ED IT OR IA L

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Krebs tritt bei Kindern selten auf,
von 500 Kindern erkrankt eines.
Aber jeder dritte Erwachsene
erkrankt an einem bösartigen
12. Jahrgang · Nr. 3/2010
Tumor. Bei Kindern entwickeln
sich die Tumoren vorwiegend
Inhalt
aus embryonalem, mesenchymalem Gewebe, Karzinome
Pharmazeutisch-medizinische Zusammenarbeit in der
pädiatrischen Onkologie
Erwachsene erkranken dagegen überwiegend an Karzi-
4
nomen, also Tumoren, die vom Epithel ausgehen. Auch
Kommentar des Herausgebers
9
sich Krebserkrankungen des Kindes ganz wesentlich von
Persönliche Schutzausrüstung – eine elementare
Barriere zum Schutz der Gesundheit beim Umgang
mit CMR-Arzneimitteln
Quo Vadis? Neue Substanzen, neue Leitlinien zur Behandlung der chronischen Immunthrombozytopenie (ITP)
machen nur etwa ein Prozent der malignen Tumoren aus.
bezüglich Prognose und Krankheitsverlauf unterscheiden
Tumoren im Erwachsenenalter. Die Behandlung innerhalb
von Studien, die Verfügbarkeit entsprechender Therapien,
10
Verbesserungen von Diagnostik, Supportivmaßnahmen
und Ernährungszustand der Kinder ermöglichen, dass
heute drei von vier krebskranken Kindern dauerhaft ge-
18
heilt werden.
Für Pädiater und Hausärzte sind das kindgerechte „He-
Möglichkeiten und Grenzen der
Komplementäronkologie heute
22
Leitlinien in der Onkologie
28
runterbrechen“ der Dosierung bei Arzneimitteln und der
Off-label-use bei der medikamentösen Behandlung von
Kindern noch immer gängige Praxis.
Bericht vom Jahreskongress der American Society
of Clinical Oncology
32
PARP-Inhibitoren
34
Bericht vom PTA-Kongress 2010 in Hamburg-Harburg
37
Thiotepa – Wenn alte Substanzen neu entdeckt werden
und wie Kinder davon profitieren
42
Das Informationsportal www.kinderkrebsinfo.de
45
Nadelstichverletzungen: (k)ein Thema für uns?
48
ISOPP XII
50
sionelle und pharmazeutisch-medizinische Zusammen-
Off-label use in der Pädiatrie
52
Unterstützung der betroffenen Kinder und deren Familien
Stellungnahme der AkdÄ zu Sartanen und Krebsrisiko
55
Professionelle Pflege in der pädiatrischen Onkologie
56
Bereits im Dezember 2005 hatten sich 27 Mitgliedsländer
EDITORIAL
Inhalt/Editorial
der Europäischen Union auf eine Regelung zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit und -versorgung von
Kindern und Jugendlichen in der EU geeinigt. Langfristig
wird diese im Januar 2007 in Kraft getretene EU-Kinderarzneimittelverordnung zu einer deutlich verbesserten
Qualität bei der Entwicklung von Arzneimitteln führen, die
Arzneimittel-Sicherheit wird sich erhöhen und Off-labeluse wird zur Ausnahme werden.
Die Beiträge in der heutigen Ausgabe der „Onkologischen
Pharmazie“ sind beredtes Zeugnis für eine multiprofesarbeit in der pädiatrischen Onkologie, die psychosoziale
sowie ein gelungenes Informationsportal zu Krebs- und
Bluterkrankungen im Kindes- und Jugendalter.
Ergänzend finden Sie, liebe Leser, Beiträge zu neuen Arzneimitteln, zur Reduzierung von Nadelstichverletzungen
Ständige Rubriken
mit zytostatisch wirksamen Substanzen, zu den Möglich-
Testiertes interaktives Selbststudium
14
Who is who
30
Impressum
36
Buchbesprechung
58
keiten und Grenzen der Komplementäronkologie sowie die
gewohnte Kongressberichterstattung – darunter erstmalig
über den PTA-Kongress in Hamburg einen Bericht „von
PTA für PTA“.
Ihre Karla Domagk
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 3
Pharmazeutisch-medizinische Zusammenarbeit in der pädiatrischen Onkologie
Pharmazeutisch-medizinische Zusammenarbeit
in der pädiatrischen Onkologie
Von Martin Ehmann, LeHang Pelzl, Claudia Blattmann, Joachim Kunz, Andreas E. Kulozik,
Torsten Hoppe-Tichy, Heidelberg
E
ine weiterführende Verbesserung der Sicherheit der Arzneimitteltherapie gewinnt
in Deutschland zunehmend an Bedeutung. Die enge Zusammenarbeit zwischen
Apothekern, Ärzten, Pflegekräften und Patienten ist eine wichtige Vorraussetzung für
eine erfolgreiche Arzneimitteltherapie. Um die Qualität und Sicherheit der Arzneimitteltherapie weiter zu verbessern, ist die Präsenz des Apothekers auf den Stationen oftmals
unerlässlich. Am Universitätsklinikum Heidelberg nimmt die Apotheke bereits in der
Chirurgischen- und Medizinischen Klinik erfolgreich an der Stationsvisite teil. Die
pharmazeutischen Aufgaben können dabei sehr vielfältig sein, angefangen mit der Erstellung von Arzneimittelkonsilen bis hin zur gemeinsamen Erarbeitung von Leitlinien.
Im Janua r 2009 w u rde im R a hmen
eines Kooperationsprojektes zwischen
dem „Pharmazeutisch-OnkologischenZentrum“ der Apotheke und der Klinik
für Pädiatrische Onkologie, Hämatologie, Immunologie und Pneumologie des
Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg
die Stationsarbeit auf die onkologischhämatologische Station der Kinderklinik ausgeweitet. Seitdem werden alle
2 Wochen gemeinsame Kurvenvisiten
durchgeführt, an denen ein Apotheker
aus dem „Pharmazeutisch-OnkologischenZentrum“ sowie der Stationsoberarzt, Assistenzärzte und Pflegekräfte teilnehmen. Für
die Visitenvorbereitung werden die Patientenakten einen Tag zuvor kopiert und im
Hinblick auf Arzneimittel-Interaktionen,
Doppelverordnungen und Dosierungsfehler
durch Pharmazeuten überprüft. Als unterstützende Datenbanken dienen hierzu
das Arzneimittelportal des Universitätsklinikums Heidelberg (AID), die Micromedex Datenbank Drug-Reax® sowie die
Stockley’s Drug Interactions®-Datenbank.
Die Anwesenheit des Pharmazeuten bei
der Visite wird genutzt, um arzneimittelbezogene Fragen zu stellen. Schwerpunkte
sind neben spezifischen onkologischen Fragestellungen, wie etwa die Verfügbarkeit
„neuer Medikamente“, auch Fragen bezüglich Kompatibilitäten und Stabilitäten bei
Ernährungs- bzw. Infusionslösungen, beispielsweise die Zufuhr von Wirkstoffen zu
parenteralen Ernährungslösungen (TPN)
oder die Kompatibilität von Zytostatika,
Analgetika, Antiinfektiva mit TPN.
Die Arzneimittelüberprüfung beschränkte
sich zunächst auf stammzelltransplantierte
Patienten, da hier die Polymedikation besonders im Vordergrund stand. Durch den
Einsatz von Pharmaziepraktikanten konnte
diese Tätigkeit im Verlauf auch auf konventionell-onkologisch behandelte Kinder
und Jugendliche ausgeweitet werden. Ferner
erfolgte im Verlauf die Einbeziehung von
Laborwerten sowie von mikrobiologischen
Befunden, um die patientenindividuelle Ernährungs- und antimikrobielle Therapie zu
diskutieren.
Wie vielfältig sich eine enge medizinischpharmazeutische Zusammenarbeit gestalten
kann, soll an folgendem Beispiel gezeigt
werden.
Fallbeispiel A.B.
Bei der Patientin handelt es sich um ein
11 Monate altes, 9 kg schweres Mädchen
(A.B.). Die Erstdiagnose einer akuten myeloischen Leukämie (AML) wurde im August 2008 gestellt, morphologisch zeigte
sich ein myelomonozytärer Subtyp (M4),
zytogenetisch konnte ein prognostisch ungünstiges MLL-Rearrangement nachgewiesen werden.
4 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Es erfolgte zunächst eine antineoplastische
Polychemotherapie gemäß der Therapiestudie AML-BFM 2004 im Hochrisikoarm
von August 2009 bis Januar 2010. Bereits
wenige Wochen nach Beendigung der Intensivtherapie kam es unter der Erhaltungschemotherapie zu einem extramedullären, isoliert kutanen Frührezidiv der Leukämie
(Abb. 1a). Es erfolgte eine erneute intensive antineoplastische Therapie gemäß dem
AML-Rezidiv-Register 2009 von Januar bis
März 2010. Unter der Rezidivchemotherapie
bildeten sich die Hautinfiltrate zwar zurück
(Abb. 1b), es konnte jedoch keine anhaltende
Remission erzielt werden.
Zeitlich synchron mit der hämatopoetischen
Regeneration traten erneut leukämische
Hautinfiltrate auf. Aufgrund der insgesamt
schlechten Prognose entschied man sich zu
einer allogenen Stammzelltransplantation von der haploidenten Mutter. Zwischen
Mutter und Tochter besteht ein sogenannter
KIR-Mismatch, das NK-Zell-Alloreaktivität
voraussagt [1]. Die myeloablative Konditionierung erfolgte mit Fludarabin, Thiotepa,
Melphalan und Muromonab im März 2010.
Am 30.03.2010 erfolgte die Übertragung
von 10,1 x 106 CD34+/kg KG Empfänger
Stammzellen (CD3/CD19-depletiert).
Das Mädchen tolerierte die gesamte antineoplastische Therapie im Wesentlichen sehr
gut. An nennenswerten Nebenwirkungen
/ Komplikationen kam es zu einer akuten,
therapieassoziierten Mukositis, einer infektiösen Gastroenteritis mit Nachweis von Norovirus im Stuhl sowie eine lang anhaltende
Inappetenz, welche bis dato eine teilparenterale Ernährung (TPN) notwendig macht.
Die Erholung der Hämatopoese erfolgte
rasch ab Tag +11 nach SZT. Im Verlauf
kam es zu einer Adenovirus-(ADV)- und
Cytomegalievirus-(CMV) Virämie, sowie
Das Mädchen konnte erstmals an Tag +48
nach SZT in die tagesklinische Betreuung
entlassen werden (Entlassmedikation siehe
Tab. 1; klinischer Verlauf siehe Abb. 2). Da
die langsame und schmerzhafte s.c.-Injektion insbesondere von Histamin-Dihydrochlorid die Eltern sehr belastete, wurde ein
ambulanter Pflegedienst für die häusliche
Versorgung eingebunden.
Diskussion des Fallbeispiels A.B.
Im dargestellten Fallbeispiel stellen die
komplexe Diagnose, welche ein individuelles Vorgehen fordert, das Alter sowie das
niedrige Körpergewicht des Mädchens A.B.
eine Herausforderung für den Pharmazeuten
sowie den pädiatrischen Onkologen dar.
Abb. 1: Extramedulläres Rezidiv einer AML mit isolierten Hautinfiltraten bei
einem 2 Jahre alten Mädchen (Fallbeispiel A.B.).
zum Nachweis von ADV im Stuhl welche,
über die im Zentrum bei haploidenten SZT
übliche antivirale Prophylaxe mit Ribavirin
und Aciclovir hinaus, eine präemptive antivirale Therapie mit Cidofovir bzw. Valganciclovir notwendig machten. Ferner zeigte
sich eine milde „Graft-versus-Host-Erkrankung“ (GvHD) der Haut (Grad I), welche
sich im Folgenden spontan zurückbildete.
Um den „Graft-versus-Leukämie-Effekt“
zu verstärken, wurde an d+50 bei stabilem
Engraftment mit einer immunmodulato-
rischen Therapie mit subkutan appliziertem
Interleukin-2 (IL-2) und Histamin-Dihydrochlorid begonnen. Dieses Vorgehen
geschieht in Anlehnung an publizierte
Behandlungsregime bei erwachsenen AMLPatienten [2]. Die immunmodulatorische
Therapie soll über 18 Monate erfolgen und
10 Zyklen à 21 Tage umfassen. Während der
Zyklen ist 2x täglich die subkutane Applikation von IL-2 (16400 u/kg) und HistaminDihydrochlorid (0,1 mg absolut über je 5
min) vorgesehen.
Abb. 2: Klinischer Verlauf und pharmakologische Therapie (Fallbeispiel A.B.)
Die Dosierung der zytostatischen Therapie
muss dem Alter bzw. Körpergewicht angepasst, infundierte Volumina möglichst klein
gehalten werden. Die TPN erfolgt mittels
einer den Bedürfnissen kleiner Kinder angepasster, individuell in der hiesigen Apotheke
produzierten Standardlösung.
Aufgrund der komplexen Polymedikation müssen Arzneimittelinteraktionen bzw.
Nebenwirkungen kritisch und regelmäßig
geprüft werden. Beispielsweise wurde auf die
Interaktion zwischen Itraconazol und Omeprazol verwiesen, die zu einer verschlechterten Bioverfügbarkeit von Itraconazol
führt. Die pharmazeutische Empfehlung
sieht vor, entweder auf die orale Lösung von
Itraconazol umzustellen oder alternativ die
Itraconazol-Kapseln mit einem säurehaltigen
Getränk einzunehmen. Ferner erfolgten
pharmazeutische Dosierungsempfehlungen
zu Phenoxymethylpenicillin mit 400 000 bis
600 000 I.E. in 3-4 Dosen pro Tag sowie
die Empfehlung der prophylaktischen Dosis
von Itraconazol von 2,5 mg/kg in 2 Dosen
pro Tag. Die endgültige Dosierung muss
dann anhand der Empfehlungen bzw. der
klinischen Indikation festgelegt werden.
Weiterhin handelt es sich beim Einsatz zahlreicher Medikamente um einen „off-labeluse“, bei dem die Indikation besonders abgewogen sowie eine entsprechende Aufklärung
der Eltern stattfinden muss. Beispielhaft
seien hier Valganciclovir (für Kinder nicht
zugelassen) und Ribavirin (zugelassen ab
dem 3. Lebensjahr für Hepatitis C Erkran-
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 5
Pharmazeutisch-medizinische Zusammenarbeit in der pädiatrischen Onkologie
Tab. 1: Arzneimitteltherapie bei Entlassung (Fallbeispiel A.B.)
Subkutane Therapie
Dosierung
Histamin 0,5 mg/0,5 ml Amp.
0,1 mg – 0 – 0,1 mg
Interleukin-2 18 Mio IE
164000 IE – 0 – 164000 IE
Intravenöse Therapie
Dosierung
Immunglobulin G 2,5g i.v.-Lsg
1 x wöchentlich 2,5 g
Teilparenterale Ernährung
1000 ml Standard-Lsg. 1-3 Jahre+10 ml KCl
7,45% + 5ml Inzolen; Lipofundin MCT 20%
50ml + 5ml Soluvit + 5ml Vitalipid
Orale Therapie
Dosierung
Cotrimoxazol 240 mg/5 ml Saft
144 mg – 0 – 144 mg (Mo, Di, Mi)
Amphotericin B - Suspension
100 mg – 100 mg – 100 mg
Itraconazol 10 mg/ml Saft
0 – 100 mg – 0
Phenoxymethylpenicillin-Kalium
250000 IE
Aciclovir Suspension
200 mg – 200 mg – 200 mg
Metronidazol Tbl.
125 mg – 0 – 125 mg
Folsäure
2,5 mg – 0 – 2,5 mg (Di, Fr)
Ribavirin Lösung
100 mg – 0 – 100 mg
Ursodeoxycholsäure 250 mg/5 ml Suspension
0 – 62,5 mg – 62,5 mg
Omeprazol 10 mg Tbl.
2,5 mg – 0 – 0
Valganciclovir Suspension
150 mg – 0 – 150 mg
kungen) genannt. Die Sicherheit und Wirksamkeit von Valganciclovir im Vergleich
zu Ganciclovir bei Kindern mit bzw. nach
Organtransplantationen wurde wiederholt
belegt [3, 4]. Die empfohlene Dosierung
für Erwachsene beträgt 900 mg/d, die für
Kinder verwendete Dosierung erfolgt in der
Regel anhand der Formel: Dosis (mg) = 7 x
Körperoberfläche (KOF; m2) x Kreatinine
Clearance (Schwartz Methode). Ribavirin
wird ab einem Alter von 3 Jahren in einer
Dosierung von 15 mg/kg/d bei Hepatitis C
Infektionen empfohlen. Die prophylaktische
bzw. therapeutische Wirksamkeit bei anderen Virusinfektionen, wie z.B. Infektionen
des Respirationstraktes mit „Respiratory
Syncytial Virus“ (RSV), Influenza B- und
Parainfluenza-Viren ist belegt, nicht jedoch
die Wirksamkeit bei ADV-Infektionen [5,
6]. Studien haben gezeigt, dass die höchste
Inzidenz von Virusinfektionen u.a. durch
ADV bei Stammzelltransplantation vom
unverwandten Spender und nach T-ZellDepletion besteht [7], so dass in diesen Fällen nicht nur engmaschige laborchemische
Kontrollen der Viruslast, sondern auch eine
intensive pharmakotherapeutische Prophylaxe und präemptive Therapie erfolgen muss.
In unserem Fallbeispiel erfolgte ferner aufgrund der nachgewiesenen Chemotherapierefraktärität ein individueller Heilversuch
mit Einverständnis der Eltern des Mädchens
mit einer immunmodulatorischen Therapie
zur Verstärkung des „Graft-versus-Leukämie-Effekt“ mit der s.c.-Gabe von IL-2 und
Histamin.
Dies erforderte eine enge Zusammenarbeit
des Pädiaters mit den Pharmazeuten. Ein
Problem stellten insbesondere die s.c. zu
spritzenden Mengen dar: die kleine Patientin erhält nun Histamindihydrochlorid 0,1
mg in 0,5 ml NaCl 0,9%, sowie IL-2 0,164
M.I.E. in 0,5 ml G 5% + 0,1 % Humanalbumin 2x tgl. s.c. durch die Eltern. Ceplene® ist nur in Flaschen zu 0,5 mg erhältlich.
Um Verwurf zu vermeiden und um Kosten
einzusparen, werden im „PharmazeutischOnkologischen-Zentrum“ der Apotheke
unter aseptischen Bedingungen 5 Spritzen
a 0,1 mg Ceplene® portioniert.
6 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Abb. 3: Cidofovir-Gel zur topischen
Anwendung
Cidofovir-Gel 0,1% 100 g
Bestandteile:
1. Vistide®-Konzentrat 75 mg/ml
1,33 ml
2. Tylose H 300 Gel 4% konserviert
98,67 g
Herstellvorschrift:
benötigte Geräte: Vistide-Lösung, Fantaschale, Pistill, Kartenblatt
Arbeiten unter Abzug/LAF, da es sich
bei Vistide um ein Virustatikum und
somit um ein potentielles CMR-Arzneimittel handelt. Entsprechende Sicherheitsvorkehrungen sind einzuhalten.
Herstellung:
1. 1,33 ml Vistide in Spritze aufziehen
2. in Fantaschale kleine Menge
Tylose-Gel 4% vorlegen
3. Vistide-Lösung einarbeiten
4. nach und nach weiteres Tylose-Gel
zugeben und homogenisieren bis
ein Endgewicht von 100 g erreicht
wird
5. in Tube abfüllen, verschließen und
etikettieren
Etwas komplexer ist die Herstellung der
IL-2-Spritzen. Aufgrund des geringen Volumens von 0,009 ml IL-2 wird das Gesamtvolumen für 14 Spritzen (0,127 ml)
ad 7 ml mit Glucose 5% und 0,1% Humanalbumin aufgefüllt und gemischt. Anschließend werden 14 Spritzen zu je 0,5
ml portioniert. Die Haltbarkeit von 7 Tagen für aseptische Zubereitungen wurde
dem Amerikanischen Arzneibuch USP
für middle-risk-Zubereitungen entnommen (physikalisch-chemische Stabilität für
IL-2-Verdünnungen nach Stabil-Liste 14
Tage). Ein Zusatz von Humanalbumin in
der Konzentration von 0,1% ist notwendig
für Interleukin-Verdünnungen mit einer
Konzentration < 0,1 mg/ml, da ansonsten
die Gefahr der Adsorption an Infusionszubehör besteht.
Histamindihydrochlorid (Ceplene®) wurde im Mai 2010 in Deutschland zur Erhaltungstherapie bei AML im Erwachsenenalter in Kombination mit Interleukin-2
zugelassen.
Pharmazeutisch-medizinische Zusammenarbeit in der pädiatrischen Onkologie
Weitere Ergebnisse des
Kooperationsprojektes:
Entwicklung eines Cidofovir-Gels
Über die patientenbezogene Versorgung
hinaus gelingt es auch, neue Standards zu
etablieren, neue pharmazeutische Erkenntnisse umzusetzen bzw. neue Ideen gemeinsam zu entwickeln. Beispielhaft sei hierfür die Entwicklung eines Cidofovir-Gels
genannt, das bei einer ALL-Patientin mit
aufgetretener HHV6-Virämie (Humaner
Herpesvirus 6) eingesetzt wurde. Die Pa-
tientin entwickelte ein generalisiertes urtikarielles Exanthem mit quälendem Juckreiz in zeitlichem Zusammenhang zu der
nachgewiesenen HHV6-Virämie. Trotz
maximaler antiallergischer Behandlung
mit Antihistaminika kam es nicht zu einer
befriedigenden Besserung der Symptome.
Aufgrund dessen wurde über eine mögliche
lokale Applikation von Cidofivir diskutiert.
Es gibt bisher kein zugelassenes CidofovirPräparat zur topischen Anwendung. Es existieren jedoch Daten über einen topischen
Einsatz von Cidofovir gegen Condyloma
accuminata, Verruca vulgaris, Molluscum
Contaginosum und Herpes simplex Virus
1 und 2 in Konzentrationen von 0,3% bis
5% [8]. Auf Basis der vorliegenden Literatur
entwickelte die Apotheke ein Cidofovir-Gel
zur topischen Anwendung, auf Stationswunsch in einer Konzentration von 0,1%
wegen der vorbestehenden Einschränkung
der Nierenfunktion, das zum ersten Mal
bei der Patientin eingesetzt wurde (Abb. 3).
Der pharmazeutischen Empfehlung gemäß
wurde das Gel zweimal täglich auf die betroffenen Stellen aufgetragen.
Portkathetersanierung durch Taurolock®
Eine weitere pharmazeutische Empfehlung
bezog sich auf 2 Patienten mit rezidivierenden Portkatheterinfektionen. Normalerweise wird zum Blocken von zentralvenösen
Kathetern in der pädiatrischen Onkologie
Heidelberg Heparin (Medunasal®) eingesetzt. Hierunter kam es aber in o.g. Fällen
zu wiederkehrenden Katheterinfektionen,
woraufhin die Anwendung von Taurolidin
(Taurolock®) in Erwägung gezogen wurde.
Daraufhin konnte bei einem der zwei Patienten eine Kathetersanierung durch Taurolock® in Kombination mit einer antibiogrammgemäßen Antibiose erreicht und ein
Katheterwechsel vermieden werden.
Abb. 4: Verbrauch individuell hergestellter TPN-Mischbeutel auf der onkologischen Station des
Zentrums für Kinder und Jugendmedizin Heidelberg 2008 und 2009.
Abb. 5: Preis pro individuell hergestelltem TPN-Mischbeutel auf der onkologischen Station des
Zentrums für Kinder und Jugendmedizin Heidelberg 2008 und 2009.
Umstellung der TPN
In einem weiteren Projekt gelang die Umstellung der TPN im Rahmen der engen
Kooperation. Bis Ende 2008 erfolgte in der
pädiatrischen Onkologie Heidelberg ausschließlich eine manuell-individuelle Herstellung. Dies führte zeitgleich mit einem
steigenden Bedarf durch zunehmend komplexere Patienten vor allem mit Etablierung
der SZT in der hiesigen pädiatrischen Onkologie (Abb. 4) zu einem signifikanten Anstieg der Arbeitszeit bzw. der Kosten.
Unter dem Druck der Kosteneinsparung
wurde in enger Zusammenarbeit zwischen
Pädiater und Apotheker der Einsatz von industriell vorgefertigten Infusionslösungen wie
z.B. Nutriflex®, Aminomix® etabliert. Dies
ermöglichte eine Kosten- und Zeiteinsparung
sowohl auf Seiten der Pädiater als auch auf
Seiten der Apotheke (Abb. 5). Die klinische
Flexibilität bleibt dennoch weiterhin gegeben,
da darüber hinaus sogenannte Standardbeutel
u.a. für Kinder < 3 Jahre aus der Eigenherstellung der Apotheke verfügbar sind. Diese
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 7
Pharmazeutisch-medizinische Zusammenarbeit in der pädiatrischen Onkologie
werden den Bedürfnissen kleiner Kinder angepasst, d.h. der Mehrbedarf an Elektrolyten,
Spurenelementen und Vitaminen wird von
der Apotheke unter aseptischen Bedingungen
den Standardbeuteln zugeführt. Damit bleibt
die mikrobiologische Stabilität unberührt und
die Ernährung kann weiterhin patientenindividuell angepasst werden.
Fazit
Die enge Zusammenarbeit zwischen dem
„Pharmazeutisch-Onkologischen-Zentrum“
und der pädiatrischen Onkologie des Universitätsklinikums Heidelberg ermöglicht
eine optimale Betreuung von schwerkranken
Patienten, da es für beide Seiten direkte Ansprechpartner gibt bzw. Probleme und Fragen
zügig diskutiert und bearbeitet werden können. So werden Probleme oder Wünsche von
beiden Seiten schnell erkannt und Lösungen
herbeigeführt. Zudem gelingt es, bestehende
Vorgehensweisen gemeinsam zu optimieren
sowie innovative Behandlungsmethoden zu
entwickeln.
Dem erhöhten Zeitaufwand für die Visitenvorbereitung bzw. die Visitenteilnahme steht
eine Zeitersparnis und Kostenreduktion durch
z.B. die Standardisierung von Vorgängen (Bsp.
TPN-Beutel) gegenüber. Darüber hinaus kann
die regelmäßige pharmazeutische Beratung zu
Kosteneinsparungen in der Arzneimitteltherapie beitragen, wenn zum Beispiel durch die
pharmazeutische Intervention eine Doppelverordnung vermieden wird oder wenn aufgrund
veränderter Krankheitsverläufe und/oder Laborparameter unnötige Arzneimitteltherapien
abgesetzt werden. Im Fokus steht jedoch immer die Arzneimitteltherapiesicherheit, die
nur durch die interdisziplinäre Kooperation
zwischen Ärzten, Apothekern und Patienten
gewährleistet wird.
Aufgrund der positiven Erfahrungen ist eine
weitere Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen Apotheke und pädiatrischer Onkologie
wünschenswert. Denkbar wäre die regelmäßige
Teilnahme eines Pharmazeuten an der Tumorkonferenz oder die gemeinsame Erstellung von
Therapieleitlinien zum Einsatz von Antiinfektiva, Schmerzstoffen etc, wie dies bereits auf
anderen Stationen des Klinikums etabliert ist.
function in pediatric solid organ transplant recipients;
Am J Transplant. 2009 Mar;9(3):636-43.
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and safety of valganciclovir vs. oral ganciclovir in the
prevention of symptomatic CMV infection in children
after solid organ transplantation; Pediatr Transplant.
2010 May 3. [Epub ahead of print]
Autoren:
Martin Ehmann1*, Dr. LeHang Pelzl1, Dr. Claudia
Blattmann2, Dr. Joachim Kunz2, Prof. Dr. Andreas
E. Kulozik 2, Dr. Torsten Hoppe-Tichy 1
1 Apotheke des Universitätsklinikums
Heidelberg, Im Neuenheimer Feld 670,
69120 Heidelberg
2 Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin,
Angelika-Lautenschläger-Klinik, Klinik für
Onkologie, Hämatologie, Immunologie und
Pneumologie, Im Neuenheimer Feld 430,
69120 Heidelberg
* Korrespondenz:
[email protected]
4. Vaudry W, Ettenger R, Jara P et al.: Valganciclovir
dosing according to body surface area and renal
VORANKÜNDIGUNG
„Methodik klinischer Prüfung in der Onkologie“
Seminar:
Veranstalter:
13. Zentraleuropäisches
Seminar der European
School of Oncology
– deutschsprachiges
Programm
Approbation:
CR-ITR VIEnna / LBI-ACR
VIEnna – CTO, unter aktiver Beteiligung von ASOP
Termin:
25. - 27. November 2010
Ort:
Palais Strudlhof, Wien
21 DFP-Punkte für das
Fach Innere Medizin
(Hämato-Onkologie)
Akkreditierung: 15 ESMO-MORA Punkte
der Kategorie 1
Seminarleiter: Univ.-Prof.Dr. Christian
Dittrich (Wien,A)
8 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Auskunft:
Angewandte Krebsforschung
– Institution für
Translationale Forschung
Wien (ACR-ITR VIEnna)
c/o Bernardgasse 24/2,
A-1070 Wien
Tel: 0043 1 523 35 94
Fax: 0043 1 523 35 944
E-Mail: [email protected]
Kommentar des Herausgebers
Drei gegen alle
Kommentar des Herausgebers
Man spricht „ … bei Chemotherapien immerhin
von Preisen zwischen 100 bis 12.000 Euro pro
Dosis“ heißt es im Artikel.
Klaus Meier
D
em geneigten Leser des Hamburger
Abendblattes (1) scheinen am 2. August
2010 die Gründerjahre zurückgekehrt
zu sein. Diese begannen bekanntlich 1827
mit der Produktionsgründung des Darmstädter
Apothekers Heinrich Emanuel Merck sowie der
von Ernst Schering 1851 gekauften „Grünen
Apotheke“ zu Berlin, die sein Sohn Richard
übernahm und zusätzlich 1881 die „R. Schering
Fabrik chemisch pharmazeutische Präparate“
für die Herstellung von Spezialitäten gründete.
Nun haben drei Apotheker in Hamburg 10
Millionen Euro investiert und dort eine „Fabrik“
gegründet, die 100 Arbeitsplätze schaffen soll.
Und dies, um dem „bei den Krankenhäusern“
herrschenden Preisdruck entgegenzuwirken.
Ob damit die Kosten gesenkt werden, wird
im Text nicht näher belegt, wohl aber wird
behauptet, dass „sich in Zukunft nur noch
Massenproduktion lohnen werde“.
Bekanntlich haben sich diese drei Apotheker,
die auch an Veranstaltungen zu pharmazeutisch-onkologischen Fachfragen persönlich oder
durch Mitarbeiter vertreten sind, seit kurzem
in einem Verband organisiert, der die Herstellungsbetriebe und deren Interessen bei den
einschlägigen Ministerien vertritt. Altruismus
wird man den drei Apothekern nicht unbedingt
nachsagen können, auch wenn der eine oder
andere von ihnen die eine oder andere Aktivität
zur Verbesserung der Versorgung onkologischer
Patienten nach außen hin unterstützt.
Die im o. g. Artikel vorgetragenen Positionen,
die zum Erscheinen im Wirtschaftsteil beitrugen
und dem aufblühenden Wirtschaftsstandort
Hamburg ein Loblied singen, sind jedoch dem
Engagement für eine bessere Patientenversorgung nicht förderlich.
Auch wenn man unterstellt, dass die drei
Apotheker ihr Vorgehen mit patientennaher
Pharmazie in Einklang zu bringen versuchen,
kann man doch zu allererst das Bestreben
erkennen, die bisher gemachten finanziellen
Erfolge in Zukunft noch weiter auszubauen.
Das Ziel wird klar und dies gilt nicht nur für
Apotheken in Hamburg und im näheren und
weiteren Umkreis. „Die große Masse ihrer
Konkurrenten – also die Apotheken – werden
die hohen Anforderungen dieses Produktionsverfahren wohl kaum einhalten können, heißt
es in der Branche.“
Damit erscheint dann auch die Frage der neu
geschaffenen Stellen in einem anderen Licht:
Denn wo der Umsatz schwindet, werden die
damit verbundenen Stellen in den anderen
Apotheken wohl auch schwinden.
Soll das die Zukunft in der pharmazeutischen
Versorgung onkologischer Patienten sein?
Sollen ca. 6 bis 15 Herstellungszentren über
ganz Deutschland verteilt die Versorgung mit
Zytostatika-Lösungen übernehmen?
Soll ein Herstellungszentrum aus Sachsen
nahezu 50 % aller Arztpraxen in Berlin
mit Zytostatika-Lösungen für deren AOKPatienten – der AOK-Ausschreibung entsprechend – beliefern? (2)
In Hamburg werden sich Patienten nach diesem
Artikel fragen, ob sie nun eigentlich bisher von
ihren Apotheken, die nicht zu der Fabrik der drei
Apotheker gehörten, korrekt und fürsorglich
versorgt wurden.
Und so nebenbei suggeriert der Artikel ihnen
von dort auch Gefahren: Sei doch „die Branche,
die im Wesentlichen von Apotheken geprägt ist,
zwischenzeitlich in Verruf“ und „Dutzende von
Apothekern ins Visier der Staatsanwaltschaften
geraten“ durch den Einsatz und Verkauf von
zum Teil wirkungslosen Präparaten „mit schwindelerregenden Gewinnmargen“. Es findet sich
der knappe Hinweis, dass in Hamburg ein solcher Fall allerdings nicht bekannt geworden sei.
Seit 1996 gelten bundesweit die von der
DGOP die erarbeiteten Qualitätsstandards für
den pharmazeutisch-onkologischen Service
(QuapoS). Zwischenzeitlich wurden die QuapoS in 23 verschiedene Sprachen übersetzt,
deren Normenbildender Charakter europaweit
anerkannt und als Richtschnur zum Handeln im
Bereich der Onkologischen Pharmazie erhoben.
Allen Abgeordneten des Deutschen Bundestages liegen diese Standards vor und man
beginnt dort zu verstehen, was unter „Guter
Herstellungs-Praxis“ gemeint ist, wenn Apotheken Zytostatika-Lösungen patienten- und
ortsnah aber ohne kompletten IndustrieOverhead auf Grundlage der QuapoS sowie der
BAK-Leitlinie als verbindliche und praktikable
Mindeststandards herstellen.
Bekanntlich gibt es kaum noch eine dieser
Zytostatika herstellenden Apotheken, die nicht
mittels EDV-Programmen arbeitet und damit
nicht nur die Herstellungsaspekte abbildet,
sondern auch prozesshaft steuern kann.
Zum wiederholten Male, auch vor dem Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages,
habe ich darauf hingewiesen, dass es sich
bei der Entlohnung der pharmazeutischen
Tätigkeit „Herstellung von applikationsfertigen
Zytostatika-Lösungen“ nicht um eine reine
Herstellungspauschale, sondern zu allererst
um eine Dienstleitungspauschale handelt (3).
Diese muss den gesamten Prozess der pharmazeutischen Beratung und Betreuung des
onkologischen Patienten abdecken. Weil die
Herstellung nur ein geringer Teil des pharmazeutischen Betreuungsprozesses ist, sah ich
die Gefahr, dass sich Herstellerbetriebe hieran
erheblich bereichern könnten, ohne die pharmazeutische Dienstleistung am onkologischen
Patienten auch nur annähernd zu verbessern.
Die gesellschaftlichen Bedingungen in der
Bundesrepublik lassen eine gewinnorientierte
Ausrichtung zu. Inwieweit die gesellschaftlich
relevanten Organe und Organisationen eine
ausufernde Gewinnmaximierung zu Lasten
von Patienten zulassen, steht für mich jedoch
auf einem anderen Blatt – zumindest solange
es noch Menschen im Gesundheitswesen gibt,
denen die nachhaltige Patientenversorgung
näher steht als das Betreiben einer Fabrikation.
(1) http://www.abendblatt.de/hamburg/article1586118/Pharma-made-in-Jenfeld-Apotheker-gruenden-Firma.html
(2) http://www.apotheke-adhoc.de/Nachrichten/
Politik/11018.html
(3) http://www.dgop.org/amg_novelle.php
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 9
Persönliche Schutzausrüstung
Persönliche Schutzausrüstung –
eine elementare Barriere zum Schutz der
Gesundheit beim Umgang mit CMR-Arzneimitteln
Teil 1: Rechtliche Grundlagen und Schutzhandschuhe
Von Guido Maik, Thomas Hinrichs, Elmshorn
D
ie persönliche Schutzausrüstung (PSA) ist in der Rangfolge die letzte Schutzmaßnahme, um den Menschen vor Gefahrstoffen oder gefährlichen biologischen
Arbeitsstoffen zu schützen.
Eine PSA muss die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen der
Richtlinie 89/686/EWG erfüllen, damit ein Hersteller diese in den Verkehr bringen
darf. Der Arbeitgeber muss geeignete PSA zur Verfügung stellen und diese ist zwingend
durch den Arbeitnehmer zu verwenden.
Die Gefährdungsbeurteilung ist das zentrale Element des betrieblichen Arbeitsschutzes
und bildet eine wesentliche Grundlage für die Ableitung zielgerichteter Arbeitsschutzmaßnahmen.
Schutzhandschuhe sind die am häufigsten eingesetzte und wichtigste PSA im Labor.
Begriffe wie Penetration, Permeation und AQL werden ebenso umfassend erläutert wie
die Latexallergie und notwendige Kennzeichnung von Schutzhandschuhen.
Rechtliche Grundlagen
Die Gefährdungsbeurteilung umfasst als
zentrales Element des betrieblichen Arbeitsschutzes die systematische Beurteilung der
für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit ver-
Die Richtlinie 89/686/EWG für persönliche Schutzausrüstung unterscheidet PSA
der Kategorie I, II und III (Tab. 1) [13-15].
Definition von PSA gem. Richtlinie 89/686/
EWG, §1 (2):
„Als PSA gilt jede Vorrichtung oder jedes Mittel, das dazu bestimmt ist, von einer Person
getragen oder gehalten zu werden, und das diese gegen ein oder mehrere Risiken schützen
soll, die ihre Gesundheit sowie ihre Sicherheit
gefährden.“
Für den Umgang mit Zytostatika (Tab. 2)
oder gefährlichen biologischen Arbeitsstoffen (Tab. 3) kommt nur die Verwendung
von PSA der Kategorie III in Betracht.
Einschlägige Vorschriften auf europäischer
und nationaler Ebene verpflichten Betreiber
von biotechnologischen und pharmazeutischen Laboratorien zur Verwendung von
persönlicher Schutzausrüstung [1-9]. Der
Arbeitgeber ist vor Aufnahme der Tätigkeiten verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und erforderliche
Schutzmaßnahmen zu treffen [10-12].
Bei der Festlegung von Schutzmaßnahmen
ist der Vorrang der Substitution der gefährlichen Substanzen vor technischen, organisatorischen Maßnahmen und vor der Anwendung von persönlicher Schutzausrüstung
zu berücksichtigen (Abb. 1). Dies gilt auch,
wenn eine Kombination aus technischen, organisatorischen und persönlichen Maßnahmen festgelegt wird. Die Schutzmaßnahmen
müssen dem Stand der Technik entsprechen.
Persönliche Schutzausrüstung:
Definitionen & Unterschiede
Abb. 1: TOP- Schutzmaßnahmen Prinzip.
bundenen Gefährdungen und Belastungen.
Sie bildet damit eine wesentliche Grundlage für die Ableitung zielgerichteter Arbeitsschutzmaßnahmen. Die gesetzliche
Basis für die Gefährdungsbeurteilung ist
das Arbeitsschutzgesetz, welches u. a. durch
die Gefahrstoff- und Biostoffverordnung
konkretisiert wird. Der Arbeitgeber hat die
Verantwortung für die Durchführung der
Gefährdungsbeurteilung und die Umsetzung der Ergebnisse.
10 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Diese sog. komplexe PSA muss den Menschen vor ernsten, irreversiblen Gesundheitsschäden bis hin zu tödlichen Gefahren
schützen. Ein Hersteller von PSA der Kategorie III (z. B. Schutzhandschuhe für Zytostatika) muss vor dem Inverkehrbringen
durch eine benannte Stelle (= Notified Body)
eine EG-Baumusterprüfung durchführen
lassen. Diese neutrale und unabhängige
Organisation prüft, ob alle grundlegenden
Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen
gem. Richtlinie erfüllt sind. Produktspezifische Normen wie etwa DIN EN 374 Teil
1-3 für Schutzhandschuhe gegen Chemikalien und Mikroorganismen konkretisieren
die Richtlinie [16-18].
Jährliche Auditierung des EG-Qualitätssicherungssystems gem. Artikel 11 B oder
stichprobenartige Produktprüfungen gem.
Persönliche Schutzausrüstung
Tab. 1: Kategorisierung und Unterschiede bei persönlicher Schutzausrüstung.
Tab. 2: Kategorisierung von CMR-Arzneimitteln und mögliche PSA Schutzmaßnahmen.
Tab. 3: Kategorisierung von biologischen Arbeitsstoffen und mögliche PSA Schutzmaßnahmen.
Artikel 11 A durch die benannte Stelle sollen
eine gleichbleibende Qualität sicherstellen.
Nach erfolgreicher EG-Baumusterprüfung
und Besichtigung der Fertigungsstätte wird
eine EG-Baumusterprüfbescheinigung ausgestellt. Diese berechtigt den Hersteller zur
Ausstellung der EG-Konformitätserklärung
(= „Technischer Reisepass“) und das Anbringen des CE-Konformitätskennzeichen (Abb.
2) am Produkt und/oder Verpackung (CE =
Conformité Européenne).
Das CE-Konformitätskennzeichen, mit
einer vierstelligen Kennnummer (Abb. 3),
lässt das Einschalten einer benannten Stelle
erkennen (Tab. 1).
Die Zweckbestimmung des CE-Konformitätskennzeichen ist die Sicherstellung des
freien Warenverkehrs innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) [19].
Dieses ist kein Qualitäts- und Sicherheits-
Abb. 2: CEKonformitätskennzeichen
für PSA Kategorie I und II.
Abb. 3: CEKonformitätskennzeichen
mit der Kennnummer der
benannten Stelle für
PSA Kategorie III.
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 11
Persönliche Schutzausrüstung
zeichen, da es bestimmungsgemäß auf allen
PSA-Produkten anzubringen ist, welche
in den Anwendungsbereich der Richtlinie
89/686/EWG fallen. Ein Qualitäts- und
Sicherheitszeichen für eine PSA kann z.
B. ein Baumusterprüfzeichen sein (Abb. 4).
Abb. 4:
Qualitäts- und
Sicherheitszeichen
der akkreditierten
Prüfstelle „BGPrüfzert“ für PSA.
PSA beim Umgang mit Zytostatika
Zusammensetzung und Typus der PSA resultiert aus der Gefährdungsbeurteilung und
kann daher von Einsatzbereich zu Einsatzbereich variieren. In diesem Artikel wird
nun die PSA für die Arbeit mit Zytostatika und biologischen Arbeitsstoffen näher
betrachtet.
Ein grundlegender Bestandteil jeder PSA ist
immer der entsprechende Schutzhandschuh.
Da der Mensch mit seinen Händen die Arbeiten durchführt und damit den gefährlichen Substanzen besonders nahe kommt,
ist hier ein guter Schutz besonders wichtig.
Vielfach sind dem Anwender die Unterscheidungsmerkmale zwischen den verschiedenen
Arten und Materialien von Einweghandschuhen nicht geläufig. Für die Arbeiten
mit CMR-Arzneimitteln (= cancerogen,
mutagen, reproduktionstoxisch) sind beispielsweise medizinische Handschuhe nach
DIN EN 455 [20-23] nicht geeignet. Medizinische Handschuhe dienen in der Arzt
Patientenbeziehung primär dem Schutz vor
Infektionen. Sie verfügen aber nicht immer
über die notwendige Chemikalienbeständigkeit, um z. B. Zytostatika wirksam zurückhalten zu können.
Auch das Tragen von 2 Paar Handschuhen
übereinander („double gloving“) hat bei medizinischen Handschuhen nicht den notwendigen Effekt im Sinne einer vollwertigen
PSA gem. Stand der Technik. Bei Arbeiten
mit CMR-Arzneimitteln sind daher Schutzhandschuhe als PSA der Kat. III geprüft
und zertifiziert nach DIN EN 374 Teil 1-3
Pflicht. Dies ist in der oben beschriebenen
Richtlinie 89/686/EWG festgelegt und muss
durch Arbeitgeber und Mitarbeiter entsprechend umgesetzt werden.
Handschuhe, die nicht als Schutzhandschuhe geprüft wurden, dürfen also nicht
eingesetzt werden – selbst wenn sie auf einzelne Zytostatika im Rahmen einer Permea-
tionsprüfung getestet wurden. Der Nachweis
eines hinreichenden Schutzes gegenüber
Permeation von Zytostatika beispielsweise, ist nur eine von vielen normativen Mindestanforderungen gem. Stand der Technik, welche es zu erfüllen gilt. Wurde keine
ausreichende PSA verwendet und resultiert
diesbezüglich eine Erkrankung von Mitarbeitern, ist der Arbeitgeber juristischen in
der Haftung („Betreiberhaftung“).
Für alle Handschuhe
Die DIN EN 420 stellt als grundlegende
Norm für Schutzhandschuhe die Basis dar
[24]. In ihr werden allgemeine Anforderungen und Prüfverfahren bei Schutzhandschuhen beschrieben. Hierzu gehören u. a.
Handschuhgrößen und pH-Wert, Beweglichkeit der Finger, Mindestinhalt der Dokumentation (Abb. 5).
Abb. 5: Piktogramm
„Herstellerinformation
beachten“.
Da die Norm allerdings für alle Arten von
Schutzhandschuhen gilt, sind auch Prüfungen des Chrom-IV-Gehaltes bei Lederhandschuhen integriert. Einer der wichtigsten Punkte dieser Norm betrifft jedoch
die Kennzeichnungspflicht der Hersteller.
So muss jeder einzelne Handschuh mit
folgenden Angaben gekennzeichnet sein
(Abb. 6):
12 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Abb. 6: Beispiel einer Kennzeichnung für
einen Schutzhandschuh gem. DIN EN 420.
1. Name des Herstellers oder der Handelsname
2. Handschuhname, Code, Artikelnummer
o. ä. für eine eindeutige Identifizierung
3. Größenbezeichnung
4. Piktogramm mit der Bezeichnung der
Norm und den Leistungsstufen
DIN EN 388 definiert die normativen Mindestanforderungen hinsichtlich des Schutzes
gegen mechanische Risiken [25]. Diese ist
ebenfalls für alle Arten von Schutzhandschuhen anzuwenden, auch wenn sie für
Schutzhandschuhe gegen Zytostatika und
biologische Arbeitsstoffe eher eine untergeordnete Rolle spielt. Die Eigenschaften hinsichtlich der Abriebfestigkeit, Schnittfestigkeit, Weiterreißkraft und Durchstichkraft
lassen im Prinzip einen Rückschluss auf die
mechanische Belastbarkeit zu (Abb. 7).
Abb. 7: Piktogramm
„Mechanische
Beständigkeit“ gem. DIN
EN 388.
Wichtig ist, dass typische Handschuhmaterialien wie etwa Latex, Neopren oder Nitril
keinen Schutz gegenüber scharfen und/
oder spitzen Gegenständen bieten können. Schutzhandschuhe mit integriertem
Schnitt- und Stichschutz, welche z. B. in
Schlachtbetrieben eingesetzt werden, finden in der Zytostatikaherstellung keine
Verwendung und sind auch nicht sinnvoll.
Dennoch müssen auch die hier beschriebenen Schutzhandschuhe entsprechend
geprüft werden.
Bei Schutzhandschuhen gibt es bezüglich
Qualität und Chemikalienbeständigkeit
große Unterschiede. Dieses Grundlagenwis-
Persönliche Schutzausrüstung
sen ist nicht nur für den Anwender, sondern
insbesondere für den Einkäufer wichtig, da
nur so die richtigen Schutzhandschuhe ausgewählt werden können. Eine zentrale Rolle
spielen hier die verschiedenen Prüfungen
nach der DIN EN 374 ff.
Penetration vs. Permeation
Die beiden ähnlich klingenden Begriffe beschreiben die Möglichkeit von biologischen
Arbeitsstoffen und/oder Chemikalien, die
„Schutzschicht“ des Handschuhs zu durchdringen. Penetration beschreibt dabei die
Durchdringung einer Substanz durch Mikrolöcher:
Definition Penetration (lat. penetrare):
„Penetration ist der Durchtritt von festen, flüssigen oder gasförmigen Stoffen durch makroskopische Löcher (Fehler, Nähte)“
Da Schutzhandschuhe als Massenprodukt
hergestellt werden, ist eine Fehlerquelle
aufgrund von Mikrolöchern nie komplett
auszuschließen. Tests, bei denen die Handschuhe mit Wasser oder Luft gefüllt werden,
dienen hier der Überprüfung der Produktqualität. Allerdings sind diese Qualitätsprüfungen produktzerstörende Prüfmethoden.
Da aus ersichtlichem Grund nicht jeder
Handschuh getestet werden kann, wird ein
genormtes, statistische Prüflos gem. DIN
ISO 2859 Teil 1 aus jeder Produktionseinheit
getestet [26]. Dieses Verfahren zur Ermittlung der erforderlichen Stichprobengröße im
Qualitätsmanagement wird auch als AQL
(Acceptable Quality Level ) bezeichnet.
Fehler auf als statistisch bei dem angegebenen AQL-Level erlaubt, darf die komplette Charge nicht ausgeliefert werden. Der
AQL ist daher ein statistisches Verfahren
zur Qualitätsbestimmung.
Generell lässt sich für den Anwender hier
sagen, je kleiner der auf der Verpackung abgedruckte AQL-Wert, desto besser ist die
Produktqualität. Doch Vorsicht: Immer nur
die Werte vom Wasser-Leck-Test mit anderen Ergebnissen eines Wasser-Leck-Test
vergleichen. Der Vergleich von Wasser- und
Luft-Leck-Tests ist nicht zulässig, da die
Ergebnisse des Luft-Leck-Tests verfahrensbedingt immer bessere Ergebnisse zeigen.
Als Permeation wird die Durchdringung
eines Materials auf molekularer Ebene bezeichnet:
Definition Permeation (lat. permeare):
„Permeation ist der Durchtritt von festen, flüssigen oder gasförmigen Stoffen im
molekularen Bereich“
Die Triebkraft für die Permeation ist ein Konzentrationsgefälle - auch Konzentrationsgra-
dient genannt - zwischen der Ober- und Unterseite der Schutzschicht. Im Rahmen eines
natürlichen Konzentrationsausgleichsprozesses
durchwandern die einzelnen Moleküle die
Schutzschicht des Materials mehr oder weniger schnell. Die Geschwindigkeit ist dabei
abhängig von der verwendeten Substanz, Stärke der Schutzschicht und den Barriereeigenschaften des Schutzmaterials.
In Europa wurden dabei in der Norm DIN
EN 374 Teil 3 Durchbruchszeiten und -klassen standardisiert (Tab. 4).
Als Basis für einen Durchbruch wird dabei
die Chemikalienmenge von 1 mg/min pro
cm² Schutzhandschuhmaterial zugrunde
gelegt. Wird dieser Wert bei der Permeationsprüfung erreicht, ist für die jeweilige
Substanz die Durchbruchszeit erreicht. Da
jede Chemikalie mit jedem Schutzmaterial
eine individuelle Durchbruchszeit erreicht,
dürfen die Permeationsergebnisse nicht
übertragen werden. Auch Schutzhandschuhe
einer Gruppe (z.B. Latex) verschiedener
Hersteller weisen aufgrund unterschiedlicher Materialkompositionen und –stärken
unterschiedliche Werte auf.
Tab. 4:
Durchbruchszeiten und
-Klassen bzgl. der
Permeation von
Chemikalien.
Hierbei wird in genau definierter Vorgangsweise aus einer Los- oder Chargengrösse
an erzeugten Schutzhandschuhen eine bestimmte Teilmenge für eine Stichprobe zur
Verfügung gestellt. Diese Stichprobe wird
gemäß der festgelegten Normen DIN EN
374 Teil 2 auf Penetration mittels WasserLeck-Test oder Luft-Leck-Test geprüft.
Aus dem dabei gewonnenen Resultat lassen
sich dann Rückschlüsse auf die Qualität der
Charge ziehen [27]. D.h. bei einem AQL
von 4,5 dürfen also mehr Schutzhandschuhe
Mikrolöcher enthalten als bei einem AQL
von 1,5. Qualitativ hochwertige Schutzhandschuhe weisen einen AQL von mindestens
1,5 besser 1,0 aus. Weist die Stichprobe mehr
Tab. 5: Prüfchemikalien gem. DIN EN 374 Teil 3 für Chemikalienschutzhandschuhe.
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 13
Persönliche Schutzausrüstung
Fragen für das testierte interaktive Selbststudium DGOP III/2010
Persönliche Schutzausrüstung – eine elementare Barriere zum Schutz der Gesundheit beim Umgang
mit CMR-Arzneimitteln
1. Das CE-Konformitätszeichen auf dem Produkt und/oder der
Verpackung entspricht
C mindestens 3 Substanzen aus einer Liste von 12 für wenigstens 200 min abhalten.
A einer EG-Konformitätserklärung.
B keinem Qualitäts- und Sicherheitszeichen.
D mindestens 3 Substanzen aus einer Liste von 12 für wenigstens 30 min abhalten.
C einem Baumusterprüfzeichen.
4. Die Latex-Allergie vom Spättyp (Typ-IV-Allergie) ist
D einem EG-Qualitäts- und -Sicherheitszeichen.
A auf Produktionsbegleitstoffe wie Mercaptobenzothiazol
(MBT), Thiurame oder Carbamate zurückzuführen.
2. Für die Arbeiten mit CMR-Arzneimitteln sind
A Handschuhe mit ausreichendem Schutz gegenüber Permeation von Zytostatika geeignet.
B 2 Paar Handschuhe übereinander gezogen („double gloving“) vorgeschrieben.
C Schutzhandschuhe als PSA der Kat. III geprüft und zertifiziert nach DIN EN 374 Teil 1-3 Pflicht.
D medizinische Handschuhe nach DIN EN 455 geeignet.
3. Vor Kennzeichnung als vollwertiger Chemikalienschutzhandschuh muss der jeweilige Schutzhandschuh zur Prüfung der Chemikalienbeständigkeit
A mindestens 6 Substanzen aus einer Liste von 20 für wenigstens 60 min abhalten.
B mindestens 1 Substanz aus einer Liste von 5 für wenigstens 10 min abhalten.
B auf Latex-Proteine zurückzuführen, welche durch die
Verwendung von gepuderten Handschuhen ausgelöst
wurden.
C auf den bei der Produktion eingesetzten Naturkautschuk
zurückzuführen.
D auf das feuchtwarme Milieu, welches sich beim Tragen
eines Handschuhs bildet, zurückzuführen.
Richtige Antworten zum Beitrag:
„Ernährung von Tumorpatienten – ein Überblick“
in „Onkologische Pharmazie“, Heft I/2010
Frage 1:
C
Frage 2:
C
Frage 3:
B
Frage 4:
B, D
Testiertes interaktives Selbststudium – DGOP 2010
Nach der Beantwortung der Fragen zu vorangegangenem Artikel
in der „Onkologischen Pharmazie“ und der Ergänzung der
erforder­lichen Angaben können Sie den gekennzeichneten
Bereich der Zeitung ausschneiden oder kopieren und an
nachfolgende Fax-Nummer der DGOP faxen. Auch mehrere
Antworten können richtig sein. Beim Selbststudium wünschen
wir viel Erfolg!
Per Fax: +49-40-79 14 03 02
Name:
Vorname:
Einrichtung:
Straße:
PLZ/Ort:
Persönliche Schutzausrüstung – Eine elementare Barriere
zum Schutz der Gesundheit beim Umgang mit CMRArzneimitteln (Teil 1)
(Onkologische Pharmazie Nr. 3/2010)
Meine Antwort (X) lautet bei:
Frage 1: A
B
C
D
Frage 2: A
B
C
D
Frage 3: A
B
C
D
Frage 4: A
B
C
D
14 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Ich versichere hiermit, dass ich den o.g. Artikel gelesen und die
Fragen persönlich beantwortet habe.
Zum Zweck der Erreichung von Fortbildungspunkten für „Testiertes
interaktives Selbststudium DGOP“ bitte ich um die Registrierung
meiner Zusendung bei der DGOP und die Übermittlung der
erreichten Punktzahl.
Datum:
Unterschrift:
Persönliche Schutzausrüstung
Für die grundlegenden Tests gemäß DIN
EN 374 Teil 3 zur Prüfung der Chemikalienbeständigkeit muss der jeweilige Schutzhandschuh mindestens 3 Substanzen aus
einer Liste von 12 (Tab. 5) für wenigstens
30 min (Leistungsklasse 2) abhalten.
Wird dieses Ziel erreicht, darf der Schutzhandschuh und die Verpackung mit dem
Symbol des Erlenmeyerkolbens (Abb. 8)
gekennzeichnet werden, das ihn als vollwertigen Chemikalienschutzhandschuh auszeichnet. Die Buchstaben unter dem Symbol
geben die jeweils getesteten Substanzen an.
Abb. 8: Piktogramm
„Erlenmeyerkolben“ gem.
DIN EN 374 Teil 3 zur
Kennzeichnung von
Schutzhandschuhen mit
Schutz vor chemischen
Gefahren.
Erreicht der Schutzhandschuh das Ziel (Beständigkeit für mindestens 30 min.) jedoch
nicht, handelt es sich um einen Schutzhandschuh mit eingeschränktem Schutz
gegen chemische Gefahren. Diese Art von
Schutzhandschuh wird auch als „wasserfest“
bezeichnet und ist am Symbol des Becherglases (Abb. 9) erkennbar.
Abb. 9: Piktogramm
„Becherglas“ gem.
DIN EN 374 Teil 3 zur
Kennzeichnung von
Schutzhandschuhen mit
eingeschränktem Schutz
vor chemischen Gefahren.
Zusätzlich muss ein Hersteller von Schutzhandschuhen für Zytostatika weitere Ergebnisse bzgl. der Permeation von Zytostatika nachweisen können. Die jeweiligen
substanzspezifischen Durchbruchszeiten
und resultierenden Leistungsklassen können der Informationsbroschüre (Alternative Bezeichnung: Bedienungsanleitung,
Gebrauchsanleitung, Information des Herstellers) entnommen werden.
Beim Schutz vor mikrobiologischen Gefahren gibt es innerhalb der EU zurzeit noch
keine einheitliche verabschiedete Norm.
Generell ist nach heutigem Verständnis und
bei den kurzen Tragezeiten für Schutzhandschuhe ein Eindringen nur über Mikrolöcher
Abb. 10: Piktogramm
„Biogefährdung“ gem. DIN
EN 374 Teil 2 zur Kennzeichnung von Schutzhandschuhen mit Schutz
vor bakteriologischen
Gefahren.
im Vorwege gehaltene Rücksprache mit dem
jeweiligen Handschuhhersteller sollte dokumentiert werden.
möglich. Laut aktueller DIN EN 374 Teil 2
sind mit dem Bestehen der Penetrationsprüfung daher auch ein Schutz gegenüber biologischen Arbeitsstoffen gegeben (Abb. 10).
Latex ist seit vielen Jahren das Material für
Einweghandschuhe, sowohl für medizinische Handschuhe als auch für Schutzhandschuhe. Im 15. Jahrhundert kam der
Naturkautschuk als Beute der spanischen
Eroberer aus Südamerika nach Europa. Lange Zeit sah niemand das große Potential im
Saft des Gummibaums Hevea brasiliensis,
bis Charles Goodyear im Jahr 1839 durch
einen Zufall die Vulkanisation entwickelte.
Seit 1890 wurden dann UntersuchungsHandschuhe in der Medizin eingesetzt. Das
Material ist elastisch, angenehm zu tragen
und chemikalienresistent – und löst leider
bei ca. 1% der Bevölkerung Allergien aus.
Viren sind bisher jedoch explizit von dieser
Regelung ausgenommen. Aus diesem Grund
sind die namhaften Hersteller dazu übergegangen, einen zusätzlichen, freiwilligen
Virentest nach der amerikanischen Norm
ASTM F1671 durchzuführen [28]. Mit der
aktuell laufenden Überarbeitung der DIN
EN 374 Reihe soll jedoch auch in Europa ein
Virentest mit aufgenommen werden. Diese
zukünftig gültige neue Version der DIN EN
374 Teil 1 existiert bereits als Entwurf [29].
Steril oder unsteril?
Diese Frage ist in Abhängigkeit vom Einsatzort und -zweck zu beantworten. Während im Lagerbereich oder im Bereich der
Arbeitsvorbereitung nicht zwingend sterile
Schutzhandschuhe zum Einsatz kommen
müssen, ist im Rahmen der GMP-gerechten
Herstellung im Reinraum der Klasse „A“
(z. B. Sicherheitswerkbank oder Isolator mit
LAF) der Einsatz der sterilen Variante notwendig. Das valide Sterilisationsverfahren
(z. B. Gammabestrahlung) gilt es regelmäßig
zu überprüfen. Besonders wichtig ist, dass
die Materialeigenschaften bzgl. der Barrierefunktion (Permeation, Penetration) durch den
Sterilisationsprozess nicht negativ beeinflusst
werden. Entsprechende Sterilisationszertifikate, auf denen immer die Chargennummer
(= LOT) der vorhandenen Handschuhkartons
angegeben sein müssen, sollten seitens des
Herstellers zur Verfügung stehen.
Umstritten ist in diesem Bereich die Desinfektion der Handschuhe vor Beginn der
Arbeiten mit Alkohol (z.B. Isopropanol),
um eine Reduzierung von Mikroorganismen
zu erreichen. Je nach Handschuh-Typ und
-Hersteller können durch den Einsatz von
Isopropanol die Permeationszeiten deutlich
verkürzt oder auch verlängert werden. Die
Allergien durch Latex und
Produktionsbegleitstoffe
Die in den neunziger Jahren bekannt gewordene Latex-Allergie (Allergie Typ I =
Soforttyp) ist dabei in erster Linie auf LatexProteine zurückzuführen, welche durch die
Verwendung von gepuderten Handschuhen
ausgelöst wurden. Das Puder in Form von
Maisstärkemehl verhinderte das Zusammenkleben von Handschuhen und gewährleistete ein sehr leichtes An- und Ausziehen.
Bei der Handhabung der Handschuhe gelangte das Puder und somit die Latex-Proteine über die Luft in die Schleimhäute und
den Atemtrakt. Die allergische Reaktion
tritt hier normalerweise innerhalb von wenigen bis 30 Minuten auf.
Zum Schutz vor dieser Allergie dürfen seit vielen Jahren keine gepuderten Latexhandschuhe
gem. TRGS 401 mehr verwendet werden [30].
Weiterhin kann der Proteingehalt in Latexhandschuhen durch aufwendige, technische
Waschverfahren deutlich reduziert werden.
Ein Latexhandschuh gilt als proteinarm, wenn
dieser nicht mehr als 30 µg Latexproteine je g
Handschuhmaterial aufweist [31].
Eine zweite Art der Allergie ist die Typ-IVAllergie (= Spättyp). Hierbei reagiert der
Anwender allergisch auf Produktionsbegleitstoffe wie Mercaptobenzothiazol (MBT),
Thiurame oder Carbamate. Hochwertige
Latex- oder Neoprenhandschuhe enthalten
hier nur Carbamate, deren allergisches Po-
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 15
Persönliche Schutzausrüstung
tential am geringsten einzustufen ist. Diese
Begleitstoffe werden ebenfalls durch aufwendige Verfahren bis unter die Nachweisgrenzen reduziert. Allergische Reaktionen
dieser Art treten im Allgemeinen nach ca.
6-8 manchmal erst nach 72 Stunden auf [32].
Die dritte Allergieart ist die so genannte Pseudo-Latexallergie. Hierbei reagiert der Anwender auf das feuchtwarme Milieu, welches sich
beim Tragen eines Handschuhs bildet. Diese
Allergieart ist unabhängig vom Latexmaterial
zu sehen und tritt ebenso bei anderen Materialien wie Neopren oder Nitril auf.
Schutzhandschuhe für Isolatoren
Im Bereich der Isolatoren sind besonders
hochwertige, dickere Latex- oder NeoprenSchutzhandschuhe mit extra langem Schaft
und entsprechenden Rollrand notwendig.
Hier ist ein Höchstmaß an Dehnbarkeit und
Flexibilität hinsichtlich des Handschuhmaterials gefordert, um den Schutzhandschuh
beim Wechsel nicht zu zerstören. Diese
Schutzhandschuhe werden dann über die
Isolatorringe gezogen und bieten so eine
sichere Barriere (Abb. 11).
Literatur:
1. Arbeitnehmerschutzrichtlinie 2000/54/EG: Schutz
der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit; Brüssel; 09.2000
2. Richtlinie 89/391/EWG: Richtlinie des Rates über
die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes
der Arbeitnehmer bei der Arbeit; Brüssel; 06.1989
3. Richtlinie 89/656/EWG: Richtlinie des Rates über
Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung persönlicher Schutzausrüstung
durch Arbeitnehmer bei der Arbeit; Brüssel; 11.1989
4. Gefahrstoffverordnung (GefStoffV): Verordnung
zum Schutz vor Gefahrstoffen; Berlin; 12.2004
5. Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) 525:
Umgang mit Gefahrstoffen in Einrichtungen zur humanmedizinischen Versorgung; Berlin; 05.1998
6. Biostoffverordnung (BioStoffV): Verordnung über
Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten
mit biologische Arbeitsstoffen; Berlin; 04.1999
7. Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe
(TRBA) 100: Schutzmaßnahmen für gezielte und
nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien; Berlin; 12.2006
8. Zytostatika im Gesundheitsdienst - Informationen zur sicheren Handhabung von Zytostatika,
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und
Wohlfahrtspflege; Hamburg; 07.2009
9. Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG): Gesetz über die
Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes
zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit;
Berlin; 08.1996
10. Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) 400:
Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen; Berlin; 01.2008
11. Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe
(TRBA) 400: Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung für die Unterrichtung der Beschäftigten
bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen;
Berlin; 04.2006
12. www.gefaehrdungsbeurteilung.de
Abb. 11: Einsatz eines Schutzhandschuhs
im Isolator
Autoren:
Dipl.-Ing. Thomas Hinrichs
Dipl.-Oec. Guido Maik
Berner International GmbH
Mühlenkamp 6
25337 Elmshorn
Telefon: (0 41 21) 43 56-48
E-Mail: [email protected]
www.berner-international.de
13. PSA-Richtlinie 89/686/EWG: Richtlinie des
Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten für persönliche Schutzausrüstungen; Brüssel; 12.1989
14. Gesetz über technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte : Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG); Berlin; 01.2004
15. Achte Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (8. GPSGV): Verordnung über das
Inverkehrbringen von persönlichen Schutzausrüstungen; Berlin; 06.1992
16. DIN EN 374 Teil 1: Schutzhandschuhe gegen
Chemikalien und Mikroorganismen - Terminologie
und Leistungsanforderungen; Beuth Verlag GmbH;
Berlin; 12.2003
16 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
17. DIN EN 374 Teil 2: Schutzhandschuhe gegen
Chemikalien und Mikroorganismen - Bestimmung
des Widerstandes gegen Penetration; Beuth Verlag
GmbH; Berlin; 12.2003
18. DIN EN 374 Teil 3: Schutzhandschuhe gegen
Chemikalien und Mikroorganismen - Bestimmung
des Widerstandes gegen Permeation von Chemikalien; Beuth Verlag GmbH; Berlin; 12.2003
19. Hinrichs, T.; Prüf- und Qualitätszeichen: Bedeutung und Unterschiede; BIOforum; GIT-Verlag;
Darmstadt; 10.1997
20. DIN EN 455 Teil 1: Medizinische Handschuhe
zum einmaligen Gebrauch - Anforderungen und
Prüfung auf Dichtheit; Beuth Verlag GmbH; Berlin;
01.2000
21. DIN EN 455 Teil 2: Medizinische Handschuhe
zum einmaligen Gebrauch - Anforderungen und
Prüfung der physikalischen Eigenschaften; Beuth
Verlag GmbH; Berlin; 04.2010
22. DIN EN 455 Teil 3: Medizinische Handschuhe
zum einmaligen Gebrauch - Anforderungen und
Prüfung für die biologische Bewertung; Beuth Verlag
GmbH; Berlin; 03.2007
23. DIN EN 455 Teil 4: Medizinische Handschuhe
zum einmaligen Gebrauch - Anforderungen und
Prüfung zur Bestimmung der Mindesthaltbarkeit;
Beuth Verlag GmbH; Berlin; 10.2009
24. DIN EN 420: Schutzhandschuhe - Allgemeine
Anforderungen und Prüfverfahren; Beuth Verlag
GmbH; Berlin; 03.2010
25. DIN EN 388: Schutzhandschuhe gegen mechanische Risiken; Beuth Verlag GmbH; Berlin; 12.2003
26. DIN ISO 2859 Teil 1: Annahmestichprobenprüfung anhand der Anzahl fehlerhafter Einheiten oder
Fehler (Attributprüfung) - Nach der annehmbaren
Qualitätsgrenzlage (AQL) geordnete Stichprobenpläne für die Prüfung einer Serie von Losen; Beuth
Verlag GmbH; Berlin; 01.2004
27. AQL — ein Garant für Qualität: Sempermed®
informiert, DM1500821; Wien; 12.2004
28. ASTM F1671: Standard Test Method for Resistance of Materials Used in Protective Clothing to Penetration by Blood-Borne Pathogens Using Phi-X174
Bacteriophage Penetration as a Test System, 2007
29. Entwurf DIN EN 374 Teil 1: Schutzhandschuhe
gegen Chemikalien und Mikroorganismen - Terminologie und Leistungsanforderungen; Beuth Verlag
GmbH; Berlin; 08.2009
30. Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 401:
Gefährdung durch Hautkontakt - Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen, Berlin; 02.2010
31. Achtung Allergiegefahr (M621); Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege;
Hamburg; 07.2009
32. Latex Studie Münster, Heft 2; Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege;
Bochum; 1998
Lebender Kolumnentitel
AAcchhttuunngg::ZZoos
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W A R N H I N W E I S E U N D V O R S I C H T S M A S S N A H M E N F Ü R D I E A N W E N D U N G
W A R N H I N W E I S E U N D V O R S I C H T S M A S S N A H M E N F Ü R D I E A N W E N D U N G
Zostex® und 5-Fluorouracil, einschließlich dessen topischer Zubereitungen oder dessen Pro-Drugs (wie z. B. Capecitabin, Floxuridin, Tegafur) oder
Zostex®
und 5-Fluorouracil,
einschließlich
topischer
oder dessen
Pro-Drugs (wie
z. B.nicht
Capecitabin,
Floxuridin,
Tegafur)
oder
Kombinationsprodukte
mit diesen
Wirkstofdessen
fen und
andere Zubereitungen
5-Fluoropyrimidine
(z.B. Flucytosin)
dür fen
zusammen
verabreicht
werden.
Kombinationsprodukte
mit
diesen
Wirkstof
fen
und
andere
5-Fluoropyrimidine
(z.B.
Flucytosin)
dür
fen
nicht
zusammen
verabreicht
werden.
Weiterhin muss zwischen einer Behandlung mit Zostex® und dem Beginn einer Therapie mit 5-Fluoropyrimidin-haltigen Arzneimitteln ein zeitlicher
Weiterhin
zwischen einer
Behandlung
mit Zostex®
und dem
Beginn
einer Therapie
mit 5-Fluoropyrimidin-haltigen
Arzneimitteln
ein zeitlicher
Abstand muss
von mindestens
4 Wochen
eingehalten
werden.
Als eine
zusätzliche
Vorsichtsmaßnahme
sollte bei Patienten,
die vor kurzem
Zostex®
Abstand
von
mindestens
4
Wochen
eingehalten
werden.
Als
eine
zusätzliche
Vorsichtsmaßnahme
sollte
bei
Patienten,
die
vor
kurzem
erhalten haben, die DPD-Enzymaktivität ermittelt werden, bevor die Behandlung mit einem 5-Fluoropyrimidin-haltigen Arzneimittel begonnenZostex®
wird.
erhalten haben, die DPD-Enzymaktivität ermittelt werden, bevor die Behandlung mit einem 5-Fluoropyrimidin-haltigen Arzneimittel begonnen wird.
Zostex®. Wirkstoff: Brivudin. Verschreibungspflichtig. Zusammensetzung:
1 Tablette
enthält:Verschreibungspflichtig.
Brivudin 125 mg; sonstigeZusammenBestandteile:
Zostex®.
Wirkstoff:
Brivudin.
Mikrokristalline
Cellulose,
Povidon
K 24-27, Masetzung:
1 Tablette
enthält:Lactose-Monohydrat,
Brivudin 125 mg; sonstige
Bestandteile:
gnesiumstearat
(Ph. Eur.)Lactose-Monohydrat,
[pfl anzlich]. Anwendungsgebiete:
FrühzeiMikrokristalline
Cellulose,
Povidon K 24-27,
Matige Behandlung
Herpes
zoster bei immunkompetenten
gnesiumstearat
(Ph. des
Eur.)akuten
[pfl anzlich].
Anwendungsgebiete:
FrühzeiErwachsenen.
Gegenanzeigen:
Überempfi
ndlichkeit
gegen
Brivudin
tige Behandlung des akuten Herpes zoster bei immunkompetenten
oder einen der
sonstigen Bestandteile.
Patienten
unter
Krebs-ChemoErwachsenen.
Gegenanzeigen:
Überempfi
ndlichkeit
gegen
Brivudin
therapie,
insbes.
mit 5-Fluorouracil
(einschl.
topischer
mit
oder
einen der
sonstigen
Bestandteile.
Patienten
unterAnwendung),
Krebs-Chemo5-FU-Prodrugs
(z.B.
Capecitabin,
Floxuridin,Tegafur),
Kombinationsprätherapie, insbes. mit 5-Fluorouracil (einschl. topischer Anwendung), mit
paraten mit diesen
WirkstoffenFloxuridin,Tegafur),
oder anderen 5-Fluoropyrimidinen.
Im5-FU-Prodrugs
(z.B. Capecitabin,
Kombinationsprämunsupprimierte
Patienten
unter Chemotherapie,
paraten
mit diesen Wirkstoff
en(z.B.
oderKrebspatienten
anderen 5-Fluoropyrimidinen.
ImPatienten unterPatienten
immunsuppressiver
Therapie, unter
Patienten
mit schwerer
munsupprimierte
(z.B. Krebspatienten
Chemotherapie,
Patienten unter immunsuppressiver Therapie, Patienten mit schwerer
systemischer Mykose unter Flucytosin-Therapie). Patienten unter 18 Jah- eine zusätzliche Vorsichtsmaßnahme sollte bei Patienten, die vor kurzem
erhaltenVorsichtsmaßnahme
haben, die DPD-Enzymaktivität
ermitteltdie
werden,
beren (nicht ausreichende
Schwangere
und Stillende.
An- Zostex®
eine zusätzliche
sollte bei Patienten,
vor kurzem
systemischer
Mykose unterErfahrungen),
Flucytosin-Therapie).
Patienten
unter 18 Jahdie Behandlung
mit einem
5 Fluoropyrimidin-haltigen
wendungsbeschränkungen:
Hereditäre
Galactose-Intoleranz,
LactaZostex®
erhalten haben,
die DPD-Enzymaktivität
ermitteltArzneimittel
werden, beren
(nicht ausreichende Erfahrungen),
Schwangere
und Stillende.
An- vor
wird. Nebenwirkungen:
Häufi g Übelkeit, gelegentlich
Grase-Mangel, Glucose-Galactose-Malabsorption.
Vorsicht bei chronischen
vor die Behandlung
mit einem 5 Fluoropyrimidin-haltigen
Arzneimittel
wendungsbeschränkungen:
Hereditäre Galactose-Intoleranz,
Lacta- begonnen
Anämie, Lymphozytose,
Lebererkrankungen
(z.B. chronische Hepatitis).Vorsicht
Warnhinweis:
Zostex® nulozytopenie,
begonnen wird.Eosinophilie,
Nebenwirkungen:
Häufi g Übelkeit,Monozytose,
gelegentlichApGrase-Mangel,
Glucose-Galactose-Malabsorption.
bei chronischen
osigkeit, Anämie,
Kopfschmerzen,
Schwindel,
Drehschwinund 5 Fluorouracil, einschließlich
topisch
anzuwendender
5 FU-Zubereinulozytopenie,Schlafl
Eosinophilie,
Lymphozytose,
Monozytose,
ApLebererkrankungen
(z.B. chronische
Hepatitis).
Warnhinweis:
Zostex® petitlosigkeit,
Somnolenz,
Dyspepsie,
Bauchschmerzen,
Diarrhoe,
tungen,
oder 5 FU-Prodrugs
(z. B.topisch
Capecitabin,
Floxuridin, 5Tegafur)
oder del,
petitlosigkeit,
Schlafl
osigkeit,Erbrechen,
Kopfschmerzen,
Schwindel, Drehschwinund
5 Fluorouracil,
einschließlich
anzuwendender
FU-ZubereiObstipation,
Fettleber,
Erhöhung
der Leberenzyme,
HepaKombinationsarzneimittel
Wirkstoff
en oder andere
5 Fluodel, Somnolenz,
Dyspepsie,
Erbrechen,
Bauchschmerzen,
Diarrhoe,
tungen,
oder 5 FU-Prodrugs mit
(z. B.diesen
Capecitabin,
Floxuridin,
Tegafur)
oder Flatulenz,
allergische
Reaktionen
(Pruritus,
erythematöser
Hautausschlag),
ropyrimidine (z. B. Flucytosin)
zusammen
wer- titis,
Flatulenz,
Obstipation,
Fettleber,
Erhöhung
der Leberenzyme,
HepaKombinationsarzneimittel
mit dürfen
diesen nicht
Wirkstoff
en oderverabreicht
andere 5 FluoSchwitzen,
Asthe-(Pruritus, erythematöser Hautausschlag),
den. Weiterhin
muss
zwischendürfen
einer Behandlung
mit Zostex®
und dem
titis, allergische
Reaktionen
ropyrimidine
(z. B.
Flucytosin)
nicht zusammen
verabreicht
wer- verstärktes
Müdigkeit.
BERLIN-CHEMIE
Beginn
einer Therapie
mit 5 Fluoropyrimidin-haltigen
Arzneimitteln
ein nie,
Onkologische
Pharmazie
| 12. AstheJahrgang | Nr. 3/2010 | 17
verstärktes
Schwitzen,
den.
Weiterhin
muss zwischen
einer Behandlung mit Zostex®
und dem
BerlinBERLIN-CHEMIE
(Stand: 07.09)
zeitlicher
Abstand
vonmit
mindestens
4 Wochen eingehalten
werden. ein
Als AG,
nie, 12489
Müdigkeit.
Beginn
einer
Therapie
5 Fluoropyrimidin-haltigen
Arzneimitteln
zeitlicher Abstand von mindestens 4 Wochen eingehalten werden. Als AG, 12489 Berlin (Stand: 07.09)
Quo Vadis? Neue Substanzen, neue Leitlinien zur Behandlung der chronischen Immunthrombozytopenie (ITP)
Quo Vadis? Neue Substanzen,
neue Leitlinien zur Behandlung der
chronischen Immunthrombozytopenie (ITP)
Von Petra Eißfeller, Petra Ortner, München
N
eue Erkenntnisse zur Pathophysiologie
der ITP und die Einführung der neuen
Substanzklasse der Thrombopoetin-Rezeptoragonisten machten eine Überarbeitung
der Richtlinien zur Behandlung der ITP
erforderlich. Die Änderungen im internationalen Konsensusreport (1) sowie die darauf basierenden deutschen Empfehlungen
zur Behandlung der chronischen ITP (2)
wurden im Rahmen des 31. Internationalen
Kongresses der ISBT (International Society
of Blood Transfusion), der in Kooperation
mit dem 43. Kongress der DGTI (Deutsche
Gesellschaft für Transfusionsmedizin und
Immunhämatolgie) vom 26.Juni bis 1.Juli in
Berlin stattfand, von Prof. Stasi (London)
und Prof. Ostermann (München) vorgestellt.
Die ITP ist eine chronisch verlaufende und
für Patienten sehr belastende Autoimmunerkrankung. Bisherige Therapieoptionen
beschränkten sich vorrangig auf eine Hemmung des Thrombozytenabbaus und waren
mit erheblichen Nebenwirkungen behaftet.
Eine neue Behandlungsoption, die Thrombopoetin-Rezeptoragonisten, zielen dagegen
auf eine gesteigerte Thrombozytenproduktion ab. Die Thrombozytenproduktion wird
physiologisch durch Thrombopoetin (TPO)
stimuliert. Mit der neuen Substanzklasse der
TPO-Rezeptoragonisten kann die Thrombopoese in chronischen ITP-Patienten dauerhaft angeregt und damit die Thrombozytenzahl auf konstantem Niveau gehalten
werden. Die neuen TPO-Rezeptoragonisten
haben damit zu einem Paradigmenwechsel
in den bisherigen Therapiekonzepten geführt
und wurden bereits für die Zweitlinien-Therapie in die Leitlinien der hämatologischen
Fachgesellschaften aufgenommen. Die
vielversprechenden Langzeitergebnisse zu
dem TPO-Rezeptoragonisten Romiplostim
(Nplate®) zeigen darüber hinaus neue Optionen für die Substanzklasse im Rahmen
der Behandlung einer ITP auf.
Klinik, Pathogenese und Diagnostik
der chronischen ITP
In Europa reicht die Zahl der jährlich neu
diagnostizierten ITP Erkrankungen von 1
bis 4 pro 100.000 (3). Die ITP ist eine seltene Autoimmunerkrankung, die sich durch
eine Verringerung der Thrombozytenzahl
im Blut und der damit verbundenen Blutungsneigung manifestiert. Diese kann
sich in Petechien, Schleimhautblutungen,
Hämatomneigung, verstärkten Blutungen
bei Verletzungen und Menstruation und
seltener einer daraus resultierenden Anämie äußern. Wie Prof. Stasi durch Vorstellung einer Umfrage eindrücklich belegte,
bedeutet die Erkrankung, obwohl sie selten
zu lebensbedrohenden Blutungen, wie z.B.
der gefürchteten Gehirnblutung führt, eine
erhebliche Einbuße an Lebensqualität, die
von den Patienten stärker als beispielsweise
bei Arthritis empfunden wird (4). Bei einem
Drittel der Fälle kann die ITP ohne erkennbare Symptome auftreten.
Der autoimmune Prozess, dessen Auslöser bei der primären ITP nicht bekannt ist,
wird laut Prof. Stasi sowohl durch Antikörper-produzierende B-Zellen als auch
durch eine Störung der regulatorischen
T-Zellen vermittelt (5). Die Bindung von
Glykoprotein-spezifischen Autoantikörpern
an Thrombozyten führt - mittels Phagozytose - zu einem Thrombozytenabbau in der
Milz. Diese Antikörper binden außerdem
an die Megakaryozyten-Vorläuferzellen im
Knochenmark, was Reifungsstörungen und
Zelltod nach sich zieht. In ihrem Zusammenwirken bedingen diese Effekte einen
gesteigerten Abbau sowie eine suboptimale
Produktion von Thrombozyten (6).
Bei unauffälliger Anamnese galt bisher der
Nachweis einer isolierten Thrombozytope-
18 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
nie im Zuge einer komplexen Ausschlussdiagnose (Tab. 1) bei ansonsten normalen
übrigen hämatologischen Parametern zunächst als ausreichend für die Diagnose
einer ITP. Da Infektionen als eine der häufigeren anderen Ursachen für eine isolierte
Thrombozytopenie in Betracht kommen,
wurde im neuen Internationalen Konsensus
Bericht (1) die Einbeziehung von HCV,
HIV und H.pylori Testung in die Basisdiagnostik aufgenommen. Bei atypischen
Befunden werden weitere diagnostische
Methoden, wie die Knochenmarksdiagnostik oder der Nachweis von Glykoproteinspezifischen Antikörpern angeschlossen,
um die Diagnose zu bestätigen oder um
andere Thrombozytopenieursachen differentialdiagnostisch auszuschließen. Am
zuverlässigsten für den Nachweis von Autoantikörpern gilt momentan der MAIPA
(Monoklonaler Antikörper-Immobilisationstest für plättchenspezifische Antigene)
mit einer Sensitivität von 60-80%.
Bereits die Stadieneinteilung, nach der
sich Diagnostik und Therapie richten, hat
durch neue Erkenntnisse eine Änderung
in den Internationalen Konsensusrichtlinien erfahren, und zwar dahingehend,
dass man Spontanremissionen nicht nur
bis zu 6 Monate, sondern bis zu 12 Monate
nach Diagnosestellung erwarten kann (7, 8).
Danach sind sie außerordentlich selten (9).
Entsprechend werden neu-diagnostizierte
ITP (bis zu 3 Monate), persistierende (3
bis 12 Monate) und chronische ITP (> 12
Monate nach Diagnosestellung) unterschieden. Die Behandlung richtet sich nach dem
entsprechenden Stadium, wobei sich der
Behandlungsbedarf einer ITP den neuen
Empfehlungen entsprechend an der Blutungssituation orientiert, und nicht, wie zuvor, vorwiegend an der Thrombozytenzahl.
Quo Vadis? Neue Substanzen, neue Leitlinien zur Behandlung der chronischen Immunthrombozytopenie (ITP)
Schwachstellen der bisherigen
Therapieoptionen
Prof. Stasi stellte als einer der Hauptautoren den Internationalen Konsensusreport
vor, der die bisherigen Leitlinien aus den
Jahren 1996, 2003 und 2008 (10 -12) ablöst.
Neu ist die Aufnahme der TPO-Rezeptor­
agonisten oder Antikörper-Therapien als
Zweitlinien-Therapie. Basierend auf diesen
Leitlinien sowie unter Berücksichtigung der
länderspezifischen Voraussetzungen und
eigenen Erfahrungen ging Prof. Ostermann
anschließend auf die Empfehlungen einer
deutschen Expertenrunde der hämatologischen Fachgesellschaften (Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie,
DGHO, Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie,
DGTI, und Gesellschaft für Thromboseund Hämostaseforschung, GTH) ein.
Entsprechend der internationalen Leitlinien
und der deutschen Empfehlungen bleiben
Kortikosteroide, bei Bedarf in Kombination
mit intravenös zu verabreichenden Immunglobulinen, das Mittel der Wahl zur Erstlinien-Therapie bei Blutungsgraden III bis IV
(Blutungsscore der WHO). Die ZweitlinienTherapie für Patienten mit persistierender
oder chronischer ITP mit dem Blutungsgrad
III und IV stellt die Splenektomie (Entfernung der Milz) dar. Sie verzeichnet bisher
den höchsten Grad an dauerhaften Remissionen unter den Zweitlinien-Therapien
und greift auf Erfahrungen bis in die 20er
Jahre zurück. Die Mortalitätsrate konnte
inzwischen dank Einführung der laparoskopischen Operationstechniken auf ein sehr
geringes Risiko gesenkt werden (13). Das
größte Problem der Splenektomie ist allerdings, dass ein Drittel der Patienten kurzfristig oder nach Jahren einen therapiebedürftigen Rückfall erleidet. Außerdem ist die
Splenektomie mit einem lebenslang erhöhten
Infektionsrisiko verbunden, welchem durch
entsprechende präventive Impfungen begegnet werden muss. Die irreversible Entscheidung für eine Splenektomie sollte aus diesem
Grunde und wegen der Möglichkeit einer
Spontanremission nicht vor Ablauf von 12
Monaten nach Diagnosestellung vorgenommen werden. Auch sollten Kortikosteroide
wegen ihrer kumulativen Nebenwirkungen
nicht langfristig angewendet werden. Ein
besonderes Risiko besteht für die Gruppe
Tab. 1: Diagnostik und Differentialdiagnostik bei Verdacht auf ITP
Differentialdiagnose
Anamnese, typische Befunde
Pseudothrombozytopenie (EDTAthrombozytopenie)
Häufigste Differentialdiagnose, Bestimmung
der Thrombozytenzahl in Citrat oder Heparin
Heriditäre Thrombozytopenie
Familienanamnese, Untersuchung des Blutausstriches und MPV, ob sehr große (Makrothrombozytopenie) oder kleine Thrombozyten (Wiskott-Aldrich-Syndrom), usw.
Medikamenten-induzierte Thrombozytopenie
Anamnese, Testung auf medikamentenabhängige Thrombozyten-Antikörper
Zytostatika-induzierte Thrombozytopenie
Anamnese
Virustatika-induzierte Thrombozytopenie
Anamnese
Heparin-induzierte Thrombozytopenie
Anamnese
Posttransfusionelle Purpura
Kurz zurückliegende Bluttransfusionen
Schwangerschaftsassoziierte Thrombozytopenie
Nur schwangere Patientinnen
Lymphom
Anamnese, B-Symptome, Sonografie der
Lymphknotenstationen, Milzgröße, eventuell
Knochenmarkspunktion
Infektionen (Viren, Bakterien, Parasiten)
Serologie auf HIV, CMV, EBV, Röteln, Parvovirus B19, Hantaviren und andere bakteriologisch-virologische Untersuchungen, Blutkultur bei Verdacht auf Sepsis, Blutausstrich,
dicker Tropfen bei Verdacht auf Malaria
Lebererkrankungen
Leberwerte, Hepatitis-Serologie, Sonografie
ob Splenomegalie, Gaucher-Diagnostik
Alkoholabusus
Muss gezielt erfragt werden
Sarkoidose
Pneumologische Diagnostik
Schwere Vitaminmängel (B12, Folsäure, auch schwerster Eisenmangel)
Labordiagnostik
Autoimmunerkrankungen
Labordiagnostik für Lupus erythematodes,
rheumatoide Arthritis, AntiphospholipidSyndrom, Autoimmunthyreoiditis oder andere Autoimmunsyndrome
Evans-Syndrom
Anämie, positiver direkter Antiglobulin-Test
Hämatologische Systemerkrankungen
(akute Leukämie, myeloproliferative Syndrome, Myelodysplasie, Plasmozytom,
Lymphome, CVID, autoimmun-lymphoproliferatives Syndrom, aplastische Anämie, paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie, Graft-versus-Host-Erkrankung)
Veränderung auch anderer Blutzellreihen,
der Serum-Immunglobuline, Knochenmarkspunktion eventuell mit Durchflusszytometrie
und Zytogenetik
Thrombotisch-thrombozytopenische
Purpura und hämolytisch urämisches
Syndrom
Meist weitere Symptome: Fieber, Hämolyse,
Niereninsuffizienz, neurologische Symptome
usw.
Verbrauchskoagulopathie
Veränderung weiterer Gerinnungsparameter
Große Hämangiome (z.B. KasabachMerritt-Syndrom)
Klinisches Bild
CMV = Cytomegalovirus; CVID = variables Immundefektsyndrom; EBV = Epstein-Barr-Virus; HIV = humanes
Immunsuffizienz-Virus; MPV = Mittleres Plättchenvolumen.
Quelle: Matzdorff et al. Diagnostik und Therapie der Immunthrombozytopenie. Onkologie 2010;
33 (suppl3): S. 7
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 19
Quo Vadis? Neue Substanzen, neue Leitlinien zur Behandlung der chronischen Immunthrombozytopenie (ITP)
der Patienten mit einer therapierefraktären
Thrombozytopenie. Hier steigt das Risiko
für fatale Blutungen mit dem Lebensalter
von 1-4%/Jahr bei jungen Menschen (14)
auf fast 13%/Jahr bei über Sechzigjährigen
(15). Neben Blutungen sind Infektionen,
wahrscheinlich bedingt durch die immunsuppressive Therapie, eine ebenso wichtige
Todesursache. Als refraktäre ITP-Patienten
werden nach der Begriffsdefinition von Rodeghiero et al. die Patienten bezeichnet, die
nicht auf Splenektomie reagieren und aktive
Behandlung benötigen (meist bei Plättchenzahlen unter 30x109/L) (16).
Leitlinien um neue
Therapieoptionen erweitert
In diesem therapeutischen Dilemma steht
nun den behandelnden Ärzten mit den
neuen TPO-Rezeptoragonisten eine wirkungsvolle und sichere Alternative zur
Verfügung. TPO-Rezeptoragonisten werden für erwachsene Patienten bei Kontraindikation gegen eine Splenektomie, z.B.
wegen schlechten Allgemeinzustandes des
Patienten, und für refraktäre ITP-Patienten
nach einer Operation empfohlen. Damit
lösen die TPO-Rezeptoragonisten in den
Richtlinien die unspezifischen Immunsuppressiva für die Indikation der refraktären
ITP ab (Tab. 2). Die von Prof. Stasi vorgestellten Änderungen im internationalen
Konsensusreport beinhalten an der Stelle
der refraktären ITP als weitere Alternative
eine Antikörper-Therapie durch Rituximab,
wobei dieser Wirkstoff in Deutschland für
die Behandlung der chronischen ITP nicht
zugelassen ist.
Als Alternative zur Splenektomie und zur
Aufschiebung einer solchen besitzen die
Wirkstoffe Azathioprin und Vincristin seit
den 60er Jahren „Altzulassungen“. Allerdings sind dauerhafte Remissionsraten unter
deren Behandlung gering und die Nebenwirkungen nicht unerheblich (17). Studiendaten
für die neuen TPO-Rezeptoragonisten und
den Antikörper Rituximab lassen dagegen
bessere Wirksamkeit und geringere Toxizität erwarten. Dabei liegen für die beiden
Sustanzen der Klasse der TPO-Rezeptoragonisten, Romiplostim und Eltrombopag,
randomisierte Phase-III-Studien zur Verfügung, während dies für eine Zweitlinien-
Therapie mit Rituximab bisher nicht der Fall
ist. So können Romiplostim und Eltrombopag entsprechend der Empfehlungen der
deutschen Expertenrunde zur Hinauszögerung einer Splenektomie eingesetzt werden,
vorausgesetzt die Patienten werden darüber
aufgeklärt, dass für die Situation vor Splenektomie nur im Falle einer Kontraindikation zur Operation eine Zulassung existiert.
Romiplostim erhöht die
Thrombozytenzahlen und reduziert
das Blutungsrisiko
Romiplostim gehört mit Eltrombopag zu
der Substanzklasse der TPO-Rezeptoragonisten. Bei Romiplostim handelt es sich
um einen sogenannten Peptidbody, ein neuartiges Fusionsprotein, bestehend aus einer
Peptid TPO-Rezeptor-Bindungsdomäne
Unter der Behandlung mit Romiplostim
konnten im Vergleich zu Placebo ein Gesamtansprechen der Thrombozytenerhöhung
von 79% versus 0% bei splenektomierten und
von 88% versus 14% bei nicht-splenektomierten Patienten erreicht werden. Die mit
Romiplostim behandelten Patienten mussten darüber hinaus signifikant seltener mit
einer Notfallmedikation behandelt werden
und konnten die Dosis von gleichzeitig verabreichten ITP-Medikationen häufiger reduzieren oder absetzen als die Patienten im
Kontrollarm (18).
Langzeitdaten sprechen für
Effektivität und Sicherheit
Die Verifizierung der Sicherheit bei Langzeitgabe von Romiplostim erfolgte in einer offenen Erweiterungsstudie mit ITP-
Tab. 2: Therapiesequenz bei ITP
Therapielinie
Bisher
Neu
1st Line
Steroide bei starker Blutung (°III, °IV) zusätzlich i.v. Immunglobuline (eventuell Anti-D),
eventuell Thrombozytenkonzentrate
Wie bisher
2nd Line
Azathioprin, Vinca-Alkaloide oder Splenektomie
TRA a, Rituximab oder
wie bisher
3rd Line
Azathioprin, Vinca-Alkaloide
TRA a, Rituximab oder
wie bisher
Post 3rd Line
Anti-D, Cyclophosphamid, Cyclosporin,
Mycophenolat mofetil, Danazol, Dapson,
Alemtuzumab, Kombinationschemotherapie,
Stammzelltransplantation
Wie bisher
TRA = Thrombopoetin-Rezeptoragonist
a Im Vergleich zu Rituximab, Azathioprin und anderen 2nd und 3rd Line-Therapien haben TRAs die bessere
Datenlage
Quelle: Matzdorff et al. Diagnostik und Therapie der Immunthrombozytopenie. Onkologie 2010;
33 (suppl3): S. 9
und einer Antikörper-Fc-Domäne. Letztere
bewirkt eine längere Halbwertszeit im Blut
und ermöglicht damit eine wöchentliche
subkutane Gabe von Romiplostim. Eltrombopag muss dagegen täglich oral zugeführt
werden. Prof. Stasi stellte eine randomisierte Phase-III-Studie mit Romiplostim
(Nplate®) bei Patienten mit chronischer ITP
und Thrombozytenzahlen ≤30x109/L vor
(18). Im Rahmen der Studie wurde Romiplostim jede Woche subkutan über einen
Zeitraum von 24 Wochen verabreicht, und
die Dosis so angepasst, dass eine Thrombozytenzahl von 50x109/L erreicht wurde.
20 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Patienten, die zuvor an einer der Phase III
Studien teilgenommen hatten, und erstreckt
sich bislang auf die Dauer von 5 Jahren.
Als häufigste Nebenwirkungen wurden
Kopfschmerzen verzeichnet. Selten konnte eine reversible Retikulin-Erhöhung im
Knochenmark beobachtet werden (19). Da
Romiplostim keine Sequenzhomologie mit
endogenem TPO aufweist, können eventuell
gegen Romiplostim gebildete Antikörper die
endogenen TPO nicht beeinträchtigen. Entsprechend konnten keine neutralisierenden
Antikörper gegen endogenes TPO nachgewiesen werden, gegen Romiplostim fanden
Quo Vadis? Neue Substanzen, neue Leitlinien zur Behandlung der chronischen Immunthrombozytopenie (ITP)
sich bei 1% der Studienteilnehmer neutralisierende Antikörper, die erwartungsgemäß
nicht mit endogenem TPO kreuzreagierten
und die lediglich reversibel auftraten (20).
Außerdem verzeichneten George et al eine
deutliche Steigerung der Lebensqualität unter Romiplostim (21).
Ausblick
Prof. Stasi resümierte: „Diese am längsten
laufende Studie mit einem TPO-Rezeptor­
agonisten über bislang 5 Jahre zeigt, dass die
Behandlung mit Nplate® für chronische ITP
bei splenektomierten wie bei nicht-splenektomierten erwachsenen Patienten eine effiziente und sichere Methode darstellt, wobei
„effizient“ ein hohes Maß an Wirksamkeit
im Verhältnis zu geringen Nebenwirkungen
bedeutet.“ Diese vielversprechenden Daten
lassen auf weitere Einsatzmöglichkeiten für
die TPO-Rezeptoragonisten hoffen, die
möglicherweise zukünftig eine dauerhafte
Alternative zur Splenektomie darstellen
können.
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Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 21
Lebender Kolumnentitel
Möglichkeiten und Grenzen der
Komplementäronkologie heute
TEIL 2
Von György Irmey und Nicole Weis, Heidelberg
6. Vitamine, Mineralstoffe,
Spurenelemente
Epidemiologische Studien und kontrollierte Tierversuche sprechen dafür, dass
antioxidativ wirksame Substanzen sinnvoll
in der Krebsprophylaxe und in der begleitenden Tumorbehandlung eingesetzt werden
können. Die wichtigsten sind antioxidative
Enzyme wie die Glutathionperoxidase oder
Superoxiddismutase, sowie die nichtenzymatischen Antioxidantien Vitamin E, Vitamin
C, Beta-Karotin, Melatonin und Glutathion.
Im Vergleich zu Gesunden sind bei Tumorpatienten meistens bereits bei Diagnosestellung erniedrigte Konzentrationen an
Spurenelementen und Vitaminen im Vollblut und Plasma nachweisbar [7, 8, 40, 42].
Dabei muss berücksichtigt werden, dass
selbst gering ausgeprägte Defizite schnell zu
Schwächungen des antioxidativen Schutzsystems, des Immunsystems, der Regulation des Zellzyklus und des Hormonsystems
führen können.
In der Prävention scheint sowohl aus biochemischer als auch aus biologischer Sicht
eine Ernährung mit ausreichenden Anteilen
aller Antioxidantien – eventuell mit Zusatz
von Nahrungsergänzungsmitteln als Kombinationspräparat – der Substitution mit
Monosubstanzen überlegen zu sein.
Anders ist es bei therapeutischen Interventionen. Das gilt besonders für die Verringerung von Nebenwirkungen einer Zytostatika- und Radiotherapie, bei der große
Mengen an freien Radikalen erzeugt wer-
22 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
den. Für bestimmte Tumorententitäten gibt
es gut belegte Hinweise, dass Antioxidantien
in hoher Dosierung das rezidivfreie Intervall
und die Überlebenszeit verlängern können
[4, 15, 16]. Dies zeigt z.B. eine Auswertung
mehrerer Studien, die Antioxidantien während Chemotherapien eingesetzt hatten [4].
Hierbei wurden insgesamt 19 Studien mit
mehr als 1554 Krebspatienten einbezogen,
bei denen der Einfluss auf den Tumor und/
oder die Überlebensraten dokumentiert waren. In den untersuchten Studien wurde die
Wirksamkeit verschiedenster Antioxidantien
untersucht, darunter Glutathion, Melatonin,
Vitamin A, N-Acetylcystein, Vitamin E
und Vitaminkombinationen. Die Ergebnisse
zeigten, dass Antioxidantien die Wirksamkeit einer Chemotherapie nicht beeinträchtigten und in einigen Fällen die Wirkung der
Möglichkeiten und Grenzen der Komplementäronkologie heute
Chemotherapie sogar noch verbessern halfen. Außerdem vertrugen die Patienten die
Chemotherapie mit Antioxidantien besser
als die Patienten, die keine Antioxidantien
erhalten hatten.
Auch die Befürchtung, dass mit Nahrungsergänzungsmitteln der Therapieerfolg einer
Strahlentherapie gefährdet wird, konnte
sich in einer Untersuchung, die auf dem
diesjährigen ASCO-Kongress vorgestellt
wurde, nicht bestätigen. So zeigte diese aktuelle Studie an 69 vs 65 Patienten, dass der
Therapieerfolg einer Strahlentherapie bei
Patienten mit Prostatakrebs durch Nahrungsergänzungsmittel nicht gefährdet war
[3]. Auch eine derzeit im Druck befindliche
Studie (Mücke et al. 2009) weist darauf hin,
dass die Anwendung von Selen während einer Bestrahlung Nebenwirkungen reduziert
und die Wirksamkeit der tumorreduktiven
Behandlung nicht negativ beeinflusst.
Insofern ist die häufig pauschale Ablehnung
einer Supplementierung von antioxidativ
wirksamen Vitaminen und Spurenelementen
während konventioneller Therapien nicht
gerechtfertigt. Generell sollte die Supplementierung von Vitaminen und Spurenelementen jedoch bedarfsadaptiert, d.h. auf die
Krankheitssituation und die individuellen
Bedürfnisse abgestimmt, erfolgen. Um dies
zu verifizieren, kann eine labordiagnostische
Objektivierung des Mikronährstoffstatus
(z.B. Selen im Vollblut) sinnvoll sein.
7. Misteltherapie
Die supportive Anwendung von Mistelinjektionspräparaten bei Krebspatienten
hat in Deutschland unter den komplementären oder unkonventionellen Therapien den
größten Stellenwert. Die Verabreichung der
Mistel, die in verschiendenen Laub- und
Nadelbäumen als Halbparasit wächst, löst
im menschlichen Organismus eine Temperaturerhöhung bzw. entzündliche Prozesse
aus (Abb. 2). Die klinische Wirksamkeit
besteht in einer Verbesserung der Lebensqualität, einer Verlängerung der Überlebenszeit und einer besseren Verträglichkeit der
Chemo- oder Radiotherapie. Durch nähere
Aufklärung der zytotoxischen, Apoptose
induzierenden, immunmodulierenden und
immunprotektiven Eigenschaften der Mistelpräparate ist eine wissenschaftliche Basis
zum besseren Verständnis ihrer Wirkungsweise und für ihren effektiven, gezielten
Einsatz in der Onkologie gegeben.
Derzeit liegen 105 klinische Studien vor
(zwei weitere Studien wurden aufgrund von
Ungereimtheiten ausgeschlossen; Details
siehe [31-33]), die den therapeutischen Einfluss anthroposophischer Mistelpräparate
(Abnobaviscum®, Helixor, Iscador®, Iscar,
Iscucin®, Isorel®) bei Tumorpatienten (Auswahlkriterien) untersuchten hinsichtlich
Überleben (22 prospektiv vergleichende
Studien, 2 Kohortenstudien, 37 retrospektiv vergleichende Studien),
Tumorrückbildungen (4 prospektiv vergleichende Studien, 30 Kohortenstudien,
1 retrospektiv vergleichende Studie),
Krankheitsfreies Intervall, Rezidive (5 prospektiv vergleichende Studien, 2 retrospektiv vergleichende Studien),
Verminderung von Nebenwirkungen konventioneller Tumortherapien (Chemotherapie, Strahlentherapie, Operation)
(8 prospektiv vergleichende Studien,
1 Kohortenstudie, 3 retrospektiv vergleichende Studien),
Lebensqualität, krankheitsbedingte Symptome (9 prospektiv vergleichende Studien, 15 Kohortenstudien, 4 retrospektiv
vergleichende Studien).
Krankenhaustage (2 retrospektiv vergleichende Studien).
Im Ergebnis zeigen die Studien überwiegend einen Vorteil für die Misteltherapie
[29, 30]. Berücksichtigt man die Qualität
und potentielle Schwächen der einzelnen
Studien, so erscheint eine Verminderung der
Nebenwirkungen konventioneller onkologischer
Therapien (Chemotherapie, Strahlentherapie,
Operation) am besten belegt. Sehr wahrscheinlich ist auch generell eine Verbesserung der Lebensqualität. Gut belegt ist,
dass durch Injektion von Mistelextrakten
Tumorremissionen induziert werden können,
was in Übereinstimmung mit der präklinischen Forschung zur Zytotoxizität und zur
Anwendung in Tiertumoren steht; solche
Tumorremissionen scheinen aber abhängig
von der Dosierung und der Applikationsart
und bei der üblichen, niedrig dosierten Misteltherapie eher Ausnahmen zu sein. Eine
Verbesserung der Überlebenszeit unter Misteltherapie ist möglich, sie scheint neben der
Dosierung, Wirtsbaum- und Präparatewahl
von der Dauer der Misteltherapie abhängig.
Dass eine individualisierte Anwendung mit
gezielter Wahl und Justierung von Dosierung, Präparaten, Wirtsbaum, Applikationsort und −rhythmus und Hinzunahme weiterer Interventionen zu höherer Wirksamkeit
und besseren Ergebnissen führe, wird von
Ärzten immer wieder mit plausibler Begründung argumentiert; hierzu fehlt jedoch
systematische Forschung; dieses Thema ist
naturgemäß durch die übliche Studientypen
kaum zu klären [28].
Generell ist die Misteltherapie bei allen soliden Tumoren wirksam, unabhängig von Lokalisierung und Histologie. Mistelextrakte
werden in der Regel subcutan gespritzt. Die
vor Jahren noch propagierte Zurückhaltung
der Anwendung von Mistelpräparaten bei
Hämoblastosen ist nach heutigem Erkenntnisstand nicht mehr angezeigt.
Die Behandlung mit Mistelpräparaten soll
in Intervallen durchgeführt werden, in etwa
nach dem Schema 8-12 Wochen Therapie
und ca. 4-6 Wochen Therapiepause. Auch
während einer Chemo- oder Strahlentherapie ist die Fortführung der Mistelbehandlung sinnvoll. Die Nebenwirkungen der
Mistelbehandlung sind im Grunde nichts
anderes als überschießende Ausprägungen
des erwünschten immunstimulierenden Effekts. Mäßige Lokalreaktionen an der Einstichstelle zeigen eine optimale Dosierung
an. Bei übermäßigen entzündlichen Lokalreaktionen (Rötung größer als ein 5 Markstück) sollte die Dosis reduziert oder das
Präparat gewechselt werden. Auch leichtes
Fieber oder Schwellungen von Lymphknoten sind möglich. Natürlich sollte vor jeder
Behandlung die Verträglichkeit durch eine
langsame Dosiserhöhung geprüft werden.
Echte Allergien wie Urtikaria, QuinckeÖdem oder Schock sind extrem selten.
8. Homöopathische Komplexmittel
bei Nebenwirkungen aggressiver
Therapien
Einige homöopathische Arzneimittel können die Nebenwirkungen von Krebsbehandlungen lindern, ohne dabei deren Wirkung
zu beeinflussen. Zu diesem Ergebnis ist
eine wissenschaftliche Überprüfung der
Cochrane Collaboration (http://cochrane.
* Traumeel S
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 23
Möglichkeiten und Grenzen der Komplementäronkologie heute
co.uk/en/collaboration.html) gekommen.
Obwohl nur wenige Studien für eine Analyse zur Verfügung standen, scheinen manche
Auswirkungen von Strahlenbehandlung und
Chemotherapie gelindert werden zu können. Calendula etwa hilft gegen Dermatitis
- eine Mischung aus Belladonna, Arnika,
Johanniskraut und Echinacea gegen Verletzungen der Mundschleimhaut. Um diese
Forschungsergebnisse zu überprüfen, seien
jedoch weitere Studien erforderlich, so die
Wissenschaftler.
Acht Studien mit insgesamt 664 Teilnehmern wurden von einem Team unter der
Leitung von Sosie Kassab vom Royal London Homeopathic Hospital untersucht. Drei
Studien analysierten Mittel gegen Hautreaktionen bei der Strahlenbehandlung.
Nur einem wurde jedoch ein hoher Qualitätsstandard zugestanden. Französische
Wissenschaftler waren zu dem Schluss gekommen, dass die aus Ringelblumen hergestellte Calendula-Salbe die akute Dermatitis bei Brustkrebs-Patientinnen effektiver
verringerte als das normalerweise eingesetzte Trolamin. Einer von drei Studien
zur Behandlung der Nebenwirkungen bei
Chemotherapien wurde ebenfalls eine hohe
Qualität zugesprochen. Sie wies nach, dass
ein homöopathisches Komplexmittel* – eine
Mischung aus Belladonna, Arnika, Johanniskraut und Echinacea bei der Behandlung
von Stomatitis als Mundspülung wirksam
war [37]. Zwei weitere Studien zu homöopathischen Mitteln gegen durch Krebsbehandlungen ausgelöste Symptome der Wechseljahre entsprachen den Qualitätskriterien. Sie
konnten jedoch keinen Nachweis erbringen,
dass diese Mittel auch tatsächlich wirkten.
9. Boswelliasäuren des
Weihrauchharzes
Das Harz von Boswellia carterii kann den
Übergang vom mystisch umwobenen Heilmittel zu einem wichtigen therapeutischen
Modul in der modernen komplementären
Medizin schaffen. Die therapeutischen Erwartungen an Weihrauch als Therapeutikum
sind wohl gerade deshalb so hoch, weil man
von fehlenden oder geringen unerwünschten
Nebenwirkungen ausgehen kann und das
Naturheilmittel zusätzlich zur laufenden
Therapie begleitend einsetzen kann. Mit
Besserung der Beschwerden können bei-
spielsweise Baistherapeutika wie Kortikosteroide, aber auch Analgetika mit ihren
zum Teil erheblichen Nebenwirkungen in
der Dosis reduziert werden.
Für ein Naturstoff präparat ist die Kapsel die
Darreichungsform der Wahl, da auf Hilfsstoffe, Konservierungsstoffe und Zusatzstoffe verzichtet werden kann.
Weihrauchharz enthält neben ätherischem
Öl und Schleim eine Reinharz Fraktion. Von
besonderem Interesse sind die Wirkbestandteile des Reinharzes. Die darin enthaltenen
therapeutisch wichtigsten Inhaltsstoffe des
Weihrauchs stellen die gattungsspezifischen
Boswelliasäuren (BA) dar. Die wichtigsten
BA, Acetyl-11-Keto-β-Boswelliasäure
(AKBA), 11-Keto-β-Boswelliasäure (KBA)
und Acetyl-β-Boswelliasäure (AcBA) hemmen selektiv die Leukotrien-Synthese. Dadurch wird die Entzündungs- und Schmerzkaskade, ausgehend von der Arachidonsäure,
ohne nennenswerte Nebenwirkungen unterbrochen. Forschungsergebnisse zeigen
außerdem, dass besagte BA Topoisomerasen
hemmen und somit die Apoptose der malignen Zellen einleiten. Tierexperimente mit
Weihrauch liefern deutliche Hinweise auf
eine Proliferationshemmung bei Hirntumoren am Rattenmodell [39, 41].
Afrikanische Weihrauchbäume der Stammpfl anze Boswellia carterii enthalten eine
unerreicht hohe Konzentration an Boswelliasäuren [43].
Die Toxizität von Weihrauchharz bzw.
Boswelliasäuren ist sehr gering. Nebenwirkungen (gastrointestinale Beschwerden, allergische Reaktionen) wurden bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nur vereinzelt
beschrieben [13, 14].
Das vermehrte medizinische Interesse an
Weihrauch hat dazu geführt, dass auf dem
Markt eine Vielfalt an Produkten angeboten
wird, von Erzeugnissen aus der Rohdroge und aus Extrakten bis hin zu homöopathischen Zubereitungen. Allerdings ist
die Zusammensetzung des Harzes und die
Verteilung der Inhaltsstoffe artabhängig und
maßgeblich für die pharmakologische Wirksamkeit. Aus der Literatur geht hervor, dass
der indische Weihrauch so genannte Tirucallensäuren enthält, welche einen stimulierenden Effekt auf die Leukotriensynthese
ausüben [5]. Hier könnte schlussfolgernd
sogar eine hemmende Wirkung auf die Aktivität der Boswelliasäuren vorliegen.
Für in-vitro- und klinische Untersuchungen
werden Weihrauchharze definierter Identität
und hoher Qualität benötigt. Andernfalls ist
die Übertragbarkeit der Ergebnisse nicht
gesichert.
24 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Zur klinischen Anwendung liegen Ergebnisse einer Studie an einer kleinen Probandengruppe mit Glioblastom vor, welche unmittelbar die Auswirkung einer Behandlung
mit Weihrauch auf die Größenausdehnung
des perifokalen Hirnödems untersuchte.
Dabei konnte gezeigt werden, dass die Medikation dosisabhängig eine signifi kante
Reduzierung des peritumoralen Ödems hervorrief [6]. Die Autoren berichteten weiter
von Beschwerdefreiheit der Tumorpatienten
mit Hemiparesen und starken analgetikabedürftigen Kopfschmerzen nach Behandlung
mit Weihrauch. In einem anderen Therapieversuch, in dem Kinder und junge Erwachsene mit malignen Gliomen mit Weihrauch
behandelt wurden, konnte die Gabe von Glukokortikosteroiden zum Rückgang des peritumoralen Ödems eingespart werden [25].
10. Hyperthermieverfahren
Bei der Hyperthermie wird das Körpergewebe erhöhten Temperaturen ausgesetzt,
mit dem Ziel Tumorgewebe zu zerstören
und Synergieeffekte mit Zytostatika, Strahlen und Antikörpern auszunutzen. Hyperthermie ist neben der Immuntherapie eine
weitere Säule in der Krebstherapie, die komplementär zur Chemo- und Strahlentherapie eingesetzt werden kann [17]. Je nach
Lage, Größe und Art der Tumoren kommen verschiedene technische Methoden der
Wärmeinduktion zur Anwendung. Neuere
thermoablative Verfahren nutzen Laseroder Radiofrequenzenergie (LITT, RFA),
um mittels Punktion von Metastasen oder
Rezidiven punktgenau eine Überwärmung
herbeizuführen.
Über die verschiedenen Methoden der Hyperthermie in Kombination mit Strahlenoder Chemotherapie liegen inzwischen umfangreiche klinische Untersuchungen vor. In
mindestens 28 randomisierten kontrollierten
klinischen Studien wurde die Hinzunahme
Möglichkeiten und Grenzen der Komplementäronkologie heute
von Hyperthermie zur Radio- oder Chemotherapie untersucht. In 21 Studien wurden
signifi kant bessere Ergebnisse durch die
Kombination mit Hyperthermie hinsichtlich
der Ansprechraten, des Gesamtüberlebens
oder palliativer Effekte demonstriert. Signifikante Verbesserungen konnten in kontrollierten Studien bei Tumoren der Zervix,
der Blase, der Lunge, des Ösophagus, des
Rektums, der Vagina und der Vulva gezeigt
werden [1].
Insbesondere bei der Behandlung von Patienten mit primären hochmalignen Hirntumoren (Gliome WHO Grad III und IV)
wurden bei fortgeschrittenen, therapieresistenten Patienten komplette und langanhaltende partielle Remissionsraten erzielt, die
sehr viel versprechend und den bisherigen
Methoden deutlich überlegen sind [18].
Auch bei fortgeschrittenen therapieresistenten Ovarialkarzinomen ist die Hyperthermie eine sinnvolle Behandlungsoption.
So konnten Hager et al. bei Patientinnen
mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom, bei
denen schon mindestens zwei Therapieschemata versagt haben, durch eine perkutane,
intraperitoneal hypertherme Perfusionschemotherapie das Ein-Jahres-Überleben von
zu erwartenden 2% auf über 65% steigern
[19, 20].
Übrigens gehört in den Niederlanden die
Kombination aus Strahlentherapie und
Tiefenhyperthermie bereits zur Standardbehandlung des fortgeschrittenen Zervixkarzinoms, da hier eine Kombination aus
Strahlentherapie und Tiefenhyperthermie
bessere Erfolge als die alleinige Strahlen
-oder Chemotherapie erzielte [10, 11].
Bei der Hyperthermie werden fünf Formen
der Anwendung unterschieden:
Oberflächenhyperthermie, geeignet bei
in oder dicht unter der Haut liegenden
Tumoren. (durch Infrarotstrahler.)
Tiefenhyperthermie zur gezielten Behandlung regionaler Tumoren oder Metastasen, z.B. in der Leber, im Becken,
in Knochen, in der Lunge. (Kurz- oder
Mikrowellen.) Bei diesem Verfahren wird
bei örtlich begrenztem Tumorleiden nur
der Tumorbereich gezielt überwärmt. Der
Patient wird kaum belastet und am Tumor können recht hohe Temperaturen um
42 Grad erreicht werden.
Ganzkörperhyperthermie zur Behandlung systemisch ausgebreiteter Metastasen. (Infrarotstrahler, extrakorporaler
Wärmeaustausch.) Diese Behandlungsform wird im Allgemeinen bei generalisiertem Krebsleiden angewandt, ist jedoch
auch bei regional begrenztem Tumorgeschehen möglich. Während der Behandlung wird der Patient durch milde
Narkotika leicht sediert. Herz-Kreislauf
und andere Körperfunktionen müssen
ständig überwacht werden.
Intraperitoneale Perfusionshyperthermie: Bei der Behandlung von Peritonealkarzinosen hat die Hyperthermie bisher
wohl ihre größte Bedeutung. Hauptindikation für dieses Überwärmungsverfahren sind die Peritonialkarzinose und
der maligne Aszites infolge von Karzinom-Erkrankungen des Darmes, des
Magens oder der Unterleibsorgane. Bei
zahlreichen austherapierten Patienten
konnten gerade mit diesem Hyperthermieverfahren eine deutliche Verlängerung
der Überlebenszeit erreicht werden. Die
regionale Perfusionhyperthermie eignet
sich auch in Kombination mit regionaler
Zytostatikatherapie.
Interstitielle Thermotherapie zur lokalen
Behandlung, z.B. von Prostatakarzinomen im Frühstadium mittels Mikrowellenapplikatoren (HIFU).
Je nach der angestrebten oder erreichten
Temperatur werden unterschieden:
Moderate Hyperthermie
> 38,5°
intermediäre Hyperthermie
> 40°
extreme Hyperthermie
> 41,5°
Thermotherapie
> 43°
Grundsätzlich ist die Hyperthermie bei allen
soliden Tumoren anwendbar. Die bislang
überzeugendsten Therapieergebnisse wurden
bei einer Kombination von extremer Tiefenhyperthermie mit einer Strahlen- und/
oder Chemotherapie erzielt, z.B. bei Tumoren des Rektums, der Zervix, der Blase, des Gehirns, peritonealen Metastasen
von Ovarial- oder Korpuskarzinomen bzw.
Lungen- und Lebermetastasen. Es kann
zu langfristigen Vollremissionen kommen,
auch bei sonst ausbehandelten Patienten.
Inoperable Tumore werden einer Resektion zugänglich und potentiell heilbar. Auch
die Wirksamkeit von Immuntherapien wird
durch die gleichzeitige Anwendung der Hyperthermie erhöht.
11. Fazit
Nach einer Erhebung des Wiener Onkologen Wrba gibt es allein im deutschsprachigen Raum an die 500 Mittel und Methoden, die beanspruchen, biologisch die
Heilungsprozesse bei Krebserkrankungen
zu unterstützen. Für einige dieser Ansätze,
die in dieser kurzen Abhandlung vorgestellt
wurden, liegen gesicherte wissenschaftliche
Erkenntnisse vor, einige andere die zum Beispiel 95 %ige Heilungschancen versprechen
oder den Patienten ein Vermögen kosten,
sind natürlich abzulehnen. Eine Vielzahl
dieser Methoden kann sehr wohl in der
Hand eines verantwortungsvollen und erfahrenen Arztes beim Krebskranken zum
Heilungsprozess beitragen.
Weitere Infor mationen zu den
vorgestellten Therapien können
jederzeit gern bei der Gesellschaft
f ür biolo g is che K r ebs abwehr,
P o s t f a c h 10 2 5 4 9, 6 9 0 1 5
Heidelberg, Tel. 06221-138020,
Fax 1380220 angefordert oder über
das Inter net: w w w.biokrebs.de
heruntergeladen werden.
Korrespondenzadresse:
Dr. med. György Irmey,
Dr. med. Nicole Weis
Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr e.V.
Voßstraße 
 Heidelberg
www.biokrebs.de
Mail: [email protected]
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Leitlinien in der Onkologie
Leitlinien weisen den Weg
in schwierigem Gelände.
S3-Leitlinien besitzen den höchsten Evidenzgrad. Derzeit liegen sechs S3-Leitlinien zu
onkologischen Themen vor (Foto Jungmayr).
Leitlinien in der Onkologie
Von Petra Jungmayr, Esslingen
Heute: Psychosoziale Versorgung in der Pädiatrischen Onkologie und Hämatologie
H
eute können rund zwei Drittel aller kindlichen Krebserkrankungen geheilt werden. Eine Voraussetzung für diesen Erfolg ist eine intensive und mit schweren
Belastungen einhergehende Therapie, die nicht nur das betroffene Kind, sondern auch
dessen Familie und Umfeld betrifft. Beide – Patient und Angehörige – bedürfen dabei
einer psychosozialen Unterstützung. Wichtige Grundlagen dazu sind in der S3-Leitlinie
„Psychosoziale Versorgung in der Pädiatrischen Onkologie und Hämatologie“ zusammengefasst.
Die Entwicklung der psychosozialen Versorgungsleitlinie erfolgte im Auftrag der
Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und
Hämatologie (GPOH) unter Mitarbeit der
Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft in der
Pädiatrischen Onkologie und Hämatologie
(PSAPOH) und ist eine Weiterentwicklung
einer 2005 publizierten S1-Leitlinie. Das
28 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
methodische Vorgehen erfolgte in Anlehnung an die „Methodischen Empfehlungen
zur Erarbeitung von Leitlinien für Diagnostik und Therapie“ der AWMF (Arbeitsgemeinschaften der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) und an das
Leitlinienmanual der AWMF und ÄZQ
(Ärztliche Zentralstelle Qualitätssicherung).
Die Leitlinie ist im AWMF-LeitlinienRegister unter der Nummer 025/002 geführt, ihr aktueller Stand ist von Februar
2008. Sie ist gültig bis Dezember 2012. Sie
Leitlinien in der Onkologie
liegt in einer Lang- (47 Seiten) und in einer
Kurzfassung (14 Seiten) vor.
Psychosoziale Interventionen
Information, Orientierungshilfe
Aufbau der Leitlinie
Die Leitlinie ist in sieben Kapitel gegliedert
und befasst sich mit folgenden Schwerpunkten:
Einleitung/Hintergrund
Struktur- und Rahmenbedingungen
Belastungsfaktoren und Ressourcen
Diagnostik
Indikationsstellung und Leitsymptomatik
Therapie/Interventionen
Nachsorge und Rehabilitation
Einleitend wird auf die körperlichen, emotionalen, kognitiven und sozialen Auswirkungen einer kindlichen Tumorerkrankung
hingewiesen, die mit Hilfe familienorientierte Konzepte gelindert werden sollen.
Wichtige Ziele sind dabei die Unterstützung der Krankheitsbewältigung, die Sicherstellung der Therapie, die Behandlung
spezifischer Symptome, die sozialrechtliche
Beratung und Unterstützung sowie präventive Maßnahmen. Um dies zu ermöglichen,
müssen die entsprechenden Struktur- und
Rahmenbedingungen geschaffen sowie die
psychischen und sozialen Implikationen der
onkologischen Erkrankung erfasst werden.
Grundprinzipien der
psychosozialen Versorgung
Psychosoziale Diagnostik
Supportive Therapie
Krisenintervention
Soziale Beratung und
Unterstützung
Brustkrebsfrüherkennung 2/2008
Familien-, Paar- und
Erziehungsberatung
Diagnostik, Therapie und
Nachsorge des Mammakarzinoms
der Frau 4/2008
Begleitung medizinischer
Maßnahmen
Kolorektales Karzinom 9/2008
Psychotherapie (Gesprächs-,
Familien-, Verhaltenstherapie)
Entspannungsverfahren
(Atemtechniken, autogenes
Training, Imagination)
Künstlerische Therapie (Musik-,
Kunsttherapie)
Spiel, Gestaltungspädagogik
Palliativbegleitung
Planung und Einleitung der
Nachsorge und Rehabilitation
Organisation der schulischen und
beruflichen Reintegration
Patienten- und
Angehörigenschulung
Koordination stationärer und
ambulanter psychosozialer
Versorgung
Interdisziplinäre Kooperation
Einhalten ethischer Grundlagen
Vor der Veröffentlichung steht:
und haben je nach Krankheitsphase unterschiedliche Schwerpunkte. Alle Patienten
der pädiatrischen Onkologie sollen eine
psychosoziale Grundversorgung erhalten,
die bei Bedarf erweitert werden kann. Die
Grundversorgung umfasst den Erstkontakt,
die psychosoziale Anamnese, eine soziale
und psychologische Beratung, psychoedukative Maßnahmen, die krankheitsspezifische
Verlaufsdiagnostik, supportive Therapie,
Krisenintervention, künstlerische Angebote,
Spiel- und Gestaltungspädagogik, die Vermittlung von Rehabilitationsmaßnahmen,
das Abschlussgespräch und das Angebot
einer Nachbetreuung.
Internet
Familienorientierung
Orientierung am Krankheitsverlauf
Prostatakarzinom 9/2009
Magenkarzinom
Prävention
Supportive Therapie
Exokrines Pankreaskarzinom
10/2006
Psychosoziale Versorgung in der
Pädiatrischen Onkologie und
Hämatologie 2/2008
Ganzheitliche Behandlung
Orientierung an personellen und
sozialen Ressourcen
Bereits veröffentlichte S3Leitlinien in der Onkologie:
www.awmf-online.de
Diagnostik und Therapie
Mit Hilfe der psychosozialen Diagnostik
sollen die individuellen Belastungen sowie
Bewältigungs- und Anpassungsstrategien
erfasst werden, um die entsprechenden Interventionen einleiten zu können. Die therapeutischen Maßnahmen richten sich nach
dem aktuellen Befinden des Betroffenen
Autorin
Dr. Petra Jungmayr
Fachapothekerin für Offizinpharmazie;
Onkologische Pharmazie
Esslingen
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 29
Who is who
Who is who
Bearbeitet von Gisela Sproßmann-Günther, Berlin
Heute: Annette Freidank, Fulda
Nach dem Abitur in der Nähe von Darmstadt studierte Annette Freidank Pharmazie in Marburg und promovierte dort
1985 am Institut für Pharmakologie und
Toxikologie. Zu dieser Zeit „entdeckte“ sie
die Klinische Pharmazie für sich und ging,
als dort eine Stelle ausgeschrieben wurde, in die Apotheke des Klinikums Fulda.
Dort war sie für den Aufbau der zentralen
Zytostatikaabteilung verantwortlich. Von
Anfang an waren die pharmazeutische
Betreuung der Tumorpatienten und die Beratung der Ärzte und des Pflegepersonals
wichtige Aspekte ihrer Tätigkeit.
Nach der eigenen Weiterbildung im Bereich klinische Pharmazie ging sie diesen
eingeschlagenen Weg konsequent weiter
und erhielt 1991 die Weiterbildungsermächtigung für dieses Fach. Zeitgleich
übernahm Annette Freidank die Position
der stellvertretenden Direktorin der Apotheke. Jetzt bestand auch die Möglichkeit,
die Aufgaben der Apotheke im Bereich
Klinische Pharmazie weiter auszubauen.
Dies war einer der Gr ünde 2001 mit
der Ausbildung zum Master of Clinical
Pharmacy an der Strathclyde University
in Glasgow zu beginnen, um die spätere
Umsetzung in Fulda zu erleichtern. Neben
der universitären Ausbildung bestand dort
die Möglichkeit den Clinical Pharmacist
auf der Station zu begleiten. Mit der Arbeit „Evaluation of methods for teaching
ihrer Meinung nach ein ganz wesentlicher
Baustein in der optimalen Versorgung
des Patienten. Deshalb sollte die gegenseitige Unterstützung der verschiedenen
Berufsgruppen so früh wie möglich in der
Aus- und Weiterbildung gefördert werden.
and assessing undergraduate pharmacy
students in a clinical placement“ erlangte
Annette Freidank 2006 ihren Masterabschluss. Schwerpunkt der Arbeit war die
Ausbildung der Studenten am Krankenbett, die mit einer praxisnahen Prüfung
(OSCE – objective structured clinical
examination) abgeschlossen wurde und
in die auch Tumorpatienten eingeschlossen waren.
Seit vier Jahren wird dieses Projekt jedes
Semester an der Philipps-Universität
in Mar bur g angeboten und von den
Studenten gerne angenommen. Neben
ihren Vorlesungen in Marburg ist Annette Freidank ebenfalls in die Ausbildung
der Medizinstudenten in Fulda und die
Weiterbildung des Pflegepersonals eingebunden.
Wir alle kennen Annette Freidank als
kompetente und engagierte Ansprechpartnerin für pharmazeutische Probleme und
als Referentin und Mitorganisatorin auf
unseren klinischen und onkologischen
Kongressen. Daher wundert es uns nicht,
dass sie im Präsidium der DGOP sowie
in vielen nationalen und internationalen
Organisationen, unter anderem der onkologischen Arbeitsgruppe der ADKA, der
DKG (Deutsche Krebsgesellschaft, hier
speziell in den beiden Arbeitsgemeinschaften OPH und ASORS), der E.S.C.P
(European Society of Clinical Pharmacy),
der MASCC (Multinational Association
of Supportive Care in Cancer) engagiert
mitarbeitet.
Seitdem Annette Freidank nach der Promotion über sechs Monate durch Indonesien,
Australien und Neuseeland gereist war,
ist alle 2 bis 3 Jahre ein mehrwöchiger
Urlaub in ferne Länder notwendig. Wieder
in Deutschland liest, radelt, segelt und
wandert sie gerne und möchte jedes Jahr
etwas Neues ausprobieren.
Die multiprofessionelle Zusammenarbeit
im Bereich der Arzneimitteltherapie ist
28. - 30. Januar 2011
Hamburg-Harburg
30 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
ASCO-Meeting 2010 in Chicago
KONGRESSBERICHT
ASCO-Meeting 2010 in Chicago
Bericht vom Jahreskongress der
American Society of Clinical Oncology
Von Günther J. Wiedemann, Ravensburg und Wolfgang Wagner, Osnabrück
Wichtige positive
Studienergebnisse bei
fortgeschrittenen/metastasierten
Tumorleiden
1. Nicht kleinzelliges Bronchialkarzinom
(NSCLC)
Im Jahr 2007 wurde in Nature das EML4ALK Fusionsgen vorgestellt. Die Fusion des
ALK-Gens mit dem EML4-Gen führt zur
Produktion des tumorspezifischen Enzyms
ALK (Anaplastic Lymphoma Kinase) und
stimuliert so das Wachstum von Bronchialkarzinomzellen. Bereits drei Jahre später
wurde jetzt auf dem ASCO eine klinische
Studie vorgestellt, die Behandlungserfolge
durch die Hemmung der ALK zeigt und
so das Konzept der Selektion von Lungenkrebspatienten mit bestimmten genetischen Veränderungen für entsprechend
maßgeschneiderte Therapien unterstützt.
Der orale ALK-Inhibitor Crizotinib zeigte
überraschend hohe Ansprechraten bei Patienten mit fortgeschrittenem ALK-positivem
NSCLC, die zuvor mindestens drei Standdardtherapien erhalten hatten. Eine Phase
I/II Studie ergab bei diesen extrem vorbehandelten Patienten Ansprechraten von rund
90 %, komplette und partielle Remissionen
traten in 57 % auf. Das Ansprechen hielt bis
zu 15 Monate an, die Wahrscheinlichkeit,
nach 6 Monaten progressionsfrei zu sein,
betrug für diese Patienten 72 %. Übelkeit
und Erbrechen waren die häufigsten unerwünschten Wirkungen. Einschränkend
muss man sagen, dass nur etwa 5 % aller
Patienten mit NSCLC ALK-positiv sind
und daher für die Therapie mit Crizotinib
in Frage kommen. (Bang et al, Abstract #3)
Die Kombination von Carboplatin (monatlich, AUC 6) mit Paclitaxel (wöchentlich,
90 mg/m 2) verlängert das Überleben von
alten Patienten (70-89 Jahre) im Vergleich
zur Standardtherapie mit entweder Gemcitabin (1150 mg/m 2, wöchentlich) oder Vinorelbin (30 mg/m 2, Tag 1 und 8). Das Gesamtüberleben betrug in der Gruppe unter
Kombinationstherapie 10,4 Monate, in der
Vergleichsgruppe 6,2 Monate. Die Zeitspanne bis zur erneuten Progression wurde
verdoppelt (6,3 vs. 3,2 Monate). Moderate
bis schwere Neutropenien waren unter der
Kombinationstherapie allerdings häufiger.
(Quoix et al., Abstract #2)
2. Inoperables fortgeschrittenes und metastasiertes Malignes Melanom (Stadium
III und IV)
Ipilimumab ist ein monoklonaler Antikörper gegen CTLA-4 (Cytotoxisches TLymphozyten Antigen) auf der Oberfläche
von T-Lymphozyten. CTLA-4 fungiert als
„Bremse“ der Immunantwort; die Blockade
von CTLA-4 stimuliert die T-Zell Antwort
gegenüber malignen Zellen. In einer großen
randomisierten Doppelblindstudie an 676
32 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Photo by © ASCO/Todd Buchanan 2010
Patienten mit fortgeschrittenem /metastasiertem Melanom wurde die Effektivität von
Ipilimumab (insgesamt 4 Infusionen über
90 Minuten alle 3 Wochen), gp100 Vakzine
und der Kombination aus beiden verglichen.
Ipilimumab alleine oder in Kombination
verlängerte signifikant das mediane Überleben (10 vs. 6,4 Monate) im Vergleich zur
Therapie mit gp100 Vakzine. Unter Ipilimumab traten in 10-15 % überschießende
Immunreaktionen auf, die immunsuppressiv
mit Steroiden behandelt werden mussten.
(Day et al., Abstract #4)
3. Fortgeschrittenes Ovarialkarzinom
(Stadium III und IV)
Eine zehnmonatige Erhaltungstherapie
mit Bevacizumab (15 mg/kg) verlängert
in Kombination mit der Standardchemotherapie (Carboplatin plus Paclitaxel) das
progressionsfreie Überleben von 10,3 auf
14,1 Monate. Eine kürzere Therapie mit Bevacizumab (Infusionen an Tag 1 jedes der
6 Carboplatin/Paclitaxel Zyklen) brachte
keinen Überlebensvorteil. (Burger et al.,
Abstract #2)
4. Fortgeschrittenes Prostatakarzinom
Eine zusätzliche Strahlentherapie zur kontinuierlichen Hormontherapie verlängert
ASCO-Meeting 2010 in Chicago
das Überleben von Patienten mit lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom (PSA>20,
Gleason >8, T2-T4). Nach 6 Jahren waren
175 von 602 Patienten unter alleiniger Hormontherapie gestorben, aber nur 145 von 603
unter Kombination mit Strahlentherapie
(relative Risikoreduktion 43%). (Warde et
al., #4504)
5. Metastasiertes Mamakarzinom
Eribulin hemmt über einen neuartigen Mechanismus die Mitose. Es beeinträchtigt die
Funktion der Mikrotubuli. Das bedeutet,
dass sich der Spindelapparat nicht entwickeln kann und der Zellzyklus daher in der
G2/M-Phase blockiert wird. In einer Phase
III Studie (EMBRACE) verlängerte Eribulin-Mesylat (1,4 mg/m 2, 2-5 Minuten i.v. Bolus, Tag 1 und 8 eines 21-tägigen Zyklus) das
Gesamtüberleben von Frauen mit metastasiertem Brustkrebs, die intensiv vorbehandelt
waren (inklusive Anthrazykline und Taxane)
um 2,5 Monate (13,1 vs.10,7 Monate) gegenüber verschiedenen Chemotherapie-Regimen
in der Kontrollgruppe. EMBRACE ist damit die erste Single-Agent Studie, die bei
intensivst vorbehandelten Patientinnen einen
Überlebensvorteil zeigen konnte. (Twelves
et al., #504)
Wichtige negative
Studienergebnisse
1. Fortgeschrittenes Kolonkarzinom mit
Wildtyp KRAS
Cetuximab zusätzlich zur adjuvanten
Standardtherapie mit FOLFOX bringt
Patienten mit reseziertem Kolonkarzinom (Stadium III, T1-4, N1-3, M0) und
normalem KRAS –Gentyp keinen Überlebensvorteil, aber mehr unerwünschte
Wirkungen. Die große Phase III Studie mit
1760 Patienten wurde aufgrund der Nachteile für die Cetuximab-Studiengruppe vorzeitig beendet. (Alberts et al., #3507)
2. NSCLC: Prävention von Zweittumoren
200 Mikrogramm Selen pro Tag beeinflussen das Zweitkarzinom-Risiko von
Patienten mit reseziertem NSCLC (Stadium I) eher negativ. Eine randomisierte
doppelblinde Präventionsstudie (Selen vs.
Placebo) brachte folgende Ergebnisse: Die
Inzidenz sekundärer Primärtumoren betrug
3.66 pro 100 Personenjahre unter Placebo
und 4,11 pro 100 Personenjahre unter Selen.
Sekundäre Primärtumoren in der Lunge
hatten ebenfalls eine höhere Inzidenz unter Selen (1,91 vs. 1,36
pro 100 Personenjahre). (Karp et
al., #7004)
gesteronrezeptor-Status und 13,9 % beim
HER2-Rezeptor-Status. In diesen Fällen ist
möglicherweise eine Anpassung der Therapiestrategie sinnvoll. (Locatelli et al., #1008)
3. Immunhistochemie kein prädiktiver
Faktor
Der immunhistochemische Nachweis von
Mikrometastasen im Sentinel-Lymphknoten oder Knochenmark erlaubt keine Rückschlüsse auf die Prognose und sollte nicht
Wichtige Neuigkeiten zum
Thema Brustkrebs
1. Infiltrierter Sentinel-Lymphknoten: Entfernung zusätzlicher
Lymphknoten nicht von Vorteil
Bei Metastasierung in den Sentinel-Lymphknoten wurden bisher auch die übrigen axillären
Lymphknoten entfernt. In einer
Phase III Studie wurde jetzt gezeigt, dass
dies keinen Überlebensvorteil für die Frauen
bringt, aber das Risiko von unerwünschten
Wirkungen (wie Lymphödem) erhöht.
(Giuliano et al., #506)
2. Lebermetastasen haben manchmal andere Tumorbiologie als Primärtumor
Der Vergleich von Gewebe aus dem Primärtumor in der Brust und Lebermetastasen
bei 255 Brustkrebspatientinnen ergab, dass
bei einigen Patientinnen die Tumorzellen
ihre biologischen Eigenschaften geändert
hatten. 14,5 % der Lebermetastasen zeigten
Unterschiede hinsichtlich des Östrogenrezeptor-Status, 48,5% hinsichtlich des Pro-
Photo by © ASCO/Todd Buchanan 2010
Grundlage für Therapieentscheidungen hinsichtlich der adjuvanten Therapie sein. Das
ergab eine große Beobachtungsstudie an
5500 Frauen mit Brust erhaltend operiertem
Mammakarzinom (T1/T2 N0 M0) (Cote
et al., #504).
Autoren
Prof. Dr. Günther J. Wiedemann,
Ravensburg
[email protected]
Prof. Dr. Wolfgang Wagner, Osnabrück
[email protected]
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 33
PARP-Inhibitoren
PARP-Inhibitoren
Von Petra Jungmayr, Esslingen
P
ARP-Inhibitoren werden derzeit intensiv untersucht. Sie unterbinden die Reparatur von DNA-Schäden und führen zur Apoptose der geschädigten Zellen. Einige
Vertreter dieser Wirkstoffgruppe werden bereits in klinischen Studien eingesetzt und
erste Ergebnisse zu ihrer Anwendung beim Mamma- und Ovarialkarzinom sind viel
versprechend.
Wirkweise von PARP-Inhibitoren
Schäden an der DNA können von der
Zelle über verschiedene Mechanismen repariert werden. Eine Möglichkeit ist die
Reparatur mit Hilfe von PARPs (PARP
= Poly(adenosindiphosphat [ADP]-ribose
polymerase). Ein wichtiger Vertreter dieser Enzymfamilie ist PARP1, das DNAEinzelstrangbrüche durch Basenexzisionsreparatur behebt. Bei einer Hemmung von
PARP1 durch PARP-Inhibitoren können
die Einzelstrangbrüche nicht mehr repariert
werden, so dass bei der nächsten Zellteilung
Doppelstrangbrüche entstehen. Normaler-
weise können diese Doppelstrangbrüche
durch eine homologe Rekombination ausgeglichen werden. Bei bestimmten Genmutationen (Keimbahnmutationen der
BRCA1- oder BRCA2-Gene) besteht diese
Möglichkeit nicht und die Zelle geht in den
Zelltod (Graphik 1). Bei einer Reihe von Tumorerkrankungen ist die homologe Rekombination gestört. Dazu gehören Tumoren mit
Mutationen am BRCA1- und BRCA2-Gen
wie bestimmte Mamma-, Ovarial- und Prostatakarzinome. Ferner scheint bei dreifach
negativen Mammatumoren sowie BL-CLMammakarzinomen eine gestörte Doppelstrangreparatur vorzuliegen.
Zwei Ansätze zur Anwendung von
PARP-Inhibitoren
Der tumorspezif ische Defekt, keine
DNA-Reparatur durch homologe Rekombination zu ermöglichen, kann therapeutisch genutzt werden, in dem auch die
zweite Möglichkeit der DNA-Reparatur
mit Hilfe von PARP-Inhibitoren blockiert
wird. Gesunde Zellen, also Zellen mit
intakter DNA, werden nicht betroffen,
so dass eine selektive Tumortoxizität herbeigeführt werden kann; man bezeichnet
dies als das Prinzip der „synthetischen
Letalität“.
PARP-Inhibitoren können auch mit zytotoxischen Substanzen kombiniert werden,
die DNA-Schäden verursachen. Dabei
geht man folgendermaßen vor: Man setzt
durch eine Chemotherapie (oft Platinhaltig) einen DNA-Schaden. Dies führt
in der Zelle zu einer Hochregulierung
von PARP1, um den Schaden zu reparieren. Dann wird ein PARP1-Inhibitor
verabreicht, der die Reparatur verhindert.
Es kommt zu Doppelstrangbrüchen und
schließlich zum Zelltod (Graphik 2).
PARP-Inhibitoren beim
Mammakarzinom
Graphik 1
[Graphik Prof. Andreas Schneeweiss, Heidelberg]
Bei intakten Zellen werden Doppelstrangbrüche durch die homologe Rekombination behoben.
Bei bestimmten Tumorzellen ist die homologe Rekombination gestört, so dass eine Reparatur
nur mit Hilfe von PARP möglich ist. Ein PARP-Inhibitor verhindert auch diesen Weg.
34 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Brustkrebs ist eine heterogene Erkrankung,
die nach verschiedenen Kriterien wie etwa
ihrer Histopathologie, Immunhistochemie,
Größe und Ausbreitung klassifiziert werden kann. Die genaue Bestimmung der Tumorcharakteristika ist für die Prognose und
Therapie entscheidend. Seit einigen Jahren
gewinnt die phänotypische oder molekulare
Klassifikation, die mit Hilfe von Genexpressionsanalysen erstellt wird, an Bedeutung. Mit ihrer Hilfe können Mammakarzinome in fünf Subtypen unterteilt werden,
die sich deutlich in ihrem biologischen und
klinischen Verhalten unterscheiden (siehe
Kasten). Dreifach negative Tumore (rund
15% aller Brustkrebserkrankungen) weisen eine schlechte Prognose auf und sind
PARP-Inhibitoren
Eigenschaften dreifach negativer
Karzinome TNBC (TNBC = triple negative breast cancer)
Verlust von Estrogen-Rezeptor,
Progesteron-Rezeptor, HER2
tritt häufig bei unter fünfzigjährigen Frauen auf
duktalinvasive, metaplastische,
medulläre (G3) Karzinome
verminderte Expression bzw. Verlust von BRCA und PTEN
u. a. erhöhte Expression des Proliferationsmarkers Ki-67, des EGFRezeptors oder eine Mutation des
Onkogens p53
Molekulargenetische Einteilung des
Mammakarzinoms
Molekularbiologisch werden derzeit
fünf Subgruppen des Mammakarzinoms unterschieden, die anhand ihrer Eigenschaften bezeichnet werden:
Luminal-A- und Luminal-B-Tumore
Claudin-low-Tumore
HER2-positive Tumore
Tumoren vom basalen Phänotyp
(basal-like)
normal-like Karzinome
Tab. 1: Histopathologische und molekulargenetische Klassifikation des Mammakarzinoms
Histopathologisch
Genchip-Analyse
Histologie, Immunhistologie,
Molekularpathologie
Genchip und Cluster-Analyse
• invasiv-duktal
• invasiv-lobulär
• sonstige
Grading
molekulare Tumortypen
Hormonrezeptor-Positivität
luminale Karzinome (Subtypen ABD)
HER2-Positivität
HER2-positive Karzinome
dreifach negative Karzinome
basal-like Karzinome
überwiegend normale Zellen
normal-like Karzinome
molekulares Grading
schwierig zu therapieren. Da bei der Mehrzahl dreifach negativer Tumore das PARP1Enzym hochreguliert ist, erscheint die Gabe
von PARP-Inhibitoren vielversprechend.
Studien mit PARP-Inhibitoren
PARP-Inhibitoren werden derzeit intensiv untersucht. Mehrere Vertreter werden
in präklinischen Untersuchungen sowie in
Phase-I- bis Phase-III-Studien bei verschiedenen Tumorentitäten wie etwa Brustkrebs,
Ovarialkarzinom, Gebärmutterhalskrebs,
Glioblastom, Lungentumoren, Pankreaskarzinomen und Sarkomen geprüft. Am
weitesten fortgeschritten sind die Studien
mit Olaparib und Iniparib, von denen exemplarisch einige vorgestellt werden.
Der PARP-Inhibitor BS1-201 (Iniparib)
wurde bereits erfolgreich in einer randomisierten Phase-II-Studie bei dreifach
negativen Brustkrebspatientinnen eingesetzt. Die Kombination aus einer Chemotherapie mit Gemcitabin/Carboplatin
plus BSI-201 erzielte im Vergleich zur
alleinigen Chemotherapie bei intensiv
Zwischen der histopathologischen
und molekularen Diagnostik finden
sich deutliche Übereinstimmungen.
Hormonrezeptor-positive Karzinome
und HER2-positive Karzinome sind
mit beiden Methoden nachweisbar.
Für das normal-like Karzinom gibt
es derzeit noch kein histopathologisches Korrelat. Überlappungen
bestehen bei den molekular definierten basal-like Tumoren und den
dreifach negativen Karzinomen. Auf
molekularer Ebene wird das dreifach negative Karzinom mehrheitlich den Subgruppen der basal-like
(BL)- und Claudin-low (CL)-Mammakarzinome zugeordnet (60-80% der
CL- bzw. BL-Mammakarzinome sind
dreifach negativ).
In der Praxis ist es bislang schwierig, einzelne Tumore sicher einer
molekularen Subgruppe zuzuordnen, da dies eine Genexpressionsanalyse erfordert, die mit erhöhten
Kosten einhergeht.
Graphik 2
[Graphik sanofi-aventis]
Durch eine zytotoxische Substanz wird die DNA geschädigt. Dies führt in der Zelle zu einer
Hochregulierung von PARP1, um den Schaden zu reparieren. Der PARP1-Inhibitor verhindert
aber die Reparatur. Es kommt zu Doppelstrangbrüchen und schließlich zum Zelltod.
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 35
PARP-Inhibitoren
vorbehandelten Patientinnen im metastasierten Stadium eine statistisch signifikante Verlängerung der progressionsfreien und der gesamten Überlebenszeit
(progressionsfreies Überleben median 6,9
Monate vs. 3,3 Monate; p < 0,0001; Gesamtüberleben median 9,2 Monate vs. 5,7
Monate; p = 0,0005.)
Die Sicherheitsanalysen ergaben keinen
Unterschied zwischen beiden Behandlungsarmen im Hinblick auf die hämatologische und nicht-hämatologische Toxizität.
Eine Phase-III-Studie mit Gemcitabin/
Carboplatin plus BSI-201 vs. Gemcitabin/
Carboplatin plus Placebo wird derzeit in
den USA durchgeführt.
AZD-2281 (Olarparib): Eine Phase-1-Studie zeigte in der Monotherapie eine AntiTumoraktivität bei BRCA-Mutationen
beim Mammakarzinom, Ovarialkarzinom
und Prostatakarzinom. In einer PhaseII-Studie bei Brustkrebspatientinnen mit
BRCA-Mutationen wurde ein Tumorrückgang bei rund einem Drittel der Patientinnen festgestellt. Soweit bislang bekannt
ist, treten unter einer Therapie mit PARPInhibitoren keine besorgniserregenden Nebenwirkungen auf. Unter Olaparib wurde
von leichten Nebenwirkungen (Grad 1 und
2) berichtet, unter anderem traten Übelkeit,
Fatigue, Erbrechen, Geschmacksveränderungen und Anorexie auf.
Literatur
1. Ashworth A.: A synthetic lethal therapeutic approach: Poly(ADP)ribose polymerase inhibitors
for the treatment of cancers deficient in DNA
double-strand break repair. JCO 26, 3785-3790.
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carriers. N Engl J Med 361, 123-134 (2009).
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10.Rouleau M., et al.: PARP inhibition: PARP1 and
beyond. Nature reviews 10, 293-301 (2010).
Wirkstoff
Hersteller
Anzahl der Studien gemäß Eintrag
im Studienregister des US National
Institutes of Health; (Stand Juli 2010)
AZD-2281 (Olaparib)
AstraZeneca
26
Internet
BSI-201 (Iniparib)
sanofi-aventis
15
ABT-888 (Veliparib)
Abbott
29
www.parp.inhibitors.com
www.biparscienes.com
www.clinicaltrial.gov
AG-014699
Pfizer
3
SAR240550
sanofi-aventis
2
MK-4827
Merck
2
CEP-9722
Cephalon
1
Die Studien sind teilweise aktiv, teilweise noch in Rekrutierung. Die jeweiligen PARPInhibitoren werden meist mit unterschiedlichen zytotoxischen Substanzen kombiniert und bei
verschiedenen Tumor­entitäten eingesetzt.
Herausgeber:
Klaus Meier, Soltau
Verlag:
onkopress,
Ziegelhofstraße 43,
26121 Oldenburg,
www.onkopress.de
ISSN-Nr.: 1437-8825
Chefredakteurin:
Dr. Karla Domagk, Cottbus
Redaktion:
Dr. Susan Bischoff, Berlin; Priv. Doz. Dr. Jens Büntzel,
Nordhausen; Dr. Gabriele Gentschew, Frankfurt/M.;
Dr. Doris Haider, Wien; Gerald Hensel, Leipzig;
Dr. Brigitte Hübner, Quedlinburg; Dr. Petra Jungmayr,
Stuttgart; Henrik Justus, Uslar; Michael Marxen, Wesseling;
Thomas Schubert, Mönchengladbach; Wioletta Sekular,
Krefeld; Gisela Sprossmann-Günther, Berlin; Dr. Robert
Terkola, Wien; Dr. Sabine Thor-Wiedemann, Ravensburg.
Wissenschaftlicher Beirat:
Prof. Dr. U. Jaehde, Pharmazeutisches Institut, Abt.
Klinische Pharmazie, Universität Bonn; Prof. Dr. Günter
Wiedemann, Klinik für Innere Medizin, Hämatologie,
Onkologie und Gastroenterologie, Oberschwabenklinik
Ravensburg; Univ. Prof. DI Dr. Robert Mader,
Universitätsklinik für Innere Medizin I, Medizinische
Universität Wien; Sigrid Rosen-Marks, Hamburg.
36 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Autorin
Dr. Petra Jungmayr
Fachapothekerin für Offizinpharmazie;
Onkologische Pharmazie
Esslingen
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Übersetzung, der photomechanischen Wiedergabe
und Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen
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Namentlich gekennzeichnete Artikel stellen nicht
unbedingt die Meinung der Redaktion dar.
18. NZW in Hamburg-Harburg
Aus der Praxis für die Praxis
Bericht vom PTA-Kongress,
30. 1. 2010 in Hamburg-Harburg
D
er im Rahmen des jährlichen NZW
statt fi ndende PTA-Kongress erfreut sich seit Januar 2003 an stetig wachsendem Interesse und zunehmender Teilnehmerzahl, denn er richtet sich speziell
an die pharmazeutisch-onkologisch tätigen PTA.
In Hamburg werden die neuen Entwicklungen und Kenntnisse in der Chemotherapie und der pharmazeutisch-onkologischen
Versorgung Krebskranker in Fachvorträgen
und Workshops in verständlicher Weise
vermittelt. Bereits vorhandenes Fachwissen wird vertieft und auf den aktuellen
Standard gebracht. Im Zuge der rasanten
Entwicklung neuer Therapien und Therapieformen nimmt die Aus- und Weiterbildung des pharmazeutischen Fachpersonals
einen immer wichtigeren Stellenwert ein.
8. PTA-KONGRESS
FREITAG, 29. JANUAR 2010
16.00-17.30
V
Workshop
Chemotherapie bei Kindern – was ist während/
nach der Therapie zu beachten?
Carola Freidank, Hannover & Janine Ratai, Hamburg
SAMSTAG, 30. JANUAR 2010
Chair: Claudia Woeste, Berlin
9.00-9.15
Einleitung
9.15- 9.40
Leukämie – ein Überblick
Dr. Katrin Mühlenfeld, Hamburg
9.40 -10.05
Hodgkin-Lymphom
Martin Ehmann, Heidelberg
10.05-10.30
Non-Hodgkin-Lymphom
Dr. Tilman Schöning, Heidelberg
Fachapotheker, Wissenschaftler der verschiedenen Fachrichtungen und PTA
vermitteln in 25minütigen Kurzvorträgen
kompaktes theoretisches Wissen gepaart
mit Beispielen aus der Praxis. Onkologisch
ausgebildete Fachkrankenschwestern und
Pfleger schulen im Umgang mit dem Patienten, damit auch die Berufsgruppe der
PTA für die Beratung im Apothekenalltag
gerüstet ist. Durch die Zunahme der oralen
Chemotherapeutika spielt die Unterstützung einer umfassenden pharmazeutischen
Beratung des Patienten eine immer wichtigere Rolle.
10.30-10.55
Pause
10.55-11.45
Multiples Myelom/Plasmozytom –
eine Erkrankung zwei Namen?
Dr. Maika Lestin & Dr. Claudia Langebrake, Hamburg
11.45-12.10
Pause
12.10-12.35
Neue Therapien in der Onkologie
Jürgen Barth, Gießen
12.35-13.00
Übelkeit und Erbrechen in der klinischen Onkologie
Dr. Hans-Peter Lipp, Tübingen
13.00-14.00
Mittagessen
14.00-14.25
Praktische Aspekte der pädiatrischen Onkologie
Carola Freidank, Hannover
In diesem Jahr lag der Schwerpunkt der
Vorträge bei den hämatologischen Krebserkrankungen, mit denen sowohl die Mitarbeiter im Krankenhaus als auch im ambulanten Bereich in Berührung kommen.
14.25-14.50
Orale Zytostatika und Tyrosinkinasehemmer –
Beratung in der Apotheke
Matthias Wriedt, Hamburg
14.50-15.15
Pause
Über ausgewählte Vorträge und Workshops
berichten: Nadja Alvermann/Berlin, Anna
Hemmler/Kiel, Wioletta Sekular/Tönisvorst und Claudia Woeste/Berlin.
15.15-16.45 Ernährungsdiagnostik und -therapie für Tumorpatienten
W
X
PD D r. Jens Büntzel, Nordhausen & Dr. Jens Putziger, Fuldabrück
Psychischer Einfluss auf die Krebsentstehung –
gibt es eine Krebspersönlichkeit?
Erika Friedrichs, Aurich
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 37
18. NZW in Hamburg-Harburg
Multiples Myelom für PTA
D
as klinische Bild dieser bösartigen
Erkrankung der Knochenmarkplasmazellen wird durch die zunehmende
Ansammlung von Myelomzellen im Knochenmark geprägt. Die Symptome werden
entweder durch das Wachstum der Plasmazellen oder durch die Eigenschaften
der gleichzeitig gebildeten Antikörper
hervorgerufen: Knochenschmerzen, spontane Knochenbrüche, Anstieg des aus dem
Knochen gelösten Calciums im Blut, Abnahme roter Blutkörperchen, Infektneigung
und Niereninsuffizienz.
Frau Dr. Claudia Langebrake (Apotheke im
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf)
berichtete über Therapie-Indikationen des
Multiplen Myeloms (Tab.1) und über Therapieempfehlungen, die abhängig von Komorbiditäten, Schweregrad und Charakteristika
der Erkrankung sowie Ansprechen auf bisherige Therapien sind. Sie stellte fest, dass es
bisher keine Heilung gibt. Allerdings sei es
möglich, eine Plateauphase zu erreichen, in
der sich Plasmazellen im Knochenmark befinden, jedoch keine Symptome verursachen.
Konventionelle Chemotherapie ist indiziert bei Patienten, die für intensive Therapieformen aufgrund ihres (biologischen)
Alters oder aufgrund von Begleiterkrankungen nicht in Frage kommen: Melphalan/
Prednisolon (MP nach Alexanien), auch
in Kombination mit Thalidomid, Lenali-
domid oder Bortezomib. Anthrazyklinhaltige Schemata (z.B. VAD = Vincristin,
(Adriamycin) Doxorubicin, Dexamethason)
sind veraltet. Mögliche Optionen für Patienten älter als 80 bis 85 Jahre sind MP oder
alternativ Bendamustin/Prednisolon oder
Cyclophosphamid/Prednison.
Die Möglichkeiten der Therapie des multiplen Myeloms haben sich durch das gewachsene Verständnis der Pathogenese der
Erkrankung wesentlich verändert. So sind
Arzneistoffe mit neuen therapeutischen
Angriffspunkten möglich geworden: Thalidomid, Lenalidomid, Bortezomib (Tab. 2,
Kasten). Zusammenfassend stellte Frau Dr.
Langebrake fest, dass Bortezomib, Thalidomid und Lenalidomid in Kombination mit
Dexamethason ± konventionelle Chemotherapie in der Induktionstherapie überlegen
sind und das Outcome verbessern. Jedoch
sind Langzeit-Nachbeobachtungen der existierenden Studien notwendig, um den Gesamteffekt beurteilen zu können!
Deutliche Verbesserungen im progressionsfreien Überleben und Gesamtüberleben bei multiplen Myelom gibt es durch
Stammzelltransplantation (SZT): Gesamtüberleben autologe-SZT vs. konventionelle
Chemotherapie: 52 % vs. 12 % [Attal 1996].
Auch die Tandem-SZT verzeichnet bessere
Ergebnisse als eine einmalige SZT.
Abschließend gab Frau Dr. Langebrake eine
kurze Zusammenfassung über gegenwärtig
laufende Studien bei neu diagnostiziertem,
rezidiviertem und refraktärem multiplen
Myelom sowie über Möglichkeiten der Zusatztherapie oder supportiver Behandlung.
Hochdosis-Chemotherapie mit SZT in
der Therapie des Multiplen Myeloms
(MM):
höhere Effektivität gegenüber der
konventionellen Chemotherapie für
Patienten unter 60-65 Jahre
die dosisreduzierte HD-Therapie
mit autologer SZT ist bei älteren
Patienten (bis 70-75 Jahre) möglich
Standardbehandlung für junge Patienten mit de-novo MM
möglichst im Rahmen multizentrischer Studien mit dem Ziel der
Langzeitremission
systemische Chemotherapie verlängert das ereignisfreie Überleben
und das Gesamtüberleben
CAVE: Die Vorbehandlung mit Melphalan kann die Gewinnung autologer
Blutstammzellen beeinträchtigen!
Tab. 1: Therapie-Indikationen beim Multiplen Myelom (MM)
Stadium 1
Hämoglobin > 10 g/dl
Kalzium im Serum normal
max. 1 Osteolyse
IgG < 5 g/dl bzw. IgA < 3 g/dl
Leichtkettenausscheidung im Urin < 4 g/24 h
Therapie nur bei Gefahr der Nierenschädigung
durch die falsch gebildeten Antikörper oder
deren Leichtketten.
Stadium 2
zwischen Stadium 1 und 3
Stadium 3
mind. 1 der folgenden Kriterien:
Hämoglobin < 8,5 g/dl
Kalzium > 3,0 mmol/l
> 2 Osteolysen
IgG > 7 g/dl
IgA > 5 g/dl
Leichtkettenausscheidung im Urin > 12 g/24 h
Zyklische Chemotherapie, ggf. HD- Therapie mit
Stammzelltransplantation.
Bisphosphonate.
Lokalisierte Bestrahlung bei Knochenschmerzen und
drohenden Frakturen.
Gabe von Immunglobulinen bei Infektanfälligkeit.
Bluttransfusionen bei Anämie.
Plasmapherese bei Hyperviskositätssyndrom.
Operative Fixierung der Frakturpunkte.
38 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
18. NZW in Hamburg-Harburg
Tab. 2: Arzneistoffe mit neuen therapeutischen Angriffspunkten in der Therapie des MM
Bortezomib
(Velcade®)
Thalidomid
(Thalidomid CelgeneTM)
Lenalidomid
(Revlimid®)
Dosierung
1,3 mg/m2 Bolus i.v.
(mind. 72h Pause zw. den Gaben)
100-400mg/d oral
25mg/d oral
Wirkstoffklasse
Proteasominhibitor
IMiD (Immuno modulatory drug)
IMiD (Immuno modulatory drug)
Wirkungsmechanismus
Verminderte Adhäsion und Zytokinproduktion von MM-Zellen
Antiangionese
Modulation von NK-κB
Vermindert Adhäsion und Zytokinproduktion von MM-Zellen
Immunologische antimyelomatöse
Effekte
Immunmodulation
Hemmung TNF-α-vermittelter
Effekte
NK-Zell-Zytotoxizität (IL-2 und
INF-γ)
Verminderte Adhäsion
Zulassung
First-Line: in Kombination mit MP
(seit 2008)
Second-Line/Rezidiv: (seit 2005)
In Kombination mit MP für Pat.
≥ 65 Jahre, die nicht mit einer Hochdosistherapie behandelt werden
können (seit 2008)
In Kombination mit Dexamethason für Pat., die bereits
eine Vortherapie erhalten
haben (seit 2007)
Nebenwirkung
Periphere Neuropathie
Zyklische Thromozytopenie
Gastrointestinale Beschwerden
Müdigkeit, allgemeine Schwäche
Teratogene Wirkung
Somnolenz (Prophylaxe: Gabe zur
Nacht)
Periphere Neuropathie
Obstipation
Thrombembolische Komplikationen
Myelosuppression
Muskelkrämpfe
Obstipation, Diarrhoe
Teratogen
Venöse Thrombembolie
Hautausschlag
Müdigkeit, Schwäche, Neuropathie
Hodgkin-Lymphom
W
ie Herr Martin Ehmann aus der
Apotheke des Universitätsklinikums
Heidelberg berichtete, ist das HodgkinLymphom eine bösartige (maligne) Erkrankung des lymphatischen Systems, die
erstmalig 1832 von dem englischen Arzt
Sir Thomas Hodgkin beschrieben wurde.
Die feingeweblichen Veränderungen mit
den typischen Hodgkin- und SternbergReed-Riesenzellen wurden wiesen in den
Jahren 1898 von Carl Sternberg und 1902
von Dorothy Reed als Krankheits definierend erkanntnach.
dem onkogenen Epstein-Barr-Virus neben
anderen Mutationen festgestellt werden.
Die Zahl der Neuerkrankungen wird in
Deutschland auf 2-3 Erkrankungen pro
100.000 Personen geschätzt. Die Ursache
des Hodgkin-Lymphoms ist noch nicht
hinreichend geklärt, allerdings konnte in
ca. 40% der Fälle ein Zusammenhang mit
Die malignen Lymphomzellen besitzen ihren Ursprung in den B-Lymphozyten, die
in den Lymphknoten gebildet werden. Für
die histologische Diagnose und zur Abgrenzung zum Non-Hodgkin-Lymphom ist das
Vorhandensein der einkernigen Hodgkin-
Erste Anzeichen für ein Hodgkin-Lymphom sind meist schmerzlose Lymphknotenschwellungen und bei ca. 1/3 der
Erkrankungen zusätzlich Müdigkeit,
Schwächegefühl und Juckreiz am ganzen
Körper. Neben diesen Schwellungen wird
besonderer Wert auf das Vorliegen oder
Fehlen von sogenannten B-Symptomen
gelegt, die direkten Einfluss auf die Stadieneinteilung, Therapie und Prognose haben.
Zellen und der mehrkernigen SternbergReed-Zellen kennzeichnend, die ca. 1%
des Lymphoms ausmachen. Der Rest des
Lymphoms setzt sich aus Lymphozyten,
Monoblasten, Eosinophilen und Fibroblasten zusammen. Durch die Vermehrung der
Tumorzellen kommt es zu einer Störung des
Immunsystems und damit zu einer Häufung
von bakteriellen-, Virus- und Pilzinfektionen.
Herr Ehmann stellte neben der WHOKlassifikation auch die Ann-Arbor-Klassifikation zur Bestimmung des Ausbreitungsgrades vor. Diese Ann Arbor als
Namensgeberin ist eine Stadt in Michigan,
USA, in der das Komitee aus internationalen Experten 1971 tagte. Erfasst werden
Stadium, Allgemeinsymptome und extralymphatischer Befall.
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 39
18. NZW in Hamburg-Harburg
Die Diagnostik umfasst neben den sehr
differenzierten Blut- und feingeweblichen
Untersuchungen Röntgenbilder des Thorax,
Sonographie, CT des Abdomens und Thorax sowie MRT.
Die an das Stadium des Hodgkin-Lymphoms und vorhandene Risikofaktoren angepasste Therapie sollte ohne größeren Verzug nach der Diagnosestellung beginnen,
um ein weiteres Fortschreiten der ErkranTrias der B-Symptome bei HodgkinLymphom:
Starker Nachtschweiß
ungewollter Gewichtsverlust (>10%
in den letzten 6 Monaten)
Fieber über 38°C (mit wechselndem
Verlauf)
kung zu verhindern. Hodgkin-Lymphome
reagieren sehr empfindlich auf Chemound Strahlentherapie, wobei bei deren
Kombination die Strahlentherapie nach
der Chemotherapie durchgeführt wird.
Einzelne Therapieschemata wie ABVD
und BEACOPP werden auch eskaliert gegeben (Tab. 1), wobei bei deren Herstellung
in der Apotheke einige Besonderheiten zu
berücksichtigen sind (Kasten).
Abschließend ist festzustellen, dass das
Hodgkin Lymphom sehr gute Heilungschancen hat, denn über 80% der Patienten
und in frühen Stadien über 90% können
geheilt werden. Auch bei einem Rezidiv
können gute langfristige Heilungschancen
erreicht werden. Ziele aktueller Studien zu
diesem Krankheitsbild sind die Toxizitäten
der Chemotherapie zu minimieren ohne die
Wirksamkeit zu verringern. Auch wird der
Einsatz verschiedener Antikörper getestet.
Tab. 1: Empfohlene Therapien bei Progress und Rezidiv des Hodgkin-Lymphoms
Verlauf
Empfohlene Therapie
Progress
während der Therapie oder innerhalb der ersten 3 Monate nach
Therapieende
Hochdosis-Chemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation
Frührezidiv
mehr als 3 Monate aber weniger
als 1 Jahr nach Ende der Therapie
meist Hochdosis-Chemotherapie
mit anschließender autologer
Stammzelltransplantation
Spätrezidiv
Ende der Behandlung liegt länger
als 1 Jahr zurück
in einigen Fällen alleinige Bestrahlung; in anderen Fällen intensive
Chemotherapie wie BEACOPP
eskaliert
Bei der Herstellung eskalierter Therapieprotokolle sind einige Besonderheiten seitens der Substanzen zu
beachten:
Dacarbazin: ist besonders lichtempfindlich und muss durchgängig von der Herstellung bis zur
Applikation vor Licht geschützt
werden. Die Verwendung von lichtgeschützten Spritzen, Infusionsbeuteln und Applikationssystemen
stellt eine Selbstverständlichkeit
dar. Zur längeren Haltbarkeit sollte
eine Kühllagerung sichergestellt
sein.
Etoposid/Etoposidphosphat: 1:1
ohne Dosisanpassung bezogen
auf die Etoposid(base).
Etoposid ist schlecht wasserlöslich (Konzentration von 0,4mg/ml
sollte nicht überschritten werden);
als Lösungsvermittler enthält
Etoposid Polysorbat + Macrogol
– diese können Kopfschmerzen,
periphere Neuropathien oder
Überempfindlichkeitsreaktionen
auslösen. Lagerung bei Raumtemperatur; chemisch physikalisch
stabil bei < 0,2mg/ml: 96h, bei
<0,4mg/ml: 48h. Etoposidphosphat ist sehr gut wasserlöslich.
Lagerung bei 2-8°C.
Vincristin: maximale Höchstdosis
2mg pro Woche ist zu beachten.
Keine intrathekale Gabe - tödlich;
Empfehlung der WHO: Gabe als
Kurzinfusion.
Praktische Aspekte der pädiatrischen Onkologie
D
ie Referentin, Frau Carola Freidank,
Fachkinderkrankenschwester für onkologische Pflege an der Medizinischen
Hochschule Hannover und Leiterin der
Weiterbildung für diesen Bereich berichtete, dass die intensive Unterstützung des
jungen Patienten und dessen Familie ein
wesentlicher Eckpfeiler der pädiatrischenonkologischen Pflege ist.
In Deutschland sind die häufigsten onkologischen Diagnosen bei Kindern und
Jugendlichen (unter 15 Jahren) Leukämie
und Lymphome. Deren Behandlung wird
in Onkologischen Zentren durchgeführt,
wobei zwei Behandlungsphasen zu unterscheiden sind: die Intensivphase mit 6 bis
10 Monaten und die Dauertherapie bis zu
24 Monate.
40 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Im Rahmen der Pflege werden die Kinder
und deren Eltern auf die Dauer der Therapie
vorbereitet und über verschiedene Aspekte
wie z.B.: auftretende Nebenwirkungen und
mögliche komplementäre Maßnahmen während der Chemotherapie informiert.
Auf Grund des häufigen Kontaktes zu den
Patienten können die Pflegekräfte ganz früh
18. NZW in Hamburg-Harburg
die ersten Anzeichen von den Nebenwirkungen
erkennen und frühzeitig handeln, um sie zu
verhindern oder deren Intensität zu reduzieren.
Die klassischen Nebenwirkungen sind Haarausfall, Mundschleimhautentzündungen,
Übelkeit und Erbrechen, Appetitlosigkeit,
Knochenmarkdepression, Schmerzen und das
Fatigue-Syndrom. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Mundhygiene und Zahnpflege in der Prävention und Behandlung
der Mundschleimhautentzündungen gelegt.
Hierzu hat die GPONG (German Pediatric
Oncology Nurses Group) ein ausführliches
Begleitheft entwickelt, das als „Wegbegleiter“
für die kleinen Patienten und deren Angehörige während der Therapiephase gedacht
ist. Darin finden sich ebenfalls wertvolle
Hinweise für den Umgang mit den Therapienebenwirkungen im häuslichen Umfeld.
Als Leitsatz der Pflege in der Pädiatrischen
Onkologie formulierte Frau Freidank: „Die
Therapie hat vor allem dann Aussicht auf Er-
folg, wenn ein intensives Vertrauensverhältnis
zwischen dem Patienten und Angehörigen
einerseits und dem Patienten und Betreuungsteam andererseits aufgebaut werden
kann.“ Ein wesentlicher Aspekt im Rahmen der Begleitung durch das Pflegepersonal
ist die Hinführung zu einer Akzeptanz der
Krankheit und somit auch für die damit in
Zusammenhang stehenden Therapiemaßnahmen und deren Nebenwirkungen.
Psychoonkologie-Workshop für PTA
E
inen interessanten Workshop für
PTAs auf dem diesjährigen NZW
in Hamburg lieferte Erika-Friederike
Friedrichs von der Ubbo-Emmius Klinik
in Aurich, die selbst PTA ist und eine Weiterbildung im Bereich Psychoonkologie
absolviert hat. Frau Friedrichs gewährte
den Teilnehmern einen Einblick in ihr
Tätigkeitsfeld und machte ihnen deutlich
dass die Psychoonkologie noch in ihren
Wurzeln liegt und viel zu wenige Krebspatienten davon profitieren. Im Anschluss
schilderten einige Teilnehmer ihre eigenen
Erfahrungen, wie unterschiedlich Menschen mit einer Krebserkrankung umgehen
und welche Hilfen und Therapien diese in
Anspruch genommen haben.
Bis in die 90er Jahre vermuteten die Forscher einen Zusammenhang zwischen psychischen Faktoren und einer Krebsentstehung (sog. Krebspersönlichkeit). Zu
den Merkmalen einer Krebspersönlichkeit zählten damals u.a. ein schwaches
Selbstwertgefühl, eine depressive Stimmungslage und eine Tendenz zur Selbstaufopferung. Diese Merkmale sollten die
Folge von schweren Schicksalsschlägen
und Verlusterlebnissen in früher Kindheit
gewesen sein, die mangelhaft aufgearbei-
tet wurden,. Viele Theorien zur Krebspersönlichkeit haben der Überprüfung unter
wissenschaftlichen Gesichtspunkten jedoch nicht standgehalten. Die Annahme,
dass Stress und psychische Belastungen
zur Krebsentstehung beitragen, ist bis jetzt
unbewiesen.
Heutzutage ist die Psychoonkologie eine
fachübergreifende Disziplin, die den
Krebspatienten und auch deren Angehörigen helfen möchte, sich in der völlig
neuen Lebenssituation zurechtzufinden.
Psychoonkologische Fortbildungen sollen
medizinische und pharmazeutische Fachkräfte dazu befähigen, im Umgang mit
Krebspatienten auch psychosoziale Aspekte
zu berücksichtigen und Verhaltensweisen
der Patienten besser zu verstehen.
Die Psychoonkologie bietet den Krebspatienten unterstützende BehandlungsmögPlane und stelle dir vor, gesund
zu werden,
sei aber auch bereit, heute
sterben zu können.
Carl Simonton (1942 -2009)
lichkeiten, die ergänzend zu den klassischen Therapieformen eingesetzt werden,
wie z. B. Entspannungs- oder Imaginationsübungen. Eine Vielzahl von Krankenhäusern mit onkologischem Schwerpunkt
verfügt schon über psychoonkologische Betreuungsangebote zur Unterstützung und
Beratung von Krebspatienten. In den onkologischen Abteilungen von Akutkliniken
und Rehabilitationseinrichtungen werden
den Patienten neben psychoonkologischer
Betreuung und Behandlung auch Kontakte
zu psychosozialen Beratungsstellen, psychotherapeutischen Praxen und Selbsthilfegruppen vor Ort angeboten, wobei die
Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung im Vordergrund steht.
Patienten mit psychoonkologischer Betreuung haben eine höhere Lebenserwartung,
wie aus einer Studie mit Brustkrebspatientinnen des Psychoonkologie-Pioniers Carl
Simonton hervorgeht. Dies resultiert aus
einer Steigerung der Lebensqualität, aus
der Aktivierung und Stärkung der Selbstheilungskräfte, aus neuer Kraft, Mut und
Energie, um in schweren Phasen durchzuhalten. Sie hilft dem Patienten, wieder
persönliche Ziele zu finden und seiner Lebenszeit neue Werte zu geben.
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 41
Thiotepa – Wenn alte Substanzen neu entdeckt werden und wie Kinder davon profitieren
Thiotepa – Wenn alte Substanzen neu entdeckt
werden und wie Kinder davon profitieren
Von Annette Garbe, Greifswald
F
ehlende Zulassungen, Sicherheitsdaten und pharmakokinetische Untersuchungen sind ein Grund für den
häufigen off-label-use von Arzneistoffen,
aber auch für einen verzögerten Einsatz
wirksamer Medikamente bei Kindern. Um
diese Situation zu verbessern, haben die
Arzneimittelbehörden FDA und EMA
Programme aufgelegt, die die Erforschung
des Einsatzes von neuen Substanzen bei
Kindern regeln und verpfl ichtend machen.
Im Jahre 2006 hatte die Pädiatrisch-Onkologische Arbeitsgruppe der EMA (damals
EMEA) eine Liste von etablierten Substanzen zusammengestellt, die in unterschiedlichen Therapien bereits erfolgreich eingesetzt wurden und die deshalb möglichst mit
Zulassung europaweit verfügbar sein sollten
[1]. Dazu zählte auch die Substanz Thiotepa,
die in den Expertenkommentaren zu dieser
Liste als „drug of interest not only in the
HSC (Haematopoietic Stemm Cell) transplantation setting“ bezeichnet wurde [2].
Wo kommt die Substanz her und was macht
sie für den Einsatz bei Kindern so interessant?
Historie
1959 wurde N,N,N-Triethylenthiophosphorsäuretriamid von der FDA als Chemotherapeutikum zugelassen. Der Arzneistoff Th iotepa gehört zur Gruppe der
polyfunktionell alkylierenden Substanzen.
Die Wirksamkeit beruht auf der Fähigkeit, Alkylgruppen auf biologisch wichtige Zellbestandteile zu übertragen und
damit deren Funktion zu beeinträchtigen.
Th iotepa hemmt insbesondere die Nukleinsäuresynthese, aber auch andere Prozesse
wie die Glykolyse, die Zellatmung oder die
Proteinsynthese und die Aktivität einer Reihe von Enzymen. Die
hohe chemische Reaktionsfähigkeit
führt zu einer guten antitumoralen
Wirkung [3].
Eingesetzt wurde Th iotepa zunächst
zur Behandlung von g ynäkologischen Tumoren und einigen hämatologischen Erkrankungen wie CML
oder Morbus Hodgkin. Lokal wurde
es in Form von Spülungen und Instillationen bei Blasenkarzinomen oder
karzinomatösen Pleura- und Perito-
42 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Thiotepa – Wenn alte Substanzen neu entdeckt werden und wie Kinder davon profitieren
nealergüssen angewendet. Die Dosierung
betrug bei systemischer Gabe wöchentlich
5 - 60 mg absolut, in Kombination mit anderen Zytostatika noch niedriger [4].
Die hohe Lipophilie und damit nahezu
vollständige ZNS-Gängigkeit – nach intravenöser Applikation werden im Liquor
ähnlich hohe Spiegel wie im Plasma erreicht – machten die Substanz auch für den
Einsatz bei ZNS-Tumoren interessant.
ZNS-Tumore sind, nach den Leukämien,
mit etwa 21 % die zweithäufigsten Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter
(ca. 380 Neuerkrankungen pro Jahr in
Deutschland).
Selektive organtoxische Wirkungen wie
z.B. Kardio- oder Lebertoxizität wurden
in den vielen Jahren des Einsatzes von Thiotepa nicht berichtet. Grund für die relativ
niedrigen Dosierungen war vorrangig die
den nachfolgenden Jahrzehnten der Weiterentwicklung blieb die hämatotoxische
Wirkung nicht länger eine gefürchtete Nebenwirkung der Chemotherapie, sondern
wurde zum Ziel der Therapie. Platz schaffen
im Knochenmark für die Spenderzellen, die
Gewährleistung einer effektiven Immunsuppression zur Sicherung des Anwachsens
des Transplantates und die Wirkung auf
den Tumor bzw. die entarteten Blutzellen an sich waren nun gewünschte Eigenschaften eines Zytostatikums, das sich für
die Hochdosistherapie eignete.
Damit war das Interesse an Thiotepa geweckt. Myeloablative und immunsuppressive Wirkungen bei gleichzeitig niedriger
Organtoxizität und effektiver Tumorkontrolle waren die Eigenschaften, die zu
einem verstärkten Einsatz der Substanz in
unterschiedlichsten Konditionierungsprotokollen führten.
Wegen der kalkulierbaren nicht-hämatologischen Nebenwirkungen und dem
bekannten Sicherheitsprofil setzten zunächst Pädiater gern Thiotepa im Bereich
der Stammzelltransplantation ein. Konsequenterweise ist Thiotepa Bestandteil
zahlreicher Therapieoptimierungsstudien
zur Behandlung kindlicher Tumore [6].
TEPADINA® für die
Konditionierungstherapie
erhebliche myelotoxische Wirkung, die bei
systemischer Anwendung mit einer Latenzzeit von 3 - 4 Wochen auftreten konnte und
die dosislimitierend bzw. therapieverzögernd wirkte.
Thiotepa – Die Renaissance in der
Stammzelltransplantation
Schon 1963 begannen sich allerdings
Forscher experimentell mit dem Einsatz
von Thiotepa im Zusammenhang mit einer autologen Stammzelltransplantation
zu interessieren und erste Ergebnisse zu
publizieren [5]. Dieses neuartige Konzept
steckte damals in den Kinderschuhen. In
Zulassung
In den letzten Jahren und Jahrzehnten sind
im Bereich der Supportivtherapie enorme
Fortschritte erzielt worden, die einen
breiteren Einsatz der Stammzelltransplantation beförderten. Zusätzlich wurde durch
die Möglichkeit, auch von unverwandten
Spendern Stammzellen zu transplantieren und den Graft-versus-Tumor-Effekt
mit Hilfe intensitätsreduzierter Konditionierung bei gleichzeitig verbesserter Verträglichkeit der Konditionierung verstärkt
auszunutzen, der Altersbereich auch der allogenen Transplantation enorm vergrößert.
Dennoch handelt es sich bei der Stammzelltransplantation um ein Verfahren, das bei
weniger als 230.000 Patienten oder 5 von
10.000 Menschen (Definition für Orphan
TEPADINA wird in Kombination mit
anderen Chemotherapeutika angewendet:
1) mit oder ohne Ganzkörperbestrahlung (GKB) zur Konditionierung vor
allogener oder autologer hämatopoetischer Stammzelltransplantation (HSZT) für die Behandlung von
hämatologischen Erkrankungen bei
Erwachsenen und Kindern;
2) wenn eine hochdosierte Chemotherapie mit anschließender HSZT
zur Behandlung von soliden Tumoren
bei Erwachsenen und Kindern angezeigt ist.
Disease in der EU) eingesetzt wird. Im
Jahr 2008 wurden in den 650 Zentren von
45 europäischen Ländern, die im Register
des EBMT geführt sind, insgesamt 30.293
Stammzelltransplantationen durchgeführt,
wovon 26.810 Ersttransplantationen waren
(40% allogene, 60% autologe) [7].
Folgerichtig konnte Thiotepa 2007 den
Orphan Drug Status als Zytostatikum für
die Hochdosistherapie und als Partner in
Konditionierungsprotokollen durch die
EMA erlangen.
Im März 2010 erhielt der Wirkstoff Thiotepa (TEPADINA®, Adienne Pharma,
Italien) von der EMA die Zulassung für
die Konditionierungstherapie vor Stammzelltransplantation.
Dosierung
Unterschiedliche Dosierungen werden für
die Konditionierung bei allogener und autologer Stammzelltransplantation empfohlen.
Die kumulative Grenzdosis liegt dabei bei
Kindern wesentlich höher als bei Erwachsenen. Bis 42 mg/kg kumulativ können bei
kindlichen ZNS-Tumoren mit autologem
Stammzellsupport eingesetzt werden,
während bei Erwachsenen 900 mg/m 2
(24,32 mg/kg, z.B. bei Lymphomen mit
autologer SZT) als Obergrenze angegeben sind.
Verglichen mit der konventionellen Dosis
kann die Dosis von Thiotepa damit um den
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 43
Thiotepa – Wenn alte Substanzen neu entdeckt werden und wie Kinder davon profitieren
Faktor 20-30 eskaliert werden. Dem trägt
die Einführung von Vials mit 100 mg Thiotepa Rechnung.
Seit die Substanz in der Hochdosistherapie eine Renaissance erlebt, war die Anfertigung der Infusionslösung mit einer
Thiotepa-Dosis bis zu 20 mg /kg KG,
wie sie z.B. im derzeitigen Freiburger
Protokoll für Primäre ZNS-Lymphome
verordnet wird (jeweils 2x 5mg/kg KG
in der Hochdosisphase an den Tagen
5 und 4 vor Transplantation autologer
peripherer Stammzellen) [8] mit großem
Aufwand verbunden. Über 100 Vials zu
15 mg mussten geöffnet werden. Sollte die
Konditionierung am Montagmorgen beginnen, war eine sehr gute Planung nötig
oder es wurde versucht, die Infusionslösung
bereits am Freitag vorzubereiten. Dabei
blieb die Frage offen, ob die Substanz als
rekonstituierte Lösung oder als Infusionslösung über das Wochenende ausreichend
stabil blieb.
Stabilität
Allein die chemische Struktur legt nahe,
dass es sich bei Thiotepa um eine sehr reagible Substanz handelt. Die drei AziridinRinge stehen unter sehr hoher Spannung
und sind damit für die starke polyfunktionell alkylierende Wirkung, aber auch die
Empfindlichkeit der Substanz verantwortlich. Einige publizierte Untersuchungen
belegen dies. So zeigten Murray et al. 1997
für ein spezielles Fertigarzneimittel (Thioplex®, lyophilisiertes Thiotepa, USA), dass
die Stabilität der mit 0,9% NaCl-Lösung
hergestellten Infusionslösung insgesamt
sehr kurz und dabei konzentrationsabhängig war. Besonders die geringe Konzentration von 0,5 mg/ml Thiotepa in 0,9%
NaCl-Lösung war instabil und zeigte die
Für TEPADINA® gilt:
Das Medikament ist im ungeöffneten
Zustand kühlkettenpflichtig.
Die Haltbarkeit der rekonstituierten Stammlösung bei 2-8°C ist auf
8 Stunden und die Haltbarkeit der Infusionslösung bei 2-8°C auf maximal
24 Stunden begrenzt.
Neigung zur Bildung von Chloraddukten
und Inaktivierung des Wirkstoffs [9].
Ebenfalls für Thioplex® (USA) war 1996
durch Xu et al. die Stabilität von 0,5 mg/ml
und 5 mg/ml Thiotepa in 5% Dextrose-Lösung getestet worden. Dabei zeigte sich erneut, dass die Stabilität der Infusionslösung
von der Konzentration abhängig und die
Lösung mit 0,5 mg/ml Thiotepa instabiler
als die höherkonzentrierte Lösung war [10].
protokollen enthalten und bleibt ein „drug
of interest“.
Autorin
Dipl. pharm. Annette Garbe
Abteilung Medizin & Wissenschaft
Riemser Arzneimittel AG
An der Wiek 7
17493 Greifswald-Insel Riems
Die Angaben in der STABIL-Liste © in
der neuen Fassung von 2009 orientieren
sich an diesen beiden Studien [11]. Sie sollen an dieser Stelle nicht vertieft werden,
da es mit Einführung von TEPADINA®
klare, neue Angaben zur Haltbarkeit der
rekonstituierten und Infusionslösung in der
Fachinformation von TEPADINA® gibt.
Literatur
Ähnlich wie bei Melphalan muss deshalb
die Infusionslösung mit TEPADINA®
sehr zeitnah vor Anwendung hergestellt
werden [12].
4 Fachinformation Thiotepa Lederle 15 mg, Stand
Mai 2008
Durch die Einführung von 100 mg-Vials
und die damit erheblich geringere Zahl an
Vials, die nunmehr zu öffnen sind, ist die
Handhabung einfacher und der Zeitaufwand bei der Herstellung kleiner geworden.
In enger Absprache mit den behandelnden
Transplanteuren sollte die kurze Haltbarkeit der Infusionslösung bei der Planung
der Stammzelltransplantation berücksichtigt werden.
Zusammenfassung
Mit der Zulassung von TEPADINA® erfährt der lang erprobte Wirkstoff Thiotepa
eine neue Würdigung. Mehr als 20 Jahre
intensive Erfahrungen beim Einsatz der
Substanz in Konditionierungsprotokollen
sind in der Indikationsbreite abgebildet.
Für die Konditionierungstherapie bei autologer und allogener Stammzelltransplantation steht für Kinder und Erwachsene
mit hämatologischen Erkrankungen und
soliden Tumore ein Therapiebaustein zur
Verfügung, der seit vielen Jahrzehnten
ein hohes Sicherheitsprofil bewiesen hat.
Thiotepa ist in vielen aktuellen Studien-
44 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
1 EMEA/384641/2006; http://www.ema.europa.
eu/pdfs/human/paediatrics/38464106.pdf
2 EMEA/CHMP/384188/06; http://www.ema.europa.eu/pdfs/human/paediatrics/38418806.pdf
3 Hunter OB Jr. The effect of triethylene thiophosphoramide (thioTEPA) on malignant tumors.
J Am Geriatr Soc. 1956 Sep;4(9):866-70.
5 Artusi T, Amici F. et al. Experience with the combination of antineoplastic agents and high energy
radiotherapy with the simultaneous use of bone
marrow autotransplants in the treatment of pulmonary neoplasms. Preliminary clinical data. Minerva
Nucl. 1963 Aug;54:301-6.
6 Studienportal Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, http://www.kinderkrebsinfo.de/e1676/
e9032/index_ger.html
7 Gratwohl A, Baldomero H. et al. The EBMT activity survey 2008 impact of team size, team density
and new trends. Bone Marrow Transplant. 2010
Mar 29. [Epub ahead of print]
8 http://www.clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT00
647049?term=Illerhaus&rank=2
(Freiburger PZNS-Lymphom Studie – Sequentielle
Hochdosis-Chemotherapie mit autologer peripherer Blutstammzelltransplantation)
9 Murray KM, Erkkila D et al. Stability of thiotepa (lyophilized) in 0.9% sodium chloride
injection. Am J Health Syst Pharm. 1997 Nov
15;54(22):2588-91
10 Xu QA, Trissel LA et al.Stability of thiotepa
(lyophilized) in 5% dextrose injection at 4 and
23 degrees C. Am J Health Syst Pharm. 1996 Nov
15;53(22):2728-30.
11 Thiessen J, Krämer I, Stabil-Liste©- Physikalisch-chemische Stabilität, Kompatibilität und
Instabilität parenteral applizierbarer Zytostatika,
Virustatika und Supportivtherapeutika, Apotheke
der Universitätsmedizin Mainz, 4. Auflage 2009
12 SPC TEPADINA, Stand März 2010
Das Informationsportal www.kinderkrebsinfo.de
Internet als Ratgeber über Krebs bei Kindern und Jugendlichen
Das Informationsportal www.kinderkrebsinfo.de
Ursula Creutzig, Gesche Tallen, Julia Dobke, Ingrid Grüneberg, Klaudia Reinken, Maria Yiallouros,
Günter Henze
Kompetenznetz Pädiatrische Onkologie und Hämatologie, Campus Virchow-Klinikum, CharitéUniversitätsmedizin Berlin
D
as Internetportal www.kinderkrebsinfo.de hat sich seit seiner Gründung 2003
kontinuierlich zu einem der wichtigsten Informationsportale im Bereich der
Kinderkrebsheilkunde entwickelt. Auf über 2.000 (HTML-) Seiten bietet es Ärzten,
Wissenschaftlern, Betroffenen und anderen Interessierten ein breites, qualitätsgeprüftes
und aktuelles Informationsangebot zu Krebs- und Bluterkrankungen im Kindes- und
Jugendalter [1].
Hinter www.kinderkrebsinfo.de stehen die
Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie
und Hämatologie (GPOH) und das Kom-
petenznetz Pädiatrische Onkologie und
Hämatologie (KPOH) [2, 3]. Hauptanliegen ist es, das deutschsprachige Informationsangebot über bösartige Erkrankungen
im Kindes- und Jugendalter systematisch zu
verbessern und den Informationsaustausch
zwischen allen Beteiligten zu Gunsten einer optimalen Behandlung krebskranker
Kinder und Jugendlicher zu fördern. Anfang dieses Jahrzehnts standen derartig umfassende, von Spezialisten
der Kinderkrebsheilkunde
erstellte und qualitätsgeprüfte, deutschsprachige Online-Informationen
für die Kinderkrebsheilkunde
noch nicht zur
Verfügung.
www.kinderkrebsinfo.de ist eine langfristig
angelegte und zentral koordinierte Informationseinrichtung für die Kinderkrebsheilkunde, durch die sich heute
sowohl Betroffene als auch medizinisches Fachpersonal über nahezu
alle Aspekte pädiatrisch-onkologischer
Erkrankungen und deren Behandlung
informieren können. Durchschnittlich
2.400 Nutzer pro Tag nehmen das Angebot
in Anspruch. Andere Informationsanbieter im deutschsprachigen Raum verweisen
auf www.kinderkrebsinfo.de, wenn es um
medizinische Informationen zu Krebs im
Kindes- und Jugendalter geht.
Angebote
Patienten, Angehörige und die interessierte Öffentlichkeit finden im Portal fachlich
geprüfte, laienverständliche Kurz- und
ausführliche Informationen zu den im
Kindes- und Jugendalter vorkommenden
Krebserkrankungen, sowie allgemeine
Fakten zum Thema Krebs bei Kindern und
Jugendlichen. Krankheitsbild, Symptomatik, Diagnostik und Therapieplanung
werden ebenso beschrieben wie Behandlungsformen und Therapieabläufe, Rehabilitation und Nachsorge der verschiedenen
Krebserkrankungen. Dabei werden auch
die aktuellen klinischen Studien der Fachgesellschaft berücksichtigt. Im Rahmen
dieser Studien werden in Deutschland und
anderen west-europäischen Ländern fast
alle krebskranken Kinder und Jugendlichen
behandelt. Zusammenfassende Kurzinformationen bieten einen ersten Überblick
zum Thema. Die Texte sind mit Literaturreferenzen und Glossarverweisen versehen und stehen auch als PDF-Dateien zum
Herunterladen zur Verfügung. Betroffene
oder ihre Angehörigen, die sich auf diese
Weise sehr gut informieren können, sollen
sich so der Krankheit und dem Behandlungsteam weniger ausgeliefert fühlen und
den Behandlungsprozess besser verstehen.
Dadurch kann zusätzlich die Kommuni-
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 45
Lebender Kolumnentitel
kation zwischen den Betroffenen und dem
Behandlungsteam erleichtert werden.
Homepage von www.kinderkrebsinfo.de
Screenshot Studienportal
Ärzten, Wissenschaftlern, und anderem
medizinischen Fachpersonal bietet www.
kinderkrebsinfo.de in erster Linie eine
Kommunikationsplattform, über die sich
die verschiedenen Fachdisziplinen besser vernetzen können. Informationen für
das medizinische Fachpersonal über den
aktuellen Stand der Grundlagen- und
klinischen Forschung, die verschiedenen
Krankheitsbilder, die jeweiligen Diagnose-,
Therapie- und Nachsorgeempfehlungen
werden zum Austausch bereitgestellt. Das
Portal unterstützt so eine multidisziplinäre
kompetente Behandlung basierend auf dem
aktuellsten Stand der Wissenschaft.
Das zentrale Studienportal von www.kinderkrebsinfo.de hält zusammenfassende
Informationen zu fast allen im deutschsprachigen Raum durchgeführten Studien
bereit (siehe Lesetipp). Es bietet Literaturhinweise zu den Studien und stellt - zum
Teil zugriffsgeschützte - Informationen
wie Leitfäden und Dokumentationsunterlagen zur Verfügung. Darüber gibt es
Informationen über zentrale Projekte, Arbeitsgruppen und Referenzeinrichtungen,
Serviceangebote zur Unterstützung der
Studienarbeit (unter anderem das Programm zur rechnerbasierten Therapieplanung: „OncoWorkStation“), Formulare und
Ergebnisberichte, eine Literaturdatenbank
sowie wissenschaftliche und allgemein verständliche Veröffentlichungen [4].
Zahlreiche aktuelle Informationen zu
Veranstaltungen, Weiterbildungsmöglichkeiten, offenen Stellen, Links zu relevanten
externen Informationsangeboten, sowie
ein online-Kontaktformular zur direkten
Screenshot Vincristin/Notfallempfehlungen
46 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Das Informationsportal www.kinderkrebsinfo.de
Kommunikation mit der Redaktion runden
das Angebot ab.
Arbeitsweise
Das Informationsportal www.kinderkrebsinfo.de wird von einem Redaktionsteam aus
Ärzten, Wissenschaftlern und Journalisten
betreut. In Abstimmung mit externen Experten und in enger Zusammenarbeit mit
der GPOH, die die Redaktion inhaltlich
mit ihrer Fachkompetenz unterstützt und
berät, wird das Informationsangebot fortlaufend aktualisiert und weiter ausgebaut.
Alle Informationen werden zeitlich begrenzt freigegeben und somit regelmäßig
neu bearbeitet, so dass neueste Erkenntnisse
aus Forschung und therapeutischer Praxis
für den Nutzer verfügbar sind. Mittlerweile
stehen eine große Anzahl von Experten
aus der pädiatrischen Onkologie als beitragende Autoren und Qualitätsprüfer für
neue Informationsinhalte zur Verfügung.
Die Partnerschaft mit einer der führenden
qualitätssichernden Institutionen, „Health
On The Net (HON)“, belegt die hohe Qualität des Angebotes [5].
Durch den in diesem Jahr abgeschlossenen
Relaunch präsentiert sich das Portal jetzt in
einem neuen Design. Eine übersichtliche
Navigationsstruktur erlaubt dem Nutzer,
sich noch besser zurecht zu finden und
dadurch die gewünschten Informationen
schnell abzurufen.
www.kinderkrebsinfo.de ist frei von Werbung und verfolgt keine kommerziellen
Interessen. Das Informationsportal verkauft
nichts, verweist für Spenden an die Deutsche Kinderkrebsstiftung und ist an keiner
Stelle mit Firmen vertraglich oder informell verbunden. Die Beiträge pädiatrischonkologischer Experten werden redigiert
und nur akzeptiert, wenn kein Interessenkonflikt vorliegt. Die Sicherstellung der
Qualität, Aktualität und Themenrelevanz
ist dadurch sehr aufwändig und die dafür
nötigen Mittel müssen bei öffentlichen Förderern beantragt werden.
Ziele und Aussichten
Das Informationsangebot in www.kinderkrebsinfo.de soll zukünftig noch weiter ausgebaut werden. Geplant sind zum einen
die Bereitstellung weiterer krankheitsspezifischer und allgemeiner Patienten- und
Fachinformationen. Zum anderen sollen
auch bislang noch nicht umfassend berücksichtigte Zielgruppen wie Pflegekräfte, Dokumentare, Studienmitarbeiter, niedergelassene Ärzte sowie Langzeitüberlebende
nach Krebs im Kindes- und Jugendalter
bedarfsgerecht mit Informationen versorgt
werden.
wissenschaftlichen Redaktion, der Zusammenarbeit mit Experten und einem
qualitätsgeprüften Informationsangebot
zu einer erfolgreichen Strukturmaßnahme
für die Kinderkrebsheilkunde entwickelt.
Für Laien und für Experten wurde eine
Informationsmöglichkeit geschaffen, die im
deutschsprachigen Raum einmalig ist: Es
gibt kein anderes Portal, das so umfassend
und medizinisch kompetent über Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter
informiert.
Literatur
1. Creutzig U, Tallen G, Bode A et al. Das Informationsportal www.kinderkrebsinfo.de. Forum
DKG. 2010;25:49-51.
Zusammenfassung
Das Informationsportal www.kinderkrebsinfo.de hat sich mit seiner medizinisch-
2. Creutzig U, Jürgens H, Henze G. Kompetenznetzwerk Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (Editorial). Klin Pädiatrie. 1999;211:187188.
3. Herold R, Creutzig U, Henze G. Kompetenznetz
Pädiatrische Onkologie und Hämatologie. InFoOnkologie. 1999;5:292-295.
Lesetipps:
Ausführlicher Patiententext zur Akuten Lymphoblastischen Leukämie:
(http://www.kinderkrebsinfo.de/
e9031/e9035/e9060/index_ger.
html#16.08.2006)
Studienkurzinformation zur Hirntumorstudie HIT 2000 http://www.
kinderkrebsinfo.de/e1676/e9032/
e1758/e5394/index_ger.html
Danksagung für die Förderung:
Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) im Rahmen des
Kompetenznetzes Pädiatrische Onkologie und Hämatologie; Fördernummer
01 GI 99 58/5 und 01 GI 40 10
2004-2008 von der Deutschen José
Carreras-Leukämie-Stiftung e.V. (DJCLS), München Fördernummer DJCLS
H 04/01 und DJCLS H08/04f
4. Creutzig U, Jürgens H, Herold R, Göbel U, Henze
G. Konzepte der GPOH und des Kompetenznetzes zur Weiterentwicklung und Qualitätssicherung in der Pädiatrischen Onkologie. Klin
Pädiatr. 2004;216:379-383.
5. Herold R, Creutzig U. Informationsportal www.
kinderkrebsinfo.de. Med Welt. 2008;3-4:111112.
Kontakt
Prof. Dr. Ursula Creutzig
Wissenschaftliche Geschäftsführerin der GPOH
Thea-Bähnisch Weg 12
30657 Hannover
E-Mail: [email protected]
Kompetenznetz Pädiatrische Onkologie und
Hämatologie Koordinationszentrale Berlin
Maria Yiallouros
Charité-Universitätsmedizin Berlin
Augustenburger Platz 1
13353 Berlin
E-Mail: [email protected]
Seit 2009 von der Deutschen Kinderkrebsstiftung A 2008/12 - DKS
2009.02w
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 47
Nadelstichverletzungen: (k)ein Thema für uns?
Nadelstichverletzungen: (k)ein Thema für uns?
Von Henrik Justus, Uslar
A
us Gründen der Praktikabilität spricht man meist von Nadelstichverletzungen
(NSTV), unabhängig davon, ob derartige Stich-, Schnitt- oder Kratzverletzungen
der Haut durch Nadeln, Messer oder ähnliche spitze bzw. scharfe Gegenstände verursacht worden sind.
Verlässliche epidemiologische Zahlen fehlen. Diversen Studien zufolge ereignen sich
allein im stationären Versorgungsbereich bei rund 750.000 Beschäftigten über 500.000
NSV pro Jahr (1). Die Schätzungen der Häufigkeit dieser Unfälle reichen von einem
Unfall pro Mitarbeiter im Gesundheitswesen alle zwei Jahre bis zu einem Unfall pro
Tag bei im Krankenhaus operierenden Chirurgen.
Obwohl jede Nadelstichverletzung dokumentiert werden muss, um die berufliche
Verursachung zu belegen (2), wird nur
ein geringer Teil der NSTV gemeldet. In
Deutschland wird die statistische Auf bereitung dadurch erschwert, dass Meldungen
über NSTV an verschiedene Berufsgenossenschaften gehen und die Verschlüsselungsnummer fehlt (3).
Zu dem 1993 ins Leben gerufenen Modellprogramm zur Bekämpfung arbeitsbedingter
Erkrankungen zählt auch das Modellprojekt
STOP-Nadelstich: Sicherheit durch Training +
Organisation + Produktauswahl, um dauerhaft die Zahl an Schnitt- und Nadelstichverletzungen zu verringern. Wesentlichste
Anregungen aus den drei Phasen sind: Organisation des Arbeitsschutzes verbessern,
Beschäftigte qualifizieren und motivieren
sowie die dokumentierte Auswahl der sicheren Instrumente (4).
Unter anderem die von Colombo und
Conrad veröffentlichten Zahlen und Möglichkeiten der Stichverletzung (5) waren
Anlass für den Ausschuss für biologische
Arbeitsstoffe (ABAS) in Kooperation mit
dem Fachausschuss Gesundheitsdienst und
Wohlfahrtspflege (FA GES) des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) in der am 1. August 2006
in Kraft getretenen TRBA 250 (Technische
Regeln für biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege) den Einsatz von Geräten und Maßnahmen zu fordern, um ein Verletzungs- und
somit vorrangig das Infektionsrisiko zu
minimieren. Auch die TRBA 250 schreibt
einen nadelfreien Einsatz nicht zwingend
vor. Bei Arbeitsabläufen, die das Risiko minimieren, können die Geräte (Nadeln) weiter
im Einsatz bleiben (6).
Im Bereich der Zytostatikaherstellung stellt
nicht die Infektionsgefahr als solches das
Hauptrisiko dar, sondern die Nadelstichverletzung mit zytostatisch wirksamen Substanzen.
Insofern muss man überlegen, ob die durch
einen anderen Problemhintergrund erfolgten
Arbeitsanweisungen und Schutzmassnahmen (TRBA 250, Stop-Nadelstich) sich
gleichlautend auf die Herstellung im Zytostatikabereich übertragen lassen.
Recapping (Zurückstecken der Schutzhülle
auf die benutzte Nadel) und Entsorgung
gelten als die häufigsten Gründe für eine
Stichverletzung (7, 8). Gleichzeitig ist zu
berücksichtigen, dass die Arbeitsumgebung
Arzt/Patient (z.B. schnelles Handeln bei
einem Notfall) eine andere als die der Zytostatikaherstellung ist, da hier in einem
abgetrennten Arbeitsbereich störungsfreier gearbeitet werden kann und auch die
Arbeitsabläufe besser eingehalten werden
können. Wohl erfährt man bei direkter
Nachfrage bei Zytostatika herstellendem
Personal, dass dieses sich auch schon gestochen habe, jedoch Informationen über Art,
Intensität und gesundheitliche Folgen von
NSTV wurden durch unsere Berufsgenossenschaft noch nicht systematisch aufgear-
48 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Abb. 1: Muster eines Easyperf ®-Beutels
mit nadelfreiem und selbst
schließendem Zuspritzport sowie einer
integrierten Infusionsleitung
beitet und Veröffentlichungen finden sich
nur spärlich. Hintergrund ist höchstwahrscheinlich, dass die Nadelstichverletzungen
nicht dokumentiert und weitergeleitet werden (Unfallbuch, Berufsgenossenschaften).
Eine Lösungsmöglichkeit besteht vielleicht
in der kostenlosen Software EpiNet, die
man sich über die Seite http://www.nadelstichverletzung.de/epinet.html downloaden
kann. Mit dieser Dokumentationssoftware
können Daten über NSTV anonymisiert
ausgewertet und ins Netz gestellt werden.
Jedenfalls entsteht ein großer Schaden bei
bereits aufgezogenem teuren Zytostatikum,
welches im Fall einer NSTV unbedingt zu
verwerfen ist, da einerseits die Sterilität der
Zubereitung nicht mehr gewährleistet ist
und sich andererseits Hautpartikel oder Blut
in der Lösung befinden können.
Doch was kann man tun, damit es
nicht erst zu einer Verletzung kommt?
Mit den Produkten Easyperf®, Easyflex®N
und Easyflex-Leerbeutel (Fa. Maco Phar-
Nadelstichverletzungen: (k)ein Thema für uns?
ma) sind erstmalig Beutel auf dem Markt,
bei denen ein nadelfreies Zuspritzen ohne
weitere Montage und Zubehör mit normalen Luer-Lock-Spritzen möglich ist (Abb.1
und 2).
Ein großer Wermutstropfen bleibt: Vergleicht man die offiziellen nüchternen Einkaufspreise von Macoflex® NaCl 250 ml
(einfacher Kochsalzbeutel) und Easyflex®
NaCl 250 ml (einfacher Kochsalzbeutel
mit nadelfreiem Zuspritzport) bzw. Ma-
Abb.2: Transparenter Leerbeutel mit nadelfreier Zuspritzmöglichkeit
Der Kniff besteht in einer latexfreien, inerten Silikondichtung (Abb. 3), die sich beim
Aufschrauben der Spritze öffnet. Da sich
diese Dichtung erst während des Drehvorgangs öffnet, ist ein sauberes Arbeiten ohne
Tropfen möglich. Dieses System wird zudem
äußerst attraktiv, da kein weiteres Aufsetzen
von speziellen Adaptern etc. notwendig ist.
Ein weiterer wesentlicher Vorteil wird beim
Zuspritzen oder der Entnahme von Lösung
offensichtlich. Da die Beutel ohne Kanülen auskommen, besitzen diese Ports ein
großes Lumen, welches besonders schnelles
Zuspritzen und Entnehmen von Lösung
ermöglicht. Dies erweist sich besonders bei
größeren Zuspritzmengen (z.B. Cetuximab),
bei viskosen Zytostatika (z.B. Paclitaxel)
oder bei stark schäumenden Substanzen
(z.B. Antikörper) als sehr nützlich und
deshalb wurden die neuen Beutel auch mit
Freuden von unserem herstellendem Personal aufgenommen und weiter eingesetzt.
Ein weiterer Pluspunkt ist der Beitrag zum
Gesundheitsschutz: keine Sehnenscheidenentzündung mehr!
Literatur:
1) http://www.nadelstichverletzung.de/wie_viele_
nadelstichverletzungen_ereignen_sich.html vom
26.04.2010
2) www.ekd.de/efas/.../EFAS_informiert_Nadelstichverletzung.pdf vom 26.04.2010
Abb. 3: Inerte Silikondichtung eines Easyperf ®-Beutels
coperf® (Kochsalzbeutel mit integriertem
Infusionssystem) und Easyperf® NaCl 250
ml (Kochsalzbeutel mit integriertem Infusionssystem und nadelfreiem Zuspritzport), so ergibt sich ein deutlicher Preisunterschied. Doch wer bezahlt diesen? Der
Arzt hat keine Begründung, diese Beutel
zu verordnen: bleibt die Apotheke. Damit
stellt sich mir die Frage: Gibt es so viele
gravierende Nadelstichverletzungen, dass
der finanzielle Aufwand gerechtfertigt ist?
Also wird wie immer der Anwender vor Ort
die Vor- und Nachteile bzgl. des Einsatzes
o.g. Produkte, die Ermittlung der tatsächlichen Zeitersparnis durch schnelleres Aufziehen, das eventuelle Verwerfen von teurem
Zytostatikum abwägen.
Aber nichts desto trotz – eine tolle Sache
sind die Beutel schon.
3) Mülder K: Nadelstichverletzungen: Der bagatellisierte „Massenunfall“. Deutsches Ärzteblatt 102,
Ausgabe 9 vom 04.03.2005, Seite A-558
4) www.stopnadelstich.de/images/daten/stop-broschuere.pdf vom 26.04.2010
5) Colombo M und Conrad A: Was können wir gegen
Nadelstichverletzungen tun? Krh. – Hyg. + Inf. Verh.
27 Heft 5 (2005): 205 – 208
6) König R: Sichere Instrumente bieten zuverlässigen
Schutz bei Nadelstichverletzungen. Krankenhauspharmazie Band 28, Januar 2007, Beilage Nr. 8
7) http://pflegekolleg.com/nachrichten/medizingesundheit/nadelstichverletzungen.htm?PHPSES
SID=8b69e57c92ad88fb46658fd60158870d vom
28.07.2008
8) Hofmann F, Krajl N und Breie M: Kanülenstichverletzungen im Gesundheitsdienst – Häufigkeit, Ursachen und Präventionsstrategien. Gesundheitswesen
Thieme Stuttgart, 2002
Autor
Henrik Justus
Rats-Apotheke Uslar
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 49
ISOPP XII
KONGRESSBERICHT
ISOPP XII
Ein Kongressbericht von Eva Maria Schöning, Wedel
D
er alle zwei Jahre stattfindende Kongress der ISOPP (International Society of Oncology Pharmacy Practioneers) wurde bereits das zweite Mal in der tschechischen
Hauptstadt Prag organisiert und so fand der ISOPP XII. vom 5. bis zum 8. Mai 2010 im
Clarion Congress Hotel Prag statt.
Mit ca. 600 Teilnehmern blieb er deutlich
hinter den Erwartungen und auch Teilnehmerzahlen vorheriger Kongresse zurück.
Nahezu die Hälfte der 127 Kongressbeiträge kam aus Europa, wobei lediglich 4 aus
Deutschland darunter waren.
versity of North Carolina, Chapel Hill;
University of Texas MD Anderson Cancer
Center, Houston) wurden Wischproben an
verschiedenen Stellen der Apotheken genommen und Urin-Proben der Mitarbeiter
gemessen.
Neben 14 Präsentationen fanden fast ausschließlich Parallel-Sitzungen mit den
Schwerpunkten Klinische Daten, Forschung und Sicherer Umgang statt, so dass
den Teilnehmern die Auswahl sehr schwer
gemacht wurde. Daher kann dieser Bericht
auch nur einige wenige persönliche Eindrücke vermitteln.
Die Leitlinien zum sicheren Umgang sollten
daher überdacht werden, um einen adäquaten Schutz des onkologisch tätigen Personals, welches diesen therapeutisch wichtigen, aber toxischen Substanzen ausgesetzt
ist, zu gewährleisten [Melissa A. McDiarmid, ISOPP XII]
Es wurde von McDiarmid eine Studie vorgestellt, in der bei Personen, die mit Alkylanzien arbeiten, Abnormalitäten bei den
Chromosomen 5 und 7 festgestellt wurden.
Die Ergebnisse zeigten, dass diese mit der
Häufigkeit des Umgangs korrelieren. Im
Rahmen dieser multizentrischen Studie
(University of Maryland, Baltimore; Uni-
Diese Schlussfolgerung von McDiarmid
wurde durch die Vorträge von Eva HartvigHonoré und Jeffrey Koundakjian unterstützt
und ergänzt. Hartvig-Honoré betonte, dass
Routine regelmäßig re-evaluiert werden soll.
Koundakjian ging ausführlich auf Standards,
Trainingsprogramme und Dokumentationen
ein. Standards können nur durch SOPs,
Aufzeichnungen und Audits aufrecht er-
50 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
ISOPP 2010 Wahlergebnisse
Neuer Präsident:
Johan Vandenbroucke (Belgien)
Präsident Elect:
John Wiernikowski (Kanada)
Treasurer:
Jill Kolesar (USA)
Secretariat Members:
Maria Larizza (Australien)
Annemerie Livinalli (Brasilien)
Committee Chairs
Standards
Robert Mc Lauchlan (Australien)
Membership
Rosalyn Sims-McCallum (USA)
Education
Alexandre Chan (Singapur)
Newsletter Editor
Jill Davis (Australien)
Research
Kellie Jones (USA)
Publication
Felice Musicco (Italien)
ISOPP XII
halten werden. Er schloss mit den Worten:
“Remember: If it isn’t documented, it hasn’t
happened.”
Nächster ISOPP-Kongress:
9. – 11. Mai 2012 · Crown Conference Centre · Melbourne Australia
These ‘safe handling’ guidelines
should therefore be re-visited to
assure adequate health protection of
oncology personnel during workplace
encounters with these therapeutically
important, but toxic drugs.
Das Thema „Geschlossene Systeme“ (u.a.
PhaSeal®, Tevadaptor®, Genie & Spiros,
Smartsite + Texium) war sehr präsent in
den Vorträgen und vor allem auch in der
Industrieausstellung. Die Abstracts wurden
im Journal of Oncology Pharmacy Practice veröffentlicht. Die Präsentationen können unter www.isopp.org mit Passwort und
Benutzername angesehen werden. Diese
Möglichkeiten stehen leider nur ISOPPMitgliedern zur Verfügung.
Abb.1: Die Herkunft der
wissenschaftlichen Beiträge
Tab. 1: Thematische Schwerpunkte der parallel stattfindenden Sitzungen
Klinische Daten
Forschung
Sicherer Umgang
Nausea und Emesis – Neueste Entwicklungen
Forschung aus den Perspektiven des
Apothekers im Labor, in der Klinik, in
der Apotheke: Von der Planung über die
Durchführung bis zur Publikation
Herausforderungen für Herstellende
Prävention von Medikations-Fehlern
Update „Geschlossene Systeme“
Tumor-Stammzellen als neuer therapeutischer Ansatz
Außenkontamination
Update Solide Tumore
Prävention und Management von Toxizitäten
Personalisierte Therapien
Toxizitäten im Zeitalter von Targeted Therapies
Neue Entwicklungen: HistondeacetylaseInhibitoren und Integrine
Palliative Therapien: Schwerpunkt Schmerz
Management von Myelosuppressionen
Update Hämatologische Neoplasien
Spezielle Patientengruppen:
Ältere / Kinder
Neue Substanzen in der Pipeline
Qualität und Sicherheit
Roboter
Herausforderungen für onkologisch tätige
Apotheker: „Was erwartet der Patient?“
Interaktionen
Stabilität von Zytostatika
Orale Chemotherapien
Radiopharmazeutika
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 51
Off-label use in der Pädiatrie
Off-label use in der Pädiatrie
Von Annette Freidank, Fulda
I
n Deutschland erkranken jährlich ca. 1.700 Kinder an Krebs, in der Hälfte der Fälle
handelt es sich um Leukämien oder Lymphome. Diese Erkrankungen werden in der
Regel mit einer langen aggressiven Chemotherapie behandelt, die aufgrund der Nebenwirkungen häufig eine Arzneimitteltherapie mit Antiemetika, Antibiotika, Antimykotika, Analgetika und weiteren Arzneimitteln notwendig macht. Jedoch sind nicht alle
zum Einsatz kommenden Arzneimittel für Kinder zugelassen.
Nach Studien in verschiedenen Ländern
und verschiedenen Bereichen werden ca.
50% der eingesetzten Arzneimittel off-label
(Verwendung außerhalb des Zulassungsbereiches hinsichtlich der Indikation, der
Dosierung, der Applikation oder des Alters)
oder unlicensed (ohne Zulassung, Import,
Zubereitungen) eingesetzt. Im Folgenden
werden beide Formen mit dem Begriff offlabel zusammengefasst, da die Definitionen
nicht immer eindeutig sind und in den Studien variieren (1).
Bis zu 90% der Kinder, insbesondere in
der Neonatologie, erhalten mindestens ein
Arzneimittel off-label, dazu gehören gängige Arzneimittel wie Tobramycin, Furosemid oder Spironolacton (2, 3). In den
USA haben nur 20-30% der zugelassenen
Arzneimittel die Zulassung für Kinder und
bis zu 65% der eingesetzten Arzneimittel
sind off-label (2,4,5). Für die Verwendung
von off-label-Arzneimitteln werden bis zu
40% der Arzneimittelkosten verwendet
(6). Für die Onkologie gibt es nur wenige Untersuchungen, aber auch hier haben
nur 55% der eingesetzten Arzneimittel und
nur 53 % der Zytostatika eine Zulassung
(7). Die Zahlen sind seit mehreren Jahren
weitgehend konstant (1).
Der Einsatz dieser Arzneimittel stellt Arzt,
Pflege und Apotheker vor verschiedene
Probleme. Für nicht zugelassene Arzneimittel ist aus haftungsrechtlichen Gründen
eine intensivere Auf klärung von Kindern
und Eltern notwendig, die zu applizierenden Arzneimittel liegen nicht in einer
kindgerechten Arzneiform vor und zu der
Dosierung in verschiedenen Altersgruppen
fehlen oft die entsprechenden Daten.
Der kindliche Organismus durchläuft
während seiner Entwicklung verschiedene Phasen. So ändert sich unter anderem die Metabolisierungsrate in der Leber,
die Biotransformation, die Ausbildung der
Organbarrieren, die Nierenfunktion, die
Resorptionsrate, das Verhältnis der Körperoberfläche zum Körpergewicht oder der
Anteil des Körperwasser am Gesamtgewicht (8). Dies führt zu erheblichen pharmakokinetischen Unterschieden während
der ersten Lebensjahre, die sich nicht ohne
Probleme berechnen lassen, sondern in Studien überprüft werden müssen. So sollten
Arzneimittel in fünf verschiedenen Altersgruppen (Tab. 1) geprüft werden, um die jeweils geeignete Dosis festlegen zu können.
Die fehlende Zulassung bei Kindern hat
verschiedene Ursachen. Nach Zwischenfällen mit Arzneimitteln, z.B. Chloramphenicol bei Kindern, wurden die Auflagen
Tab. 1: Altersklassifikation nach ICH (International Conference of Harmonisation)
Kategorie
Alter
Frühgeborene
< 36 SSW, 0 – 27 Tage
Neugeborene
0 – 27 Tage
Säuglinge/Kleinkinder
28 Tage – 23 Monate
Kinder
2 – 11 Jahre
Jugendliche
12 – 17 Jahre
Kommentar eines erfahrenen Studienarztes
In der Praxis der pädiatrischen Onkologie werden Patienten häufig Medikamente verabreicht, die in den entsprechenden Altersgruppen nicht
ausreichend geprüft und zugelassen sind. Durch die Anfang 2007 in Kraft
getretene EU-Kinderarzneimittelverordnung kann erwartet werden, dass
sich diese Situation in den kommenden Jahren verbessern wird. Eine solche
Optimierung der Sicherheit und Zuverlässigkeit von Medikamenten, die
bei Kindern und Jugendlichen angewendet werden, setzt jedoch zunächst
voraus, dass die dafür notwendigen klinischen Studien auch durchgeführt
und abgeschlossen werden.
(Professor Martin Stranulla, Pädiater vom Universitätsklinikum in Kiel)
52 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Off-label use in der Pädiatrie
für Arzneimittelprüfungen zum Schutz
der Minderjährigen verschärft. Ethische
Gründe verhinderten Untersuchungen an
Kindern, erst 1997 wurden Forschungen
mit „nicht einwilligungsfähigen Personen“
erlaubt. Die Konsequenz für diese nicht
durchgeführten Untersuchungen ist jedoch,
dass bei der Zulassung für Kinder keine
oder nur wenige Daten zur Pharmakokinetik, Dosierung und Nebenwirkungen
vorliegen. Da nur relativ wenige Kinder
diese Arzneimittel benötigen, rechnen
sich diese Studien für die Firmen nicht,
der Absatz nach der Zulassung ist geringer als bei Arzneimitteln für Erwachsene,
außerdem ist die Herstellung kindgerechter
Arzneiformen wie Säfte, Granulate usw.
aufwändiger.
So mussten gesetzliche Vorgaben und finanzielle Anreize geschaffen werden, um
langfristig für diese besondere Patientengruppe geeignete Arzneimittel zu prüfen.
Seit 2000 wurden entsprechende Richtlinien und Gesetze durch die Food and
Drug Administration (FDA) und durch
die European Agency for the Evaluation of
Medicinal Products (EMEA) verabschiedet (9). Die „International Conference of
Harmonisation (ICH)“ legte 2000 fünf
verschiedene Altersklassen fest, um den
verschiedenen Entwicklungsstadien gerecht zu werden. In einer EU-Richtlinie,
die 2007 in Kraft trat, ist die Vorlage von
Daten aus pädiatrischen Studien Voraussetzung zur Zulassung. Diese Richtlinien
haben inzwischen auch Eingang in das
Tab. 2: Neu zugelassene Arzneimittel für Kinder und Jugendliche
Arzneimittel
Altersbeschränkung
Zulassungsjahr
Amphotericin B in Liposomen
ohne
2003
Arsentrioxid
Ab 5 Jahre
2002
Busulfan
ohne
2005
Calciumfolinat
ohne
2003
Caspofungin
Ab 12 Monate
2008
Clofarabin
1 bis 21 Jahre
2006
Filgrastim
ohne
2009
Hydroxycarbamid
Ab 2 Jahre
2007
Imatinib
ohne
2002
Micafungin
ab Geburt, Frühgeborene
2008
Nelarabin
ohne
2008
Ondansetron
Ab 2 Jahre
2004
Rasburicase
ohne
2002
Thiotepa
ohne
2010
Voriconazol
Ab 2 Jahre
2004
Deutsche Arzneimittelgesetz gefunden.
Ausgenommen sind nur Arzneimittel, die
ausschließlich bei Erkrankungen eingesetzt
werden, die nur im Erwachsenenalter auftreten. Zur Durchsetzung und Beratung
des BfArM wurde 2006 die Kommission
für Arzneimittel für Kinder und Jugendlichen gebildet.
Diese Initiativen haben für häufigere Arzneimittel-Zulassungen in den letzten Jahren
geführt. Allein in den Jahren 2008 und
2009 wurden mehr als 35 neue Arzneimittel
und Applikationshilfen für Kinder zugelassen, darunter auch diese (Tab.2).
Der Hersteller erhält für die Durchführung der Studien eine Verlängerung des
Patentschutzes über sechs Monate, der für
alle Indikationen gültig ist und auch gewährt wird, wenn die Ergebnisse der Studien nicht zu einer Zulassung bei Kindern
führen (10).
So ist zu erwarten, dass in den nächsten
Jahren weitere zugelassene Arzneimittel für Kinder zur Verfügung stehen. Die
EMEA gibt regelmäßig eine Prioritätenliste heraus, in der die notwendigen Studien
aufgelistet sind, so finden sich in der aktuellen Liste neun Zytostatika, aber auch
verschiedene Analgetika, Antibiotika und
Antimykotika (11). Hier müssen jedoch
noch Finanzierungsmodelle geschaffen
werden, da für viele „alte“ Arzneimittel
die gesetzlichen Vorgaben zur Zulassung
und die finanziellen Anreize nicht relevant sind (10).
Trotz der off-label-Verwendung gefährdet
eine Therapie mit diesen Arzneimitteln
nicht grundsätzlich den Patienten. Die Therapie von Kindern mit Tumorerkrankungen
erfolgt zu 90% streng nach Protokollen.
Der Einsatz der Arzneimittel erfolgt nach
sorgfältiger Literaturrecherche und auf unvorhergesehene Ereignisse kann durch die
ständigen Kontakte mit der Studienzentrale sofort reagiert werden. Trotzdem ist
es gerade bei dieser Therapie und bei der
Kombination verschiedener Arzneimittel
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 53
Off-label use in der Pädiatrie
wünschenswert, entsprechende Daten zu
haben. Dem verantwortlichen Apotheker
und dem Pflegepersonal wäre ebenfalls geholfen, wenn gerade für die orale Medikation altersgerechte Applikationsformen zur
Verfügung ständen und die Zubereitung der
entsprechenden Zytostatika-Dosierungen
ohne eine zusätzlich Gefährdung des Personals möglich wäre.
Literatur
1. Pandolfini C et al: A literature review on offlabel drug use in children. Eur J Pediatr 164: 552558, 2005
2. O`Donnell C et al: Unlicensed and Off-label Drug
Use in an Australian neonatal Intensive Care Unit.
Pediatrics 110: 52-55, 2002
3. t`Jong G et al: A Survey of the Use of Off-Label
and Unlicensed Drugs in a Dutch Children`s Hospital. Pediatrics 108:1089-1093, 2001
4.Boos J. Off label use – label off use? Annals of
Oncology 14: 1-5, 2003
5. Eiland L et al: Evaluating the off-label use of
medications in children. Am J Health-Syst Pharm
63: 1062-1065, 2006
7. Conroy S et al: Unlicensed and off label drug
use in acute lymphoblastic leukaemia and other
malignancies in children. Annals of Oncology 14:
42-47, 2003
Nachschlagwerke/Datenbanken für
die Anwendung bei Kindern, erscheinen in der Regel alle 1 bis 2 Jahre in
neuer Auflage
8. Lehrbuch der Klinischen Pharmazie. Jaehde,
Radziwill, Mühlebach, Schunack. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 2. Auflage 2003
British National Formulary (BNF) for
children. Pharmaceutical Press
9.Steinbrook R. Testing medications in children.
N Engl J Med 347:1462-1470, 2002
NeoFax. Thomas Y, Mangum B.
Thomson Reuters Clinical Editorial
Staff
10. Frobel AK et al: Arzneitherapie von Kindern
soll sicherer werden. Deutsche Apotheker Zeitung
147:486-496, 2007
Pädiatrische Dosistabellen. Linse L,
Wulff B, von Harnack G. Deutscher
Apotheker Verlag
11. EMEA-Prioritätenliste.Revised priority list for
studies into off-patent paediatric medicinal products for the 6th call 2012 of the 7th Framework
Programme of the European Commission http://
www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_li-
Päd i.v: Sichere Anwendung von
intravenösen Arzneimitteln bei
Kindern. Ege I, Wagner R, Feldmann
F, Lambert K, Möller A, Nett C, Pecar
A. Zuckscherdt Verlag
brary/Other/2010/06/WC500093996.pdf
Autorin
Pediatric Dosage Handbook. Taketomo CK, Hodding JH, Kraus DM.
Lexi-comp’s
Dr. Annette Freidank
Apothekerin für Klinische Pharmazie
MSc of Clinical Pharmacy
Apotheke und Patienten-Beratungs-Zentrum
Klinikum Fulda gAG
E-Mail: [email protected]
http://www.zak-kinderarzneimittel.de
6. Shah S et al: Off-label Drug Use in Hospitalized Children. Arch Pediatr Adolesc Med 161:
282-290, 2007
Mündliche Gruppen-Prüfung im Rahmen der PTA-Weiterqualifizierung:
„PTA Onkologie (DGOP)“
Folgende PTAs haben diese Prüfung bestanden:
am 18. Juni 2010
Brückner, Susan / Leipzig
Dirksen, Christian /Wiesbaden
Finke, Franziska /Dohna
Florczyk, Nicole /Böhlen
Hennebeil, Stephanie / Nordhorn
Klar, Anna Magdalena /Essen
Klein, Lidia / Wiesbaden
Kuhlmann, Stephanie / Dortmund
Knöpfle, Christiane / Berlin
Pülm, Nadine / Braunschweig
Röhrborn, Ramona / Leipzig
Schäffner, Fritzi / Böhlen
Strecker, Heike / Aschaffenburg
Zettel, Judy / Chemnitz
Mündliche Prüfung im Rahmen der Fort-/Weiterbildung „Onkologische
Pharmazie“/„Onkologische/r Pharmazeut/in (DGOP)“
Folgende Apothekerin hat diese Prüfung am 28. April 2010 bestanden:
Frau Caroline Stahmer aus Kiel
54 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Lebender Kolumnentitel
KUR ZINFORMATION
Stellungnahme
der AkdÄ zu Sartanen
und Krebsrisiko
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) veröffentlichte
am 2. August 2010 in ihrem Newsletter
2010-149 eine Stellungnahme zu Sartanen
und Krebsrisiko. Sie bezieht sich darin auf
eine im Juni im Lancet Oncology veröffentlichte Studie zum Auftreten von Tumoren im Zusammenhang mit der Gabe
von Sartanen (1).
NeoCorp
Mit Sicherheit Ihr Partner
Zusammenfassend zeigte sich in dieser
Metaanalyse aller öffentlich zugänglichen,
randomisierten Studien zu Sartanen, in
denen Daten zum Neuauftreten von Tumorerkrankungen erfasst wurden, ein
geringes, statistisch signifikant erhöhtes
Risiko von Krebserkrankungen bei Gabe
eines Sartans.
Lesen Sie die komplette
Stellungnahme:
http://www.akdae.de/
Stellungnahmen/
Weitere/20100802.pdf
 Sicherheit
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Mehr Schutz durch
den innovativen und
prämierten NeoSafe®.
Eindeutige Produktidentifikation mit
Farbcode-System.
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f
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pac k un
g
Ver
(1) Sipahi I, Debanne SM, Rowland DY et al.:
Angiotensin-receptor blockade
g
Verpackungspreis 2009
 Qualität
Herstellung vollständig
nach cGMP und mit
US-FDA-Zertifizierung.
Implementiertes
Qualitätssicherungsprogramm ISO 9001.
Aus Sicht der AkdÄ ergibt sich jedoch
derzeit keine Notwendigkeit, die Empfehlungen für die Verordnung von Sartanen zu ändern.
Literatur:
un
AD
KA
Diese Metaanalyse hat aus Sicht der AkdÄ
einige deutliche methodische Schwächen.
Darüber hinaus ist die biologische Plausibilität einer tumorfördernden Wirkung
von Sartanen nicht gegeben, wenn auch
die vorhandene Datenlage noch deutliche
Lücken und Unsicherheiten aufweist. Die
Ergebnisse der Studie sollten zum Anlass genommen werden, weitere Untersuchungen zum Krebsrisiko bei Anwendung
von Sartanen durchzuführen.
 Service
Individuelle, flexible
Kundenbetreuung.
Zuverlässige und
kulante Abwicklung
sowie konstante
Lieferfähigkeit.
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umfassenden Produktpalette
für die Tumortherapie.
 Preis
and risk of cancer: meta-analysis of randomised
controlled trials. Lancet
Unsere Arzneimittel
zählen immer zu den
preisgünstigsten ihrer
Gruppe.
Oncol 2010; 11: 627-636.
Am Weidenbach 6
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Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 55
82362 Weilheim
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Professionelle Pflege in der pädiatrischen Onkologie
Professionelle Pflege
in der pädiatrischen Onkologie
Von Carola Freidank, Hannover
D
urch neue Therapien werden die Bedürfnisse von und die Anforderungen an die
Kinder, Jugendlichen, jungen Erwachsenen und deren Eltern umfangreicher.
So gewinnen die Themen Patienten und Angehörigenberatung- und -schulung immer
mehr an Bedeutung. Es gilt auch für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, dass
ein aufgeklärter und gut geschulter Patient eine höhere Compliance zeigt. Das bedeutet, es wird eine hohe Fach- und Kommunikationskompetenz von allen Beteiligten des
multiprofessionellen Teams gefordert. In der onkologischen Pflege wird diese Kompetenz durch staatlich anerkannte onkologische Fachweiterbildungen sichergestellt,
andere Berufsgruppen haben ebenfalls geregelte onkologische Weiterbildungen. Erst
eine Vernetzung mit allen Beteiligten und damit die Nutzung der unterschiedlichen
Kompetenzen, Verantwortlichkeiten und Ressourcen macht die besondere Versorgung
von Kindern und Jugendlichen mit einer Krebserkrankung möglich.
Das Ziel der professionellen Pflege in der
pädiatrischen Onkologie ist die Betreuung,
Begleitung und Unterstützung der Patienten
und ihrer Angehörigen während des gesamten Krankheitsverlaufes bis in die Nachsorge.
Eine systematische und kompetente pflegerische Versorgung erfordert methodisch
durchdachte und wissenschaftlich begründete Herangehensweisen.
Veränderungen in der klinischen Behandlung und den Versorgungsstrukturen in den
Kliniken machen es notwendig, dass sich
auch das Pflegepersonal diesen neuen Herausforderungen stellt:
Nebenwirkungsmanagement
Durch die umfangreichen Therapien sowie
neue Therapiekonzepte mit neuen erklärungsbedürftigen Arzneimitteln in der Pädiatrie ist es erforderlich, einen besonderen
Schwerpunkt auf das Nebenwirkungsmanagement und damit auch auf die Medikamentenapplikation in der Pädiatrie durch
die altersgerechten Dosierungen und die
individuellen Bedürfnisse an die Applikationsform zu legen. Hier ist besonders die
Pflegekraft gefordert, da sie aufgrund des
kontinuierlichen Kontakts zu dem Patienten
Nebenwirklungen frühzeitig erkennen und
durch pflegerische Interventionen reduzieren
bzw. verhindern kann.
Beratung und Schulung
Da sich die stationäre Verweildauer in der
Klinik verkürzt, steigt der Bedarf an systematisch-didaktisch aufbereiteten Informationen
und Anleitungen der Patienten und ihrer Angehörigen. Information, Anleitung, Beratung
und Schulung zu pflegerischen Aspekten in
der Pädiatrie haben einen besonderen Stellenwert. Aufgaben, die auf die Kinder, Jugendlichen, jungen Erwachsenen und, je nach
Alter und Allgemeinzustand des Kindes, auf
die Eltern zukommen können, sind die Medikamenteneinnahme, die Inspektion der Haut,
das Erkennen von Nebenwirkungen usw.
Daher müssen für diese Personengruppen
entsprechende Anleitungen durch geschulte
pädiatrisch-onkologische Pflegekräfte stattfinden. Regelmäßige Evaluationen, um den
Bedarf an zusätzlichen Schulungen einzuschätzen, sind zu empfehlen.
Vernetzung
Vernetzung und internationaler Informationsaustausch zur länderübergreifenden Optimierung und Standardisierung von Pflege­
interventionen sind unbedingt notwendig.
Am Beispiel der German Pediatric Oncology Nurses Group (GPONG) soll die Notwendigkeit von Netzwerkarbeiten verdeut-
56 | Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010
Einige in der pädiatrischen
Onkologie relevanten Netzwerke
sind:
International Society of Pediatric
Oncology /SIOP,
European Oncology Nursing
Society/EONS,
German Pediatric Oncology Nurses
Group /GPONG,
Bundesarbeitsgruppe der
Leitungen onkologischer
Weiterbildungsstätten/BAGL,
Konferenz onkologischer Krankenund Kinderkrankenpfleger/KOK
Gesellschaft für Pädiatrischer
Hämatologie und Onkologie/GPOH
sowie
Vernetzungen mit weiteren
an der Betreuung pädiatrisch
onkologischer Patienten
beteiligten Berufsgruppen.
licht werden. Die GPONG umfasst derzeit
bundesweit 40 erfahrene Pflegekräfte mit
unterschiedlichen Qualifikationen (Weiterbildung Onkologie, Weiterbildung Palliative
Care, Stationsleitung) aus 23 onkologischen
Abteilungen. Mit der Gründung werden seit
15 Jahren bereits der pflegerische Fachaus-
tausch sowie die Umsetzung gemeinsamer
Projekte in den beteiligten pädiatrischonkologischen Zentren gefördert und auf
wissenschaftlicher Ebene begleitet.
Die Projekte der GPONG sollen einerseits
eine Unterstützung für das Behandlungsteam sein (Palliative Care Ordner) und andererseits den Patienten und Angehörigen
die Sicherheit vermitteln, in allen Zentren
Deutschlands eine vergleichbare Betreuung
zu bekommen (Empfehlungen zu pflegerischen Tätigkeiten, Wegbegleiter).
Die GPONG hat zur Begleitung der Patienten ab dem Zeitpunkt der Diagnosestellung einen „Wegbegleiter“ entwickelt und in
den beteiligten Zentren eingeführt.
Der „Wegbegleiter“ strukturiert die auf den
Patienten und seinen Angehörigen einwirkenden umfangreichen und belastenden Informationen und bildet eine Grundlage für
weiterführende Informationsgespräche. Ein
Wegbegleiter speziell für Jugendliche und
junge Erwachsene ist in Arbeit.
Weiterbildung in der pädiatrischen
Onkologie
Die Weiterbildung zur Fachkraft für onkologische Pflege hat sich in den vergangenen
Jahren an die veränderten berufspolitischen
Entwicklungen angepasst. Die Grundlagen
Weiterbildungsinhalte (EONS):
Bei Diagnostik und Therapien
mitwirken
Krebs und therapiebedingte
Auswirkungen einschätzen und
zielorientiert beeinflussen
Belastungen durch die Krebs­
erkrankung einschätzen und Bewältigungsstrategien unterstützen
Entscheidungsfindung
und Eigenverantwortung
kommunikativ unterstützen
Koordinieren und organisieren der
Versorgung Krebskranker
Eigenverantwortlich Krebskranke
professionell pflegen
der staatlich anerkannten zweijährigen, berufsbegleitenden Weiterbildung sind bundesweit vergleichbar geregelt und entsprechen den nationalen und in der Regel den
aktuellen europäischen (EONS) Richtlinien.
In den letzten Jahren wurde deutlich, dass
die pädiatrisch-onkologischen Inhalte in nur
wenigen Weiterbildungsstätten ausreichend
berücksichtigt wurden. Dementsprechend
wurde von der Bundesarbeitsgruppe der Leitungen der Weiterbildungsstätten für onkologische Pflege/BAGL reagiert und es entsteht mit Unterstützung der GPONG und der
GPOH ein Konzept zur Standardisierung der
pädiatrischen Weiterbildungsinhalte innerhalb der bestehenden staatlich anerkannten
onkologischen Fachweiterbildungen.
Eine gemeinsame Weiterbildung zur Fachkraft für onkologische Pf lege mit einem
Schwerpunkt Pädiatrie an klar definierten
Weiterbildungsstätten wird zum einen der
Tendenz zur generalistischen Pflegeausbildung
in Deutschland und Europa gerecht und orientiert sich zum anderen dem sich ändernden
Patientenklientel und der damit verbunden
Ausweitung der onkologischen Erkrankungen
bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Ausblick
Die berufspolitischen Diskussionen über die
Finanzierung von Behandlung und Pflege
sowie die geforderten Weiterqualifikationen
in der pädiatrisch-onkologischen Pflege
machen bundesweit einheitliche wissenschaftlich begründete Konzepte und Empfehlungen notwendig.
Durch die multiprofessionelle Zusammenarbeit in den pädiatrisch-onkologischen
Zentren sowie unter Berücksichtigung und
Akzeptanz der verschiedenen Kompetenzen
und Ressourcen der involvierten Berufsgruppen wird die besondere Versorgung der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen
in Deutschland gewährleistet.
Quellennachweis
http://www.cancernurse.eu/education/post_
basic_curriculum_in_cancer_nursing.html
http://www.kok-krebsgesellschaft.de/index.php/
arbeitsgruppen/gpong.html
http://www.kok-krebsgesellschaft.de/index.php/
arbeitsgruppen/bagl.html
Autorin
Carola Freidank
Leitung der Weiterbildung zur Fachkraft für
Onkologische Pflege
Medizinische Hochschule Hannover
Stabsstelle Geschäftsführung Pflege – OE 3011
30623 Hannover
[email protected]
Onkologische Pharmazie | 12. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 57
Buchbesprechung
Buchbesprechung
Von Sabine Thor-Wiedemann, Weingarten
CD-ROM: Medikamente und Schadstoffe in Schwangerschaft und Stillzeit –
Reproduktionstoxikologie
Von Wolfgang Paulus und Christian Lauritzen
1095 Seiten mit Suchfunktion auf CD,
Aktualisierung halbjährlich
Bestellung: Spitta Verlag, Balingen,
Bestellnr. 76500
Tel. 07433/952-0,
[email protected]
Erst-CD € 118,-, Aktualisierungen € 69,95
Es gibt gute Bücher über Pharmakotherapie in der Schwangerschaft, beispielsweise das soeben erschienene Werk von Smollich und Jansen (siehe Kasten). Wie alle
klassischen medizinischen Fachbücher
haben sie allerdings einen erheblichen
Nachteil: aufgrund des rasanten Erkenntniszuwachses in der medizinischen Forschung fehlen nach kurzer Zeit Informationen über aktuelle Entwicklungen.
In klassischer Buchform:
Martin Smollich, Alexander Jansen:
Arzneimittel in Schwangerschaft und
Stillzeit: Schnell und sicher beraten
Hippokrates Verlag, 2010
100 Seiten, € 24,95
ISBN 978-3-8304-5479-3
Die CD „Medikamente und Schadstoffe in
Schwangerschaft und Stillzeit“ trägt diesem Umstand Rechnung. Zweimal jährlich
gibt es Aktualisierungen, die ein ausgewiesener Experte, Dr. Wolfgang Paulus vom
Ravensburger Institut für Reproduktionstoxikologie, zusammenstellt. Die aktuelle
CD entspricht dem Stand vom Juni 2010.
Wer sich für den Abo-Service entscheidet,
bekommt halbjährlich eine aktualisierte
CD zugeschickt (kann jederzeit gekündigt
werden).
Auf über 1000 Seiten werden umfassende
Informationen gegeben, die über die
nötigsten Grundlagen für die Beratung
weit hinausgehen. Die CD fasst die Ergebnisse von Tierversuchen, teratologischen
Studien am Menschen, Kasuistiken und
Monografien zusammen. Mögliche Fehlbildungen von Embr yonen und Funktionsstörungen von Organen bei Feten sind
für die meisten im Handel befindlichen
Medikamente angegeben. Auch auf Drogen, Schadstoffe, Infektionen und Umwelteinflüsse wie Strahlenexposition auf die
embryonale und fetale Entwicklung wird
eingegangen. Ein Kapitel ist dem Übergang von Medikamenten und toxischen
Substanzen in die Muttermilch und den
Wirkungen auf den Säugling gewidmet.
Nach kritischer Bewertung werden Empfehlungen für die Praxis gegeben, z.B.,
ob ein Schwangerschaftsabbruch in Be-
tracht gezogen werden muss. Neben den
Risiken mütterlicher Exposition wird auch
das mutagene Risiko bei Exposition des
Vaters erörtert.
Fazit: ein wirklich umfassendes, dabei
stets aktuelles Nachschlagewerk für alle
Fragestellungen rund um die Pharmakotherapie in Schwangerschaft und Stillzeit.
Zugehörige Unterlagen
Herunterladen