ m, n ≤ l} ∈ L0 (µ) für l ≥ k. Die Folge (Vl )l≥k ist monoton steigend und wird durch 2g dominiert. Der Satz über monotone Konvergenz liefert die Zwischenbehauptung hk = limn→∞ Vl ∈ L0 (µ). Damit bilden die hk eine monoton fallende Folge in L0 (µ), die punktweise gegenR 0 konvergiert. Der Satz über die monotone Konvergenz (angewendet auf (−hk )k∈N liefert limk→∞ x hk dµ = 0. Zu ² > 0 wähle nun ein N mit R h dµ < ². Dann gilt ∀ m, n ≥ N x k Z Z kfm − fn k1 = |fm − fn |dµ ≤ hk dµ < ² x x 2. 39.4 Bemerkung (Vergleich: Riemann- ↔ Lebesgue-Integral) Im Folgenden sei X = Ra = B(R) und λ das in 37 konstruierte 1-dimensionale Lebesgue-Maß auf B(R). Für eine Funktion f : R −→ R und a, b ∈ R, a < b mit f χ[a,b] ∈ L0 (µ) setze Z b Z Z f (1)dλ(t) := f dλ = f λ[a,b] dλ. a [a,b] R Offenbar lässt sich dieses Integral auch für Funktion f : [a, b] −→ R definieren, indem wir f mit dem Wert 0 auf R fortsetzen. 39.5 Satz Seien a, b ∈ R, a < b und f : [a, b] −→ R eine beschränkte Riemannintegrierbare Funktion. Dann ist f auch Lebesgue-integrabel und Z b Z b R− f (t)dt = f (t)dt a a Beweis: Nach Definiton der Riemann-Integrierbarkeit können wir eine aufsteigende Folge (φn )n∈N und eine absteigende Folge (ψn )n∈N von Treppenfunktionen φn , ψn ∈ T (λ), φn (x) ≤ f (x) ≤ ψn (x)∀ x ∈ [a, b] Rb und kψn φn k1 = a ψn (t) − φn (t)dt < n1 finden. Seien φ = limn→∞ φn und ψ = limn→∞ ψ (monotone beschränkte Folgen konvergieren). Da f beschränkt ist, existiert eine Konstante K, die alle φn und ψn majorant. Also gilt nach Majoranten-Kriterium Z b Z b Rb lim (t)dλ(t) = lim (R−) φn (t)dt a φ(t)λ(t) = n→∞ n→∞ a a Z b Z b Z b Z b = R− f (t)dt = lim ψn (t)dt = lim ψn (t)dλ(t) = ψ(t)dt a 72 n→∞ a n→∞ a a Damit sind φ, ψ ∈ L(λ) mit kφ − ψk1 = 0. Aus φ ≤ f ≤ ψ folgt kψ − f k1 ≤ k psi − φk1 = 0. Also f = ψ λ-fast überall. 2. 39.6 Bemerkung i) Man kann in der Situation von 39.5 zeigen: Eine beschränkte Funktion f : [a, b] −→ R ist Riemann-integrierbar genau dann, wenn f λ-fast überall stetig. ii) Ist Funktion f : R −→ R λ-integrabel, so auch |f |. (38.7 v)). Es Rgibt aber Funktion, für die R∞ ∞ R− −∞ f (x)dx als uneigenliches Riemann-Integral existiert aber R− −∞ |f (x)|dx nicht existiert. Solche Funktionen sind dann nicht −λ-integrabel. 39.7 Satz (Ausschöpfungssatz) S Sei (X, a, µ) ein Maßraum, (Mn )n∈N eine aufsteigende Folge in a und M := n∈N Mn . Sei f : X −→ R eine Funktion. ³ ´ Dann ist f · χn genau dann integrierbar, wenn jedes f χn n ∈ N integrabel und die Folge R beschränkt ist. In diesem Fall gilt: Mn |f |dµ n∈N Z M f dµ = lim fMn f dµ n→∞ Beweis: Ist f χM integrierbar, so auch jedes f χMn und |f |χM . Dann sind alle Integrale durch |f |χM majorisiert und ´mit majorisierter Konvergenz folgt letzte Behauptung. Sei nun jedes f χMn ∈ L1 (µ) und ³R beschränkt, also konvergent. Dann folgt mit monotoner Konvergenz |f |χMn ∈ L1 (µ) Mn |f |dµ n∈N konvergiert monoton gegen |f |χM also |f |χM ∈ L0 (µ). Aber dann auch f χM ∈ L0 (µ). 39.8 Korollar Seien a, b ∈ R, a < b. Die Funktion f : (a, b) −→ R sei auf jedem kompaktem Teilintervall in R-integrierbar (z.B. stetig). Dann ist f genau dann λ-integrierbar, wenn das uneigentliche Integral Rb (Riemann) R − a |f (t)|dt existiert. Beweis: Für a, b ∈ R schöpfe (a, b) durch kompakte Intervalle [a + n1 , b − n1 ] =: Mµ aus. Sonst entsprechend 39.7. 2 §40 Integrale, die von einem Parameter abhängen 40.1 Satz(Parameterabhängige Integrale) Sei (X, a, µ) ein Maßraum. U ⊆ Rn offen und p ∈ U . Es sei f : X × U −→ eine Funktion, so dass fn : X −→ R, x 7−→ fn (x) − f (x, u) für jedes u ∈ U µ-integrabel ist. Das Integral definiert seine Funktion Z Z g : U −→ R, u 7−→ fn dµ := f (x, u)dµ(x) x x 73 i) Angenommen, alle Funktionen U −→ R, u 7−→ f (x, u) mit x ∈ X fest, sind stetig im Punkt p und es existiert eine integrierbare Funktion h : X −→ R mit |f (x, u)| ≤ h(x) ∀ (x, u) ∈ X × U . Dann ist g stetig in p. ii) Angenommen, alle Funktionen U −→ R, u 7−→ f (x, u) mit x ∈ X fest, haben stetige, partielle ∂ Ableitungen Di f (x, u) = ∂u f (x, u) und es existiert eine intgrable Funktion h : X −→ R mit i |D, f (x, u)| < h(x) ∀ (x, u) ∈ X × U Dann existiert Di g : U −→ R und ist eine stetige Funktion. Weiter gilt: Z (Di g)(p) = (Di f )(x, p)dµ(x) x Beweis: Sei (un )n∈N eine Folge in U mit limn→∞ un = p. Dann gilt limn→∞ fun = fp punktweise in der Variable x. Mit majorisierter Konvergenz folgt Z Z major.Konvergenz ∗ g(p) = fg dµ = lim fuk f dµ = n→∞ x x Z = lim fun dµ = lim g(un ) n→∞ x n→∞ Dies zeigt, dass g stetig in p. Beweis: ii) Für x ∈ X ist u 7−→ f (x, u) stetig partiell differenzierbar un der Mittelwertsatz Analysis I Korollar 12.5 liefert für kleine t ∈ R ein θ ∈ [0, 1], so dass f (x, p + tej ) − f (x, p) = Dj f (x, p + θtej ) · t Integriert man über x betrachte t 6= 0, so folgt g(p + tej ) − g(p) = t Z x Dj f (x, p + θtej )dµ(x) Nach i) konvergiert die rechte Seite für t −→ 0 gegen stetig ist. R x Dj f (x, p)dµ(x). Ebenso folgt aus i), dass dj (g) 40.2 Bemerkung Dieser Satz lässt Verschärfungen zu: z.B. in i) die Stetigkeit von u 7−→ f (x, u) für µ-fast überall x ∈ X oder auch |f (x, µ) ≤ h(x) für µ-fast überall x ∈ X. 40.3 Satz v1 ∂v Sei U ⊆ Rn ein Sterngebiet und v = ... : U −→ Rn ein Vektorfeld, dass (29.4) erfüllt (d.h. ∂xji = vn ∂vi ∂xj ∀ i, j ∈ {1, . . . , n}). Dann ist v integrabel. 74 Beweis: Sei U Sterngebiet bezüglich p ∈ U . Ersetzen wir U durch U − p sowie x 7−→ f (x) durch x 7−→ f (x + p) und v entsprechend, so können wir annehmen, dass U sternförmig bezüglich 0 ∈ U ist. Dann ist f n µZ X : U −→ R, f (x) = 0 i=1 ¶ 1 vk (tx)dt xi wohldefiniert. Die Kettenregel n X ∂vj ∂vj ∂ ∂txk =t (tx) liefert |x vj (tx) = (tx) ∂xI ∂xk ∂xi ∂xi (30.10) k=1 Aus der Produktformel, der Kettenregel und (29.4) folgt n n i=1 i=1 X ∂vi X ∂vj d (tx)xi = vj (tx) + (tx)xi (tvj (tx)) = vj (tx) + dt ∂xi ∂xj Damit ergibt sich n X ∂f (x) = ∂xj µZ 0 i=1 Nach 40.1 ii) gilt ∂ ∂xj Z µ 1 vi (tx)dt + Z 1 vi (tx)dt = 0 ∂ ∂x Z 0 1 ¶ ¶ vi (tx)dt · xi 1 0 (vi (tx)) dt. Wir erhalten ∂f (x) = ∂xj Z 1 vj (tx)dt + 0 Z = 0 n µZ X i=1 1 0 1 ! ¶ Z 1à n X ∂vi ∂vi t (tx)dt · xi = vj (tx) + t (tx)xi dt = ∂xj ∂xj 0 i=1 d (tvj (tx)) dt = tvj (tx)|n0 = vj (x) ⇒ dt grad = v2 §41 Das Integral nicht negativer Funktionen Sei (X, a, µ) ein fest gewählter Maßraum. 41.1 Definition R Für messbare Funktionen f : X −→ [0, ∞] setze x f dµ = ¯ R ¯ sup{ x φdµ φ : X −→ R Stufenfunktionen mit 0 ≤ φ ≤ f ≤ ∞} ∈ [0, ∞]. 41.2 Satz i) Ist f : X −→ [0, ∞] messbar, so ist das Supremum in Definition 41.1 endlich genau dann, wenn f˜ ∈ L1 (µ) mit f = f˜ µ-fast überall existiert und dann stimmt obige Definition mit der aus 38.6 überein, d.h. Z Z f dµ = lim x ii) Für M ∈ a gilt µ(M ) = n→∞ x φn dµ R x χM dµ 75 iii) f : X −→ [0, ∞] und (φj )j∈N eine aufsteigende Folge von R Stufenfunktionen R φj : X −→ R mit f = limj→∞ φj punktweise (existiert nach 36.13), so gilt x f dµ = limn→∞ x φn dµ. Allgemeiner gilt: Ist fn :¯X −→ [0, ∞] aufsteigende Folge messbarer Funktionen und f : sup{fn ¯n ∈ N}, so gilt Z Z f dµ = lim x n→∞ x fn dµ Beweis: i) Sei f : X −→ [0, ∞] gegeben, R existiert. Sei R weiterhin T so dass das Supremum in Definition 41.1 definiert: M := {f = ∞} = n∈N {f ≥ n} ∈ a. Dann ist n · µ(M ) = x nχM dµ ≤ x f dµ < ∞, also µ(M ) = 0, also f˜ := f · χX\M : X −→ [0, ∞) ist messbar und µ-fast überall gleich f. Nach Satz 36.13 existiert eine aufsteigende Folge (φn )n∈N n→∞ in T (µ) mit φn −→ f˜ punktweise. Mit monotoner Konvergenz 39.1 folgt f˜ ∈ L1 (µ) und das Integral aus 41.1 38 stimmen überein. Ist umgekehrt f˜ ∈ L1 (µ) und f = f˜ µ-fast R und Paragraph R überall, so ist x φdµ ≤ x f˜dµ < ∞ für jedes φ ∈ T (µ) mit 0 ≤ φ ≤ f˜ und das Supremum in Definition 41.1 ist endlich. ii) Für R M ∈ amitµ(M ) < ∞ folgt dies aus i) und Satz 38.7 iii) ist µ(M ) = ∞, so ist offenbar auch x χM dµ = ∞. iii) folgt analog zu i). §42 Produkte von Maßräumen und Satz von Fubini Sei (X, a, µ) und (Y, B, ν) σ-endliche Maßräume. Ziel: Konstruiere (X × Y, a ⊗ B, µ ⊗ ν) 42.1 Definition Eine Teilmenge M ⊆ X × Y heißt Rechteck, falls Mengen A ∈ a und B ∈ B mit M = A × B existieren. Sei ¯ a × B := {M ⊆ X × Y ¯M ist endliche disjunkte Vereinigungen von Rechtecken und a ⊗ B die von a × Bin℘(X × Y ) erzeugte σ-Algebra. 42.2 Lemma Mit M, N ∈ a×B gilt auch N ∩M und M C ∈ a×B und ∅ ∈ a×B. Insbesondere ist a×B ein Mengenring. Beweis: Nachrechnen 42.3 Definition Sei Z eine Menge. Ein System M ∈ ℘(Z) von Teilmengen von Z heißt monoton, wenn gilt S i) Ist (Yn )n∈mathbbN eine aufsteigende Folge in M, so ist ( Yn )n∈N ∈ M 76 ii) Ist (Yn )n∈N eine aufsteigende Folge in M, so ist auch ∞ \ Yn ∈ M n=0 42.4 Satz Sei Z eine Menge, R ⊆ ℘(Z) enthalte die leere Menge und mit A, B ∈ R auch A ∩ B und AC . Sei M der Durchschnitt über allen monotonen Systemen in ℘(Z) die R enthalten, dann ist M ein monotones System und M = σ(R) ist die von R erzeugte σ-Algebra. Beweis: Man prüft direkt nach , dass der Durchschnitt monotoner Systeme wieder ein solches ist. Daher ist M ein monotones System. Da σ(R) monoton ist, folgt M ⊆ σ(R). Zeige: M ist σ-Algebra (Da R ⊆ M, folgt dann auch M ⊇ σ(R)). Zunächst ist ∅ ∈ R ⊆ M . Betrachte ¯ M0 := {Y ∈ M¯Y C ∈ M} ⊆ M und ¯ MB := {Y ∈ M ¯Y ∩ B ∈ M} ⊆ M für B ∈ M Mit M ist auch M0 und MB monoton. Ferner gilt R ⊆ M0 ; Ist B ∈ R, so gilt auch R ⊆ MB . Da M0 monoton und R ⊆ M0 folgt, dass M0 = M und analog MB = M für B ∈ R. Für Y ∈ M und B ∈ R gilt: Y ∩ B ∈ M 19 . Damit ist R ⊆ MY . Also M ⊆ MY ⇒ M = MY . Damit gilt für Y, Y 0 ∈ MY ∩ Y 0 ∈ M = MY und ¡ ¢ Y ∪ Y 0 = Y C ∩ (Y 0 )C ∈ M S Ist (Yn )n∈N eine Folge in M, so ist Yn0 := nk=0 Yk ∈ M eine aufsteigende Folge. Da M monoton ist, folgt ∞ ∞ [ [ Yn = Yn0 ∈ M ⇒ Behauptung2 n=0 n=0 42.5 Lemma Sei f : X × Y −→ [0, ∞] eine (a ⊗ B,B(R̄)-messbare Funktion. Dann gilt i) Jede Funktion fx : Y −→ [0, ∞], y 7−→ f (x, y) ist (B, B(R̄)-messbar. R R ii) Durch x −→ [0, ∞], x 7−→ Y fx dν =: > f (x, y)dν wird eine (a, B( barR)-messbare Funktion definiert. (Integrand wie in Paragraph 41) Beweis: ¯ Betrachte zunächst den Fall ν(Y ) < ∞ und setze M = {A = a ⊗ B¯f = χA erfüllt i) und S ii) }. Offenbar gilt a × B ⊆ M. Sei (An )n∈M eine Folge in M. Ist die Folge aufsteigend, so gilt ∞ n=0 An ∈ M, denn das Supremum einer Folge messbarere Funktionen ist messbarT und das Integral (Paragraph 41) vertauscht mit aufsteigenden Folgen. Ist (An )n∈N absteigend, so ist ∞ n=0 messbar nach majorisierter Konvergenz. Da ν(Y ) < ∞, ist χY eine Majorante. Dann ist M monoton und Satz 42.4 besagt =a⊗B. 19 = MB 77 Für beliebiges σ-endliches ν wähle eine aufsteidende Folge (Yn )n∈N in B mit µ(Yn ) < ∞∀ n ∈ N und S Y = ∞ Y . Definiere M wie oben. Sei M ∈ a ⊗ B und Mn := M ∩ (X × Yn ). Dann ist (Mn )n∈N n n=0 eine aufsteigende Folge und Mn ∈ M mit den selben Argumenten wie im Fall ν(Y ) < ∞, da hier ν(Yn ) < ∞. Wieder mit monotoner Konvergenz folgt aus Mn ∈ M ∀ n aus M ∈ M, also M = a ⊗ B. Dann gelten i) und ii) für Stufenfunktionen f : x × y −→ [0, ∞]. Da sich Messbarkeit auf Grenzfunktionen überträgt und das Integral nach monotoner Konvergenz mit dem Grenzwert vertauscht, folgt die Behauptung nacht Satz 36.13. 42.6 Satz(Prinzip von Cavalierie) Es gibt genau ein Produktmaß µ⊗ν : a⊗B −→ [0, ∞] mit der Eigenschaft: Für Rechtecke A×B ∈ a⊗B, A ∈ a, B ∈ B gilt: (µ ⊗ ν)(A × B) = µ(A)ν(B). Weiter hat man: Für eine messbare Menge M ∈ a ⊗ B gilt: ¶ ¶ Z µZ Z µZ χM (x, y)dν(y) dµ(x) = χM (x, y)dµ(x) d ⊗ (y) (µ ⊗ ν)(M ) = x Y Y x ¯ R Für y ∈ Y sei My := {x ∈ X ¯(x, y) ∈ M }, dann ist µ(My ) = x χM (x, y)dµ(x) (nach 41.2 ii)) und wir erhalten: Z (µ ⊗ ν)(M ) = µ(MY )dν(y) Y Beweis: Sei M ∈ a ⊗ B. Nach Lemma 42.5 ist Z x 7−→ Y χM (x, y)dν(y) eine messbare Funktion und wir setzen Z µZ (µ ⊗ ν)(M ) := x Y ¶ χM (x, y)dν(y) dµ(x) Audgrund der Zerlegungseigenschaft und der Monotonie des Integrals (38.7) liefert dies eine additive, monotone Funktion auf a ⊗ B, die nach Satz 41.2 iii) auch σ-additiv ist. Damit ist µ ⊗ ν ein Maß auf a ⊗ B mit (µ ⊗ ν)(A × B) = µ(A)ν(B) Aus der Eindeutigkeit der Maßfortsetzung nach Satz 37.8 (beachte µ⊗ν auf X ×Y ist wieder σ-endlich) folgt die Eindeutigkeit der Fortsetzung. Aus Symmetrie der Konstruktion folgt schließlich ¶ Z µZ (µ ⊗ ν)(M ) = χM (x, y)dydµ(x) dν(y)........ Y x 42.7 Bemerkung Sei (X, a, µ) ein Maßraum und (R, B(R), λ) der Maßraum zu 1-dimensionalen Lebesgue-Maß dann erhalte auf X × R die σ-Algebra a ⊗ B(R) und das Maß µ ⊗ ν. 42.8 Behauptung Ist f : X −→ R eine Funktion und f ≥ 0, so ist die Menge ¯ M (f ) = {(x, t)¯0 ≤ t ≤ f (x)} ⊆ X × (0, ∞) 78 messbar in (X × R, a ⊗ B(R)) und für ihr Maß gilt: Z (µ ⊗ λ)(µ(f )) = f dµ x Beweis: R Für A ∈ B(R) ist f −1 (A) a, da f messbar, damit ist f˜ : X × R −→ R, (x, t) 7−→ f (x), wegen f ˜−1 (A) = f −1 (A) × R ∈ a × B(R)¯ ⊆ a ⊗ B(R) auch messbar. Ebenso ist g : X × R −→ R, (x, t) 7−→ t messbar. Daher ist M (f ) = {(x, t)¯0 ≤ t < f (x)} = {f˜ − g > 0} ∩ {g ≥ 0} messbar. Mit dem Cavalieri-Prinzip folgt: Z Z λ (µ ⊗ λ)(M (f )) : x M (f )x) dµ(x) = ¯ | {z } {y∈R¯(x,y)∈M (f )}=[0,f (x)) f dµ x 42.9 Satz(Fubini) Seien (X, a, µ) und (Y, B, ν) σ-endliche Maßräume und (X × Y, a ⊗ B, µ ⊗ ν) der Produktraum. Sei f : X × Y −→ R L1 (µ ⊗ ν), dann ist für ν-fast alle y ∈ Y auch die Funktion X −→ R,R x 7−→ f (x, y) integrabel, d.h. in L1 (µ). Die damit ν-fast überall definierte Funktion Y −→ R, y 7−→ x f (x, y)dµ(x) ist integrabel und es gilt: ¶ Z Z µZ f d(µ ⊗ ν) = f (x, y)dµ(x) dν(y) X+Y Y X Beweis: Sei zunächst f : X × Y −→ R messbar und f ≥ 0. Dann existieren alle Integrale nach Paragraph 40 und Cavalieri mit 42.7 und 42.8 liefert: Z R f d(µ ⊗ ν) = (µ ⊗ ν ⊗ λ) (M (f )) = (µ ⊗ λ)(M (f )y)dν(y), X×Y Y Z M (f )y = M (fy ) und (µ ⊗ λ)(M (fy )) = f (x, y)dµ(x). X R Insbesondere ist das letzte Integral für ν-fast alle y endlich, falls X×Y f d(µ⊗ν) endlich ist. Es folgt die Behauptung für f ≥ 0. Ist f : X ×Y −→ R beliebig aber messbar, so schreibe f = f+ −f− mitf+ , f− ≥ 0, so folgt die Behauptung ebenfalls. Ist allgemein L ∈ L1 (µ ⊗ ν), so existiert eine messbare Funktion 1 ˜ ˜ f˜ mit R fy ∈ L (µ) und eine Nullmenge N ∈ a ⊗ B mit f = f außerhalb von N . Da 0 = (µ ⊗ ν)(N ) = Y Ny dν(y) ist Ny für ν-fast alle y ∈ Y eine Nullmenge. Daher ändert der Übergang von f zu f˜ nirgenswo im Satz die Integrabilität oder das Integral. 2. 42.10 Beispiel Betrachte Rn = R × R × . . . R als Produktraum. Da nach Übungsblatt 9, Aufgabe 2 ii) und Definition 42.1 mit Lemma 36.8 ii), B(Rn ) und B(R) ⊗ . . . ⊗ B(R) als σ-Algebra von ¯ {(−∞, a1 ] × . . . × (−∞, an ]¯a1 , . . . , an ∈ R} ⊆ P (Rn ) 1 1 n n erzeugt werden, gilt B(Rn ) = B(R)⊗. . .⊗B(R). Für das QnMaß λ ⊗. . .⊗λ und λ auf B(R ) (vgl. 37.15) gilt, dass [a1 , b1 ] × . . . × [an , bn ] eine Menge vom Maß i=1 (bi − ai ) ist. Damit stimmen beide Maße auf dem Mengenring B(R) × . . . × B(R) überein und die Eindeutigkeit der Maßfortsetzung (37.8) liefert λn = λ1 ⊗ . . . ⊗ λ1 . Mit dem Satz von Fubini schreibe das Integral über eine Funktion f : Rn −→ R, (x1 , . . . , xn ) 7−→ f (x1 , . . . , xn ) als das interierte Integral ¶ Z Z µ Z n 1 f dλ = . . . f (x1 , . . . , xn )dλ (xn ) . . . dλ1 (x1 ) Rn R R 79 42.11 Bemerkung Die Symmetrie in den Voraussetzungen von Satz 42.9 liefert dort allgemein für integrables f ∈ L1 (µ⊗ν) ¶ ¶ Z µZ Z µZ f (x, y)dµ(x) dν(y) f (x, y)dν(y) dµ(x) = X Y Y X 42.12 Lemma(Invarianz des Integrals) Sei f ∈ L1 (Rn , B(Rn ), λn ) und A ∈ B(Rn ). i) (Translationsinvarianz) Für V ∈ Rn gilt: R R λn (A + v) = λn (A) und Rn f (x)dλn (x) = Rn f (x + tv)dλn (x) ii) (Homogenität) Für Z ∈ R gilt: R R λn (tA) = |t|n λ(A) und Rn f (x)dλn (x) = |t|n Rn f (tx)dλn (x) Beweis: Definiere λ0 (A) := λn (A + v) und λ00 (A) := |t|−n · λn (t · A). Dann sind λ0 und λ00 zwei Maße auf B(Rn ), die auf Würfeln [a1 , b1 ] × . . . × [an , bn ] die selben Werte, die λn haben. Die Eindeutigkeit von λn liefert λ0 = λ00 = λn ⇒ 1. Behauptung. Aus χA (t + v) = χA−v (t) und χA (tcdotv)0χt − 1A (v) folgt dann die 2. Behauptung für f = χa und A ∈ a. Damit folgt sie für Treppenfunktionen und schießlich für beliebige f ∈ L1 (λn ) durch Approximation mit Treppenfunktionen. 42.13 Beispiel(Volumen der n-dimensionalen Einheitskugel) qP ¯ n 2 Sei n ≥ 1 und Kn = {x ∈ Rn ¯kxk = i=1 xi ≤ 1} (vgl. Übungsaufgabe) die Einheitskugel. Kn ist kompakt, also messbar und wir wollen das Volumen Vn := λn (Kn ) berechnen. Betrachte¯ Rn = Rn−1 ×R als Produktraum und benutze Cavalieri. Für xn ∈ R betrachte (Kn )xn = {x̃ ∈ Rn−1 ¯(x̃, xn ) ∈ Kn }. Dann ist (Kn )xn = ∅, falls |xn | > 1 und für xn ∈ [−1, 1] ist x̃ ∈ (Kn )xn ⇔ n X x̃2i + x2n ≤ 1 ⇔ kx̃k < p 1 − x2n ⇔ x̃ ∈ p 1 − x2n · Kn−1 i=1 Aus Lemma 42.12 folgt λn−1 (Kn )xn = Z n Vn = λ (Kn ) = 1 Z n−1 λ −1 p n−1 1 − x2n · Vn−1 , falls xn ∈ [−1, 1] und mit Cavalieri folgt 1 ((Kn )xn ) dλ (xn ) = 1 −1 Z p n−1 1 2 1 − xn Vn−1 dλ (xn ) = Vn−1 1 −1 p 1 − x2n n−1 d(xn ) Rπ Substituiere: xn = sin(t) und erhalten Vn = Vn−1 · −2 π cos(t)2 dt, wobei nach Korollar 23.13 und Satz 2 ¡ n+1 1 ¢ Γ( n+1 R π2 Rπ )·Γ( 1 ) 2 n 8 (Analysis I) − π cos(t) dt = 2 0 2 cos[t] = B 2 , 2 = Γ2 n +1 2 . Nun ist V1 = λ1 ([−1, 1]) = 2, (2 ) 2 ¡1¢ √ Γ( n+1 ·Γ 1 2 ) (2) Γ 2 = π und Γ(x + 1) = x · Γ(x). Aus Vn = Vn−1 Γ n +1 mit einfacher Induktion folgt: (2 ) √ n √ n ¡ ¢ Vn = n ·Γπ n = Γ nπ+1 . Für gerades n = 2k ist Γ n2 + 1 = Γ(h + 1) = h!, also (2) (2 ) 2 V2k = 80 πk h! Für ungerades n = 2k + 1 ist Γ ¡n 2 ¢ ¢ ¡ + 1 = Γ (h + 1) + 12 = V2k+1 = 2k+1 2 · · · . . . · · · 23 · 1√ 2 π, also 2k+1 · π k 1 · 3 · · · (2k + 1) Man beachte, dass limn→∞ Vn = 0 gilt. §43 Die Transformationsformel Seien a, b, c, d ∈ R und φ : [a, b] −→ [c, d] eine C 1 -Parametertransformation. Ist φ orientierungstreu, so folgt für stetiges f : [c, d] −→ R Z b Z φ(b)=d f ◦ φ(t) · φ0 (t)dt = f (x)dx und φ0 (t) < 0 für alle t ∈ [a, b]. a φ(a)=c Ist φ orientierungsumkehrend, so gilt Z b Z φ(b)=d Z f ◦ φ(t) · φ0 (t)dt = f (x)dx = − a φ(a)=d In beiden Fällen gilt daher: d f (x)dx und φ0 (t) ≥ 0 für alle t ∈ [a, b]. c Z Z f ◦ φ(t) · |φ0 (t)|dt = [a,b] f (x)dx [c,d] 43.1 Satz(Transformationsformel) Seien U und V offene Teilmengen des Rn und φ : U −→ V ein C 1 -Diffeomorphismus. Dann ist eine Funktion f : V −→ R genau dann integrabel, wenn die Funktion (f ◦ φ)· > detDφ >: U −→ R integrabel ist. In diesem Fall gilt: Z Z 2 f (x)dλ (x) = f ◦ φ · |detDφ (t)|dλn (t) V U Beweis: später 43.2 Maßtransformation Seien U,V offen in Rn und φ : U −→ B ein C 1 -Diffeomorphismus. Dann gilt für A ⊆ U : A ∈ B(R) ⇔ φ(A) ∈ B(Rn ) und in diesem Fall gilt Z n λ · (φ(A)) = |detDφ (t)|dt A Beweis: ¯ Sei zunächst a := {M ∈ B(Rn )¯φ−1 (M ∩ v) ∈ B(Rn )}. Dann ist a eine σ-Algebra. Für eine offene Menge M ist auch φ−1 (M ∩ V ) offen, als Borel-messbar. Es folgt B(Rn ) = a. damit folgt φ−1 (M ) ∈ B(R) ∈ B(Rn ) für M ∈ B(Rn ) mit M ⊆ V . Wendet man das auf φ und φ−1R an, so folgt die man nun Satz 43.1 auf f = χφA an, so folgt λn (φ(A)) = V χφA dλn = R erste Behauptung. Wendet R φ ◦ φ ·|detDφ (t)|dt = A |detDφ(t)|dt Uχ | A{z } =χA 81 Beweis der Transformationsformel in 6 Schritten: 1.Schritt: Gilt für festes φ : U −→ V Satz 43.2, so auch Satz 43.1 Begründung: Sei f : V −→ R eine Treppenfunktion. Aus Satz 43.2 und der Linearität des Integrals folgt dann die Integrabilität von f ◦ φ| det Dφ|dλn . Ist f : V −→ Rn λn − µ-fast überall punktweiser Limes eine L1 -Cauchy-Folge von Treppenfunktionen (fn )n∈N , so folgt die entsprechende Formel aud dem Normkonvergenzsatz. Ist umgekehrt f ◦φ| det Dφ| integrabel, so wende obiges auf die Transformationsformel φ−1 mit (f ◦ φ| det Dφ|) ◦ φ−1 | det Dφ−1 | = f · 1 2. Schritt: Es genügt, folgende lokale Aussage zu zeigen: Jeder Punkt p ∈ U besitzt offene Kugel-Umgebungen ¯ W = Br (p) ⊆ U , so dass Satz 43.2 für die C 1 -Transformationsformel φ¯W : W −→ φ(W ) gilt. Begründung: In diesem Fall hat man eine abzählbare Überdeckung (Wj )j∈N von U durch offene Mengen Wi ⊆ U , so dass Satz 43.2 für φ : Wj −→ φ(Wj ) gilt. Für jedes Wj , j ∈ N kann man etwa Kugeln mit rationalem S Radius und geeignetem Mittelpunkt wählen. Sei nun A0 := A ∩ W0 und Ai := (A ∩ Wi ) \ i=1 k=0 Ak . ∞ Dann ist Ai ⊆ Wi und A = ∪˙ i=1 eine disjunkte Zerlegung. Nach Vorlesung gilt Z (∗)λn (φ(Ai )) = | det Dφ|dt Ai Die linke und die rechte ¯ Seite dieser Gleichung definieren in Abhängigkeit von Ai ein Maß auf der σAlgebra a = {A ⊆ U ¯A ∈ B(R). Aus der σ-Additivität von Maßen und (∗) folgt nun die Behauptung für A. 22 3. Schritt: Satz 43.2 ist richtig, falls φ : U −→ V durch eine Permutation der Koordinaten Rn −→ Rn induziert ist. Begründung: Folgt aus der Symmetrie in der Konstruktion von λn = λ1 ⊗ . . . λ1 auf B(R) 23 4. Schritt: Satz 43.2 gilt, falls n = 1 und U = Br (p) ⊆ R offenes Intervall ist. Begründung: Nach der Vorbemerkung Zu Satz 43.1 mit f ≡ 1 konstant, gilt für ein Intervall Z Z Z I = [a, b] ⊆ U ⊆ R, denn λ1 (φ(I)) = dλ1 = 20 |φ0 (t)|dt = | det Dφ|dt φ(I) I I Sei B0 der Mengenring der endlich disjunkten Vereinigungen von endlichen Intervallen in R wie im Beispiel 37.5 mit σ(B0 ) = B(R). Für A ∈ B(R) betrachte die Gleichung Z 1 (∗∗) : λ (φ(A ∩ U )) = | det Dφ|dλ1 A∩U Wie oben gesehen gilt Gleichheit für alle Intervalle und dann auch für A ∈ B0 . Da beide Seiten σendliche Maße auf B(R) definieren, die auf den Erzeugern übereinstimmen, folgt aus der Eindeutigkeit 20 Vorbemerkung 82 der Maßfortsetzung (37.8) die Gleichheit in (∗∗) für alle A ∈ B(R) 24 5. Schritt: Gilt Satz 43.2 für die C 1 -Diffeomorphismen ψ : U −→ W und % : W −→ V für U, V, W ⊆ Rn offen, so auch für die Komposition % ◦ ψ : U −→ V Begründung: Nach Schritt 1 gilt auch Satz 43.1 für ψ und %. Aus der Kettenregel folgt det(D(% ◦ ψ)) = det ((D(%) ◦ ψ) · D(ψ)) = det(D(%) ◦ ψ) · det(D(ψ)) Z Z n f dλ = V Z n (f ◦ % ◦ ψ) · | det D(%) ◦ ψ| · | det D(ψ)|dλn = (f ◦ %) · | det D(%)|dλ = W U Z = f ◦ (% ◦ ψ) · | det U 6. Schritt: Beweis der lokalen Aussage im 2. Schritt durch Induktion nach n. Induktionsanfang n = 1 ist 4. Schritt. Für Schritt n − 1 −→ n betrachte φ : U −→ V ⊆ Rn und p ∈ U und φ(p) ∈ V . Da Dφ(p) invertierbar ∂φi ist, existieren i, j mit ∂x (p) 6= 0. Nach Permutation der Koordinanten (3. Schritt) können wir o.B.d.A. j ∂φ1 ∂x1 (x̄) 6= 0 annehmen. Betrachte ψ : U −→ Rn , x = (x1 , . . . , xn ) 7−→ ψ(x) := (φ(x), x2 , . . . , xn ). Dann ist Dψ(p) = ∂φ1 ∂x1 (p) 0 0 ··· 1 0 ··· ··· 1 0 0 0 0 ··· ··· ··· .. . 0 ··· ∂φ1 ∂x1 (p) 0 0 0 1 ∈ Gln(R) und Satz über die Umkehrabbildung liefert eine offene Umgebung W von ψ(p) und offene Umgebung U’ von p und eine lokale Umkehrfunktion ψ −1 : W −→ U 0 . Ersetze U durch U’. Dann sind ψ und ψ −1 invers. Für % := φ ◦ ψ −1 erhalte φ U −→ & V % % ψ W mit φ = % ◦ ψ und %(y1 , . . . , yn ) = (y1 , %2 (y), . . . , %n (y)). Wir können nach Schritt 5 annehmen, dass φ eine Koordinate festhält. Nach Schritt 3 nehme an, dass φ die erste Koordinate festhält. Also ist φ gegeben als φ : U −→ V , φ(t, x̃) = (t, φt (x̃))f ürt ∈ R, x̃ ∈ Rn−1 mit (t, x̃ ∈ U und φt : Ut = {x ∈ ¯ U ¯x1 = t} −→ R−1 . Für (t, x̃) ∈ U gilt 1 0 ··· Dφ(t, x̃) = 0 ∗ Dφt (x̃) 83 Nun gilt Z n λ (φ(A)) = R λn−1 (φ(A)t ) dλ1 = (Cavalieri) | {z } Z µZ =φt (A∩Ut ) ¶ | det dφt (x̃) dλ1 (t) (Induktionsvoraussetzung) ¶ Z µZ n−1 χA (t, x̃)| det Dφ(t, x̃)|dλ (x̃) dλ1 (t) (nach *) = Rn−1 R Z Z n χA | det Dφ(x)|dλ (x) = | det Dφ|dλn ⇒ Behauptung 2 = = R A∩Ut Rn A 43.3 Korollar Sei A ∈ Gln(R, v ∈ Rn und φ: Rn −→ Rn gegeben durch φ(x) = Ax + v. Dann heißt φ affine Transformation und für M ∈ B(R) gilt λn (φ(M )) = | det A| · λn (M ) Insbesondere für M = [0, 1] × . . . × [0, 1] ∈ Rn gilt | det A| = λn (φ(M )). Beweis: Die zweite Behauptung folgt aus der ersten Behauptung und kann elementar bewiesen werden. Für erste Behauptung beachte Dφ ≡ A, also folgt Behauptung aus 43.2 2 §44 Nullmengen und Koordinatenwechsel 44.1 Definition i) Ein Würfel im Rn ist Teilmenge W ⊆ Rn der Form W = I| × . . .{z × I + a} für endliches Intervall I⊆ Rn , a ∈ Rn n−mal ii) Sei M ⊆ Rn . Eine Funktion f : M −→ R heißt Lipschitz-stetig, falls ein l > 0 mit kf (x)−f (y)k < l · kx − yk∀ x, y ∈ M gilt. iii) Eine Nullmenge heißt auch eine dünne Menge. 44.2 Lemma Eine Teilmenge A ⊆ RnSist genau dann eine λn -Nullmenge, wenn für alle ² > 0 eine Folge von Würfeln P∞ ∞ n (Wj )j∈N inR mit A ⊆ j=0 Wj und j=0 λn (Wj ) < ². Beweis: ¯ M ist endlich disjunkte Vereinigung ) ¯ . Dann ist Q Mengenring und σ(Q) = von Würfeln in Rn Sei Q := M ⊆ Rn ¯¯ ¯ ¯ B(R). Sei λ0 = λn ¯Q : Q −→ [0, ∞]. Maßfortsetzungsatz ⇒ λn = λ∗0 ¯B(Rn ) , wobei λ∗0 das äußere Maß P λ∗0 : ℘(Rn ) −→ [0, ∞]. Es gilt λ∗0 (A) = inf{ ∞ n=0 λ0 (An )}, wobei das Infimum über alle Folgen (An )n∈N 84 ( S n ∗ in Q mit A ⊆ ∞ n=0 An gebildet wird. Sei nun A ⊆ R Nullmenge. Dann folgt leicht λ0 (A) = 0 und zu jedem ² > 0 erhält man die gesuchte Folge von Würfeln. Existiert zu jedem ² > 0 eine Folge (Wj )j∈N 1 wie oben, so wähle zu ² = m eine Folge (Wjm )j∈R mit A⊆ ∞ [ Wjm und ∞ X j=0 Sei Vm = S∞ m j=0 Wj und V := T∞ m=0 Vm . n λn (Wjm ) < j=0 1 . m Dann A ⊆ Vm , also A ⊆ V n λ (V ) ≤ λ (Vm ) ≤ ∞ X j=0 λn (Wjm ) < 1 , m also λn (V ) = 0. Beachte V ∈ B(R) ⇒ A Nullmenge. 2 44.3 Satz Sei A ⊆ Rn Nullmenge und f : A −→ Rn Lipschitz-stetig. Dann ist f (A) eine Nullmenge in Rn . Beweis: P n Sei ² > 0 und (Wj )j∈N Überdeckung von A durch Würfel Wj mit ∞ Wj j=0 λ (Wj ) < ² jeder Würfel √ n n enthalte ein aj ∈ A. Hat Wj Kantenlänge s, so ist λ (Wj ) = s und für x ∈ Wj gilt ka−aj k ≤ n·s. Sei √ nun L wie in Definiton 44.1 gewählt. Dann folgt für x ∈ Wj ∩A : kf (x)−f (aj )k ≤ L·kx−aj k ≤ L· n·s. √ Daher ist f (Wj ∩ A) in einem Würfel W̃j der Kantenlänge 2 · L · Pns enthalten und λn (W̃j ) = P √ √ ∞ n (2L nx)n = k · λn (Wj ) mit k = (2L n)n . Aus f (A) ⊆ j=0 W̃j mit ∞ j=0 λ (W̃j ) ≤ k · ² ⇒ f (A) ist eine Nullmenge. 2 44.4 Korollar Ist A ⊆ Rn eine Nullmenge und f : U −→ Rn stetig differenzierbar in offener Umgebung U von A, so ist f (A) ⊆ Rn Nullmenge. Beweis: Zu jedem x ∈ U existiert ein δ > 0 mit Bδ¯(A) ⊆ U , so dass µZ 1 ¶ f (x + h) − f (x) = Df (x + h)dt · h, 0 falls h ∈ Bδ (0) nach 30.16. Wählt man jetzt δ ∈ Q, so kann man U durch abzählbar viele ¯solche Bi = Bδi¯(x) überdecken. Wähle Li := supx∈Bi kDf (x)k, so ist Li < ∞, da Bi kompakt und f ¯B ist i S Lipschitz-stetig. Nach 44.3 ist f (A ∩ Bi ) eine Nullmenge, also auch f (A) = ∞ i=0 f (Bi ∩ A). 2 44.5 Korollar ¯ Sei f : Rn −→ R messbar. Dann ist der Graph Γf := {(x, f (x))¯x ∈ Rn } eine dünne Teilmenge. Beweis: Wie im Beweis von 42.7 folgt, dass ¯ Γf = {(x, y) ∈ Rn × R¯y − f (x) = 0} ∈ B(R) Für x ∈ Rn ist R(Γf )x = {f (x)} ⊆ R eine λ1 -Nullmenge, also mit Cavalieri λn+1 = (Γf ) = R λ1 ((Γf )x )dλn (x) = 0. 2 85 44.6 Bemerkung i) Eine differenzierbare Untermannigfaltigkeit M ⊆ Rn der Dimension echt kleiner n, ist immer eine Nullmenge (Übungsaufgabe) ii) Im Allgemeinen ist Vorsicht angebracht: Es gibt z.B. stetige Kurven γ : [0, 1] −→ R2 , deren Bild [0, 1] × [0, 1] ⊆ Rn ist. 44.7 Polarkoordinaten (vgl. 33.9) dies ist die Transformationsformel Polarkoordinaten ½µ ¶ ¾ ¯ x 2 2¯ (0, ∞) × (, 2π) −→ C \ R \ ∈R x≥0∧y =0 y (r, φ) −→ r · eiφ = r · (cos φ + i sin φ). Haben gesehen, dass P C 1 -Diffeomorphismus mit Jacobi-Matrix µ ¶ µ ¶ r cos φ −r · sin φ (DP = φ sin φ r · cos φ µ ¶ ¯ r und det DP = r. Beachte {(x, y) ∈ R2 ¯y = 0 ∧ x ≥ 0} ist eine Nullmenge. Daher führt P neue φ Koordinaten auf R2 ein. 44.8 Satz Z ∞ 2 e−x dx = √ π −∞ Beweis: Z ∞ Da µZ −x2 e dx > 0, genügt es −∞ µZ ∞ e −∞ −x2 ∞ e −x2 ¶2 dx = π zu zeigen. −∞ ¶2 Z Z Z 2 2 2 2 dλ (x) = e−x dλ1 (x)e−y dλ1 (y) = e−(x +y ) dλ2 (x, y) (Fubini) R2 ZR R 2 = e−r dλ2 (r, φ) (Transformationsformel)21 1 (0,∞)×(0,2π) Z ∞ Z 2π = −r2 re 0 0 " e−r dλ (r) = 2π − 2 2 #∞ 1 = π.2 0 44.9 Zylinderkoordinaten Gegeben durch Transformation x ¯ Z : (0, ∞) × (0, 2π) × R −→ R3 \ y ∈ R3 ¯x ≥ 0 ∧ y = 0 z 21 x 7−→ r cos φ, y 7−→ r sin φ (Bemerkung über Nullmengen) 86 (r, φ, z) −→ (r cos φ, r sin φ, z). Wie für Polarkoordianten ist Z ein C 1 -Diffeomorphismus mit cos φ −r sin φ 0 Dz(r, φ, z) = sin φ r cos φ 0 und det DZ(r, φ, z) = r 0 0 1 x ¯ Da λ3 y ∈ R3 ¯x ≥ 0 ∧ y = 0 werden auf R3 durch Z Koordinaten eingeführt. Hilfreich Zylin z derkoordinaten einzuführen, wenn Funktion symmetrisch zur z-Achse ist. 44.10 Beispiel ¯ Sei A ∈ B(R2 ) mit A ⊆ {(r, z) ∈ R2 ¯ > 0}. Durch Rotation dierser Menge und die z-Achse entsteht ein Rotationskörper ¯ V = {(r cos φ, r sin φ, z)¯(r, z) ∈ A1 φ ∈ [0, 2π)}. Da es nicht auf Nullmengen ankommt, genügt es φ ∈ (0, 2π) zu betrachten und Zylinderkoordinaten einzuführen. Erhalte mit Fubini und Maßtransformation 43.2 Z λ3 (V ) = λ3 (Z(A × (0, 2π))) = | det DZ|dλ3 A×(0,2π) ! Z ÃZ Z rdλ1 (φ) dλ2 (r, z) = 2π = A (0,2π) rdλ2 (r, z) A 44.11 Definition Für A ∈ B(R) mit λn (A) > 0 heißt µZ ¶ Z 1 n n x1 dλ (x1 , . . . , xn ), . . . , S := n xn dλ (x1 , . . . , xn ) ∈ Rn λ (A) A A der Schwerpunkt der Menge A. In der Situation von Beispiel 44.10 ist R := Abstand des Schwerpunktes zu z-Achse. 1 λ2 (a) R A rdλ 2 (r.z) der 44.12 Satz(Guldinsche Regel) In der Situation von 44.10 gilt: λ3 (V ) = 2πRλ2 (A), wobei R den Abstand des Schwerpunktes A zur Rotationsachse bezeichnet. Beweis: siehe oben. 44.13 Beispiel (Der Zusammmenhang zwischen Beta- und Γ-Funktion) Erinnerung: B = (0, ∞) × (0, ∞) −→ R, Z 1 Z x−1 y−1 B(x, y) = t (1 − t) dtvgl Paragraph 22 = 2 · 0 π 2 (sin θ)2x−1 (cos θ)2y−1 dθ 0 (substituiere t = sin2 θ, Korrollar 23.13) Neuer Beweis: für Satz 23.12. 87 44.14 Satz Für x, y > 0 gilt B(x, y) = Γ(x) · Γ(y) . Γ(x + y) Beweis: R∞ 2 Nach Definition ist Γ(u) = 0 xu−1 x−x dx für u > 0. Mit x = s2 mit dx = sds erhalte Z ∞ s2 Γ(u) : 21−u s2u−1 e− 2 0 Benutze Fubini, Polarkoordinaten und Tranformationsformel ¶ Z ∞ µZ ∞ (s2 +t2 ) 1 2−u−v 2u−1 2v−1 − 2 dλ (s) dλ1 (t) Γ(u) · Γ(v) = 2 s t e 0 Z0 (s2 +t2 ) Fubini 2−u−v = 2 s2u−1 t2v−1 e− 2 dλ2 (s, t) (0,∞)×(0,∞) Z r2 Polark. = 22−u−v r2u+2v−2 (cos φ)2u−1 (sin φ)2v−1 e− 2 dλ2 (r, φ) Fubini = (0,∞)×(0, π2 ) Z ∞ 2−(u+v) 2(u+v)−2 2 r 0 = r2 · e− 2 dλ1 (r) Z (0, π2 ) (cos φ)2u−1 · (sin φ)2u−1 dλ1 (φ) Γ(u + v) · B(u, v)2 44.15 Bemerkung Haben des öfteren Korollar 39.8 benutzt: R Für eine stetige Funktion f : (a, b) −→ R, −∞ ≤ a < b ≤ ∞ mit (a,b) |f |dλ0 < ∞ existiert auch Rb Rb R R − a f (t)dt (und umgekehrt, falls f ≥ 0) und es gilt R − a f (t)dt = (a,b) f (t)λ1 (t). 88