sonderdruck - Informationskreis Mundhygiene und

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Herausgeber Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e.V. | Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde
Organschaft Deutsche Gesellschaft für Zahnerhaltung e.V. | Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde | www.dgzmk.de
SONDERDRUCK
Zum Symposium „Milchzahnkaries vor dem Hintergrund des generellen Karies-Rückganges
bei Kindern und Jugendlichen“ aus Anlass des 30-jährigen Bestehens des Informationskreises
Mundhygiene und Ernährungsverhalten IME und zum Auftakt der 14. Jahrestagung der
Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde DGK am 27.09.2007 in Hannover
Milchzahnkaries
Milchzahnfluoridierung
Zahnhygienische Verhaltensweisen
Kariesrückgang
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INHALT
3
Editorial / Editorial
ÜBERSICHT / REVIEW ARTICLE
4
K. Pieper, A. Jablonski-Momeni
Prävalenz der Milchzahnkaries in Deutschland –
Die aktuelle Herausforderung angesichts generell
erfolgreicher Karies-Prophylaxe bei Kindern und
Jugendlichen
9
L. Stösser
Fluorid zur Prävention der Milchzahnkaries
18
A. Makuch
Die Herausbildung von zahnhygienischen
Verhaltensweisen im frühen Kindesalter
22
H. Senkel, R. Heinrich-Weltzien
Milchzahnkaries vor dem Hintergrund des generellen
Kariesrückganges bei Kindern und Jugendlichen
Titelbildhinweis
Mit freundlicher Genehmigung
Verein für Zahnhygiene e.V.
2
Adhäsiv verarbeitete Kompomerfüllungen gelten heute als Material
der Wahl zur Restauration von Milchfrontzähnen und -seitenzähnen.
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EDITORIAL
Das Problem der Milchzahnkaries erfordert
zukünftig mehr Problembewusstsein
Der Kariesbefall in der bleibenden
Dentition ist bekanntermaßen in
Deutschland seit Jahren rückläufig.
Die Kariesprophylaxe ist damit
zweifellos eine Erfolgsgeschichte.
Leider weist sie noch ein dunkles
Kapitel auf: das nach wie vor ungelöste Problem der Milchzahnkaries.
Aktuelle Zahlen zeigen sogar wieder
eine Zunahme des Problems. So
lässt sich beispielsweise bei Vorschulkindern feststellen, dass über 40 Prozent bereits Karieserfahrung haben, jedes zwanzigste Kind weist massive kariöse
Gebiss-Schäden auf. Hinzu kommt, dass etwa die Hälfte aller
kariösen Defekte in der ersten Dentition unversorgt bleibt.
Daher müssen die Zielgruppen, auf die es besonders ankommt, nämlich Eltern und sonstige Erziehungspersonen,
Zahnärzte und Kinderärzte, durch gezielte Aufklärung stärker
als bislang sensibilisiert werden. Kleinkinder sollten dem
Zahnarzt ebenso selbstverständlich frühzeitig (mit dem ersten
Lebensjahr) vorgestellt werden, wie sie zu den Untersuchungen beim Kinderarzt gebracht werden. Dies war eine der maßgeblichen Forderungen im Rahmen des Symposiums „Milchzahnkaries vor dem Hintergrund des generellen Kariesrückgangs bei Kindern und Jugendlichen“ am 27. September 2007
in Hannover. Es wurde gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGK) und dem Informa-
tionskreis Mundhygiene und Ernährungsverhalten (IME) aus
Anlass von dessen 30-jährigem Bestehen veranstaltet.
Das Symposium setzte sich mit der aktuellen Bestandsaufnahme des Problems der Milchzahnkaries sowie Lösungsansätzen für die Zukunft auseinander. Dazu gehörte auch der
Appell an die Eltern, vom ersten Milchzahn an mit der Zahnund Mundpflege bei den Kleinen zu beginnen sowie dem
Kind Freude an dem regelmäßigen Mundpflegeritual zu vermitteln. Ferner wurde auf die entscheidende Bedeutung der
lokalen Fluoridierung für den generellen Rückgang der Karies
im vergangenen Jahrzehnt hingewiesen, was auch für die
Milchzahnkaries gilt. Schließlich wurde das öffentliche Gesundheitswesen mit in die Pflicht genommen: Kariesprophylaxe soll konsequenter als bisher in ganzheitliche Vorsorgeprogramme für gesundes Aufwachsen einbezogen werden.
Kariesprävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe,
denn Mundgesundheit ist als ein bedeutender Faktor für die
Allgemeingesundheit und Lebensqualität unserer Kinder und
Jugendlichen anzusehen.
Fakt ist: Wenn wir künftig die Milchzahnkaries nicht wirksam bekämpfen, gefährden wir unsere bisherigen Erfolge
beim Kariesrückgang.
Prof. Dr. Christian Hirsch, Leipzig
3
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ÜBERSICHTSARBEIT
K. Pieper1, A. Jablonski-Momeni1
Prävalenz der Milchzahnkaries in Deutschland
Die aktuelle Herausforderung angesichts generell erfolgreicher Karies-Prophylaxe bei
Kindern und Jugendlichen
In den letzten Jahren wurde in Deutschland eine Verbesserung
der Zahngesundheit bei Kindern und Jugendlichen beobachtet. Wie die repräsentativen DAJ-Studien zeigten, gilt dieser
Trend für das Milchgebiss nur eingeschränkt: Während in den
Jahren 2000 bis 2004 in den meisten Bundesländern ein leichter Kariesrückgang oder eine Stagnation des Kariesbefalls zu
verzeichnen waren, kam es in Berlin, Brandenburg und Thüringen zu einer Zunahme der mittleren dmft-Werte. Im Mittel
waren mehr als die Hälfte der kariösen Milchzähne nicht
saniert. Wie eine Regionalstudie in Nordhessen zeigte, wiesen
Vorschulkinder mit niedrigem Sozialstatus annähernd doppelt
so viele dmf-Zähne auf wie Kinder mit sozial hohem Status.
12,8 % der untersuchten Kinder zeigten Zahnschäden an mindestens einem der oberen Schneidezähne, bei 3,3 % waren alle
oberen Inzisiven betroffen. Angesichts des unverändert hohen
Behandlungsbedarfs im Milchgebiss muss die zahnmedizinische Prophylaxe bei Klein- und Vorschulkindern intensiviert
werden. Dabei ist insbesondere auf die Vermeidung der Fläschchenkaries zu fokussieren.
Schlüsselwörter: Milchzähne, Kariesprävalenz,
Sanierungsgrad, dmft
1
4
Medizinisches Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der
Philipps-Universität Marburg, Funktionsbereich Kinderzahnheilkunde
Prevalence of caries in deciduous teeth in Germany
– the present challenge in view of successful caries
prevention in children and adolescents
In recent years, Germany has seen an improvement in dental
health of children and young people. As representative DAJ studies show, this trend must be qualified when it comes to primary dentition. While most areas of Germany noticed a slight
reduction or stagnation of caries from 2000 to 2004, the average dmft scores rose in Berlin, Brandenburg and Thuringia. On
average, more than half of carious primary teeth were not restored. As shown by a regional study in North Hesse, pre-school
children of low social status exhibited nearly twice as many
dmf teeth as children of high social status. At least one of the
upper incisors was damaged in 12.8 % of the children studied,
and all upper incisors were affected in 3.3 %. In view of the fact
that the need to treat primary dentition is as high as ever, dental prevention among toddlers and pre-school children must be
intensified. In doing so, particular attention must be paid to
nursing bottle syndrome.
Keywords: Deciduous teeth, caries prevalence, treatment
needs, dmft
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K. Pieper, A. Jablonski-Momeni: Prävalenz der Milchzahnkaries in Deutschland
Abbildung 1 Mittlere dmft-Werte bei 6-7-Jährigen in den verschiedenen Bundesländern.
Figure 1 Mean dmft-values of 6-7-year olds in various federal states.
Einleitung
Epidemiologische Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe, die seit
1994 in verschiedenen Bundesländern
bei Kindern und Jugendlichen durchgeführt wurden, deckten eine deutliche
Verbesserung der Zahngesundheit an
bleibenden Zähnen auf [15]. In diesem
Zusammenhang stellt sich die Frage, ob
an Milchzähnen von Kindergarten- und
Schulkindern auch eine vergleichbare
Entwicklung zu beobachten war.
Diese Frage lässt sich am besten anhand der Ergebnisse der bisherigen DAJStudien sowie einer Regionalstudie, die
im Jahr 2006 in Nordhessen durchgeführt wurde, beantworten.
DAJ-Studien
Seit 1994 werden in Deutschland in regelmäßigen Abständen epidemiologische Studien zur Kariesprävalenz durchgeführt. Die entsprechenden Daten
werden im Auftrag der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpfle-
ge e. V. (DAJ) gesammelt und publiziert
[11, 12, 13, 14, 15]. Diese Untersuchungen wurden in regelmäßigen Abständen
an einer repräsentativen Stichprobe aller Schüler der relevanten Altersklassen
durchgeführt.
Für die 6- bis 7-Jährigen entwickelte
sich der mittlere bundesweite dmftWert zwischen 1994/95 und 2004 von
2,89 auf 2,16, was einer Kariesreduktion
von 25,3 % entspricht. Die mittleren
dmft-Werte in den einzelnen Bundesländern sind in Abbildung 1 dargestellt.
Die höchste Kariesreduktion innerhalb
des 10-jährigen Beobachtungszeitraumes wurde mit 35,5 % in MecklenburgVorpommern verzeichnet, gefolgt von
Schleswig-Holstein (32,4 %) und Baden-Württemberg (34,1 insgesamt positiven Entwicklung gingen in einigen
Bundesländern zwischen 2000 und
2004 die mittleren dmft-Werte nicht
weiter zurück. In Berlin, Brandenburg
und Thüringen trat sogar eine Zunahme des Kariesbefalls im Milchgebiss ein.
Tabelle 1 zeigt den Anteil der nicht
sanierten Milchzähne und verdeutlicht,
dass sich die Sanierungsgrade in fast al-
len Bundesländern verbesserten. Doch
im Jahr 2004 waren immer noch zwischen 45,3 % und 60 % aller kariösen
Milchzähne nicht mit einer intakten
Füllung versorgt.
Daten einer regional durchgeführten Studie in Nordhessen
Im Jahr 2006 wurde im Landkreis Waldeck-Frankenberg eine Studie initiiert,
die unter anderem die Kariesprävalenz
bei Vorschulkindern erfassen sollte. Alle
5- bis 7-Jährigen, die im Untersuchungszeitraum die Kindergärten in
dieser Region besuchten und von ihren
Eltern zur Teilnahme an der Studie angemeldet worden waren, wurden einbezogen. Insgesamt nahmen 1081 Vorschulkinder aus 86 Kindergärten an der
Studie teil, das entspricht 67,6 % der
Grundgesamtheit. Insgesamt hatten in
dieser Region 55 % der 5- bis 7-Jährigen
Milchzähne, die frei von Dentinkaries
waren (d3mft = 0). Der höchste dmftWert lag bei 16. Abbildung 2 stellt die
Verteilung der dmft-Werte der unter-
5
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K. Pieper, A. Jablonski-Momeni: Prävalenz der Milchzahnkaries in Deutschland
Bundesland/
Landesteil
Nicht versorgte kariöse Zähne in %
1994/95
1997
2000
2004
Schleswig-Holstein
50,8
56,5
53,9
53,7
Bremen
65,7
67,4
62,8
60
Hamburg
61,7
68,3
59,7
49,5
Hessen
59,3
61,7
54,9
49,4
Rheinland-Pfalz
68,7
66
64,6
56,6
Baden-Württemberg
54,1
51,5
52,9
47,2
Nordrhein
64,1
61,6
59,1
56,4
Westfalen-Lippe
62,6
63,1
58,2
55,3
Berlin
52,6
55,5
53,4
50,4
Mecklenburg-Vorpommern
48,1
48,8
52,6
48,1
Thüringen
43,9
43,9
48,7
45,3
Sachsen-Anhalt
-
53,3
56,8
50
Brandenburg
-
46,6
53,8
48,7
Niedersachsen
-
-
61,1
51,7
Saarland
-
-
-
54,6
Bayern
-
-
-
48,1
Sachsen
-
-
-
47,5
Tabelle 1 Anteil der nicht sanierten Milchzähne am dmft 6-7-Jähriger zu verschiedenen Zeitpunkten.
Table 1 Proportion of deciduous teeth with treatment needs among 6-7-year olds in different study years.
suchten Kinder dar. Der mittlere d3mft
betrug 1,88 und der Sanierungsgrad der
Zähne lag bei 45,7 %.
Eine Differenzierung der Karieserfahrung nach sozialer Schichtzugehörigkeit zeigte (Abb. 3), dass Kinder aus
Familien mit niedrigem Sozialstatus
mit einem mittleren dmft-Wert von
2,46 einen fast doppelt so hohen
dmft-Index aufwiesen wie Kinder mit
sozial hohem Status (mittlerer d3mft =
1,33).
Bei 12,8 % der Kinder wurden Zahnschäden an den oberen Milchschneidezähnen festgestellt (Abb. 4), aber nur
3,3 % wiesen mit vier erkrankten oberen Frontzähnen das Vollbild einer Saugerflaschenkaries (Early Childhood Caries Typ II) auf [20].
6
Diskussion
Wie die DAJ-Studien zeigten, war im
Zeitraum 1994 bis 2000 in allen
Bundesländern ein Rückgang bei den
mittleren dmft-Werten zu verzeichnen. Dieser Trend setzte sich zwischen
dem Jahr 2000 und 2004 nicht weiter
fort. Ähnliche Entwicklungen wurden
in einigen europäischen Ländern wie
Norwegen [6], Schweden [7] sowie
England und Wales [16] beobachtet.
In Österreich lag der Anteil der 6-Jährigen mit kariesfreien Gebissen (d3ft =
0) bei 49 % [17]. Das entspricht in etwa den Werten in Deutschland.
Ein möglicher Erklärungsansatz für
die differente Entwicklung der Milchzahnkaries in den verschiedenen
Bundesländern könnten Unterschiede
in der soziodemographischen Entwicklung sein, beispielsweise die verstärkte
Migration von Ausländern in bestimmte Regionen. Van Steenkiste et al. [19] berichteten in einer regionalen Studie,
dass Kinder von Spätaussiedlern sowie
Kinder anderer Migranten im Vergleich
zu deutschen Kindern durch eine hohe
Kariesprävalenz auffallen. Daneben war
die d-Komponente im dmf-Wert weitaus größer als die f- und m-Komponente zusammen. Die höchsten Sanierungsgrade im Milchgebiss wiesen deutsche Kinder auf (50,4 %). Auch in anderen europäischen Ländern ist die Situation vergleichbar: In einer regional
durchgeführten Studie in Italien [5] war
der mittlere dmft-Wert bei 5-Jährigen
mit Migrationshintergrund mit 5,12
signifikant höher als der mittlere dmf-
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K. Pieper, A. Jablonski-Momeni: Prävalenz der Milchzahnkaries in Deutschland
Abbildung 2 Verteilung der dmft-Werte bei 5- bis 7-Jährigen in
Abbildung 3 Karieserfahrung bei 5- bis 7-Jährigen in Abhängigkeit von
Waldeck-Frankenberg.
der sozialen Schicht.
Figure 2 Frequency distribution of dmft values among 5-7-year olds in
Figure 3 Caries experience among 5-7-year olds depending on socioe-
Waldeck-Frankenberg.
conomic status.
Abbildung 4 Karieserfahrung an oberen Milchschneidezähnen bei 5- bis
7-Jährigen.
Figure 4 Caries experience of upper deciduous incisors among 5- to 7year olds.
Wert von gleichaltrigen Einheimischen
(dmft 1,45). Nur 25 % der Migrantenkinder hatten kariesfreie Zähne, während dieser Anteil bei den übrigen Kindern mit 68,4 % deutlich höher lag.
Über ähnliche Beobachtungen wurde
auch aus Schottland berichtet [3]: Kinder einer ethnischen Minorität hatten
signifikant schlechtere Zähne (mittlerer
dmft-Wert 4,1) als gleichaltrige Schotten (mittlerer dmft-Wert 2,3). In Den
Haag (Niederlande) wurden bei 6-Jährigen ebenfalls hinsichtlich der Kariesfreiheit signifikante Unterschiede zwischen Kindern aus der hohen und niedrigen sozioökonomischen Schicht beobachtet [18]. Dabei wiesen viele Kinder mit niedrigem sozioökonomischem
Status einen Migrationshintergrund
auf.
Eine wesentliche Rolle spielt sicherlich die „neue Armut“, die beispielsweise in Berlin besonders ausgeprägt ist. So zeigt eine Studie [4], dass
die Sozialhilfequote Berlins das überdurchschnittliche Niveau der großen
Städte noch erheblich übersteigt.
Zukünftige Schwerpunkte
Betrachtet man das ehrgeizige Ziel der
Bundeszahnärztekammer, die eine Kariesfreiheit bei 80 % der 6-Jährigen bis
zum Jahr 2020 anstrebt [10], so wird
deutlich, dass verstärkte Anstrengungen unternommen werden müssen,
um den Kariesbefall an Milchzähnen
zu senken. Die bislang durchgeführten
basisprophylaktischen Maßnahmen
in Kindergärten sollten durch eine selektive Intensivprophylaxe ergänzt
werden.
Um die kariesaktiven Kinder im
Kindergarten zu betreuen, schlagen
Borutta et al. [2] neben täglicher Zahnpflege mit fluoridierter Zahnpaste
auch Fluoridapplikationen mit Lacken
vor. Dieses Prinzip wird in Marburger
Kindergärten mit hohem Kariesaufkommen angewendet [1].
Nur wenn junge Familien präventionsorientiert sind, erreichen Kinder
den Zeitpunkt der Einschulung ohne
Karieserfahrung. Das präventive Verhalten in Familien ist aber mit dem Sozialstatus der Eltern und speziell mit
ihrer schulischen und beruflichen
Ausbildung verknüpft [9]. Eltern mit
hohem sozioökonomischem Status
7
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K. Pieper, A. Jablonski-Momeni: Prävalenz der Milchzahnkaries in Deutschland
sorgen in der Regel besser für die
Zahngesundheit ihrer Kinder als Eltern mit niedrigem Sozialstatus.
Weiterhin konnte gezeigt werden, dass
Arbeitslosigkeit von Vater oder Mutter
und erhöhte Prävalenzen von Karies
bei Kindern und Jugendlichen positiv
miteinander korreliert sind [8].
Eine Option für einen diesbezüglichen „Sozialausgleich“ bietet z. B.
das tägliche überwachte Zähneputzen
im Kindergarten.
Da die mangelhafte Sanierung kariöser Milchzähne immer noch ein
großes Problem darstellt, muss dafür
gesorgt werden, dass die betroffenen
Kinder bzw. Familien einen Zahnarzt
aufsuchen, um die notwendigen
Zahnsanierungen vornehmen zu lassen.
schaft für Kinderzahnheilkunde am 27.
September 2007 anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Informationskreises
Mundhygiene und Ernährungsverhaltens (IME) gehalten wurde.
Literatur
1.
2.
3.
4.
5.
Danksagung
Die DAJ-Studien wurden im Auftrag
und mit freundlicher Unterstützung der
Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege durchgeführt. Die Studie in Waldeck-Frankenberg wurde
durch die Gaba International AG (Münchenstein, Schweiz) finanziell unterstützt.
6.
7.
8.
9.
Anmerkung: Nach einem Referat, welches auf dem Vorsymposium der 14.
Jahrestagung der Deutschen Gesell-
8
Born C, Hartmann T: Das Marburger Modell.
Ein Konzept zur Gruppen- und Intensivprophylaxe von den Anfängen bis hin zu den
neuesten Entwicklungen. Zahnärztl Gesundheitsdienst 35, 6-8 (2005)
Borutta A, Hufnagl H, Möbius S, Reuscher G:
Kariesinhibierende Wirkung von Fluoridlacken
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Conwy DI, Quarrell I, McCall DR, Gilmour H,
Bedi R, Macpherson LMD: Dental caries in 5year-old children attending multi-ethnic
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ethnic background and levels of deprivation.
Community Dent Health 24, 161-165 (2007)
Ferchland R: Soziale und sozialräumliche Ungleichheit in Berlin- statistische Befunde
2003. Kommunalpolitisches Forum e.V. (Berlin), Berlin 2004
Ferro R, Besostri A, Meneghetti B, Stellini E:
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Haugejorden O, Birkeland J: Evidence for reversal of the caries decline among Norwegian
Children. Int J Paediatr Dent 12, 306-315
(2002)
Holst A, Braune K, Kjellberg M: Changes in
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Swed Dent J 28, 129-135 (2004)
Micheelis W, Reiter, F: Soziodemographische
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Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS IV).
Deutscher Ärzteverlag, Köln 2006
Micheelis W, Schroeder E: Sozialwissenschaftliche Daten und Analysen der drei Alterskohorten. In: Institut der Deutschen Zahnärzte
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1999
10. Oesterreich D, Ziller S: Mundgesundheitsziele
für Deutschland bis zum Jahr 2020. Public
Health Forum 46, 22-23 (2005)
11. Pieper K: Epidemiologische Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe 1994. Gutachten. DAJ, Bonn 1995
12. Pieper K: Epidemiologische Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe 1995. Gutachten. DAJ, Bonn 1996
13. Pieper K: Epidemiologische Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe 1997. Gutachten. DAJ, Bonn 1998
14. Pieper K: Epidemiologische Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe 2000. Gutachten. DAJ, Bonn 2001
15. Pieper K: Epidemiologische Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe 2004. Gutachten. DAJ, Bonn 2005
16. Pitts NB, Boyles J, Nugent ZJ, Thomas N, Pine
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co-ordinated by the British Association for the
study of Community Dentistry in 2001/2002.
Community Dent Health 20, 45-54 (2003)
17. Städtler P, Bodenwinkler A, Sax G: Prevalence
of caries in 6-year-old Austrian children. Oral
Health Prev Dent 1, 179-183 (2003)
18. Truin GJ, van Rijkom HM, Mulder J, van´t Hof
MA: Caries trends 1996-2002 among 6- and
12-year-old children and erosive wear prevalence among 12-year-old children in The Hague. Caries Res 39, 2-8 (2005)
19. Van Steenkiste M, Becher A, Banschbach R,
Gaa S, Kreckel, S, Pocanschi C: Prävalenz von
Karies, Fissurenversiegelungen und Füllungsmaterial bei Deutschen Kindern und Kindern
von Migranten. Gesundheitswesen 66, 754758 (2004)
20. Wyne AH: Early childhood caries: nomenclature and case definition. Community Dent
Oral Epidemiol 27, 313-315 (1999)
■ Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. med. dent. Klaus Pieper
Funktionsbereich Kinderzahnheilkunde
Medizinisches Zentrum für Zahn-, Mundund Kieferheilkunde
Georg-Voigt-Str. 3
D-35033 Marburg
Tel.: 0 64 21 / 2 86 66 90
Fax: 0 64 21 / 2 86 66 91
E-Mail: [email protected]
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ÜBERSICHTSARBEIT
L. Stösser
Fluorid zur Prävention der Milchzahnkaries
Die orale Gesundheit Jugendlicher hat sich durch den breiten
Fluorideinsatz wesentlich verbessert, während im Milchgebiss
dieser Einfluss scheinbar weniger effektiv ist, so dass es die Aufgabe vorliegender Übersicht war, den Kenntnisstand zum Fluorideinsatz im Milchgebiss zusammenzufassen. Epidemiologisch
gibt es Hinweise sowohl auf eine Stagnation des Kariesrückganges als auch auf eine stark polarisierte Verbreitung der
Frühkindlichen Karies. Die Initiation und der Verlauf der Milchzahnkaries sind durch mikrostrukturelle Imperfektionen der
Hartgewebe, insbesondere des Milchzahnschmelzes begünstigt. Die Anwendung von Kinderzahnpaste mit 500 ppm Fluorid wird dem aktuellen Kenntnisstand über die ausschließlich
lokale kariespräventive Fluoridwirkung gerecht und lässt bei
regelmäßiger Anwendung – einmal pro Tag bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr und danach zweimal pro Tag – einen
hohen kariespräventiven Effekt erwarten. Bei altersadäquater
Dosierung (erbsengroß) von Kinderzahnpaste ist eine fluorotische Beeinflussung der Amelogenese bleibender Zähne
unwahrscheinlich, was sich in der epidemiologischen Fluoroseprävalenz widerspiegelt. Zusätzlich zur Fluoridverabreichung
mit der Zahnpaste kann wahrscheinlich durch Fluoridlack eine
weitere Verbesserung oraler Gesundheit im Milchgebiss
erreicht werden.
Schlüsselwörter: Milchzahnkaries, Milchzahnschmelz,
Kinderzahnpaste, Fluoridkonzentration
Fluorides for prevention of caries of deciduous teeth
Nowadays, public oral health of adolescents has improved by
an extended use of fluoride but with regard to the primary
dentition this influence seems less efficient. The aim of the
presented paper was to review current knowledge on prevention of caries of deciduous teeth by fluoride. There is epidemiological evidence for stagnation or reversal of caries decline as
well as for inhomogeneous distribution of Early Childhood
Caries. The onset and progression of caries of deciduous teeth
are facilitated by micro-morphological disparities of deciduous
tooth enamel. Utilization of toothpaste with 500 ppm fluoride
by children conforms to the current knowledge on exclusive
topical carious preventive effect of fluoride which could be
expected when brushing once per day up to the age of two
years and twice per day for older children. Using a pea-size
amount of toothpaste any fluorotic influence on the amelogenesis of permanent teeth is unlikely what is reflected by the low
prevalence of fluorosis in epidemiological studies. In addition
to the use of fluoride containing toothpaste an improvement of
oral health of primary dentition could be expected by fluoride
varnish especially for risk patients.
Keywords: Caries of deciduous teeth, Enamel of deciduous
teeth, Fluoride concentration, Toothpaste
9
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L. Stösser: Fluorid zur Prävention der Milchzahnkaries
Abbildung 1 Kariesprävalenz der 5-Jährigen in Norwegen. Umkehr des Caries Decline? [24].
Figure 1 Prevalence of dental caries of five-year-old children in Norway. Reversal of caries decline? [24].
Einleitung
Die unzweifelhafte kariespräventive
Wirksamkeit der Fluoride wurde u. a. an
der gesamten jugendlichen Population
der westlichen Industrieländer ohne
spezielle Präventionsprogramme seit
mehr als 20 Jahren als Caries Decline
für das permanente Gebiss bei 12-Jährigen beschrieben [21, 31, 39]. Die steigende orale Gesundheit in dieser Altersgruppe war vielerorts Anlass und Ansporn, fast wie in einem Wettlauf, die
orale Gesundheit immer wieder neu zu
beschreiben, zumal der DMFT für die
12-Jährigen bald weit unter dem globalen Indikator oraler Gesundheit für das
Jahr 2000 der WHO, im Sinne der Kariesreduktion, lag [42, 43].
So wurde in Deutschland 1993 in
der DMS-II-Studie noch über einen
DMFT von 3,3 berichtet, während 1997
der DMFT für alle 12-Jährigen bereits
1,7 betrug und in der DMS-IV-Studie
(2007) Werte deutlich unter DMFT 1,0
ermittelt wurden [61].
Bei den 6-Jährigen wurde für das
Milchgebiss in den 80er und 90er Jahren in nationalen und internationalen
Erhebungen auch ein gleicher Trend der
Kariesprävalenz beschrieben [54], so
dass lange von einer Parallelität der Kariesreduktion in der ersten und zweiten
Dentition ausgegangen wurde [9], obwohl das Phänomen der frühkindlichen, Nursing-Bottle bedingten hohen Kariesaktivität bei einer kleinen
Gruppe bereits zu dieser Zeit zu einer
10
Polarisierung des Kariesbefalls und Stagnation der „durchschnittlichen Gesundheit“ geführt hatte [25, 27, 52].
Größere Aufmerksamkeit wurde der
Entwicklung oraler Gesundheit im
Milchgebiss erst dann zuteil, als sich die
Berichte mehrten [20, 24, 66], nach denen die Kariesprävalenz eine stagnierende oder gar rückläufige Tendenz
zeigte (Abb. 1). Die Art und Weise der
Fluoridverabreichung und ihre Wirksamkeit stellt sich in diesem Zusammenhang recht unterschiedlich dar
[32]. Borutta et al. [8] erzielten im Verlauf von zwei Jahren durch halbjährliche Verabreichung von Fluoridlacken
etwa eine Halbierung des Kariesinkrementes bei zwei- bis vierjährigen Kindern, die in der Kontrollgruppe eine Inzidenz von dmft 2,24 aufwiesen. An einer niedrig kariösen Kindergruppe beobachteten Truin und van´t Hof [75]
demgegenüber bei ähnlich hochkonzentrierter Fluoridverabreichung mit einem Gel nur einen geringen zusätzlichen Effekt, der als „kariespräventive
Fraktion“ ausgedrückt nur um 3 % die
Kontrollgruppe überragte.
Die Fluoridapplikation in der ersten
Dentition in Deutschland ist schließlich noch durch die systemische Verabreichung von Fluorid bei der kombinierten Rachitisprophylaxe durch die
Kinderärzte belastet [6], wenn dies auch
in Missachtung der mit ihnen konsertiert angenommenen Leitlinie „Fluoridierungsmaßnahmen“ der Zahnärztlichen Zentralstelle Qualitätssicherung
(ZZQ) erfolgt [23]. Ohne hier in extenso
Wirkungsmechanismen und Verabreichung der Fluoride zu wiederholen, sei
darauf hingewiesen, dass heute wissenschaftlich allgemein anerkannt ist [36,
70, 71, 74], dass Fluoride fast ausschließlich lokal an der Zahnoberfläche
wirken und deshalb mit dem ersten
Zahndurchbruch, durch geringste Mengen Zahnpaste, an die Schmelzoberfläche gebracht werden sollten; zumal
übereinstimmend Pädiater und Zahnärzte davon ausgehen, dass Zahnpflege
absolut und so früh wie möglich notwendig ist, während die oben genannte
systemische Verabreichung dosisbezogen suboptimal und in Risikogruppen
von geringer Compliance ist sowie
durch leichte Fluorosesymptomatik begleitet sein kann [29, 59].
Aus epidemiologischen longitudinalen Untersuchungen ist die prädiktive Bedeutung der Milchzahnkaries für
das bleibende Gebiss hinreichend bekannt [41, 48, 56, 57], so dass die heutige orale Gesundheit Jugendlicher nur
durch verstärkte Prävention im Milchgebiss zukünftig gehalten oder weiter
verbessert werden kann. Die ungleich
verteilte, Nuckelflaschen bedingte frühkindliche Karies ist in diesem Zusammenhang eine weitere Herausforderung, der mit verstärkten präventiven
Ansätzen für die erste Dentition als
prioritäre Aufgabe, u. a. für den öffentlichen Gesundheitsdienst, begegnet
werden sollte.
Ursachen der höheren Kariesanfälligkeit des Milchgebisses einerseits und
Möglichkeiten der Fluoridverabreichung unter Berücksichtigung nicht
Fluorose provozierender Grenzkonzentrationen andererseits waren die Zielstellung nachfolgender Übersicht, obwohl die erwähnte Leitlinie zu den
„Fluoridierungsmaßnahmen“ der ZZQ
[23] der Anwendung des Spurenelements in beiden Dentitionen vollständig gerecht wird.
Besondere Kariesanfälligkeit der
Milchzähne
Zu den Herausforderungen der Kariesprävention im Milchgebiss gehört
nicht nur die Problematik der alters-
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L. Stösser: Fluorid zur Prävention der Milchzahnkaries
Milchzahn
Permanenter Zahn
1. Odontogenese
1 Jahr
5 - 10 Jahre
2. Mineralgehalt
86 - 88 %
88 - 100 %
3. Ca-Gehalt
35 %
36,4 %
4. P-Gehalt
18,5 %
17,4 %
5. Ca/P-Verhältnis
1,87
2,1
6. CO3
2,7 - 3,0 %
davon 11 %
in Position der OH-Gruppe
2,5 %
7. Dicke d. Schmelzes
1/2 - 1/3
1
8. Prismenlose Schicht
alle Zähne
70 % der Zähne
9. Wassergehalt
3 % Permeabilität, Ionenaustausch,
Elastizität, Reaktivität
1%
(0,56-1,48 %)
10. Prismen
2 µm enger
-
11. Härte
niedriger, durch Porosität
höher
12. Pellikel
langsameres Bilden durch veränderte Ladung
–
mit CO3 an der Oberfläche
–
Tabelle 1 Mikromorphologische Unterschiede im Schmelz permanenter und Milchzähne (modifiziert nach Nikiforuk [45]).
Table 1 Micromorphological differences in the composition of deciduous and permanent enamel (modified by Nikiforuk [45]).
adäquaten Fluoriddosierung, sondern
auch die scheinbar höhere Kariesanfälligkeit dieser Dentition, die sowohl
Hygiene- und Ernährungsdefiziten geschuldet als auch durch den dünnen,
schneller kariös zerstörten Milchzahnschmelz mit mikrostrukturellen Insuffizienzen bedingt ist (Tab. 1).
Unterschiede in der Struktur der
Zahnhartgewebe sind vor allem darin
begründet, dass die Odontogenese eines einzelnen Milchzahnes auf etwa
ein Jahr beschränkt bleibt, während
die permanenten Zähne vollständig in
fünf bis zehn Jahren ausgebildet werden; auf Grund der unterschiedlichen
Ausbildungszeit gibt es, wenn auch geringe, qualitative und quantitative
strukturelle Unterschiede, die sich auf
die Kariesanfälligkeit der Dentitionen
auswirken. Dabei vollzieht sich die
Schmelzbildung grundsätzlich von okklusal bzw. inzisal nach zervikal je-
weils von der Schmelz-Dentin-Grenze
zur Zahnoberfläche. Deshalb bestehen
die Unterschiede in der Mineralisation
weniger an der Schmelz-Dentin-Grenze, sind aber an der Oberfläche signifikant.
Die Organisation der Kristallite im
Milchzahnschmelz, einem dem Apatit
ähnelnden Kalzium-Phosphat-Karbonat-Gemisch ist weniger perfekt, die
interprismatischen Räume sind größer
und bedingen die höhere Porosität
und damit Kariesanfälligkeit des
Milchzahnschmelzes. Analysen ergaben im Schmelz der Milchzähne einen
Mineralgehalt von 86 bis 88 %, im
Schmelz permanenter Zähne von 80
bis 100 %. Der Milchzahnschmelz im
zervikalen Drittel weist signifikant weniger Phosphor als der gleichartige
Schmelz permanenter Zähne auf und
er ist weniger mineralisiert. Weiterhin
wird ein abnehmender Mineralisa-
tionsgradient von okklusal nach zervikal beschrieben, obwohl vereinzelt
auch bei den Molaren dafür keine Bestätigung gefunden wurde [81].
Die Kariesinitiation und -progression wird viel mit dem Karbonatgehalt
des Schmelzes in Zusammenhang gebracht [18]. Milchzahnschmelz enthält signifikant mehr Karbonat in der
Position der Hydroxylgruppe als permanenter Schmelz. 11 % des Gesamtkarbonates im Schmelz befinden sich
in der Regel in dieser Position [17]; die
Karbonationen dehnen damit, die
Löslichkeit erhöhend, die α-Achse des
Kristalls. Der Gesamt-Karbonat-Gehalt
ist im Milchzahnschmelz deutlich höher, so dass die schnellere Kariesprogression im Milchzahn mit hoher
Wahrscheinlichkeit damit korreliert
[65], denn die Apatitlöslichkeit steigt
mit dem Karbonatgehalt [12], wenn
auch der Milchzahnschmelz primär
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L. Stösser: Fluorid zur Prävention der Milchzahnkaries
Abbildung 2 Reduktion der Schmelzdemineralisation mit niedrigen F-
Abbildung 3 Remineralisation von Schmelzproben durch Fluorid bei
Konzentrationen [36].
saurem pH-Wert [36].
Figure 2 Inhibition of demineralisation of enamel by small concentra-
Figure 3 Remineralisation of enamel samples by fluoride under acidic
tions of fluoride [36].
conditions [36].
dünner ist (etwa die halbe Dicke des
permanenten Zahnschmelzes) und
deshalb bei Karies von Säure schneller
„durchdrungen“ wird.
Die Karbonatsubstitution bedeutet
weiterhin auch eine Veränderung der
Ladung der Schmelzoberfläche [64],
woraus Unterschiede in der Pellikeladsorption resultieren. Die Milchzahnpellikel wird initial langsamer gebildet, ist dünner und hat keine globulären Strukturen; sie ist damit in ihren
Demineralisations-Abwehreigenschaften geschwächt.
Schließlich gibt es auch noch
Unterschiede im Wassergehalt, der für
Permeabilität, Ionenaustausch, Elastizität und Reaktivität des Schmelzes
verantwortlich ist. Der freie Wassergehalt beträgt bei permanenten Zähnen
ca. 1 %; beim Milchzahn beträgt der
Wassergehalt etwa 3 % [7].
Aus dem Dargestellten resultiert eine höhere Porosität des Milchzahnschmelzes, die eine geringere Mikrohärte im Vergleich zu permanentem
Schmelz bedingt. Bei vergleichenden
Erosionsuntersuchungen der Hartgewebe [34, 35, 44] wurde eine signifikant größere Ausgangshärte des permanenten Zahnschmelzes ermittelt,
womit neben der erhöhten Kariesanfälligkeit weiterhin auch eine verstärkte Erosion und Abrasion/Attrition am
Milchzahn erklärt werden kann.
12
Fluoridapplikation am Milchzahn
Die optimale lokale kariespräventive
Fluoridverabreichung für Kinder bis zu
sechs Jahren stellt zweifellos die regelmäßige Mundhygiene mit einer fluoridhaltigen Kinderzahnpaste im Sinne der
permanenten Selbstapplikation dar, die
allerdings in diesem Alter durch die Eltern anzuleiten und zu kontrollieren ist.
Die Mundhygiene behält auch nach
dem sechsten Lebensjahr ihre herausragende Stellung, es sollte jedoch auf
Zahnpaste mit ≥ 1000 ppm Fluorid umgestellt werden, was bisher 60 % (!) der
6- bis 12-Jährigen versäumen [30].
Nachfolgend sollten hier nicht einzelne Studien hinsichtlich ihres Kariespräventionseffektes kritisch gegenübergestellt werden, denn die genannte
Leitlinie [23] formuliert „...die dazu vorliegenden Ergebnisse sind uneinheitlich.“
Die lokale Fluoridwirkung
Aus experimentellen Untersuchungen
sind die Wirksamkeit betreffend folgende Zusammenhänge bekannt. Durch
die regelmäßige Anwendung einer
Zahnpaste wird in der Plaque, die nicht
von der Zahnbürste entfernt wird, Fluorid in Konzentrationen über 2 ppm angereichert [68, 77]. Diese Konzentration
genügt zu einer mehr als 50%igen Hem-
mung der Demineralisation des
Schmelzes sogar unter sauren Bedingungen (Abb. 2). Bei einem pH-Wert
von 4,8, wie er bei Zuckerverstoffwechslung in der Plaque häufig auftritt, wird
außerdem zusätzlich sogar eine signifikante
Remineralisationsförderung
durch Fluorid beobachtet (Abb. 3).
In Konsequenz dieser vielfach bestätigten Beobachtungen [73] ist es logisch, auch für das Milchgebiss die Fluoridapplikation mit der Zahnpaste als
Mittel der Wahl und so früh wie möglich, zu empfehlen [22]. Schließlich ist
in einer aktuellen klinisch kontrollierten Studie die Kenntnis, dass durch lokale Applikationsformen erzielte Fluoridanreicherungen im Schmelz durch
systemische nicht zu übertreffen sind,
eindeutig bestätigt worden [33, 60].
Fluoridkonzentration in der Kinderzahnpaste
Die kariespräventive Wirksamkeit der
Fluoridzahnpasten im bleibenden Gebiss ist aus den meta-analysierten Studien mit 25 bis 30 % extrapoliert [37],
wobei lebenslanger Gebrauch einen höheren Effekt erwarten lässt, der weiterhin konzentrationsabhängig ist und zu
einer Empfehlung von 500 ppm Fluorid
für die Kinderzahnpasten geführt hat,
da beim Putzen in der Regel eine Verdünnung von 1:3 bis 1:4 eintritt. Die
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Fluoridkonzentration in der Plaque 30 Minuten nach dem Zähneputzen mit 1250, 500 oder 250 ppm Fluoridzahnpaste
Zahnpaste
n
ppm F/mg
Plaque
AmF 1250
12
16,58 ± 10,56
AmF 500
12
10,93 ± 12,50
AmF 250
12
5,79 ± 4,63
Wilcoxon-Test:
Significance p ≤ 0,05
ns
Tabelle 2 Fluoridkonzentration in der Plaque 30 Minuten nach dem Zähneputzen mit 1250, 500 und 250 ppm Fluoridzahnpaste (als Aminfluorid) [69].
Table 2 Fluoride concentration of dental plaque 30 minutes after brushing with 1250, 500 and 250 ppm F-containing toothpaste (F as amine fluoride) [69].
Zahnpastenmengen [g], aufgetragen auf die Zahnbürste von Kindern (n = 135, 4 bis 6 Jahre alt) und deren Müttern (n = 240)
Standard
Pea size
Transversal
von 135 4- bis 6-Jährigen
0,46
0,29
0,24
Mütter
0,58
0,34
0,27
Mittelwert von
22 Kinderzahnbürsten
0,22
Tabelle 3 Zahnpastenmenge (g), aufgetragen auf die Zahnbürste von Kindern oder deren Müttern [78].
Table 3 Amount of toothpaste (g) applied at the toothbrush by children or their mothers [78].
Abbildung 4 Fluoridkonzentrationen im Speichel nach Mundhygiene mit steigenden Mengen
Zahnpaste (1400 ppm F).
Figure 4 Fluoride concentrations of saliva after toothbrushing with increasing amounts of toothpaste (1400 ppm F).
eingeschränkte Wirksamkeit noch niedrigerer Fluoridkonzentrationen (250
ppm F) wird beim Vergleich des Fluoridgehaltes in der Plaque 30 Minuten nach
dem Putzen sichtbar, denn nur 500und
1250-ppm-Fluorid-Zahnpasten
hatten eine signifikante Fluorideinlagerung zur Folge (Tab. 2). Dieser Konzentrationseffekt, der ab 1000 ppm Fluorid
für alle weiteren 500 ppm mit einem kariespräventiven Zusatzeffekt von 6 %,
oder 0,32 DMFS, angegeben wird [38,
46], ist bei Verwendung unterschiedlicher Zahnpastenmengen ebenso im
Speichel feststellbar (Abb. 4), denn eine
erbsengroße Menge von 100 mg führt
drei Minuten nach dem Zähneputzen
mit einer 1400-ppm-Fluoridzahnpasta
zu einer Konzentration von 7 ppm Fluorid im Speichel. Aus diesen Werten ist
unschwer die Gefahr des Verschluckens
hoher Fluoridmengen bei Nutzung von
Erwachsenzahnpaste bei Kleinkindern
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Abbildung 5 Fluoridkonzentration in der Zahnpaste, mittleres Gewicht
Abbildung 6 Histogramm der Amelogenese der permanenten Zähne.
unterschiedlich alter Kinder und hypothetisch von ihnen tolerierte Fluo-
Figure 6 Histogram of amelogenesis of permanent teeth.
ridmengen.
Figure 5 Fluoride concentration of toothpaste, weight of different aged
children and their hypothetically accepted amount of fluoride.
zu erkennen; 1 g dieser Paste bewirkt im
Speichel bereits eine Konzentration von
55 ppm Fluorid, so dass die Bevorzugung kleiner Mengen höher konzentrierter Präparate, wie sie anglo-amerikanisch empfohlen wird [13, 14], einer
kritischen Wertung bedarf. Schließlich
ist die umgekehrte Korrelation zwischen der Speichel-Fluoridkonzentration und der Intensität des Mundspülens für die Anwendung niedriger Fluoridkonzentrationen im Kleinkindalter
von praktischer Relevanz, denn das unvollständige Ausspülen kann selbst bei
Fluorid-reduzierten Kinderzahnpasten
zu wünschenswert hohen Fluoridkonzentrationen in Plaque und Speichel
führen [3, 28, 63]. Die kariespräventive
Relevanz unterschiedlicher Intensität
des Spülens konnte von Ashley et al. [2]
nachgewiesen werden, denn die Untergruppe eines Mundhygieneprogramms,
die keinen Mundspülbecher besaß und
folglich weniger gründlich spülte,
unterschied sich signifikant mit dem
geringsten Kariesinkrement von der Gesamtheit der Studienteilnehmer.
Unbedenkliche Fluoridkonzentrationen
Bei der regelmäßigen Mundhygiene mit
einer fluoridhaltigen Zahnpaste ist im
Kleinkindalter auf Grund der Verschluckproblematik unbedingt die rich-
14
tige Dosierung der Zahnpastenmenge zu
berücksichtigen, da bei Fluoridkonzentrationen von 10 µmol F/l (0,19 ppm)
im Serum die Entstehung von Fluorosen
nicht ausgeschlossen werden kann [1].
Diese Gefährdung besteht nach WHO
getragener Übereinkunft [82] nicht,
wenn die interne Belastung 0,05 bis 0,07
mg Fluorid/kg Körpergewicht pro Tag
nicht überschreitet [19, 40, 49]. Eine Beeinträchtigung kann eigentlich nur
dann vorkommen, wenn konzentrierte
Fluoridpräparate angewendet oder Erwachsenenzahnpasten zur Mundhygiene bei Kleinkindern benutzt werden,
denn in den ersten zwei Jahren wird
mehr als die Hälfte der Zahnpasta verschluckt und erst mit fünf Jahren ist der
Verschluckverlust mit 15 % deutlich geringer, außerdem ist dann die Körpermasse größer, über die sich das Fluorid
verteilen kann (Abb. 5). Da die Amelogenese der unterschiedlichen Zahngruppen zeitlich versetzt abläuft (Abb. 6), ist
der Hinweis auf eine kritische Zeit, in
der eine Fluorose entstehen könnte,
vom 15. bis 24. Lebensmonat bei Jungen
und vom 21. bis 30. Monat bei Mädchen
[47] zu stark vereinfacht und nur für die
Oberkieferschneidezähne zutreffend;
die von der gleichen internationalen
Forschungsgruppe [76] an anderer Stelle
genannte Risikophase vom 22. bis 48.
Lebensmonat wird der Gesamtsituation
viel besser gerecht.
Dabei wird die fluorotische Schädigung sehr unterschiedlich wahrgenommen, denn Zahnärzte sind grundsätzlich um ihre Vermeidung bemüht, während die Bevölkerung leichte fluorotische Fleckigkeit des Zahnschmelzes als
natürliche Zeichnung ohne Vorbehalte
akzeptiert [62, 80]. Anders ist das Erscheinungsbild bei Vorhandensein von
systemischem Fluorid in der Umgebung
der betrachteten Population (Trinkwasser, Tabletten) und dem Fehlen von Fluorid-reduzierten Kinderzahnpasten, wie
dies lange Zeit aus den USA berichtet
wurde [5, 50]. Wenn dann noch Zahnbürsten zum Einsatz kommen, die 1 g
Zahnpaste „fassen“, wie es in den genannten Publikationen als Mittelwert
beschrieben wurde, muss zwangsläufig
mindestens die Hälfte der Zahnpaste
und damit 0,5 mg Fluorid bei jeder
Mundhygieneaktion verschluckt werden. 68 % der Fluorosen erklären sich
in diesen Fällen durch Zahnpastenmengen, die die empfohlene Pea-size-Größe
übertreffen [51].
Zahnpastendosierung
Aus diesem Grund ist immer wieder versucht worden, die Beschickung der
Zahnbürste zu optimieren (Tab. 3). Auf
der Kurzkopfbürste für Kleinkinder werden maximal etwa 0,5 g Zahnpaste, wie
es eine brasilianische Studie zeigt, plat-
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ziert. Der eindringliche Hinweis an Kinder und/oder deren Mütter, nur eine
erbsengroße Menge zu verwenden, bewirkt etwa eine Halbierung des Zahnpastenauftrages auf die Bürste und erst
die transversale Beschickung reduziert
die Zahnpastenmenge verlässlich.
Interessanterweise tragen die Mütter
mehr Zahnpaste als ihre Kinder auf [78].
Aber auch in Europa gelingt die
Zahnpastenzuteilung, Menge und Fluoridkonzentration betreffend, noch
nicht optimal. Aus einer sieben Länder (IS, IRL, GB, NL, P, GR, FIN) einschließenden Studie mit 1,5 bis 2,5,
2,5 bis 3,5 und über 3,5 Jahre alten
Kindern wurde berichtet, dass in fünf
Ländern etwa die Hälfte der Kinder
noch mit 800- bis 1200-ppm-FluoridZahnpaste putzen [10]. Die jüngste
Gruppe verbrauchte dabei durchschnittlich 0,36 g, die mittlere 0,41 g
und die älteste 0,49 g Zahnpaste [11].
Wenn dann theoretisch die vollständige Aufnahme dieser Zahnpastenmengen ohne jedes Ausspucken zur Berechnung der Fluoridbelastung benutzt wird, ergibt sich mit einer 500ppm-Fluorid-Zahnpaste eine Aufnahme von ca. 10 µg/kg Körpergewicht
und nur bei der 1000-ppm-FluoridZahnpaste werden durch individuelle
Spitzenverbrauchswerte Konzentrationen erreicht, die fluorotische Beeinträchtigungen auslösen könnten [76].
In Deutschland sind fluorotische
Schmelzveränderungen durch Mundhygieneprogramme mit fluoridhaltigen hochkonzentrierten Gelen oder
durch sehr frühzeitige Zahnpflege mit
nicht adäquaten Zahnpastamengen
kaum nachweisbar, denn die Fluoroseprävalenz mit bzw. ohne diese Belastung unterschied sich in diesen Gruppen mit 4,9 bis 6,1 nicht wesentlich
voneinander. Der zur Beobachtung benutzte Fluoroseindex spiegelte bei der
überwiegenden Majorität dieser Kinder Schweregrade von 1 bis 2 wider,
die eine sehr geringe kosmetische Beeinträchtigung bedeuten. In der vorgelegten Studie [55] konnte die Kausalität durch die Mundhygienemaßnahmen erst in einer logistischen Regressionsanalyse mit allen Befunden ohne
Beachtung der Gruppenzugehörigkeit
der Kinder nachgewiesen werden.
Alternative Fluoridverabreichung/Lackanwendung
Während die Tablettenfluoridierung
nur in Ausnahmefällen bei ausdrücklichem Wunsch der Eltern, gesicherter
guter Compliance und beim Lutschen
der Tablette als quasi-lokale Fluoridierungsmaßnahme – mit altersentsprechender Dosierung – respektiert werden kann, findet für das Milchgebiss
als alternative bzw. zusätzliche Möglichkeit der Fluoridanwendung die
Fluorid-Lackapplikation zunehmendes Interesse [4, 8]. Wenn in den 70er
Jahren des vergangenen Jahrhunderts
mit hochkonzentrierten Fluoridpräparaten noch Fluoridserumpeaks experimentell provoziert wurden [15, 16],
die die Entstehung von fluorotischen
Veränderungen möglich erscheinen
ließen, so steht doch heute weitgehend fest, dass der Inhalt des MagenDarm-Traktes diese Einflüsse minimiert.
Die derzeitig vorliegenden Resultate zur Lackapplikation im Milchgebiss
werden von Petersson et al. [53] als so
heterogen betrachtet, dass die Lackanwendung zwar empfohlen, aber weitere Untersuchungen dringend notwendig sind. Die Metaanalyse von Strohmenger und Brambilla [72] kann aus
drei vergleichbaren Studien ebenfalls
keine weiteren Schlüsse ziehen. An 2bis 5-Jährigen wurde im Verlauf von
neun Monaten durch zwei Applikationen eine 25%ige Kariesreduktion festgestellt und zusätzlich hervorgehoben, dass über 40 % der aktiven Läsionen ohne weitere Therapie zum Stillstand gebracht wurden [4]. Wenn an
kariesfreien Zweijährigen ein Lack
halbjährlich appliziert wird, lässt sich
eine präventive Fraktion von 58 bis
61 % berechnen [79], was dem Resultat von Borutta et al. [8] weitgehend
entspricht. Die in letzterer Studie beschriebene Gleichwertigkeit verschiedener Lacke befindet sich in Übereinstimmung mit anderen Befunden [26,
67] und lässt bei der Lackauswahl fast
die Anwendungseigenschaften, wie
Haftung auf feuchter Oberfläche,
wichtiger erscheinen, als die FluoridKonzentration oder Fluoridverbindung.
Schlussfolgerungen
Parallel zum Caries Decline im jugendlichen bleibenden Gebiss ist durch den
breiteren Fluorideinsatz auch im Milchgebiss eine Reduktion der Kariesprävalenz feststellbar, die aber weniger vollständig und durch die polarisierte Frühkindliche Karies sehr ungleich verteilt ist.
Die erhöhte Kariesanfälligkeit des
Milchgebisses hat ihre Ursache nicht
nur in Hygiene- und Ernährungsdefiziten, sondern auch in einer mikromorphologisch bedingten höheren Porosität und Löslichkeit des Milchzahnschmelzes.
Das Mittel der Wahl zur Fluoridverabreichung bis zum sechsten Lebensjahr stellt die fluoridhaltige Zahnpaste
mit 500 ppm Fluorid dar.
Bei der Fluoridanwendung im
Milchgebiss ist zu berücksichtigen, dass
altersentsprechend Anteile der applizierten Paste verschluckt werden. Dies
entspricht dem bestimmungsgemäßen
Gebrauch einer Zahnpaste; dem wird
die Zahnpaste bei ihrer Herstellung insofern gerecht, als dass sie nicht nur der
Kosmetikverordnung, sondern auch
dem Lebensmittelgesetz entspricht.
Ein Gramm Kinderzahnpaste (mit
500 ppm) enthält 0,5 mg Fluorid; bei
erbsengroßer (= 0,25 g) oder altersentsprechend geringerer Zahnpastenanwendung wird die Dosierung von 0,05
bis 0,07 mg/kg Körpergewicht/Tag
nicht überschritten. Es besteht keine
Gefahr fluorotischer Schmelzschädigung, wenn bis zum zweiten Geburtstag
einmal und danach zweimal pro Tag
fluoridhaltige Kinderzahnpasta angewendet wird.
Alternativ bzw. zusätzlich kann mit
Fluoridlack, zweimal pro Jahr, eine weitere Möglichkeit der Fluoridverabreichung für die Kariesprävention im
Milchgebiss besonders in Risikogruppen praktiziert werden.
Anmerkung: Nach einem Referat, welches auf dem Vorsymposium der 14.
Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde am 27.
September 2007 anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Informationskreises
Mundhygiene und Ernährungsverhaltens (IME) gehalten wurde.
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䡲 Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. Dr. Lutz Stösser
Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität
Jena
Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
Poliklinik für Präventive Zahnheilkunde
Bachstraße 18
07743 Jena
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ÜBERSICHTSARBEIT
A. Makuch
Die Herausbildung von zahnhygienischen
Verhaltensweisen im frühen Kindesalter
Die Empfehlung – Zahn- und Mundpflege ab dem ersten
Milchzahn – fällt in einen Zeitraum, in dem das Kind stark auf
das Verhalten der Mutter fixiert und für soziale Reize empfänglich ist. Durch den ständigen Umgang mit seinen Eltern, insbesondere durch deren liebevolle Zuwendung, die es dabei von
ihnen erfährt, lernt das Kind außerordentlich viel von ihnen.
Das ist für eine normale Entwicklung wichtig und überaus
wünschenswert. Dadurch werden bereits hier kognitive Strukturen für späteres Verhalten entwickelt.
Schlüsselwörter: Kleinkind, Zahn- und Mundpflege,
Verhaltensentwicklung, Eltern
The formation of dental hygienic
behaviour at early age
The recommendation to start mouth and teeth hygienic measures as soon as the first milk tooth turns up is given at a time
when the baby still depending on his mother is prone to social
stimuli. The infant learns a great many things being in close
contact to the parents, i.e. experiencing their loving care. To
promote a normal development this contact is essential and
desirable. Cognitive structures for future behaviour are formed
as early as at this stage.
Keywords: behaviour, mouth and teeth care, infant, early
age, parents
Einleitung
Die Empfehlung – Zahn- und Mundpflege ab dem ersten Milchzahn – fällt
in einen Zeitraum, in dem sich das Kind
zu einem wesentlichen Teil der Erkundung seiner gegenständlichen Umwelt
und der Entwicklung und Herausbildung der dazu erforderlichen Kompetenz widmet.
Dabei werden kognitive Strukturen
für späteres Verhalten entwickelt. Hierbei spielt auch das Bindungsverhalten
an den Erwachsenen eine große Rolle.
Folglich sind drei basale Mechanismen
für den Erwerb von Verhaltensweisen
verantwortlich:
䡲 Reifung (Entwicklungspsychologie)
䡲 Operantes Konditionieren (Lernpsychologie)
䡲 Frühe Bindung (Bindungsverhalten).
Aneignung der gegenständlichen
Welt
Während im ersten Lebenshalbjahr sich
Körperbeherrschung sowie Koordina-
18
tion und Orientierungstätigkeit getrennt entwickeln, erfolgt ab dem sechsten Lebensmonat eine Vereinigung
und Weiterentwicklung dieser Teilkomponenten (Abb. 1). Vereinigung bedeutet u.a. Auge und Hand werden koordiniert. Damit ist echtes, durch Sehen gesteuertes Greifen möglich geworden
[10, 13, 15, 4, 2]. Zunächst wendet sich
der ganze Körper zum fixierten Gegenstand. Das Greifen erfolgt mit beiden
Händen (Abb. 2). Der starke Orientierungssinn begünstigt das aktive Greifen. Es herrscht unspezifisches Manipulieren mit den ergriffenen Gegenständen
vor: Ergreifen, Schütteln, Wegwerfen.
Ein großer Teil des Wachzustandes
dient dem Sammeln von Umgangserfahrungen. So ist das Greifen sowohl eine willkürliche motorische Bewegung,
es ist aber auch eine Erkenntnishandlung. Das „Begreifen“ der Welt geschieht durch das „Greifen nach“ bzw.
„Ergreifen von“ Gegenständen. Dabei
kommt es mit fortschreitender Anpassung an die Eigenschaften des Objektes
zur isolierten Entwicklung von Handund Fingerbewegungen [9]:
䡲 Frühe Altersstufen: Schließen der gan-
zen Hand. Gegenstand wird berührt,
aber selten erfasst.
䡲 Vierter Lebensmonat: Ergreifen mit
der Handfläche. Die Finger biegen
sich nach unten, so dass der Gegenstand gegen den proximalen Teil der
Handfläche drückt.
䡲 Achter Lebensmonat: Gegenstände
werden im sogenannten Pinzettengriff – Daumen drückt seitlich an den
Zeigefinger – erfasst.
䡲 Zehnter Lebensmonat: Durch die
Daumen-Zeigefinger-Opposition ist
ein Zangengriff möglich.
Bis zum Ende des zweiten Lebensjahres werden dünne Gegenstände im
Pinzettengriff und dicke mit dem stabilen Faustgriff ergriffen. Das ist ein deutlicher Hinweis, dass die Griffgestaltung
[7] der Zahnbürste für Kleinkinder eine
große Bedeutung hat (Abb. 3, 4, 5).
Eng verbunden mit dem taktilen
und visuellen Erkunden von Gegenständen gelingt es dem Kind am Ende
des ersten Lebensjahres, eine Vorstellung darüber zu entwickeln, dass
Gegenstände und Menschen auch dann
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Grafik: Lit. 13
Fotos 2 bis 5: Privat
A. Makuch: Die Herausbildung von zahnhygienischen Verhaltensweisen im frühen Kindesalter
Abbildung 1 Auge-Hand-Koordination.
Abbildung 2 Ergreifen der Zahnbürste mit beiden Händen.
Figure 1 Development of eye-hand-coordination.
Figure 2 Frida is holding the toothbrush in both hands.
noch bestehen, wenn man sie weder
sieht, hört oder greift [11].
Beim Übergang vom unspezifischen
Manipulieren zu funktionalen Handlungen wird der Gegenstand als „Verlängerung“ der manuellen Funktionsmöglichkeiten aufgefasst.
Galperin [5] hat diese funktionale
Handlung am Beispiel der ersten Versuche, den Löffel zu gebrauchen, beschrieben: „Das Kind versucht, den Löffel zuerst möglichst nahe am unteren,
vertieften Teil zu greifen. Es möchte die
Wölbung, die zum Mund geführt wird,
möglichst fest mit seinem Fäustchen
umklammern. Das Kind handelt so, als
wolle es seine Hand allein zum Mund
führen. Es sieht im Löffel funktional
nichts anderes als eine Verlängerung
seiner Hand.“
Ähnliches kann beim Umgang mit
der Zahnbürste beobachtet werden.
Nach Meinung junger Eltern fasst ihr
Kind die Zahnbürste am falschen Ende
– am Bürstenkopf – an. Auch hier hat
das Kind den funktionalen Teil des
Gegenstandes als eine Verlängerung seiner Hand genutzt.
In einer dritten Phase erfolgt dann
der Übergang von der funktionalen zur
gegenständlichen Handlung. Hier eignet
sich das Kind dann gesellschaftliche
Verfahren und Kulturtechniken im Gebrauch der Dinge an. Da dies spontan
nicht möglich ist, ist die Mithilfe und
Anleitung durch Eltern und Erzieher erforderlich. Das betrifft den Gebrauch eines Löffels genauso wie den Gebrauch
einer Zahnbürste. Beides muss zum
Mund bzw. in den Mund geführt werden. Dies ist auch der Zeitpunkt, wo Eltern stolz feststellen, dass ihr Kind allein aus der Flasche trinkt.
Alterstypische Verstärkung beim
Kleinkind
Die einfachste Lernform von Kleinkindern ist das Habituieren (Gewöhnen).
Bereits damit ist ein Aufbau kognitiver
Strukturen für später erwünschte Verhaltensweisen möglich. Deshalb kann
es durchaus Ziel sein,
䡲 das Trinken aus der Tasse,
䡲 regelmäßige Esszeiten,
䡲 eine regelmäßige Zahn- und Mundpflege
auf diese Weise zu entwickeln.
Verstärkt wird das Kind durch immer wiederkehrende Verhaltensweisen,
die die liebevolle Zuwendung von Eltern, insbesondere der Mutter, beinhalten.
Im familiären Zusammenleben werden nachhaltig Impulse gegeben. In der
zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres
erlernt das Kind zunächst die Verhaltensweisen seiner Eltern und identifiziert sich mit ihnen. Das Verhalten der
Eltern wird mit positiven Gefühlszuständen assoziiert, hat also Belohnungscharakter. Dies ist für die normale Entwicklung überaus wünschenswert. Das
Kind wird zunehmend aktiver Kommunikationspartner und kann Personen
von Gegenständen unterscheiden. Mit
wachsendem Vergnügen entwickeln
sich Interaktionsspiele zwischen Kind
und Erwachsenen. Zunehmend werden
Gegenstände einbezogen und Kind und
Erwachsener richten ihre Aufmerksamkeit gemeinsam auf diesen. Dies ist jetzt
der Zeitpunkt, der für den spielerischen
Einsatz der Zahnbürste nicht verpasst
werden darf. Das Kind hat Freude am
Ritual. Allmählich kann dann ein systematischer Einbau des Gegenstandes
„Zahnbürste“ in das Pflegeverhalten der
Eltern erfolgen. Auch wenn noch kein
Zahn durchgebrochen ist, wird so das
orale Erkunden unterstützt. Der mimische Ausdruck – Lächeln, Erstaunen, Ärgernis – der Mutter wird zum Hinweisreiz auf den Gegenstand. Wird der spielerische Umgang verpasst und erfolgt
der Einsatz der Zahnbürste nur zweckbestimmt und rational, kann Abwehr
erzeugt werden.
Etwa im achten Lebensmonat beginnt das Kind bestimmte erlebte Elemente, die es nur bei den Eltern (Vorbild) gesehen und/oder gehört hat, in
reine Nachahmungshandlungen zu integrieren. Die unbemerkte Nachahmung beruht wiederum auf einer positiven Beziehung zu den Eltern (zunächst
wichtigste Modelle) [1].
Die erzielte Wirkung kann angenehm sein, aber auch langweilig
und/oder widerlich. Es werden also
„Lust“ und „Unlust“ erzeugt. Etwas Angenehmes spornt zur Wiederholung an.
Wird das Kind durch die Konsequenz
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A. Makuch: Die Herausbildung von zahnhygienischen Verhaltensweisen im frühen Kindesalter
Abbildung 3 Frida ergreift die Zahnbürste im
stabilen Faustgriff.
Figure 3 Frida is holding the thick handle of
the toothbrush in stable fist position.
Abbildung 4 Paul ergreift die Zahnbürste im
Pinzettengriff.
Figure 4 Paul is holding the toothbrush in
des Verhaltens selbst zu einem bestimmten (erfolgreichen) Verhalten angeregt, wird von intrinsischer Motivation gesprochen. Wird es gleichzeitig
von den Eltern gelobt, dann entspricht
das einer externalen Verstärkung und
bedeutet extrinsische Motivation.
Ende des ersten Lebensjahres ahmt
das Kind Grimassen und Mimik seiner Eltern nach. Allmählich werden einzelne
Tätigkeiten der Erwachsenen nachgeahmt. Damit gewinnt die Nachahmung
des Erwachsenen immer mehr an erzieherischer Bedeutung und problematisiert die Vorbildwirkung.
Auch wenn die Selbständigkeitsbestrebungen am Ende des zweiten Lebensjahres immer stärker werden, darf
das eigentliche Ausführen des Zähneputzens nicht dem Selbstlauf überlassen werden. Am Ende des zweiten Lebensjahres kann dem Kind durchaus eine geeignete Zahnbürste in die Hand
gegeben werden. Ziel ist allerdings jetzt
das „Öffnen des Mundes“ und „Finden
der eigenen Zähne“. Das Kind hat sich
zu diesem Zeitpunkt im Spiegel selbst
entdeckt und ist stolz, eine „Handlung“ alleine auszuführen. Deshalb
können diese beiden genannten Handlungen von den Eltern auch getrennt
belobigt werden. Es wird von einer Verstärkung der graduellen Annäherung
gesprochen.
tweezers position.
Bindungsverhalten
Abbildung 5 Tommy kompensiert die fehlende Innenhandstabilität durch Unterklemmen
des Daumens.
Figure 5 Tommy is putting his thumb under it
as a support making up for missing inner hand
stability.
20
Die Theorie des Bindungsverhaltens ist
speziell auf die ersten beiden Lebensjahre ausgerichtet, in denen die Basis für
die spätere Selbständigkeit gelegt wird
[3]. Wichtig für das Kind ist, sich binden zu können. Die meisten Kinder
sind glücklicherweise dazu in der Lage.
Sie haben eine einzige Versorgerin, die
Mutter (unter heutigen Bedingungen
kann das auch der Vater sein). Dadurch
wird es dem Kind möglich, sie (ihn)
früh von anderen Menschen zu unterscheiden.
Nach Papousek et al. [8] wird dieser
Lernprozess günstig beeinflusst, wenn
䡲 die Mutter sich an ein festes Muster
der Fürsorge hält und
䡲 vor allem immer gleich mit dem Kind
umgeht.
Das Kind weiß dann immer besser
im Voraus, was kommt und verbindet
diese Erfahrung im Laufe der Zeit mit
dem Gesicht der Mutter (des Vaters).
Das scheint eine Bedingung dafür zu
sein, dass das Kind ihr später besonders
vertraut. Die Gegenwart der Mutter hat
eine stimulierende Wirkung auf Verhaltensweisen des Kindes. Es agiert sicherer
und agiler.
Auch wenn Kinder eine einzige Vorzugsperson haben, können sie sich an
andere Menschen binden. Das hängt
von der Qualität des Umgangs ab, weniger von der Kontaktzeit. Dieses Bindungsverhalten hat auch etwas mit der
Beziehung der Eltern zueinander zu
tun. Verstehen sie sich gut und geben
sich gegenseitige Unterstützung, wird
es für beide Elternteile leichter, sich auf
das Kind einzustellen und eine sichere
Bindung zu fördern. Deshalb kann das
Ritual „Zähne putzen“ auch vom Vater
übernommen werden, z.B. immer
abends. Aufgrund der damit verbundenen unterschiedlichen Interaktionserfahrungen, die das Kind macht, lernt es
sich selbst von der Umwelt zu unterscheiden und baut unterschiedliche Erwartungen über das Verhalten Erwachsener auf. Beim Vater ist es lustig und
spontan, bei der Mutter zweckgerichtet.
Rolle der Eltern bei der Herausbildung zahnhygienischer
Verhaltensweisen – was wird
von den Eltern erwartet?
Eltern sollten
1. wissen, was wann gemacht werden
muss, nämlich Zahn- und Mundhygiene ab dem ersten Milchzahn und
das zweimal täglich.
2. wissen, wie Zähne geputzt werden.
Das Problem besteht für die meisten
Eltern darin, dass Einzelzähne zu putzen sind, da noch keine geschlossene
Zahnreihe vorhanden ist. Damit verbunden ist oft auch die Scheu, eine
Zahnbürste zu benutzen.
3. zur Ausführung des Zähneputzens
befähigt sein. Das heißt, die RotWeiß-Technik muss angewendet werden. Anfänglich liegt das Kind beim
Zähneputzen, bis es sitzen kann. Später sitzt es auf dem Schoß der Eltern.
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A. Makuch: Die Herausbildung von zahnhygienischen Verhaltensweisen
Nach Schneewind [14] erschweren
die Eltern-Kind-Beziehung:
1. Temperamentsmerkmale des Kindes.
Sie können Pflege- und Erziehungsaufgaben beeinträchtigen.
2. Elterliche Persönlichkeitsmerkmale.
Geringere Ich-Stärke, mangelndes
Selbstvertrauen, geringes erziehungsrelevantes Wissen und niedrige Einschätzung eigener erzieherischer Kompetenzen führen zu weniger einfühlsamem Umgang mit ihrem Kind.
3. Ökonomische Situation und Arbeitsplatzbelastung.
Sie wirken sich unter Umständen auf
ein unterstützendes, einfühlsames
und Entwicklungsförderndes Elternverhalten aus.
4. Wenig soziale Unterstützungsmöglichkeiten.
Das kann zu weniger sensiblem und
geduldigem Kontakt mit ihren Kindern führen.
4. eigene Erfahrungen aus ihrer Kinderrolle mit Orientierung an den eigenen Eltern.
Schlussfolgernd kann gesagt werden, dass die Herausbildung zahnhygienischer Verhaltensweisen bereits im
frühen Kindesalter beginnen muss.
Damit sich dieser Prozess optimal gestaltet, muss er Bestandteil von Interaktionen und Pflegehandlungen durch die
Eltern werden. Es gilt hierbei zahnmedizinische Forderungen und psychologische Bedingungen gesundheitsfördernd
zusammenzuführen. Als günstig könnte
sich hierbei erweisen, dass von hierzu
ausgebildeten Personen ein diesbezügliches Elterntraining angeboten wird.
5.
Anmerkung: Nach einem Referat, welches auf dem Vorsymposium der 14.
Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde am 27.
September 2007 anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Informationskreises
Mundhygiene und Ernährungsverhaltens (IME) gehalten wurde.
14.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
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New York 1970
Außerdem unterliegt auch das
elterliche Erziehungsverhalten
„verschiedenen Lernprozessen“ [12]:
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1. Eltern lernen ebenfalls am Erfolg.
2. Eltern lernen an Modellen (andere Eltern, Kindergärtnerinnen, Lehrer,
Zahnarzt).
3. Eltern lernen durch Instruktion (Babypflegekurse, Bücher, Zeitschriften,
Fernsehen) und sie besitzen
1.
2.
3.
4.
Bandura A: Lernen am Modell: Ansatz zu einer sozial-kognitiven Lerntheorie. Klett, Stuttgart 1976
Bower TGR: Human development. Freeman,
San Francisco 1979
Bowlby J: Bindung. Eine Analyse der MutterKind-Beziehung. Kindler, München 1975
Bruner JS: Processes of cognitive growth: Infancy. Clark University Press & Barre Publ,
Worcester/Mass 1968
䡲 Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. med. habil. Almut Makuch
Diplompsychologin
Universität Leipzig
Selbständige Abteilung für Kinderzahnheilkunde und Primärprophylaxe
Nürnberger Straße 57
04103 Leipzig
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ÜBERSICHTSARBEIT
H. Senkel1, R. Heinrich-Weltzien2
Milchzahnkaries vor dem Hintergrund
des generellen Kariesrückganges bei Kindern
und Jugendlichen
Problemaufriss und Lösungsansätze aus Sicht des Öffentlichen Gesundheitsdienstes
Vom Kariesrückgang im Kindesalter profitierten im Wesentlichen die bleibenden Zähne, während sich die Zahngesundheit im Milchgebiss nur geringfügig verbesserte bzw. sogar ein
Wiederanstieg der Milchzahnkaries beobachtet wird. Im Ergebnis des allgemeinen Kariesrückganges zeichnete sich jedoch
auch im Milchgebiss eine Polarisation des Kariesbefalles ab,
wobei insbesondere sozial benachteiligte Kinder und Kinder
mit Migrationshintergrund nahezu den gesamten Kariesbefall
auf sich vereinen. Die frühkindliche Karies (Early Childhood
Caries – ECC) stellt dabei ein (zahn)medizinisches und soziales
Problem dar. Da der kariöse Prozess aus heutiger Sicht kontrolliert werden kann, sollte die Gruppenprophylaxe als effektiver
und effizienter Ansatz der Kariesprävention durch den ausschließlichen Einsatz evidenzbasierter Maßnahmen weiter ausgebaut werden. Unter dem Aspekt der Good-Practice-Gruppenprophylaxe ist eine Neubewertung bestehender Programme sowohl in den Bundesländern als auch regional in den
Betreuungs-Settings der 0- bis 3-Jährigen und der 3- bis 5-Jährigen erforderlich. Die Einbindung der Gruppenprophylaxe in
Präventionsprogramme, die das gesunde Aufwachsen von
Klein- und Vorschulkindern ganzheitlich fördern, sind alleinigen zahnmedizinischen Betreuungsansätzen vorzuziehen.
Schlüsselwörter: Karies, Milchgebiss, Epidemiologie,
Präventionsprogramme
Dental caries in primary teeth against the background of a general caries decline in children
and adolescent – Education of problems and
suggestions from the public dental health view
The permanent dentition in children benefits at most from the
general caries decline, with less success in dental health in the
deciduous dentition, where also a reversal effect in dental
health has been observed. As a result of the general caries
decline polarisation of dental caries occurred where a small
group of children being social disadvantaged or with migration background has concentrated the whole caries burden. In
this respect early childhood caries (ECC) has been recognized
as a medical, dental and social problem. Since it is known that
the caries process can be controlled prevention should build up
with appropriate evidence based methods effectively and efficiently. At present preventive programmes in the Federal Countries of Germany based on different concepts and responsibilities with a small number of collective preventive interventions
in kindergartens per year, less than proposed for all children in
a concept of the insurance companies in the year 2000. Evidence and quality based prevention in health with the aim of good
practice demands a new evaluation of all programmes from a
federal and a regional point of view in settings of the 0- to 3year-olds and in the setting of the 3- to 5-year-olds. Holistic
concepts for a healthy up-growing of preschool children where
preventive dentistry is included should be preferred to preventive dental programmes alone.
Keywords: caries, deciduous dentition, epidemiology, preventive programme
1
2
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Fachbereich Gesundheit des Ennepe-Ruhr-Kreises, Witten
Poliklinik für Präventive Zahnheilkunde, Friedrich-Schiller-Universität Jena
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Abbildung 1 Good-Practice-Betreuungs-Setting für 3- bis 5-Jährige im Rahmen der Gruppenprophylaxe.
Figure 1 Good practice in the setting for 3- to 5- year-olds in the frame of group prophylaxis.
Einleitung
Vom Kariesrückgang im kindlichen Gebiss profitierten in besonderem Maße
die bleibenden Zähne, während die
Zahngesundheit im Milchgebiss nur geringfügige Verbesserungen zeigte. In
jüngerer Zeit wird sogar von einem Stillstand bzw. von einem erneuten Anstieg
der Milchzahnkaries berichtet [5]. Im
Ergebnis des allgemeinen Kariesrückganges zeichnete sich jedoch auch im
Milchgebiss eine Polarisation des Kariesbefalles ab, wobei insbesondere sozial benachteiligte Kinder und Kinder mit
Migrationshintergrund nahezu den gesamten Kariesbefall auf sich vereinen
[3,8].
Darüber hinaus haben diese wenigen betroffenen Kinder mehr Karies als
je zuvor [9]. In diesem Zusammenhang
stellt auch die frühkindliche Karies
(ECC) ein (zahn)medizinisches und soziales Problem dar [15]. Weiterhin erfor-
dert die Beobachtung, dass mehr kariöse Läsionen, Füllungen und Extraktionen in den ersten sechs Lebensjahren
der Kinder gefunden werden als in den
nachfolgenden sechs Jahren [10], eine
prioritäre Ausrichtung der Kariesprävention auf das Milchgebiss.
Da der kariöse Prozess aus heutiger
Sicht unter dem Einfluss von Fluoriden
soweit kontrolliert werden kann, dass
keine manifeste Karies entsteht [7, 2],
soll die Gruppenprophylaxe als effektiver und effizienter Ansatz der Kariesprävention bei Vorschulkindern [14] einer
kritischen Betrachtung unterzogen werden.
Zur Gruppenprophylaxe in der
Bundesrepublik Deutschland
Das Konzept der Spitzenverbände der
Krankenkassen aus dem Jahre 2000
sah neben der gesetzlichen Reihen-
untersuchung eine zweimalige Basisprophylaxe und eine viermalige jährliche aufsuchende Betreuung (ZweiVier-Betreuungsmodell) kariesgefährdeter Kinder im Rahmen der Gruppenprophylaxe vor. In einem Betreuungsverhältnis Zahnarzt zu Prophylaxefachkraft von 1:4 bis 1:5 sollte der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD)
die Personalführung, Fachaufsicht
und dienstliche Organisation des Personals übernehmen [4]. Dieses viel
versprechende Zwei-Vier-Betreuungsmodell ab dem dritten Lebensjahr
fand jedoch keine Umsetzung. Im
Gegensatz dazu wurden auf der
Grundlage von Rahmenvereinbarungen unterschiedliche Konzepte der
Durchführung, der Regelung von Verantwortlichkeiten zwischen Zahnärzten des ÖGD, niedergelassenen Zahnärzten und Vertretern örtlicher Krankenkassen auf Länderebene umgesetzt.
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Abbildung 2 Polarisation des Kariesbefalls bei 3-jährigen Kindergartenkindern im EN-Kreis.
Figure 2 Polarisation of dental caries in 3-year old kindergarten children in the EN-district.
Nach der jüngsten DAJ-Dokumentation 2005/2006 erhielten 73 % der gemeldeten Kindergartenkinder einen
und 30 % dieser Kinder mehr als einen
Prophylaxeimpuls im Rahmen der präventiven Aktivitäten von 380 örtlichen
Arbeitskreisen in 15 Bundesländern [1].
Nur 11,2 % der 3- bis 12-Jährigen bekamen Fluoride in Form von Lacken, Gelen und Lösungen verabreicht. Obwohl
das tägliche Zähneputzen in den Kindergärten ein wesentlicher Indikator
der Zahngesundheit ist [6], fehlen Angaben über die Anzahl der täglich mit
einer fluoridhaltigen Zahnpasta im Kindergarten putzenden Kinder [1]. Es ist
daher nicht überraschend, dass es bei
den Kindergartenkindern zu einer Stagnation bzw. sogar zu einem Anstieg der
mittleren dmft-Werte in der Hälfte aller
Bundesländer kam [1]. Angesichts der
epidemiologischen Daten und der Betreuungssituation müssen die bestehenden Prophylaxekonzepte einer kriti-
24
schen Einschätzung unterzogen werden.
Eine Neubewertung bestehender
Programme erscheint sowohl auf Länderebene als auch regional für die Betreuungs-Settings der 0- bis 3-Jährigen
und 3- bis 5-Jährigen unter dem Blickwinkel einer Good-Practice-Gruppenprophylaxe sinnvoll. Dabei sind nach
Rosenbrock [12] der Ist-Zustand kritisch
zu bewerten und Qualitätsstandards
einzuführen (Abb. 1). Um eine entsprechende Nachhaltigkeit zu garantieren,
sind weiterhin zukünftige Ziele zu formulieren und eine adäquate Qualitätssicherung anzustreben.
Durchführung der Gruppenprophylaxe im Ennepe-RuhrKreis (EN)
In allen von zwei Prophylaxefachkräften aufgesuchten Kindergärten des
EN-Kreises werden jährlich 78 % der
gemeldeten 3- bis 5-Jährigen (n =
9482) mit einem Prophylaxeimpuls erreicht. 50 % aller gemeldeten Kinder
putzen täglich im Kindergarten ihre
Zähne. Weitere 40 % der Kinder werden in der Hälfte der Kindergärten von
niedergelassenen Zahnärzten (Obleuten) gruppenprophylaktisch betreut,
wobei ein jährlicher Besuch in der
Zahnarztpraxis eingeschlossen ist. In
der gesetzlichen Reihenuntersuchung,
die in allen Kindergärten durchgeführt wird, werden 79 % aller Kindergartenkinder erfasst.
1. Prävention im BetreuungsSetting der 0- bis 3-Jährigen
im EN-Kreis
Nach den vorliegenden epidemiologischen Daten aus dem EN-Kreis ist die
ECC-Prävalenz der 3-Jährigen bei Eintritt der Kinder in den Kindergarten
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Kariesfrei
(%)
ECC
Typ I
ECC
Typ II
ECC
Typ III
Andere
Kombination
87,9
4,7
5,1
0,0
2,3
Deutsche
85,9
8,0
4,8
0,0
1,2
Ausländer
75,6
9,8
7,3
0,0
7,3
Gesamt
84,5
8,3
5,2
0,0
2,1
3-Jährige
2001
2006
Tabelle1 Häufigkeit der frühkindlichen Karies bei 3-Jährigen im EN-Kreis 2001 und 2006.
Table 1 Frequency of early childhood caries in 3-year olds in the EN-district 2001 and 2006.
Anzahl Kinder
(N)
Kariesprävalenz (%)
dmft x ± SD
dt x ± SD
mt x ± SD
ft x ± SD
2001
257
12,1
0,6 ± 2,0
0,4 ± 1,6
0,1 ± 0,6
0,1 ± 0,5
2006
290
15,5
0,7 ± 2,0
0,4 ± 1,3
0,0 ± 0,4
0,2 ± 1,0
2001
472
33,9
1,5 ± 2,8
0,8 ± 1,8
0,3 ± 1,4
0,4 ± 1,1
2006
562
37,2
1,8 ± 3,2
0,7 ± 1,8
0,4 ± 1,5
0,7 ± 1,5
3-Jährige
5-Jährige
Tabelle 2 Kariesprävalenz (%) und -befall (dmft und Einzelkomponenten) bei 3- und 5-Jährigen im EN-Kreis 2001 und 2006.
Table 2 Prevalence of caries (%), caries experience (dmft and single components) in 3- and 5-year-olds in the EN district 2001 and 2006.
noch gering (Tab. 1). In den Erhebungen von 2001 und 2006 war der Anteil
kariesfreier 3-Jähriger nahezu gleich;
2006 waren 86 % der deutschen Kinder
und 76 % der Kinder mit Migrationshintergrund kariesfrei. Die Darstellung
der Polarisation des Kariesbefalls anhand der Lorenzkurve lässt erkennen,
dass 12 % der Kinder 95 % des gesamten Kariesbefalls bei = 1 dmft und 3 %
der Kinder 48 % des Kariesbefalls bei = 6
dmft auf sich vereinen (Abb. 2).
Der Aufbau eines ganzheitlichen
aufsuchenden Betreuungsprogramms
für Kinder in jungen Familien basiert
auf den Kriterien der Good Practice
[12]. Ausgehend von der epidemiologischen Grundsituation und der Zielstellung der Schaffung von Chancengleichheit bei den 0- bis 3-Jährigen kann die
Schulung der Multiplikatoren, die
Schaffung von Zugangswegen für die
Betreuung und die Planungssicherheit
des ganzheitlichen Programms „Ge-
sund aufwachsen im EN-Kreis“ auch für
die Zahngesundheit nachhaltig genutzt
werden. Die Einbettung der zahnmedizinischen Prävention in ein ganzheitliches Präventionsprogramm ist dabei
der wesentliche Ansatz des Konzeptes.
Aus zahnmedizinischer Sicht werden
dabei die folgenden evidenzbasierten
Empfehlungen berücksichtigt [16]:
Tägliches Zähneputzen mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta vom ersten
Zahn an (Evidenzlevel A).
Klinische Untersuchung und Beratung während regelmäßiger häuslicher Besuche ab dem ersten Lebensjahr (Evidenzlevel C).
Die Eltern von Säuglingen und Kleinkindern sollen bestärkt werden, Verhaltensweisen, die eine frühe Transmission von Mutans Streptokokken
fördern, zu reduzieren (Evidenzlevel
B).
Die frequente Aufnahme süßer Getränke und deren nächtliche Verabrei-
chung in Saugerflaschen ist zu unterbinden (Evidenzlevel C).
2. Prävention im BetreuungsSetting der 3- bis 5-Jährigen
im EN-Kreis
Der Kariesbefall der 3- und 5-jährigen
Kindergartenkinder zeigte in den letzten Jahren im EN-Kreis nahezu keine
Veränderungen (Tab. 2). Dieser Stagnation ging jedoch eine Verbesserung der
Zahngesundheit voraus, da 1987 der
Kariesbefall für die 3-Jährigen noch 1,7
± 2,9 dmft und für die 5-Jährigen 3,0 ±
3,5 dmft betrug [13]. In beiden Altersgruppen muss die Entwicklung der
Zahngesundheit weiterhin beobachtet
werden. Auf Grund des geringen Sanierungsgrades der kariösen Milchzähne
wird eine verstärkte kurative Betreuung
seitens der niedergelassenen Zahnärzte
eingefordert. In der Gruppenprophylaxe selbst werden nur Maßnahmen auf
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der Grundlage evidenzbasierter Empfehlungen wie der Scottish Intercollegiate Guideline [17] und nach der GoodPractice-Gruppenprophylaxe [12] als
Basisprophylaxe konzeptionell verankert. Die wesentlichen Elemente des
gruppenprophylaktischen Betreuungsprogramms sind:
Angeleitetes Zähneputzen mit einer
fluoridhaltigen Zahnpaste (500 ppm)
in Verbindung mit Zahngesundheitserziehung durch ein Prophylaxeteam
(Evidenzlevel B).
Handlungsorientierte Lerneinheit zur
gesunden Ernährung (Evidenzlevel B).
Gesundes Frühstück.
Kohlenhydratarme Zwischenmahlzeit.
Beratung der Kindergärten zur Verbesserung der Gemeinschaftskost.
Besuch der Kinder in der zahnärztlichen Praxis zum Angstabbau.
Angebot eines Zahnputztrainings für
Eltern im Kindergarten (Evidenzlevel
B).
Einführung einer Intensivprophylaxe
unter Verwendung einer fluoridhaltigen Zahnpasta (1000 ppm) in Kindergärten von sozialen Brennpunkten in
der Verantwortung der Erzieher empfohlen (Evidenzlevel B).
Neben dem Handlungsfeld „Zahngesundheit“ sind die Handlungsfelder
„Ernährung“, „Bewegung“, „geistigemotionale Entwicklung“ wesentliche
Bestandteile des ganzheitlichen Modells der Gesundheitsförderung bei Vorschulkindern im EN-Kreis. Ziel ist es,
der gesundheitlichen Ungleichheit effektiv und effizient zu begegnen und
die Kinder zu gesundheitsfördernden
Verhaltensweisen zu befähigen und zu
bestärken. Unter Einbeziehung der Trä-
26
ger der Kindergärten müssen Multiplikatoren vor Ort (Hebammen, ErzieherInnen) gewonnen werden, diese Herausforderungen – die der zahngesundheitlichen Betreuung eingeschlossen –
mit zu tragen. Seitens der Zahnärzte
und zahnmedizinischen Fachkräfte des
ÖGD ist die Mitwirkung und fachliche
Unterstützung sicherzustellen. Die Einbindung der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe in Präventionsprogramme, die das gesunde Aufwachsen von
Klein- und Vorschulkindern ganzheitlich fördern, sind alleinigen zahnmedizinischen Betreuungsansätzen zukünftig vorzuziehen.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
Anmerkung: Nach einem Referat, welches auf dem Vorsymposium der 14.
Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde am 27.
September 2007 anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Informationskreises
Mundhygiene und Ernährungsverhaltens (IME) gehalten wurde.
13.
14.
15.
16.
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Korrespondenzadresse:
Dr. Helga Senkel
Fachbereich Gesundheit
des Ennepe-Ruhr-Kreises
Hauptstraße 92
58313 Schwelm
Tel.: 0 23 36 / 93 25 51
Fax: 0 23 36 / 93 24 40
E-Mail: [email protected]
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IMPRESSUM
Herausgeber
Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und
Kieferheilkunde e.V. und
Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde
Schriftleitung
Prof. Dr. Hans-Jürgen Gülzow, (verantwortlich)
Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (ZMK)
Martinistr. 52, UKE, 20246 Hamburg,
Tel. 0 40/428 03 32 97
Prof. Dr. Dr. Nobert Krämer
Neukreut 8, 91054 Buckenhof,
Tel. 0 91 31/5 40 98
Dr. Matthias Lehr, Verein für Zahnhygiene e.V.,
Liebigstr. 25, 64293 Darmstadt,
Tel. 0 61 51/1 37 37-10
Redaktionelle Koordination
Dipl. oec. troph. Gabriele Schubert
Tel.: 0 22 34 / 70 11-241;
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Stuttgart; A. Filippi, Basel; R. Frankenberger,
Erlangen; W. Harzer, Dresden; R. HeinrichWeltzien, Jena; E. Hellwig, Freiburg; G. Hetzer,
Dresden; R. Hickel, München; A. Holtgrave,
Berlin; P. Hotz, Bern; M. Hülsmann, Göttingen;
Th. Imfeld, Zürich; A. Kielbassa, Berlin; J. Klimek, Gießen; W. Klimm, Dresden; S. Kneist,
Jena; M. J. Koch, Heidelberg; Th. Kocher,
Greifswald; K. G. König, Nijmegen; J. Kühnisch,
München; K.-H. Kunzelmann, München;
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Korschenbroich; A. Lussi, Bern; Th. Marthaler,
Zürich; J. Meyle, Gießen; H. Michel, Würzburg;
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Biberach an der Riß; E. Rose, Freiburg;
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G. Viergutz, Dresden; H. van Waes, Zürich;
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Organschaft
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Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde
Die Zeitschrift wurde gegründet und bis 1996
herausgegeben vom Verein für Zahnhygiene
e.V.; sie wird weiterhin von diesem gefördert.
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