Themenbereich Flüchtlingsarbeit des Evangelischen Hilfswerks

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Themenbereich Flüchtlingsarbeit des Evangelischen Hilfswerks
Essensausgabe des Evangelischen Hilfswerks Württemberg
Fotobestand Diakonisches Werk Württemberg, L 1, Nr. 8950
Das Evangelische Hilfswerk der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und seine
Flüchtlingsarbeit in den unmittelbaren Nachkriegsjahren
In den Nachrichten sind jeden Tag Berichte von Kriegen zu sehen, zu hören und zu lesen.
Viel Beachtung finden seit Beginn des Jahres 2013 die Kriegsschauplätze in Syrien, Mali,
Afghanistan. Aus allen diesen Ländern flüchten Menschen, um sich vor Kriegshandlungen,
Zerstörung, Hunger und Tod in Sicherheit zu bringen.
Vor 68 Jahren wurde in Deutschland dem vom NS-Regime begonnenen Zweiten Weltkrieg
durch die alliierten Streitkräfte ein Ende gemacht. Das nationalsozialistische Deutschland,
das fast ganz Europa mit Kriegen überfallen und sechs Millionen Juden ermordet hatte, lag
nun selbst in Trümmern. Große Not zeigte sich in allen Lebensbereichen, ausgebombte
Städte,
zusammengebrochene
Verwaltungen
der
Kommunen
und
Landkreise,
Nahrungsmittel- und Verbrauchsgüterknappheit aufgrund einer auf Kriegsproduktion
eingestellten Wirtschaft, Millionen von gefallenen oder sich in Gefangenschaft befindenden
Männern, traumatisierte und körperlich versehrte Menschen, die ihre Kinder, Eltern, Partner,
Haus
und
Hof,
alles
verloren
hatten.
Hinzu
kam
eine
der
größten
Zwangsmigrationsbewegung, die es bis dahin gegeben hatte. Mehr als 12 Millionen
Menschen waren auf der Flucht, wurden aus ihrer Heimat als eine Folge des Krieges aus
ehemaligen
deutschen
Gebieten
in
Mittel-,
Ost-
und
Südosteuropa
vertrieben.
Hunderttausende starben auf dem Weg nach Westen vor Hunger, Kälte, mangelnder
medizinischer Versorgung und Erschöpfung.
Diese Flüchtlingsbewegung stellte die Landesregierungen vor solch große Probleme bei der
Nahrungsmittelversorgung und Unterbringung, dass die Kirchen zur Mithilfe aufgerufen
wurden. Die Evangelische Kirche in Deutschland gründete daher ein „Hilfswerk“, das in allen
Landesteilen aktiv wurde und bei der Verteilung von Nahrungsmitteln, Medikamenten und
Kleidung eine wichtige Aufgabe übernahm. Zusätzlich halfen Mitarbeitende des Hilfswerks
bei der Wohnraumbeschaffung und bei der Vermittlung von Arbeitsstellen. Ein besonders
wichtiges Anliegen war dem Hilfswerk jedoch, dass die traumatisierten Menschen nicht nur
mit Lebensnotwendigem versorgt, sondern auch seelsorgerlich betreut und in die
Kirchengemeinden integriert werden. Dies stellte sich als gar nicht so leicht zu bewältigende
Aufgabe dar, denn der Wohnraum und Nahrungsmittel waren überall knapp. Die
Unterbringung in den Privaträumen der „Altbürger“, also der Menschen, die in den
Gemeinden schon lange ansässig waren, führte häufig zu Konflikten, wenn Herd, Geschirr
und sanitäre Einrichtung mit den zwangsweise Einquartierten geteilt werden musste.
Das Hilfswerk gründete in den Ortsgemeinden „Diakonische Bezirksstellen“, die für sämtliche
Hilfeleistungen zuständig waren. Auch wurden Helferkreise in den Kirchengemeinden
aufgebaut, die sich seelsorgerlich um die Flüchtlinge kümmerten , z. B. sie in den
Flüchtlingslagern besuchten, zum Gottesdienst abholten und Möglichkeiten des Austausches
schufen. Selbst ein neuer Berufszweig entstand, der des Flüchtlingspflegers bzw. der
Flüchtlingspflegerin. Neben den Seelsorgeaufgaben übten sie beratende Tätigkeiten aus und
stellten Kontakte zu Behörden her, die ebenfalls mit Flüchtlingsaufgaben betraut waren. Für
Flüchtlinge, die kriegsverwundet oder bereits sehr alt waren, gründete das Hilfswerk
Kriegesversehrten- und Altenheime. Neu entstand auch ein Kinderheim für Jungen, die ihre
Eltern auf der Flucht verloren hatten oder diese durch Kriegseinwirkungen ums Leben
kamen. Verwaiste Jugendliche sollten eine neue Lebensperspektive erhalten, in dem sie in
sogenannten „Gilden“ miteinander leben und arbeiten konnten. Die männlichen Jugendlichen
halfen nach dem Krieg bei Wiederaufbauarbeiten oder in der Landwirtschaft. Mädchengilden
entstanden erst nach 1953, als viele Jugendliche ohne ihre Eltern aus der DDR flüchteten.
Die Mädchen und Jungen wurden schulisch betreut und hatten anschließend die Möglichkeit,
in eine Arbeitsstelle vermittelt zu werden. Ein wichtiges Ziel in der Gildenarbeit war es, durch
das gemeinsame Leben in den Kleingruppen die Jugendlichen zu Demokratie und
Mitbestimmung zu befähigen und eine christliche Werteorientierung zu vermitteln.
Literatur zu Migration und Hilfswerk
Merz, Dietmar, Das Evangelische Hilfswerk in Württemberg von 1945-1950,
Epfendorf 2002.
Keller, Herbert, 10 Jahre Hilfswerk der Evangelischen Landeskirche in Württemberg,
Stuttgart 1955.
Rudolph, Hartmut, Evangelische Kirche und Vertriebene 1945 bis 1972, Band I,
Kirchen ohne Land, Göttingen 1984.
Schwartz, Michael, „Umsiedler – Flüchtlinge und Vertriebene in der SBZ und DDR,
in: Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik (Hg.), Flucht, Vertreibung
Integration, S. 90-101.
Wischnath, Johannes Michael, Vom Evangelischen Hilfswerk zum Diakonischen
Werk, in: Ursula Röper/Carola Jüllig (Hg.), Die Macht der Nächstenliebe.
Einhundertfünfzig Jahre Innere Mission und Diakonie 1848-1998, Berlin 1998, S.
250-257.
Mitteilungen aus dem Hilfswerk der Evangelischen Kirchen in Deutschland, Nr. 1
April 1947.
Mitteilungen aus dem Hilfswerk der Evangelischen Kirchen in Deutschland, Nr. 26
Mai 1949.
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