Friesmuster - Karl-Franzens

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Friesmuster in der Mathematik
Karin Baur
Karl-Franzens-Universität Graz
7. Februar 2013
Karin Baur (Karl-Franzens-Universität Graz)
Friesmuster in der Mathematik
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Muster
Friese
Muster I
Ein Fries ist ein lineares Stilelement. Schmaler Streifen, oft dekorativ an
Bauwerken. Dabei tritt ein Muster/ein Bildelement immer wieder auf,
meist horizontal.
Muster
Fries
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Muster
Friese
Beispiele
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Fries
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Muster
Parkettierungen
Muster II
Eine Parkettierung (Pflasterung) ist eine Überdeckung1 der Ebene durch
sich wiederholende Teilflächen.
Bei periodischen Parkettierenden wiederholen sich die Muster regelmässig,
in zwei Richtungen in der Ebene. Zum Beispiel:
damit:
nicht:
Spiegelungen, Verschiebungen, Rotationen, Gleitspiegelungen.
! 17 verschiedene Arten von periodischen Parkettierungen.
1
lückenlos, ohne Überschneidungen
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Muster
Parkettierungen
Beispiele
(a)
(b)
(c)
Alhambra – M.C. Escher – Hexagone, Quadrate und Dreiecke.
(a) http://kids.britannica.com/elementary/art-129361/The-Alhambra-fortress-in-Spain-featuresmany-decorative-tiles-in
(b) http://www.tessellations.org/tess-beginnings.shtml
(c) http://en.wikipedia.org/wiki/Tiling− by− regular− polygons
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Muster
Friesgruppen
Abbildungen
...
...
Die Bewegungen in der Ebene, die ein Fries auf sich selbst abbilden heissen
Symmetrien. Sie bilden die Friesgruppen. Immer drin: Verschiebung.
Ausserdem: Spiegelungen, Rotationen, Gleitspiegelungen.
Man unterscheidet sieben Arten von Symmetrien, abhänging davon,
welche Bewegungen ein Fries erhalten.
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Muster
Friesgruppen
Symmetrien
Verschiebungen (Pfeil)
zusammen mit
···
...
Rotationen (180 ◦ )
···
...
- (keine weiteren)
···
···
...
...
Rotat., Gleitspieg., vert. Achse
···
...
vertikaler Spiegelungsachse
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...
horizontaler Achse
Gleitspiegelung
···
...
...
allen obigen
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Muster
Friesgruppen
Gleitspiegelung
···
···
Eine Gleitspiegelung2 ist eine Kombination einer Spiegelung mit einer
Verschiebung parallel zur Spiegelungsachse.
2
echt: Verschiebung != Nullvektor, unecht: Spiegelung
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Friesmuster
Conway-Coxeter Friesmuster
Ein (Conway-Coxeter) Friesmuster ist ein unendlicher Streifen in der
Ebene, gebildet aus endlich vielen Zeilen von positiven Zahlen, die versetzt
untereinander angeordnet sind. Die erste und die letzte Reihe bestehen aus
Einsen. Im Zahlenmuster soll zudem die Diamantregel gelten:
b
Für jedes Quadrat
a
d
sei ad − bc = 1.
c
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Friesmuster
Beispiel
1
···
1
2
5
···
1
1
2
1
1
3
2
1
1
1
2
5
3
1
1
1
1
2
1
1
3
2
1
1
1
···
5
3
1
···
1
Die Ordnung des Friesmusters ist definiert als eins mehr als die Anzahl
der Zeilen. Hier also : Ordnung 6.
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Friesmuster
Eigenschaften
Ein Friesmuster ist durch die zweite Zeile eindeutig gegeben
(Diamantregel).
Conway und Coxeter haben gezeigt:
Ein Friesmuster der Ordnung n hat Periode n.
Es ist invariant unter einer Gleitspiegelung.
! Je n aufeinanderfolgende Zahlen a1 , a2 , . . . , an bestimmen das
Friesmuster. Sie werden Quiddity-Zykel genannt. Ein
Fundamentalbereich bestimmt es ebenso.
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Friesmuster
1
1
···
1
3
2
1
1
2
5
3
1
1
1
1
1
2
1
3
2
1
1
1
2
5
3
1
1
1
1
2
1
1
3
2
1
1
1
2
5
3
1
1
2
1
···
1
1
1
1
Fundamentalbereich und Quiddity-Zykel (Friesmuster der Ordnung 6).
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Friesmuster
Beispiel Ordnung 5: Die Gleitspiegelung
Wir nehmen ein Friesmuster mit positiven Zahlen x0 , x1 , x2 , . . . .
1
···
1
x0
1
x4
x2
x3
x1
1
1
1
1
x6
x5
1
···
1
Nach der Diamantregel gilt:
x0 x2 = 1 + x1 , x1 x3 = 1 + x2 , x2 x4 = 1 + x3 , x3 x5 = 1 + x4 .
Damit kann man zeigen, dass x5 = x0 und x6 = x1 gilt.
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Triangulierungen
n-Eck
Wir betrachten (regelmässige) Polygone mit n Ecken, geschreiben Pn .
Eine Triangulierung von Pn ist eine Unterteilung das Vielecks in Dreiecke
mit Hilfe von Diagonalen.
1
1
8
6
2
2
7
3
6
5
3
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4
4
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5
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Triangulierungen
Eigenschaften
Jede Triangulierung von Pn benötigt n − 3 Diagonalen, liefert n − 2
Dreiecke. Die Anzahl der verschiedenen
eines n-Ecks3 ist
" Triangulierungen
!
(2n−4)!
1 (2n−4)
Cn , die Catalan-Zahl Cn = n−1 (n−2) = (n−1)!(n−2)! .
8
1
1
6
2
7
3
6
5
3
5
4
4
Anzahl Ecken
Cn
3
2
4
2
5
5
6
14
7
42
8
132
für n ≥ 3
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Triangulierungen
Triangulierungen und Friesmuster
Triangulierung ! Quiddity-Zykel
Sei T eine Triangulierung von Pn . Die Eckpunkte von Pn werden
durchnummeriert (Gegenuhrzeigersinn, 1, . . . , n). Sei ai die Menge der
Dreiecke, die an die Ecke i anstossen (i = 1, . . . , n). Das gibt n positive
Zahlen a1 , . . . , an ∈ Z>0 .
Mindestens zwei Zahlen unter a1 , . . . , an , sind gleich Eins4 .
Wir schreiben a1 , . . . , an versetzt unter eine Zeile von Einsen.
Mit Hilfe der Diamantregel berechnen wir weitere Zeilen.
Conway-Coxeter (1973): das liefert ein Friesmuster der Ordnung n,
d.h. die (n − 1)-te Zeile besteht aus lauter Einsen. Dieses Friesmuster
ist eindeutig durch die Triangulierung festgelegt.
4
man sagt, jede Triangulierung habe mindestens zwei Ohren
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Triangulierungen
Triangulierungen und Friesmuster
Beispiel
6
1
2
5
3
(a1 , . . . , a6 ) = (2, 1, 3, 2, 1, 3).
4
1
···
1
2
5
···
1
1
2
1
1
3
2
1
1
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1
2
5
3
1
1
1
1
2
1
1
3
2
1
1
Friesmuster in der Mathematik
1
···
5
3
1
···
1
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Triangulierungen
Triangulierungen und Friesmuster
Triangulierungen " Friesmuster
Haben
Triangulierung von Pn ! Friesmuster der Ordnung n.
Drehungen einer Triangulierung verändern das Friesmuster nicht.
Umkehrung:
Conway und Coxeter haben auch gezeigt, dass jedes Friesmuster der
Ordnung n von einer Triangulierung eines n-Ecks kommt.
Der Quiddity-Zykel ist gerade die Anzahl der Dreiecke an den Eckpunkten
von Pn .
J.H. Conway, H.S.M. Coxeter. Triangulated polygons and frieze patterns, Math. Gaz., 57:87-94, 1973.
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Triangulierungen
Friesmuster und Determinanten
Ein Friesmuster der Ordnung n liefert eine n × n Matrix:
0
0
...
...
0
0
Diese Matrix ist symmetrisch. Ihre Einträge sind nichtnegative ganze
Zahlen. Sie hängt vom Friesmuster bzw. von entsprechenden der
Triangulierung des n-Ecks ab.
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Triangulierungen
Friesmuster und Determinanten
Beispiel n = 6
1
2
...
5
2
1
1
1
1
1
1
1
3
2
3
1
1
2
5
2
1
1
1
1
1
1
1
3
2
3
1
1
2
5
2
1

0

1
...

2
liefert M = 
1
1
1
1
0
1
1
2
3
2
1
0
1
3
5
1
1
1
0
1
2
1
2
3
1
0
1

1
3

5

2
1
0
Man berechnet: det M = −16.
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Triangulierungen
Friesmuster und Determinanten
Invarianz der Determinante
Satz (Broline-Crowe-Isaacs, 1974)
Sei T eine Triangulierung von Pn und M(T ) die Matrix des
entsprechenden Friesmusters. Dann gilt:
det M(T ) = −(−2)n−2
Die Matrix ist also unabhänging von der Wahl der Triangulierung!
D. Broline, D.W. Crowe, M. Isaacs. The geometry of frieze patterns. Geom. Ded., 3:171-176, 1974.
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Triangulierungen
Beweis für das Resultat von BCI
Beschriftungen einer Triangulierung
Es sei T eine Triangulierung von Pn , i ein Eckpunkt von Pn . Wir
schreiben zur Ecke i eine Null hin. Zu jeder Ecke, die mit i direkt
verbunden ist (via Diagonalen, Rand) schreiben wir eine Eins hin. Weiter
dann: sind in einem Dreieck zwei Eckpunkte beschriftet, so kriegt der
dritte als Label die Summe der beiden Zahlen. Wir schreiben [i , j] für das
Label, das j unter dem Ausgangspunkt i kriegt.
Zum Beispiel: [i , i ] = 0, [i , i − 1] = [i , i + 1] = 1.
1
1
1
1
6
2
1
5
3
0
1
2
2
5
3
4
1
6
0
3
4
1
[3, 1] = [3, 2] = [3, 4] = 1, [3, 6] = 2, [3, 5] = 3
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Triangulierungen
Beweis für das Resultat von BCI
Hilfsresultate
Es ist [i , i + 2] = ai +1 , die Zahl der Dreiecke an der Ecke i .
Die Label erfüllen die Diamantregel:
[i , j] · [i + 1, j + 1] = [i + 1, j] · [i , j + 1] + 1 (für i $= j).
Damit bilden die Labels genau das Friesmuster der Triangulierung.
Lemma Ist i ein “Ohr” von T und j ∈
/ {i − 1, i , i + 1} so gilt:
[j, i − 1] + [j, i + 1] = [j, i ]
Begründung Da i ein Ohr ist, ist (i − 1, i, i + 1) das einzige Dreieck an dieser
Ecke. Für die Beschriftungen von j aus ist also Definition das Label [j, i] an i
gerade die Summe der Beschriftungen an i − 1, i + 1, d.h. [j, i − 1] + [j, i + 1].
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Triangulierungen
Beweis für das Resultat von BCI
Beweis (Determinantenresultat)
Über Induktion (Anzahl der Eckpunkte).


0 1 1
Im Fall n = 3 ist die Matrix immer gleich, M = 1 0 1, es ist
1 1 0
det M = 2 und −(−2)3−1 = 2.
Sei also n > 3 und die Behauptung stimme für Friesmuster der Ordnung
n − 1. Die Triangulierung hat mindestens zwei “Ohren”, sei i ein solcher
Eckpunkt von Pn . Wir entwickeln die Determinante nach der i -ten Spalte.
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Triangulierungen
Beweis für das Resultat von BCI
Beweis, Fortsetzung
Es ist [i , i ] = 0 und es gilt (Spalten i − 1 und i + 1):
[j, i − 1] + [j, i + 1] = [j, i ]
j $= i
[i , i − 1] + [i , i + 1] = 1 + 1 = 2
) von der i -ten Spalte ziehen wir die
Wir bilden eine neue Matrix M:
) ist fast gleich wie M,
(i − 1)-te und die (i + 1)-te Spalte ab. Die Matrix M
nur stehen in der i -ten Spalte eine −2 (Zeile i ) und Nullen sonst.
M0 sei die Matrix, die durch Streichen der Zeile i und der Spalte i entsteht.
Da i ein Ohr ist, ist M0 die Matrix der Triangulierung vom Polygon ohne
dieses Ohr. Für M0 gilt (Induktionsvoraussetzung) det M0 = −(−2)n−3 .
) und nach der Spaltenentwicklung gilt
Es ist det M = det M
i
+i
+1
) = (−2)
det M
det M0 = −(−2)n−2 .
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Triangulierungen
Beweis für das Resultat von BCI
Literatur
D. Broline, D.W. Crowe, M. Isaacs. The geometry of frieze patterns. Geom.
Ded., 3:171-176, 1974.
J.H. Conway, H.S.M. Coxeter. Triangulated polygons and frieze patterns,
Math. Gaz., 57:87-94, 1973.
Und zusätzlich
Ausführliche Diskussion von Catalanzahlen:
R. P. Stanley Enumerative Combinatorics 2, Cambridge Studies in Advanced
Mathematics (62), 2991
Mehr Details zu verschiedenen Teilen dieses Vortrags:
H. Vogel, Die Determinante eine Friesmusters, Zeitschrift Wurzel 2012,
www.wurzel.org, erhältlich unter
http://www.uni-graz.at/ ∼baurk/HVogel-Friesmuster.pdf
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