Universität Regensburg Analysis 3 Maß- und Funktionentheorie Dozent: Prof. Ulrich Bunke LATEX: Frank Reinhold Wintersemester 2008/2009 Inhaltsverzeichnis 1 Maßtheorie 1.1 Algebren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Prämaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Partitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 σ-Algebren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Messbare Funktionen und punktweise Konvergenz 1.6 Maße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7 Äußeres Maß, Ausdehnung von Maßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2 2 2 3 3 3 4 2 Integration 2.1 Das Integral positiver Funktionen . . . 2.2 Approximation messbarer Funktionen 2.3 Grenzwertsätze für das Integral . . . . 2.4 Integrierbare Funktionen . . . . . . . . 2.5 Differenzieren unter dem Integral . . . 2.6 Der Satz von Fubini . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 5 6 6 6 6 7 3 Funktionentheorie 3.1 Holomorphe Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Integration über Ketten . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Analytische Eigenschaften holomorpher Funktionen 3.5 Harmonische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Singularitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7 Residuensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8 Anwendung in der Integralrechnung . . . . . . . . 3.9 Riemann’scher Abbildungssatz . . . . . . . . . . . 3.10 Hauptverteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 8 10 11 12 13 15 16 17 18 19 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Analysis 3 1 Frank Reinhold Maßtheorie 1.1 Algebren Sei Ω eine Menge, P (Ω) die Potenzmenge. Eine Algebra auf Ω ist eine Teilmenge R ⊆ P (Ω) mit folgenden Eigenschaften: 1. ∅, Ω ∈ R 2. R ist stabil unter endlichen Vereinigungen. 3. R ist stabil unter der Bildung von Komplementen. Ein Paar (Ω, R) aus einer Menge Ω und einer Algebra R auf Ω heißt prämessbarer Raum. T Sei S ⊆ P (Ω), R eine Algebra auf Ω. Dann gibt es eine kleinste S-enthaltende, eindeutige Algebra R(S) := S⊆R R auf Ω. Wir nennen R(S) die von S erzeugte Algebra. Sei f : Ω → Ω0 eine Abbildung zwischen Mengen, S ⊆ P (Ω), T ⊆ P (Ω0 ). Wir setzen f∗ S := {f (A)|A ∈ S} und f ∗ T := {f −1 (A)|A ∈ T }. Seien (Ω, R), (Ω0 , R0 ) prämessbare Räume. Eine Abbildung f : Ω → Ω0 heißt messbar, falls f ∗ R0 ⊆ R. 1.2 Prämaße Wir dehnen die additive Struktur von R aus: ( λx [0, ∞] × [0, ∞] → [0, ∞], ∞ + x := ∞, x + ∞ := ∞, λ ∈ [0, ∞), x ∈ [0, ∞] : λx = 0 λ ∈ (0, ∞) λ=0 Sei (Ω, R) ein prämessbarer Raum. Eine Funktion µ : S R → [0, ∞] P heißt endlich additiv, wenn für jede paarweise disjunkte endliche Familie (Xi )i∈I in R gilt: µ( i∈I Xi ) = i∈I µ(Xi ). Eine endlich additive Funktion µ : R → [0, ∞] heißt Prämaß. Ein Prämaßraum ist ein Tripel (Ω, R, µ) mit Ω ist eine Menge, R eine Algebra auf Ω, µ ein Prämaß. Beispiel (Zählprämaß auf Ω): R := P (Ω), µ(A) := |A| (Anzahl). P Beispiel (gewichtetes Zählprämaß): P Sei f : Ω → [0, ∞] gegeben. R := P (Ω), µf (A) := a∈A f (a). f ≡ 1 liefert das Zählprämaß. Wenn man a∈Ω f (a) = 1 annimmt, dann erhält man ein Wahrscheinlichkeitsmaß“ ” µf (Ω) = 1. ( 0 x∈ /A Beispiel (Dirac-Prämaß): Sei Ω eine Menge, R = P (Ω), x ∈ R. δx (A) := 1 x∈A Sei I gerichtet, (Ri )i∈I eine aufsteigende Familie von Algebren, (µi )i∈I Prämaße. Für i ≤ j gilt µj |Ri = µi . S Dann existiert ein endeutig bestimmtes Prämaß µ auf R := i∈I Ri mit µ|Ri = µi . Sei f : (Ω, R) → (Ω0 , R0 ) messbar, µ ein Prämaß auf (Ω, R). Dann definiert f∗ µ(A) := µ(f −1 (A)), A ∈ R0 ein Prämaß auf (Ω0 , R0 ). 1.3 Partitionen Sei Ω eine Menge.SEine endliche Teilmenge S ⊆ P (Ω) heißt Partition, wenn die Elemente von S paarweise disjunkt sind und A∈S A = Ω. Sei f : Ω0 → Ω, S eine Partition von Ω. Dann ist f ∗ S eine Partition von Ω0 . Sei S = (Si )i∈I eine Partition. Dann ist jedes Element in R(S) eine eindeutige Darstellung aus endlichen Vereinigungen von Elementen von S. Sei S eine Partition und S µ : S→ [0, P∞] vorgegeben. Dann hat µ eine eindeutige Ausdehnung zu einem Prämaß µ : R(S) → [0, ∞], µ i∈J Si := i∈J µ(Si ). Beispiel: Die dyadische Algebra auf µ : 1 → [0, ∞]. R N R1 ist definiert als R1 := Si∈N R(Dr1 ) mit dem dyadischen Prämaß (µr )r∈N , Z Z Z Z Beispiel: Sei p ∈ eine Primzahl. Wir definieren die Projektion prn+1 : /pn+1 → /pn . Die MenQ ge der p-adischen Zahlen ist definiert als p := {(an )n≥0 ∈ n≥0 /pn | prn+1 (an+1 ) = an ∀n ≥ 0}. Sei Ω eine Menge. Dann definieren wir die chaotische Partition von Ω durch SChaot (Ω) := {{x}|x ∈ Ω} die Menge aller Punktmengen von Ω. Seite 2 Z Z Z 6. Februar 2009 Frank Reinhold Z Analysis 3 Z Z Z Z −1 Sei πm : p → /pm , πm ((an )) := am und Sm := πm (SChaot )( /pm ). Dann definieren wir ein Prämaß S 1 −1 µm : Sm → [0, ∞], µm (πm ([a])) := pm . Die Haarsche Algebra ist definiert als R := m≥0 R(Sm ). P Beispiel: Sei A eine endliche Menge, f : A → [0, 1] mit a∈A f (a) = 1. Der Schiftraum AN ist definiert Q als AN = n∈N A. Hierauf betrachten wir die Projektion qn : AN → An , qn ((ai )) := (a1 , . . . , an ). Wir setzen Sn := q ∗ SChaot (An ). Dann ist (R(Sn ))n∈N Q eine aufsteigende Folge von Algebren. Ein Prämaß auf R(Sn ) ist n µn : R(Sn ) → [0, ∞], µn (qn−1 (a1 , . . . , an )) = i=1 f (ai ). 1.4 σ-Algebren Sei Ω eine Menge. Eine Algebra auf Ω ist eine σ-Algebra, wenn sie abgeschlossen unter abzählbaren disjunkten Vereinigungen ist. Eine σ-Algebra ist abgeschlossen unter abzählbaren Vereinigungen und Durchschnitten. Sei T (Ri )i∈I eine Familie von σ-Algebren ⇒ R ist eine σ-Algebra.T i i∈I Sei S ⊆ P (Ω). Es gibt genau eine kleinste σ-Algebra Rσ (S) := S⊆R R, mit R ist σ-Algebra, auf Ω, die S enthält. Sei f : Ω → Ω0 . Dann gilt: 1. Ist R0 eine σ-Algebra auf Ω0 , dann ist f ∗ R0 eine σ-Algebra auf Ω. 2. Ist S 0 ⊆ P (Ω0 ), dann ist Rσ (f ∗ S 0 ) = f ∗ (Rσ (S 0 )). 3. Ist S 0 ⊆ P (Ω0 ), dann ist f : (Ω, R) → (Ω0 , R0 ) messbar, genau dann wenn f ∗ (S 0 ) ⊆ R. 1.5 Messbare Funktionen und punktweise Konvergenz Ein Paar (Ω, R) aus einer Menge Ω und einer σ-Algebra R heißt messbarer Raum. Sei (Ω, τ ) ein topologischer Raum. Die σ-Algebra Bτ := Rσ (τ ) heißt Borelsche σ-Algebra. Eine stetige Abbildung f : (Ω0 , τ0 ) → (Ω1 , τ1 ) ist messbar. Sei Pn : AN → A, Pn ((ai )) := an eine Projektion. Wir definieren die Zylindermenge wie folgt: S := {Pn−1 (x)|n ∈ , x ∈ A}. Q Sei ((Ωi , RS i ))i∈I eine Familie messbarer Räume, Ω := i∈I Ωi , Pi : Ω → Ωi eine Projektion. Dann ist R := Rσ ( i∈I Pi∗ Ri ) die kleinste σ-Algebra, Q bezüglich welcher Pi messbar ist. (Ω, R) heißt Produkt der Familie ((Ωi , Ri ))i∈I . Wir schreiben (Ω, R) = i∈I (Ωi , Ri ). Seien (Ωi , τi ) mit i = 1, 2 topologische Räume mit abzählbarer Basis und (Ω1 × Ω2 , τ ) das topologische Produkt. Seien (Ωi , Bi ) die unterliegenden Borelschen Räume mit dem Produkt (Ω1 × Ω2 , B). Dann ist B = Rσ (τ ). Sei (Ω, R) ein messbarer Raum, = [−∞, ∞]. Eine Funktion f : Ω → ist messbar, falls die Teilmengen f −1 ([−∞, a]) messbar sind. Ist (fn )n∈N eine Folge von Funktionen mit fn : Ω → , dann sind u(x) := supn fn (x) und v(x) := inf n fn (x) messbar. Sei fn eine Folge von monoton wachsenden, messbaren Funktionen. Dann ist der punktweise Grenzwert von fn messbar. Sei (fn )n∈N eine Folge von messbaren Funktionen, dann ist der punktweise Grenzwert von fn messbar. N R̄ R̄ R̄ 1.6 Maße Sei (Ω, R) ein messbarer Raum, µ ein Prämaß. µ heißt S P σ-additiv, wenn für jede abzählbare Folge (Ai )i∈N von disjunkten Mengen mit An ∈ R gilt: µ( n∈N An ) = n∈N µ(An ). Ein messbarer Raum mit einem σ-additiven Prämaß heißt Maßraum. Ein σ-additives Prämaß heißt Maß. Sei (Ω, R) ein messbarer Raum, µ ein Prämaß auf Ω mit µ(Ω) < ∞.SDann ist µ σ-additiv genau dann, wenn für jede absteigende Folge A1 ⊂ A2 ⊂ . . . von messbaren Mengen mit n∈N An = ∅ gilt, dass limn→∞ µ(An ) = 0. Sei (Ω, R, µ) ein maßraum und F eine messbare Menge, i : F ,→ Ω. Dann ist i∗ R = R|F , Ω|F = F , R|F = {A ∩ F |A ⊂ R}. Wir nennen (Ω|F , R|F , µ|F ) die Einschränkung des Maßraums (Ω, R, µ) auf F . Dies ist wieder ein Maßraum. Sei (Ω, R) ein messbarer Raum, µ ein Prämaß, F1 ⊂ F2 ⊂ . . . eine aufsteigende Folge in R mit limi→∞ (µ(A ∩ Fi )) = µ(A) ∀A ∈ R. Wenn (Ω|Fi , R|Fi , µ|Fi ) σ-additiv ist, dann ist (Ω, R, µ) auch σ-additiv. Das dyadische Lebesque-Prämaß auf dem dyadischen prämessbaren Raum lässt sich zu einem σ-additiven Prämaß auf dem dyadischen messbaren Raum fortsetzen. Das Dirac-Prämaß ist σ-additiv. Das dyadische Lebesque-Prämap ist σ-additiv. Das Haarsche Prämaß auf p ist σ-additiv. Z 6. Februar 2009 Seite 3 Analysis 3 Frank Reinhold Der Schiftraum (AN , R, µ) ist σ-additiv. Wir definieren einen nicht trivialen Filter F ⊂ P( ) durch folgende Eigenschaften: N 1. ∅ ∈ /F 2. A ∈ F, A ⊆ B ⇒ B ∈ F 3. (Ai ) ∈ F eine endliche Familie ⇒ 4. ∀i ∈ N ∃A ∈ F : i ∈/ A T i Ai ∈ F Die Menge der Filter ist nichtleer und halbgeordnet durch ⊆. Ein Ultrafilter ist ein maximaler nicht trivialer Filter. Nach dem Lemma von Zorn existieren Ultrafilter. Sei F ⊆ P( ) ein Ultrafilter, {A, B} Partition von . Dann ( gilt entweder A ∈ F, oder B ∈ F. 1 A∈F . Dann ist µ nicht σ-additiv. Sei F ⊆ P( ) ein Ultrafilter, µ auf ( , P( )) mit µ(A) = 0 A∈ /F Ein S Prämaßraum (Ω, R, µ) heißt σ-endlich, wenn es eine aufsteigende Familie (Fi )i∈N , Fi ∈ R, µ(Fi ) < ∞ mit i∈N Fi = Ω gibt. Sei ( , R, µ) ein Prämaßraum. Wir nennen µ̃0 , µ̃1 in N N N N N R / [0, ∞) ∪ ∞ 9 ss ss s s ⊆ ss ss µ̃0 ,µ̃1 s ss Rσ (R) R µ eine Ausdehnung von µ auf Rσ (R). Sei (Ω, R, µ) ein σ-endlicher Prämaßraum. Dann hat µ höchstens eine σ-additive Ausdehnung auf Rσ (R). 1.7 Äußeres Maß, Ausdehnung von Maßen Sei (Ω, R, µ) ein Prämaßraum. Eine Abbildung µ̃ : P(Ω) → [0, ∞] ist monoton, wenn A ⊆ BS ⇒ µ̃(A)P≤ µ̃(B). µ̃ heißt (σ)-subadditiv, wenn für jede endliche (abzählbare) Familie (Ai ) in P(Ω) gilt: µ̃( i Ai ) ≤ i µ̃(Ai ). Eine monotone, σ-subadditive Abbildung µ̃ : P(Ω) →P[0, ∞] mit µ̃(∅) = 0 heißt äußeres S Maß. Wir definieren nun µ̃ : P(Ω) → [0, ∞], µ̃(A) = inf i µ(Fi ), wobei (Fi ) in R mit i Fi ⊇ A. µ̃ heißt dann äußere Erweiterung von µ. Dieses µ̃ ist ein äußeres Maß. Es gilt: µ̃(A) ≤ µ(A) ∀A ∈ R und µ̃(A) = µ(A) ∀A ∈ R, falls µ σ-additiv ist. Sei weiterhin S ⊆ Ω. Dann heißt S c := Ω\S das Komplement von S in Ω. S heißt zerlegend, falls ∀A ∈ P(Ω) gilt: µ̃(A) = µ̃(A ∩ S) + µ̃(A ∩ S c ). (Ω, Rµ̃ , µ̃|Rµ̃ ) ist ein Maßraum. Sei (Ω, R, µ) ein σ-additiver Prämaßraum. Dann besitzt µ eine Ausdehnung zu einem Maß auf Rσ (R). Wenn (Ω, R, µ) σ-endlich ist, dann ist diese Ausdehnung eindeutig. Sei ( n , Dn , µn ) σ-additiv und σ-endlich mit der Dyadischen Algebra Dn . Der Lebesgue-Maßraum ist ( n , B, |.|) mit µn |B =: |.|. Seien a, b ∈ . Dann ist |[a, b)| = b − a. Sei A ⊆ abzählbar. Dann ist |A| = 0. Sei x ∈ , add−x : → , add−x (y) = y − x. Das Lebesgue-Maß ist invariant unter Translation mit einer festen Zahl, also add−x ∗ |.|(A) := | add−1 −x (A)| = |A|. 1 Sei multx : → , multx (y) = xy, x 6= 0. Es gilt multx ∗ |.| = |x| |.|. Sei ( , R|.| , |.|). Dann gilt R|.| 6= P( ). R R R R R R R R R R R Sei (Zp , R, µ) mit der Haarschen Algebra R und W ⊆ Z/pn Z. Dann ist µ(qn−1 (W )) = maß auf Zp ist µ := µ̃|B . Dann ist (Zp , B, µ) ein Maßraum. Es gilt: addλ ∗ µ = µ. Es gilt: µ(i(Z)) = 0. 1 pn |W |. Das Haar- P N Sei A eine endliche Menge, p : A → [0, 1], a∈A p(a) = 1. Sei nun (A , R, µ) mit der Algebra der ZylinN dermenge R gegeben. µ ist σ-additiv und µ(A ) = 1. Also erhalten wir eine eindeutige Fortsetzung (AN , B, µ), den Schiftraum. Sei T : AN → AN , T ((ai )) = (ai+1 ) der Schift. Dann ist T∗ µ = µ. Seite 4 6. Februar 2009 Frank Reinhold Analysis 3 Sei (Ω, R, µ) ein Maßraum. A ∈ R heißt Nullmenge, falls µ(A) = 0. (Ω, R, µ) heißt vollständig, falls S ∀A ∈ P(Ω) mit A ⊆ i∈I Ni abzählbare Familie von Nullmengen (Ni )i∈I gilt A ⊆ R. Sei µ̃ ein äußeres Maß auf Ω und (Ω, Rµ̃ , µ̃|Rµ̃ ) der dazu assoziierte Maßraum. Dann ist dieser vollständig. Seien A, F Mengen. Die Symmetrische Differenz ist definiert als A∆F := (A ∩ F c ) ∪ (Ac ∩ F ). R̄µ := {A ⊆ S R|∃F ∈ R sodass A∆F ⊆ i∈I Ni } für eine abzählbare Familie von Nullmengen (Ni )i∈I in R. µ̄ : R̄µ → [0, ∞], µ̄(A) := µ(F ) ist wohldefiniert. (Ω, R̄µ , µ̄) ist ein vollständiger Maßraum. R R Beispiel: ( , R|.| , |.|) ist Vervollständigung von ( , B, |.|B ). ( 2 Zp , Rµ̃ , µ̃|R µ̃ Zp , B, µ). ) ist Vervollständigung von ( Integration 2.1 Das Integral positiver Funktionen Sei Ω, R, µ) ein Maßraum. Eine messbare Abbildung f : Ω → [0, ∞) heißt einfach, wenn f nur endlich viele Werte annimmt. Die Menge der einfachen Funktionen auf Ω schreiben wir ε+ (Ω). Wir versehen ε+ (Ω) mit der punktweisen Addition und der punktweisen skalaren Multiplikation. Außerdem ist ε+ (Ω) partiell geordnet durch f ≤ g :⇔ ∀x ∈ Ω : f (x) ≤ g(x). Sei f ∈ ε+ (Ω). Wir betrachten Ar := P f −1 ({r}) für r ∈ ≥0 . Die Ar sind alle messbar und Ar 6= ∅ bis auf ≥0 endlich viele r ∈ . Also ist f = , r≥0 r · χAr mit der charakteristischen Funktion χA : Ω → ( 1 x∈A die kanonische Darstellung von f . Das Integral einfacher Funktionen ist definiert als χA (x) := 0 x∈ /A R0 R0 P . . . dµ : ε+ (Ω) → [0, ∞], f 7→ f dµ := r≥0 r · µ(Ar ). ( R0 7 x ∈ [−1, 1] \ Beispiel : Ω := , µ := |.| Lebesguemaß, f (x) := , dann ist f d|.| = 7 · |[−1, 1] \ | = 14 0 sonst ( R0 2 x≥5 Beispiel : Ω := , µ := δ5 Diracmaß, g(x) := , dann ist g dδ5 = 2 · δ5 [5, ∞) = 2 0 x<5 R R R Q R Q R Sei t ≥ 0, f, g ∈ ε+ (Ω), dann gilt: R0 R0 1. tf dµ = t · f dµ 2. R 3. R0 f + g dµ = f dµ ≤ R0 R0 f dµ + R0 g dµ (Additivität) g dµ für f ≤ g (Monotonie) R Sei A ⊆ Ω. Das untere Integral beliebiger Funktionen ist definiert als A . . . dµ : {f : Ω → [0, ∞]} → [0, ∞], R R0 R R R f 7→ A f dµ := supφ∈ε+ (Ω),φ≤f ·χA φ dµ. Wir schreiben auch f dµ für Ω f dµ und A f (x, y, z) dµ(x) bei mehreren Variablen. Sei t ≥ 0, f, g : Ω → [0, ∞], ϕ ∈ ε+ (Ω) und A, B ⊆ Ω. Dann gilt: R R0 1. A ϕ dµ = ϕχA dµ, wenn A messbar ist. R 2. A f dµ = 0, wenn A Nullmenge ist. R 3. A f dµ = 0, wenn {x|f (x) > 0} Nullmenge ist. R R 4. A f dµ ≤ A g dµ, wenn f ≤ g ist. R R 5. A f dµ ≤ B f dµ, wenn A ⊆ B ist. R R 6. A t · f dµ = t · A f dµ Das untere Integral beliebiger Funktionen ist im Allgemeinen nicht additiv! R̄ R̄ Betrachte Abbildungen f, g : (Ω, R) → ( , B) mit ∞ + ∞ = ∞, ∞ · 0 = 0, ∞ − ∞ = 0, −∞ + ∞ = 0, ∞r = ∞ ∀r > 0, 10 = ∞. Dann sind −, +, · : 2 → messbar. Sind f, g : Ω → messbar, so sind f +g, f −g, f g messbar. Ebenso sind min(f, g), max(f, g) messbar und |f |, f1 messbar. Ist (fi ) eine Folge messbarer Funktionen mit Werten in , dann sind sup fi , inf fi , lim sup fi , lim inf fi messbar und mit lim fi → f ist auch f messbar. L(Ω, R) = {f : Ω → |f messbar bezüglich R, B}. R̄ 6. Februar 2009 R̄ R̄ R̄ Seite 5 Analysis 3 2.2 Frank Reinhold Approximation messbarer Funktionen Sei f ∈ L(Ω, R) beschränkt. Dann existiert eine Folge (ϕi ) ∈ ε(Ω, R) einfacher Funktionen mit f = limi ϕi gleichmäßig. f :Ω→ ist genau dann messbar, wenn f punktweise durch eine Folge einfacher Funktionen approximiert werden kann. Ist f : Ω → , f ∈ L(Ω, R) nicht negativ. Dann exisitert eine monotone Folge (ϕi ) ∈ ε(Ω, R)≥ mit f = limi ϕi punktweise. Sei (Ω, R, µ) ein Maßraum, P : Ω → {wahr, falsch} messbar. P gilt fast überall bezüglich µ, falls µ({P = f }) = 0. P gilt beinahe für Ω bezüglich µ, falls für jedes > 0 ein A ∈ R mit µ(Ac ) < und P |A ≡ w existiert. Betrachte nun: R̄ R̄ 1. (fi ) Folge in L(Ω, R). fi → f fast überall punktweise, wenn µ({x ∈ Ω|fi (x) 6→ f (x)}) = 0. 2. fi → f beinahe gleichmäßig, falls für jedes > 0 ein A ⊂ R mit µ(Ac ) < und fi |A → f |A gleichmäßig, exisitiert. 3. f, fi : Ω → X, (X, d) metrisch. fi → f stochastisch, falls für alle > 0 gilt limi→∞ µ({d(fi , f ) > }) = 0. Aus beinahe gleichmäßig folgt fast überall punktweise und stochastisch. Wenn µ(Ω) < ∞ gilt, dann folgt aus fast überall punktweise, beinahe gleichmäßig und stochastisch. Für eine geeignete Teilfolge folgt aus stochastisch, fast überall punktweise. 2.3 Grenzwertsätze für das Integral R Sei (Ω, RR, µ) ein Maßraum. Sei (fi )i∈N eine Folge in L(Ω, R) mit fi ≥ 0. Dann gilt: Ω lim inf i fi dµ ≤ lim inf i Ω fi dµ. R R Sei fi in L(Ω, R), fi ≥ 0 monoton wachsend. R Dann gilt: ΩRlimi fi dµ R= limi Ω fi dµ. Seien f, g ∈ L(Ω, R), f, ist Ω (f + g) dµ = Ω f dµ + Ω g dµ. Weiterhin: Ist f ≤ g fast überall R g ≥ 0. Dann R bezüglich µ, dann gilt Ω f dµ ≤ Ω g dµ. R P P R Sei (fi ) eine Folge in L(Ω, R), fi ≥ 0. Dann gilt Ω i fi dµ = i Ω fi dµ. 2.4 Integrierbare Funktionen R 1 Sei f ∈ L(Ω, R). f heißt integrierbar, wennR Ω |f | dµ < R∞. Wir definieren R)|f integrierbar}. R −L (Ω, R, µ) = {f ∈ L(Ω, + − + + f = f − f mit f := f χ{f ≥0} und Ω f dµ := Ω f dµ − Ω f dµ. Es gilt f ∈ L1 (Ω, R, µ), falls f + , f − ∈ L1 (Ω, R, µ). Seien f, g ∈ L1 (Ω, R, µ), r ∈ . Dann ist Rrf + g ∈ L1 (Ω, R, µ). R R Seien f, g ∈ L1 (Ω, R, µ), r ∈ . Dann ist Ω (rf + g) dµ = r Ω f dµ + Ω g dµ. R R Seien f, g ∈ L1 (Ω, R, µ), f ≤ g Rfast überallRbezüglich µ. Dann ist Ω f dµ ≤ Ω g dµ. Sei f ∈ L1 (Ω, R, µ). Dann ist | Ω f dµ| ≤ Ω |f | dµ. R R Seien f, g ∈ L1 (Ω, R, µ) und f = g fast überall bezüglich µ. Dann ist Ω f dµ = Ω g dµ. Sei f ∈ L1 (Ω, R, µ), h ∈ L(Ω, R) und f = h fast überall bezüglich µ. Dann ist h ∈ L1 (Ω, R, µ). Sei (fi ) eine Folge in L(Ω, R), g ∈ L1 (Ω, R, µ), g ≥ 0, |fi | ≤R g fast überall bezüglich µ, fRi → f fast überall R bezüglich µ, f ∈ L(Ω, R). Dann gilt f ∈ L1 (Ω, R, µ) und limi Ω fi dµ = Ω f dµ, sowie limi Ω |fi − f | dµ = 0. R R 2.5 Differenzieren unter dem Integral R R R R Sei 0 ∈⊆ , offen und zusammenhängend, f : U × R , u f : Ω → , u f (x) = f (u, x) mit u ∈ U , sowie fx : Ω → , fx (u) = f (u, x) mit x ∈ Ω.(Weiterhin sei F (u) := Ω u f dµ, F : U → . Wenn fx für fast alle x ∈ Ω differen- R fx0 (u) fx differenzierbar messbar. Wenn es ein g ∈ L1 (Ω, R, µ) mit supu |u f 0 | ≤ g 0 sonst R gibt, dann ist 0 f 0 integrierbar und F 0 (0) = 0 f 0 dµ. Rb Sei [a, b] ∈ . Betrachte den Raum C([a, b]) versehen mit dem Skalarprodukt (f, g) = a f (x)g(x) dx und der dadurch induzierten Norm kf kL2 . Wir wissen, dass der Raum (C([a, b]), k.kL2 ) nicht Banach ist, da er nicht vollständig ist. Betrachte Vervollständigung L2 ([a, b], k.kL2 ). Die Äquivalenzklasse von Cauchyfolgen dehnt sich aus. Definiere den Raum der 2π-periodischen -wertigen Funktionen als C2π ( ) = {f ∈ C( )|f (x + 2π) = f (x) ∀x ∈ }. zierbar ist, so ist u f 0 (x) = R R Seite 6 C R R 6. Februar 2009 Frank Reinhold Analysis 3 R 2π Wir definieren ein( Skalarprodukt als (f, g) = 0 f¯(x)g(x) dx. Dann ist ein Orthogonalsystem gegeben 1 n=m mit en (x) = e2πinx . Dann ist die Entwicklung von f bezüglich (en )n∈Z gleich durch (en , em ) = 0 sonst P f (x) = n∈Z (en , f )en . Ein normierter Vektorraum ist dann gegeben durch (C2π ( ), k.kL2 ) mit der Norm p kf kL2 = (f, f ). Pn ∂ 2 Sei Ω ⊆ n . Dann ist der Laplaceoperator definiert als ∆ = i=1 ∂x und r ∈ C(∂Ω) gegeben. i . Sei h ∈ C(Ω) R Suchen f ∈ C 2 (Ω) ∩ C(Ω̄) mit ∆f + f p = h, f |∂Ω = r. P : f → f p , kϕkp = Ω |ϕ|p d|.|, kP (ϕ)k1 = kϕkp , P : Lp (Ω) → L1 (Ω). Lp (Ω) ist die Vervollständigung von C(Ω) bezüglich k.kp . R Sei (Ω, R, µ) ein p ∈ [1, ∞]. Wir definieren Lp (Ω, R, µ) := {f ∈ L(Ω, R)| Ω|f |p dµ > ∞} = R Maßraum, {f ∈ L(Ω, R)| Ω |kf kpp < ∞} für p < ∞ und L∞ (Ω, R, µ) := {f ∈ L(Ω, R)| esssup |f | = kf k∞ < ∞} mit esssup(f ) := inf r∈R {f ≤µ r}. Dann gilt: f ∈ Lp (Ω, R, µ) ⇒ µ(f −1 ({∞, −∞})) = 0 für p < ∞ und µ({|f | > kf k∞ } = 0. Wir definieren eine Äquivalenzrelation f = µg, kf − gkp = 0. Dann ist Lp (Ω, R, µ) := Lp (Ω, R, µ)/ =µ mit k.kp ist auf Lp (Ω, R, µ) wohldefiniert. Es gilt k[f ]kp := kf kp und f ∈ L(Ω, R) ist endlich, wenn f (Ω) ≤ . Jede Klasse in Lp (Ω, R, µ) hat endlichen Vertreter. Wir erhalten eine Vektorraumstruktur durch [f ], [g] ∈ Lp (Ω, R, µ), λ ∈ , f, g endlich ist wohldefiniert. Es gilt [f ] + λ[g] = [f + λg]. Die Norm k[f ]kp = kf kp ist wohldefiniert. Es gilt die Dreiecksungleichung kf + gkp ≤ kf kp + kgkp . R R R R Satz von Fischer, Riesz : Für p ∈ [1, ∞] ist Lp (Ω, R, µ) ein Banachraum. ε(Ω, R) ∩ Lp (Ω, R, µ) ⊆ Lp (Ω, R, µ) ist dicht. Für p ∈ [1, ∞) ist Cc ( ) ⊆ Lp ( , B, |.|) sind dicht. Da Cc∞ ( ) ⊆ Cc ( ) sind auch die glatten Funktionen dicht in Lp ( , B, |.|). Sei (Ω, R̄, µ̄) die Vervollständigung von (Ω, R, µ). Dann ist Lp (Ω, R̄, µ̄) ∼ = Lp (Ω, R, µ). R 2.6 R R R R Der Satz von Fubini Seien (Ωi , Ri , µi ), i = 0, 1 Maßräume, (Ω, R) = (Ω0 , R0 ) × (Ω1 , R1 ), also Ω = Ω0 × Ω1 und R = Rσ (R0 × R1 ). Wir wollen ein Maß µ auf (Ω, R) mit der Eigenschaft, dass µ(A0 × A1 ) = µ(A0 )µ(A1 ). Wir wissen bereits, dass solch ein Prämaß auf R(R0 × R1 ) existiert. Wenn (Ω1 , R1 , µ1 ) σ-endlich ist, dann existiert dieses Maß. Wenn (Ωi , Ri , µi ), i = 0, 1 σ-endlich sind, dann existiert genau ein Maß µ auf (Ω, R) mit µ(A0 × A1 ) = µ0 (A0 )µ1 (A1 ). Seien (Ωi , Ri , µi ), i = 0, 1, Ω = Ω0 × Ω1 , U eine σ-Algebra auf Ω und (Ω1 , R1 , µ1 ) σ-endlich. Wenn f ∈ L(Ω, U ) ist, dann ist für jedes ω0 ∈ R0 die Funktion ω1 7→ f (ω0 , ω1 ) messbar. R Beispiel : ( , BR , |.|R ) σ-endlich. Dann ist ( R × R, Rσ (BR × BR ), µ) = (R2 , BR , |.|R ). 2 2 Seien (Ωi , Ri , µi ),R i = 0, 1 σ-endliche Maßräume und (Ω, R, µ) = (Ω0 , RR0 , µ0 ) × (Ω1 , R1 , µ1 ). Sei f ∈ L(Ω, R), R R f ≥ 0. Dann gilt Ω f dµ = Ω0 Ω1 f (ω0 , ω1 ) dµ1 (ω1 )dµ0 (ω0 ) und ω0 → 7 f (ω0 , ω1 ) dµ1 (ω1 ) ist messbar. Ω1 Satz (Fubini): R Sei f ∈ L(Ω, R). Die Funktionen ω0 7→ Ω1 f ± (ω0 , ω1 ) dµ1 (ω1 ) sind genau dann in L1 (Ω0 , R0 , µ0 ), wenn f ∈ L1 (Ω1 , R1 , µ1 ) gilt. In diesem Fall gilt: Z Z Z f dµ = Ω f (ω0 , ω1 ) dµ1 (ω1 )dµ0 (ω0 ) Ω0 (1) Ω1 RSei (Ω, R, µ) ein Maßraum, f ∈ L(Ω, R), f ≥ 0. Wir definieren ein Maß f µ auf (Ω, R). Dann ist (f µ)(A) = f dµ ein Maß. A Ein Maß ν ist bezüglich µ absolutstetig, falls für jedes A ∈ R mit ν(A) < ∞ gilt: limε↓0 supB∈R;B⊆A;µ(B)<ε ν(B) = 0. Sei ν σ-endlich und absolutstetig bezüglich µ. Dann folgt für R f ∈ R aus µ(A) = 0 auch ν(A) = 0. Wenn f ∈ L1 (Ω, R, µ), dann gilt limε↓0 supB∈R;B⊆A;µ(B)<ε A f dµ. Transformationsformel für das Lebesguemaß: 6. Februar 2009 Seite 7 Analysis 3 Seien U, V ⊆ Frank Reinhold Rn offen, ψ : U → V ein Diffeomorphismus. Dann gilt für das Lebsguemaß |.| auf ψ∗ (f |.|U ) = Beispiel : (0, ∞) × (0, 2π) ⊆ f ◦ ψ −1 |.|V | det(Jψ) ◦ ψ −1 Rn : (2) sin α ). Dann ist ψ (r|drdα| ) = |.| . R2 , ψ(r, α) = ( rr cos ∗ U V α Sei f ∈ L(Ω, R), f µ, µ : R → [−∞, ∞], µ(∅) = 0, µ ist σ-additiv und drei Klassen: 1. M + : µ(A) > −∞ ∀A, µ(Ω) = ∞ 2. M − : µ(A) < ∞ ∀A, µ(Ω) = −∞ 3. M fin : |µ(A)| < ∞, ∀A µ ist ein signiertes Maß, wenn es in einer dieser Klassen liegt. Sei (Ω, R, µ) ein Maßraum. Wenn f ∈ L1 (Ω, R, µ) ist, dann ist f µ ein signiertes Maß in M fin . Wenn f ∈ L(Ω, R), und f ± ∈ L1 (Ω, R, µ) ist, dann ist f µ ein signiertes Maß in M mp . Sei µ ein signiertes Maß auf (Ω, R). Eine Partition {S, T } von Ω heißt Hahnsche Zerlegung von Ω, falls für jedes A ∈ R gilt µ(A ∩ S) ≤ 0, µ(A ∩ T ) ≥ 0. Beispiel : f ∈ L(Ω, R), f = f + − f − , T := {f + > 0}, S := {f − ≤ 0}. Dann ist {S, T } eine Hahnsche Zerlegung für f µ, wenn µ ein Maß auf Ω ist. Sei µ ein signiertes Maß auf (Ω, R). Dann besitzt µ eine Hahnsche Zerlegung. Der Hauptsatz der Integral- und Differentialrechnung ist nur auf überall differenzierbaren Funktionen anwendbar, nicht auf fast-überall differenzierbaren Funktionen. Sei (Ω, R, µ) ein Maßraum, λ ein signiertes Maß auf (Ω, R). T ⊆ R heißt Träger von λ, falls λ(A) = 0 ∀A ∈ R mit A ⊆ ω \ T . λ heißt singulär zu µ, falls es einen Träger T von λ gibt, welcher eine µ-Nullmenge ist. Einige Beispiele sind: 1. Sei C ein Träger von µ, |C| = 0. Dann ist µ singulär zu |.|. P 2. Sei A ⊆ eine abzählbare Menge, µ := x∈A δx , A ein Träger von µ. Dann ist µ singulär zu |.|. P 3. Sei (Ω, R, µ) σ-endlich, A = {x ∈ Ω : µ({x}) 6= 0} abzählbar. µ = x∈A µ({x})δx + ν, ν(A) = 0. Dann sind die Maße zueinander singulär. R Sei (Ω, R, µ) ein σ-endlicher Maßraum, ν ein weiteres σ-endliches Maß auf (Ω, R). Dann existiert ein nichtnegatives f ∈ L(Ω, R) und ein zu µ singuläres Maß λ auf (Ω, R) mit ν = f µ + λ. Dabei ist λ eindeutig und f eindeutig bis auf =µ . Satz (Radon-Nikodym): Sei (Ω, R, µ) σ-endlich, ν σ-endlich und bezüglich µ absolutstetig. Dann existiert ein bis auf =µ eindeutiges f ∈ L(Ω, R), f ≥ 0, sodass ν = f µ. Lebesguezerlegung : P µ auf , µ = f |.| + y 0 . Dann ist µ0 = x µ0 ({x})δx + y 00 . R 3 Funktionentheorie 3.1 Holomorphe Funktionen C C Wir betrachten komplexwertige Funktionen f : → . V |R ist der unterliegende reelle Vektorraum von V . Eine Abbildung φ ∈ homR (V |R , W |R ) ist komplex linear, genau dann wenn φ(iv) = iφ(v) ∀v ∈ V gilt. −1 Sei f ∈ homC (V, W ), fR ∈ homR (V |R , W |R ) invertierbar mit g|R = fR . Dann ist gR komplex linear. Zum Beispiel ist φ : → , φ(z) = z̄ reell linear, aber nicht komplex linear, da φ(iz) = −iφ(z) ist. Sei V ein endlich dimensionaler Vektorraum. Dann ist VR ein endlich dimensionaler Vektorraum und es gilt: 2 dimC V = dimR V |R . Auf der unterliegenden Menge von V (oder V |R ) gibt es eine natürliche Topologie (induziert von V |R → dimR V |R ). Man kann also von offenen Teilmengen in V reden. Seien U, V endlich dimensional, S ⊆ U offen, s ∈ S, f : S → V , S ⊆ U |R , f : S → V |R und f in s differezierbar, also df (s) ∈ homR (U |R , V |R ). f ist in s komplex differenzierbar, wenn f in s differenzierbar ist und df (s) ist komplex linear. Wenn f in jedem Punkt von S komplex differenzierbar ist, dann heißt f holomorph. C C R Seite 8 6. Februar 2009 Frank Reinhold Analysis 3 Sei W ein endlich dimensionaler komplexer Vektorraum, T ⊆ V offen, g : T → V , f (c) =: t, g in t differenzierbar. Wenn f in s und g in t komplex differenzierbar sind, dann auch g ◦ f in s. Wenn g und f holomorph sind, dann auch g ◦ f . Beispiele hierfür sind: 1. id : C → C ist holomorph. d(id)(z) = id. 2. A : V → W komplex linear. Dann ist A holomorph. d(A)(v) = A. C2 → C, (u, v) 7→ u + v ist holomorph, da linear. 4. φ : C → C, φ(z) = z̄ ist nicht holomorph. dφ(x)(u) = ū. 5. Prod : C2 → C, Prod(u, v) = uv ist holomorph. d Prod(u, v)(x, y) = xv + uy. Seien U1 , U2 , V1 , V2 C-Vektorräume, S1 ⊆ U1 , S2 ⊆ U2 offen, f1 : S1 → V1 , f2 : S2 → V2 , s1 ∈ S1 , s2 ∈ S2 , 3. Add : S := S1 × S2 ⊆ U1 × U2 , V := V1 × V2 , s := (s1 , s2 ) ∈ S, f = (f1 , f2 ) : S → V und fi in si komplex differenzierbar. Dann ist f in s komplex differenzierbar. Seien f1 , f2 holomorph. Dann ist f holomorph. Seien f, g : S → holomorph, λ ∈ . Dann ist f + λg holomorph. Seien f, g : S → holomorph. Dann ist f g holomorph. Die Abbildung z → z n ist holomorph. Pol ∈ [z] aufgefasst als Abbildung Pol : → . Dann ist Pol holomorph. dz ist die konstante Abbildung von → homC ( , ) dz̄ ist die konsante Abbildung von → homR ( |R , |R ) Für ein holomorphes f : ⊇ S → kann man schreiben: df = f 0 · dz mit f 0 : S → und df (s) ∈ homC ( , ), f 0 (s) ∈ . Beispiele hierfür sind: C C C C C C C C C C C CC C C C CC 1. (z n )0 = nz n−1 2. Inv : C{0} → C, Inv(z) = z−1 ist holomorph. Es gilt d(Inv)(z) = − z1 dz, also (z−1 )0 = − z1 . 2 2 Sei f : U ⊇ S → T ⊆ V differenzierbar, g : T → S die Umkehrfunktion von f differenzierbar und f holomorph. Dann ist g holomorph mit df (g(t))−1 = dg(t). Sei S ⊆ offen, f : S → mit z = x + iy, x, y ∈ , f = u + iv mit u, v : S → , s ∈ S. Dann sind äquivalent: C C R R 1. f ist in s komplex differenzierbar 2. Es gelten die Cauchy-Riemann-Gleichungen ∂x u(s) = ∂y v(s) (3) ∂x v(s) = −∂y u(s) (4) 3. Es existiert der Grenzwert lim h→0 In diesem Fall ist limh→0 f (s+h)−f (s) h f (s + h) − f (s) h (5) = f 0 (s) Seien V, W endlich dimensionale reelle Vektorräume, S ⊆ V offen. Eine W -wertige 1-Form auf S ist eine Abbildung S → homR (V, W ). Ω1 (S, W ) ist die Menge aller W -wertigen 1 Formen. Beispiele hierfür sind: CC CC 1. dz ∈ Ω1 ( , ), dz̄ ∈ Ω1 ( , ) 2. f ∈ C 1 (S, W ). Dann ist f ∈ Ω1 (S, W ) R 3. Sei ω ∈ Ω1 (S, W ), h : S → , hw ∈ Ω1 (S, W ), (hw)(s) = h(s)w(s), f ∈ C 1 (S, W ), h ∈ C 1 (S, ist d(hf ) = hdf + f dh. Seien V, W komplex, h ∈ C 1 (S, ). Dann ist d(hf ) = hdf + f dh. C R). Dann C Sei V ein komplexer Vektorraum, V |R der unterliegende reelle Vektorraum. Definiere ×V |R → VR , (z, v) 7→ z̄v. VR mit dieser Skalarmultiplikation ist ein komplexer Vektorraum. V̄ ist der komplex konjugierte Vektorraum von V . homC (V, W ) ⊆ homR (V |R , W |R ). homC (V, W̄ ) ⊆ homR (V |R , W |R ) ist die Menge der antilinearen Abbildungen charakterisiert durch ϕ(iv) = −iϕ(v). Seien V, W komplexe Vektorräume. Dann ist homR (V |R , W |R ) = homC (V, W ) ⊕ homC (V, W̄ ). Seien V, W endlich dimensional, S − subseteqV offen, ω ∈ Ω1 (S, W ), ω(s) ∈ homR (V |R , W |R ). Dann kann ω als Summe eines linearen und eines antilinearen Anteils geschrieben werden: ω = P ω + (1 − P )ω. Ω1 (S, W ) = Ω1,0 (S, W ) + Ω0,1 (S, W ) mit Ω1,0 (S, W ) = P Ω1 (S, W ) und Ω0,1 (S, W ) = (1 − 1)Ω1 (S, W ). 6. Februar 2009 Seite 9 Analysis 3 Frank Reinhold CC CC CC Beispiel : Seien dx, dy, dz, dz̄ ∈ Ω1 ( , ). Dann ist dx + idy = dz ∈ Ω1,0 ( , ) und dx − idy = dz̄ ∈ Ω1 ( , ). Weiterhin ist dx = 21 (dz + dz̄) und dy = 12 (dz − dz̄). Sei nun f ∈ C 1 (S, W ). Dann ist ∂x − i∂y ∂x + i∂y df = ∂x f dx + ∂y f dy = f dz + f dz̄ (6) 2 2 ¯ mit ∂f = P df und ∂f ¯ = (1 − P ) df . Also ist hier ∂f = ( ∂x −i∂y )f dz. df = ∂f + ∂f 2 ¯ = 0. f ist holomorph ⇔ ∂f Beispiel : ¯ n=0 1. ∂z n = nz n−1 dz, ∂z ¯ = ∂ f¯ 2. ∂f 3. ∂(z n z̄ m ) = z̄ m nz n−1 dz 3.2 Potenzreihen C C P∞ Sei (an )n≥0 eine P Folge in , z0 ∈ . Dann ist n=0 an (Z − z0 )n eine Potenzreihe. IhrP Konvergenzbereich ∞ ∞ ist S := {z ∈ | n=0 |an (z − z0 )n | konvergiert}. Wir erhalten eine Abbildung S 3 z 7→ n=0 an (z − z0 )n ∈ . C C p Sei r ∈ [0, ∞] definiert durch 1r = lim supn n |an |. Dann gilt für den Konvergenzbereich S der Potenzreihe P∞ n n=0 an (z − z0 ) m dass B(z0 , r) ⊆ S ⊆ B(z0 , r). Die Reihe konvergiert auf B(z0 , r) lokal gleichmäßig - also auf jedem kleineren Ball B(z0 , r0 ) mit r0 < r gleichmäßig. Die Zahl r := lim sup1 √ heißt Konvergenzradius. n a n n P∞ Auf B(z0 , r) ist S 3 z 7→ P n=0 an (z − z0 )n ∈ stetig. P∞ ∞ Auf B(z0 , r) konvergiert n=0 an (z − z0 )n lokal gleichmäßig gegen die Ableitung von n=0 an (z − z0 )n . C Beispiel : P∞ n 1. ez := n=0 zn! mit r = ∞ ist holomorph. ex+y = ex ey auch im Komplexen. (ez )0 = ez . P∞ iz −iz z 2n+1 2. sin(z) := n=0 (−1)n (2n+1)! = e −e mit r = ∞ ist holomorph. 2 P∞ eiz +e−iz n z 2n mit r = ∞ ist holomorph. cos(z) := n=0 (−1) (2n)! = 2 sin2 (z) + cos2 (z) = 1, die reellen Nullstellen sind die komplexen Nullstellen von sin und cos. ∂ sin(z) = cos(z) dz ∂ cos(z) = − sin(z) dz 3. cot(z) := tan(z) := 4. ln(z) := cos(z) sin(z) sin(z) cos(z) P∞ R C/{πn|n ∈ Z} ist der holomorphe Kotangens. auf C/{π(n + 12 )|n ∈ Z} ist der holomorphe Tangens. auf n=0 (−1) C n n−1 (z−1) n , lim supn q n 1 n = 1, ln(ex ) = x für <(x) ∈ (−∞, ln(2)). R R 5. Sei h : → messbar. ∃c, C > 0, sodass |h(x)| ≤ Ce−c|x| ∀x ∈ . f (z) := R h(x)eizx dx heißt die Fouriertransformierte. f (z) ist holomorph auf {| im(z)| < C}, im(z) < c1 . P∞ 1 1 −s ln(n) ist holomorph in s und | n1s | = 6. Riemannsche Zetafunktion: ζ(s) = n=1 ns mit ns = e 1 −<(s) ln(n) e = n<(s) . ζ(s) konvergiert für <(s) > 1. Dann ist ζ(s) holomorph auf {<(s) > 1}. R∞ 7. Gammafunkion: Γ(z) = 0 e−x xz−1 dx mit |xz−1 | = x<(z)−1 konvergiert für <(z) > 0 und z 7→ e−x xz−1 holomorph in z ist Γ(z) holomorph auf {<(z) > 0}. Qk−1 Γ(z+k) wird Γ(z) für <(z) > −k Es gilt: zΓ(z) = Γ(z + 1), Γ(z + k) = n=0 (z + n)Γ(z) und Γ(z) = Qk−1 n=0 (z+n) und z 6= 0, 1, . . . , k − 1 definiert. Seite 10 6. Februar 2009 Frank Reinhold 3.3 Analysis 3 Integration über Ketten P Sei S eine Menge, R ein Ring, R[S] ein freies R-Modul mit Basis S. Elemente s∈S ns s, ns ∈ R, nur endlich viele ungleich 0. Die Abbildung f : S → T induziert: f : R[S] → R[T ] mit f∗ (s) = f (s) und ∗ P P P f∗ ( s∈S ns s) = t∈T ( s∈f −1 (t) ns )t. R R Sei [n] := {0, 1, 2, . . . , n} eine endlich Menge. Dann ist [[n]] ein n + 1 dimensionaler -Vektorraum Pn geordneteP n mit Basis 0, 1, 2, . . . , n. ∆n := { i=0 ti i|ti ≥ 0, i=0 ti = 1} heißt das n-dimensionale Simplex. R[[n]] ∼= singuläre Maße auf [n]. Dann ist ∆n ∼= Wahrscheinlichkeitsmaße auf [n]. Die Abbildung f : [n] → [m] induziert f∗ : R[[n]] → R[[m]] ∼ = push-forward von singuierten Maßen, diese Beispiel : induziert f∗ : ∆n → ∆m durch Einschränkung. σ0 , σ1 : [0] → [1] mit σ0 : 0 → 0 und σ1 : 0 → 1. σi∗ : ∆0 → ∆1 heißt Einbettung der Endpunkte. Sei ∆n ⊆ [[n]] eine abgeschlossene Teilmenge, V ein endlich dimensionaler reeller Vektorraum. Eine Abbildung ϕ : ∆n → V heißt differenzierbar, wenn es eine offene Umgebung U von ∆n in [[n]] gibt, sodass sich ϕ zu einer differenzierbaren Abbildung auf U ausdehnt. Sei U ⊆ V eine Teilmenge eines endlich dimensionalen reellen Vektorraums. Ein differenzierbarer n-Simplex in U ist eine differenzierbare Abbildung ϕ : ∆n → U . Singn (U ) := {Menge der differenzierbaren n-Simplizes ∈ U }. R R Beispiel : Der 0-Simplex in U ist ein Punkt in U . Der 1-Simplex in U ist in differenzierbarer Weg in U . f : [n] → [m] induziert durch f∗ : ∆n → ∆m und (f∗ )∗ (ϕ) = ϕ ◦ f∗ die Abbildung (f∗ )∗ : Singn (U ) → Singm (U ). Die Abbildung h : U → V zwischen Teilmengen reeller, differenzierbarer Vektorräume induziert: h∗ : Singn (U ) → Singn (V ), h∗ (ϕ) = h ◦ ϕ. σ0 , σ1 : ∆0 → ∆1 , σ0∗ , σ1∗ : Sing1 (n) → Sing0 (n) mit σ0∗ (ϕ) = Anfangspunkt, σ1∗ (ϕ) = Endpunkt. [Singn (U )] := {endliche Linearkombinationen von n-Simplizes mit ganzen Koeffizienten} heißt -Modul der n-Ketten in U mit n (U ) := Singn (U ). Z Z C P P f : [n] → [m] induziert ((f∗ )∗ )∗ = f∗ : Cm (U ) → Cn (U ) durch f∗ ( ϕ∈Singn (U ) nϕ ϕ) = ϕ∈Singn (U ) nϕ (f∗ )∗ (ϕ). P h : U → V , U ⊆ k , V ⊆ l induziert (h∗ )∗ = h∗ : Cn (U ) → Cn (V ) durch h∗ ( ϕ∈Singn (U ) nϕ ϕ) = P ϕ∈Singn (U ) nϕ h∗ (ϕ). σ0,∗ , σ1,∗ : C1 (U ) → C0 (U ). Wir definieren δ : σ1,∗ − σ0,∗ : C1 (U ) → C0 (U ). Eine Kette heißt geschlossen, wenn δ(c) = 0 ist. R R C C Z R R Sei f : U → , ϕ ∈ Sing0 (U ). Dann ist ϕ f := f (ϕ( )) ∈ und durch -lineare Ausdehnung c f := R P P ϕ∈Sing0 (U ) nϕ ϕ f , c = ϕ∈Sing0 (U ) nϕ ϕ. ∗ 1 1 h : Ω (W, ) → Ω (U, ) ist definiert durch (h∗ w)(u)(ξ) := w(h(u))(dh(u)(ξ)). Also d(h∗ f ) = h∗ df Kettenregel. R R Es ist h∗ c w = c h∗ w. R R Für f ∈ C 1 (U, ) und c ∈ C 1 (U ) gilt: c df = δ(c) f . C C C C C Sei S ⊆ offen, F : S → . Eine holomorphe Funktion F heißt Stammfunktion von f ∈ C(S), falls gilt F 0 = f (dF = f dz). Stammfunktionen sind bis auf Konstante eindeutig. R f besitzt genau dann eine Stammfunktion, wenn für jede geschlossene 1-Kette c ∈ C1 (S) (also δc = 0) gilt c f dz = 0. C \ {0}. ϕ(t) = e2πit . Dann ist ϕ0 (t) = ϕ(t) = 2πie2πit und damit Beispiel : f (z) := z1 holomorph auf R R1 1 R1 2πit f dz = 0 e2πit · 2πie dt = 0 2πidt = 2πi. Also hat f (z) auf \ {0} keine Stammfunktion. ϕ C C C Sei S ⊆ offen. Eine 2-Form auf S identifizieren wir mit einer -Funktion f auf S und notieren f : dx ∧ dy. d : Ω1 (S) → Ω2 (S) mit ω = ωx dx + ωy dy ist definiert als dω = (∂x ωy − ∂y ωx )dx ∧ dy = 0. f ∈ C 2 (S). Dann ist df ∈ Ω1C 1 (S) und ddf = d(∂x f dx + ∂y f dy) = (∂x ∂y f − ∂y ∂x f )dx ∧ dy = 0. d d Wir erhalten den Komplex Ω0 (S) −→ Ω1 (S) −→ Ω2 (S). σ0 , σ1 , σ2 : [1] → [2] mit [1] = {0, 1} und [2] = {0, 1, 2} sind wie folgt definiert: σ0 σ1 σ2 6. Februar 2009 0 1 0 0 1 2 2 1 Seite 11 Analysis 3 Frank Reinhold σi,∗ : ∆1 → ∆2 mit ∆1 {t0 + (1 − t)1}. Damit ist σ0,∗ (t0 + (1 − t)1) = t1 + (1 − t)2 (7) σ1,∗ (t0 + (1 − t)1) = t0 + (1 − t)2 (8) σ2,∗ (t0 + (1 − t)1) = t0 + (1 − t)1 (9) σi∗ : Sing2 (S) → Sing1 (S) und σi∗ : C2 (S) → C1 (S) definiert δ := σ0∗ − σ1∗ + σ2∗ : C2 (S) → C1 (S). Es gilt δδ = 0. C δ δ Wir erhalten den singulären Komplex von S C2 (S) −→ 1 (S) −→ C0 (S). κ : [0, 1]2 3 (s, t) 7→ κ(s, t) ∈ ∆2 mit κ(s, t) := st0 + s(1 − t)1 + (1 − s)2. ϕ ∈ Sing2 (S), κ∗ ϕ : [o, 1]2 → S R1R1 R f dx ∧ dy := 0 0 f (ϕ(κ(s, t))) det J(κ∗ ϕ)(s, t) dsdt definiert durch lineare Ausdehnung für c ∈ C2 (S) das ϕ R Integral c f dx ∧ dy. R R h : S → S 0 , h∗ : Ω2 (S 0 ) → Ω2 (S), h∗ (f f x ∧ dy) = (h∗ f · det J)dx ∧ dy. Es ist h∗ ϕ f dx ∧ dy = ϕ h∗ (f dx ∧ dy). Es gilt: dh∗ = h ∗ d mit h : S → S 0 . R R Sei ω ∈ Ω1C 1 (S), c ∈ C2 (S). Dann ist c dω = δc ω. Eine n-Kette c heißt Rand, wenn es eine n + 1-Kette b gibt, sodass δb = c. Sie heißt geschlossen, wenn δc = 0. Jeder Rand ist geschlossen. Satz (Cauchy-Integralsatz 1. Variante): Sei f eine holomorphe Funktion auf S. Dann gilt für jeden Rand c, dass Z Z f dz = d(f dz) = 0 δb=c (10) b 1 (S)→C0 (S)} Die erste singuläre Homologie-Gruppe von S ist H1 (S) := ker{δ:C im{δ:C2 (S)→C1 (S)} . Ein Gebiet S heißt sternförmig, wenn es ein x ∈ S gibt, sodass mit s ∈ S auch die Strecke xs in S liegt. x heißt zentraler Punkt. Eine Strecke ist das Bild von [0, 1] → S, t 7→ x + t(s − x). Ist S sternförmig, dann gilt H1 (S) = 0, jede geschlossene 1-Kette ist ein Rand. Satz (Cauchy-Integralsatz 2. Variante): Ist S sternförmig und c ∈ C1 (S) geschlossen, f holomorph auf S. Dann ist Z f dz = 0 (11) c Ist S sternförmig und f holomorph auf S, dann hat f eine Stammfunktion. Es gilt: ∂B(x, r) − ∂B(z, R) mit |z − x| + R < r ist ein Rand. Satz (Cauchy-Integralformel): Z f (ω) dω = 2πi · f (z) ω−z ∂B(x,r) C (12) C R Beispiel: f (z) = z1 holomorph auf \ {0}. ∂B(0,r) dz \ {0}. Aber z = 2πi. Also hat f keine Stammfunktion auf \ (−∞, 0] ist sternförmig mit Zentrum 1. f hat also eine Stammfunktion auf \ (−∞, 0]: ln(z). C 3.4 C Analytische Eigenschaften holomorpher Funktionen Ist f : S → C holomorph, dann ist f glatt (beliebig oft diff’bar). Für x ∈ S, r > 0, sodass B(x, r) ⊆ S gilt, ist f (n) (x) = Sei f : S → n! · 2πi Z ∂B(x,r) f (ω) dω (ω − x)n+1 C holomorph und x ∈ S, r > 0, sodass B(x, r) ⊆ S gilt. Dann gilt für z ∈ B(x, r) die Taylorformel f (z) = ∞ X f (n) (x) (z − x)n n! n=0 Insbesondere ist der Konvergenzradius dieser Reihe ≥ r. Ist also f : S → holomorph, dann auch f (n) : S → ∀n ∈ C Seite 12 (13) C (14) N. Der Konvergenzradius der Taylorreihe einer 6. Februar 2009 Frank Reinhold Analysis 3 holomorphen Funktion f : S → C im Punkt x ∈ S ist größer oder gleich sup{r > 0|B(x, r) ⊆ S}. C P∞ n Sei x ∈ , f (z) = n=0 an (z − x) eine durch eine konvergente Potenzreihe mit Konvergenzradius r > 0 dargestellte holomorphe Funktion f : B(x, r) → . Dann hat f keine Fortsetzung auf einen Ball B(x, r0 ) mit r0 > r als holomorphe Funktion. Sei S zusammenhängend, f : S → holomorph, x ∈ S und f (n) (x) = 0 ∀n ∈ 0 . Dann ist f = 0. C C N Beispiel: eln(z) − z = 0, da die Funktion die Voraussetzungen des Lemmas erfüllt. C Sei f : S → holomorph, S zusammenhängend, M ⊆ S nicht diskret, f |M = 0. Dann ist f = 0. Also sind ez , sin(z), cos(z) die eindeutigen Fortsetzungen der auf schon definierten Funktionen. R C R Sei f : S → stetig und gelte c d(z) dz = 0 ∀c ∈ C1 (S) mit δc = 0. Dann ist f holomorph. Sei X ein topologischer Raum, (fn ) eine Folge stetiger komplexwertiger Funktionen. fn konvergiert gegen f lokal gleichmäßig, dalls für jedes x ∈ X eine kompakte Umgebung K existiert, sodass fn |K → f |K ist. Sei (fn ) eine Folge holomorpher Funktionen auf S. Gilt weiterhin fn → f lokal gleichmäßig, so ist f holomorph. Satz (Hebbarkeitssatz): Sei S ⊆ offen, x ∈ S, f : S \ {x} → holomorph, f beschränkt. Dann hat f ein eindeutige Fortsetzung zu einer holomorphen Funktion f˜ : S → . C C C Sei M ⊆ S diskret, f : S \ M → C holomorph, beschränkt. Dann hat f eine eindeutige Fortsetzung zu einer holomorphen Funktion f˜ : S → C. Die Zahl νf (x) := min{n ∈ N0 |f (n) (x) 6= 0} heißt Vielfachheit von f in x. Beispiel: νsin (πx) = 1, νz3 (0) = 3. C Wir können f (z) = (z − x)νf (x) g(z) für eine holomorphe Funktion g mit g(x) 6= 0 schreiben. Sei S ⊆ offen, f : S → holomorph, x ∈ S, r > 0, sodass B(x, r) ⊆ S. Dann gilt für s ∈ (0, r], z ∈ B(x, r − s), dass (n) r n! sup |f (x)| (15) f (z) ≤ s sn x∈δB(x,r) C Sei (fn ) eine Folge von holomorphen Funktionen auf S mit fn → f lokal gleichmäßig. Dann ist f holomorph (k) und fn → f (k) lokal gleichmäßig ∀k ≥ 0. Sei S ⊆ offen, f ∈ C(S, ), x ∈ S, r 0, so dass B(x, r) ⊆ S. Der Mittelwert von f in x ist Z 1 Mr (f, x) := f (x + r · e2πit ) dt (16) C C 0 f hat die Mittelwerteigenschaft, wenn für jedes x ∈ S ein r > 0 existiert mit B(x, r) ⊆ S und Ms (f, x) = f (x) ∀s ∈ [0, r]. Ist f holomorph, dann hat f die Mittelwerteigenschaft. Sei S ⊆ offen, f ∈ C(S, ), f habe die Mittelwerteigenschaft, x ∈ S, |f | habe in x ein globales Maximum, S zusammenhängend. Dann ist f konstant. Sei S ⊆ offen, S̄ kompakt, f ∈ C(S̄, ), f |S habe Mittelwerteigenschaft. Dann nimmt |f | sein Maximum auf ∂ S̄ an. Eine auf ganz definierte holomorphe Funktion heißt ganze Funktion. Ganze Funktionen, die keine Polynome sind, heißen transzendent. Ein ganzes f ist genau dann ein Polynome vom Grad n, wenn es Konstanten M > 0 und R > 0 gibt, sodass |f (z)| ≤ M |z|n ∀|z| ≤ R. C C C C C Fundamentalsatz der Algebra: Sei f ∈ [z] nicht konstant. Dann hat f eine Nullstelle. C Ganze beschränkte Funktionen sind konstant. 3.5 Harmonische Funktionen R R Sei S ⊆ offen. Eine Funktion f : S → heißt harmonisch, falls ∆f = 0. Dirichletproblem: Finde U ∈ C 1 (S̄) ∩ C 2 (S) mit ∆U = 0 und U |∂S = ϕ. 6. Februar 2009 Seite 13 Analysis 3 Frank Reinhold Neumannproblem: Finde U ∈ C 1 (S̄) ∩ C 2 (S) mit ∆U = 0 und ∇U ⊥ = ϕ. C Sei f : S → . Dann ist df = ∂z f dz + ∂z̄ f dz̄. Dabei gilt ∂z = 21 (∂x − i∂y ) und ∂z̄ = holomorph ⇔ ∂z̄ f = 0, f ist antiholomorph ⇔ ∂z f = 0. Es gilt 4∂z ∂z̄ = ∆. 1 2 (∂x + i∂y ). f ist Wenn f holomorph (antiholomorph) ist, dann ist f, f¯, <(f ), =(f ) harmonisch. Beispiel: 1. x, y linear ⇒ harmonisch, da z.B. x = <(z). 2. <(ez ) = ex cos(y) harmonisch. 3. <( z1 ) = 12 ( z1 + z̄1 ) = x x2 +y 2 harmonisch für z 6= 0. 4. ln(z) = 12 (ln(z) + ln(z̄)) harmonisch. C C Sei S ⊆ offen, H1 (S) = 0. Ist h ∈ C 2 (S) harmonisch, dann existiert eine holomorphe Funktion f : S → mit h = <(f ). Harmonische Funktionen sind glatt. Sei S zusammenhängend, U ⊆ S offen, U 6= ∅, f : S → harmonisch, f |U = 0. Dann ist f = 0. Weiterhin gilt: R 1. Harmonische Funktionen haben die Mittelwerteigenschaft. 2. Sei S zusammenhängend, f ∈ C 2 (S) harmonisch. Wenn f in S ein lokales Extremum hat, dann ist f konstant. 3. Ist S beschränkt, f ∈ C(S̄) ∩ C 2 (S) harmonisch. Dann nimmt f sein Maximum und Minimum auf dem Rand an. Poissonformel: Z <(f ) = 2π 1 < f (re2πit ) · P (z, re2πit ) dt (17) 0 mit dem Poissionkern P (z, ξ) = 2 2 1 r −|z| 2π |ξ−z|2 . R R1 Ist h : S → harmonisch, dann gilt: h(z) = 2π 0 P (z, re2πit )h(re2πit ) dt für z ∈ B(0, r). Sei ϕ ∈ C(∂B(0, r)). Definiere ( R1 2π 0 P (z, e2πit )ϕ(re2πit ) dt z ∈ B(0, r) h(z) := ϕ(z) z ∈ ∂B(0, r) (18) h ist auf B(0, r) harmonisch und stetig auf B(0, r). Das Dirichletproblem für den Ball B(0, r) hat für jedes ϕ ∈ C()B(0, r) genau eine Lösung. Diese wird gegeben durch: Z 1 h(z) = 2π P (z, re2πit ϕ(re2πit ) dt (19) 0 1 ϕ∈L ⇒ ϕ harmonisch. h hat Randwert ϕ in den Stetigkeitspunkten von ϕ. C Sei S ⊆ offen. Dann ist f ∈ C(S) harmonisch, genau dann, wenn f die Mittelwerteigenschaft hat. Seien S, T ⊆ offen, h : S → T holomorph, f : T → harmonisch. Dann ist h∗ f : S → auch harmonisch. C R R Der Poissonkern für S löst das Dirichletproblem für S mit ψ ∈ C(∂ S̄) und lautet: Ps (z, ν) := P (h(z), h(ν))h0 (ν) 1 r2 − |h(z)|2 h0 (ν) = · 2 ih(ν) 2π |h(ν) − h(z)| ih(ν) C (20) ∼ Existenz und Eindeutigkeit für das Dirichletproblem gilt für alle Gebiete S ⊆ mit S̄ −→ B(0, r), also alle Gebiete, die biholomorph im Inneren sind. Sei f beschränkt und H1 (S) = 0. Dann gibt es eine biholomorphe Abbildung h : S → B(0, 1). (Spezialfall des Riemannschen Abbildungssatzes). Die Stetigkeit am Rand fordert Zusatzbetrachtung. Die Theorie funktioniert auch allgemeiner. Seite 14 6. Februar 2009 Frank Reinhold 3.6 Analysis 3 Singularitäten C Sei S ⊆ offen. O(S) ist Pdie Menge der holomorphen Funktionen auf S. K := K(a, r, R) = B(a, R) \ B(a, r), f ∈ O(B(a, R)), f (z) = k≥0 an /z − a)n , f ∈ O(K). Sei f ∈ O(K). Dann gibt es eindeutig bestimmte u ∈ O(B(a, R)) =: O(U ) und v ∈ O( \ B(a, r)) =: O(V ) mit f = u|K − v|K und limz→∞ v(z) = 0, K = U ∩ V . R P P f (w) dw 1 Also ist f (z) = k<0 an (z − a)n + k≥0 an (z − a)n mit an := 2πi , s ∈ (r, R). Die beiden δB(a,s) (w−a)n+1 Reihen konvergieren gleichmäßig auf K. C Eine Reihe X n∈ Z an (z − a)n (21) P P heißt Laurent-Reihe. Eine Laurent-Reihe konvergiert, falls n<0 an (z − a)n und n≥0 an (z − a)n konvergieren. Wenn eine Laurent-Reihe bei z1 und z2 konvergiert und |z1 − a| < |z2 − a| ist, dann konvergiert sie auf K(a, |z1 − a|, |z2 − a|). (→ Kreisring). P Sei S ⊆ offen, x ∈ S, f ∈ O(S \ {x}). f hat in x eine isolierte Singularität, wenn f (z) = n∈Z an (z − a)n auf B(x, ε) \ {x} ist. f hat in x einen Pol, wenn es ein N ∈ gibt mit an = 0 ∀n < N . Die Vielfachheit der Singularität ist νf (x) := min{n ∈ |an 6= 0}. Wenn f in x keinen Pol hat, hat f in x eine wesentliche Singularität. C Z Z f hat in x einen Pol genau dann, wenn es ein ν ∈ N gibt, sodass (z − x)ν f (z) bei x beschränkt ist. C Sei S ⊆ offen. Eine meromorphe Funktion auf S ist eine holomorphe Funktion auf f ∈ O(S \ M ) für eine diskrete Teilmenge M ⊆ S, sodass f in allen Punkten von M keine wesentlichen Singularitäten hat. M(S) heißt die Menge der meromorphen Funktionen. M(S) ist ein Körper, der Quotientenkörper vom Ring O(S). Sei S, T ⊆ offen, h : S → T holomorph, nirgends konstant. Erhalte ein h∗ : M(T ) → M(S). C Beispiel: 1. Rationale Funktionen pq , pmq ∈ 2. tan, 1 sin , C cot, Γ ∈ M( ). C 1 C[z], q 6= 0 sind in M(C). 3. e z ∈ / M( ). C 4. sin( z1 ) ∈ / M( ). C C C Sei S ⊆ offen, x ∈ S. Sei f ∈ O(S \ {x}). Entweder ist f ∈ M(S), oder f (W ) ⊆ dicht für alle Umgebungen W von x in S. Sei S ⊆ offen, x ∈ S, α = f dz holomorphe 1-Form auf S \ {x}, also f ∈ O(S \ {x}). α hat eine isolierte Singularität im Punkt x. α ist meromorph, falls f meromorph ist. Eine holomorphe 1-Form mit isolierter Singularität auf S, ist eine holomorphe 1-Form auf S \ F für ein geeignetes Diskretes F ⊆ S. Sei α eine holomorphe 1-Form mit isoliertes Singularität in x. α = f dz. Das Residuum von α in x ist X α(z) = an (z − x)n dz n∈ Z resx (α) = a−1 (22) (23) Für genügend kleine r > 0 gilt: 1 resx (α) = 2πi Z α (24) ∂B(x,r) Es gilt: 1. Die Abbildung α 7→ resx (α) ist linear. 2. resx (df ) = 0, f ∈ O(S \ {x}). 6. Februar 2009 Seite 15 Analysis 3 Frank Reinhold 3. resx (g df ) = −resx (f dg), f, g ∈ O(S \ {x}). 4. Wenn f einen Pol in x hat. dann gilt resx ( df f ) = νf (x) die Vielfachheit von f in x. 5. Wenn f einen Pol der Ordnung n ≥ 1 in x hat, dann ist g(z) := (z − x)n f (z) in x holomorph und es gilt 1 resx (f ) = (n−1)! g (n−1) (x). 6. Wenn f in x holomorph ist und νf (x) = 1, dann gilt resx ( f1 ) = 1 f 0 (x) . Beispiel: 1. res0 (cot(z)) = 1, da cot(z) = 1 tan(z) , tan(0) = 0, tan0 (0) = 1 cos2 (0) = 1 mit (6). z e 2. resx ( z−x = ex mit (5). z e 3. resx ( (z−x) 3 = (ez )00 (x) 2! = ex 2 mit (5). C Seien S, T ⊆ offen, h : S → T holomorph, α eine holomorphe 1-Form auf T mit isolierten Singularitäten. Dann ist h∗ α eine holomorphe 1-Form mit isolierten Singularitäten auf S und es gilt resx (h∗ α) = νh−h(x) (x) · resh(x) (α) (25) Wenn α meromorph ist, so ist auch h∗ α meromorph. 3.7 Residuensatz C Z P Sei S ⊆ offen, c ∈ C∗ (S) mit ∗ = 0, 1, 2, c = σ∈Sing∗ (S) aσ σ mit aσ ∈ . |c| := {x ∈ S|∃σ ∈ Sing∗ (X) mit g 6= 0, t ∈ ∆∗ mit σ(t) = x} heißt die Spur von c. Z Es gibt ein n ∈ , sodass [c] = n∂B(x, r) in H1 (S \ {x}). Wir definieren die Umlaufzahl nc (x) von c bezüglich x wie folgt: Z dz 1 nc (x) := (26) 2πi c z − x R Wenn n 6= −1 ist, dann ist c (z − x)n dz = 0. Sei c = δn. Wenn x ∈ / |r| ist, dann ist nc (x) = 0. Residuensatz: Sei S ⊆ offen, c ∈ C1 (S) exakt, α eine holomorphe 1-Form mit isolierten Singularitäten in δ \ {c}. Dann ist Z X α = 2πi resx (α) · nc (x) (27) C c x∈S Diese Summe ist endlich. Beispiel: dz dz dz = 2πi · res1 + res−1 = 2 (z − 1)(z + 1) (z − 1)(z + 1) ∂B(0,2) z − 1 1 1 = 2πi · − =0 2 2 " 0 # −z ez dz ez e = 2πi + = ... (z + 1)(z − 1)2 (z − 4) (z + 1)(z − 4) 4 · (−5) z=1 Z dΓ = −2πi(k + 1) mit r ∈ / , k < r < k + 1, k ∈ 0 ∂B(0,r) Γ Z 1. Z 2. ∂B(0,2) 3. N N (28) (29) (30) (31) C Beispiel: Sei S ⊆ offen, f ∈ M(S), x ∈ S, resx df f = νf (x), c ∈ C1 (S), δc = 0, sodass f regulär auf |c| ist. Der Residuensatz liefert Z X df = 2πi nc (x)νf (x) (32) c f x∈S Seite 16 6. Februar 2009 Frank Reinhold Analysis 3 Sei x ∈ S, r > 0, sodass B(x, r) ⊆ S. f regulär auf ∂B(x, r). Dann ist Z X 1 df = νf (y) 2πi ∂B(x,r) f (33) y∈B(x,r) C C Sei S ⊆ offen. S ist Umgebung von ∞, falls es ein R > 0 gibt, sodass \ B(0, R) ⊆ S ist. Sei S eine Umgebung von ∞, α eine 1-Form auf S mit isolierten Singularitäten. Höchstens endlich viele dieser liegen in einer eventuell kleineren Umgebung von ∞. h : \ {0} → , h(z) := z1 . Es gibt R > 0, sodass ∗ h(B(0, R) \ {0} ⊆ S ist. Definiere h α eine 1-Form mit isolierten Singularitäten auf B(0, R). Dann ist C C res∞ (α) = res0 (h∗ α) Sei α eine holomorphe 1-Form mit endliche vielen Singularitäten auf X resx (α) + res∞ (α) = 0 x∈ (34) C. Dann gilt (35) C Beispiel: C[X]. Dann ist res∞ (p dz) = 0, da ein Polynom kein α−1 besitzt. Pn Sei p ∈ C[X] mit p(z) = i=1 pn z n . Dann ist 1. Sei p ∈ 2. res∞ 3. Sei p ∈ p dz zk = −pk−1 (36) C[X], deg(p) = n also insbesondere pn 6= 0. Dann ist res∞ Sei S ⊆ dp p = −n (37) C offen, f ∈ O(S) nirgends konstant, w ∈ C. νf −w (x) heißt Vielfachheit der w-Stelle von x. Satz (Rouché): C Sei f (x) = w. Dann gilt: Es gibt eine Umgebung W ⊆ von w und eine umgebung V ⊆ S von x, sodass W ⊆ f (V ) und für alle w0 ∈ W gilt #f −1 (w0 ) ∩ V = νf −w (x). C C Sei S ⊆ offen, f ∈ O(S) nirgends konstant. Dann ist f (S) offen. Sei S ⊆ offen, f ∈ O(S), x ∈ S, w = f (x). Dann ist f 0 (x) 6= 0 genau dann, wenn ∃ Umgebung W ⊆ w und V ⊆ von x, sodass f |V : V → W eine Bijektion ist. C C von Beispiel: 1. f (z) = z k , f (0) = 0 und damit νf (0) = k. 1 ) hat genau ein Urbild, w ∈ B(1, 10) hat mehrere 2. f (z) = e2πiz , f (0) = 1, νf −1 (0) = 1. w ∈ B(1, 10 Urbilder. 3.8 Anwendung in der Integralrechnung Sei R = p q mit p, q ∈ Z C[w], q 6= 0. Dann ist 0 2π z + z −1 z − z −1 dz R(cos(x), sin(x)) dx = R , , = 2 2i iz ∂B(0,1) X z + z −1 z − z −1 = 2πi · resx R , , 2 2i Z (38) (39) x∈B(0,1) Betrachte Polynome p, q ∈ C[x] mit ord(p) ≤ ord(q) − 2 und q hat keine reellen Nullstellen. Dann ist Z ∞ −∞ X p(x) p(x) dx = 2πi · resξ dx = q(x) q(x) =(ξ)>0 X p(x) = −2πi · resξ dx q(x) (40) (41) =(ξ)<0 6. Februar 2009 Seite 17 Analysis 3 Frank Reinhold Seien p, q ∈ C[x], ord(p) ≤ ord(q) − 2, q ohne reelle Nullstellen. Dann ist Z ∞ −∞ 2πi · P resξ p(x) q(x) · eiλx dx p(x) iλx =(ξ)>0 ·e dx = P p(x) iλx q(x) −2πi · · e dx res ξ q(x) λ≥0 (42) x<0 =(ξ)<0 Betrachte Polynome p, q ∈ Integral nicht C[x], q ohne reelle Nullstellen, ord(p) ≤ ord(q) − 1, λ ∈ R. Dann existiert folgendes ∞ Z −∞ p(x) iλx ·e dx q(x) (43) Wir definieren für λ 6= 0 Z ∞ −∞ Das Integral R p(x) iλx ·e dx := lim R1 →∞ q(x) R →∞ Z 2 R sin(x) x R2 −R1 2πi · P ·resξ p(x) q(x) · eiλx dx p(x) iλx =(ξ)>0 e dx = P p(x) iλx q(x) −2πi · ·res · e dx ξ q(x) λ≥0 (44) x<0 =(ξ)<0 dx existiert nicht, da x 7→ Z ∞ −∞ sin(x) x R ∈ / L1 ( ). Wir definieren sin(x) dx := lim R1 →∞ x R →∞ 2 Die komplexe Wurzelfunktion ist definiert als √ : Z R2 −R1 sin(x) dx = π x (45) C \ (−∞, 0) → C, % · eiϕ 7→ √% · ei ϕ 2 . Es ist Z √ R 3.9 x+i dx = π + iπ x2 + 1 (46) Riemann’scher Abbildungssatz C Seien S, T ⊆ ofen, f : S → T holomorph. Wenn f bijektiv ist, dann ist f holomorph. Sei S ⊆ offen, fn : S → fn (S) biholomorph, so dass fn gleichmäßig gegen f konvergiert. Dann ist f konstant oder f : S → f (S) ist biholomorph. C Lemma von Schwarz: Sei f : B(0, 1) → B(0, 1) holomorph mit f (0) = 0 und sei f keine Drehung. Dann gilt |f 0 (0)| < 1 und |f (z)| < |z| mit z ∈ B(0, 1). Satz von Montel: Sei S ⊆ offen, C ∈ , 0 < C < ∞. Sei (fn ) eine Folge holomorpher Funktionen in O(S), sodass supS |fn | < C ∀n ∈ . Dann gibt es eine lokal gleichmäßige konvergente Teilfolge. C R N √ Sei S ⊆ C/{0} offen, zusammenhängend und H1 (S) = 0. Dann gibt es eine holomorphe Funktion √ 2 :S→ C mit ( z) = z. Außerdem gilt √ √ 1. : S → S ist biholomorph. √ 2. 0 ∈ / S √ 3. \ S hat innere Punkte. C C Sei S ( offen und eine echte Teilmenge, H1 (S) = 0. Dann gibt es eine biholomorphe Abbildung f : S → f (S) ⊆ B(0, 1). 0 ∈ f (S). Sei S ⊂ B(0, 1), M = {f : S → f (S) biholomorph, f (0) = 0}, m := supM |f 0 (0)| ∈ da |f 0 (0)| ≤ 1. Also ist 0 m ≤ 1. Es existiert ein f ∈ M mit |f (0)| = m. Sei f ∈ M mit |f 0 (0)| = m. Dann ist f (S) = B(0, 1). R̄ Satz (Riemann’scher Abbildungssatz): Sei S ( eine echte offene Teilmenge mit H1 (S) = 0. Dann ist S biholomorph zu B(0, 1) und es existiert ein f : S → B(0, 1) biholomorph. C Seite 18 6. Februar 2009 Frank Reinhold 3.10 Analysis 3 Hauptverteilungen C Sei S ⊆ offen, f ∈ M(S) P eine meromorphe Funktion, x ∈ S. Dann ist die Laurentreihenentwicklung von f in x gegeben durch f (z) = n∈Z an (z − x)n mit an = 0 für n 0. Der Hauptteil von f in x ist definiert als X Hx (f ) : z 7→ (47) an (z − x)n ∈ M(S) n≤−1 Ein Hauptteil in x ∈ S ist ein f ∈ M(S), sodass f = Hx (f ). Eine Hauptverteilung auf S ist eine Familie von (hx )x∈Γ mit Γ ⊂ S diskrete Teilmenge und hx ist ein Hauptteil in x für alle x ∈ Γ. Satz (Mittag-Leffler): Sei (hx )x∈Γ eine Hauptverteilung auf . Dann existiert eine meromorphe Funktion f ∈ M( ), so dass f |C\Γ : \ Γ → holomorph ist und Hx (f ) = hx gilt für alle x ∈ Γ. f heißt dann Lösung der Hauptverteilung. C C C C f ist nicht eindeutig, aber je zwei Lösungen unterscheiden sich um eine ganze Funktion. Eine Nullstellenverteilung auf S ist eine Funktion ν : S → 0 mit {ν 6= 0} ⊆ S ist diskret. Ist ν eine Nullstellenverteilung auf , dann existiert f ∈ O( ) mir νf = ν. C 6. Februar 2009 C N Seite 19