Lichtenstern/Ritten, 6. Mai 2017 9-Thesen-Papier der Südtiroler Hebammen Im Register der Hebammen in Südtirol sind derzeit 209 Hebammen eingetragen. Sie sind zwischen 21 und 70 Jahre alt, zwei davon Männer (Geburtshelfer). Die meisten Hebammen arbeiten in einem Angestelltenverhältnis, rund ein Dutzend als Freiberuflerinnen. Die Geburt eines Kindes ist für jede Familie ein einschneidendes Ereignis. Eine respektvolle und gelingende Begleitung und Betreuung der werdenden Mütter und Väter ist entscheidend für den guten Start eines Kindes in ein neues Leben. In den natürlichen Geburtsvorgang sollen Hebammen und Ärzte nur eingreifen, wenn die Gesundheit der Frau oder des Kindes bedroht sind. Das Kollegium der Hebammen der Provinz Bozen fordert: 1. Umsetzung des Projektes „Rund um die Geburt“: Hebammen begleiten Frauen durch eine normal verlaufende Schwangerschaft (low risk). Hebammen führen die Visiten der Schwangeren in Zusammenarbeit mit dem Arzt/der Ärztin durch. Die Kreißsäle der Südtiroler Krankenhäuser sollen hebammengeleitet sein: Während der Geburt ist die Anwesenheit einer Hebamme zwingend erforderlich, die eines Arztes nur, wenn eine Pathologie auftritt. Die Nachsorge-Hebamme ist erste Ansprechpartnerin bei allen Fragen rund um die Stärkung der Beckenmuskeln, des Beckenbodens, des Bauches, aber auch rund um die Babypflege, das Stillen, die Gewichtsentwicklung und das Schlafverhalten des Kindes. In der Wochenbettbetreuung sollen allen Frauen drei Hebammen-Visiten garantiert werden. 2. Kompetenzbereich der Hebamme im Krankenhaus braucht Schärfung: Die Hebamme ist nicht nur im Kreißsaal und in der Geburtshilfe wichtig, die Hebamme ist auch in der Kinderstation bei den gesunden Neugeborenen und in der Gynäkologie notwendig. 3. Südtirols Krankenhäuser brauchen mehr Hebammen: Die Aufgaben der Hebammen in den Krankenhäusern nehmen zu, der bürokratische Aufwand wächst. Die Zahl der Geburten in den einzelnen Stationen steigt unter anderem aufgrund der Schließungen der kleineren Geburtsstationen. Der Hebammenschlüssel ist trotz Schließung in vielen Krankenhäusern gleichgeblieben. Hebammen sollen sich um das Wesentliche kümmern können: um die Frau, um das Kind, um den Vater. Während der Geburt hat jede Frau das Recht, kontinuierlich durch eine Hebamme begleitet zu werden, die sich ausschließlich um sie kümmert. Die Hebammen streben eine solche Eins-zu-eins-Betreuung an. 4. Jährlich Hebammen ausbilden: Derzeit findet nur alle drei Jahre eine Ausbildung für 15 Hebammen statt. Das Kollegium der Hebammen fordert jährlich oder zumindest zweijährlich einen Lehrgangsstart in der Claudiana in Bozen. 5. Hebammen in alle Sprengel Südtirols: Der große Vorteil der außerklinischen Betreuung besteht darin, dass die Hebamme vor Ort anwesend ist. Derzeit sind nur in einigen Sprengeln im Süden Südtirols Hebammen aktiv (Überetsch, Unterland, Bozen, Sarntal, [email protected] www.hebammen.bz.it 1 Salten/Schlern). Frauen schätzen die aufsuchende Arbeit der Hebammen bei Hausbesuchen im Wochenbett ganz besonders. Für manche Frauen ist es aus organisatorischen oder gesundheitlichen Gründen schwierig, ihren Wohnsitz zu verlassen. Sprengel-Hebammen begleiten die Frau durch die Schwangerschaft und das Wochenbett, betreuen das Neugeborene, führen Sexual- und Gesundheitserziehung in der Schule und in der Familie durch, halten Geburtsvorbereitungskurse und setzen sich für die Prävention beziehungsweise bei der Früherkennung von Tumoren ein. Hebammen bieten in den Sprengeln Beckenbodentraining und Rückbildungsgymnastik an, stehen bei Menstruationsproblemen, bei der Familienplanung und in den Wechseljahren beratend zur Seite. 6. Wahlfreiheit bei der Geburt: Handelt es sich um eine Schwangerschaft mit niedrigem Risiko (low risk), soll eine Frau frei entscheiden können, ob sie im Krankenhaus mit einem Arzt/einer Ärztin, im hebammengeleiteten Kreißsaal, in einem Geburtshaus, ambulant oder mittels Hausgeburt entbinden möchte. Die Rückvergütung von 514 Euro für eine Hausgeburt bietet keine Wahlfreiheit (Im Trentino ist die Summe fast doppelt so hoch.), die Kosten belaufen sich auf das Drei- bis Vierfache. 7. Wahlfreiheit bei der Hebamme: Die Dienste von freiberuflichen Hebammen für Frauen und Familien sollen rückvergütet werden. In Österreich oder Deutschland werden diese Kosten größtenteils von der öffentlichen Hand rückerstattet. 8. Verbesserte Zusammenarbeit zwischen freiberuflichen Hebammen und Krankenhäusern: Wenn eine Frau entscheidet, neben dem Partner eine weitere Vertrauensperson zur Geburt ins Krankenhaus mitzunehmen, muss das auch eine freiberufliche Hebamme sein können. Derzeit ist die freiberufliche Hebamme noch Begleitperson und ist nicht für die Geburt zuständig. Künftig sollen Modelle angedacht werden, bei denen Freiberuflerinnen als Beleghebammen im Krankenhaus auch die Geburt verantworten dürfen. 9. Mehr Sensibilisierungsarbeit für Hebammen: Die Südtiroler Hebammen fordern mehr Aufmerksamkeit für ihren Berufsstand: Es braucht permanente Informationsarbeit, um neue Hebammen zu gewinnen und für das Berufsbild die gebührende Sichtbarkeit zu gewährleisten. 9-Thesen-Papier des Kollegiums der Hebammen der Provinz Bozen erarbeitet anlässlich der internationalen Fachtagung „Selbst-bewusst gebären“ in Lichtenstern am Ritten am 06.05.2017 #ZUMSCHREIENGUT Der Beruf der Hebamme gehört zu den ältesten der Welt. Er verändert sich ständig und ist jeden Tag neu. Das wissen auch die Südtirolerinnen und Südtiroler. Unter dem Hashtag #ZUMSCHREIENGUT schenken Frauen, Männer und Kinder derzeit den 209 aktiven Hebammen der Provinz Bozen ihre Geschichten und Fotos. Sie posten, zwitschern und liken auf Facebook und Twitter unter diesem Hashtag. Die Hebammen lädt die Südtiroler Bevölkerung weiterhin ein, auf der Seite des Kollegiums der Hebammen auf Facebook, aber auch auf Twitter unter #ZUMSCHREIENGUT über ihre Erfahrungen mit Hebammen zu schreiben und Fotos hochzuladen. Alles, was in dieser Form mit #ZUMSCHREIENGUT verschlagwortet wird, kann auf der Socialwall danke.hebammen.bz.it nachgelesen werden. [email protected] www.hebammen.bz.it 2