Ziele professionellen Deeskalationsmanagements Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl PROFESSIONELLE DEESKALATION Verminderung der Häufigkeit und der Auswirkungen von aggressiven Verhaltensweisen von Patienten, Bewohnern und Klienten. Verminderung der Häufigkeit und der Auswirkungen von Eskalationen durch professionelle Grundhaltungen im Umgang mit Aggressionen und durch verbale Deeskalations- und Gesprächsführungstechniken. Verminderung der Häufigkeit und der Auswirkungen von Verletzungen von Personal und Patienten bei Anoder Übergriffen durch patientenschonende Abwehrund Fluchttechniken sowie verletzungsfreie Immobilisations- und Fixierungstechniken. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Leitbild Der kranke oder behinderte Mensch hat ein Recht auf geschultes Personal, das mit seinen unvermeidbaren Anspannungszuständen und aggressiven Verhaltensweisen professionell umgehen kann Der Mitarbeiter hat ein Recht auf einen sicheren Arbeitsplatz und auf Schulung im optimalen Umgang mit Gefahrensituationen, die durch den Betreuten entstehen können Mein Ziel ist die Verminderung der Häufigkeit und der Auswirkungen von psychischen und physischen Verletzungen jeder Art sowohl des Mitarbeiters als auch des Betreuten Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Ausgangssituation Krankheit oder Armut erzeugen starke innere emotionale Spannungen (z.B. durch Ängste, Autonomieverluste, Schmerzen, Selbstwertverluste, Trauer etc.) Patienten und Bewohner sind häufigeren Frustrationen ausgesetzt (Warten, Befunde, Funktions- und Kompetenzverluste, Bedürfniseinschränkungen u.a.) Zum Teil existiert mangelnde Einsicht in erforderliche Behandlungsmaßnahmen oder Stationsregeln (z.B. bei Kindern, behinderten und/oder psychisch kranken Menschen); Betreuung und Behandlung werden dann als Gewalt empfunden Für Patienten sowie für das Personal gibt es zahlreiche starke Stressoren und Überforderungssituationen Schwierige Kommunikations- und Beziehungssituationen zwischen Helfer und Patient/Bewohner bergen Konfliktpotential Der Erwartungsdruck an Patienten (z.B. Compliance, Selbstständigkeit u.a.) und an Mitarbeiter (z.B. ständige Präsenz, Freundlichkeit, Zeitdruck) ist hoch Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Module zur Deeskalation von Gewalt und Aggression Rahmenbedingungen: z.B. die Analyse der Stationsregeln, Hausordnungen, der Umgang von Personal mit Patienten, die Zumutung von Wartezeiten, Überforderungssituationen etc. Veränderung der Bewertungsprozesse aggressiver Verhaltensweisen Verständnis der Ursachen und Beweggründe aggressiver Verhaltensweisen Kommunikative Deeskalationstechniken im direkten Umgang mit hochgespannten Patienten Patientenschonende Abwehr- und Fluchttechniken Patientenschonende Begleit-, Halte-, Immobilisations- und Fixierungstechniken Präventive Möglichkeiten nach aggressiven Vorfällen Einzelfallanalyse Risikomanagement Schwerpunkte Aggressionsarten und -motivationen bei behinderten Menschen emotional-überschwemmte und instrumentelle Aggression, Umgang mit selbstverletzenden Verhaltensweisen Wahrnehmungs-, Interpretations- und Bewertungsfehler von „aggressiven“ Verhaltensweisen von behinderten Menschen Gestaltung einer entwicklungsfreundlichen Beziehung zur Verhinderung von aggressionsauslösenden Reizen im täglichen Umgang mit behinderten Menschen Aggressionsarten und Deeskalationsmöglichkeiten bei unterschiedlichen Entwicklungsniveaus Angst-, Selbstwert- und Autonomieprobleme behinderter Menschen als Ursachen von Aggressionen Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Schwerpunkte Macht- und Machtmissbrauch in der Arbeit mit behinderten Menschen verbale Deeskalation bei leicht geistig behinderten Menschen im Erregungs- oder Anspannungszustand kommunikative und nonverbale Deeskalationstechniken bei schwerst geistig behinderten Menschen (intensives Training mit Video-Feedback) Übungen zur Nachbearbeitung von Vorfällen im Team Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Heute emotional-überschwemmte und instrumentelle Aggression verbale Deeskalation bei leicht geistig behinderten Menschen im Erregungs- oder Anspannungszustand Umgang mit selbstverletzenden Verhaltensweisen Nachbearbeitung von Vorfällen im Team Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Neurobiologie Trauma Jugendgewalttäter, die elterliche Gewalt in der Kindheit erlebten Drei Streßreaktionen: 1.) erste Abwehrreaktion: Acetylcholin 2.) Flight or Fight: (Nor-)Adrenalin 3.) Freeze: Cortisol Sequentielle Traumatisierung führt zur schnellen Bahnung dieser Reaktionen Pfeiffer, C.; Wetzels, P.; Enzmann, D. (1999): Innerfamiliäre Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und ihre Auswirkungen. KFN Forschungsberichte Nr. 80. Hannover:KFN n=15.000 Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Gewalt geht mit der Erwartung von Feindschaft einher: Wer Angst macht, hat Angst Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Die Weitergabe von Gewalt über die Generationen – Erklärungen psychotherapeutischer Schulen (1) Pfeiffer, C.; Wetzels, P.; Enzmann, D. (1999): Innerfamiliäre Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und ihre Auswirkungen. KFN Forschungsberichte Nr. 80. Hannover:KFN n=15.000 Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Täterintrojekt: - ein Täteranteil wird ins eigene Selbst übernommen - Macht ist besser als Ohnmacht - wenn Unlust/Frustration und Angst zusammenkommen, entsteht Aggression (Psychoanalyse) Selbstwertkonflikt: Minderwertigkeits- und Überwertigkeitskomplex (Alfred Adler) Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Die Weitergabe von Gewalt über die Generationen – Erklärungen psychotherapeutischer Schulen (2) Gelernte Rolle – Nachahmung (Verhaltenstherapie) Teufelskreis nach Döpfner Aufforderung Wiederholung der Aufforderung wird befolgt Die Sehnsucht nach Aufmerksamkeit Eine Watsche ist auch eine Streicheleinheit (Transaktionsanalyse – Eric Berne) nein ja wird befolgt ja nein Eltern drohen ja wird befolgt nein Eltern ratlos Eltern gehen zu anderer Tätigkeit über Eltern geben nach Eltern aggressiv Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Inkonsistenz der Eltern und Gewalt durch Jugendliche Pfeiffer, C.; Wetzels, P.; Enzmann, D. (1999): Innerfamiliäre Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und ihre Auswirkungen. KFN Forschungsberichte Nr. 80. Hannover:KFN n=15.000 Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Verringert positive Zuwendung Gewalt? Pfeiffer, C.; Wetzels, P.; Enzmann, D. (1999): Innerfamiliäre Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und ihre Auswirkungen. KFN Forschungsberichte Nr. 80. Hannover:KFN n=15.000 Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Grundlegende Motivation aggressiver Handlungen Zwei Formen der Aggression instrumentell-aggressive Handlung sich einen Vorteil verschaffen (z.B. Machtgewinn) impulsiv-aggressive Handlung ausführen von Impulsen ohne ausreichende Handlungskontrolle, erhöhte Reizbarkeit Instrumentelle Manipulation von Gefühlen Emotionale Überschwemmung Gemeinsame Endstrecke: Eskalation: ungesteuerte maximale Erregung ängstlich-aggressive Handlung Reaktion auf tatsächliche oder vermutete Bedrohung, Schutz der eigenen Person Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Die Erregungskurve Instrumentelle Aggression Erregung Maximale Erregung mit aussetzender Selbststeuerung Erregungsniveau: niedrig Ziel: persönl. Vorteil (Macht, Besitz, Effekte) Ablauf: gezielt, manchmal geplant Keine oder wenig Erregung Instrumentell emotional-überschwemmt Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Eskalation Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Emotionale Überschwemmung Emotionale Überschwemmung Adrenalin Muskeln angespannt Schneller und kräftiger Herzschlag oder verlangsamter Herzschlag Zittern Gesichtsfarbe rot oder blaß Atmung schneller, unregelmäßig, stockend Schwitzen Trockener Mund Sensationen im Magen-Darm-Trakt Heftigkeit der Reaktionen verstärkt Simplifizierung Extreme Reaktionen, radikales Denken Reaktionen auf Nebensächlichkeiten Denkblockaden: Reizselektion, Verzerrung, Überempfindlichkeit, Negativismus, der bis in die Erinnerungsselektion hineinreicht Negative Bewertung des Gegenübers mit Generalisierung Unkoordinierte Sprache Viel Reden oder nicht mehr Reden Laute Stimme Kindliche Denk- und Verhaltensmuster: Schreien, Stampfen oder auf den Tisch schlagen, Wegrennen, Sturheit, Beleidigt-Sein, Schimpfwörter und Drohungen Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Emotionale Überschwemmung Ziel: Abbau von Anspannung Abwehr bedrohlicher Reize Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Betreuung unter Adrenalin Mittel: Schädigung Anderer wird in Kauf genommen, ist aber nicht Ziel Konflikte: entstehen dadurch, dass Beteiligte meinen, sich verteidigen zu müssen (ihre Freiheit, ihren Besitz, ihre Ehre, ihr eigenes inneres Wohlgefühl) Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Erregung: erhöht, steigend Ziel: Abbau innerer Anspannung bishin zur Abwehr bedrohlicher Reize Ablauf: szenische Inszenierung einer inneren Befindlichkeit bishin zur Notwehr einer als bedrohlich empfundenen Situation Je höher, desto größer die Gefahr, manipuliert zu werden durch instrumentellen Ärger, Provokation, Sensation Seeking. Ihr Urteil verzerrt sich, wird extrem und ist nicht durchdacht. Angedrohte Konsequenzen sind zu hart oder nicht durchführbar. Sie laufen Gefahr, zum Opfer zu werden. Schimpfen oder Drohgebärden funktionieren bei den Kindern mit emotionaler Bindung zu Ihnen, bei den Anderen nicht. Alle lernen aber, daß der Stärkere sich durchsetzt. Sie fördern damit Schimpfen und Drohgebärden der Jugendlichen. Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie Professionelle Deeskalation Sigmund Dr. Christoph GöttlGraz Landesnervenklinik Freud Eskalation: Maximale Erregung Erregung: maximal Ziel: ungesteuert Ablauf: chaotisch Zerstörung von Gegenständen bishin zur schweren Gefährdung von Menschen Aggressionsspezifische Interventionen Instrumentelle Aggression: - Entziehen der Aufmerksamkeit für Störung - Erhöhen der Aufmerksamkeit für erwünschtes Verhalten - Erlernen alternativer, sozial akzeptabler Möglichkeiten, Aufmerksamkeit zu erhalten. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Aggressionsspezifische Interventionen Aggressionsspezifische Interventionen Umgang mit instrumenteller Aggression - Jede erfolgreiche Aggressionshandlung erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass unangemessenes Verhalten auch in Zukunft gezeigt wird. - - - Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Emotionale Überschwemmung: Beruhigung der emotionalen Erregung Während hoher Erregung sind Problemlöseversuche, die auf Einsicht und Kooperationsbereitschaft beruhen, meist wirkungslos Gespräche über aktuelle Konflikte erhöhen die innere Anspannung und somit das aggressive Verhalten erst nach Beruhigung der emotionalen Erregung entstehen bessere Möglichkeiten einer konstruktiven Problemlösung Gemeinsames suchen einer Problemlösung nach Beruhigung Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Die Erregungskurve Aggressionspezifische Interventionen Phase 2 Erregung Eskalation: Maximale ungesteuerte Erregung Phase 3 Keine oder wenig Erregung Phase 1 Maximale Erregung mit aussetzender Selbststeuerung Instrumentell emotional-überschwemmt Eskalation Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Instrumentelle Emotion und echte Emotion Instrumentelle Emotion Echte emotionale Erregung Übergänge: - echt zu instrumentell: Sonst echte Erregung kann teilweise instrumentell genutzt werden - Instrumentell zu echt: Instrumentelle Drohung kann zu echter extremer emotional-überschwemmter Eskalation führen Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl - Rechtzeitiges Erkennen und Vermeiden in der Eskalationsphase (Phase 1) - Sicherheitsmassnahmen während der höchsten Erregung (Phase 2) - Einfühlsame Begleitung während der Entspannungsphase (Phase 3) Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Instrumentelle Emotion und echte Emotion Echtes emotional-überschwemmtes Verhalten kann, wenn der sekundäre Krankheitsgewinn erkannt wird, mit der Zeit instrumentell vorgetäuscht werden und dadurch mit instrumentellem Typ vermischt werden. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Instrumentelle Emotion und echte Emotion Jeder, der sich ärgert (sich emotional überschwemmen lässt), bietet sich als ideales Opfer für instrumentelles Verhalten an 7 Interventionen bei Eskalation Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl 7 Interventionen bei Eskalation Intervention 4: Führe Entspannung und Beruhigung herbei Intervention 5: Rege Kommunikation an Intervention 6: Halte verbale und nonverbale Kommunikation aufrecht Intervention 7: Bearbeite und löse Probleme Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 1: Schätze das Ausmaß der emotionalen Erregung ein. Intervention 2: Unterscheide zwischen instrumentellen und echten Emotionen Intervention 3: Passe eingesetzte Methoden flexibel den jeweiligen Bedingungen an. Verhaltensweisen sind Prozesse, keine statischen Zustände Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Grundhaltung während Eskalationen Schaffe Zeit und Raum Kommuniziere einfach nur das Notwendige Verhalte dich wertschätzend dir selbst und dem Anderen gegenüber Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 1: Schätze das Ausmaß emotionaler Erregung ein Heilsame Begegnung PatientInnen TherapeutInnen Positive Zuwendung mit Freude und Sympathie statt Macht oder Bedrohung Soziale Referenzierung Regulation der Aufmerksamkeit und Distanz Vorhersehbare, natürliche Konsequenzen Stress regulieren lernen: Notfallskoffer Selbstwirksamkeit Mut zu vertrauen Berücksichtige die Auswirkung emotionaler Erregung auf Verhalten, Wahrnehmen und Denken beim Jugendlichen wie bei uns selbst Struktur Traumatherapie Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 1: Schätze das Ausmaß emotionaler Erregung ein Soziale Unterstützung im Team verringert Eskalationen 100 Grad der Erregung Gewalt 75 50 Sichtbare Erregung: Das Verhalten ist noch zu beeinflussen 25 0 ruhig, überlegt, gezielt Handlungssteuerung weitgehend ausgesetzt Streß! Eingeschränktes Denkvermögen; heftige, undifferenzierte Reaktionen Emotionale Beteiligung, aber noch überlegtes Handeln Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Wirkt beruhigend Stärkt Erhöht die Problemlösekompetenz Wirkt auf die Jugendlichen Verhindert die Übernahme von Rollen in der Gegenübertragung Oder nutzt die Übernahme von Rollen in der Gegenübertragung Verhindert die Inszenierung des Lebens des Jugendlichen in verteilten Rollen auf Station Oder nutzt die Inszenierung des Lebens des Jugendlichen in verteilten Rollen auf Station Unterstütze deine Kollegen. Verhalte dich beruhigend und stärkend Dies schafft eine korrigierende emotionale Erfahrung für den Patienten/Bewohner Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Fühlen Sie nach Fühlen Sie nach Sie sind frustriert und verärgert aufgrund eines subjektiven oder objektiven Versagens. Wie fühlen Sie sich, wenn Sie im Team a) uneinfühlsam kritisiert werden? b) verständnisvoll unterstützt werden? Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Ein Patient/Bewohner ist frustriert und aggressiv aufgrund eines subjektiven oder objektiven Versagens. Wie fühlt er sich, wenn er von Ihnen a) uneinfühlsam kritisiert wird? b) verständnisvoll unterstützt wird? Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Räume Spannungen erzeugende Räume - atmosphärelos - unangenehme Temperatur - unbequeme Sitz-, Liegeposition - Zigarettenrauch - Lärm, z.B. andere Gespräche - ständige Unterbrechungen, z.B. durch Hereinkommen Anderer, Telephon - Zeitdruck, Hektik - Warten-Müssen Entspannende Räume - gemütliche Sitz-, Liegeposition - freundliche, Ruhe-anregende Atmosphäre - angenehmes Licht - es wird etwas zu Essen oder zu Trinken angeboten Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Umgang mit emotionaler Überschwemmung Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 1: Schätze das Ausmaß emotionaler Erregung ein Intervention 1a: Beobachte und beeinflusse das Aktivationsniveau Grad der Erregung 100 75 50 25 0 Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 1a: Beobachte und beeinflusse das Aktivationsniveau Bsp: aus freundschaftlicher Rangelei wird plötzlich ernsthafte Auseinandersetzung motor. Aktivation führt zu emotionaler und physiologischer Aktivation Bsp: Teammitglied hat Misserfolgserlebnisse hinter sich. Fühlt sich niedergeschlagen (=emotionale Aktivation). Heute entgleitet ihm die Gruppe. Er deutet dies anders als sonst unter Einfluss seiner akuten Stimmung als Beweis seiner Unfähigkeit (=kognitive Veränderung unter Erregung). Er reagiert erregt auf die Gruppe (=physiologische und emotionale Aktivation). Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Bsp: emotionale verbale Auseinandersetzung führt zum Wegrennen und Türknallen emotionale Aktivation führt zu motor. Aktivation Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Erfahrungen mit Aktivation Optimal: mittlere Aktivation Motivation und emotionale Beteiligung Zu gering: Provokation vertreibt Langeweile Intervention: konstruktives Aktivationsangebot Zu hoch: a) heftiges, impulsives, mitunter hemmungsloses Verhalten b) Überempfindlichkeit, emotionale Verstrickung Intervention: Abbau der Erregung, z.B. durch regelgeleitete sportliche Aktivität Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Zu geringe Aktivation Angst, Depression und Entmutigung: lähmend eingeschränkte Aktivation Die Fähigkeit, mit komplexen Problemen umzugehen, ist gehemmt. Frustration und Langeweile führen zu instrumenteller Aggression. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 1b: Gelassenheit Verhindere den Verlust eigener Professionalität unter dem Einfluß von Emotionen Wir können uns von Emotionen anstecken lassen oder sie Sein lassen Erregung und Betroffenheit führen zu eingeschränktem Denken, verzerrter Wahrnehmung, härteren Gefühlen Lassen wir uns anstecken, werden wir von der Emotion des Anderen beherrscht. Wir werden zu Opfern. Bei instrumenteller Aggression war dies das Ziel. Gelassenheit. Bewahre Souveränität. Zu hohe Aktivation Handlungen: reflexartig, schnell, heftig, planlos, unüberlegt Reaktionen: verteidigend, härter Wahrnehmung: verzerrt Andere werden bedrohlicher wahrgenommen, als sie sind Problemlösekompetenz eingeschränkt Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 1b: Beispiel Fr. P. ist Pädagogin und leitet eine Gruppe von vier verhaltensauffälligen Mädchen. Heute hat sie ein privates Problem, das ihr zu schaffen macht. Sie weiß, daß sie dadurch in einer labilen psychischen Verfassung ist und sehr sensibel reagiert. Nachdem sie einige Male etwas lauter erfolglos auf die Provokationen der Mädchen reagiert hat, bittet sie um Verständnis. Sie sei heute nicht so gut drauf. Für Marianne (16) ist das ein Signal, ihre Verhaltensweisen zu intensivieren. Sie spricht im aggressiven, verletzenden Ton mit der Pädagogin und versucht, sie zur Weißglut zu bringen. Das Verhalten eindeutig instrumentellen Charakter. Sabine (15) ist ebenfalls nicht gut drauf. Das Verhalten der Pädagogin und deren Bekenntnis ist für sie eine Entschuldigung, ihrer eigenen schlechten Laune freien Lauf zu lassen. Sie zeigt eine Mischung von instrumentellem Verhalten und Gefühlsüberschwemmung. Beide Mädchen gehen jetzt vereint auf die Pädagogin los. Diese versucht, sich zu beherrschen, bricht aber dann in Tränen aus und schreit die Jugendlichen an. Die beiden Mädchen beginnen, mit der Pädagogin herumzuschreien. Die Pädagogin bricht die Gruppe ab, weil ein geregelter Kontakt so jetzt nicht mehr möglich ist. Am Nachmittag habe sich die Gemüter wieder beruhigt. Das Konfliktlösungsgespräch verläuft erfolgreich. Beide Mädchen zeigen Einsicht und signalisieren Bereitschaft, sich in Zukunft anders zu verhalten. Sabine bemüht sich sichtlich um eine positive Beziehung zur Pädagogin. Marianne hingegen zeigt zwar auch eine momentane Anpassung, benutzt aber schon am nächsten Tag die Gelegenheit, die Pädagogin zu provozieren und vor allen Anderen zu demütigen. Nach diesen Ereignissen führte das Team zuerst ein Debriefing, dann eine unterstützende Analyse der Eskalation mit der Pädagogin durch. Es ist die Aufgabe des Stärkeren, zu vertrauen. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl In diesem Falle wurde als Ergebnis eine autoritäre Lösung gewählt, weil Marianne sehr hierarchisch denkt. Marianne mußte sich vor der Gruppe bei der Pädagogin entschuldigen. Zusätzlich erhielt die Pädagogin die Entscheidungskompetenz über die Privilegien Mariannes. Marianne war dieser Pädagogin in Folge hierarchisch eindeutig zugeordnet. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 1: Beispiel 1 Intervention 1: Beispiel 2 Martin (13) ist seit Wochen in sich gekehrt und gereizt. Er macht kaum noch Hausaufgaben und reagiert aggressiv. Es kommt zu Wutausbrüchen, er läuft weinend weg. Susanne (17) ist offensichtlich unglücklich. Sie habe eine kalte, gefühllose Mutter und eine furchtbare Kindheit gehabt. Sie habe nie jemanden gehabt, der sie geliebt habe. In der WG, in der sie untergebracht ist, interessiere sich keiner für sie. Besonders Fr. K – Ihre Kollegin! – sei eine kalte Persönlichkeit. Fr. K erinnere Susanne an ihre Mutter. Bei Ihnen ist das anders. Sie sind die einzige Person, der sie momentan vertrauen könne. Susanne weint. Was tun Sie? Wie reagieren Sie: a) b) c) d) Ich stelle ihn zur Rede und fordere eine Verhaltensänderung, sonst werde es Konsequenzen geben. Ich ignoriere sein Verhalten. Da dieses Verhalten erst seit einiger Zeit auftritt, rechne ich mit einer depressiven Episode. Ich versuche, mit ihm ins Gespräch zu kommen und wende mich an einen Fachmann. Ich kann mir vorstellen, daß er traurig ist. Ich sage ihm, er soll positiv denken, dann sieht alles gleich wieder besser aus. a) b) c) d) e) f) Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 2: Unterscheide Emotionen Instrumentelle Emotion Primäre Emotion Sekundäre Emotion Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 2: Instrumentelle Emotion Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Geschmeichelt und betroffen. Sie erinnern sich an die pädagogischen und therapeutischen Fehlgriffe, die sie selbst schon bei ihrer Kollegin Fr. K beobachten mußten. Sie können sich vorstellen, daß ihre eigene Art da besser ankommt. Ich sage Susanne, sie solle sich nicht so einschmeicheln. Ich spreche meine Kollegin Fr. K an und stelle ihre pädagogischen und therapeutischen Fähigkeiten in Frage. Ich höre mit Interesse die Ausführungen an, reagiere aber neutral und rechne damit, daß Susanne jederzeit über mich auch so reden wird, wenn es gut paßt. Ich lade ihre Mutter ein und wir führen zu dritt ein klärendes Gespräch. Emotion will etwas mitteilen, zu etwas auffordern Starke Emotion wirkt glaubwürdig Emotion kann gezielt eingesetzt werden Auf welche Emotion reagieren Sie immer? Emotion ist Selbstdarstellung Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Emotion Instrumentelle Emotion Darstellung eines inneren Zustandes Appell Botschaft über den Sender Beziehungsbeschreibung: was ich von Ihnen halte Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Emotionen sind Werkzeuge in Machtspielen In gruppendynamischen Prozessen Z.B. weinender Patient klagt über anderen Mitarbeiter Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Klärende Gespräche unter 4 Augen, um Publikum für Selbstdarstellung zu vermeiden Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Kriterien instrumenteller Emotion Publikum verstärkt Verhalten Mangelnde Übereinstimmung zwischen Gefühl und Ausdruck (inkongruente schauspielerische Darstellung) Intensität des affektiven Ausdrucks ist unangemessen übertrieben Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 2: Beispiel Primäre Emotion Josefine (16) wird wegen Störung des Sozialverhaltens stationär auf einer KJP behandelt. Zu ihren Symptomen zählen Sturheit und Dominanzbedürfnis. Dabei kann sie durchaus rücksichtslos vorgehen. Sie zeigt keine emotionale Beteiligung über den Zustand ihrer Mutter, die in Psychotherapie geht, weil sie die Situation mit Josefine belastet. Josefine hat heute ein Einzelgespräch mit ihrem Therapeuten. Sie beklagt sich darin bitter über ihre Mutter. Diese sei primitiv und wolle ihr nur Schlechtes. Josefine läßt kein gutes Haar an ihr und verwendet ordinäre Schimpfwörter. Josefine will beurlaubt werden. Der Therapeut ist skeptisch, schlägt aber vor, die Mutter anzurufen, um sie entscheiden zu lassen. Josefine willigt nach einigem Zögern ein. Am Telephon sackt sie in sich zusammen und beginnt zu weinen. Sie fleht: „Mami, hol´ mich hier `raus, ich halte es hier nicht mehr aus!“ Die Stimme versagt ihr vor Schluchzen. Die Mutter zögert und meint, sie müsse darüber nachdenken. Josefine verlangt, in der Beurlaubung in die Stadt fahren zu dürfen und will dafür Geld von ihrer Mutter. Angst Wut Trauer Freude Unmittelbar Ungesteuert Zeitweise heftig Überfluten uns Die Mutter reagiert abwehrend, weil sie schon weiß, daß, wenn sie jetzt nachgibt, weitere Forderungen und Erpressungen die Folge sind. Josefine: „Wenn du mich hier nicht `rausholst, bringe ich mich um!“ Ihr Schluchzen wird immer verzweifelter. Eine junge Mitarbeiterin, die das Mädchen nicht kennt, reicht ihr ein Taschentuch und legt ihr den Arm um die Schulter. Josefine schaut ihr durch die Tränen hindurch tief in die Augen. Die Mitarbeiterin streichelt ihr tröstend über den Kopf und ist sichtlich beeindruckt von ihren eigenen pädagogischen Fähigkeiten. Das Telephonat endet mit der Zusicherung der Mutter, Josefine besuchen zu kommen. Josefine geht in das Atrium, setzt sich hin, raucht und hat lacht mit den Mitpatienten. In der Zwischenzeit kritisiert die junge Mitarbeiterin das ihrer Meinung nach unmenschliche Verhalten der Mutter. Auch der Therapeut wird wegen seiner emotionalen Distanz, mit der er den Vorgang verfolgt hat, spürbar wortlos verurteilt. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Sekundäre Emotionen Auswirkungen sozialen Lernens Z.B. Aggression statt Angst Aggression statt Trauer Trauer statt Aggression Angst statt Aggression Zeigen sich im körperlichen Ausdruck (Weinen, Schreien, Tränen, Mimik, Gestik) Zeigen sich deutlich in der Sprache: Tonhöhe Rhythmus Tempo Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 3: Passe eingesetzte Methoden intuitiv an Schätze das Ausmaß der Erregung ein Hohe Erregung: Geben Sie nur Basissignale: Beruhigung Ermutigung Unterstützende Berührung z.B. Handhalten Nach dem Ausbruch: 25% Erregung Günstig für Diskussion Für rationale Problemlösung Oft nach einem Ausbruch besonders günstig für Reflexion Daher: Chance ergreifen! Frank, J.D. 1973. Persuasion and Healing. Baltimore: John Hopkins Press. Greenberg, L.S.; Safran, J.D. 1987. Emotion in psychotherapy. Affect, cognition and the process of change. New York: The Guilford Press. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 3: Passe eingesetzte Methoden intuitiv an Intervention 4: Führ Entspannung und Beruhigung herbei Zeit schaffen 1. Die Kunst der ruhenden Aufmerksamkeit aktiviert die Emotionskontrolle des Gegenübers Emotionskontrolle führt zur Fähigkeit, Konflikte zu regeln. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 4: Führ Entspannung und Beruhigung herbei 1. Biete beruhigende Reize c) Beruhigung durch ältere, ruhestiftende, mit dem Patienten befreundete Patienten/Bewohner als Assistenten bei niedrigem Erregungsniveau d) Beruhigende Umgebung anbieten: Snoezelraum Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Biete beruhigende Reize a) Bei emotionaler Überschwemmung: Körperliche Nähe einer souveränen Vertrauensperson, die selbst Ruhe ausstrahlt. Beruhigende Stimmführung, unmerkliche Körperkontakte bishin zu seitlich in den Arm nehmen, Hand halten Cobb, S. 1976. Social support as a moderator of life stress. Psychosom Med, 38, 300-314. Antonowsky, A. 1979. Health, stress and coping. San Francisco: Jossey-Bass. Jourard, S.M. 1966. An exploratory study of body accessibility. British Journal of Social and Clinical Psychology, 5, 221-231. Fisher, J.D., Rytting, M. & Heslin, R. 1976. Hands touching hands: affective and evaluative effects of an interpersonal touch. Sociometry 39, 416-421. b) Sprechtempo verlangsamen, beginnend im Rhythmus des Patienten Spracherhythmus an die Ausatmung des Patienten angleichen Tonhöhe vertiefen Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 4: Führe Entspannung und Beruhigung herbei 2. Lasse Spannungen kontrolliert ausagieren a) Emotionale Spannungen durch verständnisvolle entladen Zuwendung „Es ist ganz normal, dass man aufgeregt ist, wenn man so geärgert wird.“ „Was könntest du tun, um dich jetzt zu beruhigen? (Notfallkoffer) Wenn du dich wieder beruhigt hast, reden wir über Alles.“ „Wenn es dir wieder besser geht, werde ich mit dir zusammen mit Kevin reden.“ „Wir sollten Christopher jetzt Zeit lassen, bis er sich wieder beruhigt hat. Dann reden wir zu dritt. Vielleicht finden wir zusammen eine Lösung.“ Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 4: Führe Entspannung und Beruhigung herbei 2. Lasse Spannungen kontrolliert ausagieren b) Kontrolliert motorisch ausagieren lassen - gemeinsames Musizieren - Sport, ideal: gemeinsam Laufen - Spazierengehen - Essen Intervention 5: Rege Kommunikation an Schulz von Thun: a) - Sachinhalt, Selbstoffenbarung, Beziehungshinweis, Appell b) Schätze die Auswirkungen emotionaler Erregung auf die Kommunikation ab Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 5: Beispiel Srategie 6: Halte Kommunikation aufrecht Fr. K ist eine engagierte Lehrerin. Sie hat gerade ihre Tätigkeit an einer Schule für verhaltensauffällige Jugendliche aufgenommen. a) Sie beobachtet eine Szene, in der sich zwei Jugendliche aufs Wüsteste beschimpfen. Sie ist entsetzt und spricht die Pädagoginnen in der Gruppe an. Diese reagieren gelassen und meinen, das lege sich schon wieder. Fr. K ist jetzt auch über die Pädagoginnen entsetzt und versucht, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Seit dem Vorfall ist eine halbe Stunde vergangen. Sie geht in den Aufenthaltsraum und wundert sich, wie die beiden Kontrahenten friedlich nebeneinander sitzen. Sie versucht, die beiden Jungen in ein Gespräch über Konfliktlösung zu verwickeln. Die beiden wissen damit nichts anzufangen. Auf jeden Fall nervt sie die Lehrerin mit „ihrer psychologischen Scheiße“, wie sie sich nachher ausdrücken. Fr. K ist frustriert und versucht am nächsten Tag, den Vorfall im Unterricht zu thematisieren. Die beiden Jungen, aber auch die anderen Schüler beginnen, sich über sie lustig zu machen. Einer fordert Fr. K schließlich auf, nach Hause zu gehen und sich von ihrem Alten mal so richtig …. Fr. K, die Single ist und ihre Beziehung zu Männern als problematisch einstuft, ist empört. b) c) d) e) f) g) h) i) Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Wertschätzung signalisieren Kommunikationstüröffner verwenden Kommunikationskiller vermeiden Dosiert reden Konstruktiv schweigen Blockaden erkennen und nutzen Einfühlsame Feedbacks Ich-Botschaften Einfühlendes Eingehen auf Erleben des Patienten Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 6: a) Wertschätzung signalisieren Unter Erregung Selbstwert sehr reaktiv Botschaft: „Ja, ich nehme dich als Mensch an.“ Führt zur Ressourcenaktivierung des Gegenübers Bei instrumenteller Aggression: Wertschätzung zeigen Bedeutung der Inszenierung verringern Aggressive Handlung missbilligen Gefühlsüberschwemmung: Wertschätzung zeigen Verstehen Wollen Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 6: Weitere Killer „Was du tun musst, ist auf uns zu hören, alles Andere interessiert mich nicht!“ „So benimmt man sich einfach nicht!“ „Dein Benehmen ist unmöglich!“ „Du bist faul, sonst gar nichts!“ „Wenn du das nicht bald kapierst..!“ „Das hat jetzt aber lange gedauert!“ „Schämst Du dich nicht?“ „Du bist wirklich für nichts zu gebrauchen!“ „Da hast du dir ja mal wieder was geleistet!“ Sarkasmus: „Du bist wirklich ein Genie, wie kann man nur so ein Trottel sein!“ Blossstellung vor den Anderen: „Hört euch das Alle an!“; „Schaut mal, Petra wird schon wieder hysterisch!“ Intellektualisieren: „Du machst das, weil du deinen Minderwertigkeitskomplex in einem Überwertigkeitskomplex auslebst.“ Verallgemeinern: „Du bist immer so…“; „Das ist ja wieder typisch für dich!“; „Na, du bist ja bekannt für…“ Intervention 6: b) Kommunikationstüröffner und c) Kommunikationskiller Türöffner (Gordon 1977): „Erzähl´ mir!“ „Ah, mm!“ „Ich höre!“ „Möchtest du erzählen?“ „Ich sehe, das ist dir jetzt sehr wichtig!“ „Wirklich“ Killer „Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass…“ „Was soll denn das schon wieder!“ „Wie konntest Du nur?“ „Das kann ich einfach nicht verstehen!“ „Du trägst genausoviel Schuld, wie die Anderen!“ Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 6 d) Dosiert reden: keine Überschwemmung! e) Schweigen konstruktiv nutzen f) Blockaden erkennen und nutzen: - Zeit, Ort und Modus wechseln Demonstrierte Skepsis Abwehrende, abwertende Körpersprache Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 6: g) Einfühlsames Feedback Paraphrasieren (= sachliche Zusammenfassung, Wiederholung): „Aha, Du hast also in diesem Moment versucht, dich zu rächen.“ b) c) d) e) „Du klingst wütend!“ Schweigen: wahrgenommene Gefühle hinterfragen: „Kann es sein, dass du jetzt traurig bist?“ - „Ich finde es gut, wie wir zwei jetzt darüber reden können.“ f) Ich-Botschaften Szenische Botschaften: Taschentuch reichen, Mimik j) Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 7: Bearbeite und löse Probleme a) a) Verbalisieren der Emotion Intervention 7 Bearbeite und löse Probleme Lasse Gefühle zu: Zeit und Raum für Wut, Angst, Trauer. Normalisieren, Gefühle spüren. g) h) i) k) Lasse Gefühle zu Zuhören statt Diskutieren Offene Fragen stellen, „warum“ vermeiden Ereignisse genau beschreiben lassen Zusammenfassen Taktvoll auf Widersprüche aufmerksam machen Erlebnisse aktualisieren und weiterentwickeln Gezielte Beobachtungsaufträge geben Video und Tonaufzeichnungen verwenden Allparteilichkeit Grenzen setzen Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 7: Bearbeite und löse Probleme b) Zuhören statt Diskutieren Passives Zuhören: Wärmendes Schweigen Zuerst spüren, dann lösen Aktives Zuhören: Gefühle benennen Mütterlich-tragenden Laute: ja, mhm Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 7: Bearbeite und löse Probleme Intervention 7: Bearbeite und löse Probleme c) Offene Fragen stellen e) Zusammenfassung der Aussagen der Beteiligten Aussprechen, was sie wie bisher verstanden haben d) Genau beschreiben lassen, was sich abspielt im Innen und Außen: distanzierende Technik Wer, was, wann, wie, wo im Außen Wie fühlst du dich, wie hast du dich gefühlt? Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 7: Bearbeite und löse Probleme f) Taktvoll auf Widersprüche aufmerksam machen Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 7 f: Beispiel 1 Manuela (15) ist wegen aggressiver Verhaltensstörung, Schulverweigerung und Weglaufen in einer heilpädagogischen Einrichtung fremduntergebracht. Sie spielt intensiv mit Emotionen und setzt sie geschickt zur Verhaltenssteuerung anderer Personen ein. In der Einrichtung ist es die Regel, daß erst bestimmte Pflichten zu erfüllen sind, bevor Rechte gewährt werden. In der Werktherapie erklärt sie heute in Gegenwart eines verantwortlichen Therapeuten, des Werktherapeuten und mehrerer Mitbewohner laut, es sei ihr scheißegal, wenn sie keinen Ausgang bekomme, weil sie nicht mehr zur Werktherapie komme. Die Therapeuten gehen davon aus, daß die Mitbewohner ein gutes Publikum sind und entsprechend verhaltensauslösend auf Manuela wirken. Was haben Sie bisher nicht verstanden, wo paßt das Puzzle bisher noch nicht zusammen? Die Reaktion der Therapeuten ist deshalb knapp gehalten, um den Unterhaltungseffekt und somit das Erfolgserlebnis für das Mädchen möglichst klein zu halten: „Du kennst die Regeln!“ Die Mitbewohner sind sichtlich beeindruckt von Manuelas Mut. Sie schaut triumphierend lächelnd um sich und verläßt mit Türenknallen den Raum. Die Bewunderung der Mitbewohner weicht bald der Konzentration auf die Tätigkeit. Außerdem sind sie den ganzen Tag außer Haus, weil sie ihrer Tagesstruktur nachgehen und dann ihre Freizeit genießen. Manuela hingegen sitzt gelangweilt in der Gruppe, während die Anderen Ausgang haben. „Du möchtest, daß ich dir in diesem Konflikt beistehe, schreist mich aber an. Würdest du mir helfen, wenn ich dich so behandeln würde?“ Am nächsten Tag sucht Manuela wütend ihren Therapeuten auf. Sie fände es beschissen, daß sie keinen Ausgang bekomme und zu dieser blöden Werktherapie gehe sie sicher nicht mehr. Der Therapeut tut erstaunt: „Gestern sagtest du, es sei dir scheißegal, wenn du keinen Ausgang bekommst. Jetzt bekommst du keinen Ausgang und regst dich doch auf. Das verstehe ich nicht!“ Manuela bemerkt den Widerspruch und wird ruhiger. Manuela: „Aber zu der Werktherapie gehe ich nicht mehr.“ Therapeut: „Es ist dir dort sicher ziemlich langweilig. Denke aber daran, daß wir zusammen mit dir und deiner Mutter die Vereinbarung getroffen haben, daß du dort hingehst. Du hast damals gesagt, du möchtest ihr beweisen, daß es dir gelingt, auch etwas durchzuhalten, daß nicht immer nur Spaß macht. Kannst du dich erinnern?“ Manuela nickt. Pause. Therapeut: „Was schlägst du denn vor, was wir jetzt tun?“ Manuela findet keine Alternative und geht ab sofort wieder in die Werktherapie. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 7: Bearbeite und löse Probleme Intervention 7: Bearbeite und löse Probleme g) Erlebnisse aktualisieren und weiterentwickeln durch Imagination h) Gezielt Beobachtungsaufträge geben und B 1.) Sich die abgelaufene Eskalation in der Imagination begleiten 2.) „Stopp! Drück´ einmal auf die Pausetaste. Wenn du jetzt Zeit hättest, dir zu überlegen, was du tust, was könntest du jetzt tun?“ 3.) Eventuell mit eigenen Vorschlägen unterstützen Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 7: Bearbeite und löse Probleme i) Video- und Tonbandaufzeichnungen einsetzen aufzeichnen, miteinander ansehen und unterstützend minimal kommentieren Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Erarbeiten Sie wiederholt mit dem Kind, worauf es achten soll und was es dann tun soll: Angst, Wut, Trauer, körperliche Adrenalin-Zeichen + Notfallskoffer Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 7: Bearbeite und löse Probleme j) Allparteiliche Mediation 1.) Dem Konfliktpartner B wiederholen und übersetzen, was A gesagt hat „Du dämliches Arschloch hast mich von der Seite angemacht!“ Übersetzung: „Peter hat dich angesehen und du hast dich provoziert gefühlt, habe ich das richtig verstanden?“ 2.) Wiederholt sachlich aussprechen, was sie bisher verstanden haben 3.) Genau nachfragen: wer, was, wann, wie, wo 4.) Kommunikationsregeln einfordern, Loben für Einhalten der KommunikationsregelnS 5.) Verständnis signalisieren für Emotion, nicht für Gewalthandlung 6.) Ansprüche klären: „Was wünscht du dir jetzt eigentlich von ihm, was könnte er jetzt tun?“ 7.) Offene Frage nach Lösungsvorschlag, Realität einfordern, bis akzeptable Lösung gefunden wird, eventuell Vorschläge machen 8.) Im Hier und Jetzt bleiben 9.) Zum Schluß: Jeder der Beteiligten gibt sein Statement ab, Sie beenden das Gespräch mit einer Zusammenfassung. Feedback mit Lob für kleine oder große Erfolge: „Da habt ihr jetzt Beide viel ausgehalten, das finde ich toll, danke.“ Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intervention 7: Beispiel 2 Intervention 7: Beispiel 3 Elke (15) hat eine Auseinandersetzung mit einem Lehrer gehabt. Sie hat ihn dabei abwertend behandelt. Jetzt ist sie ganz verzweifelt, weil sie Angst hat, was die Auseinandersetzung für Folgen haben könnte. Sie kann ihre Erregung nicht verbergen und kämpft mit den Tränen. Elke (15), Jessica (14) und Kevin (15) sind in einen heftigen Streit verwickelt. Sie stehen kurz vor einer gewalttätigen Auseinandersetzung. Was würden Sie tun? a) Was halten Sie von den folgenden Reaktionen? a) „Komm, jetzt weine dich erst mal richtig aus. Und dann reden wir. (Sie legen den Arm um die Schulter) b) „Wo ist denn das passiert?“ c) „Was – meinst Du – hat der Lehrer in diesem Moment gedacht?“ d) „Was hast du denn in diesem Moment gedacht?“ e) „Wie ist es dir danach gegangen?“ f) „Erzähl´ mir genau, was eigentlich passiert ist.“ g) „Also, wenn ich das richtig verstanden habe, hat Hr. K. vor der ganzen Klasse gesagt, daß du die Unterschrift deiner Mutter gefälscht hast. Du hast dich dabei beschissen gefühlt. Die ganze Klasse hat das miterlebt und du hast dich geschämt. Da hast du losgeschrien und ihn ein altes Arschloch genannt…“ h) „Warum bist du eigentlich so ausgeflippt?“ b) c) d) e) f) g) h) i) j) Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Streiten lassen. Sie sollen ihre Angelegenheiten selbst regeln. Die Streitenden trennen und sagen: „Jetzt beruhigt ihr euch und dann reden wir zusammen darüber!“ Den Aufgeregtesten in den Arm nehmen, ruhig mit ihm sprechen und zur Seite führen. „Wenn jetzt die Schreierei nicht sofort aufhört, dann werdet ihr mich kennenlernen!“ „Jetzt gebt euch die Hände und vertragt euch wieder!“ „Jetzt redet einer nach dem Anderen und in einem ruhigeren Ton!“ „Also, wer hat mit dem Streit angefangen?“ „Elke!“ kurze Pause „Was ist dein Problem?“ Danach der Reihe nach die Anderen fragen. „Jessica und Markus, wie würde es euch gehen, wenn jemand euch so anspricht?“ „Was könnte Markus bewegt haben, so loszuschreien? Was hättet ihr an seiner Stelle getan?“ Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Grundbedingungen für den Umgang mit instrumenteller Aggression Verständlich machen 1. Interventionen bei instrumenteller Aggression 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Sprich in einer verständlichen Sprache mit dem Kind/Jugendlichen. Sprich eine einfache Sprache in kurzen Sätzen mit einfach zu verstehenden Wörtern. Stelle dich auf die Intelligenz deines Gegenübers ein. Rede langsam mit Pausen und lass´ dein Gegenüber zu Wort kommen. Sprich´ in einer ruhigen, dafür vorbereiteten Umgebung allein mit dem Jugendlichen. Frage nach, was das Kind/der Jugendliche jetzt verstanden hat. Sprich klar aus, was du von deinem Gegenüber erwartest. Sprich in positiven Formulierungen und klaren Anweisungen. Keine Verneinungssätze. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Verstehen: unglückliche Beispiele Grundbedingungen für den Umgang mit instrumenteller Aggression Befähigen „Du benimmst dich unmöglich.“ „Du nervst!“ „Verhalte dich bitte angemessen.“ „Du bist unsympathisch.“ „Stell dich nicht so ungeschickt an!“ 1. 2. 3. 4. Beschreibe das Alternativverhalten in konkreter für das Kind/den Jugendlichen verständlicher Sprache. Frage nach, was dein Gegenüber als Alternativvorschlag verstanden hat. Überprüfe, ob das Kind in der Lage ist, dem Alternativvorschlag zu folgen, wenn es will. Nur ein Auftrag zu einer Zeit, bei besser strukturierten Kindern bis zu drei Aufträge, nicht mehr. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Psychiatrische Erkrankung und Aggression Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Psychiatrische Erkrankungen und Aggression ADHS Sprachentwicklungsstörung Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Intellektuelle Minderbegabung Organische Psychosyndrome, die von Dissozialität begleitet werden (F0) – Abhängigkeitserkrankungen (F1) als Sekundärfolge und bei Beschaffungskriminalität Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Psychiatrische Erkrankungen und Aggression Zwangserkrankung, vorwiegend Zwangshandlungen (F42) Manisch-depressive Erkrankung (F30) Depression (F31, F32) PTSD oder Anpassungsstörungen (F43.1/F43.2), z.B. nach sexuellem Mißbrauch Psychiatrische Erkrankungen und Aggression Persönlichkeitsstörungen Borderline-Persönlichkeitsstörung Histrionische und hysterische Persönlichkeitsstörung Störung des Sozialverhaltens Dissoziale, antisoziale Persönlichkeitsstörung Narzistische Persönlichkeitsstörung Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Therapeutische Ansätze bei impulsiv-aggressiven Störungen medikamentös: Risperidone (bis 2,5 mg) +/- MPH Aripiprazol Valproinsäure pädagogisch: Strukturierung kontingente Reaktion auf Verhalten Training sozialer Kompetenz Schaffung einer beruhigenden Atmosphäre Psychotherapie: Verbesserung der Selbstkontrolle Verstärkerpläne Behandlung komorbider emotionaler Störungen Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Therapeutische Ansätze bei ängstlich-aggressiven Störungen Psychotherapie: Veränderung der psychischen Struktur hin zu einer flexibleren Impulskontrolle. Behandlung komorbider emot. Störungen. bei PTSD: Traumatherapie (z.B. EMDR) pädagogisch: Schaffung einer angstfreien Atmosphäre rechtzeitige Deeskalation bei emotional aufgeheizten Situationen medikamentös: Sinnvoll: AN (Risperidon, Ziprasidon, Quetiapin, Buspiron) Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Therapeutische Ansätze bei instrumentell-aggressiven Störungen In der Regel keine Indikation für stationäre Behandlung! pädagogisch: Vermittlung von neuen Erfahrungen: - Setzen klarer Grenzen (Machtverlust) - nur Handlungen zählen, nicht Worte - Belohnung prosozialen Verhaltens - Loslösung aus devianten Peer-Gruppen psychotherap.: - Verbesserung der Bindungsfähigkeit - Förderung der Gewissensbildung - emotionale Nachreifung - Erschütterung der psychischen Struktur medikamentös: in der Regel keine Indikation, jedoch positive Berichte für Atomoxetin Grundbedingungen für den Umgang mit instrumenteller Aggression Steuere die Aktivation 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Sorge für ein mittleres Aktivationsniveau. Dieses wird als optimal empfunden. Zu geringe Aktivierung führt zu Langeweile, Spannungen, Aggressionen. Wechsle bei zu geringer Aktivierung das Thema, die Methode oder das Medium. Wechsle den Raum oder den Pädagogen. Zu starke Aktivierung führt zu Unbeeinflußbarkeit besonders im Gruppenkontext. Deaktivierung ist angesagt. Bei zu starker Aktivierung können Klientener sich eingeengt fühlen. Dann wollen sie sich bewegen und können aggressiv werden. Schaffe Ihnen kontrolliert Erleichterung durch Bewegung, Sport, Abwechslung. Sind Aktivationsprobleme an der Einrichtung die Regel, erarbeite im Team ein Aktivationskonzept mit Alternativaktivitäten. Achten Sie auf Ihre eigene Aktivation. Langweilig oder hektisch erzeugen Sie Eskalation. Achte auf die Vigilanz der Klienten. Müdigkeit führt zu Reizbarkeit und Aggression. Bei Klienten mit ständiger Über- oder Unteraktivation ziehe einen Kinder- und Jugendpsychiater zu Rate. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Grundbedingungen zum Umgang mit instrumenteller Aggression Grundbedingungen zum Umgang mit instrumenteller Aggression Erregung Umgang mit eigener Erregung Adrenalin Muskeln angespannt Schneller und kräftiger Herzschlag oder verlangsamter Herzschlag Zittern Gesichtsfarbe rot oder blaß Atmung schneller, unregelmäßig, stockend Schwitzen Trockener Mund Sensationen im Magen-Darm-Trakt Heftigkeit der Reaktionen verstärkt Simplifizierung Extreme Reaktionen, radikales Denken Reaktionen auf Nebensächlichkeiten Denkblockaden: Reizselektion, Verzerrung, Überempfindlichkeit, Negativismus, der bis in die Erinnerungsselektion hineinreicht Negative Bewertung des Gegenübers mit Generalisierung Unkoordinierte Sprache Viel Reden oder nicht mehr Reden Laute Stimme Kindliche Denk- und Verhaltensmuster: Schreien, Stampfen oder auf den Tisch schlagen, Wegrennen, Sturheit, Beleidigt-Sein, Schimpfwörter und Drohungen Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Achtsamkeit Atmen – Boden spüren Imagination Ankern Stellen sie sich innerlich ein Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Grundbedingungen zum Umgang mit instrumenteller Aggression BEVA: Die Wirkung Ihrer Intervention hängt von Ihrer Bewertung ab Stellen Sie sich ein – Einstellung Bewertung, Emotion, Verhalten, Auswirkung Ökonomisch: Was wäre, wenn es keine verhaltensauffälligen Klienten gäbe? Ein Großteil Ihrer Stellen würde eingespart werden. Ihre finanzielle Existenz stände auf dem Spiel. Also: je mehr Probleme, desto sicherer Ihr Job! Kompetenz: Sie sind Experte. Einfache Situationen lassen sich auch ohne Sie lösen. Gerade die schwierigen brauchen Ihre Kompetenz. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Diese Sicht macht unglücklich, verzweifelt, wütend. Die Wahrscheinlichkeit, daß Sie unter Erregung in die Gruppe gehen, ist hoch. Die Möglichkeit des Scheiterns unter Erregung ist groß. Sie befinden sich im Döpfner-Teufelskreis. 2. 3. 4. 5. 6. B: Schrecklich →E: Angst, Verzweiflung →V: Rückzug, Passivität, Ausgeliefertsein, Opfer →A: Aktivation niedrig. Problemlösung gefährdet B: Empörend →E: Wut →V: Aggressiv →A: Eskalation. Problemlösung während Erregung kaum möglich. B: Unangenehm, aber nicht zu vermeiden →E: Gleichmut →V: Zurückhaltende Sachlichkeit. Sachliche Problemlösung wäre möglich, Aktivation niedrig. B: Unbedeutend → E: Gleichgültigkeit →V: Ignorieren des Problems →A: Keine Problemlösung. B: Lustig →E: Fröhlichkeit →V: Humor →A: gute Atmosphäre, Beruhigung. B: Interessant →E: Angenehme Erregung, emotionale Beteiligung →V: lösungsorientiert →A: Problemlösung, Erfolg, Spaß Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl BEVA: Beispiele „ Es ist schrecklich/ fürchterlich/ unerträglich, daß ich die Gruppe nicht in den Griff bekomme. Ich fühle mich hilflos!“ 1. BEVA: Beispiele „Es ist interessant, daß die Gruppe heute so außer Rand und Band ist. Ich werde mich ausführlich mit meinen Kollegen beraten und mich bei Fachleuten und in der Literatur informieren, was in solchen Fällen zu tun ist.“ Aufforderung Wiederholung der Aufforderung wird befolgt nein ja wird befolgt ja nein Eltern gehen zu anderer Eltern drohen ja wird befolgt nein Eltern ratlos Eltern aggressiv Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Eltern geben nach Tätigkeit über Diese Sicht ist professionell. Sie gehen das Problem als Herausforderung an, die aktiv zu lösen ist. Dem Könner macht das Problemlösen sogar Spaß. Wenn er dann auch noch sich, den Kollegen und Klienten helfen kann, ist die Belohnung das lustvolle Gefühl der Anerkennung und Kompetenz. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Grundbedingungen im Umgang mit instrumenteller Aggression Motivation 1. Oliver entreißt Johannes mit Gewalt ein Spielzeug. Johannes weint, die Pädagogin schimpft. Sie nimmt Oliver nach kurzem Gerangel das Spielzeug wieder weg. Sie fragt Oliver, weshalb er denn immer aggressiv sei und macht ihm Vorwürfe. Welches Ziel verfolgt das Klient? Welches Bedürfnis steht hinter dem Ziel? - Aufmerksamkeit - Stabilisierung des Selbstwertgefühls durch Selbstwirksamkeit - Sensation Seeking - Anerkennung - Feedback - Macht - Zugehörigkeit 2. 3. 4. 5. 6. Ziele: Beispiel Wie können Sie die Sehnsucht nach Aufmerksamkeit, nach Stabilisierung des Selbstwertgefühls durch Wirkung auf Andere anders befriedigen als durch Aggressionshandlungen? Was ist befriedigend für Klienten? Biete Anreize für angemessenes Verhalten! Richte mehr Energie auf die Anreize, als auf die Konsequenzen. Belohne angemessenes Verhalten, speziell das am meisten Gewünschte. 1-3 Ziele können kommuniziert und verstanden werden. Belohne zeitlich kontingent! Setze die Konsequenz zeitlich kontingent! Positive Verstärker für Oliver: Machtgefühl Aufmerksamkeit der Pädagogin Kann sich kurze Zeit gegen die Pädagogin behaupten Sensation, Action Zeigt den Gleichaltrigen, wie mächtig er ist Negativer Verstärker Pädagogin wertet ihn ab Die Art der Grenzsetzung der Pädagogin ist in diesem Beispiel ein positiver Verstärker! Konsequenzen sind nicht per se negative Verstärker! Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Grundbedingungen im Umgang mit instrumenteller Aggression Grundbedingungen im Umgang mit instrumenteller Aggression Betroffenheit Umgang mit Gruppen Als Zeugen, Opfer oder Verursacher werden die meisten Menschen betroffen, berührt. Bei einem Krimi im Fernsehen ist ihnen das Opfer egal, sofern sie noch keine Beziehung zur Person aufgebaut haben. Manche Menschen erleben das Leben wie vor dem Fernseher. Krimis machen Spaß. Aggression macht Spaß. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl 1. Unterscheide zwischen Einzelkontakt und Gruppenkontakt. In Gruppen können Menschen, die im Einzelkontakt emotional erreichbar sind, plötzlich hungrig nach Zugehörigkeit, Sensation und Macht werden. Die Beziehung zu Ihnen kann vorrangig bleiben oder in den Hintergrund zurücktreten, je nach Stärke der Bedürfnisse zueinander. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Grundbedingungen im Umgang mit instrumenteller Aggression Grundbedingungen im Umgang mit instrumenteller Aggression Umgang mit Gruppen Umgang mit Gruppen 2. Eskaliert die Situation, unbedingt aus der Gruppe isolieren. 3. Ändern Sie als Reaktion die Zusammensetzung der Gruppe und deren Aktivation durch ein Aktivitätenprogramm. 4. Steht die Gruppe hinter Ihnen, lassen Sie die Gruppe sprechen. 5. Lenken Sie die Aktivitäten der Gruppe. 6. Setzen Sie klare Regeln, Belohnungen, Konsequenzen und fordern Sie Entschuldigungen ein. Sonst orientieren sich instrumentell ausgerichtete Klienten an der Peergroup oder ihrer eigenen Chance, Ihnen das Regelwerk vorzusetzen. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Die soziale Einflußtheorie von Latané Der Effekt Ihrer Intervention hängt von folgenden Variablen ab: Stärke: Ihre Macht, Status, Fähigkeiten in den Augen der KJ, aber auch Zugehörigkeit zur relevanten Gruppe Unmittelbarkeit: räumlich und zeitlich. Ihre Kontingenz muß der der Gruppe vergleichbar sein. Anzahl der Beeinflusser Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Grundbedingungen im Umgang mit instrumenteller Aggression Umgang mit Gruppen 7. Stellen Sie sich explizit gegen jede Aggressionshandlung. Allen müssen die von Ihnen eingeforderten Konsequenzen einer solchen Handlung klar sein. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Grundbedingungen im Umgang mit instrumenteller Aggression Beeinflußt die Ablehnung von Gewalt durch Erwachsene die Gewalt Jugendlicher? Umgang mit Gruppen 8. Konsequenz und Wiedergutmachung müssen spürbar und unmittelbar sein. 9. Angekündigte Konsequenzen müssen durchgeführt werden. 10. Bitten Sie nicht und moralisieren Sie nicht. Geben Sie klare Anweisungen für das erwünschte Verhalten und die Konsequenz. Pfeiffer, C.; Wetzels, P.; Enzmann, D. (1999): Innerfamiliäre Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und ihre Auswirkungen. KFN Forschungsberichte Nr. 80. Hannover:KFN n=15.000 Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Gruppen Soziale Kompetenzgruppe Geschmackstraining Schreibwerkstatt Kreativwerkstatt Sport Akrobatik Alltagpädagogik Psychotherapeutische Gruppe Vorgehen bei unerwünschtem Verhalten: Wochenanfang Wochenende Benennen der Regelverletzung Ankündigung der Konsequenz Chance geben Erwünschtes Verhalten: Ja, dann loben Nein, dann Konsequenz Kriterien einer Konsequenz durchführbar unmittelbar* (bei Gefahr immer) regelmäßig logisch Döpfner, Schürmann & Lehmkuhl (2006) Ich halte meinen Tagesablauf ein! Schule, Aktivitäten, Visiten, Mahlzeiten, ... Ich entferne mich nicht unerlaubt von der Station oder Schule! Ich befolge die Anweisungen des Personals! Aktivitäten, Ausflüge, Schule, Station Mädchenzimmer sind für Buben tabu! Bubenzimmer sind für Mädchen tabu! Schlagen, Treten und Spucken sind verboten! Rauchen ist ab dem 16. Lebensjahr und nur in den dafür vorgesehenen Bereichen erlaubt! Alkohol, Drogen und aufputschende Getränke sind verboten! Unterschrift: Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Privilegien Freizeit: Pausen, Ausgang, Abend, Garten Besuch auf Station oder Ausflug Beurlaubung Fernsehen Handy Aktivitätenwahl der frei wählbaren Aktivitäten Wunschaktivität: 1x pro Woche Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Belohnungen: Beispiele Zeit mit Familienmitglied oder Familienausflug Zeit mit Teammitglied Besondere Freizeitaktivitäten Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Frühstück ans Bett mit Orangensaft Internet Mit ihnen Obstsalat machen Singen, Karaoke Gute-Nacht-Geschichte, DVD oder Hörspiel etc. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Belohnungen Regeln und Konsequenzen Therapeutischer oder selbstgewählter, überprüfter Film auf DVD Rückzugsraum Computerspielzeit Dasjenige Teammitglied, das zuerst die Regelverletzung beobachtet, muss Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Regeln und Konsequenzen 1. 2. 3. Ich halte meinen Tagesablauf ein! (Schule, Aktivitäten, Visiten, Mahlzeiten) Ich entferne mich nicht unerlaubt von Station/Schule/Arbeit Ich befolge die Anweisungen des Personals (Aktivitäten, Ausflüge, Schule) 1. 2. 3. Entzug eines Privilegs (zeitlich nächstliegend) Abzug von Privileg „Freizeit“ (Ausgang, Abend oder Pause entsprechend der Anwesenheitsdauer) Entzug eines Privilegs Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl auch sofort reagieren bei Gefahr Hilfe holen bei absolutem Zeitmangel reagieren, und das Durchführen der Konsequenz an jemand anderen übergeben Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Regeln und Konsequenzen 4.) Mädchenzimmer sind für Buben tabu! Bubenzimmer sind für Mädchen tabu! 5.) Schlagen, Treten, Spucken sind verboten! 4.) erstes Mal: Verweis zweites Mal: 10´ Zimmer drittes Mal: „Freizeitblock“ im Zimmer 5.) Ausschluss aus Situation/Zimmer (10,20,30´ je nach Ausmass) Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Regeln und Konsequenzen Streit 6.) Rauchen ist ab dem 16.Lj. Und nur im Atrium erlaubt! 7.) Alkohol, Drogen und aufputschende Getränke sind verboten! 6.) a) aufmerksam machen b) Wiedergutmachung für die Allgemeinheit 7.) a) Entzug von Privileg Freizeit oder Therapiepause (1-3 Tage) b) Motivation zum Sport Zweiergespräch bzw alle Beteiligten oder Mediation mit 1.Wahl: Bezugsschwester 2.Wahl: Bezugstherapeuten am selben Tag Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Grundbedingungen zum Umgang mit instrumenteller Aggression Grundbedingungen zum Umgang mit instrumenteller Aggression Patienten mit instrumenteller Aggression erreichen Patienten mit instrumenteller Aggression erreichen 1. Problemkonferenz – Vorbereitung 1. Problemkonferenz – Durchführung Sorge für Prägnanz durch formale Ankündigung eines Konferenztermins, zeige emotionale Betroffenheit, Ernsthaftigkeit und Stärke Ort: Zimmer des Direktors, Primars, WG-Leiters Teilnahme mehrerer Personen des Teams Aufzeichnung auf Video Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Eröffnen Sie, indem Sie erklären, es ginge darum, miteinander über die gegenseitige Beziehung zu sprechen und geben Sie das Wort zuerst an den Klienten weiter. Lassen Sie einen Mitarbeiter konkretes Lob vorbringen. Überraschung, Erleichterung, Kooperation Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Grundbedingungen zum Umgang mit instrumenteller Aggression Beispiel 1 Patienten mit instrumenteller Aggression erreichen Jennifer (12) hat einen SPF im Verhalten. Sie hat keinerlei Respekt vor ihren Bezugspersonen, nennt ihre Lehrerin „alte Fotze“, die Eltern seien „Arschlöcher“. Ihre Forderungen äußert sie schreiend. Sie will immer alles und immer alles sofort. 1. Problemkonferenz – Durchführung Erklären Sie, daß Sie sich Sorgen um die Situation machen. Erklären Sie, daß es darum gehe, in diesem Gespräch gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Lassen Sie den Klienten die Problematik definieren, dann definieren Sie die Problematik aus Ihrer Sicht. Mediieren Sie bei erregten Kollegen und wenn der Klient in Erregung gerät. Bieten Sie Zeit und Raum für Betroffenheit, Angst und Trauer. Fragen Sie den Klienten um Lösungen. Bieten Sie zwei Lösungsvarianten an. Beide müssen für Sie gute sein. Manchmal kann vereinbart werden, daß die Entscheidung für die Lösung noch um einige Stunden warten kann. Es wird definiert, wem der Klient wann und wo seine Entscheidung mitteilt. Was tun Sie? a) b) c) Ich knöpfe mir Jennifer vor und zeige ihr, wo der Bartl den Most holt. Ihre Frechheiten lasse ich mir nicht mehr gefallen. Die Direktorin, zwei Kollegen, die Eltern und ich setzen uns mit ihr zusammen. Wir teilen ihr mit, dies ginge nicht mehr so weiter. Wenn sie sich weiter so unmöglich benehmen würde, müsse sie damit rechnen, von der Schule verwiesen zu werden. Zunächst befrage ich die Kollegen nach ihren Erfahrungen mit Jennifer. Haben diese Ideen über Zusammenhänge? Ich setze mich dann mit Jennifer und Mutter zusammen. Ich biete etwas zu trinken und ein paar Kekse an. Wir unterhalten uns über das Familienleben. Jennifer erzählt auch von zu Hause. Ich teil ihr in einfachen Worten zwei der wichtigsten Sorgen mit, die wir mit ihr haben: Ihre Neigung, andere zu beschimpfen und alles schreiend zu sagen. Ich erkläre ihr, was das für Folgen hat, wie das wirkt. Ich erarbeite mit Jennifer zusammen Alternativen: Freundliches Ansprechen, Bitten. Dies wird in einem spontanen Rollenspiel eingeübt. Den Eltern gegenüber spreche verschiedene Beratungsstellen an: den Schulpsychologen, das Jugendamt, einen Kinder- und Jugendpsychiater. Ob ich einen Kontakt herstellen darf?. Dort soll eine Abklärung über Ursachen und mögliche Hilfestellungen stattfinden. Gibt es Probleme in der Familie? Am nächsten Tag spreche ich Jennifer vor Unterrichtsbeginn an und erinnere sie an unsere gestrige Besprechung und die erarbeiteten Lösungsmöglichkeiten. Im Unterricht gehe ich öfter auf sie zu, spreche mit ihr und lobe angemessenes Verhalten. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Beispiel 2 Beispiel 3 Peter (11) gerät immer wieder in Konflikt mit Gleichaltrigen. Er versucht, sich protzig in deren Spiel einzumischen und wird dann zurückgewiesen. Er beschimpft die Anderen. Es kommt immer wieder zu körperlich aggressiven Auseinandersetzungen. Johannes (13), Marc (12) und Franz (13) verwickeln gemeinsam andere Kinder im Schulhof immer wieder in körperliche Auseinandersetzungen. Was tun Sie? Was tun Sie? a) b) c) d) Ich verwarne Peter und drohe ihm eine Strafe an, wenn er wieder aggressiv wird. Ich beobachte, in welcher Weise Peter versucht, Kontakt aufzunehmen und spreche später mit ihm über Alternativen. Ich beobachte, wie Peter versucht, Kontakt aufzunehmen. Ich gebe ihm in der konkreten Situation Hinweise, was er jetzt tun könnte. Wenn das noch zu schwierig ist, biete ich mich selbst als Kontaktperson an. Wenn es schon funktioniert, schaue ich ermutigend und anerkennend zu ihm. Sobald er in körperliche Auseinandersetzungen gerät, greife ich ein und sage ihm, daß das so nicht gehe und sage, wie er es anders machen könne. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl a) Ich berufe eine Schulkonferenz ein und drohe mit dem Schulverweis. b) Ich frage die drei, warum sie das immer tun und weise auf die Verwerflichkeit ihres Verhaltens hin. c) Ich überlege mit meinen Kollegen, inwieweit wir Latanés soziale Einflußtheorie für uns nutzen könnten. Gibt es z.B. die Möglichkeit, die drei während den Pausen zu trennen, zusammen oder sogar einzeln an eine Aufsichtsperson zu binden? d) Ich sammle Fakten über die Vorgänge. Wie gelingt es den dreien eigentlich, immer wieder andere Kinder zu provozieren? Sind sie überhaupt einseitige Auslöser der Situation oder welchen Anteil nehmen andere Kinder? Ich mache mir zusammen mit anderen Kollegen Gedanken über die Motivation. Könnten Sie für deren mögliches Bedürfnis nach Action/Sensation ein sozial angemessenes Angebot machen? e) Ich berufe eine Gruppensitzung zwischen den dreien und aller Opfer ein. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Beispiel 4 Strategie 1: Verhindere das Entstehen unangemessener Verhaltensweisen Sie sind Mitarbeiterin in einer sozialpädagogischen Wohngemeinschaft. Sie haben Martina (17) etwas abgeschlagen. Seit dieser Zeit intrigiert sie gegen sie. Sie hetzt die anderen Mitbewohner auf, Sie abweisend zu behandeln und zu ignorieren. Sie erzählt den Kollegen, wie schlecht Sie sind. Sie zeigt sich diesen gegenüber liebenswürdig. Sie selbst fühlen sich immer schlechter. Sie gehen jedesmal mit schlechten Gefühlen in die Arbeit. Was tun Sie? a) b) c) d) Ich bekenne, daß ich ein schlechter Pädagoge bin, versagt habe und eigentlich meinen Beruf verfehlt habe. Ich bespreche das Problem mit meinen Kollegen. Wie würden sie in dieser Situation reagieren? Könnte man ein Standardprozedere für diese sich wiederholende Situation erarbeiten, da ja jeder Opfer werden kann? Ich spalte die Gruppe. Ich benachteilige die Anführerin Martina und bevorzuge die Mitläufer. Ich lasse Martina, die Anführerin, links liegen und wende mich besonders aufmerksam den Anderen zu. Ich entziehe Martina Privilegien. Ich versuche, meine Kollegen zur Solidarität anzuhalten. Sie sollen mich unterstützen und selbst ähnliche Schritte Martina gegenüber einsetzen. e) Ich bestehe darauf, daß sie sich im Verhalten ändern oder gehen muß. f) Wenn ich keine Unterstützung von meinen Kollegen bekomme, melde ich mich krank. g) Ich bitte Kollegen um Vermittlung zwischen Martina und mir. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl a) Körperliche Nähe wirkt bei instrumenteller Aggression verhaltenssteuernd. Sie ermöglicht schnelles Eingreifen. b) Anweisung über erlaubte und nicht erlaubte Aufenthaltsorte oder direkte Begleitung einer Betreuungsperson. c) Aufmerksamkeit auf sich richten Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 1: Verhindere das Entstehen unangemessener Verhaltensweisen Strategie 1: Verhindere das Entstehen unangemessener Verhaltensweisen d) Ausschalten Unruhe erzeugender Reize e) Mittlere Aktivation - Veränderung der Sitzordnung - Einrichten von Peer-Arbeitsgruppen - Trennen von sich gegenseitig provozierenden Teilnehmern - Trennen von Tätern und Opfern - Time-out: Stuhl bishin zum Verlassen der Situation - Wechsel des Themas oder Mediums - Reduziere die Komplexität, z.B. auf nur eine Anweisung. - Gelassenheit Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl - motorische Tätigkeiten mit Spielregeln und Ortswechsel - lass´ die Gruppe den Raum umbauen - gib Klienten mit Überaktivation gezielte Aufträge - attraktive Bedingungen schaffen - Verstärker einbauen - interessante Aufgaben stellen - Sozialpädagogisches Programm - halte verschiedenartige Alternativprogramme bereit: leise – laut – expansiv - introversiv Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 1: Verhindere das Entstehen unangemessener Verhaltensweisen Maßnahmen zur Erhöhung der Aktivation Das Langweilethermometer Unteraktivation: Gähnen, kleine Störungen Zuverlässige Klienten, deren sozialer Rang hoch liegt, dürfen auf Nachfrage hin ein Rating zwischen 0100 vornehmen, wie interessant es gerade ist. Wird es diesen zu fad, können sie rechtzeitig die Massnahmen für Unteraktivation setzen. Wechsle das Thema Wechsle die Methode Wechsle das Medium Wechsle den Raum Tausche mit deinem Kollegen Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 2: Unterbreche Problemverhalten Strategie 2: Unterbreche Problemverhalten Körpersprache Ablenkung Mißbilligender Blick Ruhiges, wortloses Anschauen (mitunter verblüffende Wirkung) Ruhiges, bestimmtes Ansprechen des Klienten mit Namen Bei Anweisungen: bestimmter Ton Körperliche Nähe Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Unerwarteter, attraktiver Stimulus Musterunterbrechung, auch auf Ihrer Seite Z.B.: Gruppe zum Singen auffordern Bieten Sie eine Banane an, ohne auf die Provokation zu reagieren. Zucker beruhigt die Nerven. Essen Sie die Banane mit dem Provokateur gemeinsam und gleichzeitig. Essen und Schlagen geht nicht zusammen. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 2: Unterbreche Problemverhalten: Beispiel 1 Strategie 2: Unterbreche Problemverhalten: Beispiel 2 Michael tobt wieder einmal. Der Pädagoge hält ihn fest und sagt plötzlich: “Michael, ich sehe, du hast die Karte an deine Mama noch gar nicht zur Post mitgegeben. Da müssen wir uns aber beeilen, Fr. D geht gleich nach Hause!“ Michael ist sichtlich froh, dem unangenehmen Haltegriff zu entkommen und vergißt offensichtlich auch den Anlaß für seinen Anfall. Er rennt mit dem Pädagogen ins Büro. Arno (12), ein Junge mit Down-Syndrom und Intelligenzminderung, hat die Angewohnheit, bei schlechter Laune mit Geschirr zu werfen. Die Pädagogen wissen inzwischen, wie das abläuft: Arno befindet sich schon zuvor in einer gereizten Stimmung. Kommt ihm dann ein Gleichaltriger provokant vor, ist er noch mehr frustriert, nimmt eine gespannte Haltung ein uns sucht nach Gegenständen, die er attackieren kann. Heute, beim Austeilen des Abendessens, sieht der Pädagoge, daß Arnos Erregungszustand steigt. Kurz entschlossen drückt er Arno zwei Tassen in die Hand und sagt: „Gut festhalten, Arno!“ Der Junge ist verblüfft und scheint zu überlegen. Der Pädagoge gibt ihm noch eine Tasse und bittet ihn, diese aufzudecken. Offensichtlich hat Arno die Situation immer noch nicht richtig verarbeitet, da hier das gewohnte Muster durchbrochen wurde. Er deckt sorgfältig die Tassen auf und erhält dafür ein großes Lob. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 2: Unterbreche Problemverhalten Strategie 2: Unterbreche Problemverhalten Appell Interpretationshilfe An die persönliche Beziehung: „Behandelt man so einen Freund?“ An den Stolz: „Als Ältester in der Gruppe könntest du dich wie ein Vorbild verhalten!“ An die Sehnsucht zur Zugehörigkeit: „Ich glaube nicht, daß die Anderen das fair finden.“ An Stolz und Zugehörigkeit: „Ich glaube, die Anderen finden das lächerlich, wenn du so eine Show abziehst!“ Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl „Das war ein Versehen von Peter.“ „Ich glaube, daß tut er, weil es ihm peinlich ist.“ „Ich glaube, Peter wollte dich nicht kränken.“ „Ich glaube, ihr habt euch da gegenseitig falsch verstanden.“ Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 2: Unterbreche Problemverhalten Strategie 2: Unterbreche Problemverhalten Mut machen Verbalisieren von Gefühlen und Erlebnisinhalten des Klienten Zu vertrauen Zu erzählen Zu versuchen Bringen Sie Ihre Meinung über mögliche Gefühle und Gedankengänge des Klienten zum Ausdruck. Signalisieren Sie Interesse und gemeinsames Nachdenken. Freuen Sie sich über Korrekturen oder Zustimmung des Klienten. Es kommt zum Dialog. „Du hast Angst, daß du morgen wieder keinen Besuch bekommst, stimmt´s?“ „Kann es sein, daß du dich ungerecht behandelt fühlst?“ „Laß´ uns in mein Therapiezimmer gehen, da ist es leichter reden.“ Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 2: Unterbreche Problemverhalten Strategie 2: Unterbreche Problemverhalten Nonverbale Zuwendung Regen Sie Problemlösungen des Patienten an Reichen Sie ein Taschentuch bei Weinen. Bringen Sie etwas zu Trinken. Nehmen Sie den Klienten seitlich in den Arm. Tragen Sie den Klienten mit Ihrer Stimme. Aber: Machen Sie auch klar, wo die Grenzen sind! „Du weißt, ich mag dich sehr, aber ich kann nicht zulassen, daß du Gewalt anwendest. Da setze ich diese Konsequenz. Ich will eine gewaltfreie Station/ Schule. Und das geht nur, wenn du deine Wut ohne Gewalt ausdrückst! Kennst du den Notfallskoffer schon?“ Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Fordern Sie den Klienten auf, eigene Problemlösungsvorschläge zu machen Entwickeln Sie diese mit ihm weiter, bis Ihnen der Vortrag machbar und in ihrem Sinne erscheint Zeigen Sie sich ruhig ratlos, aber nie hilflos! Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 3: Rege Alternativverhaltensweisen an Strategie 3: Rege Alternativverhaltensweisen an Seien Sie ein konstruktives Vorbild Positive Anweisungen Wie regeln Sie Konflikte untereinander im Team? „Frag´ Peter, ob er dir das Auto leiht!“ „Schau, da drüben ist noch ein zweites Auto! Hol dir das Auto da drüben!“ Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 3: Rege Alternativverhaltensweisen an Strategie 3: Rege Alternativverhaltensweisen an Lösungsorientierung Lösungsorientierung Regen Sie Lösungssuche an. Schuld ist ein Konzept, das für Sie nicht relevant ist. Es geht nicht um Schuld, sondern um Prozeßverständnis und Lösungssuche. Regen Sie Lösungssuche an. Schuld ist ein Konzept, das für Sie nicht relevant ist. Es geht nicht um Schuld, sondern um Prozeßverständnis und Lösungssuche. Prüfen Sie die Lösungen auf Win-Win-Konstellationen Prüfen Sie die Lösungen auf Win-Win-Konstellationen Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 3: Rege Alternativverhaltensweisen an Strategie 4: Abbau aggressiver bzw. sozial nicht erwünschter Verhaltensweisen Gespräch unter vier Augen 1. Scham bekommt den notwendigen Schutz, um sich zu zeigen Schutz verringert Angst und erhöht die Bereitschaft zum Miteinander Analysieren Sie, aber machen Sie keine Vorwürfe. Der Klient fühlt sich Ihnen jetzt ausgeliefert. Sie stärken die Beziehung und damit die Bezogenheit. 2. 3. 4. Bewusstmachung unangemessenen Verhaltens Entzug des Erfolgserlebnisses Konsequenzen Wiedergutmachung Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 4: Abbau aggressiver bzw. sozial nicht erwünschter Verhaltensweisen 1. Mache dem Patienten bewußt, welches Verhalten unangemessen und welches angemessen ist Orientiere dich an den kognitiven und sozialen Fähigkeiten des Patienten Fragen Sie den Patienten, ob er selbst schon Opfer solcher Aggressionen war und wie es ihm damit erging Spiegeln Sie den Patienten verbal und körperlich Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 4: Abbau aggressiver bzw. sozial nicht erwünschter Verhaltensweisen 2. Entziehe dem Patienten das Erfolgserlebnis für unangemessene Verhaltensweisen a) Ignorieren des Verhaltens Beschimpfungen Aggressive Verunglimpfung von Namen Grimassen schneiden Demonstrative Wutanfälle (auf den Boden werfen, Schreien) Nicht einsetzen bei: X Zerstörung von Gegenständen X Attacken gegen Menschen X Gruppen, die sich aufhetzen lassen Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 4: Abbau aggressiver bzw. sozial nicht erwünschter Verhaltensweisen Strategie 4: Abbau aggressiver bzw. sozial nicht erwünschter Verhaltensweisen 2. Entziehe dem Patienten das Erfolgserlebnis für unangemessene Verhaltensweisen 2. Entziehe dem Patienten das Erfolgserlebnis für unangemessene Verhaltensweisen b) Gruppe zum Ignorieren auffordern Wenn die Gruppe hinter Ihnen steht Wenn die Gruppe selbst durch das Verhalten genervt ist Belohnen Sie die Gruppe, wenn sie erfolgreich ignoriert Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl c) Gruppe ablenken Lenken Sie die Aufmerksamkeit sofort auf sich oder auf andere Reize: Neuigkeit, Ungewißheit, Konflikt, Komplexität oder Überraschung Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 4: Abbau aggressiver bzw. sozial nicht erwünschter Verhaltensweisen Strategie 4d: Beispiel 2. Entziehe dem Patienten das Erfolgserlebnis für unangemessene Verhaltensweisen Bernd (16) ist ein sehr kräftiger Junge. Er sit wegen seiner aggressiven Impulskontrollstörung und anderer Probleme in einer KJP in Behandlung auf der geschützten Abteilung. Er provoziert gern und freut sich, wenn die Krankenschwestern und –pfleger sich aufregen. Es wird beschlossen, immer dann, wenn er anfängt zu provozieren, ihn im Garten zu isolieren. d) Isolieren Aktives Isolieren: Patienten in einen anderen Raum bringen Passives Isolieren: Man verläßt selbst die Szene Interaktives Isolieren: Man tut so, als sei der Patient nicht anwesend Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Es ergeben sich jedoch am nächsten Tag unbedachte Schwierigkeiten. Bernd provoziert. Die anderen Jugendlichen sitzen um ihn herum und harren der Dinge, die da kommen mögen. Sie freuen sich offensichtlich auf eine Schlägerei mit den Pflegepersonen. Hr. K hat schon vergeblich versucht, Bernd ins Atrium zu schicken. Der Jugendliche bleibt sitzen, grinst und schaut Hrn. K provozierend an. Dieser gerät sichtlich in Rage und droht den Einsatz von Gewalt an. Kollege N. gelingt es, den aufgeregten Kollegen nach draußen zu locken. Hr. K fordert lautstark konsequentes Durchgreifen. Dies wird von den anderen Kollegen jedoch für problematisch gehalten, weil dies mit Sicherheit zu einer Schlägerei führen würde. Die Jugendlichen hätten erreicht, was sie wollten. Außerdem sei dies nicht ungefährlich. Man beschließt deshalb, Bernd im Raum zu belassen und die Jugendlichen nach draußen zu bitten. Ihnen wird angeboten, entweder ins Atrium zu gehen oder an einer Spontanpartie im Keller mit Getränken, Billard und Darts teilzunehmen. Dies wird alles innerhalb weniger Minuten geplant und umgesetzt. Ehe Bernd sich versieht, ist er allein im Raum. Nach einem kurzen Wutanfall beruhigt er sich und zeigt in den nächsten Wochen keine provokantes Verhalten mehr. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 4: Abbau aggressiver bzw. sozial nicht erwünschter Verhaltensweisen Strategie 4: Abbau aggressiver bzw. sozial nicht erwünschter Verhaltensweisen 2. Entziehe dem Patienten das Erfolgserlebnis für unangemessene Verhaltensweisen 2. Entziehe dem Patienten das Erfolgserlebnis für unangemessene Verhaltensweisen f) Humorvolles Reagieren Sinnvoll bei Beginn der Erregung, aber nur sinnvoll, wenn man wirklich gerade selbst d´rübersteht. e) Rauswurf Vom Setzen an einen Einzeltisch, Abreaktionsstuhl oder in der Ecke stehen bishin zur Verweisung aus dem Gebäude, bishin zur Suspendierung für drei Tage. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl M. versucht, den Pädagogen mit der Faust zu schlagen. Der Pädagoge nimmt eine übertriebene Cassius-Clay-Haltung ein und verzieht grimmig theatralisch das Gesicht. (affective mirroring nach Fonagy & Target) L. Schlägt wütend auf den Tisch und schreit: „Scheiße!“. Er versucht damit, seine Eltern zu ärgern. Die Mutter reagiert gelassen und meint: „Sag´ doch lieber Scheibe, das klingt viel netter.“ (Containing) Schlecht jedoch bei gespielter, gequälter Coolness. Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 4: Abbau aggressiver bzw. sozial nicht erwünschter Verhaltensweisen Strategie 4: Abbau aggressiver bzw. sozial nicht erwünschter Verhaltensweisen 2. Entziehe dem Patienten das Erfolgserlebnis für unangemessene Verhaltensweisen 2. Entziehe dem Patienten das Erfolgserlebnis für unangemessene Verhaltensweisen Beispiel: g) Triumphgefühl nehmen Fritz und Peter hauen kräftig mit ihrem Besteck auf ihre Teller und haben einen Riesenspaß an dem Lärm, den sie dabei verursachen. Die Mutter bittet um Ruhe. Die beiden Jungs reagieren nicht und machen unbeeindruckt weiter. Die Mutter lacht verzweifelt mit, aber offensichtlich ohne innere Beteiligung. Die Kinder finden das sehr schön und werden dadurch noch mehr angespornt. Die mit einer Mischung aus Lachen und Flehen vorgebrachte Aufforderung der Mutter, nun doch endlich aufzuhören, wird nicht wahrgenommen. Die Mutter zeigt hier ein widersprüchliches Verhalten. Einerseits fordert sie durch ihr Lachen die Kinder auf, in ihrem Tun fortzufahren, andererseits gibt sie die Anweisung aufzuhören (Doppelbindung). Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Gelassenheit: „Damit entscheidest du dich also für die Konsequenz.“ „Schauen wir einmal, wie du die zerstörten Gegenstände ersetzen wirst können.“ Klare gelassene Abwertung: „Ich find´s halt nicht so toll.“ Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 4: Abbau aggressiver bzw. sozial nicht erwünschter Verhaltensweisen Strategie 4: Abbau aggressiver bzw. sozial nicht erwünschter Verhaltensweisen 2. Entziehe dem Patienten das Erfolgserlebnis für unangemessene Verhaltensweisen 3. Konsequenzen e) Vergünstigungen für das Opfer h) Aufmerksamkeit, Zuwendung, Zärtlichkeit, Anerkennung, Geschenke, Belohungen für das Opfer. a) b) c) Bei Mobbing durch eine Gruppe Gleichaltriger: Punktesystem mit Vorteilen für das Opfer bei jeder Attacke d) e) Bsp: Alpha Nova: alkoholfreies Bier für das Opfer f) Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Strategie 4: Abbau aggressiver bzw. sozial nicht erwünschter Verhaltensweisen 4. Wiedergutmachung Materielle Wiedergutmachung Wiedergutmachung der Beziehung zu den Opfern und Betreuern Aufklärung über Konsequenzen und Folgen in der Gleichaltrigengruppe oder in der Beziehung zu den Betreuern Natürliche Konsequenzen Schimpfen ausnahmslos bei sehr guter Beziehung; dann sinnvoll Ausschluß von attraktiven Aktivitäten Punktesystem für Gleichaltrige, die nicht auf die Eskalation einsteigen Verachtung für die Handlung, nicht für die Person Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Neurobiologie Trauma Drei Streßreaktionen: 1.) erste Abwehrreaktion: Acetylcholin 2.) Flight or Fight: (Nor-)Adrenalin 3.) Freeze: Cortisol Sequentielle Traumatisierung führt zur schnellen Bahnung dieser Reaktionen Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Jugendgewalttäter, die elterliche Gewalt in der Kindheit erlebten Gewalt geht mit der Erwartung von Feindschaft einher: Wer Angst macht, hat Angst Pfeiffer, C.; Wetzels, P.; Enzmann, D. (1999): Innerfamiliäre Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und ihre Auswirkungen. KFN Forschungsberichte Nr. 80. Hannover:KFN n=15.000 Pfeiffer, C.; Wetzels, P.; Enzmann, D. (1999): Innerfamiliäre Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und ihre Auswirkungen. KFN Forschungsberichte Nr. 80. Hannover:KFN n=15.000 Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Die Weitergabe von Gewalt über die Generationen – Erklärungen psychotherapeutischer Schulen (1) Täterintrojekt: - ein Täteranteil wird ins eigene Selbst übernommen - Macht ist besser als Ohnmacht - wenn Unlust/Frustration und Angst zusammenkommen, entsteht Aggression (Psychoanalyse) Selbstwertkonflikt: Minderwertigkeits- und Überwertigkeitskomplex (Alfred Adler) Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Die Weitergabe von Gewalt über die Generationen – Erklärungen psychotherapeutischer Schulen (2) Gelernte Rolle – Nachahmung (Verhaltenstherapie) Die Sehnsucht nach Aufmerksamkeit Eine Watsche ist auch eine Streicheleinheit (Transaktionsanalyse – Eric Berne) Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Inkonsistenz der Eltern und Gewalt durch Jugendliche Teufelskreis nach Döpfner Aufforderung Wiederholung der Aufforderung wird befolgt nein ja wird befolgt ja nein Eltern drohen ja wird befolgt nein Eltern ratlos Eltern gehen zu anderer Tätigkeit über Eltern geben nach Eltern aggressiv Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Verringert positive Zuwendung Gewalt? Pfeiffer, C.; Wetzels, P.; Enzmann, D. (1999): Innerfamiliäre Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und ihre Auswirkungen. KFN Forschungsberichte Nr. 80. Hannover:KFN n=15.000 Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl Pfeiffer, C.; Wetzels, P.; Enzmann, D. (1999): Innerfamiliäre Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und ihre Auswirkungen. KFN Forschungsberichte Nr. 80. Hannover:KFN n=15.000 Professionelle Deeskalation Dr. Christoph Göttl