Wechselwirkung von langsamen hochgeladenen Argonionen mit kleinsten Heliumclustern Stefan Zeller Masterarbeit Institut für Kernphysik Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main 18. Juli 2011 Inhaltsverzeichnis 1 Einführung 5 2 Physikalische Grundlagen 11 2.1 Gebundene Atome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.2 Eigenschaften kleinster Heliumcluster 2.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.2.1 Das Heliumdimer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.2.2 Das Heliumtrimer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Ionisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.3.1 Das Over-Barrier Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.3.2 Ionisationsprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2.3.3 Coulomb-Explosion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3 Aufbau des Experimentes 27 3.1 Targetpräparation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 3.2 Ionenstrahlerzeugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3.3 3.2.1 Funktionsweise der EZR-Ionenquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3.2.2 Strahlführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Impulsspektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 3.3.1 Trajektorien im Spektrometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3.3.2 Teilchendetektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3.3.3 Datenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 3.3.4 Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 4 Auswertung und Interpretation 49 4.1 Koordinatensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 4.2 Kalibrierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 4.3 Analyse der Rohdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 4.4 Auswertung der Heliumdimere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 4.4.1 Identifizierung der Ionisationsmechanismen . . . . . . . . . . . . . 59 4.4.2 Abstandsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 3 4.5 Auswertung der Heliumtrimere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 4.5.1 Impulskonfiguration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 4.5.2 Dalitz-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 4.5.3 Newton-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 4.5.4 Internukleare Abstände und Innenwinkel . . . . . . . . . . . . . . . 76 5 Zusammenfassung und Ausblick 81 5.1 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 5.2 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Literaturverzeichnis 83 Abbildungsverzeichnis 91 1 Einführung Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden reproduzierbare Experimente durchgeführt, die mit der bis dahin im Wesentlichen verstandenen und bewährten klassischen Physik 1 nicht erklärt werden konnten. So war zum Beispiel die Wärmestrahlung eines Körpers mit den klassischen Konzepten nicht beschreibbar. Durch die Annahme einer Energiequantelung konnte Planck jedoch die experimentellen Ergebnisse korrekt beschreiben, auch wenn für ihn die Quantelung selbst nicht streng beweisbar war. Das Konzept gequantelter Energien griff Bohr auf und erstellte das nach ihm benannte Atommodell. Mit diesem Modell war es erstmals möglich die bis dahin unverstandenen Spektrallinien des Wasserstoffatoms zu erklären. Ein weiteres Phänomen, das nur mit der Energiequantelung erklärt werden konnte, war der photoelektrische Effekt. Nach der Lichtquantenhypothese von Einstein kann sich Licht wie Teilchen verhalten. Unterdessen beweisen Beugung und Interferenz den Wellencharakter von Licht, es kann sich demnach situationsbedingt wie Teilchen oder wie eine Welle verhalten. Die Gültigkeit dieses klassisch unbegreiflichen Welle-Teilchen-Dualismus konnte durch De Broglies Theorie und bestätigenden Experimenten auch für Materie erkannt werden [DG27]. Demnach kann Materie einen Wellencharakter aufweisen und wie Licht interferieren und gebeugt werden. Diese experimentellen Beobachtungen konnten nur mit Hypothesen gedeutet werden, die der klassischen Physik fundamental widersprechen. Somit wurde eine neue abgeschlossene Theorie notwendig, die sowohl diese Hypothesen in beweisbare Gesetze überführt als auch die makroskopisch korrekte klassische Physik als Grenzfall enthält. Dies führte schließlich zu der Entwicklung der Quantenmechanik. Aufgrund des Wellencharakters der Materie wird die Dynamik von Quantensystemen durch Wellenfunktionen Ψ(r, t) beschrieben, die aus der Schrödingergleichung folgen. Der Charakter dieser Wellenfunktionen gestattet im Gegensatz zur klassischen Mechanik le1 Als klassische Physik werden die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ausgearbeiteten physikalischen Theorien bezeichnet. Charakteristisches Merkmal dieser Theorien ist ihr Determinismus: Sind alle definierenden Größen des Zustandes eines Systems zu einem Zeitpunkt bekannt, so ist der Zustand zu allen späteren Zeiten bereits eindeutig festgelegt. 5 6 diglich Wahrscheinlichkeitsaussagen über Messgrößen. Daraus folgt ein wesentliches Charakteristikum der Quantenmechanik, welches die prinzipielle Unmöglichkeit beschreibt, zwei komplementäre Observablen wie Ort und Impuls gleichzeitig scharf bestimmen zu können: Die Heisenbergsche Unbestimmheitsrelation. Eine weitere Folge der Wellennatur ist der Tunneleffekt, der mathematisch aus dem Eindringen der Wellenfunktion in klassisch verbotene Bereiche resultiert. Konsequenzen dieses Effektes sind beispielsweise die α-Radioaktivität und die Energiebänder in Festkörpern. Derartige Folgen sind jedoch nur im Bereich atomarer Dimensionen relevant, bei makroskopischen Objekten treten Quanteneffekte wie das Tunneln nicht in Erscheinung. Systeme für deren Beschreibung die Quantenmechanik benötigt wird, werden Quantenobjekte genannt. Diese sind insbesondere Elementarteilchen und Objekte mit vergleichbarer Masse. Aber auch größere Teilchen wie Moleküle zeigen unter gegebenen Bedingungen Quanteneigenschaften. Die Eigenschaften von einfachen Quantenobjekten können hervorragend durch ab initio Rechnungen der Quantenmechanik vorhergesagt werden. Dabei lässt sich allerdings nur für Zweikörperprobleme, wie beispielsweise das aus Proton und Elektron bestehende Wasserstoffatom, die Schrödingergleichung analytisch, also ohne den Einsatz numerischer Verfahren, lösen. Bereits für die Lösung von Dreikörperproblemen sind Näherungsverfahren notwendig, die zusätzliche Annahmen oder, neben fundamentalen Naturkonstanten, weitere Parameter erfordern. Durch Messungen an solchen Quantenobjekten kann die Gültigkeit, und darüber hinaus die Güte verwendeter Rechenverfahren und theoretischer Annahmen überprüft werden. Die in dieser Arbeit untersuchten kleinsten Heliumcluster bilden derart fragile Systeme, dass die theoretische Vorhersage ihrer Existenz in höchstem Maße von der Genauigkeit der Berechnungsmodelle abhängt. Der nachfolgende Abschnitt wird zeigen, dass das Auftreten des Heliumdimergrundzustandes, und damit das Auftreten des Dimers an sich, aufgrund seiner extrem niedrigen Bindungsenergie lange Zeit umstritten war. Anschließend soll das Interesse an einem weiteren flüchtigen Quantenzustand, dem EfimovZustand des Heliumtrimers, erläutert werden. Existenz des Heliumdimers Theoretische Überlegungen zur Existenz des Heliumdimers wurden um das Jahr 1928 von J. C. Slater angestellt. Er untersuchte die Wechselwirkung zwischen zwei Heliumatomen und zeigte, dass sie aus einem repulsiven Term und einem attraktiven Term, der Van-der-Waals Wechselwirkung, besteht. Dadurch wird ein Potentialminimum bei KAPITEL 1. EINFÜHRUNG 7 einem internuklearen Abstand von 5,6 Å gebildet [Sla28]. Der Quantenmechanik zufolge besitzt der Grundzustand jedes gebundenen Systems eine Mindestenergie, die sogenannte Nullpunktsenergie. Ein gebundener Zustand existiert also nur dann, wenn die Nullpunktsenergie kleiner ist als die Tiefe des Potentials des fraglichen Systems. Diese Bedingung ist in den meisten Systemen deutlich erfüllt, die Potentialtiefe des Heliumdimers unterscheidet sich jedoch nur marginal von dessen Nullpunktsenergie. Und so hängt die Frage darüber, welche der beiden Größen die größere ist, und damit die Frage über die Existenz des Heliumdimers, empfindlich von Verfahren der Berechnung beider Größen und den dabei erforderlichen Näherungen ab. Mehr als 60 Jahre lang wurde die exakte Bestimmung beider Größen mit Hilfe unterschiedlicher Verfahren angestrebt [SK31, Pag38, Ros50, GW55, Kim62, Abr63, KS66, SK80]. Eine eindeutige Aussage über die Existenz des Heliumdimers konnte jedoch nicht getroffen werden. Die Suche nach dem Heliumdimer begann von experimenteller Seite in den 70er Jahren. Bei erster Herangehensweise wurden Cluster unterschiedlicher Größe in einem kalten Gasjet erzeugt. Um die Masse der erzeugten Cluster zu bestimmen, wurde der Gasjet mit Elektronen beschossen. Sie sollten einzelne Cluster ionisieren, um anschließend deren Masse zu Ladungs-Verhältnis zu bestimmen. Ein nachgewiesener Cluster mit Masse zu Ladungs-Verhältnis von 8 entspräche einem einfach geladenen Heliumdimer, welches in der Reaktion mit dem Elektron ionisiert wurde. Aufgrund der erhöhten Bindungsenergie des He+ 2 gegenüber dem He2 ist jedoch auch die Fragmentierung eines größeren Clusters durch die Reaktion mit einem Elektron sehr wahrscheinlich. Da He+ 2 -Ionen auch auf diesem Weg erzeugt werden können, bietet ihr Nachweis keinen Beweis für die Existenz des neutralen Heliumdimers. Eine Weiterentwicklung dieses Nachweiskonzeptes bestand darin, einen gepulsten Gasjet zu verwenden [LMK+ 93]. Hierbei sollten die Dimere durch ihre Masse von den leichteren Monomeren getrennt und mit einem Elektron ionisiert werden, um sie anschließend durch Massenspektrometrie nachzuweisen. Jedoch bestanden auch hier Zweifel, ob das nachgewiesene Masse zu Ladungs-Verhältnis von 8 nicht von Fragmenten größerer Cluster stammt [MMS94]. Im Jahre 1994 brachte eine neue Methode der Untersuchung schließlich den Beweis für die Existenz des Heliumdimers. Schöllkopf und Toennies nutzten die Wellennatur von Teilchen aus, um einen kalten Heliumgasjet an einem Nanogitter zu beugen [ST94]. Nach de Broglie kann jedem Teilchen in Abhängigkeit seines Impulses eine Wellenlänge λ = h p zugeschrieben werden, wobei h das Plancksche Wirkungsquantum ist. Der Beugungswinkel α der n-ten Ordnung wird in Abhängigkeit der Gitterkonstan- 8 ten d und der De-Broglie-Wellenlänge λ durch sin(α) = n λ d (1.1) beschrieben. Da die Wellenlänge abhängig vom Teilchenimpuls p = mv ist, können anhand der Beugungswinkel die Massen der Teilchen bestimmt werden, sofern die Geschwindigkeit aller Teilchen identisch ist. Von dem eingesetzten Überschall-Gasjet wird die Bedingung, dass alle Teilchen nahezu die gleiche Geschwindigkeit besitzen, erfüllt. Abbildung 1.1 zeigt das Beugungsbild eines Heliumstrahls bei verschiedenen Temperaturen und Drücken. Die dominante Interferenzstruktur wird von Monomeren erzeugt. Zwischen den Monomerpeaks nullter und erster Ordnung sind weitere Peaks2 zu erkennen, die über Gleichung 1.1 der Masse von Dimeren, Trimeren und Tetrameren zugeordnet werden können. Damit wurde die Existenz der Heliumdimere eindeutig bestätigt. Darüber hinaus konnte durch dieses Experiment die mittlere Bindungslänge des Heliumdimers von 52 Å bestimmt werden. Der große internukleare Abstand ist Beweis für die extrem geringe Bindungsenergie, die nach aktuellen Rechnungen nur 95 neV beträgt [GST+ 00]. Um von theoretischer Seite über die Existenz des Dimers zu entscheiden, muss eine Genauigkeit der Berechnung von dieser Größenordnung erreicht werden. Damit eignet sich das Heliumdimer hervorragend als Testobjekt für die Entwicklung theoretischer Verfahren. [Kom01]: “As the hydrogen molecule in the past, the helium dimer today became a test case for developement of new computational methods and tools“. Efimovzustand des Heliumtrimers Eine sonderbare Eigenschaft von Dreikörpersystemen besteht in ihrem Vermögen selbst dann gebundene Zustände zu formen, wenn es keine gebundenen Zustände für die einzelnen Zweikörper-Untersysteme gibt. Diese besondere Situation tritt unter speziellen Bedingungen im Fall der sogenannten Efimov- und Halo-Zustände ein [Efi70]. Beide Arten von Zuständen treten in Systemen identischer Teilchen auf, könnten prinzipiell aber auch in asymmetrischen Systemen vorkommen. Sowohl Efimov- als auch Halo-Zustände treten in Systemen auf, deren Wechselwirkungspotential mit zunehmendem Abstand der Konstituenten voneinander stärker als r−2 abfällt. Der Unterschied zwischen den beiden Arten von Zuständen wird durch die Energieniveaulage in den konstituierenden Zweikörper-Untersystemen definiert: Gibt es im Zweikörpersystem einen gebundenen Zustand sehr nahe der Nullpunktenergie so kön2 englisch: peak - Scheitelpunkt, Gipfel KAPITEL 1. EINFÜHRUNG 9 Abbildung 1.1: Interferenzbild eines Heliumstrahls, welcher bei verschiedenen Temperaturen und Drücken an einem 100 nm Gitter gebeugt wurde [BST02]. Zwischen dem Monomerpeak 0. und 1. Ordnung werden weitere Peaks gemessen, die anhand ihrer Position den Massen von Dimeren, Trimeren und Tetrameren zugeordnet werden können. nen Efimov-Zustände auftreten. Halo-Zustände hingegen entstehen, wenn es keinen gebundenen Zweikörperzustand gibt. Letztere wurden zwar in Kernmodellen studiert, es gibt jedoch weder für Atom- noch für Molekülsysteme detaillierte Untersuchungen. Für Efimov-Zustände gab es lange Zeit ebenfalls keinen experimentellen Nachweis. Aufgrund der langreichweitigen Coulombkraft bilden sich diese Zustände nicht innerhalb eines Atoms aus. Für Systeme aus mehreren neutralen Atomen könnten sie jedoch existieren, da das Wechselwirkungspotential zwischen zwei neutralen Atomen mit zunehmendem internuklearen Abstand stark abfällt. Tatsächlich wurde 2006 der Nachweis für die Existenz eines Efimov-Zustandes durch Messungen an einem ultrakalten Gas aus Caesiumatomen erbracht [KMW+ 06]. Das Heliumtrimer ist ein weiterer hervorragender Kandidat für ein System, in dem ein Efimov-Zustand existieren könnte. Wie im vorherigen Abschnitt beschrieben, besitzt das 10 Heliumdimer nur einen einzigen extrem schwach gebundenen Zustand und erfüllt damit die für das Auftreten von Efimov-Zuständen notwendige Bedingung an die ZweikörperUntersysteme. Theoretisch sind zwei gebundene Zustände für das Heliumtrimer vorhergesagt, wobei der erste angeregte Zustand ein Efimov-Zustand ist [ELG96]. Bisher konnte dessen Existenz jedoch nicht experimentell bestätigt werden [BKK+ 05]. In der Beschreibung von Vielteilchensystemen könnten Efimov-Zustände die Rolle von statisch korrelierten Unterstrukturen oder von Vermittlern dynamischer Prozesse spielen. So kann die genauere Kenntnis dieser Art von Zuständen zu einem detaillierterem Verständnis von Vielteilchensystemen führen [JRF04]. Schwerpunkte dieser Arbeit In dieser Arbeit sollen die Eigenschaften der beschriebenen kleinsten Heliumcluster durch deren Wechselwirkung mit langsamen hochgeladenen Ionen erforscht werden, um ein facettenreicheres Verständnis dieser fragilen Quantenobjekte zu erlangen. Dazu wurden die in einem Überschall-Gasjet erzeugten Cluster mit Ar8+ -Ionen aus der ElektronZyklotron-Resonanz-Ionenquelle der Goethe-Universität Frankfurt gekreuzt. Die ionischen Fragmente, die bei der Wechselwirkung entstehen, werden in einer COLTRIMSApparatur impulsspektroskopisch vermessen. Das Messen der vollständigen Impulsvektoren ermöglicht die Rekonstruktion unterschiedlicher Ionisationsprozesse sowie der räumlichen Lage und der molekularen Konfiguration der Cluster zum Zeitpunkt der Reaktion. 2 Physikalische Grundlagen In diesem Kapitel sollen die Wechselwirkungen vorgestellt werden, die den attraktiven und repulsiven Kräfte zwischen zwei oder mehreren Atomen zugrunde liegen. Sie sind verantwortlich für die Ausbildung der Potentialminima in denen die Zustände von Molekülen gebunden sind. Besteht das Molekül aus zwei, drei oder mehreren Atomen einer Sorte, wird von Dimeren, Trimeren oder allgemein von Clustern gesprochen. Nach einem Überblick über die Eigenschaften des Heliumdimers und des Heliumtrimers wird die Interaktion zwischen langsamen, hochgeladenen Ionen und Heliumclustern erläutert, und die daraus resultierenden Ionisationsprozesse erklärt. 2.1 Gebundene Atome Eine Bindung zwischen Atomen wird immer dann eingegangen, wenn der gebundene Zustand energetisch günstiger ist als der Zustand der getrennten Teilchen. Solch ein Zustand niedrigerer Energie kann durch unterschiedliche Mechanismen ermöglicht werden, was dazu führt, dass nahezu die gesamte Materie in Form von mehratomigen Molekülen oder als Kondensat vorliegt. Das Potential zwischen zwei Atomen ist abhängig von deren Abstand zueinander. Im Grenzfall großer Abstände ist dieses Potential gleich Null, die Atome sind nicht gebunden. Nähern sich die Atome einander an, so wird die Elektronenhülle eines Atoms vom jeweils anderen Kern angezogen, wodurch sich die gemeinsame Energie verringert. Erst wenn sich die beiden Atome so nah sind, dass die Abstoßung ihrer positiv geladenen Kerne überwiegt, steigt die potentielle Energie wieder an. Durch Auftragen der potentiellen Energie in Abhängigkeit des internuklearen Abstandes entsteht eine Potentialkurve, wie sie beispielsweise in Abbildung 2.3 dargestellt ist. Für einen Verband aus mehreren Atomen ergibt sich analog eine Potentialfläche, da die potentielle Energie des Systems von der Lage aller Atome abhängt. Neben dem Abstand der Atomkerne hat auch die Veränderung der atomaren Orbitale bei der Bindung zu einem Molekül großen Einfluss auf das gebundene System. Um molekulare Orbitale Ψ zu konstruieren, können die atomaren Orbitale φn der beteiligten 11 12 2.1. GEBUNDENE ATOME Atome linear kombiniert werden1 . Ψ= X cn φn (2.1) n Für ein diatomares Molekül ergibt sich ausgehend von der Schrödingergleichung Ĥ(cA φA + cB φB ) = E(cA φA + cB φB ), (2.2) wobei Ĥ der molekulare Hamiltonoperator ist. Das Auflösen des aus Gleichung 2.2 entstehenden linearen Gleichungssystems liefert zwei Energieeigenwerte E+ und E− . Sie können dem bindenden Ψ+ und dem antibindenden Molekülorbital Ψ− zugeordnet werden (für eine detaillierte Beschreibung siehe [Jah05]). Das einfachste Beispiel für eine solche kovalente Bindung bildet das Wasserstoffmolekül. Es wird durch den Überlapp der atomaren Wellenfunktionen beider Wasserstoffatome zusammengehalten. Die beiden 1s Elektronen bilden gemeinsam ein σ-Molekülorbital. Die Schrödingergleichung liefert für die Überlagerung beider Wellenfunktionen zwei Lösungen, eine symmetrische und eine antisymmetrische, dargestellt in Abbildung 2.1. Die symmetrische Lösung führt zu einer erhöhten Ladungsdichte zwischen beiden Kernen, also zu einer Bindung. Bei der antisymmetrischen Lösung überlagern sich die Wellenfunktionen destruktiv, was zu einer verringerten Ladungsdichte zwischen den Kernen, und damit zur Abstoßung führt. Bei konstruktiver Überlagerung wird nun also Energie frei, es wird ein energetisch günstigerer Zustand erreicht, und deshalb kommt Wasserstoff in der Natur in molekularer Form vor. Nach diesem Prinzip wäre nun auch die Bindung zweier Heliumatome zu einem Heliummolekül denkbar. Das Heliumatom besitzt zwei Valenzelektronen, die gemeinsam die K-Schale abschließen. Beide Elektronen befinden sich also im 1s Zustand und müssen sich nach dem Pauli-Prinzip in mindestens einer Quantenzahl unterscheiden, was in diesem Fall nur die Spinquantenzahl sein kann. Im Molekülorbital eines Heliummoleküls würden durch die vier Elektronen sowohl der symmetrische als auch der antisymmetrische Zustand mit jeweils zwei Elektronen besetzt, wie in Abbildung 2.2 dargestellt. Bei Superposition beider Zustände überwiegt jedoch die antibindende Eigenschaft des antisymmetrischen Zustandes und es kommt nicht zur Bildung eines Moleküls. Bindung zwischen zwei Atomen kann nach diesem Prinzip also solange erreicht werden, wie mehr symmetrische als antisymmetrische Molekülorbitalzustände besetzt werden können. Da alle Edelgase sich durch ihre voll aufgefüllte Valenzschale auszeichnen entstünden stets 1 Diese Methode wird LCAO genannt, was für „linear combination of atomic orbitals“ steht. KAPITEL 2. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN 13 Abbildung 2.1: (oben) Additive Überlagerung der Wellenfunktion und zugehörige schematische Darstellung eines bindenden Orbitals. (unten) Subtraktive Überlagerung der Wellenfunktion und Darstellung eines antibindenden Orbitals [Wik11]. gleich viele symmetrische und antisymmetrische Molekülorbitalzustände. Deshalb gehen Edelgase keine atomare Bindung untereinander ein [HW93]. Es gibt jedoch noch eine weitere Kraft, durch die eine Bindung zwischen Atomen und Molekülen entstehen kann. Diese sogenannte Van-der-Waals Wechselwirkung beschreibt die attraktive Kraft zwischen Dipolen. Sie bildet sich zwischen heterogenen Molekülen aus, die ein statisches Dipolmoment besitzen. Doch auch neutrale Atome besitzen aufgrund der Elektronenbewegung Dipolcharakter, sofern eine Momentaufnahme und nicht das zeitliche Mittel betrachtet wird. Dadurch kann ein kurzzeitiges Dipolmoment in einem Nachbaratom induziert werden. Durch gegenseitige Induktion wird eine Ausrichtung der Dipole bewirkt, was in einer attraktiven Kraft zwischen dem Atom und seinem Nachbarn resultiert. Die Van-der-Waals Wechselwirkung wird in der Praxis meist durch das semi-empirische Lennard-Jones Potential beschrieben: m V (R) = n−m R0 R n n − m R0 R m (2.3) Die Position des Potentialminimums und die Potentialtiefe werden durch R0 und angegeben. Für den Potentialverlauf zwischen zwei neutralen Atomen liefern m = 6 und n = 12 eine realitätsnahe Beschreibung. Die Van-der-Waals Kräfte bilden den anziehenden Wechselwirkungsterm im Lennard-Jones-Potential, der mit der sechsten Potenz des Abstandes R zwischen den beiden Atomen abfällt. Für große Abstände R bildet 14 2.2. EIGENSCHAFTEN KLEINSTER HELIUMCLUSTER Abbildung 2.2: Besetzung der Molekülorbitale von Wasserstoff (links) und Helium (rechts). Nach dem Pauli-Prinzip können maximal zwei Elektronen (mit unterschiedlichem Spin) den gleichen Zustand besetzen. Daher müssten im He2 Molekül zwei der vier Elektronen in den antibindenden Zustand übergehen. Dieses System ist jedoch instabil. [Wik11]. dieser Term eine gute Näherung des Potentialverlaufs. Für kleine Abstände überwiegen dann aber die repulsiven Coulombkräfte zwischen den Kernen und die Wechselwirkungen der Elektronenhüllen. Die Van-der-Waals Kraft wirkt generell zwischen Atomen und Molekülen, tritt jedoch in den Hintergrund sobald andere Bindungsarten zum tragen kommen, da ihre Bindungsenergie typischerweise unterhalb von 0,1 eV liegt. Diese geringe Bindungsenergie ermöglicht, dass unter geeigneten Umständen das Heliumdimer existieren kann. Um den Potentialverlauf des sehr schwach gebundenen Heliumdimers zu beschreiben bietet das Lennard-Jones Potential nur eine unzureichende Näherung. Hierfür werden aufwendigere Verfahren wie Störungsrechnung oder die sogenannte diffusion quantum Monte Carlo-Methode benötigt (DMC) [Hav10, TTY95, Lew97]. 2.2 Eigenschaften kleinster Heliumcluster Durch die im vorangegangenen Abschnitt erläuterte Van-der-Waals Wechselwirkung können Heliumatome unter geeigneten Umständen zu Clustern gebunden werden. Im Folgenden wird näher auf die in dieser Arbeit untersuchten kleinsten Cluster, das Heliumdimer und das Heliumtrimer, eingegangen. 2.2.1 Das Heliumdimer Lange Zeit konnte weder theoretisch noch experimentell bestätigt werden, ob das Heliumdimer existiert (siehe Kapitel 1). Das liegt an dessen verschwindend kleinen Bindungs- KAPITEL 2. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN 15 Abbildung 2.3: Berechnete Potentialkurve des Heliumdimers (schwarz) nach [TTY95] (aus [Hav10]). Von der Wellenfunktion R2 Ψ2 des Grundzustandes (blau) ist nur ein Teilausschnitt dargestellt. Sie erstreckt sich über einen weiten Bereich mit einem Mittelwert von 52 Å, wobei selbst für Abstände von r > 200 Å noch signifikante Beiträge existieren. energie. Nach aktuellen Rechnungen beträgt die Potentialtiefe des Dimers 0,94668 meV. Die Nullpunktenergie erreicht mit 0,94658 meV allerdings schon fast die Kontinuumsgrenze [TTY95]. Die daraus resultierende Bindungsenergie des Grundzustandes von 95 neV führt zu extrem großen internuklearen Abständen im gebundenen Zustand. Bei einem mittleren internuklearen Abstand von 52 Å ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeit so stark delokalisiert, dass Abstände von 3 bis 200 Å erreicht werden können [GST+ 00]. Das Potential und ein Ausschnitt der zugehörigen Wellenfunktion R2 Ψ2 sind in Abbildung 2.3 dargestellt. Diese starke Delokalisierung kann auch durch die Heisenbergsche Unschärferelation erklärt werden. Sie besagt, dass eine gleichzeitige exakte Bestimmung von Ort ∆x und Impuls ∆px eines quantenmechanisches Objektes prinzipiell unmöglich ist. ∆x · ∆px ≥ ~ 2 (2.4) Für ein eindimensionales Potential gilt darüber hinaus der Ausdruck ∆E · ∆x ≥ ~ |hpx i| . 2m (2.5) 16 2.2. EIGENSCHAFTEN KLEINSTER HELIUMCLUSTER Da die Nullpunktenergie des Heliumdimers sehr exakt bestimmt sein muss, ergibt sich durch die Quantenmechanik also zwangsweise eine enorme Ausdehnung. Selbst Rotationsanregungen und Vibrationsanregungen, die typischerweise Energien von 1 meV bis 250 meV besitzen [HW94], übersteigen die Schwelle bis zu der Zustände existieren können, und sind somit im fragilen Heliumdimer nicht möglich. Dies bietet bei der Durchführung von Experimenten den Vorteil, dass der Anfangszustand den Dimers immer eindeutig bestimmt ist. Darüber hinaus können Heliumdimere nur aus dem häufigsten Isotop 4 He bestehen, während die Nullpunktsenergie im 3 He2 und 4 He3 He System bereits die Potentialtiefe übersteigt [BZMM00]. Auch die mittlere Energie von Atomen bei Normalbedingungen, also einer Temperatur von rund 300 K und einem Druck von etwa 1 bar, übersteigt die Bindungsenergie des Dimers bereits bei weitem. Die mittlere Energie beträgt etwa E = kb T = 26 meV und ist damit etwa fünf Größenordnungen höher als die bindenden Van-der-Waals Kräfte. Deshalb ist die Bildung von Heliumdimeren ohne äußere Einwirkungen höchst unwahrscheinlich und die Lebensdauer äußerst begrenzt. Um Heliumdimere für das Experiment zu erzeugen und sie anschließend zu untersuchen müssen spezielle Bedingungen in der Targetkammer herbeigeführt werden, die die Entstehungswahrscheinlichkeit erhöhen. Darauf wird in Abschnitt 3.1 explizit eingegangen. 2.2.2 Das Heliumtrimer Drei Heliumatome können eine Verbindung zu einem Heliumtrimer eingehen, dessen Grundzustand eine Bindungsenergie von 126 mK hat. Der mittlere internukleare Abstand2 beträgt im Grundzustand 7,88 Å [LSA+ 99]. Neben dem symmetrischen 4 He3 Trimer existiert auch das asymmetrische Trimer 4 He32 He. Es ist mit einer Bindungsenergie von 11,4 mK etwa zehnmal schwächer gebunden und seine Wellenfunktion ist doppelt soweit ausgedehnt wie die des symmetrischen Trimers. Trimere aus leichteren Isotopen 4 He3 He 2 und 3 He3 sind nicht gebunden [SYLE07, LB07]. Wie im Heliumdimer gibt es auch im Trimer keine gebundenen rotationsangeregten Zustände [LEGL01]. Zusätzlich zum Grundzustand des 4 He3 -Trimers folgt aus theoretischen Berechnungen ein erster angeregter Vibrationszustand [LDD77] mit einer Bindungsenergie von nur 2,3 mK [BKK+ 05]. Für diesen schwach gebundenen Zustand wird ein Efimov-Charakter vorhergesagt. Die Grundlage der Klasse von Efimov-Zuständen ist ein Effekt, der für Dreikörper-Systeme mit kurzreichweitiger Wechselwirkung auftreten kann, in denen die Zweikörper-Untersysteme keinen, oder einen nur extrem schwach gebundenen Zustand 2 Der mittlere internukleare Abstand entspricht bei einem Trimer der mittleren Seitenlänge des durch die Zentren aufgespannten Dreiecks KAPITEL 2. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN 17 besitzen. Das Heliumdimer, dessen Grundzustand eine Bindungsenergie von nur 95 neV aufweist, erfüllt als Zweikörper-Untersystem des Trimers gerade diese Voraussetzung. Efimov zeigte, dass unter derartigen Bedingungen eine unendliche Anzahl schwach gebundener Zustände auftreten kann [Efi70]. Diese Zustände sind theoretischen Berechnungen zufolge aufgrund der Wesensart der Bindung extrem flexibel und können alle erdenklichen Dreiecksformen und sogar lineare Konfigurationen annehmen. Die Anzahl der resultierenden Efimov-Zustände ist dabei sehr sensitiv auf die Bindungsstärke der Zweikörper-Untersysteme. Nach aktuellen Rechnungen folgt aus dem Potential des Heliumdimers genau ein Efimov-Zustand des Trimers [ELG96]. 2.3 Ionisation Die Ionisation der Heliumdimere und -trimere erfolgt in Stoßprozessen mit langsamen hochgeladenen Argonionen. Bei ausreichend kleiner Projektilgeschwindigkeit können Elektronen aus dem Target von den Projektilionen eingefangen werden. Ein solcher Elektroneneinfang kann durch das klassische Over-Barrier Modell beschrieben werden, das im nächsten Abschnitt erläutert wird. Innerhalb dieses Modells sind unterschiedliche Prozesse vorstellbar, die nachfolgend aufgeführt werden. 2.3.1 Das Over-Barrier Modell Die Wechselwirkung von Projektil und Target wird in elastische oder inelastische Streuprozesse sowie Reaktionen unterteilt. Bei elastischer Streuung behalten beide Streupartner ihren Quantenzustand bei, lediglich ihre Geschwindigkeitsvektoren werden verändert. Bei inelastischer Streuung wird die interne Struktur von mindestens einem der beiden Stoßpartner verändert, was beispielsweise einer elektronischen Anregung entspricht. Entstehen bei der Wechselwirkung durch Ladungsaustausch oder Ionisation neue Teilchen, so spricht man von einer Reaktion. Die unterschiedlichen theoretischen Modelle, mit denen inelastische Streuungen und Reaktionen beschrieben werden können, unterscheiden sich in ihrem Gültigkeitsbereich, der von der Stoßenergie im Schwerpunktsystem abhängt. Hierfür ist das Verhältnis von Stoßgeschwindigkeit v zur Geschwindigkeit der Elektronen im Target v0 relevant. Bei niedrigen Energien, also kleinen Stoßgeschwindigkeiten v < v0 können sich die Targetelektronen auf den sich adiabatisch ändernden Zustand der Kernpotentiale des Targets und des Projektils einstellen. Dies ist die Voraussetzung für die Beschreibung des Stoßprozesses nach dem klassischen Over-Barrier Modell. Während der dadurch gegebenen, ausreichend langen Stoßzeit kann sich aus Target und Projektil kurzfristig ein sogenann- 18 2.3. IONISATION tes Quasimolekül bilden. Bei der anschließenden Vergrößerung des Abstandes beider Stoßpartner wird das Quasimolekül zerrissen. Dabei verbleibt ein Elektron, dessen Energie sich oberhalb der kurzzeitig abgesenkten Potentialbarriere zwischen den Stoßpartnern befindet, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit entweder beim Target oder beim Projektil. Diese Art von Ladungsaustausch wird Elektroneneinfang genannt, und ist dadurch charakterisiert, dass das Elektron beim Transfer nicht ins Kontinuum übergeht. Bei kleinen Stoßgeschwindigkeiten ist der Elektroneneinfang ein dominanter Prozess mit hohen Wirkungsquerschnitten im Bereich 10−16 cm2 [BJ03]. Abbildung 2.4: Schematischer Verlauf des Elektroneneinfangs im klassischen Over-BarrierModell. Von oben nach unten ist der zeitliche Verlauf der Annäherung der Potentiale, deren Überlapp und das Verbleiben des Elektrons im tieferen Potential skizziert. Modifizierte Darstellung nach [Neu10]. Der Vorgang des Elektroneneinfangs nach dem Over-Barrier Modell wird in Abbildung 2.4 schematisch dargestellt. Nähert sich das in diesem Beispiel hochgeladene Projektil dem neutralen Target an, so überlappen beide Potentialkurven, was in einer Absenkung der Potentialbarriere zwischen beiden Stoßpartnern resultiert. Ab einem kritischen Abstand Rc ist die Potentialbarriere soweit abgesunken, dass ihr Energielevel die Bindungsenergie des Elektrons im Target unterschreitet. Diese Überlagerung beider Potentiale kann in sämtlichen Ion-Atom Stößen angenommen werden, doch nur bei hinreichend langen Interaktionszeiten kann sich das Elektron auf das veränderte Potential einstellen. Sein Aufenthaltswahrscheinlichkeitsraum erstreckt sich für den kurzen Zeitraum des Vorbeifluges über das entstandene Quasimolekül. Mit dem anschließenden Entfernen KAPITEL 2. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN 19 der beiden Stoßpartner voneinander steigt auch die Potentialbarriere wieder an, und das Elektron verbleibt gemäß der Aufenthaltswahrscheinlichkeit entweder beim Target oder wird vom Projektil eingefangen. Beim Stoß eines hochgeladenen Projektilions mit einem neutralen Target ist die Einfangwahrscheinlichkeit nach Unterschreitung von Rc extrem hoch. Die kritischen Radien Rcm,q ab denen die Potentialbarriere weit genug abgesenkt wurde damit ein Elektroneneinfang des m-ten Targetelektrons stattfindet, berechnen sich nach [BAC+ 85] mit p Rcm 2 (q − m + 1)m + m = , Im (2.6) wobei q die Ladung des Projektilions und Im die Ionisationsenergie des m-ten Elektrons ist. Bei der Ionisation von Heliumdimeren handelt es sich nicht um Ion-Atom Stöße, sondern streng genommen um Ion-Molekül Stöße. Das Potential eines Dimer- oder Trimerpartners ist im Rahmen des Stoßprozesses allerdings nahezu identisch mit dem eines freien Heliumatoms, womit Modelle für den Ion-Atom Stoß problemlos übernommen werden können. Für die Einfachionisation von Helium beträgt die Ionisationsenergie I2 = 24, 59 eV, während das zweite, stärker gebundene Targetelektron eine Ionisationsenergie von I1 = 54, 42 eV besitzt [Nat11]. Mit diesen Energiewerten können die Einfangradien für verschiedene Ladungszustände des Projektils bestimmt werden. In Tabelle 2.1 sind die für die im nächsten Abschnitt beschriebenen Ionisationsprozesse relevanten Einfangradien aufgelistet. Rcm,n+ m=2 m=1 Ar8+ 10,49 3,33 Ar7+ 9,88 3,16 Ar6+ 9,21 2,95 Ar5+ 8,47 2,74 Ar4+ 7,63 2,5 Tabelle 2.1: Einfangradien für die Ionisation von Helium mit n-fach geladenen Argonionen in [a.u.]. Die erste Zeile beinhaltet die Radien Rc2,n+ für die Einfachionisation (m = 2), die zweite Zeile die Radien Rc1,n+ für die Zweifachionisation (m = 1). Der Index „n+“ steht hierbei für den Ladungszustand des ionisierenden Ions. 2.3.2 Ionisationsprozesse Innerhalb des Over-Barrier Modells sind unterschiedliche Prozesse denkbar, nach denen ein langsames hochgeladenes Projektilion mit kleinsten Heliumclustern wechselwirken kann. Auf seinem Weg durch die Reaktionszone spannt jedes Projektilion einen zylinderförmigen Bereich um seine Trajektorie auf, in dem der Elektroneneinfang möglich ist. Der Radius dieses Zylinders entspricht dem Einfangradius Rc , der nach Formel 2.6 20 2.3. IONISATION abhängig vom Ladungszustand des Projektils ist. Das Projektil kann an jedem Zentrum des Clusters null, ein oder zwei Elektronen einfangen. Qualitativ entstehen dadurch drei mögliche Reaktionsprozesse die im Folgenden erläutert werden. Abbildung 2.5: Schematische Darstellung des Einstufenprozesses. Eines der Dimerzentren liegt innerhalb des Einfangradius Rc1 für zweifachen Elektroneneinfang und wird entsprechend durch das Ar8+ Projektil ionisiert. Das zweite Zentrum ist außerhalb des Einfangradius Rc2 (links). Aufgrund des nun bestehenden Dipolmomentes zwischen dem zweifach geladenen Heliumion und dem neutralen Heliumatom nähern sie sich einander an (mitte). Unterschreiten sie einen kritischen Abstand erfolgt ein Ladungstransfer. Dadurch entstehen zwei einfach geladene Heliumionen, die sich aufgrund der Coulombkraft voneinander abstoßen (rechts). Einstufenprozess Bei Einstufenprozessen interagiert das Projektil nur mit einem Zentrum des Clusters. Dies geschieht, wenn nur ein Atomkern des Targets den kritischen Abstand Rc während der Interaktion mit dem Projektil unterschreitet, während sich alle weiteren Kerne außerhalb des Einfangradius befinden. In Abhängigkeit des Abstands der nächsten Annäherung von Projektil und Atomkern wird das Target nun ein- oder zweifach ionisiert. In Abbildung 2.5 ist der Einstufenprozess am Beispiel der Zweifachionisation eines Zentrums im Heliumdimer schematisch dargestellt. Fängt das Projektil zwei Targetelektronen eines Zentrums ein, so erfährt das zweite Zentrum eine attraktive Kraft aufgrund des entstandenen elektrischen Dipolmomentes. Folglich nähern sich die Zentren einander an bis bei einem internuklearen Abstand von etwa 1,5 Å ein Ladungstransfer stattfindet, also ein Elektron vom neutralen zum zweifach positiv geladenen Zentrum übergeht. Die KAPITEL 2. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN 21 überschüssige Energie wird in Form eines Photons emittiert. Im Endkanal dieser Reaktion stehen zwei einfach geladene Heliumionen, die sich gemäß der Coulombkraft abstoßen. Zweistufenprozess Als Zweistufenprozess sollen solche Prozesse bezeichnet werden, bei denen ein Heliumcluster nacheinander erst an einem und dann an einem zweiten Zentrum ionisiert wird. In Abbildung 2.6 ist dieser Vorgang schematisch dargestellt. Passiert das Projektilion einen Kern des Targets unterhalb des kritischen Abstandes Rc so fängt es ein oder zwei Targetelektronen ein. Nach einer Flugzeit ∆t kann das Projektil in Abhängigkeit der Lage des Moleküls zu dessen Flugbahn auch den zweiten Kern des Targets mit einem Stoßparameter b < Rc passieren, und ebenfalls ein oder zwei Elektronen einfangen. Für die Ionisation eines Heliumdimers ergeben sich damit drei mögliche Kanäle innerhalb des Zweistufenprozesses: Ar8+ + He2 −→ He1+ + He1+ + Ar6+ (2.7) Ar8+ + He2 −→ He2+ + He1+ + Ar5+ (2.8) Ar8+ + He2 −→ He2+ + He2+ + Ar4+ (2.9) Die Ionisation beider Dimerzentren ist also nur möglich, wenn sich das Dimer innerhalb des zylinderförmigen Bereichs mit Radius Rcm,n+ um die Projektilflugbahn befindet. Dabei ist zu beachten, dass sich der Einfangradius nach der Ionisation des ersten Zentrums gemäß der in Tabelle 2.1 aufgeführten Werte etwas verkleinert, da sich die Projektilladung verringert. Für die Ionisation des zweiten Zentrums ist der Bereich entsprechend reduziert. Unter der Annahme statistisch verteilter Ausrichtungen von Dimerachse zu Strahlachse korreliert der Anteil der Dimere, die vollständig innerhalb des Bereichs des Elektroneneinfangs liegen, mit dessen Radius. Je geringer der Einfangradius Rc ist, also je höher der Ionisationsgrad und je niedriger der Ladungszustand des Projektils (siehe Tabelle 2.1), desto geringer ist der Anteil der Dimere die vollständig im Ionisationsbereich liegen. Der maximale Winkel zwischen Projektil- und Molekülachse, bis zu dem eine Ionisation beider Zentren möglich wäre, ist mit sin φmax = 2Rc /r abhängig vom Einfangradius Rc und dem internuklearen Abstand r. Entsprechend ist die Wahrscheinlichkeit für eine Zweifachionisation eines oder beider Dimerzentren geringer als die der Einfachionisation, da die Ausrichtung der Dimerachse hier stärker eingeschränkt ist. Die Zeit ∆t, die zwischen der ersten und der zweiten Interaktion vergeht, ist abhängig 22 2.3. IONISATION von der Projektilgeschwindigkeit vP , dem internuklearen Abstand r des Dimers und dem Streuwinkel θ zwischen Dimer und Flugrichtung des Projektils. r cos θ v ∆t = (2.10) P Bei dieser Abschätzung wird angenommen, dass der Elektroneneinfang an der Stelle der nächsten Annäherung von Projektil zu Dimerzentrum eintritt. Bei einer Projektilgeschwindigkeit von vP = 0, 37 a.u. ergibt sich eine Zeit von ∆t = 0, 065 fs · r[a.u.] cos θ. Selbst bei sehr großen Heliumdimeren mit r = 200 Å liegt sie unter 25 fs. Aufgrund der Trägheit der 4 · 1836 a.u. schweren Heliumatome kann der Effekt eines attraktiven Dipolmomentes während dieser Zeit vernachlässigt werden. Nach der Ionisation verbleiben im Zweistufenprozess zwei im Abstand r voneinander entfernte Heliumionen, die sich gemäß der Coulombkraft abstoßen. Da ausschließlich die geladenen ionischen Fragmente detektiert werden, ist die Ionisation des Heliumdimers in zwei Stufen jedoch ununterscheidbar von der Ionisation eines Trimers an zwei seiner drei Zentren. Abbildung 2.6: Schematische Darstellung des Zweistufenprozesses. Das Ar8+ Projektil ionisiert das Dimer an beiden Zentren, wobei sich jeweils der Einfangradius Rc leicht verringert (links). Die zwei verbleibenden Heliumionen stoßen sich gemäß der Coulombkraft voneinander ab (rechts). Dreistufenprozess Als Dreistufenprozess soll der Prozess bezeichnet werden, bei dem ein Heliumtrimer an jedem Zentrum ionisiert wird. Dies geschieht, wenn sich das Trimer vollständig innerhalb des zylinderförmigen Bereichs um die Projektilflugbahn befindet, dessen Radius durch den Einfangradius Rc des Projektils gegeben ist. Abbildung 2.7 skizziert den Prozess, KAPITEL 2. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN 23 der durch folgende Reaktionsgleichung beschrieben wird: Ar8+ + He3 −→ He1+ + He1+ + He1+ + Ar5+ (2.11) Darüber hinaus sind auch Reaktionen denkbar, bei denen ein oder mehrere Trimerzentren zweifach statt einfach ionisiert werden. Im Folgenden wird aber nur auf den wahrscheinlichsten Fall des Dreistufenprozesses, nämlich der Einfachionisation jedes Zentrums, näher eingegangen. Nach der Ionisation des ersten Targetkerns verringert sich der Ladungszustand des Projektils, und der Einfangradius nimmt gemäß der Werte in Tabelle 2.1 ab. Ebenso wird er nach der Ionisation des zweiten Kerns etwas kleiner. Für die Ionisation des zweiten und dritten Zentrums gelten also die etwas kleineren Einfangradien von sieben- beziehungsweise sechsfach geladenem Argon. Die mittlere Länge der Dreiecksseiten des Trimers beträgt im Grundzustand hRi0 = 7, 88 Å [LSA+ 99]. Damit ist rein geometrisch die Möglichkeit gegeben, dass ein Projektil jeden Kern eines im Grundzustand befindlichen Trimers einfach ionisiert. Im theoretisch vorhergesagten, ersten angeregten Zustand des Trimers ist die mittlere Länge dessen Dreiecksseiten hRi1 weitaus größer als der doppelte Einfangradius eines Ar8+ -Ions. Damit ist ausgeschlossen, dass alle drei Zentren eines gleichseitigen Trimers im ersten angeregten Zustand per Elektroneneinfang durch die verwendeten Projektile ionisiert werden. Im Endkanal des erläuterten Dreistufenprozesses stehen drei einfach geladene Heliumionen. Ihre Abstände zueinander entsprechen zu Beginn der Coulombabstoßung denen der Kerne im gebundenen Trimer. Abbildung 2.7: Schematische Darstellung des Dreistufenprozesses. Das Ar8+ Projektil ionisiert das Trimer an jedem Zentrum. Bei jeder Ionisation verringert sich der Einfangradius Rc leicht (links). Die drei verbleibenden Heliumionen stoßen sich gemäß der Coulombkraft voneinander ab (rechts). 24 2.3. IONISATION 2.3.3 Coulomb-Explosion Im Endkanal der verschiedenen Prozesse stehen zwei oder drei Heliumionen, die einoder zweifach positiv geladen sind. Für zwei Ionen ist die Höhe des Coulombpotentials VC = 1 q1 q2 q1 q2 = a.u., 4π0 r r (2.12) auf dem sich die beiden Ionen zum Zeitpunkt der Ionisation befinden, abhängig von ihrem Abstand r und der Größe ihrer Ladungen q1 und q2 , mit 0 = 1 4π a.u. als elektri- scher Feldkonstante. Während der Abstoßung durch die wirkende Coulombkraft wird die potentielle Energie in kinetische Energie beider Ionen umgewandelt. Da die Abstoßung unter Einhaltung der Erhaltungssätze abläuft, werden sich die ionischen Fragmente in einem sogenannten „back-to-back“ Aufbruch, also unter einem Winkel von 180◦ , voneinander trennen. Für die freiwerdende kinetische Energie KER3 gilt KER = VC = q1 q2 a.u.. r (2.13) Für drei geladene Ionen ergibt sich das Coulombpotential aus der Superposition der drei Zweiteilchen-Coulombpotentiale 1 VC = 4π0 q1 q2 q1 q3 q2 q3 + + , r12 r13 r23 (2.14) wobei q1,2,3 die Ladungen der drei Teilchen, und r12 , r13 und r23 die Abstände zwischen ihnen sind. In atomaren Einheiten, und für q1 = q2 = q3 = 1 vereinfacht sich dies zu VC = 1 1 1 + + a.u.. r12 r13 r23 (2.15) Bei drei Teilchen ist der Winkel unter dem sie sich abstoßen nicht fest, sondern von ihrer anfänglichen räumlichen Konfiguration abhängig. Bei der Abstoßung erhalten die Ionen eine hohe Geschwindigkeit, weshalb bei dieser Fragmentierung von einer CoulombExplosion gesprochen wird. Der KER kann über die Messgrößen des Experimentes ermittelt werden. Mit Gleichung 2.13 folgt also aus jeder gemessenen Reaktion, bei der genau zwei Targetatome ionisiert werden, eine Momentaufnahme des internuklearen Abstandes der Moleküle zum Zeitpunkt der Ionisation. Der Ladungstransfer im Einstufenprozess (2.3.2) findet stets bei Unterschreitung des kritischen Radius Rc von 1,5 Å statt, ihm lässt sich also über Gleichung 2.13 ein KER von 9,6 eV zuordnen. Unter der Annahme, dass sich 3 von englisch: Kinetic Energy Release - freiwerdende kinetische Energie KAPITEL 2. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN 25 der internukleare Abstand im Zeitraum ∆t zwischen der ersten und zweiten Ionisation des Zweistufenprozesses nur unwesentlich ändert, kann aus der Betrachtung der KER-Verteilung dieses Prozesses die Verteilung der internuklearen Abstände des Heliumdimers im Grundzustand rekonstruiert werden. Dieses in der Literatur als Reflection Approximation bekannte Verfahren konnten bereits in verschiedenen Gebieten der Physik erfolgreich angewandt werden um die Grundzustandswellenfunktion kleiner Moleküle oder Dimere zu vermessen [VNK89, ERF+ 05]. Durch quantenmechanische Phänomene wie der Unschärferelation kann dieses klassische Verfahren jedoch zu fehlerhaften Berechnungen führen, was bereits 1928 von Condon erkannt wurde [Con28]. Dass Unterschiede zwischen der Reflection Approximation und einer exakt quantenmechanischen Rechnung auftreten, konnte bereits in einigen Systemen gezeigt werden. Diese, wenn auch geringen, Unterschiede sind beispielsweise in Systemen wie N2 , Xe2 und Br2 vorhanden [Gis73, Krü79, Lee85]. Auch im System des Heliumdimers He2 treten diese Unterschiede auf [Hav10]. Für eine quantenmechanische Beschreibung des Übergangs vom Potential des Grundzustandes auf das repulsive Coulombpotential muss die Überlagerung des Ausgangswellenfunktion Ψi mit der Endzustandswellenfunktion Ψf betrachtet werden. Bei der Reflection Approximation kann jedem Abstand r ein fester KER zugeordnet werden. In quantenmechanischer Betrachtung muss stattdessen über alle Beiträge des Überlapps Ψi (r)Ψf (r) integriert werden, was zu einer KER Verteilung P (KER) führt: Z 2 P (KER) = Ψi (r)Ψf (r) (2.16) Folglich existiert stets eine Verteilung von Abständen r, die zu einem bestimmten KER beitragen. Der klassisch zugeordnete internukleare Abstand, der in der Reflection Approximation den einzigen Beitrag bildet, stellt auch in der quantenmechanischen Betrachtung den Hauptbeitrag. 3 Aufbau des Experimentes Die Messung kleinster Heliumcluster wird mit einem crossed-beam-Experiment realisiert. Hierbei wird ein Gasstrahl, der aus den zu untersuchenden Teilchen besteht, mit einem Ionenstrahl gekreuzt. Im Kreuzungspunkt, oder besser im Kreuzungsvolumen, finden Ionisationsreaktionen statt, die mittels Impulsspektroskopie untersucht werden. In diesem Kapitel werden die Eigenschaften des Gasstrahls und des Ionenstrahls vorgestellt. Anschließend wird das Messprinzip und die Funktionsweise des Impulsspektrometers beschrieben. 3.1 Targetpräparation Edelgascluster können nur dann entstehen, wenn die relative kinetische Energie der sich einander annähernden Teilchen kleiner ist als die Bindungsenergie des resultierenden Clusters. Heliumdimere besitzen, wie in Abschnitt 2.2.1 beschrieben, eine Bindungsenergie von nur 95 neV. Die Bindungsenergien der beiden Zustände des Heliumtrimers betragen 126 mK und 2,3 mK. Die mittlere thermische Energie eines Atoms bei Zimmertemperatur beträgt Etherm = 3/2 kB T = 39 meV. Um also die Produktion von Heliumclustern in gasförmigem Helium zu ermöglichen, muss es abgekühlt werden. Durch die Abkühlung des Targetgases verringert sich auch der Eigenimpuls der untersuchten Atome. So wird damit gleichzeitig die für impulsspektroskopische Untersuchungen notwendige Bedingung erfüllt, dass der Eigenimpuls der untersuchten Atome vor der Reaktion deutlich kleiner ist als die in der Reaktion entstehenden Impulse. Die benötigte Abkühlung des Targetgases kann durch Ausnutzung einer adiabatischen Überschall-Expansion realisiert werden. Dazu muss das Gas aus einem Bereich höheren Druckes p0 bei einer Temperatur T0 durch eine kleine Öffnung in einen Bereich niedrigeren Druckes p1 expandieren. Hierbei entsteht hinter der Öffnung ein Bereich, in dem die Enthalpie des Gases, die sich aus der thermischen Energie und der Kompressionsenergie zusammensetzt, in kinetische Energie einer gerichteten Bewegung umgewandelt wird. Für ein ideales Gas aus Punktteilchen der Masse m, das in ein Volumen mit Druck p1 = 0 27 28 3.1. TARGETPRÄPARATION Abbildung 3.1: (links) Schematische Darstellung eines Gasjets, der sich bei der ÜberschallExpansion eines Gases bildet. In der Zone of Silence ist die interne Temperatur des Jets minimal, diese Eigenschaft soll für das Experiment genutzt werden. Das Bild (rechts) zeigt die Aufnahme eines N2 /N0 Jets, der durch einen ArF-Eximer Laser zum Leuchten angeregt wurde [Sch02]. strömt, gilt nach [Mil88] 3 1 mv 2 = kB T0 + kB T0 , 2 2 (3.1) wobei kB die Boltzmann-Konstante ist. Damit ergibt sich für die gerichtete Geschwindigkeit der Gasteilchen s vJet = 5kB T0 . m (3.2) In diesem idealisierten Fall haben alle Gasteilchen die gleiche Geschwindigkeit. Ihre Relativgeschwindigkeit konvergiert damit gegen Null, wodurch der Jet in longitudinaler Richtung unendlich kalt wird. Für ein reales Gas, das durch eine Düse strömt, gilt die Betrachtung der Überschall-Expansion nur näherungsweise. Da in der Expansionskammer kein perfektes Vakuum vorliegt, sondern ein endlicher Druck herrscht, ist der Bereich in dem sich die Gasteilchen nahezu ohne Stöße bewegen räumlich auf die sogenannte Zone of Silence begrenzt [Jah05]. In diesem Bereich, welcher in Abbildung 3.1 dargestellt ist, beträgt die interne Temperatur nur einige mK, und erfüllt damit die gewünschte Voraussetzung für Impulsspektroskopie. Mit einem sogenannten Skimmer 1 wird ein dünner Strahl aus der Zone of Silence herausgeschnitten, der mit dem Ionenstrahl zur Kreuzung gebracht. Damit wird gleichzeitig gewährleistet, dass der Gasstrahl scharf begrenzt ist, und somit ein wohldefiniertes Reaktionsvolumen entsteht. In Abbildung 3.2 wird das Jetsystem schematisch dargestellt. Das Heliumgas wird über 1 eine sehr scharfkantige, trichterförmige Blende KAPITEL 3. AUFBAU DES EXPERIMENTES 29 Abbildung 3.2: Schematische Darstellung des verwendeten Jetsystems. Gas expandiert unter hohem Druck aus der Düse in ein Vakuum. Der Skimmer schneidet aus der Zone of Silence den im Experiment benutzten Strahl heraus. Der Ar8+ -Ionenstrahl kreuzt den nach dem Skimmer scharf lokalisierten Gasstrahl. Der Anteil des Gasstrahls, der nicht reagiert, gelangt in den zweistufigen Jetdump und wird dort abgepumpt. Modifizierte Darstellung nach [Jah05]. ein Zuleitungssystem mit einem Druck von 3,8 bar zur Düse geleitet. Die Düse selbst wird mit flüssigem Helium auf eine Temperatur von 12 K abgekühlt. Dazu wird ein Kühlsystem mit Gegenheizung genutzt, welches für die Dauer des gesamten Experimentes eine konstante Temperatur gewährleistet. Das Targetgas expandiert durch eine 5 µm große Düse in die Expansionskammer, in der ein Druck von 2·10−5 mbar herrscht. Im Abstand von d ≈ 10 mm von der Düse befindet sich der Skimmer mit einem Durchmesser von 0,3 mm. Durch ihn gelangt das Gas in die Targetkammer und erreicht die D = 75 mm vom Skimmer entfernte Reaktionszone. Bei dieser Strahlführungsgeometrie entsteht ein Überlappvolumen des Gas- und Ionenstrahls von 0,5 mm x 0,5 mm x 3,0 mm. Durch die Expansion erhält das Gas eine Geschwindigkeit von vJet = 353, 2 m/s. Der Großteil der Teilchen passiert das Targetvolumen reaktionsfrei, und gelangt oberhalb des Spektrometers in den Jetdump. Um den Einfluss des Targetgases auf die Güte des Vakuums 30 3.1. TARGETPRÄPARATION so gering wie möglich zu halten, wird ein separat gepumpter, zweistufiger Jetdump verwendet. Abbildung 3.3: (links) Anteile verschiedener Clustergrößen im Gasjet einer 5 µm Düse bei 6 K, 12 K und 30 K als Funktion des Vordrucks p0 aus einer Messung von Bruch et al. [BST02]. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass die Messdaten der verschiedenen Temperaturen zusammengefasst werden können, indem der Dimer- bzw. 5/2 Trimeranteil gegen die Größe p0 /T0 aufgetragen wird (rechts). Vergleichend mit diesen Daten sind für die Parametern der Messung (T0 = 12 K, p0 = 3, 8 bar, 5/2 p0 /T0 = 7, 6 mbar/K5/2 ) ein Dimeranteil von etwa 1,5% und ein Trimeranteil von etwa 6% zu erwarten (grüne Linie). Die Produktion von Heliumclustern gelingt nur bei geeigneten Düseneigenschaften. Der Vordruck p0 und die Temperatur T0 an der Düse, sowie deren Durchmesser d0 müssen gewährleisten, dass sich die He-Atome nah genug kommen um die Van-der-Waals Bindung einzugehen. Da anschließende Stöße die eingegangene Bindung wieder zerstören würden, stellt auch die Menge des Restgases beziehungsweise die Güte des Vakuums in der Expansionskammer einen maßgeblicher Faktor für den Clusteranteil im Gasjet dar. Die Abhängigkeiten der Clusterbildung von den beschriebenen Faktoren sind in den KAPITEL 3. AUFBAU DES EXPERIMENTES 31 Messdaten von Bruch et al. aufgezeigt, die in Abbildung 3.3 dargestellt sind [BST02]. Demnach sind bei den verwendeten Düseneigenschaften ein Dimeranteil von 1,5% und ein Trimeranteil von 6% zu erwarten. 3.2 Ionenstrahlerzeugung Die hochgeladenen Ionen werden für das Experiment mit einer Elektron-ZyklotronResonanz-Ionenquelle (kurz EZR-Ionenquelle) erzeugt. Durch Anlegen eines elektrischen Feldes zwischen dem Plasma und einer Elektrode werden die Ionen aus der Quelle extrahiert und beschleunigt. Nachdem der gewünschte Ladungszustand der Ionen im Strahl von einem Analysiermagneten separiert wurde, kollimieren Blenden den Strahl auf eine geeignete Größe. 3.2.1 Funktionsweise der EZR-Ionenquelle In EZR-Ionenquellen erfolgt die Ionenerzeugung durch Stöße von Gasatomen oder molekülen mit freien Elektronen. Um den Elektronen die benötigte Energie zur Ionisation zu verleihen, werden sie mit Hochfrequenzfeldern nach dem Zyklotron-Resonanz-Prinzip beschleunigt. Dabei absorbieren die durch Magnetfelder eingeschlossenen freien Elektronen resonant elektromagnetische Wellen und nehmen kinetische Energie auf. Aufgrund des angelegten Magnetfeldes werden die Elektronen durch die Lorentzkraft auf Spiralbahnen gelenkt, und gyrieren demnach mit der Larmorfrequenz ωLarmor um die Magnetfeldlinien. Um eine resonante Absorption der Strahlung zu erhalten, wählt man für die Frequenz der eingespeisten Mikrowelle gerade die Larmorfrequenz. Die so beschleunigten Elektronen können nun über mehrere Stöße sukzessive höhergeladene Ionen erzeugen. Um hochgeladene Ionen aus dem entstehenden Plasma zu extrahieren wird ein elektrisches Feld genutzt. Dazu wird zwischen einer mit einem Loch versehenen Elektrode, der sogenannten Ziehelektrode, und der Plasmakammer eine Potentialdifferenz erzeugt, wodurch einzelne Ionen aus dem Plasma entweichen können. Die Ziehelektrode liegt, gemeinsam mit der gesamten Strahlführung, auf Erdpotential und die Plasmakammer in einem Hochspannungsterminal auf typischerweise 10-20 kV. Abbildung 3.4 zeigt schematisch einen Querschnitt durch die Plasmakammer mit Ziehelektrode. EZR-Ionenquellen haben ein vergleichsweise großes Plasmavolumen, wodurch hohe Strahlströme mit bis zu 250 µA erzielt werden können [Neu10, Hoh99]. In der EZR-Ionenquelle des Frankfurter Instituts für Kernphysik wird das Plasma mit einer Mikrowelle der Frequenz νHF = 14.5 GHz geheizt [RHS+ 98, SSS+ 96]. Die magnetische Induktion, die benötigt wird um die Elektronen im Plasma einzuschließen, ergibt 32 3.2. IONENSTRAHLERZEUGUNG Abbildung 3.4: Schematischer Aufbau der EZR-Ionenquelle: Das Plasma wird durch das Magnetfeld der Helmholtzspulen und des Hexapolmagneten in der Quellkammer eingeschlossen. Die eingestrahlte Mikrowelle der Frequenz νHF = 14, 5 GHz heizt das Plasma. Die entstehenden hochgeladenen Ionen werden mit der Ziehelektrode aus dem nach außen neutralen Plasma extrahiert [Neu10]. sich aus folgendem Zusammenhang zwischen Larmorfrequenz und Magnetfeld B: ωHV = ωLarmor = q ·B m (3.3) Im speziellen Fall gyrierender Elektronen ist die Ladung q = e und die Masse m = me . Um Elektronen im Plasma einzuschließen ist damit eine magnetische Induktion von 0,52 Tesla nötig. Der Plasmaeinschluss wird mit einem magnetischen Spiegel realisiert. Er setzt sich aus einem Helmholtzspulenpaar für den axialen, und einem Hexapolmagneten für den radialen Einschluss zusammen. Für die Erzeugung und Aufrechterhaltung hochgeladener Ionenstrahlen werden in EZR-Ionenquellen nur geringe Mengen des Arbeitsgases benötigt, dessen Einlass in die Quelle über ein spezielles Ventil dosierbar ist. Deshalb eignet sich diese Art der Ionenquelle vor allem zur Erzeugung von Ionenstrahlen aus seltenen, exotischen Elementen. 3.2.2 Strahlführung Durch die Extraktion der Ionen aus dem Plasma mittels einer hohen Spannung besteht der Ionenstrahl vorerst aus einem Gemisch unterschiedlicher Ladungszustände und Geschwindigkeiten. Zur Durchführung eines crossed-beam-Experimentes ist es jedoch wichtig definierte Strahleigenschaften zu erzeugen. So soll der Ionenstrahl aus Ionen ge- KAPITEL 3. AUFBAU DES EXPERIMENTES 33 nau eines Ladungszustandes und gleicher Geschwindigkeit bestehen, und zudem ein wohl definiertes Profil besitzen. Um die unterschiedlichen Ladungszustände zu trennen, wird der Ionenstrahl durch einen ~ wirAnalysiermagneten abgelenkt. Die Ablenkung erfolgt durch die im Magnetfeld B kende Lorentzkraft F~L ~ F~L = q · ~v × B, (3.4) die stets senkrecht zur Richtung der Geschwindigkeit ~v eines Teilchens mit Ladung q wirkt. Dieser Ablenkung wirkt die geschwindigkeitsabhängige Zentripetalkraft F~Z entgegen, wodurch der Radius r der Kreisbahn, auf dem die Teilchen der Masse m abgelenkt werden, definiert wird. m · v2 F~Z = =q·v·B r (3.5) Für diesen Bahnradius r gilt also m v r= · = q B s 2U m , B2 q (3.6) wobei die kinetische Energie Ekin = 12 mv 2 = q · U der Ionen, die durch die Spannung U beschleunigt wurden, nach der Geschwindigkeit v aufgelöst und eingesetzt wurde. Der Radius r der Kreisbahn eines Ions im Magnetfeld ist damit vom Verhältnis p m/q ab- hängig. Die Ionen können also nach ihrem Masse-zu-Ladungs Verhältnis m/q separiert werden. Auf diese Weise kann für das Experiment ein reiner Strahl aus achtfach positiv geladenen Argonionen erzeugt werden. Sie erhalten von der Ziehelektrode eine Energie von 3,2 keV/u, was einer Geschwindigkeit von 0,36 a.u. entspricht. Aufgrund der gegenseitigen Abstoßung der positiv geladenen Ionen im Strahl weitet sich dieser auf der 16 m langen Strecke von der Strahlextraktion bis zur Targetzone in radialer Richtung bezogen zur Strahlachse auf. Um dieser Divergenz entgegenzuwirken, wird der Strahl durch mehrere Einzellinsen fokussiert. Für geladene Teilchen bilden drei elektrisch voneinander isolierte Rohrsegmente, von denen das mittlere auf einem deutlich negativeren Potential liegt, eine solche Einzellinse. Ihre Wirkungsweise ist analog zu einer optischen Einzellinse, wobei die Brennweite hier durch Variation des Potentials des mittleren Rohrsegments variiert werden kann. Um den Argon-Ionenstrahl auf die gewünschte Größe zu begrenzen wird eine Reihe von Kollimatoren genutzt. Es befinden sich vier Sets von Kollimatoren in einem Abstand von 614 cm, 346 cm, 99 cm und 77 cm vor der Targetzone. Mit ihnen wird der Strahl auf einen möglichst kleinen Querschnitt begrenzt, da sich dessen Größe negativ auf die Impulsauflösung auswirkt, wie in Abschnitt 3.3.4 beschrieben. Gleichzeitig muss aber 34 3.2. IONENSTRAHLERZEUGUNG Abbildung 3.5: Schematische Darstellung der Strahlführung, modifiziert nach [Neu10]. Der Strahl wird durch mehrere Kollimatoren beschnitten. Vor der Reaktionszone wird der Projektilstrahl gereinigt, hinter der Reaktionszone werden Projektile mit unterschiedlichen Ladungszuständen separiert und gelangen auf den Projektildetektor. Der Ar8+ -Primärstrahl wird in einen Faradaycup unterhalb des Detektors gelenkt. ein ausreichend hoher Strahlstrom gewährleistet werden, um eine angemessene Reaktionsrate zu erzielen. Direkt hinter dem Analysiermagneten besteht der Strahl ausschließlich aus achtfach positiv geladenen Argonionen. Um von dort zum Reaktionsvolumen zu gelangen durchqueren die Ionen 14 m Strahlrohr, in dem ein Hochvakuum von 5 · 10−8 mbar herrscht. Durch Stöße mit dem Restgas können die Argonionen während sie diese Strecke passieren umgeladen werden. Der Ionenstrahl wird deshalb unmittelbar vor dem Spektrometer durch eine elektrostatische Ablenkeinheit gesäubert. Umgeladene Argonionen werden durch ein horizontales elektrisches Feld von dem Ar8+ -Primärstrahl getrennt, so dass sie nicht an der Reaktion teilnehmen. Direkt hinter dem Spektrometer werden die Argonionen, die die Targetzone passiert haben, ein durch ein zweites elektrostatisches Feld abgelenkt. Durch die Reaktion mit Heliumclustern oder -atomen können die Projektilionen in niedrigere Ladungszustände übergehen. Die unterschiedlichen Ladungszustände werden hier in vertikaler Richtung aufgespalten und somit auf dem Detektor getrennt abgebildet. Der Großteil der Projektile passiert das Spektrometer jedoch reaktionsfrei und behält entsprechend seinen achtfach positiv geladenen Zustand bei. Das Feld der analysierenden zweiten Ablenkeinheit wird nun gerade so eingestellt, dass der reaktionslose Teil des Strahls in einen FaradayBecher unterhalb des Projektildetektors abgelenkt wird, und Projektile mit niedrigeren Ladungszuständen auf den Detektor gelangen. Ein Faraday-Becher ist ein Metallzylinder, der auf konstanten Potential gehalten wird. Treffen Ionen in den Metallzylinder, wird deren Ladung durch Elektronen, die über einen angeschlossenen hochohmigen Widerstand von typischerweise 109 bis 1011 Ω in den Faraday-Becher zufließen oder abfließen KAPITEL 3. AUFBAU DES EXPERIMENTES 35 können, ausgeglichen. An dem Widerstand fällt dabei eine Spannung ab, die mit einem Spannungsmessgerät gemessen werden kann und somit ein Maß für den Ionenstrom ist. Weitere Faraday-Becher befinden sich an verschiedenen Stellen im Strahlrohr um die Lage des Strahls bezüglich der Strahlrohrmitte zu überprüfen. Die beschriebenen Elemente der Strahlführung sind in Abbildung 3.5 schematisch dargestellt. 3.3 Impulsspektroskopie In einem COLTRIMS-Experiment werden die geladenen Produkte einzelner Ionisationsereignisse koinzident nachgewiesen und ihre Impulse vermessen. Für derartige Experimente hat sich die Bezeichnung COLTRIMS etabliert, die als Abkürzung für COLd Target Recoil Ion Momentum Spectroscopy steht. Durch ein Spektrometer wird in einem definierten Raumbereich um das Targetvolumen herum ein homogenes, elektrisches Feld angelegt. Die in einer Reaktion erzeugten Ionen werden vom elektrischen Feld auf einen orts- und zeitauflösenden Detektor geführt. Aus den gemessenen Flugzeiten und den Auftrefforten auf dem Detektor können die Trajektorien der Teilchen im E-Feld rekonstruiert werden. Damit ist der Startimpuls, den die Teilchen aus der Reaktion erhalten haben, berechenbar. Ein großer Vorteil dieser Methode liegt darin, dass durch die Wahl geeigneter Spektrometermaße und ausreichender Feldstärke eine Raumwinkelakzeptanz von 4π erreicht werden kann. Das heißt alle in der Reaktion entstehenden Teilchen werden detektiert, unabhängig davon unter welchem Winkel sie im Laborsystem emittiert werden. Um ein optimales Messergebnis zu erhalten, kann dieses Messverfahren kann nun noch an das jeweilige Experiment angepasst werden. Die Impulsauflösung ist unter anderem durch die räumliche Ausdehnung des Reaktionsbereichs begrenzt. Um die hierdurch auftretende Unschärfe zu minimieren, kann der Bereich des Spektrometers über den das homogene elektrische Feld anliegt durch eine feldfreie Driftregion erweitert werden. Eine derartige Spektrometergeometrie ist erstmals im Zusammenhang mit einfachen Flugzeitexperimenten von Wiley und McLaren realisiert worden [WM55]. Durch die Wahl eines Längenverhältnisses des feldfreien und des felderfüllten Bereichs von 2:1 führen unterschiedliche Startorte entlang der Symmetrieachse des Spektrometers nicht mehr zu unterschiedlichen Flugzeiten. Ein so aufgebautes Spektrometer besitzt eine flugzeitfokussierende Geometrie. Die Ionisationswahrscheinlichkeit ist abhängig von den in Abschnitt 2.3.2 beschriebenen Einfangradien Rc2,1 . Die Zentren eines Dimers oder Trimers werden nur dann ein- oder 36 3.3. IMPULSSPEKTROSKOPIE zweifach ionisiert, wenn sie innerhalb einer durch Rc2,1 aufgespannten Röhre liegen. Vor allem für Dimere mit großem internuklearen Abstand r ist eine Ionisation beider Dimerzentren also am wahrscheinlichsten, wenn das Dimer entlang der Strahlachse ausgerichtet ist. Werden nun beide entstehenden Heliumionen von einem senkrecht zur Strahlachse gerichtetem E-Feld beschleunigt, und befindet sich der Detektor parallel zur Strahlachse, so landen beide Ionen gleichzeitig auf dem Detektor. Aufgrund der Totzeit des Detektors von etwa 20 ns können dann gerade diese häufigsten Ereignisse nicht nachgewiesen werden. Deshalb wird im hier beschriebenen Experiment das Spektrometer, und damit die Richtung des E-Feldes und des Recoildetektors, um 7◦ gegenüber der Strahlachse gedreht. Drehachse bildet dabei die Richtung des Gasjets. Für einen Startimpuls der Dimerzentren von p0 = 8, 64 a.u., der einem Aufbruch eines Dimers mit dem mittleren internuklearen Abstand von 52 Å entspricht, ergibt sich durch die Drehung um 7◦ eine Zeitdifferenz von 46 ns, sofern das Dimer exakt entlang der Strahlachse aufbricht. Selbst bei einem zur Strahlachse parallelen Aufbruch eines Dimers mit internuklearem Abstand von r = 200 Å, mit entsprechend geringerem Startimpuls, erreichen die Recoilionen den gedrehten Detektor unter einer Zeitdifferenz, die mit 23 ns oberhalb der Totzeit liegt. 3.3.1 Trajektorien im Spektrometer Das Spektrometer ist in zwei Abschnitte unterteilt. Im ersten Abschnitt befindet sich ein homogenes elektrisches Feld, der zweite Abschnitt ist feldfrei. Die Abschnitte bestehen aus einer Reihe paralleler Kupferplatten, die im konstanten Abstand zueinander stehen und in der Mitte ein kreisrundes Loch besitzen. Im ersten Abschnitt befinden sich gleiche Widerstände zwischen allen Platten, damit das Potential kontinuierlich abfällt und ein homogenes Feld entsteht. Im zweiten Abschnitt befinden sich alle Platten auf gleichem Potential. Die Bewegung eines geladenen Teilchens, das sich durch das Spektrometer bewegt, ist also aus einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung und einer gleichförmigen Bewegung ~ auf das zusammengesetzt. Im ersten Abschnitt wirkt die Coulombkraft F~C = q · E ~ das elektrische Feld ist. Es wirkt die Teilchen, wobei q die Ladung des Teilchens und E Beschleunigung ~a = ~ q·E m (3.7) auf das Teilchen der Masse m. Die Berechnung der Trajektorie eines Teilchens wird in die drei Komponenten des kartesischen Koordinatensystems zerlegt. Die Spektrometerachse definiere hierzu die x-Achse, so dass die beschleunigende Kraft nur in x-Richtung wirkt. KAPITEL 3. AUFBAU DES EXPERIMENTES 37 Abbildung 3.6: Abbildung des verwendeten Molekülspektrometers, modifizierte Version aus [Cza04]. Im Spektrometer kreuzt der Ionenstrahl (a) den He-Jet (c) in der Reaktionszone. Im ersten Abschnitt sa = 27,3 mm werden die ionischen Fragmente mit einem homogenen elektrischen Feld von 16,3 V/cm im Spektrometer (e) beschleunigt, driften anschließend durch eine feldfreie Strecke sd = 55,2 mm und werden dann von einem elektrischen Feld zwischen Spektrometer und Detektor von 3950 V/cm zum Detektor (d) beschleunigt. Das Spektrometer ist auf einer Bodenplatte (b) in der Experimentierkammer montiert. Damit gilt für die Bewegung entlang der Spektrometerachse 1 sa = at2a + v0x ta , 2 (3.8) wobei sa die Länge des Beschleunigungsabschnittes, ta die Zeit bis zum Erreichen der Driftstrecke und v0x die Anfangsgeschwindigkeit in x-Richtung ist. Nach Umformen ergibt sich für die Zeit, in der sich das Teilchen im ersten Abschnitt befindet v0 ta = − x ± a s v02x + 2sa a , a2 (3.9) wobei nur das positive Vorzeichen der Wurzel zu physikalisch möglichen Ergebnissen führt. Bei Verlassen der Beschleunigungsstrecke und Übergang in die Driftstrecke hat das Teilchen die Geschwindigkeit va erreicht, gegeben durch va = ata + v0x . Setzt man 38 3.3. IMPULSSPEKTROSKOPIE die Zeit bis zum Erreichen der Driftstrecke ta ein, so erhält man v0 va = a · − x + a s q v02x + 2sa a + v0x = v 2 + 2sa a. 0x a2 (3.10) Mit dieser Geschwindigkeit wird die Driftstrecke sd in einer Zeit von td = sd sd =q va v02x + 2sa a (3.11) durchquert. Zusammen ergeben die Flugzeit in der Beschleunigungsstrecke ta und die Flugzeit in der Driftstrecke td die Gesamtflugzeit tges = ta + td . Somit gilt: tges v0 =− x + a s v02x + 2sa a sd +q 2 a v02x + 2sa a (3.12) Mit der Näherung, dass die Anfangsgeschwindigkeit des Recoilions in Flugzeitrichtung v0x klein gegenüber der durch das beschleunigende E-Feld erzeugten Geschwindigkeit va ist, kann dieser Term vereinfacht werden zu tges v0 =− x + a r 2sa sd . +√ a 2sa a (3.13) Unter Verwendung einer Flugzeitfokussierung, also einer 2:1-Geometrie mit einer Driftstrecke, die doppelt so lang ist wie die Beschleunigungsstrecke sd = 2sa , vereinfacht sich die Beziehung zu tges v0 =− x +2 a r 2sa . a (3.14) Transversal zum elektrischen Feld wirkt keine Kraft auf das Recoilion. Während der Flugzeit tges ist dessen Bewegung in y- und z-Richtung also gleichförmig und nur durch die aus der Reaktion erhaltene Anfangsgeschwindigkeit v0y,z bestimmt. Innerhalb der Flugzeit werden die Ortskomponenten yf = v0y tges und zf = v0z tges erreicht. Das elektrische Feld wird nun so gewählt, dass die bei der Reaktion entstehenden Impulse beziehungsweise Anfangsgeschwindigkeiten auf dem Recoildetektor abgebildet werden können. Der Detektor hat einen Durchmesser von 80 mm und ist so positioniert, dass sein Mittelpunkt auf der Spektrometerachse liegt. Das verwendete Spektrometer besitzt eine Beschleunigungsstrecke sa von 27,3 mm und eine Driftstrecke sd von 55,2 mm. Die in Kapitel 2.3 erläuterten Prozesse, die bei der Interaktion langsamer, hochgeladener Pro- KAPITEL 3. AUFBAU DES EXPERIMENTES 39 jektile erwartet werden, besitzen freiwerdende kinetische Energien von unter 10 eV, die unter beiden Recoilionen aufgeteilt werden. Ein Heliumion mit einer kinetischen Energie von 5 eV besitzt einen Impuls von 51,95 a.u.. Aus den Auftrefforten beziehungsweise der Flugzeit können die Startgeschwindigkeitskomponenten ermittelt werden: v0x √ 2 2sa a − atges yf tges zf tges v0 = y v0z (3.15) Folglich sind die Impulskomponenten der Recoilionen zum Zeitpunkt der Reaktion: p0x √ m 2 2sa a − atges p0 = y p0z y f m tges zf m tges (3.16) Mit Gleichung 3.7 ergibt sich: p0x q ~ ~ 2 2sa q Em − q Etges p0 = y p0z y f m tges zf m tges (3.17) Die größte Auslenkung auf dem Detektor entsteht näherungsweise dann, wenn die Richtung der Startgeschwindigkeit beziehungsweise des Startimpulses des Recoilions parallel zur Detektorebene ist, v0x also Null ist. Damit kann die Mindestgröße für das elektrische Feld bestimmt werden, die einzustellen ist um alle Impulse bis zu einer maximalen Größe auf dem Recoildetektor abbilden zu können. Mit v0x = 0 gilt für das elektrische Feld E=8 sa p20 · 2, mq rD (3.18) wobei rD der Radius bezogen auf den Detektormittelpunkt ist, auf dem Teilchen mit einem zur Detektorebene parallelen Startimpuls von p0 landen. Um Recoilionen mit einem Startimpuls von p0 = 51, 95 a.u. auf dem im nächsten Abschnitt 3.3.2 beschriebenen Detektor der Größe rD = 40 mm abzubilden, wird ein elektrisches Feld von mindestens E = 13, 73 V/cm benötigt. Für die Messung wurde ein Feld von E = 16, 3 V/cm eingestellt. 40 3.3. IMPULSSPEKTROSKOPIE In Tabelle 3.1 ist eine Auswahl wichtiger Kenngrößen des verwendeten Aufbaus aufgeführt. Driftstrecke sd Beschleunigungsstrecke sa Feldstärke E Flugzeit von He+ Zuordnung: Impuls / Auslenkung Zuordnung: Impuls / Flugzeit 4π Raumwinkel detektierbar bis zu KER von Ekin,Recoil = 1 eV entspricht Auslenkung ∆x von Ekin,Recoil = 1 eV entspricht Flugzeitdifferenz ∆t von 55,2 mm 27,3 mm 16,3 V/cm 2380 ns 1,41 a.u./mm 0,13 a.u./ns 11,4 eV 16,5 mm 177,5 ns Tabelle 3.1: Kenngrößen des verwendeten Aufbaus. 3.3.2 Teilchendetektion Die im vorigen Abschnitt beschriebene Messmethode stellt an die Detektoren die Anforderung sowohl den Auftreffort als auch die Flugzeit einzelner Ionen messen zu können. Damit ein einzelnes auf dem Detektor auftreffendes geladenes Teilchen überhaupt ein messbares Signal erzeugt, muss sein Impuls verstärkt werden. Dazu werden Vielkanalplatten (MCP 2 ) genutzt, die die vordere Schicht des Detektors bilden. Ein MCP besteht aus einer etwa 1 mm dünnen Glasplatte, die von vielen feinen Kanälen durchsetzt ist. Die Kanäle haben einen Durchmesser von 5 bis 25 µm, und durchziehen die Glasplatte nicht senkrecht, sondern unter einem leichten Winkel. Die offene Fläche des MCP liegt bei etwa 50%. Trifft ein Teilchen auf das MCP, beziehungsweise an die Wand eines Kanals im MCP, so werden Sekundärelektronen ausgelöst. Dazu ist das MCP mit einem Material beschichtet, das eine sehr niedrige Auslösearbeit für Elektronen besitzt. Zwischen Vorderund Rückseite liegt eine Spannung an, die dafür sorgt, dass die ausgelösten Elektronen zur Rückseite des MCP hin beschleunigt werden. Stoßen sie dabei an die Kanalwand werden erneut Sekundärelektronen ausgelöst und es entsteht eine Elektronenlawine, die das MCP auf der Rückseite verlässt (siehe Abbildung 3.7). Der Verstärkungsfaktor eines MCP liegt bei etwa 103 . Durch Einsatz von zwei oder drei MCP können Verstärkungsfaktoren von mehr als 106 erreicht werden. Dabei werden die MCP in der Weise plan aufeinander gelegt, dass die Kanäle der zweiten Platte nicht in die gleiche Richtung wie die der ersten Platte geneigt sind. Dadurch wird verhindert, dass geladene Teilchen stoß2 MCP steht als Abkürzung für „multi channel plate“ KAPITEL 3. AUFBAU DES EXPERIMENTES 41 Abbildung 3.7: Schematische Darstellung eines MCP [Ach99]. In den Kanälen (Channels) wird durch Anlegen einer Spannung zwischen Vorder- und Rückseite der Platte ein elektrisches Feld aufgebaut. Trifft ein Teilchen auf die Oberfläche eines Kanals, kann es dort Sekundärelektronen auslösen. Durch weitere Stöße mit der Innenwand des Kanals entsteht so eine Elektronenlawine auf der Rückseite des MCP. frei aus der Vorderseite des MCP austreten, was bei längeren geraden Kanälen möglich wäre. Aufgrund der Anordnung der Kanäle zueinander wird bei Verwendung von zwei MCP von der Chevron-Anordnung, und bei drei MCP vom Z-Stack gesprochen. Hinter den Vielkanalplatten befindet sich die Delayline-Anode, wie in Abbildung 3.8 dargestellt. Die Delayline-Anode wird von zwei oder drei Drahtebenen gebildet, die berührungsfrei übereinander liegen. Besteht sie aus zwei Ebenen so werden diese in einem Winkel von 90◦ zueinander montiert und aufgrund der quadratischen Form Quad-Anode genannt. Werden drei Drahtebenen verwendet so wird ein Winkel von jeweils 60◦ gewählt. Das führt zu einer sechseckigen Form, weswegen diese Ausführung des Detektors hexagonale Anode oder kurz Hex-Anode genannt wird. Jede Drahtebene wird durch einen Kupferdraht gebildet, der auf einen Keramikrahmen aufgewickelt ist. Die Elektronenlawine aus dem MCP-Stack trifft nun auf die Anode und induziert in den Wicklungsdrähten einen elektrischen Puls, der sich in beide Richtungen jedes getroffenen Drahtes ausbreitet. In Abhängigkeit des Auftreffortes benötigt der Puls unterschiedlich viel Zeit zum Erreichen des einen und des anderen Drahtendes. Aus der Laufzeitdifferenz kann somit der Auftreffort des Elementarteilchens bestimmt werden. Bei Verwendung einer Quad-Anode kann aus jeder Drahtebene je eine Auftreff-Koordinate des Teilchens berechnet werden. Durch die drei Ebenen der Hex-Anode ist der Auftreffort überbestimmt. Nachdem die drei Drahtebenen aufeinander geeicht wurden, besteht hier der Vorteil fehlende Pulse kompensieren zu können. Des Weiteren ist die Nachweisfähigkeit 42 3.3. IMPULSSPEKTROSKOPIE Abbildung 3.8: (links) Darstellung des MCP, montiert auf die Delayline-Anode. (rechts) Schematische Darstellung einer Elektronenwolke, die vom MCP ausgehend auf die Drähte der Anode auftrifft [Cza04]. Aus der Laufzeit der dadurch ausgelösten Pulse kann der Auftreffort rekonstruiert werden. für zwei kurz nacheinander auftreffende Teilchen verbessert. Ein Puls, der auf einem Draht entlangläuft, wird aufgrund von Dispersion schnell unbrauchbar. Deshalb wird statt einem Einzeldraht ein Drahtpaar auf den Rahmen gewickelt, das eine Lecherleitung bildet [San09]. Die Übertragungseigenschaft für den Puls auf der Delayline wird damit entscheidend verbessert. Des Weiteren können Störsignale unterdrückt werden, indem einer der beiden Drähte im Bezug auf das MCP auf ein etwas niedrigeres Potential gesetzt wird als der andere. Die Elektronenlawine induziert den Puls dann bevorzugt auf diesem Draht. Die meisten externen Störungen induzieren in beiden Drähten gleichermaßen einen Puls. Durch Bilden der Signaldifferenz der beiden Drähte können Störungen herausgefiltert werden, ohne die Signalpulse der gemessenen Teilchen zu verlieren. Ein Puls, der durch eine Elektronenlawine vom MCP erzeugt wird besitzt nach der Verarbeitungselektronik eine Breite von etwa 10 ns. Am gleichen Ort kann also frühestens nach 10 ns ein weiterer Hit3 nachgewiesen werden, ohne dass dessen Puls mit dem des vorangegangenen verschmilzt. Somit entsteht eine vom Auftreffort des ersten Recoils abhängige Totzeit für das zweite Recoil. Bedingung für den Nachweis eines zweiten Teilchens ist, dass das erste Teilchen auf mindestens zwei Anodendrähten nicht innerhalb der Totzeit der Aufnahmeelektronik aufgetroffen ist. Diese Abhängigkeit ist in Darstellung 3.9 unten gezeigt, wobei vergleichend der Unterschied der Mehrteilchennachweiseffizienz einer Hex-Anode und einer Quad-Anode zu erkennen ist. Das erste Teilchen trifft in der Mitte des Bildes auf. Ein weiteres Teilchen kann nur im grünen Bereich nachgewiesen 3 Hit: von engl. „Treffer“, steht für das Auftreffen eines Teilchens auf einem Detektor KAPITEL 3. AUFBAU DES EXPERIMENTES 43 Abbildung 3.9: Nachweisfähigkeit eines hexagonalen (oben) und eines quadratischen (oben) Delaylinedetektors für zwei kurz nacheinander auftreffende Teilchen. Das erste Teilchen trifft in der Mitte des Bildes auf. Die Farbkodierung zeigt die Nachweiseffizienz für ein zweites Teilchen, das nach einer Zeit von ∆t = 0 ns (links) und ∆t = 8 ns (rechts) auftrifft [Jah05]. werden [Jah05]. Bei einem hexagonalen Detektor kann ein zweites Teilchen nur dann nicht nachgewiesen werden, wenn es sowohl zur gleichen Zeit als auch am gleichen Ort wie das erste Teilchen auftrifft. Diese Art von Detektoren erfüllt die vom Experiment gestellten Anforderungen sehr schnell aufeinander folgende Ereignisse nachweisen zu können. Hierbei sind Detektortotzeiten von unter 20 ns realisierbar. Für ausreichende Differenzen im Auftreffort der Recoilionen können selbst simultane Ereignisse nachgewiesen werden. Die Detektoren erreichen eine Ortsauflösung von weniger als 0,3 mm und eine Zeitauflösung von etwa 1 ns. Da es wie bereits beschrieben erforderlich ist, auch mehrere Recoilionen in sehr geringem zeitlichen Abstand messen zu können, wird für den Nachweis der Recoilionen im Experiment eine Hex-Anode eingesetzt. Um die Mehrteilchennachweiseffizienz im kritischen Bereich noch weiter zu erhöhen, wird zusätzlich die in Abschnitt 3.3 erläuterte Drehung des Recoildetektors vorgenommen. Da je Ereignis nur ein Projektilion zu erwarten ist, wird für deren Nachweis eine Quad-Anode verwendet. 44 3.3. IMPULSSPEKTROSKOPIE 3.3.3 Datenerfassung Um eine exakte Zeitmessung zu gewährleisten werden die analogen Signale von MCP und Delayline-Anode digitalisiert. Ein Fast Amplifier (FA) verstärkt die vom Detektor kommenden Signale, ohne dabei ihre Form und Breite zu verändern. Da die Signale unterschiedlich hoch sind und damit ihre Flanken unterschiedlich stark ansteigen, gibt das Überschreiten einer gewissen Schwelle keinen vergleichbaren Zeitpunkt um ein analoges in ein digitales Signal umzuwandeln (siehe Abbildung 3.10). Stattdessen kann unter der Annahme gleich breiter Signale ein Constant Fraction Diskriminator (CFD) zur Digitalisierung verwendet werden. Der CFD erzeugt ein zum Ausgangssignal invertiertes Signal, welches dem ursprünglichen Signal nachgestellt wird. Das Digitalsignal kann nun beim Nulldurchgang zwischen beiden Signalen erzeugt werden, der unabhängig von der Signalhöhe immer die gleiche Lage hat. Eine genaue Beschreibung der Funktionsweise eines CFD findet sich auf [Gmb]. Ein Time-to-Digital-Converter (TDC) registriert die Zeitpunkte, zu denen die Signale eintreffen. Die Zeitpunkte werden dabei relativ zum Eintreffen eines Triggersignals gemessen. Als Trigger wird während der Datenaufnahme das MCP-Signal jedes Recoilions verwendet. Erzeugt ein Recoilion ein Signal, wird ein 12 µs langes Zeitfenster geöffnet. Alle weiteren Signale die innerhalb dieses Fensters auf dem Recoil- oder Projektildetektor erzeugt werden, werden zu einem Ereignis zusammengefasst. Da das zu einer Reaktion gehörende Projektil den Projektildetektor schneller erreichen kann, als das triggernde Recoilion den Recoildetektor, wird das Projektilsignal um etwa 7 µs verzögert. Damit wird auch das Projektilsignal in das geöffnete Zeitfenster verschoben, jeder Reaktion also das richtige Projektilsignal zugeordnet. Abbildung 3.10: Schematische Darstellung des Constant Fraction Prinzips aus [Wik11]. Vergleich von Schwellwertauslösung (links) und Constant-Fraction-Auslösung (rechts). KAPITEL 3. AUFBAU DES EXPERIMENTES 45 3.3.4 Auflösung Die Auflösung ist die Fähigkeit eines Messgeräts, physikalische Größen gleicher Dimension von einander getrennt darstellen zu können. Die Auflösung gibt also den kleinsten darstellbaren Unterschied an. Über die Messung von Zeiten oder Orten werden die Impulskomponenten einzelner Teilchen bestimmt. Wie detailliert Impulsunterschiede gemessen werden können, hängt also von der Orts- und der Flugzeitunschärfe des Experimentes ab. Für die Messung der Recoilionen ist das Auflösevermögen in y- und z-Richtung des Messsystems abhängig von der Ortsunschärfe, und das der x-Richtung abhängig von der Flugzeitunschärfe. Die Auflösung des Ortes ist durch die Größe der Maschen des Metallgitters im Spektrometer ∆yGitter = 0, 14 mm und die Nicht-Linearität des HEX-Anoden Detektors ∆yAnode = 0, 3 mm limitiert [Neu10]. Außerdem muss die Unschärfe des Startortes in der Reaktionszone ∆yT arget = 0, 5 mm berücksichtigt werden. Damit ergibt sich die Ortsunschärfe in y-Richtung von: ∆yRecoil = q 2 2 ∆yT2 arget + ∆yAnode + ∆yGitter = 0, 6 mm (3.19) Maschenweite und Nicht-Linearität haben in z-Richtung die gleichen Werte. Hier ist die Größe der Reaktionszone jedoch durch die Aufweitung des Gasstrahls von Skimmer bis zur Targetzone begrenzt und beträgt ∆zT arget ≈ 3 mm: ∆zRecoil = q 2 2 ∆zT2 arget + ∆zAnode + ∆zGitter = 3, 02 mm (3.20) Die Ablenkung in einer Richtung ist näherungsweise linear vom Startimpuls in dieser Richtung abhängig, mit py0 = 1, 41 [a.u./mm]·y [mm]. Eine Ortsunschärfe von ∆yRecoil = 0, 6 mm entspricht damit einer Impulsunschärfe von ∆py,Recoil = 0, 85 a.u.. In z-Richtung ergibt sich eine Impulsunschärfe von ∆pz,Recoil = 4, 26 a.u.. Die zeitliche Auflösung des MCPs ∆tM CP von 0,2 ns und die Durchflugszeit des Projektils durch die Reaktionszone ∆tT arget = 3, 84 ns limitieren die Auflösung in Flugzeitrich~ ~ ist a = q|E | . tung. Die Beschleunigung der ionischen Fragmente im elektrischen Feld E m Damit folgt für die Impulse in Flugzeitrichtung ~ pt = tges · q E , (3.21) und für die Impulsauflösung in Flugzeitrichtung ergibt sich ∆pt = q ~ ∆t2T arget + ∆t2M CP · q E = 0, 5 a.u. (3.22) 46 3.3. IMPULSSPEKTROSKOPIE Diese Auflösungen beziehen sich auf das in Abschnitt 4.1 beschriebene Messsystem, dessen x- und z-Achse durch die Lage des Detektors bestimmt ist. Da der Detektor und damit das Messsystem um α = 7◦ gegenüber dem Analysesystem gedreht ist, berechnen sich die x- und z-Impulskomponenten des Analysesystems durch Anwendung einer Drehmatrix auf die Impulskomponenten im Messsystem (Siehe dazu Formel 4.3). Angemerkt sei jedoch, dass aufgrund des kleinen Winkels α für die x-Impulskomponente die Flugzeit und für die z-Komponente der Auftreffort in z-Richtung maßgeblich sind. Die y-Impulskomponente der Recoilionen wird über den Auftreffort in y-Richtung auf dem Recoildetektor bestimmt. Sie ist in beiden Systemen identisch. Für die Impulsauflösung in x- und z-Richtung wird nun die Auflösung in Flugzeitrichtung und in z 0 -Richtung berücksichtigt: ∆px,Recoil = q (cos(7◦ ) · pt )2 + (sin(7◦ ) · pz 0 ,Recoil )2 = 0, 72 a.u. (3.23) ∆pz,Recoil = q (sin(7◦ ) · pt )2 + (cos(7◦ ) · pz 0 ,Recoil )2 = 4, 23 a.u. (3.24) Die Impulsauflösung der Projektile in x- und y-Richtung wird von der Unsicherheit im Ort bestimmt. Hier trägt zum einen die Ortsauflösung der Anode xAnode von 0,3 mm und zum anderen die Divergenz des Ionenstrahls bei [Neu10]. Diese beträgt nach der letzten Kollimierung auf ca. 0,3 x 0,3 mm etwa 0,8 mrad. Über den Strahlensatz führt diese Divergenz auf dem 2,77 m entfernten Schirm zu einer Abbildung der Größe 2,4 x 2,4 mm und liefert damit den Hauptbeitrag zum Auflösevermögen. Die Ortsauflösung in x- und y-Richtung beträgt damit: ∆xP rojektil = ∆yP rojektil = q ∆x2Divergenz + ∆x2Anode = 2, 45 mm (3.25) Auch hier kann über die Abhängigkeit des berechneten Impulses von Auftreffort des Projektils die Ortsauflösung in eine Impulsauflösung übersetzt werden. Aus einfachen geometrischen Überlegungen ergibt sich als Umrechnungskonstante Ca.u./mm = pz 1 a.u. 4156 a.u. a.u. px = = = = 1, 5 , x z x 2770 mm mm (3.26) wobei px und pz die Impulskomponenten des Projektils in x- und z-Richtung, z der Abstand von Reaktionsort zum Detektor und x die zu einem px -Impuls von 1 a.u. zugehörige Auslenkung sind. Eine Ortsauflösung von 2,45 mm entspricht damit einer Impulsauflö- KAPITEL 3. AUFBAU DES EXPERIMENTES 47 sung von 3,67 a.u., sowohl in x- als auch in y-Richtung. Da für die nachfolgende Auswertung der Relativimpuls von Bedeutung ist, soll die Fehlerfortpflanzung von den Impulsen auf den Relativimpuls betrachtet werden. Für den Relativimpuls zweier Teilchen, der unabhängig von deren Schwerpunktsimpuls ist, gilt p~rel = p~2 − p~1 , 2 (3.27) wobei p~1,2 der Impulsvektor des ersten beziehungsweise zweiten Teilchens ist. Zur Fehlerfortpflanzung werden die bestehenden Fehler in zwei Kategorien eingeteilt. Bei der Maschengröße ∆yGitter = 0, 14 mm, der Nicht-Linearität des Detektors ∆yAnode = 0, 3 mm und der zeitlichen Auflösung des MCPs ∆tM CP = 0, 2 ns handelt es sich um Unsicherheiten, die mit Hilfe der Gaußschen Fehlerfortpflanzung behandelt werden können. Damit folgt eine Unschärfe der x-Komponente des Relativimpulses ∆prelx von 0,02 a.u. und eine Unschärfe der y- und z-Komponenten von ∆prely = ∆prelz = 0, 34 a.u.. Dagegen verfälschen die Ungenauigkeiten in Startort und Startflugzeit, die aus der Ausdehnung der Targetzone resultieren, beide in die Berechnung eingehenden Impulse mit gleichem Vorzeichen. Der Fehler im Startort hebt sich also durch die Differenzbildung bei der Berechnung des Relativimpulses teilweise auf, der Fehler in der Startflugzeit kompensiert sich sogar vollständig. Während die Ausdehnung der Targetzone den größten Beitrag zu dem Fehler der Einzelimpulskomponenten verursacht, folgt durch deren Einfluss ein relativer Fehler des Relativimpulses von nur ∆prel /prel = 0, 71 %. Da der KER von der 2. Potenz der Relativimpulse abhängt, ergibt sich aus der Startortungenauigkeit ein relativer Fehler des KERs von ∆KER/KER = 1, 41 %. 4 Auswertung und Interpretation Die Ionisationsereignisse wurden im Experiment durch die Aufzeichnung der Flugzeitdifferenzen zwischen den detektierten Teilchen und der Laufzeitdifferenzen der Anodensignale festgehalten. Aus diesen im Listmode-Format gespeicherten Zeitdifferenzen können die absoluten Flugzeiten und die Auftrefforte der Teilchen auf dem Detektor berechnet werden. Wie in Abschnitt 3.3.1 beschrieben, werden daraus die Impulsvektoren jedes detektierten Teilchens bestimmt. In diesem Kapitel soll die Auswertung und die Interpretation der Rohdaten beschrieben werden. Zuvor wird auf die Kalibrierung des Messsystems eingegangen. 4.1 Koordinatensystem Das für die Auswertung verwendete kartesische Koordinatensystem unterscheidet sich vom Messsystem, das in Abschnitt 3.3.1 für die Erläuterung der Teilchentrajektorien genutzt wurde (siehe Abbildung 4.1). Im Messsystem war die x-Achse durch die Symmetrieachse des Spektrometers, und damit des elektrischen Feldes, definiert, wobei diese Komponente allein durch die Flugzeit bestimmt ist. Die dazu senkrecht liegende Detektorebene spannt die yz-Ebene auf, wobei die y-Achse durch die Richtung des Heliumjets definiert ist. Die Komponenten dieser Richtungen werden im Experiment allein durch den Auftreffort bestimmt. Es ist zu erwarten, dass die Ionisationswahrscheinlichkeiten der unterschiedlichen Prozesse auf Grundlage des Over-Barrier-Modells (siehe Abschnitt 2.3.1) rotationssymmetrisch um die Strahlachse sind, sofern die Jet-Geschwindigkeit vernachlässigt wird. Deshalb soll in der Offlineanalyse nun ein System verwendet werden, bei dem die Richtung des Ionenstrahls die z-Achse definiert. Die Richtung des Gasjets bestimmt weiterhin die y-Achse. Die Umrechnung der Impulse vom Messsystem ins Analysesystem besteht in einer einfachen Koordinatentransformation, die einer Drehung um den Winkel α um die y-Achse 49 50 4.2. KALIBRIERUNG entspricht. x = x0 cos(α) − z 0 sin(α) y=y 0 0 (4.1) (4.2) 0 z = z cos(α) + x sin(α) (4.3) Der Winkel α ist hierbei gerade der Winkel, um den der Detektor zur Verringerung des Totzeitproblems gegen die Strahlachse verdreht wurde. Abbildung 4.1: Die x’- und die z’-Achse kennzeichnen das Messsystem. Zur Auswertung der Impulse wird ein um 7◦ gedrehtes System genutzt, dessen z-Achse durch die Projektilachse bestimmt ist. 4.2 Kalibrierung Um die Impulse aller detektierten Ionen exakt bestimmen zu können, müssen alle in die Berechnung eingehenden Größen möglichst genau bekannt sein. Der erste Schritt ist hierbei die Umrechnung der Flugzeitdifferenzen und Laufzeitdifferenzen in absolute Flugzeiten und Auftrefforte. Dazu muss der Nullpunkt der Flugzeit t0 , sowie die Umrech- KAPITEL 4. AUSWERTUNG UND INTERPRETATION 51 nungsfaktoren zwischen Signallaufzeit und Auftreffort für jeden Anodenlayer1 bestimmt werden. Nachdem sichergestellt ist, dass der Detektormittelpunkt genau auf der durch den Reaktionsort definierten x-Achse liegt, werden das elektrische Feld und die Spektrometerabmessungen kalibriert. Der Auftreffort auf dem Detektor wird, wie in Abschnitt 3.3.2 beschrieben, aus der Laufzeitdifferenz t2 − t1 der Anodensignale bestimmt. x = cx · (tx2 − tx1 ) und y = cy · (ty2 − ty1 ) (4.4) Die Umrechnungsfaktoren von Nanosekunden in Millimeter cx und cy werden bestimmt, indem die bekannte Größe des voll ausgeleuchteten Detektors von 80 mm durch die maximale Laufzeitdifferenz eines Layers geteilt wird. Für die Quadanode des Projektildetektors folgen Werte von cx = 0, 534 mm/ns und cy = 0, 474 mm/ns. Der Auftreffort der Rückstoßionen wird von einer HEX-Anode mit drei Anodenlayern bestimmt, die mit u, v und w bezeichnet werden. Damit ist der Auftreffort überbestimmt, und es ist möglich, dass die Orte die mit zwei der Drahtlagen bestimmt werden nicht mit dem Ort auf der dritten Drahtlage übereinstimmt. Durch Addition eines Offsets w0 auf die dritte Drahtlage kann die Übereinstimmung aller drei Lagen erreicht werden. u = cu · (tu2 − tu1 ) (4.5) v = cv · (tv2 − tv1 ) (4.6) w = cw · (tw2 − tw1 + w0 ) (4.7) Zur Bestimmung der Umrechnungsfaktoren einer HEX-Anode gibt es eine weitere Methode, die in [JWO+ 04] genau beschrieben wird. Hierbei wird der Umrechnungsfaktor des uLayers auf einen Erfahrungswert gesetzt, und dann die beiden verbleibenden Faktoren so variiert, dass die jeweils aus zwei Layern berechneten Detektororte für alle drei möglichen Kombinationen uv, uw und vw am besten übereinstimmen. Hiernach werden die Umrechnungsfaktoren zu cu = 0, 34 mm/ns, cv = 0, 32325 mm/ns und cw = 0, 317 mm/ns bestimmt, und das Offset w0 beträgt 9,705 ns. Der Flugzeitnullpunkt t0 wird in der Messung durch einen Photonenpeak definiert. Photonen entstehen instantan durch Abregungsmechanismen während der Ionisation, und erreichen den Recoildetektor in unter 500 Pikosekunden, was der Zeitauflösung des ver1 englisch: layer - Schicht, Lage 52 4.2. KALIBRIERUNG Abbildung 4.2: Flugzeitspektrum von erstem (schwarz) und zweitem (grau) Recoilhit. Der Photonenpeak definiert den Flugzeitnullpunkt. Deutlich sind die Peaks von He2+ und He+ -Ionen zu sehen. Darüber hinaus ist ein He+ 2 -Peak zu erkennen. wendeten Multihit-TDCs entspricht. Sie führen damit zu einem scharfen Peak, der im dargestellten Flugzeitspektrum 4.2 mit γ gekennzeichnet ist. Durch ein zeitliches Offset von t0 = 2556 ns wird das Flugzeitspektrum so verschoben, dass der Photonenpeak auf Null liegt. Da die Flugzeit vom Masse-zu-Ladungs-Verhältnis m/q der Recoilionen abhängt, können die im Spektrum sichtbaren Peaks nach Formel 3.14 den entsprechenden Ionen zugeordnet werden. Ohne Startimpuls beträgt die Flugzeit eines zweifach geladenen Teilchens der Masse m = 4 amu bei dem verwendeten Aufbau 1683 ns. Der an dieser Stelle befindliche Peak im Flugzeitspektrum kann damit der zweifachen Ionisation von Heliumatomen des Jets zugeordnet werden. Ein zweifacher Elektroneneinfang findet nur bei sehr kleinen Stoßparametern statt (siehe Tabelle 2.1). Dabei entsteht ein hauptsächlich transversaler Impulsübertrag vom Projektil auf das Target. Die doppelte Peakstruktur ist Folge des transversalen Startimpulses der He2+ -Ionen. KAPITEL 4. AUSWERTUNG UND INTERPRETATION 53 Analog zur He2+ -Zuordnung kann der höchste Peak um 2380 ns einfach geladenen Heliumatomen zugeordnet werden. Der schwache Peak um 3366 ns entspricht der Flugzeit von He+ 2 -Ionen. In die Rekonstruktion der Teilchentrajektorien gehen die Abmessungen des Spektrometers und die Stärke des elektrischen Feldes ein, wie in Formel 3.17 gezeigt. Die Spektrometerabmessungen sa und sd können möglichst genau vermessen werden. Die elektrische Feldstärke E kann durch die eingestellte Spannung bestimmt werden. Um diese Werte noch genauer zu bestimmen, wird die gemessene Flugzeitabhängigkeit von erstem und zweitem Recoil mit der theoretisch bestimmten Flugzeitabhängigkeit verglichen. Unter der Annahme, dass die Impulssumme t2 (t1 ) = P pi Null ist, ergibt sich q p 2 p 1 q1 Em1 sd + q2 Em2 sd − t1 . q2 E q2 (4.8) Diese Abhängigkeit wird im sogenannten Photoion-Photoion-Coincidence-Spektrum (PIPICO) graphisch dargestellt, indem die Flugzeit des ersten Recoils gegen die des zweiten aufgetragen wird, wie in Abbildung 4.3 zu sehen. Stammen zwei Recoils aus einer Coulombexplosion, so sind ihre Flugzeiten über Formel 4.8 miteinander verknüpft. Daraus resultiert eine diagonale Linie im PIPICO-Spektrum, deren Position von Masse und Ladung der Recoils sowie vom elektrischen Feld und der Spektrometergeometrie abhängt. Die Diagonale im abgebildeten Spektrum entspricht dem Aufbruch zweier einfach geladenen Heliumatome. Formel 4.8 wird nun als Funktion im PIPICO-Spektrum dargestellt, wobei das elektrische Feld E und die Driftstrecke sd so variiert werden, dass die berechnete Linie mit der gemessenen Linie übereinstimmt. Für die elektrische Feldstärke von E = 16.3 V/cm und eine Driftstrecke von sd = 55.203 mm ergibt sich die beste Deckung. Nachdem die Flugzeitkomponente durch Anpassung des Flugzeitnullpunktes, des beschleunigenden Feldes und der durchquerten Beschleunigungs- und Driftstrecke kalibriert ist, wird die korrekte Position der beiden Ortskomponenten y’ und z’ des Detektors überprüft. Aufgrund der Impulserhaltung muss der Gesamtimpuls aller Rückstoßionen einer Coulombexplosion in jeder Komponente Null ergeben. In Flugzeitrichtung wird die Impulserhaltung mit den ermittelten Werten für t0 , E, sa und sd erfüllt. Ist die Impulssumme in y’- und z’-Richtung nicht Null bedeutet das, dass der Detektormittelpunkt nicht exakt auf der x’-Achse liegt. Durch Addition eines Versatzes von y00 = −0.620 in y’- und z00 = −2.469 in z’-Richtung wird erreicht, dass die Impulssummen der entsprechenden Komponenten zweier coulombexplodierender Recoilionen auf Null geschoben 54 4.2. KALIBRIERUNG Abbildung 4.3: (links) Im PIPICO-Spektrum ist die Flugzeit des ersten Recoils gegen die des zweiten aufgetragen. (rechts) Die Detailansicht zeigt eine diagonale Linie, die dem Aufbruch in zwei einfach geladene Heliumionen entspricht. Der Funktionsgraph der Flugzeitkorrelation 4.8 (schwarze Linie) stimmt für E = 16.3 V/cm und sd = 55.203 mm mit den Messdaten überein. werden. Damit ist sichergestellt, dass der Reaktionsort auf dem Mittelpunkt des Detektors abgebildet wird. Schließlich wird noch der Betrag des Gesamtimpulses kalibriert. Zu diesem Zweck wird während der Strahlzeit eine Vergleichsmessung mit Stickstoffgas durchgeführt. Diese Messung fand bei Raumtemperatur und einem Druck von 15 bar statt. Aus vorausgegangenen Messungen ist die Verteilung der freiwerdenden kinetischen Energie (KER) zweier coulombexplodierender Stickstoffionen sehr genau bekannt [WJH+ 01]. Stickstoff besitzt eine Reihe von elektronischen Anregungszuständen. Bei der Dissoziation des Moleküls entsteht dadurch eine charakteristische KER Verteilung, die durch zwei ausgeprägte Peaks dominiert wird. Deren Positionen können als Referenz für die Kalibrierung verwendet werden. In der Kalibrierungsmessung mit Stickstoffgas wird der KER aus dem Relativimpuls der zweier Recoilionen bestimmt. Der Relativimpuls zweier Teilchen ist p~rel = p~2 − p~1 , 2 (4.9) KAPITEL 4. AUSWERTUNG UND INTERPRETATION 55 mit dem Gesamtimpuls p~1,2 des ersten beziehungsweise zweiten Recoilions. Der Gesamtimpuls wird aus den nach Formel 3.17 rekonstruierten Impulskomponenten bestimmt: p0x p~1 = p0y p0z (4.10) Für die Bestimmung der KER-Verteilung hat der Relativimpuls den Vorteil frei von einem etwaigen Schwerpunktimpuls zu sein, dessen Energie die KER-Verteilung der Coulombexplosion verfälschen würde. Für die bei einer Coulombexplosion freiwerdende kinetische Energie gilt damit KER = p~rel 2 , 2µ (4.11) wobei µ die reduzierte Masse beider Recoilionen ist. Diese gemessene KER-Verteilung wird mit den Literaturdaten verglichen. Die Impulskomponenten werden nun durch einen Streckungsfaktor pstretch so angepasst, dass die Positionen der charakteristischen Linien der gemessenen KER-Verteilung mit denen der Literaturmessung übereinstimmen. Für einen Faktor von pstretch = 1, 11 kann die in Abbildung 4.4 gezeigte Übereinstimmung erreicht werden. Abbildung 4.4: Vergleich der KER-Verteilung von N22+ aus [WJH+ 01] (blau) mit der gemessenen KER-Verteilung von N22+ (schwarz) nach Anwendung eines Streckungsfaktors pstretch . 56 4.3. ANALYSE DER ROHDATEN 4.3 Analyse der Rohdaten Bevor mit der Auswertung der Daten begonnen werden kann, müssen die Ereignisse der zu untersuchenden Aufbrüche von Heliumdimeren und -trimeren von allen für deren Auswertung unrelevanten Ereignissen getrennt werden. Durch das Vorsortieren der entsprechenden Ereignisse lässt sich bei gegebener Rechenleistung viel Zeit während der Analyse einsparen. Das Vorsortieren geschieht in zwei Schritten. Bei der Coulombexplosion eines Heliumdimers entstehen zwei Heliumionen, die mit dem Recoildetektor nachgewiesen werden. Bei der Ionisation eines Trimers entstehen bis zu drei geladene Fragmente. Aus den Rohdaten werden im ersten Schritt nur solche Ereignisse in einen vorsortierten Datensatz eingetragen, die zwei oder drei Hits auf dem Recoildetektor und einen Hit auf dem Projektildetektor enthalten. Damit werden all diejenigen Ereignisse aussortiert, bei denen nur ein Hit auf dem Recoildetektor registriert wurde. Diese Ereignisse entstehen hauptsächlich durch die Ionisation atomaren Heliums aus dem Heliumjet. Da der Anteil von Heliumclustern im Jet nur etwa 0,5% beträgt, dokumentiert ein Großteil der Ereignisse die Ionisation atomaren Heliums, der somit aussortiert wird. Durch diesen Schritt wird das Datenvolumen der durchgeführten Messung von 117 GB auf 7 GB reduziert. Neben dem Aussortieren werden in diesem Schritt mit einem von A. Czasch entwickelten Algorithmus unvollständige Signale rekonstruiert [Cza01]. Hierbei wird die Redundanz der gemessenen Signallaufzeiten eines Ereignisses genutzt, um fehlende Pulse wiederherzustellen. Der Impuls der Heliumionen, die sich nach der Ionisation voneinander abstoßen, ist erhalten. Im zweiten Schritt werden alle Ereignisse aussortiert, bei denen die detektierten Recoilionen die Impulserhaltung nicht erfüllen. Solche Ereignisse entstehen, wenn zufällig mehrere Signale durch Auftreffen von Restgasionen, ionisiertem atomaren Helium oder Störsignale des Detektors innerhalb des Zeitfensters eines Ereignisses auf dem Detektor erzeugt werden. Um die Impulserhaltung zu überprüfen, wird die Impulssumme psum = q p2sumx + p2sumy + p2sumz aller Recoilionen eines Ereignisses betrachtet, wobei psumx,y,z = (4.12) P pix,y,z ist. Im Idealfall wäre psum gleich Null für alle aus einer Reaktion stammenden Recoilionen. Da die Impulsauflösung begrenzt ist, und ein Impulsübertrag von Projektil auf Target möglich ist, wird eine Obergrenze des Summenimpulses festgelegt, bis zu der der Impuls als erhalten betrachtet wird. Durch Aussortieren aller Ereignisse mit einem Summenimpuls größer 20 a.u. bei Ereignissen mit zwei Recoilhits, und größer 25 a.u. bei Ereignissen mit drei Recoilhits werden aus den verbliebenen 7 GB Daten 130 MB herausgefiltert. In der an- KAPITEL 4. AUSWERTUNG UND INTERPRETATION 57 schließenden Analyse kann diese Grenze noch feiner angepasst werden. Wie bereits in Abschnitt 4.2 erwähnt, entstehen durch die Korrelation der Flugzeiten der aus einer Reaktion stammenden Recoilionen diagonale Linien im PIPICO-Spektrum. Durch Fordern der Erfüllung der Impulserhaltung für zwei Teilchen der Masse m = 4 amu und Ladung q = 1 a.u. wird gerade diese Diagonale im Zwei-Teilchen-PIPICO-Spektrum herausgefiltert. Wird die Summe der Flugzeiten des ersten und zweiten Teilchens tsum = t1 +t2 gegen die Flugzeit des dritten Teilchens t3 aufgetragen, ergibt sich ein sogenanntes Drei-TeilchenPIPICO-Spektrum. Die Flugzeit des dritten Ions t3 einer Reaktion ist mit q p p 2 p q2 1 t3 = t1 + t2 q1 Em1 sd + q2 Em2 sd + q3 Em3 sd − q3 E q3 q3 (4.13) von der Flugzeitsumme des ersten und zweiten Ions t1 + t2 abhängig, sofern q1 = q2 gilt. Entsprechende Ereignisse liegen wiederum auf einer Diagonalen, die durch Fordern der Impulserhaltung dreier Teilchen mit Masse m = 4 amu und Ladung q = 1 a.u. herausgefiltert werden. Abbildung 4.5 zeigt beide PIPICO-Spektren mit der Bedingung der Impulserhaltung. Mit einem derart präparierten Datensatz kann nun eine detaillierte Analyse der Ionisationsmechanismen vorgenommen werden. Abbildung 4.5: (links) PIPICO-Spektrum mit der Bedingung eines niedrigen Summenimpulses psum < 20 a.u. zweier Teilchen mit Masse m = 4 amu und Ladung q = 1 a.u.. (rechts) Drei-Teilchen-PIPICO-Spektrum für drei Teilchen deren Summenimpuls psum kleiner als 25 a.u. ist. In der linken unteren Ecke ist jeweils das bedingungsfreie Zwei- beziehungsweise Drei-Teilchen-PIPICO-Spektrum dargestellt. 58 4.4. AUSWERTUNG DER HELIUMDIMERE Abbildung 4.6: Im PIPICO-Spektrum sind zwei Reaktionskanäle zu erkennen. Es handelt sich um den Aufbruch in zwei einfach geladene Heliumionen, sowie in ein zweifach und ein einfach geladenes Heliumion. Die schwarzen Kurven ergeben sich aus der theoretisch bestimmten Flugzeitkorrelation 4.8 zweier Teilchen einer Reaktion. 4.4 Auswertung der Heliumdimere Nach der in Abschnitt 4.3 beschriebenen Vorsortierung beträgt der Anteil der Ereignisse mit zwei Hits auf den Recoildetektor 84%, der Anteil mit drei Hits entsprechend 16%. Unter den Ereignissen mit zwei Recoilhits sind lassen sich im PIPICO-Spektrum zwei Aufbruchkanäle identifizieren, die in Abbildung 4.6 gekennzeichnet sind. Mithilfe der Flugzeitabhängigkeit 4.8 zweier Recoilionen aus einer Coulombexplosion lässt sich aus der Position einer Linie im PIPICO-Spektrum die Ladung und die Masse der am Aufbruch beteiligten Recoilionen bestimmen. Die stärkste Linie ist hierbei der Coulombexplosion zweier einfach geladener Heliumionen zuzuordnen. Die Linie, die dem Aufbruch in ein einfach und ein zweifach geladenes Heliumion entspricht, ist gemäß der geringeren Wahrscheinlichkeit für die Doppelionisation eines Heliumatoms deutlich schwächer. An der Position, die dem Aufbruch in zwei zweifach geladene Heliumionen entspricht, ist KAPITEL 4. AUSWERTUNG UND INTERPRETATION 59 keine erhöhte Ereignisdichte zu verzeichnen. Die nachfolgende Auswertung konzentriert sich auf den stärksten Kanal, dem Aufbruch in zwei einfach geladene Recoilionen. Abbildung 4.7: (links) Ortsbild des Recoildetektors für den ersten Hit, mit Bedingung der Impulserhaltung wie sie in Abschnitt 4.4.1 beschrieben ist. Der in der Mitte befindliche Jetfleck dominiert das Spektrum. (rechts) Durch Aussortieren von Ereignissen die im Jetfleck liegen kann ein Großteil des Untergrundes entfernt werden. 4.4.1 Identifizierung der Ionisationsmechanismen Um den Reaktionskanal der Coulombexplosion zweier einfach geladener Heliumionen detailliert untersuchen zu können, müssen die entsprechenden Ereignisse bestmöglich vom Untergrund befreit werden. Bei Betrachtung des PIPICO-Spektrums 4.6 fallen senkrechte und waagrechte Linien auf. Sie entstehen durch zufällige Koinzidenzen, erzeugt von einem Teilchen mit fester Flugzeit, beispielsweise einem einfach geladenen Heliumion ohne Startimpuls, und einem zufälligen weiteren Puls. Zufällige Koinzidenzen mit einem einfach geladenen Heliumion überlagern den Beginn der Diagonalen entlang der sich die „echten“ Ereignisse befinden. Der erste Schritt den Untergrund zu reduzieren ist nun eine strengere Bedingung auf die Impulserhaltung zu fordern. Während bei der Vorsortierung alle Ereignisse mit einem Summenimpuls größer als 20 a.u. aussortiert wurden, wird nun die Grenze auf 14 a.u. gesetzt. Bestehen bleiben folglich nur solche Untergrundereignisse, die zufälligerweise die Impulserhaltung im Rahmen der Berechnung des Summenimpulses zweier einfach geladener Heliumionen erfüllen. Größtenteils sind dies solche Ereignisse, bei denen zwei Teilchen aus dem Jet ionisiert werden und aufgrund eines fehlenden Startimpulses in der Mitte des Recoildetektors landen. Die Anhäufung dieser Ereignisse in der Detektormitte, 60 4.4. AUSWERTUNG DER HELIUMDIMERE Abbildung 4.8: Berechneter Summenimpuls der Recoilionen aufgetragen gegen deren KER. Die linke Abbildung zeigt sämtliche detektierten Ereignisse, während rechts nur solche eingetragen sind, deren Summenimpuls weniger als 14 a.u. beträgt und deren Recoilionen außerhalb des Jetflecks nachgewiesen wurden. im Folgenden „Jetfleck“ genannt, ist im Ortsbild des Recoildetektors 4.7 zu erkennen. Durch Entfernen aller Ereignisse bei denen der erste oder der zweite Hit innerhalb des Jetflecks auf dem Recoildetektor nachgewiesen wird, kann dieser Teil des Untergrundes, der die Impulserhaltung nur aufgrund der trivialen Anfangsbedingung p01 = p02 = 0 erfüllt, aussortiert werden. Zu beachten ist, dass hierbei auch „echte“ Ereignisse verworfen werden, und zwar solche bei denen die Startimpulse aus der Coulombexplosion nicht ausreichen, um jenseits der Detektormitte zu landen, sei es durch einen sehr geringen Startimpuls, oder durch die Ausrichtung der Startimpulse direkt in Richtung der Detektormitte. Zur Übersicht der ausgewählten Ereignisse zeigt Abbildung 4.8 den Summenimpuls aufgetragen gegen den KER nach Gleichung 4.11. Unter diesen beiden Bedingungen, nämlich dem Erfüllen der Impulserhaltung im Rahmen eines Summenimpulses kleiner 14 a.u. und der Lage des Auftreffortes außerhalb des Jetflecks, soll nun die kinetische Energie betrachtet werde, die bei der Coulombexplosion der Heliumionen frei wird. Diese Energie wird nach Formel 4.11 bestimmt und ihre Verteilung ist in Abbildung 4.9 dargestellt. In der gezeigten KER-Verteilung sind zwei Maxima zu erkennen. Des Weiteren ist hier die KER-Verteilung ohne die Bedingung auf den Jetfleck dargestellt. Der Jetfleck entsteht, wie bereits beschrieben, hauptsächlich aus zufällig koinzident ionisierten Monomeren. Sie haben einen sehr geringen Startimpuls, und so führen diese Ereignisse zu dem in Abbildung 4.9 (rechts) sichtbaren Anstieg der KAPITEL 4. AUSWERTUNG UND INTERPRETATION 61 Abbildung 4.9: (links) KER-Verteilung des Reaktionskanals zweier einfach geladener Heliumionen. (rechts) Ohne die Bedingung den Jetfleck als Untergrund zu behandeln, bleiben Ereignisse zweier nahezu gleichzeitig ionisierter Heliumatome aus dem Jet mit entsprechend niedrigem KER bestehen (schwarz). Die blaue Kurve zeigt die KER-Verteilung des Zweifach-Elektroneneinfangs bei der Interaktion von Alphateilchen mit Heliumdimeren [TSK+ 11]. Rate bei kleinem KER. Im Vergleich soll gezeigt werden, dass durch das Entfernen des Jetflecks nicht die Form des breiten Maximums verändert wird. Die KER-Verteilung der „echten“ Ereignisse wird durch diese Bedingung demnach quasi nicht belangt. Das Maximum des breiten Peaks liegt bei E1 = 2, 76 eV. Das Maximum erstreckt sich über einen Bereich von etwa 1-6 eV. Dies ist die Signatur des in Abschnitt 2.3.2 beschriebenen Zweistufenprozesses. Die Abstandsverteilung des Heliumdimers führt zu unterschiedlich starken abstoßenden Kräften zum Zeitpunkt der Ionisation beider Dimerzentren und damit zu der breiten Verteilung kinetischer Energien, die die beiden Heliumionen während des Abstoßens erhalten. Der zweite Peak liegt bei E2 = 9, 72 eV, und ist mit einer Halbwertsbreite von 0,96 eV relativ schmal. Dieser scharfe Peak am oberen Ende der KER-Verteilung wird als Einstufenprozess identifiziert, so wie er in Abschnitt 2.3.2 beschrieben ist. Da der Elektronentransfer vom doppelt geladenen Heliumion auf das ungeladene Heliumatom stets bei der Unterschreitung eines gewissen Abstandes stattfindet, erhalten die entstehenden Recoilionen immer nahezu die gleiche Energie. Vergleichend wird die KER-Verteilung einer ähnlichen Messung von J. Titze betrachtet [TSK+ 11]. Bei der hier untersuchten Interaktion von Alphateilchen mit Heliumdimeren 62 4.4. AUSWERTUNG DER HELIUMDIMERE kann ebenfalls ein Einstufen- und ein Zweistufenprozess des doppelten Elektroneneinfangs nachgewiesen werden. Die Energiebereiche der Prozesse liegen bei beiden Messungen in guter Übereinstimmung, jedoch weichen die Reaktionswahrscheinlichkeiten der Prozesse stark ab, wie die blaue Kurve in Abbildung 4.9 (rechts) zeigt. Eine Erklärung hierfür ist der viel geringere Einfangradius von Alphateilchen gegenüber achtfach geladenen Argonionen. Abbildung 4.10: (links) Abstandsverteilung des Reaktionskanals zweier einfach geladener Heliumionen. Zum Vergleich ist in blau das Produkt aus radialer Wahrscheinlichkeitsdichte r2 Ψ2 und dem Anteil X(r) (siehe Abbildung 4.11) eingezeichnet. (rechts) Werden Ereignisse aus dem Jetfleck nicht aussortiert erhöht sich der Untergrund, qualitativ verändert sich die Verteilung nicht. 4.4.2 Abstandsverteilung Im Rahmen der Reflection Approximation ist es möglich einem gegebenen KER einer Coulombexplosion den Abstand zuzuordnen, den beide Fragmente zum Zeitpunkt ihrer Ionisation voneinander hatten (siehe Abschnitt 2.3.3). Mithilfe von Formel 2.13 kann die zuvor gewonnene KER-Verteilung in eine Abstandsverteilung übersetzt werden. Diese ist in Abbildung 4.10 dargestellt. Der scharfe Peak bei r2 = 1, 5 Å ist dem Maximum E2 der KER-Verteilung und damit dem Einstufenprozess zuzuordnen. Bei diesem in Abschnitt 2.3.2 beschriebenen Vorgang nähert sich ein neutrales Heliumatom einem zweifach geladenen Heliumion bis auf 1,5 Å an. Dabei steigt die Wahrscheinlichkeit für den Ladungstransfer stark an, worauf- KAPITEL 4. AUSWERTUNG UND INTERPRETATION 63 Abbildung 4.11: Anteil X(r) einer Kugelkappe mit Radius Rc aus einer Kugel mit Radius rK an der halben Gesamtoberfläche dieser Kugel. Für die Darstellung wurde ein Einfangradius von Rc2,7+ = 5, 23 Å gewählt. Zusätzlich ist die radiale Wahrscheinlichkeitsdichte r2 Ψ2 des Heliumdimergrundzustandes (gefittet nach [LKM+ 93]) und deren Produkt mit dem Anteil X(r) eingezeichnet. hin ein Elektron vom doppelt geladenen auf das neutrale Heliumatom übergeht. Das breite Maximum um r1 = 4, 5 Å korrespondiert zu dem breiten Peak des Zweistufenprozesses der KER-Verteilung. Die Startabstände zwischen zwei Heliumatomen eines Clusters betrugen demnach zwischen 2 Å und 16 Å. Aufgrund vorangegangener Messungen, in denen der mittlere Abstand des Heliumdimers zu 52 Å bestimmt wurde [GST+ 00], wären auch hier Beiträge größerer Abstände zu erwarten. Ein Grund, warum Beiträge größerer Abstände unterdrückt sind, soll im Folgenden erläutert werden. Wie in Abschnitt 2.3.2 beschrieben, können die Zentren eines Heliumclusters nur dann ionisiert werden, wenn sie sich innerhalb eines zylindrischen Bereichs mit Radius Rc um die Projektiltrajektorie befinden. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich beispielsweise beide Zentren eines Dimers ausreichend nah zur Projektiltrajektorie befinden um ionisiert zu werden, nimmt bei statistisch verteilter Ausrichtung des Dimers mit zunehmendem internuklearen Abstand ab. Aus der Ionisationsgeometrie ergibt sich also ein abstandsabhängiger Faktor, von dem die Ionisationswahrscheinlichkeit abhängt. Er soll nun für große Abstände r abgeschätzt werden: Für diesen Fall ist der Faktor näherungsweise durch den Anteil der Oberfläche zweier Kugelkappen mit Radius Rc aus einer Kugel mit 64 4.4. AUSWERTUNG DER HELIUMDIMERE Radius rK = r/2 an der Gesamtoberfläche dieser Kugel gegeben. q 2 − R2 rK − rK 2 · 2πrK h c = X(r) = 2 rK 4πrK (4.14) Die Abhängigkeit dieses Anteils vom internuklearen Abstand r ist in Abbildung 4.11 dargestellt. Für r < Rc ist der Anteil X = 1, in diesem vereinfachten Bild werden Dimere hier unabhängig von ihrer Ausrichtung zur Strahlachse ionisiert. Bei einem Abstand von 2rK = 52 Å, was dem mittleren internuklearen Abstand hri im Heliumdimer entspricht, beträgt dieser Anteil nur noch X = 2%. Damit ist prinzipiell zu erklären, dass Anteile der Abstandsverteilung mit großem r unterdrückt sind. Des Weiteren ist die Ionisationswahrscheinlichkeit bei einem bestimmten Abstand r abhängig von der radialen Wahrscheinlichkeitsdichte r2 Ψ2 . Ihr Maximum liegt bei etwa 13 a.u., für größere internukleare Abstände nimmt die Dichte stetig ab (siehe Abbildung 4.11). Dreidimensionale Abstandsverteilung Der vorangehend diskutierte Einfluss der Reaktionsgeometrie auf die Ionisationswahrscheinlichkeit kann durch die Erstellung einer dreidimensionalen Abstandsverteilung sichtbar gemacht werden. Sie bietet ein sehr anschauliches Bild der Abhängigkeit des Elektroneneinfangs von der gegenseitigen Lage der Dimer- und Strahlachse. Im Folgenden wird erläutert wie eine dreidimensionale Abstandsverteilung mit Hilfe der gemessenen Impulsvektoren erzeugt werden kann. Das Messen der vollständigen Impulsvektoren zweier Recoilionen eines Aufbruchs ermöglicht die Bestimmung der Lage ihrer Verbindungslinie im Raum, die bei der Ionisation eines Dimers dessen Achse entspricht. Zur Bestimmung der Ausrichtung des Dimers wird der Vektor des Relativimpulses 4.9 genutzt, er zeigt gerade entlang der Dimerachse. Die Lage der Dimerachse ist durch den Polarwinkel beziehungsweise Streuwinkel θ und den Azimutwinkel φ definiert, die sich aus dem Relativimpuls p~rel ableiten lassen. prelz prel prely tan φ = prelx cos θ = (4.15) (4.16) Hierbei sind prelx,y,z die entsprechenden Komponenten des Relativimpulsvektors p~rel . Damit sind die Orte der Dimerzentren zum Zeitpunkt der Ionisation in Polarkoordinaten bestimmt, und können nun in kartesische Koordinaten überführt und in ein entsprechen- KAPITEL 4. AUSWERTUNG UND INTERPRETATION 65 des Koordinatensystem eingetragen werden. Es gilt x = r · sin θ · cos φ (4.17) y = r · sin θ · sin φ (4.18) z = r · cos θ. (4.19) In Abbildung 4.12 werden die Projektionen der räumlichen Verteilung in die xy-, die xzund die yz-Ebene dargestellt. Der im Zentrum aller Darstellungsebenen befindliche Ring besteht aus den Ereignissen des Einstufenprozesses. Sie sind auf einer Kugeloberfläche einer Kugel mit einem Durchmesser von 1,5 Å angeordnet. Die isotrope Verteilung zeigt, dass der Einstufenprozess unabhängig von der Ausrichtung der Dimerachse ist. Es ist kein Ionisationsprozess zu erwarten, bei dem die Annäherung zweier Clusterkerne zum Zeitpunkt ihrer Ionisation weniger als 1,5 Å beträgt, da bei diesem Abstand die Wahrscheinlichkeit für einen Ladungsaustausch stark ansteigt. Somit ist die freiwerdende Energie bei der anschließenden Coulombexplosion stets kleiner als KER ≈ 10 eV. Deshalb werden Ereignisse mit zwei Recoilhits, deren KER 12 eV übersteigt, als Untergrund betrachtet. Für eine übersichtlichere Darstellung der räumlichen Verteilung werden solche Ereignisse aussortiert. Der außen liegende, diffusere Ring ist dem Zweistufenprozess zuzuordnen. In Strahlrichtung z sind größere internukleare Abstände zu beobachten als in der dazu orthogonalen Ebene. Die Beiträge zur Abstandsverteilung von r > 8 Å resultieren also hauptsächlich aus Aufbrüchen von Heliumdimeren deren Achse entlang der Strahlachse orientiert war. Dieses Ergebnis liegt in guter Übereinstimmung mit dem in Abschnitt 2.3.1 erläuterten Over-Barrier Modell. Der Durchmesser des zylindrischen Bereiches innerhalb dem sich zwei Clusterkerne befinden müssen damit der Zweistufenprozess stattfinden kann beträgt 2Rc ≈ 20 a.u.. Die Projektion der räumlichen Verteilung in die xy-Ebene bildet eine gute Ansicht, um zu erkennen bis zu welchem Abstand um die Projektiltrajektorie Cluster an zwei Zentren ionisiert wurden. Dieser Abstand liegt mit 8 Å(etwa 15 a.u.) innerhalb der durch 2Rc gegebenen Obergrenze. Für den Elektroneneinfang ist im Rahmen des Over-Barrier Modells eine rotationssymmetrische Verteilung entlang der z-Achse zu erwarten, die Projektionen in xz- und yzRichtung sollten also eine identische Form aufweisen. Dies ist unter Einschränkung zweier „Eindellungen“ in der xz-Projektion auch erfüllt. Die „Eindellungen“ entstehen durch die untergrund-minimierende Bedingung auf den Jetfleck, die zum Vergleich in Abbildung 4.12 (links unten) nicht gefordert wurde. 66 4.4. AUSWERTUNG DER HELIUMDIMERE Abbildung 4.12: Projektion der räumlichen Abstands-Verteilung in die xy-Ebene (links oben), yz-Ebene (rechts oben) und in die xz-Ebene (rechts unten). Die Abbildung links unten zeigt vergleichend die xz-Projektion ohne Bedingung auf den Jetfleck. KAPITEL 4. AUSWERTUNG UND INTERPRETATION 67 Entlang der Projektiltrajektorie besteht jedoch im Gegensatz zur orthogonalen Richtung keine einschränkende Grenze, hier können hypothetisch Clusterkerne mit beliebigen internuklearen Abstand ionisiert werden. Jedoch ist der Anteil X(r) (siehe Gleichung 4.14) der Dimere, die innerhalb des ionisierbaren Bereichs liegen, kleiner, je größer ihr internuklearer Abstand r ist. Zusätzlich gibt die radiale Wahrscheinlichkeitsdichte r2 Ψ2 vor, in welchem Häufigkeitsverhältnis Dimere mit unterschiedlichem internuklearen Abstand vorliegen. Eindeutigkeit des Messergebnisses Neben den Dimeren konnten auch im Heliumjet vorhandene Trimere nachgewiesen werden. Der Nachweis von Trimeren steht jedoch im Konflikt zur Eindeutigkeit der Auswertung von Dimer-Ereignissen. Dieser Sachverhalt soll nun kurz beschrieben werden: Ein Ereignis zweier Recoilhits kann von einem Heliumdimer stammen, dessen Zentren durch die Reaktion mit dem Projektil ionisiert wurden. Es ist aber auch möglich, dass zwei Zentren eines Trimers ionisiert werden. Dies geschieht beispielsweise, wenn sich nur zwei der drei Trimerkerne innerhalb des Einfangradius Rc des Projektils befinden, wie in Abbildung 2.6 angedeutet. Die beiden ionisierten Zentren stoßen sich gemäß der Coulombkraft voneinander ab, werden durch das elektrische Feld im Spektrometer auf den Detektor geführt und dort nachgewiesen. Es entsteht ein Ereignis mit zwei Recoilhits, das verbleibende neutrale Heliumatom des Trimers kann nicht nachgewiesen werden. Nach der Vorsortierung der Rohdaten beträgt der Anteil von Dreifach-Hits am Gesamtdatenvolumen 16%, der abgesehen von Untergrundereignissen eindeutig der Ionisation von Trimeren zugeordnet werden kann. Damit einher gehen folglich auch Zweifach-Hits, die von Trimeren stammen. Die 84% der Zweifach-Hits setzen sich also aus einem von Dimeren und einem von Trimeren erzeugten Anteil zusammen. Die Verteilungen, die in der Auswertung berechnet werden, müssen also als eine Überlagerung einer Dimer- und einer Trimer-Verteilung verstanden werden. Da die quantitative Zusammensetzung der Zweifach-Hits unbekannt ist, ist eine eindeutige Auswertung unmöglich. Zusammenfassung der Dimerauswertung Die Auswertung der Heliumdimere zeigt die Existenz zweier Ionisationsprozesse, nach denen ein Dimer innerhalb des Over-Barrier-Modells ionisiert werden kann. Mithilfe der Reflection Approximation kann die gewonnene KER-Verteilung in eine Verteilung internuklearer Abstände zum Zeitpunkt der Ionisation beider Dimerzentren umgerechnet werden. Unter Verwendung des vollständigen Impulsvektors kann auch eine dreidimen- 68 4.5. AUSWERTUNG DER HELIUMTRIMERE sionale Abstandsverteilung bestimmt werden. Das Stattfinden des Einstufenprozesses bei 1,5 Å und dessen Unabhängigkeit von der Lage des Dimers im Raum stehen in guter Übereinstimmung zur Vorhersage und vorangegangenen Experimenten. Der Zweistufenprozess konnte bei Dimeren mit geringem internuklearer Abstand zwischen 2 Å und 16 Å nachgewiesen werden. Während der mittlere internukleare Abstand hri des Dimers vorangegangenen Experimenten zufolge 52 Å beträgt, konnten hier keine Dimere mit großem Abstand gemessen werden, was prinzipiell mit der Unterdrückung ihres Nachweises aufgrund der Reaktionsgeometrie erklärt werden kann. 4.5 Auswertung der Heliumtrimere Um Coulombaufbrüche von Heliumtrimeren in drei geladene Heliumionen zu identifizieren wird die Impulserhaltung der Ereignisse mit drei Recoilhits betrachtet. Da bei einer Coulombexplosion der Summenimpuls aller beteiligten Teilchen erhalten ist, sind Coulombaufbrüche dreier Teilchen, wie bereits in Abschnitt 4.3 erläutert, auf diagonalen Linien im Drei-Teilchen-PIPICO Spektrum angeordnet. Durch die Forderung eines geringen Summenimpulses dreier Recoilionen eines Ereignisses konnten bereits in der Vorsortierung mögliche Trimer-Ionisationen von sonstigen Ereignissen separiert werden. Die Grundlage zur Auswertung der Heliumtrimere bildet also der 16%ige Anteil von Dreifach-Hits. Um „echte“ Ereignisse vom Untergrund zu trennen wird eine zur Dimerauswertung analoge Vorgehensweise gewählt. Für die Obergrenze des Summenimpulses dreier Teilchen, bis zu der die Impulserhaltung im Rahmen der Impulsauflösung als erfüllt gelten soll, wird auch hier psum = 14 a.u. gewählt. Ebenso werden Ereignisse, bei denen mindestens ein Recoilion innerhalb des beschriebenen Jetflecks detektiert wird, aussortiert. Allerdings geschieht dies bei der Auswertung der Trimere mit einer Modifikation, deren Grund im Folgenden erläutert werden soll. Zusätzlich zu einer dreieckigen Geometrie des Heliumtrimers wird ein deutlicher Anteil einer nahezu linearen Geometrie des Trimers theoretisch vorhergesagt [Lew97] [LSA+ 99]. Werden alle drei Kerne eines Trimers in linearer Konfiguration gemäß des Dreistufenprozesses 2.3.2 jeweils einfach ionisiert, so heben sich die auf den mittleren Kern wirkenden Kräfte gerade auf. Während die beiden äußeren Zentren einen voneinander entgegengesetzten Impuls erhalten, ist der Startimpuls des mittleren Zentrums pm = 0. Folglich wird es nach Beschleunigung durch das Spektrometerfeld in der Mitte des Detektors nachgewiesen, eben dort wo ein massiver Untergrund aus ionisierten Jetteilchen zu beobachten ist, und der Bereich deshalb aussortiert werden soll. Qualitativ lässt sich über Dreistufenprozesse an Trimeren mit linearer Konfiguration also sagen, dass zwei der Re- KAPITEL 4. AUSWERTUNG UND INTERPRETATION 69 coilionen einen ähnlich großen, entgegengesetzten Startimpuls, und das dritte Ion einen sehr kleinen Startimpuls haben. Damit mögliche Ionisationen einer linearen Konfiguration nicht durch die Bedingung auf den Jetfleck entfernt werden, wird die Bedingung dahingehend modifiziert, dass ein Ereignis, bei dem ein Teilchen im Bereich des Jetflecks nachgewiesen wird, nur aussortiert wird, solange dieses Teilchen nicht einen sehr kleinen Impuls aufweist. Als Grenze für die Energie eines Recoilions wird hier EiCM < 0, 2 eV gewählt, was einem Startimpuls von maximal 10,4 a.u. entspricht. Der logische Ausdruck für diese Bedingung lautet: Ereignis wird aussortiert, wenn (OrtRecoil1 innerhalb Jetfleck ∧ E1CM > 0, 2 eV ) ∨ (OrtRecoil2 innerhalb Jetfleck ∧ E2CM > 0, 2 eV ) ∨ (OrtRecoil3 innerhalb Jetfleck ∧ E3CM > 0, 2 eV ) Um die Schwerpunktsenergie eines Recoilions in einem Ereignis mit drei Hits zu bestimmen, werden die Impulse der Ionen im Schwerpunktsystem berechnet. Dazu wird die Geschwindigkeit des Schwerpunktes VCM komponentenweise aus den gemessenen Einzelimpulsen der Ionen ermittelt. Vx,y,zCM = p1x,y,z + p2x,y,z + p3x,y,z 3mHe (4.20) Um aus den gemessenen Impulskomponenten die entsprechenden Komponenten im Schwerpunktsystem zu bestimmen, muss der Schwerpunktsimpuls subtrahiert werden. pi(x,y,z)CM = pix,y,z − mHe · Vx,y,zCM (4.21) Für den Gesamtimpuls des i-ten Recoilions gilt damit: piCM = q p2ix + p2iy + p2iz (4.22) Aus dem Schwerpunktsimpuls kann schließlich die Schwerpunktsenergie eines Recoilions bestimmt werden: EiCM = p2iCM 2mHe (4.23) Der KER der Coulombexplosion entspricht der Summe der drei Einzelenergien: KER = P 2 p iCM 2mHe (4.24) 70 4.5. AUSWERTUNG DER HELIUMTRIMERE Abbildung 4.13: KER-Verteilung der Trimer-Ereignisse. Ereignisse außerhalb der blauen Linien werden als Untergrund betrachtet. Das Coulombpotential ist abhängig von den internuklearen Abständen des Trimers zum Zeitpunkt der Ionisation, und damit in klassischer Näherung auch der KER (siehe Formel 2.15). Unter der Annahme, dass ein nach dem Dreistufenprozess ionisiertes Trimer die Konfiguration eines gleichseitigen Dreiecks besaß, kann die Länge r der Dreiecksseiten des Trimers bestimmt werden zu r= 3 . KER (4.25) Wird eine lineare Konfiguration mit 2r12 = 2r23 = r13 angenommen, gilt für den Abstand r13 = 5 . KER (4.26) Abbildung 4.13 (links) zeigt das KER-Spektrum der Trimer-Ereignisse unter der Bedingung der Impulserhaltung und Entfernen des Jetflecks. Es zeigt ein breites Maximum bei 7,1 eV mit einer Halbwertsbreite (FWHM) von 4,2 eV. Zusätzlich ist ein Peak nahe 0 eV zu sehen. Er entsteht durch die modifizierte Jetfleck-Bedingung. Durch die Modifikation bleiben nicht nur Ereignisse bestehen, bei denen genau ein Recoilion einen sehr kleinen Startimpuls besitzt, sondern auch Ereignisse bei denen alle drei Ionen eine geringe Ener- KAPITEL 4. AUSWERTUNG UND INTERPRETATION 71 gie haben. Dieser Untergrund wird entfernt, indem Ereignisse mit einem KER kleiner als 1 eV aussortiert werden. Der internukleare Abstand von Trimeren unterhalb dieser Grenze betrüge für dreieckige Trimere über 43 Å, für lineare über 72 Å. Unter Betrachtung der Ionisationsgeometrie ist ein Dreistufenprozess für dreieckige Trimere bei diesem Abstand nicht möglich und für lineare Trimere sehr unwahrscheinlich. Darüber hinaus werden auch Ereignisse mit KER größer als 12 eV aussortiert. 4.5.1 Impulskonfiguration Die Konfiguration eines Zwei-Teilchen-Systems im Raum wird durch den Abstand beider Zentren r vollständig bestimmt. Dieser kann durch die in Abschnitt 2.3.3 beschriebene Reflection Approximation aus den gemessenen Impulsen beziehungsweise dem KER der beiden Teilchen bestimmt werden. Die Konfiguration der Impulse dreier Teilchen nach der Coulombexplosion kann mit Hilfe des Dalitz- oder des Newton-Diagramms dargestellt werden, welche im Folgenden erläutert werden sollen. 4.5.2 Dalitz-Diagramm R. H. Dalitz entwickelte 1953 eine Form der Darstellung, um die kinematischen Variablen eines Zerfalls dreier Teilchen abzubilden. Diese ursprünglich für den Zerfall von K-Mesonen entwickelte Darstellungsweise kann gut auf die Fragmentation von molekularen Drei-Teilchen-Systemen angewendet werden. Zur Erläuterung des Dalitz-Diagramms soll sich auf das Drei-Teilchen-System eines Helium-Trimers bezogen werden, dessen Zentren gleichzeitig ionisiert werden. Aufgrund der drei positiven Ladungen besitzt das System anfänglich eine potentielle Energie W, die während der Abstoßung in kinetische Energie der ionischen Fragmente umgewandelt wird. Da die Energie erhalten ist, gilt W = 1 + 2 + 3 , (4.27) wobei 1 , 2 und 3 die Schwerpunktsenergien der drei Teilchen sind. Bei der Abstoßung zweier Teilchen ergibt sich aufgrund der Impulserhaltung nur eine Lösung für die Schwerpunktsenergien 1 und 2 , in Abhängigkeit ihrer Masse, ihrer Ladung und ihres Abstandes. Bei drei Teilchen gibt es jedoch mehrere Möglichkeiten für die Verteilung der Energie, bei denen sowohl Energie- als auch Impulserhaltung erfüllt werden. Wie die Energie verteilt wird, hängt dabei von der räumlichen Startkonfiguration der drei geladenen Teilchen ab, wobei jedoch keine lineare Transformation von Orts- zu Energie- 72 4.5. AUSWERTUNG DER HELIUMTRIMERE Abbildung 4.14: (links) Dalitz-Diagramm nach [Dal53]: Die kinematischen Größen werden in einem gleichseitigen Dreieck LMN der Seitenlänge 2W/3 aufgetragen. Innerhalb des Dreiecks gilt Energie- und innerhalb des eingezeichneten Kreises Impulserhaltung. (rechts) Jeder Punkt F im Diagramm kann einer Teilchenkonfiguration zugeordnet werden, wobei der Abstand des Punktes F zu einer Seite A, B und C des Dreiecks einer Teilchenenergie 1,2,3 entspricht. Die x- und y-Achse sind in kartesischen Koordinaten als reduzierte Energien der drei Teilchen dargestellt: √ x = 1 - 1/3 und y = (2 − 3 )/ 3. konfiguration zu erwarten ist. Die Energien 1 , 2 und 3 werden nun in ein Streudiagramm eingetragen, das im Fall des Dalitz-Diagramms ein gleichseitiges Dreieck LM N 2W 3 ist. Nach dem „Satz von Viviani“ ist für jeden Punkt F die Summe ¯ , BF ¯ und CF ¯ konstant. seiner Abstände zu den drei Seiten des Dreiecks AF mit Seitenlänge ¯ + BF ¯ + CF ¯ = const. AF (4.28) Da bei der Impulsspektroskopie die vollständigen Impulse aller ionischen Fragmente einer Reaktion gemessen werden, kann auch die kinetische Energie jedes Teilchens im Schwerpunktsystem bestimmt werden. Für jedes gemessene Ereignis können kartesische Koordinaten des Punktes F bestimmt werden, die von den Einzelenergien abhängen. 2 − 3 xDalitz = √ 3W 1 yDalitz = 1 − 3W (4.29) (4.30) KAPITEL 4. AUSWERTUNG UND INTERPRETATION 73 Zur Normierung werden die Koordinaten jeweils durch die Gesamtenergie W geteilt. Der Abstand des Punktes F zu einer Seite des Dreiecks ist nun jeweils proportional zum Betrag einer Teilchenenergie. ¯ 1 = AF (4.31) ¯ 2 = BF (4.32) ¯ 3 = CF (4.33) Durch die Wahl der Koordinaten befindet sich ein Ereignis, bei dem alle Teilchen die gleiche Energie besitzen im Ursprung des Koordinatensystems, also in der Mitte des Diagramms. Wird die Gesamtenergie allein zwischen zwei der drei Teilchen aufgeteilt, so beträgt der Abstand des dritten Teilchens zur entsprechenden Kante des Dreiecks Null. Auf diese Weise lässt sich eine allgemeine Karte entwickeln, die jedem Punkt im Dalitz-Diagramm ein zugehöriges Verhältnis der Impulsvektoren und ihre Ausrichtung zueinander zuordnet. Eine solche Karte ist in Abbildung 4.14 gezeigt, und kann mit den experimentellen Daten verglichen werden um Aufschluss über die Konfiguration der Impulse nach der Coulombexplosion des Heliumtrimers zu gewinnen. Daten im Dalitz-Diagramm Über die Schwerpunktsenergien der Teilchen werden ihre kartesischen Koordinaten nach Formel 4.30 bestimmt. Ereignisse, die die Bedingung der Impulserhaltung erfüllen und nicht als Jetfleck identifiziert werden sowie einen KER zwischen 1 eV und 12 eV aufweisen, werden in das Dalitz-Diagramm eingetragen. Abbildung 4.15 zeigt das entstehende Diagramm. Im Vergleich mit der in gleicher Abbildung rechts dargestellten Karte können den verschiedenen Bereichen des Diagramms unterschiedliche Impulskonfigurationen zugeordnet werden, in denen die Trimerkerne nach der Coulombexplosion vorlagen. Der zentrale Bereich des Dalitz-Diagramms (schwarzer Kreis) korrespondiert also zu einer gleichseitigen Dreiecks-Konfiguration. Hier sind die Energien aller drei Ionen gleich groß. Im Punkt am unteren Rand des kreisförmigen Diagramms, sowie in den beiden 120◦ dazu versetzten Punkten (rot markiert), ist die Energie von genau einem der drei Ionen nahezu Null. Unter der Annahme, dass beim Aufbruch linear angeordneter Kerne der mittlere nur einen geringen Impuls erhält, könnten diese Ereignisse einer linearen Trimerkonfiguration zugeordnet werden. Der Großteil der Trimerdaten kann dem weiter gefassten Zentrum des Dalitz-Diagramms zugeschrieben werden. Die einzelnen Schwerpunktsenergien dieser Daten lassen also darauf schließen, dass sich die Kerne des Trimers zum Zeitpunkt der Ionisation in der 74 4.5. AUSWERTUNG DER HELIUMTRIMERE Abbildung 4.15: (links) Dalitz Diagramm der experimentell erfassten Daten. (rechts) Im zentralen, schwarz markierten Bereich werden Ereignisse dargestellt, bei denen die Impulse der drei Recoilionen nach dem Aufbruch des Trimers von ähnlicher Größe sind. Bei Ereignissen in den rot markierten Randbereichen besitzt eines der drei Recoilionen einen sehr geringen Impuls. Konfiguration eines gleichseitigen oder zumindest gleichschenkligen Dreiecks befanden. Etwa ein Achtel der 3677 Trimerereignisse wird aber in dem Randbereich des Diagramms eingeordnet. Die Teilchenenergien dieser Ereignisse zeigen somit auf ihren Ursprung in einer linearen Konfiguration des Trimers hin. 4.5.3 Newton-Diagramm Eine weitere Form der Darstellung von Dreiteilchen-Aufbrüchen ist das Newton-Diagramm. In ihm kann die Dynamik eines beispielsweise sequentiellen Zerfallsprozesses abgelesen werden, wodurch es sich vom Dalitz-Diagramm unterscheidet. Brechen die Trimerbindungen gleichzeitig auf, so sind die Ergebnisse von Dalitz- und Newton-Diagramm qualitativ identisch. Aufgrund der Impulserhaltung brechen drei Fragmente einer Reaktion im Schwerpunktsystem immer in einer Ebene auf. Diese Aufbruchsebene definiert die Darstellungsebene des zweidimensionalen Newton-Diagramms. In dieser Ebene werden die Impulsvektoren eingetragen, so dass die relativen Geschwindigkeiten und Richtungen der drei aufbrechenden Teilchen ersichtlich ist. Dazu definiert die Richtung einer der drei Impulsvektoren eines Ereignisses die x-Achse des Diagramms. Die Impulsvektoren der beiden verbleibenden Fragmente werden relativ zum ersten jeweils in der oberen und unteren Hälfte der KAPITEL 4. AUSWERTUNG UND INTERPRETATION 75 Darstellungsebene eingetragen. Abbildung 4.16: (links) Newton-Diagramm der experimentell erfassten Daten. Für |y| > 20 a.u. ist die dreieckige Impulskonfiguration der Trimerkerne zu erkennen, die zur Verdeutlichung im Teilbild (a) nachgezeichnet ist. Für |y| < 10 a.u. ist die lineare Konfiguration der Impulse zu sehen, die in Teilbild (b) dargestellt ist. Daten im Newton-Diagramm Zur Darstellung der Trimerdaten in einem zweidimensionalen Newton-Diagramm wird von jedem Ereignis stets der Impulsvektor des Ions mit dem größten Impuls zur Definition der x-Achse verwendet. Die verbleibenden zwei Impulsvektoren werden aufgrund ihrer physikalischen Ununterscheidbarkeit jeweils sowohl in die obere als auch in die untere Halbebene des Diagramms eingetragen. Zur Untergrundreduktion werden hier die gleichen Bedingungen wie bei der Erstellung des Dalitz-Diagramms verwendet. Das Newton-Diagramm der experimentellen Ergebnisse ist in Abbildung 4.16 (links) dargestellt. Wird für jedes Ereignis ein dritter Impulsvektor entlang der x-Achse hinzugedacht, so sind in diesem Diagramm sehr anschaulich die beiden verschiedenen Konfigurationen der gegenseitigen Impulsvektorlage zu sehen. Zur Verdeutlichung sind diese auf der rechten Seite von Abbildung 4.16 nachgezeichnet. Die Ereignisse mit einer y-Komponente |y| > 20 a.u. lassen auf die Konfiguration eines gleichseitigen oder zumindest gleich- 76 4.5. AUSWERTUNG DER HELIUMTRIMERE schenkligen Dreiecks zurückschließen. Entlang der x-Achse mit |y| < 10 a.u. sind Ereignisse zu sehen, deren erster Impulsvektor sehr klein ist, und deren zweiter Impulsvektor näherungsweise entlang der x-Achse ausgerichtet ist. Zieht man den dritten in x-Richtung zeigenden Vektor hinzu, ist aus der Konfiguration der Impulsvektoren auf eine lineare Trimerkonfiguration zu schließen. Vergleichend ist eine Übereinstimmung der Ergebnisse von Newton- und Dalitz-Diagramm festzustellen. Die Ereignisse die im Newton-Diagramm der dreieckigen Konfiguration zugeordnet werden, entsprechen gerade den zentral gelegenen Ereignissen im DalitzDiagramm. Ebenso sind die Ereignisse im Randbereich des Dalitz-Diagramms genau die Ereignisse, die im Newton-Diagramm die lineare Konfiguration bilden. Im NewtonDiagramm ist keine Dynamik des Aufbruchs zu erkennen, die über den Coulombzerfall dreier nahezu gleichzeitig ionisierter Teilchen hinausgeht. 4.5.4 Internukleare Abstände und Innenwinkel Die Verteilung der freiwerdenden kinetischen Energie kann nun durch die Erkenntnisse aus Dalitz- und Newton-Diagramm für die beiden verschiedenen Aufbruchsgeometrien separat betrachtet werden. Nachdem im vorangegangenen Abschnitt gezeigt wurde, dass die Ergebnisse von beiden Diagrammen äquivalent sind, liefern sie beide gleichwertige Kriterien zur Unterscheidung der Impulskonfigurationen. Aus pragmatischen Gründen wird für die nachfolgende Auswertung anhand der y-Komponente im Newton-Diagramm zwischen den Konfigurationen unterschieden. Zur Selektion der linearen Konfiguration werden Ereignisse mit y-Komponente betragsmäßig kleiner als 10 a.u., und zur Selektion der dreieckigen Konfiguration Ereignisse mit y-Komponente betragsmäßig größer als 20 a.u. gewählt. Abbildung 4.17 zeigt die KER-Verteilungen beider Konfigurationen, wobei die dreieckige Konfiguration durch die schwarze, und die lineare durch die rote Kurve dargestellt wird. Die beiden Maxima der KER-Verteilung 4.13 sind demnach eindeutig den beiden Impulskonfigurationen zuzuordnen. Während das Maximum um 7 eV hauptsächlich aus Ereignissen der dreieckigen Konfiguration besteht, wird das Maximum bei 2 eV ausschließlich durch Ereignisse der linearen Konfiguration gebildet. Die beiden Anteile der KER-Verteilung können nun separiert in Abstandsverteilungen umgerechnet werden. Dies geschieht unter der vereinfachenden Annahme, dass es sich bei den Ereignissen der dreieckigen Konfiguration um exakt gleichseitige Trimere, und bei den Ereignissen der linearen Konfiguration um exakt lineare Trimere handelt. Mit diesen Prämissen gilt für die Länge der Dreiecksseite des dreieckigen Trimers r = 3/KER, und für die Gesamtlänge des linearen Trimers r13 = 5/KER (siehe Formel 4.25 und 4.26). KAPITEL 4. AUSWERTUNG UND INTERPRETATION 77 Abbildung 4.17: (links) Darstellung von Dalitz- und Newton-Diagramm, in denen die Auswahl der dreieckigen Impulskonfiguration in schwarz, und die der linearen in rot hervorgehoben ist. (rechts) KER-Verteilung von dreieckiger (schwarz) und linearer (rot) Konfiguration. Beide Längenverteilungen sind in Abbildung 4.18 dargestellt. Für dreieckige Trimere sind Abstände von 3,5 bis 10,5 Å zu beobachten, wobei der Schwerpunkt der Verteilung bei 5,8 Å liegt. Die lineare Konfiguration zeigt eine weit gestreckte Abstandsverteilung bei einem Mittelwert von 20 Å. Die beschriebene Längenverteilung ist unter der Annahme erzeugt worden, es gäbe nur Trimere, die eine genau gleichseitige Konfiguration mit drei 60◦ großen Innenwinkeln, oder eine genau lineare Konfiguration mit einem 180◦ und zwei 0◦ großen Innenwinkeln besitzen. Die tatsächliche Verteilung der Innenwinkel kann im Impulsraum aus den gemessenen Impulsvektoren der drei Recoilionen bestimmt werden. Die Ausrichtung einer Dreieckskante ist durch die Richtung des Relativimpulses zweier Impulsvektoren prel ~ 12 = p~2 − p~1 gegeben. Die Innenwinkel der Trimere entsprechen damit den Winkeln zwischen den Relativimpulsen je zweier Ionen. Für den Winkel zwischen zwei Vektoren gilt cos β = prel ~ 12 · prel ~ 23 . |prel ~ 12 | · |prel ~ 23 | (4.34) 78 4.5. AUSWERTUNG DER HELIUMTRIMERE Abbildung 4.18: Verteilung der internuklearen Abstände von Trimeren mit dreieckiger Konfiguration (schwarz) und linearer Konfiguration (rot). Der Innenwinkel β wird für alle drei Impulskombinationen prel ~ 12 · prel ~ 23 , prel ~ 23 · prel ~ 13 und prel ~ 12 · prel ~ 13 , also für alle drei Ecken, berechnet. Die so bestimmte Innenwinkel-Verteilung der gemessenen Trimere im Impulsraum ist in Abbildung 4.19 (links) dargestellt. Es sind drei lokale Maxima zu erkennen. Das stärkste befindet sich bei cos β ≈ 0, 5, also einem Winkel von 60◦ , was der bereits in Dalitz- und Newton-Diagramm identifizierten gleichseitigen Dreiecks-Konfiguration entspricht. Die Maxima bei cos β = 1 beziehungsweise −1 entsprächen der linearen Konfiguration. Da je zwei 0◦ Winkel und ein 180◦ Winkel im linearen Trimer vorhanden sind, ist das Maximum bei cos β = 1 stärker ausgeprägt als bei −1. Im Vergleich zur Winkelverteilung der gemessenen Heliumtrimere ist in Abbildung 4.19 (rechts) eine analog erstellte Verteilung von Argontrimeren gezeigt, die bei deren Untersuchung durch Multiphoton-Ionisation gemessen wurde [Ulr11]. Die Argontrimere liegen hier fast ausschließlich in der Konfiguration gleichseitiger Dreiecke vor, die größten Abweichungen zum 60◦ -Winkel überschreiten ±7◦ nicht. In der Verteilung der HeliumtrimerInnenwinkel sind weitaus größere Abweichungen zum Maximum bei gleichseitiger Konfiguration zu sehen. Es besteht also ein Anteil an gleichschenkligen oder unregelmäßigen Dreiecks-Konfigurationen. Darüber hinaus scheint eine lineare Konfiguration zu existie- KAPITEL 4. AUSWERTUNG UND INTERPRETATION 79 Abbildung 4.19: (links) Verteilung der Innenwinkel der gemessenen Heliumtrimere im Impulsraum. (rechts) Im Vergleich die Verteilung der Innenwinkel von Argontrimeren [Ulr11]. ren, die bei Argontrimeren nicht zu beobachten ist. Lineare Trimere oder Untergrund Aus den Impulsvektoren der drei Recoilionen eines Ereignisses am Ende der Coulombexplosion kann die Konfiguration des Trimers im Ortsraum zum Zeitpunkt der Ionisation rekonstruiert werden. Es ist zu erwarten, dass diese Transformation allerdings nur für die beiden bereits erwähnten Fälle eines exakt gleichseitigen und eines exakt linearen Trimers die Zwischenwinkel erhält. Für alle Ortskonfigurationen, in denen die Trimerkerne zum Zeitpunkt der Ionisation in gleichschenkligen oder ungleichseitigen Dreiecken angeordnet sind, ist anzunehmen, dass sich die resultierende Impulskonfiguration von dieser unterscheidet. So könnten Ortskonfigurationen, die nur leicht von einer exakt linearen Kernanordnung abweichen, zu dreieckigen Impulskonfigurationen führen. Neben dem möglichen Ursprung des linearen Anteils der Impulskonfiguration in einem linearen Anteil der Wellenfunktion soll deshalb auch eine alternative Ursache erläutert werden: Sehr unwahrscheinlich, aber nicht prinzipiell unmöglich ist die koinzidente Ionisation eines Heliumdimers und eines Monomers. Der Aufbruch eines Dimers erfüllt die auch bei der Identifizierung von Trimeren geforderte Impulserhaltung. Damit der Summenimpuls aller drei Teilchen das Kriterium der Impulserhaltung erfüllt, muss ein Monomer zu nahezu dem gleichen Zeitpunkt ionisiert werden wie das Dimer. Die Flugzeit des Projektils 80 4.5. AUSWERTUNG DER HELIUMTRIMERE Abbildung 4.20: Vergleich der Dimer KER-Verteilung mit der des linearen Anteils der Trimere. durch die Targetzone erzeugt eine Impulsunschärfe pz,Recoil von 4,2 a.u. (vergleiche Abschnitt 3.3.4). Werden also Monomer und Dimer vom selben Projektil ionisiert, so erfüllt dieses Ereignis alle zur Bestimmung der Trimere aufgestellten Bedingungen. Von einem Ereignis, dass aus der koinzidenten Messung eines Dimers und eines Monomers besteht, ist zu erwarten, dass sein KER dem eines Dimer-Ereignisses gleicht, da ein ionisiertes Monomer keinen oder nur einen sehr geringen Startimpuls erhält. Der Vergleich der KER-Verteilungen der Dimere und der linearen Trimere ist Indiz dafür, dass die koinzidente Ionisation von Dimer und Monomer die Ursache für den Nachweis einer linearen Konfiguration ist. Form und Lage der KER-Verteilung linearer Trimere stimmt mit der der Dimere überein, wie in Abbildung 4.20 zu sehen ist. Durch die Anwesenheit von Monomeren und Dimeren im Gasjet kann aus den vorhandenen Daten an dieser Stelle kein Nachweis für einen linearen Anteil der Wellenfunktion des Heliumtrimers erbracht werden. 5 Zusammenfassung und Ausblick 5.1 Zusammenfassung Die Wechselwirkung von Argonionen mit Heliumdimeren und Heliumtrimeren wurde mithilfe der Coltrimstechnik untersucht. Dazu wurde ein Ar8+ -Ionenstrahl mit einer Energie von 3,2 keV/u mit einem 12 K kalten überschallexpandierenden Heliumjet zur Kreuzung gebracht. Die bei diesen Temperaturen im Heliumjet enthaltenen kleinsten Heliumcluster werden vom Ionenstrahl ionisiert. Die Ionisation besteht in einem Elektroneneinfang, der innerhalb des Over-Barrier Modells erklärt werden kann. Um den Zerfall der verbleibenden, fragmentierenden Heliumionen kinematisch vollständig untersuchen zu können, werden alle ionischen Fragmente koinzident mit dem Projektilion durch Impulsspektroskopie vermessen. Dazu leitet ein homogenes elektrisches Feld die ionisierten Clusterfragmente auf einen orts- und zeitauflösenden Delayline-Detektor. Die Projektilionen werden auf einen zweiten, ähnlichen Detektor gelenkt, vorher jedoch durch elektrische Ablenkeinheiten anhand ihres Ladungszustandes separiert. Die Untersuchung der Ereignisse mit zwei Rückstoßionen bestätigt die Existenz zweier Ionisationsprozesse, dem Ein- und Zweistufenprozess, nach denen das Heliumdimer ionisiert werden kann. Aus den Auftrefforten und Flugzeiten der Teilchen konnte deren Impuls und damit ihre kinetische Energie (KER) bestimmt werden. Die gewonnene KER-Verteilung wurde durch Anwendung der Reflection Approximation in eine ein- beziehungsweise dreidimensionale Abstandsverteilung überführt. Qualitativ ist das Ergebnis im Rahmen des Over-Barrier Modells und unter Berücksichtigung der Reaktionsgeometrie zu erklären. Die Grundzustandswellenfunktion gibt eine Abstandsverteilung vor, deren Nachweis hin zu großen Abständen durch die Geometrie unterdrückt ist. Quantitativ ist die Verteilung der Dimere jedoch nicht auszuwerten, da sie durch ionisierte Trimere ununterscheidbar überlagert wird. Auch für die durch einen Dreistufenprozess ionisierten Trimere konnte der Impuls und damit die Energie der drei jeweils koinzident gemessenen Rückstoßionen bestimmt wer- 81 82 5.2. AUSBLICK den. Das ermöglicht die Bestimmung der Konfiguration der Trimerkerne im Impulsraum nachdem sie durch die abstoßenden Coulombkräfte fragmentiert sind. Die Erstellung eines Dalitz- und Newton-Diagramms, sowie die Berechnung der Innenwinkel zeigt, dass die Impulse sowohl in einer dreieckigen als auch in einer linearen Konfiguration vorliegen. Der Ursprung einer linearen Konfiguration kann jedoch nicht nur durch die Ionisation eines Trimers, sondern auch durch die koinzidente Ionisation eines Dimers und eines Monomers beschrieben werden. Eine detaillierte Untersuchung war mit den vorhandenen Daten nicht möglich. 5.2 Ausblick Da nur ein einziger gebundener Zustand im Heliumdimer existiert, und keine gebundenen Zustände in Dimer-Isotopen vorkommen, bildet es ein hervorragendes Untersuchungsobjekt, welches eine eindeutige Zuordnung der Ergebnisse zu einem Zustand ermöglicht. Dies gilt jedoch nur, solange es keine weiteren Targetkomponenten gibt, die bei der verwendeten Ionisationsmethode eine identische Signatur hervorrufen. Da im Experiment aber keine neutralen Teilchen gemessen werden, sind die beiden Endkanäle Ar8+ + He2 −→ He1+ + He1+ + Ar6+ (5.1) Ar8+ + He3 −→ He1+ + He1+ + He + Ar6+ (5.2) in der Auswertung der Detektorsignale identisch. So liegt das Ziel zukünftiger Messungen auf der Hand. Um eindeutige Messergebnisse von Dimeren oder Trimeren zu erlangen, muss ermöglicht werden, jeweils genau eine Clustergröße zu untersuchen. Dieses Ziel kann durch zwei Herangehensweisen verfolgt werden. Zum einen können die Jeteigenschaften derart modifiziert werden, dass die Erzeugung von Trimeren unterdrückt wird, während Dimere weiterhin entstehen. Durch eine Erhöhung der Temperatur oder Verringerung des Vordrucks an der Düse, durch die das Targetgas strömt, kann dies erreicht werden [BST02]. Der gesamte experimentelle Aufbau sowie die Offline-Analyse können dafür größtenteils unverändert verwendet werden. Der andere Weg zur Separation der Clustergrößen besteht in der Interferometrie. Die unterschiedlichen Komponenten eines Gasjets werden beim Passieren eines Beugungsgitters entsprechend ihrer De-Broglie-Wellenlänge gebeugt. Unter Voraussetzung einer homogenen Geschwindigkeit im Jet ist die Materiewellenlänge eines Teilchen proportional zu dessen Masse, und so können Monomere, Dimere, Trimere und größere Cluster voneinander getrennt werden. Ein gebeugter Strahl aus Heliumdimeren weist eine sehr KAPITEL 5. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 83 geringe Teilchendichte auf, wodurch erforderlich wird durch den Projektilstrahl eine sehr hohe Ionisationswahrscheinlichkeit zu erzielen. Dies kann durch den Einsatz hochenergetischer Laserpulse erreicht werden. Erwartete Vorteile einer derartigen Messung sind eine vom internuklearen Abstand unabhängige Ionisationswahrscheinlichkeit sowie das Fehlen eines Untergrundes aus zufälligen Koinzidenzen von Monomeren, der bei bisherigen Messungen vor allem im Bereich niedriger Energien die Messdaten überlagerte. Darüber hinaus ist hier auch eine Messung an einem reinen Trimerstrahl möglich, bei der eine ebenso untergrundsfreie Auswertung der Konfigurationsverteilung zu erzielen wäre. Literaturverzeichnis [Abr63] A. A. Abrahamson. Repulsive interaktion potential between rare-gas atoms. homonuclear two-center systems. Physical Review, 130(2):693–707, 1963. [Ach99] Matthias Achler. Untersuchung von Symmetrieeffekten in der Photodoppelionisation von Helium mit zirkular polarisiertem Licht. PhD thesis, Fachbereich Physik der Johann Wolfgang Goethe-Universität, 1999. [BAC+ 85] A Barany, G Astner, H Cederquist, H Danared, S Huldt, P Hvelplund, A Johnson, H Knudsen, L Liljeby, and KG Rensfelt. Absolute cross sections for multi-electron processes in low energy arq+-ar collisions: comparison with theory. Nucl. Instr. Meth. B, 9:379–399, 1985. [BGR96] E. Buonomo, F. A. Gianturco, and F. Ragnetti. The weakest bond: Collisions of helium dimers with xenon atoms. J. Phys. Chem., 100:9206–9215, 1996. 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Ordnung werden weitere Peaks gemessen, die anhand ihrer Position den Massen von Dimeren, Trimeren und Tetrameren zugeordnet werden können. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 9 (oben) Additive Überlagerung der Wellenfunktion und zugehörige schematische Darstellung eines bindenden Orbitals. (unten) Subtraktive Überlagerung der Wellenfunktion und Darstellung eines antibindenden Orbitals [Wik11]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.2 Besetzung der Molekülorbitale von Wasserstoff (links) und Helium (rechts). Nach dem Pauli-Prinzip können maximal zwei Elektronen (mit unterschiedlichem Spin) den gleichen Zustand besetzen. Daher müssten im He2 Molekül zwei der vier Elektronen in den antibindenden Zustand übergehen. Dieses System ist jedoch instabil. [Wik11]. . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.3 Berechnete Potentialkurve des Heliumdimers (schwarz) nach [TTY95] (aus [Hav10]). Von der Wellenfunktion R2 Ψ2 des Grundzustandes (blau) ist nur ein Teilausschnitt dargestellt. Sie erstreckt sich über einen weiten Bereich mit einem Mittelwert von 52 Å, wobei selbst für Abstände von r > 200 Å noch signifikante Beiträge existieren. . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.4 Schematischer Verlauf des Elektroneneinfangs im klassischen Over-BarrierModell. Von oben nach unten ist der zeitliche Verlauf der Annäherung der Potentiale, deren Überlapp und das Verbleiben des Elektrons im tieferen Potential skizziert. Modifizierte Darstellung nach [Neu10]. . . . . . . . . . 18 91 92 Abbildungsverzeichnis 2.5 Schematische Darstellung des Einstufenprozesses. Eines der Dimerzentren liegt innerhalb des Einfangradius Rc1 für zweifachen Elektroneneinfang und wird entsprechend durch das Ar8+ Projektil ionisiert. Das zweite Zentrum ist außerhalb des Einfangradius Rc2 (links). Aufgrund des nun bestehenden Dipolmomentes zwischen dem zweifach geladenen Heliumion und dem neutralen Heliumatom nähern sie sich einander an (mitte). Unterschreiten sie einen kritischen Abstand erfolgt ein Ladungstransfer. Dadurch entstehen zwei einfach geladene Heliumionen, die sich aufgrund der Coulombkraft voneinander abstoßen (rechts). . . . . . . . . . . . . . . 20 2.6 Schematische Darstellung des Zweistufenprozesses. Das Ar8+ Projektil ionisiert das Dimer an beiden Zentren, wobei sich jeweils der Einfangradius Rc leicht verringert (links). Die zwei verbleibenden Heliumionen stoßen sich gemäß der Coulombkraft voneinander ab (rechts). . . . . . . . . . . . 22 2.7 Schematische Darstellung des Dreistufenprozesses. Das Ar8+ Projektil ionisiert das Trimer an jedem Zentrum. Bei jeder Ionisation verringert sich der Einfangradius Rc leicht (links). Die drei verbleibenden Heliumionen stoßen sich gemäß der Coulombkraft voneinander ab (rechts). . . . . . . . 23 3.1 (links) Schematische Darstellung eines Gasjets, der sich bei der ÜberschallExpansion eines Gases bildet. In der Zone of Silence ist die interne Temperatur des Jets minimal, diese Eigenschaft soll für das Experiment genutzt werden. Das Bild (rechts) zeigt die Aufnahme eines N2 /N0 Jets, der durch einen ArF-Eximer Laser zum Leuchten angeregt wurde [Sch02]. . . . . . . 28 3.2 Schematische Darstellung des verwendeten Jetsystems. Gas expandiert unter hohem Druck aus der Düse in ein Vakuum. Der Skimmer schneidet aus der Zone of Silence den im Experiment benutzten Strahl heraus. Der Ar8+ -Ionenstrahl kreuzt den nach dem Skimmer scharf lokalisierten Gasstrahl. Der Anteil des Gasstrahls, der nicht reagiert, gelangt in den zweistufigen Jetdump und wird dort abgepumpt. Modifizierte Darstellung nach [Jah05]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Abbildungsverzeichnis 3.3 93 (links) Anteile verschiedener Clustergrößen im Gasjet einer 5 µm Düse bei 6 K, 12 K und 30 K als Funktion des Vordrucks p0 aus einer Messung von Bruch et al. [BST02]. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass die Messdaten der verschiedenen Temperaturen zusammengefasst werden können, 5/2 indem der Dimer- bzw. Trimeranteil gegen die Größe p0 /T0 aufgetragen wird (rechts). Vergleichend mit diesen Daten sind für die Parametern der 5/2 Messung (T0 = 12 K, p0 = 3, 8 bar, p0 /T0 = 7, 6 mbar/K5/2 ) ein Di- meranteil von etwa 1,5% und ein Trimeranteil von etwa 6% zu erwarten (grüne Linie). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 3.4 Schematischer Aufbau der EZR-Ionenquelle: Das Plasma wird durch das Magnetfeld der Helmholtzspulen und des Hexapolmagneten in der Quellkammer eingeschlossen. Die eingestrahlte Mikrowelle der Frequenz νHF = 14, 5 GHz heizt das Plasma. Die entstehenden hochgeladenen Ionen werden mit der Ziehelektrode aus dem nach außen neutralen Plasma extrahiert [Neu10]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3.5 Schematische Darstellung der Strahlführung, modifiziert nach [Neu10]. Der Strahl wird durch mehrere Kollimatoren beschnitten. Vor der Reaktionszone wird der Projektilstrahl gereinigt, hinter der Reaktionszone werden Projektile mit unterschiedlichen Ladungszuständen separiert und gelangen auf den Projektildetektor. Der Ar8+ -Primärstrahl wird in einen Faradaycup unterhalb des Detektors gelenkt. . . . . . . . . . . . . . . . . 34 3.6 Abbildung des verwendeten Molekülspektrometers, modifizierte Version aus [Cza04]. Im Spektrometer kreuzt der Ionenstrahl (a) den He-Jet (c) in der Reaktionszone. Im ersten Abschnitt sa = 27,3 mm werden die ionischen Fragmente mit einem homogenen elektrischen Feld von 16,3 V/cm im Spektrometer (e) beschleunigt, driften anschließend durch eine feldfreie Strecke sd = 55,2 mm und werden dann von einem elektrischen Feld zwischen Spektrometer und Detektor von 3950 V/cm zum Detektor (d) beschleunigt. Das Spektrometer ist auf einer Bodenplatte (b) in der Experimentierkammer montiert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 3.7 Schematische Darstellung eines MCP [Ach99]. In den Kanälen (Channels) wird durch Anlegen einer Spannung zwischen Vorder- und Rückseite der Platte ein elektrisches Feld aufgebaut. Trifft ein Teilchen auf die Oberfläche eines Kanals, kann es dort Sekundärelektronen auslösen. Durch weitere Stöße mit der Innenwand des Kanals entsteht so eine Elektronenlawine auf der Rückseite des MCP. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 94 Abbildungsverzeichnis 3.8 (links) Darstellung des MCP, montiert auf die Delayline-Anode. (rechts) Schematische Darstellung einer Elektronenwolke, die vom MCP ausgehend auf die Drähte der Anode auftrifft [Cza04]. Aus der Laufzeit der dadurch ausgelösten Pulse kann der Auftreffort rekonstruiert werden. . . . 42 3.9 Nachweisfähigkeit eines hexagonalen (oben) und eines quadratischen (oben) Delaylinedetektors für zwei kurz nacheinander auftreffende Teilchen. Das erste Teilchen trifft in der Mitte des Bildes auf. Die Farbkodierung zeigt die Nachweiseffizienz für ein zweites Teilchen, das nach einer Zeit von ∆t = 0 ns (links) und ∆t = 8 ns (rechts) auftrifft [Jah05]. . . . . . . . . . 43 3.10 Schematische Darstellung des Constant Fraction Prinzips aus [Wik11]. Vergleich von Schwellwertauslösung (links) und Constant-Fraction-Auslösung (rechts). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 4.1 Die x’- und die z’-Achse kennzeichnen das Messsystem. Zur Auswertung der Impulse wird ein um 7◦ gedrehtes System genutzt, dessen z-Achse durch die Projektilachse bestimmt ist. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 4.2 Flugzeitspektrum von erstem (schwarz) und zweitem (grau) Recoilhit. Der Photonenpeak definiert den Flugzeitnullpunkt. Deutlich sind die Peaks von He2+ - und He+ -Ionen zu sehen. Darüber hinaus ist ein He+ 2 -Peak zu erkennen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 4.3 (links) Im PIPICO-Spektrum ist die Flugzeit des ersten Recoils gegen die des zweiten aufgetragen. (rechts) Die Detailansicht zeigt eine diagonale Linie, die dem Aufbruch in zwei einfach geladene Heliumionen entspricht. Der Funktionsgraph der Flugzeitkorrelation 4.8 (schwarze Linie) stimmt für E = 16.3 V/cm und sd = 55.203 mm mit den Messdaten überein. . . . 54 4.4 Vergleich der KER-Verteilung von N22+ aus [WJH+ 01] (blau) mit der gemessenen KER-Verteilung von N22+ (schwarz) nach Anwendung eines Streckungsfaktors pstretch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 4.5 (links) PIPICO-Spektrum mit der Bedingung eines niedrigen Summenimpulses psum < 20 a.u. zweier Teilchen mit Masse m = 4 amu und Ladung q = 1 a.u.. (rechts) Drei-Teilchen-PIPICO-Spektrum für drei Teilchen deren Summenimpuls psum kleiner als 25 a.u. ist. In der linken unteren Ecke ist jeweils das bedingungsfreie Zwei- beziehungsweise Drei-TeilchenPIPICO-Spektrum dargestellt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Abbildungsverzeichnis 4.6 95 Im PIPICO-Spektrum sind zwei Reaktionskanäle zu erkennen. Es handelt sich um den Aufbruch in zwei einfach geladene Heliumionen, sowie in ein zweifach und ein einfach geladenes Heliumion. Die schwarzen Kurven ergeben sich aus der theoretisch bestimmten Flugzeitkorrelation 4.8 zweier Teilchen einer Reaktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 4.7 (links) Ortsbild des Recoildetektors für den ersten Hit, mit Bedingung der Impulserhaltung wie sie in Abschnitt 4.4.1 beschrieben ist. Der in der Mitte befindliche Jetfleck dominiert das Spektrum. (rechts) Durch Aussortieren von Ereignissen die im Jetfleck liegen kann ein Großteil des Untergrundes entfernt werden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 4.8 Berechneter Summenimpuls der Recoilionen aufgetragen gegen deren KER. Die linke Abbildung zeigt sämtliche detektierten Ereignisse, während rechts nur solche eingetragen sind, deren Summenimpuls weniger als 14 a.u. beträgt und deren Recoilionen außerhalb des Jetflecks nachgewiesen wurden. 60 4.9 (links) KER-Verteilung des Reaktionskanals zweier einfach geladener Heliumionen. (rechts) Ohne die Bedingung den Jetfleck als Untergrund zu behandeln, bleiben Ereignisse zweier nahezu gleichzeitig ionisierter Heliumatome aus dem Jet mit entsprechend niedrigem KER bestehen (schwarz). Die blaue Kurve zeigt die KER-Verteilung des Zweifach-Elektroneneinfangs bei der Interaktion von Alphateilchen mit Heliumdimeren [TSK+ 11]. . . . 61 4.10 (links) Abstandsverteilung des Reaktionskanals zweier einfach geladener Heliumionen. Zum Vergleich ist in blau das Produkt aus radialer Wahrscheinlichkeitsdichte r2 Ψ2 und dem Anteil X(r) (siehe Abbildung 4.11) eingezeichnet. (rechts) Werden Ereignisse aus dem Jetfleck nicht aussortiert erhöht sich der Untergrund, qualitativ verändert sich die Verteilung nicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 4.11 Anteil X(r) einer Kugelkappe mit Radius Rc aus einer Kugel mit Radius rK an der halben Gesamtoberfläche dieser Kugel. Für die Darstellung wurde ein Einfangradius von Rc2,7+ = 5, 23 Å gewählt. Zusätzlich ist die radiale Wahrscheinlichkeitsdichte r2 Ψ2 des Heliumdimergrundzustandes (gefittet nach [LKM+ 93]) und deren Produkt mit dem Anteil X(r) eingezeichnet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 4.12 Projektion der räumlichen Abstands-Verteilung in die xy-Ebene (links oben), yz-Ebene (rechts oben) und in die xz-Ebene (rechts unten). Die Abbildung links unten zeigt vergleichend die xz-Projektion ohne Bedingung auf den Jetfleck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 96 Abbildungsverzeichnis 4.13 KER-Verteilung der Trimer-Ereignisse. Ereignisse außerhalb der blauen Linien werden als Untergrund betrachtet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 4.14 (links) Dalitz-Diagramm nach [Dal53]: Die kinematischen Größen werden in einem gleichseitigen Dreieck LMN der Seitenlänge 2W/3 aufgetragen. Innerhalb des Dreiecks gilt Energie- und innerhalb des eingezeichneten Kreises Impulserhaltung. (rechts) Jeder Punkt F im Diagramm kann einer Teilchenkonfiguration zugeordnet werden, wobei der Abstand des Punktes F zu einer Seite A, B und C des Dreiecks einer Teilchenenergie 1,2,3 entspricht. Die x- und y-Achse sind in kartesischen Koordinaten als reduzierte Energien der drei Teilchen dargestellt: x = 1 - 1/3 und y = √ (2 − 3 )/ 3. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 4.15 (links) Dalitz Diagramm der experimentell erfassten Daten. (rechts) Im zentralen, schwarz markierten Bereich werden Ereignisse dargestellt, bei denen die Impulse der drei Recoilionen nach dem Aufbruch des Trimers von ähnlicher Größe sind. Bei Ereignissen in den rot markierten Randbereichen besitzt eines der drei Recoilionen einen sehr geringen Impuls. . . . 74 4.16 (links) Newton-Diagramm der experimentell erfassten Daten. Für |y| > 20 a.u. ist die dreieckige Impulskonfiguration der Trimerkerne zu erkennen, die zur Verdeutlichung im Teilbild (a) nachgezeichnet ist. Für |y| < 10 a.u. ist die lineare Konfiguration der Impulse zu sehen, die in Teilbild (b) dargestellt ist. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 4.17 (links) Darstellung von Dalitz- und Newton-Diagramm, in denen die Auswahl der dreieckigen Impulskonfiguration in schwarz, und die der linearen in rot hervorgehoben ist. (rechts) KER-Verteilung von dreieckiger (schwarz) und linearer (rot) Konfiguration. . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 4.18 Verteilung der internuklearen Abstände von Trimeren mit dreieckiger Konfiguration (schwarz) und linearer Konfiguration (rot). . . . . . . . . . . . . 78 4.19 (links) Verteilung der Innenwinkel der gemessenen Heliumtrimere im Impulsraum. (rechts) Im Vergleich die Verteilung der Innenwinkel von Argontrimeren [Ulr11]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 4.20 Vergleich der Dimer KER-Verteilung mit der des linearen Anteils der Trimere. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Abbildungsverzeichnis 97 Danksagung Ohne die Unterstützung und das riesige Know-How vieler Menschen wäre die Realisierung dieser Arbeit nicht möglich gewesen. Deshalb möchte ich mich bei allen bedanken, die mir durch fachlichen Rat und tatkräftigen oder motivierenden Beistand beim Gelingen dieser Arbeit geholfen haben. Dazu sei zuerst Reinhard Dörner genannt, der sich mit einer großen Selbstverständlichkeit stets Zeit für meine physikalischen und nichtphysikalischen Fragen genommen hat, und in dessen Arbeitsgruppe ein Klima herrscht, in dem es Spaß macht zu forschen. Großer Dank gilt auch Nadine Neumann, auf deren Unterstützung ich in sämtlichen Phasen meiner Arbeit, vom Spannen der Spektrometergitter bis hin zu Fragen zur Datenauswertung, zählen durfte. Der 24-Stunden-Betrieb während der Strahlzeit konnte nur durch ein Team an Helfern aufrecht erhalten werden. Danke an Arno Vredenborg, Hendrik Sann, Christoph Goihl, Christian Stuck, Markus Waitz, Jörg Voigtsberger, Florian Trinter, Tilo Havermeier, Matthias Kühnel, Kevin Pahl, Birte Ulrich, Jasmin Titze und besonders Mayk Hegewald, der mir außer während der Strahlzeit auch bei der Vorbereitung des Experimentes viel half. Für Hilfe bei Aufbau und der Inbetriebnahme des Experimentes möchte ich zusätzlich Anton Kalinin für das Gewährleisten eines funktionierenden Jetsystems und Lothar Schmidt für die Anleitung beim Strahlfädeln und Einstellen der Elektronik danken. Bei der Durchführung des Experimentes darf natürlich auch die Beschleunigermannschaft nicht fehlen, für deren Einsatz ich mich bedanken möchte. Bei Fragen zur experimentspezifischen Programmierung der Datenauswertung konnte ich mich stets auf den Support von Achim Czasch, und zuweilen auch von Till Jahnke, verlassen. Bedanken möchte ich mich auch bei allen, mit denen ich über die während der Auswertung auftauchenden physikalischen Fragen diskutieren konnte. Sie wurden größtenteils bereits genannt, zusätzlich möchte ich aber noch Robert Grisenti erwähnen, der nach meinem Seminarvortrag die richtige Intuition zur Klärung suspekter Spektren hatte, und Horst Schmidt-Böcking, der es versteht motivierende Denkanstöße zu geben. Neben all den direkten Hilfestellungen hat auch die motivierende Atmosphäre meines Arbeitsumfeldes einen nicht zu unterschätzenden Anteil zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen. Zusätzlich zu den vielen schon Erwähnten möchte ich an diesem Punkt Sven 98 Abbildungsverzeichnis Schössler, sowie dem „Grisenti-Büro“ mit Nikos Petridis und Rui Costa-Fraga danken. Schließlich möchte ich meinen Eltern, meinem Bruder und natürlich Mara danken. Ihr habt mich jederzeit uneingeschränkt unterstützt. Danke!