Juli/Aug. 4/09 Vereinsblatt der Österreichischen Orchideengesellschaft Eine Orchidee am Ende der Welt: Gavilea araucana Standard Orchideendünger im Test Außerdem: Primärhybriden mit Paphiopedilum philipinense Pflanzenporträt Bulbophyllum falcatum Phalaenopsis corningiana Austellungsberichte, Kulturtipps, Termine und mehr Titelfoto: Bulbophyllum falcatum Foto: Peter Schmid ZU DIESER AUSGABE ÖSTERR. ORCHIDEEN GESELLSCHAFT Liebe Leser! Die kommenden Sommermonate bieten ja traditionell wenig Vereinstermine. Da möchten wir Sie anregen, die Zeit zu nutzen, bei Schönwetter unsere Orchideen im Wald und auf der Wiese zu besuchen, und bei Schlechtwetter fleißig Beiträge für unseren Orchideenkurier zu schreiben. In unserer letzen Ausgabe ist uns bedauerlicherweise ein Fehler unterlaufen. Wir haben in der Grafik im Artikel über die Paphiopedillumrothschildianum-Hybriden zwei Fotos verwechselt: Auf dem Foto mit der Bezeichnung P. Lord Derby ist in Wirklichkeit P. Iantha Stage zu sehen und umgekehrt. Wir Ihnen eine schöne Urlaubszeit und viel Spaß mit dieser Ausgabe des Orchideenkurier, die Ihnen hoffentlich von der Post wieder halbwegs pünktlich zugestellt wird. Die Redaktion PRÄSIDENT Kurt Opitz, 2604 Theresienfeld, Birkeng. 2, [email protected], Tel./Fax: 02622/713 69 VIZEPRÄSIDENTEN Dr. Hubert Mayr, 07252/441 29, [email protected]; Heinz Mik, 01/203 34 97, [email protected]; DI Erich Wildburger, 0664/50 47 482, [email protected] SCHRIFTFÜHRER/KASSIER/ MITGLIEDERSERVICE Erika Tabojer, Birkeng. 3, 2601 Sollenau, Tel. & Fax: 02628/472 09, E-Mail: [email protected] SONSTIGE KONTAKTE: MITGLIEDERSERVICE WIEN LESERPOST Liebe Redaktion! Ich habe letztes Jahr von Hr. Klang (NÖ) ein Oncidium bekommen. Es war im Sommer im Garten, überwintert wurde kühl, trocken hell (wie D. kingianum). Jetzt blüht es, Stiel ca. 1 m, 16 Blüten, stinkt nach leicht ranzigem Sonnenöl. Was ist es? Ich finde es trotz meiner 30 Bücher nicht. Vielleicht können sie mir da weiterhelfen? Danke im Voraus, Arnulf Kopeinig Lieber Arnulf Kopeinig! Gerne leiten wir Ihre Anfage an unsere Leser weiter. Jetzt schon möchten wir Ihnen aber zu diesem schönen Kulturerfolg gratulieren! Die Redaktion Monika Ahl, Maschlgasse 28, 1220 Wien, Tel.: 01/282 55 68, Fax: 01/282 55 68-15, E-Mail: [email protected] REDAKTION OK Thomas Seidl, Geblergasse 82/3, 1170 Wien, Tel.: 01/974 28 27 [email protected] Weitere Kontaktadressen finden Sie ab Seite 22 und auf WWW.ORCHIDEEN.AT Redaktionsschluss für Heft 5/09: 1. August 2009 Der Gletscher Perito Moreno im Südwesten Argentiniens in unmittelbarer Nähe der G. araucana Gavilea araucana EIne Orchidee vom Ende der Welt Auch Südamerika hat bemerkenswerte Erdorchideen. Nur einen Steinwurf vom ewigen Eis entfernt, stellt WERNER BLAHSL eine dieser Schönheiten vor. Wenn jemand an südamerikanische Orchideen denkt, kommen ihm wohl zuerst prächtige Cattleyen und Laelien in den Sinn; oder die andinen Masdevallien und Pleurothallis aus den feuchten Nebelwäldern Kolumbiens und Ecuadors. Jedoch selten denkt man an südamerikanische Erdorchideen. Dabei sind diese am gesamten Kontinent anzutreffen. Am südlichsten Zipfel des Erdteiles, in Feuerland, trifft man eine Flora an, die sehr an unsere heimische erinnert. Lupinen, Verwandte der Heidelbeere und Preiselbeere und sommergrüne Laubwälder. Nach einem langen Winter mit dünner Schneedecke sprießen etliche uns bekannte Pflanzen. Auch hier gedeihen Orchideen, sowie bei uns auch. Klimatisch erstreckt sich diese Zone von Feuerland nördlich entlang der Anden bis etwa Mittelchile. Während eines Urlaubes in Argentinien kam ich auch in den äußersten Südwesten des Landes an die chilenische Grenze, wo sich nach den Polkappen die drittgrößte Eismasse der Welt befindet. Unzählige Gletscher schieben hier ihr Eis vor sich her. Viele speisen den Largo Argentino mit ihrem Schmelzwasser und gestalten so einen enormen Gletschersee. Nicht der größte, aber wohl der berühmteste dieser Gletscher ist der Perito Moreno. Seine wachsende Gletscherzunge schneidet in regelmäßigen Abständen einen Arm des Largo Argentino ab. Das steigende Schmelzwasser in diesem Teil des Sees drückt dann gegen die Gletscherzunge und bricht alle paar Jahre unter lautem Getöse große Eismassen vom Gletscher ab, die in den See stürzen. Verkehrstechnisch gut erschlossen kann man den Perito Moreno auf modernen Straßen leicht erreichen. Erst kurz bevor man an die Anden kommt und die Gletscher bestaunen kann, beginnt eine dichtere Vegetationszone. Zuvor muss man 3 G. araucana, Einzelblüte (Foto: Michail Belov) G. araucana, Besonders prächtiger Blütenstand (Foto: Michail Belov) G. araucana, Samenstände Zwei Blütenstände in unmittelbarer Nähe der Gletscherzunge quer durch die argentinische Pampa mit ihrer äußerst kargen Steppenvegetation. Im Hochsommer steigt hier in der Nähe der chilenisch-argentinischen Grenze das Thermometer kaum über 15 Grad, entlang der Gletscherzunge weht ein unfreundlicher, beständiger und kalter Wind. Hier bleibt es deutlich kühler. Und fast in Griffweite der Gletscher wachsen hier etliche Orchideen. Neben den Gattungen Chloraea und Codonorchis, sind Gavileas verbreitet. Im Hochsommer (Februar) konnte ich noch blühende Pflanzen der Gavilea araucana antreffen. Die Böden waren hier offenbar sehr kalkarm und sauer. Typische Vegetation von sauren Böden war anzutreffen, wie etwas große Bestände an Ericaceaen. Auch reichlich Samenstände anderer Orchideen ragten aus dem Boden. Die waren leicht zu erkennen, sahen sie doch unsere heimischen Orchideen zum verwechseln ähnlich. Allerdings täuscht dieses vermeintliche Verwandschaftsverhältnis. Die südamerikanische Erdorchideen haben ein viel näheres Verwandschaftsverhältnis zu den australischen Gattungen als zu den europäischen Erdorchideen. Der Blütenbau, die Gestaltung der Säule und die Pollenstruktur ähnelt sehr den australische Angehörigen dieses Tribus. Ähnliche Verwandschaftsverhältnisse findet man ja auch zwischen südamerikanischen und australischen Araucarien (Verwandte unserer Tannenbäume) sowie in der Fauna dieser beiden Kontinente. Die hier gezeigt Gavilea araucana ist eine von 14 Arten dieser Gattung, die vom südliche Südamerika bis auf die Malvinas (Falkland Inseln) vorkommt. Die Art G. araucana wurde erst 1956 beschrieben. Sie wächst in Höhenlagen bis 900 m, wird ungefähr 40 bis 50 cm hoch und trägt bis zu 15 Blüten, die etwa 3 cm groß werden. Die Blüten öffnen sich nacheinander, so dass kaum mehr als 4 oder 5 gleichzeitig offen sind. Die Bestäubung erfolgt durch eine primitive Bienenart. Bei meinem 5 Möglicherweise durch Selbstbestäubung entstandene Samenstände Habitat im intakten≠ Urwald mit Nothofagus-Bäumen Pflanzen wachen auf sauren Böden Begleitpflanzen im Habitat G. araucana, Habitus (Foto: Michail Belov) Besuch im Spätsommer waren reichlich Samenkapseln vorhanden. Das ließe auch auf Selbstbestäubung schließen. Gavilea araucana wächst als Einzelpflanze oder in kleinen Gruppen. Lokal ist ihr Auftreten durchaus häufig, oft auch in Begleitung anderer Orchideen. Weitere interessante Gavilea Arten sind: G. odoratissima, die endemisch in Chile ist und als einzige Art auch epiphytisch wachsend angetroffen wird. Sie gilt als einzige epiphytische Orchidee Chiles. G. australis sieht der hier abgebildeten G. araucana ähnlich, hat aber ein südlicheres Verbreitungsgebiet und wird auch in Feuerland noch angetroffen. Ebenso in Feuerland findet man G. lutea mit leuchtend gelben Blüten, allerdings hat sie oft eine schlampige Blütenhaltung und öffnet die Blüten nicht vollständig. Sehr schöne offene gelbe Blüten aber vom Habitus nur 25 cm hoch wird G. kingii. Auch andere Arten der Gattung Gavilea sind sehenswert, wurden aber of nur von einzelnen, weit abgelegenen Standorten in den chilenischen oder argentinischen Anden beschrieben. Um die ganze Pracht ihrer Blüten bewundern zu können empfiehlt sich ein Besuch des Gebietes im späten Frühling, also Oktober bis Dezember auf der Südhalbkugel. Zu dieser Zeit sollte der Pflanzenfreund eine längere, auch mehrtägige Wanderung in die Anden dieser Gegend einplanen, da es hier eine Fülle von einzigartigen, endemischen und faszinierenden Pflanzen gibt. Herzlichen Dank an Michail Belov für das Überlassen der Fotos von www.chileflora.com 7 P. Saint Swithin x P. lowii = P. Saint Low x P. malipoense = P. It's Doll P. Milmanii (callosum x philippinense) Paphiopedilum – MultifloraPrimärhybriden Teil 4: Paphiopedilum-phillippinense-Primärhybriden HANNES REITERER stellt in dieser Serie kulturwürdige Primärhybriden aus der Multiflorasektion vor. Reichenbach beschrieb die Pflanze 1862 anhand Pflanzen unter dem Namen P. palawanense auf eines Herbarexemplares als Cypripedium philippiden Markt, die nun als neue Varietät des P. philipnense. Etwas später entdeckte Exemplare wurden pinense unter dem Namen P. phil. var. palawanenunter den Namen Cypripedium laevigatum und se gültig beschrieben wurden. Auch sie sind im Cypripedium roebbelinii veröffentlicht, die UmHabitus kleiner als die Normalform mit weniger kombination zu Paphiopedilum erfolgte 1892 und kleineren Blüten pro Infloreszenz. durch Stein. Die Blätter der Normalform erreichen Längen Das Hauptverbreitungsgebiet von Paphiobis 35 cm, die bis zu 50 cm hohe Infloreszenz wird pedilum philippinense sind die Provinzen Luzon, Mindanao und Palawan, es wurden aber auch Standorte in Nordborneo nachgewiesen. Die Pflanze wächst in Höhenlagen von 0 bis 500 Metern auf Kalkfelsen, oft sogar an Südhängen mit Vanda batemanii, was schon ein Hinweis auf die Lichtansprüche ist. Die unter unkorrektem Namen im Handel befindlichen Pflanzen wie P. laevigatum sind lediglich Standortvarietäten. So hat „laevigatum“ kürzeres, schmäleres und gekieltes Laub mit deutlich kleineren Blüten. Lediglich „roebbelinii“ wurde in den Status einer echten Varietät erhoben. Die Pflanzen haben bei kleinerem, gekielP. philippinense x suktem Laub größere Blüten als die hakulii (P. Recovery) Normalform, wobei die Petalen länger und stärker gedreht sind. In den letzten Jahren kamen Paphiopedilum philippinense x anitum P. philippinense x kolopakingii (P. Ben Royal) P. philippinense x sanderianum P. philippinense x stonei (P. Mount Toro) (P. Michael Koopowitz) P. glanduliferum var. praestans x P. philippinense var. roebbelenii = P. Deena Nicol 3–5-blütig, wobei Petalenlängen bis zu 20 cm erreicht werden können. In Kultur sollten die Pflanzen warm und hell kultiviert werden, am Standort selbst fällt die Temperatur in den kühlsten Monaten auf 15 Grad, die Maximaltemperatur erreicht 32 Grad. Die Luftfeuchtigkeit ist das ganze Jahr hoch. In Kultur müssen sie im Winter trockener gehalten werden, da bei verringertem Lichtangebot sich sonst Pilz- und Bakterienerkrankungen einstellen. Die Blütezeit fällt meist in die Monate März bis Juni. Alle Hybriden mit philippinense-Blut stellen ähnliche Ansprüche in der Kultur. Ich will sie nicht mit ellenlangen Aufzählungen von Hybriden langweilen, die Bilder einiger Kreuzungen (wobei zwei Hybriden in zweiter Generation mit abgebildet sind) sollen für sich sprechen. Schön und kulturwürdig sind die meisten Züchtungen mit P. philippinense. Haben Sie Erfolg mit Cattleyen, so werden P. philippinenseKreuzungen auch sicher zur Blüte kommen, im zu schattigen Phalaenopsishaus werden die Pflanzen kaum blühen. (Alle in dieser Serie abgebildeten Pflanzen stammen aus der Kultur des Autors, Fotos: Autor) P. philippinense x glaucophyllum (P. Shireen) Standard-Orchideendüger im Test Was taugen eigentlich die Spezial-Orchideendünger, die man in Bau- und Pflanzenmärkten kaufen kann? Sind die wirklich ihr Geld wert? THOMAS SEIDL geht diesen Fragen nach. Leben von Luft und Liebe. Es gibt wenig Pflanzen die diesem Ideal näher kommen, als epiphytische Orchideen hoch in den Bäumen sitzend und sich mit dem Angebot dort begnügend. Natürlich ist das nicht nur Luft und Liebe. Wie alle Pflanzen brauchen sie zum Wachsen nämlich noch Wasser, Licht und Nährstoffe. Letztere wollen wir auch den Orchideen, die den Weg in unsere Obhut gefunden haben, nicht vorenthalten. Pflanzen brauchen Dünger – auch Orchideen, und nachdem es ja in der Zwischenzeit recht populär geworden ist, die eine oder andere Phalaenopsis zuhause zu haben, gibt es eine Vielzahl von speziellen Orchideendüngern im Angebot der Bau- und Pflanzenmärkte, die auf die Bedürfnisse unserer Pfleglinge abgestimmt sein sollen. Ich habe die gängigsten Marken einmal etwas genauer unter die Lupe genommen. Dabei interessiert mich jetzt nicht die Spezialdünger, die der Profi oder Gärtner verwendet, sondern die Standard-Orchideendünger für die Pflanzen auf der Fensterbank und die Frage, ob die für unsere Pflanzen überhaupt geeignet sind. Zu Betonen ist, dass ich natürlich kein Chemiker bin und deshalb dieser Test keinen Anspruch auf die absolute Wahrheit stellen kann. Folgende Marken wurden getestet: der Orchideendünger der Hersteller Compo, Substral, GreenVital und Plantamia/Obi (alle in Baumärkten erhältlich) sowie die Eigenmarke der Firmen Bellaflora und Dehner. Als Vergleich nehmen wir den Spezialdünger einer bekannten Orchideengärtnerei: den Dünger der Gärtnerei Rölke. Gesetz des Minimums Bevor wir aber mit dem Testen beginnen können, müssen wir einige Grundlagen zur Nährstoffaufnahme bei Pflanzen beleuchten. Ein wichtiges 12 botanisches Gesetz ist Liebigs „Gesetz des Minimums“, welches besagt, dass Pflanzen nur wachsen können, wenn auch alle nötigen Faktoren vorhanden sind. Demzufolge gibt es kein Wachstum, wenn nur einer der Faktoren fehlt. Licht und Wasser zum Beispiel. Aber auch keiner der benötigten Nährstoffe. Benötigte Nährstoffe Die wichtigsten Quellen für die Beschaffung der chemischen Elemente, die eine Pflanze zur Bildung neues organischen Materials braucht, sind auf alle Fälle die Luft und das Wasser: Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff. Was sonst noch gebraucht wird, teilt man in zwei große Gruppen: Makro- und Mikronährstoffe. Beide sind üblicherweise im Wasser gelöst und werden von den Wurzeln aus der Umgebung aufgenommen. In unserem Fall sind das die Stoffe, die wir über den Orchideendünger der Pflanze liefern wollen. Makro- und Mikronährstoffe Die Makronährstoffe werden von den Pflanzen in größerer Menge benötigt. Zu ihnen zählen (in der Reihenfolge der benötigten Menge) Stickstoff, Kalium, Kalzium, Magnesium, Phosphor und Schwefel. Letztere beiden findet man in unserem Leitungswasser (die so genannte Wasserhärte). Nachdem in der Literatur empfohlen wird, dem Gießwasser zumindest etwas Leitungswasser zuzufügen, wenn man Regenwasser oder anderes sehr weiches Wasser verwendet, sind diese beiden Stoffe in den meisten Düngern nicht enthalten. Schwefel ist in den meisten Düngern vorhanden in chemischer Verbindung mit den anderen Nährstoffen. Mikronährstoffe werden nur in sehr geringen bis hin zu geringsten Mengen benötigt. Zu ihnen zählen (wieder in Reihenfolge der benötigten Menge) Chlor, Eisen, Mangan, Bor, Zink, Kupfer, Molybdän und Nickel. Davon ist in den getesteten Düngern einzig Chlor nicht enthalten, das ist in den geringen benö- es den so genannten NPK-Wert, der bei einem Dünger angibt, wie viel Prozent des jeweiligen Elements in der Lösung enthalten sind. Üblicherweise sollten diese Werte ausgeglichen sein, oder der Dünger eine höhere Menge Stickstoff enthalten, was an der Eigenschaft unseres üblichen Rindensubstrates (Orchideenerde) liegt, in dem ständig Bakterien daran arbeiten, die Rinde zu verrotten und dabei Stickstoff aufnehmen. (Natürlich werden dabei auch andere Nährstoffe freigesetzt, welche die Pflanzen verwerten können.) Ein NPK-Wert mit hohem Phosphorgehalt wird als so genannter Blühdünger bezeichnet. Viele Gärtner wechseln im Herbst von stickstoffzu phosphorbetontem Dünger, damit Bulben ausreifen und die Blüte gefordert wird. Sehen wir uns die Werte unserer Kandidaten einmal an. Hier fällt schon auf den ersten Blick auf, wie unterschiedlich die Zusammensetzung der verschiedenen Dünger ist. Einzig der Dünger von Dehner weist einen höheren Stickstoffwert auf, die meisten anderen Produkte haben einen sehr hohen Wert an Kalium. Selbst bei anderen Kultursubstraten als Rinde werden in der Literatur aber ausgewogene Dünger empfolen. Einzig als Blühdünger im Herbst werden Dünger mit hohen Phosphorwerten erwähnt. Als Alleindüngung und vor allem in unseren Rindensubstraten sind diese nicht optimal. Vergleich tigten Mengen ja auch im Leitungswasser. Der NPK-Wert Von Bedeutung für unsere Pflanzen ist aber nicht nur, was in einem Dünger enthalten ist, sondern auch wie viel davon. Das ist auf den Verpackungen glücklicherweise detailliert angeführt. Für die Hauptnährstoffe (Stickstoff, Phosphor und Kalium) gibt Was der NPK-Wert nicht aussagt, ist die endgültige Konzentration der Nährstoffe in unserem Gießwasser. Hier liegen nämlich von Produkt zu Produkt sehr unterschiedliche Angaben zum idealen Mischungsverhältnis vor (siehe Tabelle). Die Frage, ob in unserem nach Anleitung gemischten Düngerwasser jetzt auch genügend Nährstoffe vorhanden sind, können wir aber erst später klären. Auf alle Fälle nehmen wir für die Mischung weiches Wiener Leitungswasser, so wie es die meisten Leute zuhause ja auch tun (bei einigen Düngern wird darauf hingewiesen, man solle weiches Wasser benutzen). pH Wert- Verfügbarkeit der Nährstoffe Somit kommen wir auch gleich zum ersten Test. Wir messen den pH-Wert. Der Grund dafür ist, dass Pflanzen die Nährstoffe nur dann aufnehmen können, wenn das Wasser nicht zu sauer und nicht zu alkalisch ist. Dann bilden nämlich 13 viele Nährstoffe chemische Verbindungen und stehen für die Pflanze nicht mehr zur Verfügung. Der pH-Wert sollte leicht sauer bis neutral sein – also um die 6. Wir messen hier Werte von 5,2 (Green Vital), 5,5 (Substral und Bellaflora) – Werte die noch im tolerierbaren Bereich liegen. Der Rest erreicht den Idealwert 6. Salz und Leitwert Die böse Überraschung kommt aber dann bei unserem zweiten Test. Wir messen den Leitwert des Düngewassers und damit den Salzgehalt. Die meisten Nährstoffe liegen in einem anorganischen Dünger nämlich in Form von Salzen vor. Diese sind bei einer Überdosierung für die Schädigung der Wurzeln verantwortlich. Die üblichen Braunund Schwarzfärbung von Wurzeln an der Substratoberfläche – das so genannte „Verbrennen“ – entsteht dadurch, dass sich beim Auftrocknen des nicht von den Wurzeln aufgenommenen Düngerwasser die Salzkristalle an der Oberfläche ablagern und dort die Wurzeln schädigen. Deswegen ist es bei Orchideen so, dass viel nicht viel hilft – zumindest was das Düngen betrifft. Nachdem Salze in Wasser gelöst, dessen elektrische Leitfähigkeit erhöhen, kann man mit einem Leitwertmessgerät die Salzkonzentration einer Lösung bestimmen. Hierzu gibt es verschiedene Vorgaben in der Literatur. Manche praktizieren Stoßdüngungen mit bis zu 1000 Mikrosiemens und spülen ein paar Stunden die Wurzeln mit klarem Wasser wieder ab – andere düngen bei jedem Gießen mit 200 Mikrosiemens ohne durchzuspülen. Wir machen das aber so wie in der Anleitung der Düngerhersteller, die – außer im Winter – dazu raten, einmal pro Woche Dünger ins Gießwasser zu geben. Nachdem in den Wohnzimmern jetzt üblicherweise nicht allzu empfindliche Naturformen stehen, nehmen wir einen Idealwert von 500 Mikrosiemens an und beginnen mit unserem Test. Ich muss jetzt zugeben, das wir erwartet haben, an dieser Stelle die eine oder andere unangenehme Überraschung zu erleben. Was wir aber jetzt messen, liegt weit über unseren kühnsten Befürchtungen. Gleich bei unserem ersten Kandidaten, dem Dünger vom Compo, messen wir fast 1900 Mikrosiemens – fast das vierfache des Idealwertes – und beim Produkt von Green Vital liegt der Wert sogar außerhalb der Messfähigkeit unseres Gerätes. 14 Wir brechen an dieser Stelle ab, setzen alle Dünger mit destilliertem Wasser neu an (das Leitungswasser an sich hatte ja schon 260 Mikrosiemens – das destillierte Wasser fast Null) und wiederholen die Messung. Der Dünger von Green Vital liegt immer noch außerhalb des Messbereiches. Erst eine Verdünnung 1:1 mit destilliertem Wasser bringt ein Ergebnis: 2500 Mikrosiemens! Damit kann man mit ziemlicher Sicherheit auch eine robuste Phalaenopsis ins Jenseits befördern! Die anderen Kandidaten schneiden zwar nicht ganz so schlecht ab, mit Werten von teilweise weit über 1000 sind aber auch sie so nicht zu gebrauchen. Einzig der Dünger von Plantania schafft es mit 655 Mikrosiemens einen halbwegs brauchbaren Wert zu liefern. Zum Vergleich testen wir auch den Dünger aus der Gärtnerei Rölke, nehmen die Konzentration für „wenig empfindliche“ Pflanzen und erreichen damit gerade mal einen Wert von 284 Mikrosiemens. Hier könnte man sogar noch höher dosieren. Das heißt im Klartext: Fast alle Dünger sind im angegebenen Mischverhältnis völlig unbrauchbar – schlimmer sogar – teilweise tödlich für unsere Pflanzen! Um sie dennoch verwenden zu können, muss man sie weiter verdünnen. Das versuchen wir auch im letzen Teil unseres Tests. Wir verdünnen alle Lösungen auf einen Wert von ungefähr 500 Mikrosiemens. So können die Dünger unseren Pflanzen nicht mehr schaden. Aber enthalten diese Lösungen auch noch genügend Nährstoffe? Wir berechnen das anhand der Angaben auf den Packungem und erhalten recht unterschiedliche Mengen. Ergebnisse Einzig der Dünger von Dehner und unser Vergleichskandidat von Rölke enthält in der neuen Konzentration noch ausreichend Stickstoff. Wobei bei dem Produkt von Dehner der niedrige Phosphoranteil auffällig ist und man ihn deshalb mit einem Blühdünger kombinieren sollte. Der Dünger von Compo enthält ja zusätzlich noch organische Bestandteile, also auch Eiweiß . Die sind zusätzliche Nährstoffe für die Pflanze, obwohl sie nicht im NPK-Wert berücksichtigt und damit auch in unserer Rechnung. Compo, und Substral sind duch den höheren Phosphorwert auch ganz gut als Blühdünger im Herbst einzusetzen. Am schlechtesten schneiden die Dünger Name Compo Plantaria Dehner Substral Preis 4,99 2,79 3,99 4,49 4,49 6,99 2,80 Menge 0,25 l 0,25 l 0,25 l 0,25 l 0,25 l 0,5 l 0,25 l NPK-Wert 3+4+5 3+3+5 4+1+2 4+4,5+8 4+4+6 3+6+6 2+1+1 X X X X X X X Mikronährst. Bellaflora Gr. Vital Rölke Sonstiges Eiweiß, Schwefel Eiweiß, Kalzium organische Zusätze X X Dosierung 7 ml/l 2 ml/l 5 ml/l 3,5 ml/l 1,5 ml/l 5 ml/l 3 ml/l 6 6 6 5,5 5,5 5,2 6 Mikrosiemens 1753 655 962 1188 943 2550 284 erforderliche 1,4 ml/l Mischung 1,5 ml/l 2,5 ml/l 1,2 ml/l 0,8 ml/l 0,9 ml/l 5 ml/l 4,2 mg/l 4,5 mg/l 10 mg/l 4,8 mg/l 3,2 mg/l 2,7 mg/l 10 mg/l 5,6 mg/l 4,5 mg/l 2,5 mg/l 5,4 mg/l 3,2 mg/l 5,4 mg/l 5 mg/l 7 mg/l 7,5 mg/l 5 mg/l 9,6 mg/l 4,8 mg/l 5,4 mg/l 5 mg/l 3 3 2 4 pH-Wert enthaltener Stickstoff Phosphor Kalium Testnote von Bellaflora und GreenViital ab. Sie haben in unserer orchideenfreundlichen Neudosierung die wenigsten Innhaltsstoffe und es ist eigentlich nicht ganz klar, wie der hohe Salzgehalt in diesen Produkten entsteht. Meiner Meinung nach am Besten schneidet unser Kontrollprodukt vom Orchideengärtner ab. Das weist nicht nur die besten Mengen an Nährstoffen auf, sondern liefert zusätzlich noch Kalzium und Eiweiß. Fazit Man kann seine Orchideen sicher auch mit handelsüblichen Orchideendünger versorgen. Aber man muss trotzdem ein wenig tüfteln. Der NPKWert ist schon mal ein Ansatz, ob ein Dünger etwas taugt und wie man ihn einsetzen kann. Aber 5 5 1 verlassen Sie sich auf keinen Fall auf die Dosieranleitung. Die sind für unsere Orchideen gemeingefährlich! Wenn man jetzt aber den Orchideendünger sowieso noch weiter verdünnen, und mit dem Leitwertgerät hantieren muss, spricht eigentlich nichts dagegen, gleich einen billigen normalen Blumendünger zu nehmen – der natürlich für die Orchideen auch viel stärker verdünnt werden muss als für die Geranien. Auf alle Fälle wäre das eine kostensparende Alternative. Qualität liefert der Dünger aus der Orchideengärtnerei, der zwar auf dem ersten Blick sogar billiger erscheint, aber durch die höhere Dosierung dann doch ein wenig teurer kommt als die anderen Produkte. Aber Qualität hat eben ihren Preis. 15 16 17 Fensterbankblues Die kleinen Freuden THOMAS SEIDL hat auch ein Herz für die kleinen Dinge. Zumindest, wenn sie sich harmonisch in die Orchideensammlung eingliedern. Dass es nicht auf die Größe ankommt, ist eine bekannte Tatsache. Viele Leute bevorzugen aber gerade die kleinen Dinge. Um nicht zu sagen die winzig kleinen. Wir sprechen hier natürlich von Orchideen! Miniaturorchideen erfreuen sich steigender Beliebtheit. Gerade Sammler mit wenig Platz spezialisieren sich häufig auf Pflanzen, die locker in eine Hand passen und zur Betrachtung deren Blüte man eine Lupe benötigt. Aber viele Miniaturorchideen gelten als heikel und es wird häufig empfohlen, diese in einer Vitrine zu pflegen. Das ist zwar auf alle Fälle auch eine schöne Sache, aber auch auf der Fensterbank kann man einige Arten erfolgreich über mehrere Jahre immer wieder zum Blühen bringen. Wenn ich von Miniaturorchideen spreche, dann meine ich monopodialen Pflanzen mit einer Blattspannweite von 2 cm oder Bulben von 5 mm Größe. Die Lupe ist bei der Pflege und Kontrolle dieser Pflanzen ein steter Begleiter. Unangefochtene Nummer 1 meiner Rangliste an fensterbanktauglichen Miniaturen ist eindeutig meine Schoenorchis odorata, die zwar nicht duftet, dafür aber zweimal im Jahr mehrere Blütenstiele mit vielen Blüten treibt und seit Jahren glücklich 18 aufgebunden auf einem daumendicken Korkstück wächst. Sommerkultur im Freien ist kein Problem. Zu feucht darf man sie nicht halten. Das hätte ihr im ersten Jahr beinahe das Leben gekostet. Nicht weniger hart im Nehmen und ein echter Dauerblüher sind meine Macroclinium-Arten. Als M. manabium und Macroclinium christensonii gekauft, kann ich trotz Lupe keinen Unterschied feststellen. Beide wachsen aufgebunden auf kleinen Stücken Weinrebe und blühen fast das ganze Jahr. Wenn man ganz genau hinriecht, kann man einen leichten Duft nach trockenem Gras feststellen (und der kommt nicht davon, dass die Pflanzen so aussehen würden). Auch sie wachsen auf der Fensterbank im Winter und im Garten im Sommer. Als dritte Empfehlung möchte ich Ihnen eine Art ans Herz legen, die oft als heikel gehandhabt ist, was aber nur daran liegt, dass meist Pflanzen in schlechtem Zustand im Handel erhältlich sind: Ceratocentrum fesselii. Über sie haben wir im OK schon mal berichtet.. Außerdem kann ich Ihnen noch die blattlosen Chiloschista-Arten empfehlen. Diese sind weit nicht so zickig wie ihr Ruf und wachsen auch ausserhalb von Vitrinen sehr gut. Orchideenausstellung im Schloss Hetzendorf Vom 15. bis 17. Mai 2009 fand im Schlosspark Hetzendorf die jährliche Gartenausstellung „Salon Jardin“ statt. Die WOG wurde vom Veranstalter eingeladen, im historischen Schlossfoyer eine Orchideenpräsentation zu gestalten. Mitglieder der WOG übernahmen unter anderem die Gestaltung eines Epiphytenbaumes um darauf die zur Verfügung gestellten Orchideen und Tillandsien zu drapieren. Ferner wurde eine Vitrine mit Miniaturen beigestellt (siehe Bild). Zahlreiche Besucher und auch der Veranstalter waren über diese Präsentation sehr begeistert. Im Schlosspark war die WOG mit einem Info- bzw. Verkaufsstand (Zubehör und auch einige blühende Orchideen) vertreten. Auch dieses Angebot wurde häufig angenommen. Der Vorstand der WOG 19 Sagen Sie, wie haben Sie das bloß so schön hinbekommen? In dieser Serie stellen wir immer wieder einmal besonders schöne Pflanzen vor und wie sie von ihren Besitzern gepflegt werden. Phalaenopsis corningiana von EVELINE und KARL RIEDLING (Fotos) Im Herbst haben wir bei Herrn Zinterhof eine kleine Phalaenopsis corningiana gekauft. Sie wächst und gedeiht – es gefällt ihr bei uns, ganz besonders in der Blähtonwanne im Schatten. Schöne neue Blätter, ziemlich größer als die alten, zeugen von der Zufriedenheit der Pflanze, falls man das so sagen kann. Zu unserer großen Freude hat sie ein Knospe getrieben – und nun blüht sie. Ich bin ganz aufgeregt, weil sie gar so ausgefallen ist. Bulbophyllum falcatum von PETER SCHMID 20 Im November 2006 bekam ich die Pflanze in einer Kokosnuss-Schale von einer Wiener Orchideenfreundin, die meinte, sie könne ihr nicht die optimalen Bedingungen geben und bei mir sei sie besser aufgehoben. Trotz dieser Aussage war die Pflanze mittlerer Größe in sehr gutem Zustand. Im Frühjahr 2007 blühte sie mit etlichen Blütenständen, entwickelte sich 2008 zu ansehnlicher Größe und belohnte mich heuer im April mit sagenhaften 33(!) Blütenständen. Bulbophyllum falcatum kommt in Zentral- und Westafrika von Tiefland- bis in submontane Regionen von zirka 1800 m vor und wächst epiphytisch, selten auch lithophytisch. Es bevorzugt daher einen warmen bis temperierten Standort mit einer leichten Ruhezeit und geringeren Wassergaben im Winter. Ab Februar/März wird in meinem Glashaus je nach Witterung mit einer computergesteuerten Sprühanlage wieder stärker gegossen und auch organischer Dünger von Compo beigegeben. Als Gießwasser dient Regenwasser, gemischt mit entsalztem Leitungswasser. Die Luftfeuchtigkeit ist morgens sehr hoch (90 bis 100%), sinkt jedoch bei Sonnenschein und entsprechend hohen Temperaturen ab Mittag auf zirka 40%, um am Abend und in der Nacht wieder anzusteigen. Ende März werden die Schattiermatten mit 50-prozentiger Absorption am Glashausdach ange- bracht. Für die nötige Frischluft sorgen 4 automatische Fensteröffner, und 2 zusätzliche Fenster werden bei Bedarf händisch geöffnet. Bei besonders hohen Temperaturen wird am Nachmittag auch händisch gesprüht. Die Pflanze hängt an der Nordseite des Glashauses knapp unter der Dachfläche an einem hellen, aber nicht sonnigen Platz. Im Winter liegen die Minimaltemperaturen tagsüber bei 17° und sinken nachts auf 13°. Fazit: Bulbophyllum falcatum ist in puncto Temperatur anpassungsfähig, pflegeleicht und wuchsfreudig, belohnt jedes Jahr mit interessanten Blüten und daher aus meiner Sicht eine sehr empfehlenswerte Ergänzung jeder Sammlung. 21