DIPLOMARBEIT Titel der Diplomarbeit: Sind Mietnomaden ein Problem auf dem deutschsprachigen Immobilienmarkt? Ein Darstellung der Situation in Österreich, Deutschland und der Schweiz Eingereicht von: Matrikelnummer: Mag.a (FH) Marion Schindler 05FW530 Name des/der betreuenden Lektors/in: Dr. Wolfgang Amann Beurteilung: Ich versichere, dass ich die Masterarbeit selbstständig verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst keiner unerlaubten Hilfe bedient habe, dass ich diese Masterarbeit bisher weder im In- noch im Ausland in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe. ________________________ Datum ________________________ Unterschrift des Studierenden ________________________ Datum, Unterschrift des/der betreuenden Lektors/in _______________________ Datum, Unterschrift der Institutsleitung Kurzfassung Titel Sind Mietnomaden ein Problem auf dem deutschsprachigen Immobilienmarkt? Eine Bestandaufnahme in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Inhalt Diese Arbeit analysiert anhand Expertengespräche, wie groß die Gefahr für einen Vermieter ist, dass sich ein sogenannter Mietnomade in das angebotene Mietobjekt einmietet. Es werden themenbezogen die rechtlichen Rahmenbedingungen des Wohnund Mietrechts in Österreich, Deutschland und der Schweiz dargestellt und aufgezeigt, mit welchen Vorsichtsmaßnahmen sich der Vermieter am besten vor Mietprellern schützen kann. Eingangs wird die Medienpräsenz des Themas „Mietnomaden“ im Jahr 2011 veranschaulicht. Hintergrund Die Arbeit steht im Zusammenhang mit dem Miet- und Wohnrecht in Österreich, Deutschland und der Schweiz. In diesen Rechtsgrundlagen sind die Rechte und Pflichten der Vermieterund Mieterseite festgelegt. Jedem Vermieter stehen genau definierte Rechtsmittel zur Verfügung, um gegen säumige Mieter vorzugehen. Jedoch können bereits im Vorfeld bei der Auswahl des Mieters detaillierte Informationen zur seiner Person eingeholt werden, worauf jedoch oft seitens des Vermieters verzichtet wird. Forschungsfrage Welchen Umfang hat das Problem der Mietprellerei tatsächlich? Ist der Schaden quantifizierbar? Welche Maßnahmen bzw. Möglichkeiten gibt es, sich als Vermieter vor Mietnomaden zu schützen? Wie kann der Vermieter vorgehen, wenn der Mieter den Mietzins schuldig bleibt? Wie sehen die rechtlichen Rahmenbedingungen des Wohn- und Mietrechts allgemein in Österreich, Deutschland und der Schweiz aus? Methode u. Belege Aufgrund der geführten Experteninterviews wird das Problem der Mietpreller und der Schaden, den sie anrichten, dargestellt und analysiert, relevante Rechtsmaterien werden angeführt und mittels Internetrecherche ergänzt. Ergebnisse Einen hundertprozentigen Schutz vor Mietprellern gibt es nicht, jedoch lässt sich die Gefahr durch eine sorgfältige Auswahl des zukünftigen Mieters eingrenzen. Gerät der Mieter in Zahlungsverzug und besteht der Verdacht der Mietprellerei, so kann der Vermieter nur durch rasches und konsequentes Beschreiten des Rechtsweges vermeiden, dass wertvolle Zeit verloren geht und die Mietschulden wachsen. So groß der Schaden für die betroffene Einzelperson ist, so kommt es in Relation zum Gesamtmarkt der Mietwohnungen nur zu einem sehr geringen Prozentsatz zu Mietausfällen aufgrund Mietprellerei. Schlagwortkatalog ABGB, BGB, Kündigung des Mietvertrages, Mieterpass, Mietnomaden, Mietrechtsgesetz, OR, Räumungsklage, Räumungsverfahren, Wohnkosten, Zivilprozessordnung. Abstract Title Are rent dodgers a problem in the housing market of the German speaking region? A survey about the situation in Austria, Germany and Switzerland. Topic This paper analyzes, on the basis of conversations with experts, how great the risk is for a landlord to get a so called rent dodger as a tenant. The relevant regulatory frameworks of the Austrian, German and Swiss housing and tenancy law are presented and described, together with precautionary measures, with which landlords can protect themselves from fraudulent tenants. At the beginning, the media coverage of “rent dodgers” in 2011 is illustrated. Background The investigation relates to the housing and tenancy law in Austria, Germany and Switzerland. On these legal bases, the rights and obligations of landlords and tenants are prescribed. Well-defined legal means are available to every landlord who has to deal with dilatory tenants. Even though detailed information about the tenant can be obtained in advance during the selection process, landlords often neglect to do this. Research question What are the real dimensions of the tenancy fraud problem? Is the damage quantifiable? What measures can landlords take against rent dodgers? What should the landlord do when the tenant does not pay the rent? What are the regulatory frameworks of the Austrian, German and Swiss housing and tenancy law in general terms? Method The problem of tenancy fraud and the damage it causes is depicted and analyzed based on interviews carried out with experts. Relevant legal matters are mentioned and complemented with internet research. Results There is no full protection against fraudulent tenants but the risk can be reduced with a careful selection of the future tenant. If the tenant is in default of payment and a tenancy fraud is suspected, the landlord must take legal action swiftly and consequently to avoid loss of valuable time and accumulation of rent arrears. Even if the damage caused to the affected person is large, the percentage of cases of loss of rent caused by tenancy fraud is very low in relation to the total market of rented apartments. Keywords action for eviction, certificate of tenancy, Civil Code, Code of Civil Procedure, eviction lawsuit, housing costs, law of tenancy, Rent dodgers, termination of lease contract Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis .................................................................................................... 1 Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................... 2 Kurzfassung..................................................................................................................... 3 Abstract ........................................................................................................................... 5 1. Einleitung..................................................................................................................... 7 2. Wohnen als Grundbedürfnis ...................................................................................... 8 2.1. Statistiken der Eurostat in Verbindung mit Wohnen ................................................ 9 2.1.1. Gesamte Wohnkosten in Kaufkraftstandard von 2006 bis 2010 .....................................................9 2.1.2. Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen .................................................... 10 2.1.3. Anteil der Miete für selbstgenutzten Wohnraum am verfügbaren Haushalts-einkommen ........... 10 2.2. Gesamtanzahl der Hauptwohnsitze in Österreich .................................................. 11 2.3. Wohnkosten für entgeltlich genutzte Wohnungen in Österreich ............................ 11 2.4. Wohnungsaufwand Hauptmietwohnungen und Inflation ....................................... 12 2.5. Durchschnittlicher Wohnungsaufwand für Mietwohnungen nach Bundesländern in Österreich .................................................................................................................... 13 2.6. Privatkonkurse (Entschuldungsverfahren) in Österreich ........................................ 13 2.7. Gerichtliche Delogierungs- und Kündigungsverfahren in Österreich .................... 14 2.8. Entwicklung der Zwangsräumungen in den Bundesländern (2010-2011) ............. 15 2.9. Wohnungslosigkeit in Österreich .......................................................................... 15 2.10. Recht auf Wohnen .............................................................................................. 16 2.11. Wohnbauförderung in Österreich ........................................................................ 17 3. Medienpräsenz des Themas „Mietnomaden“ in 2011 .............................................. 18 3.1. Inhalt der Medienberichterstattung........................................................................ 18 3.2. Auszug aus der Medienberichterstattung ............................................................... 19 3.2.1. Wirtschaftsblatt vom 17.6.2011 .................................................................................................... 19 3.2.2. Wiener Zeitung am 8.7.2011 ........................................................................................................ 19 3.2.3. Salzburger Nachrichten vom 2.7.2011.......................................................................................... 20 3.2.4. Die Presse vom 4.11.2011 ............................................................................................................ 21 4. Definition und Abgrenzung des Begriffs „Mietnomade“ ......................................... 24 5. Situation in Österreich .............................................................................................. 26 5.1. Das österreichische Mietrechtsgesetz .................................................................... 26 5.1.1. Geltungsbereich des Mietrechtsgesetzes....................................................................................... 26 5.1.2. Kündigung im MRG seitens des Vermieters ................................................................................ 27 5.2. Relevante Rechtsmaterien im AGBG .................................................................... 30 5.3. Kostenersatz im Außerstreitverfahren ................................................................... 31 5.4. Relevante Rechtsmaterien in der Exekutionsordnung ............................................ 32 5.5. Relevante Rechtsmaterien in der Zivilprozessordnung .......................................... 33 5.6. Maßnahmen vor Abschluss des Mietvertrages ...................................................... 37 5.6.1. Potential und Risiko des sogenannten Mieterpasses (Mieterzeugnisses) ...................................... 39 5.7. Vorgangsweise im Falle des Mietzinsverzuges ..................................................... 41 5.8. Wirtschaftlicher Schaden für den Vermieter im Einzelfall..................................... 42 I 5.9. Wirtschaftlicher Schaden für den Gesamtmarkt .................................................... 43 6. Die Situation in Deutschland..................................................................................... 44 6.1. Relevante Rechtsmaterien des Deutschen Bundesgesetzes .................................... 45 6.1.1. Kündigung des Mietvertrages ....................................................................................................... 45 6.1.2. Mietsicherheiten (Kaution) gemäß deutschem Mietrecht ............................................................. 46 6.1.3. Pfandrecht des Vermieters ............................................................................................................ 46 6.2. Neuerungen durch den aktuellen Gesetzesentwurf des BjM .................................. 47 6.3. Relevante Rechtsmaterien der Zivilprozessordnung .............................................. 48 6.3.1. Die Berliner Räumung – eine Alternative zum herkömmlichen Räumungs-verfahren ................ 48 6.3.2. Besonderheiten in der Zivilprozessordnung ................................................................................. 50 6.3.3. Beispielhafte Darstellung eines Verfahrensablaufes ..................................................................... 50 6.4. Maßnahmen vor Abschluss des Mietvertrages ...................................................... 54 6.4.1. Mietschuldenfreiheitsbescheinigung............................................................................................. 55 6.4.2. Kautionshöhe und -rückzahlung ................................................................................................... 57 6.4.3. Selbstauskunft des Mieters ........................................................................................................... 57 6.4.4. Versicherung gegen den Schadensfall .......................................................................................... 60 6.5. Durchschnittliche Verfahrensdauer ....................................................................... 60 6.6. Wirtschaftlicher Schaden für den Vermieter ......................................................... 61 6.7. Wirtschaftlicher Schaden für den Gesamtmarkt .................................................... 61 7. Die Situation in der Schweiz ..................................................................................... 62 7.1. Relevante Rechtsmaterien im Schweizerischen Obligationenrecht ........................ 62 7.1.1. Kündigung von Wohnraum .......................................................................................................... 62 7.1.2. Rechtschutz im summarischen Verfahren..................................................................................... 63 7.2. Beispielhafter Ablauf einer Kündigung bzw. Räumung in der Praxis .................... 63 7.3. Maßnahmen vor Abschluss des Mietvertrages ...................................................... 64 7.3.1. Mietgesuch.................................................................................................................................... 64 7.3.2. Betreibungsregisterauskunft ......................................................................................................... 66 7.3.3. Sicherheitsleistung ........................................................................................................................ 66 7.4. Verfahrensdauer ................................................................................................... 67 7.5. Wirtschaftlicher Schaden für den Vermieter ......................................................... 67 7.6. Wirtschaftlicher Schaden für den Gesamtmarkt .................................................... 67 7.7. Beantwortung des Interview-Fragebogens durch Felix König (BWO) ................... 68 7.8. Schematische Darstellung des Ablaufs Mietzinsinkasso ........................................ 71 7.9. Das Retentionsrecht .............................................................................................. 72 8. Darstellung der wesentlichen Unterschiede der drei Länder .................................. 73 9. Zusammenfassung ..................................................................................................... 74 Literatur- und Quellenverzeichnis ................................................................................76 Anhang ...........................................................................................................................83 II Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Äußere Faktoren des Wohnens 8 Abbildung 2: Gesamte Wohnkosten in KKS 10 Abbildung 3: Anteil Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen 10 Abbildung 4: Anteil Miete am verfügbaren Haushaltseinkommen 11 Abbildung 5: Hauptwohnsitzwohnungen nach Rechtsverhältnis und Bundesland 11 Abbildung 6: Aufwand: entgeltlich bewohnte Wohnungen (ohne Garagen- bzw. Abstellplatzkosten) 12 Abbildung 7: Durchschnittlicher Wohnungsaufwand nach Bundesländern (2010) 13 Abbildung 8: Gerichtliche Delogierungs- und Kündigungsverfahren (2010 – 2011) 14 Abbildung 9: Entwicklung der Zwangsräumungen von 2004 – 2011 15 Abbildung 10: Schätzungen der Zahl der Wohnungslosen in Österreich/Wien 16 Abbildung 11: Beispielhafter Ablauf eines Verfahrens 34 Abbildung 12: Muster Mietschuldenfreiheitsbescheinigung 56 Abbildung 13: Muster einer freiwilligen Mieterselbstauskunft 59 Abbildung 14: Muster eines Mietgesuchs 65 Abbildung 15: Ablauf Mietzinsinkasso 71 1 Abkürzungsverzeichnis ABGB .......................Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch AVG .........................Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BAWO ......................Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe BGB..........................Bürgerliches Gesetzbuch BK ............................Betriebskosten d.h. ............................das heißt EO ............................Exekutionsordnung FEANTSA ................European Federation of National Organisations working with the homeless HEV ..........................Hauseigentümerverband Schweiz MN ...........................Mietnomade MRG .........................Mietrechtsgesetz MZ ............................Mietzins OR ............................Obligationenrecht ÖVI ...........................Österreichischer Verband der Immobilientreuhänder StPO .........................Strafprozessordnung u.a. ............................unter anderem z.B. ...........................zum Beispiel ZPO ..........................Zivilprozessordnung 2 Kurzfassung Seit über einem Jahrzehnt sind Schwierigkeiten mit Mietnomaden immer wieder Thema in den Medien. Leider jedoch gibt es in Österreich keine gesicherte Statistik darüber, wie viele Fälle von vorsätzlichem Mietbetrug jährlich tatsächlich vorkommen. Keinesfalls lässt sich aus der Anzahl von Räumungsverfahren ein Rückschluss auf die Anzahl von rechtskräftig verurteilten Mietprellern ziehen. Aufgrund der getätigten Interviews lässt sich behaupten, dass sich entsprechende Vorfälle sowohl in Österreich als auch in Deutschland und der Schweiz im Promille-Bereich abspielen. Der typische Mietnomade mietet ein Bestandobjekt mit dem Vorsatz, nach kurzer Zeit keine Miete mehr zu bezahlen und möglichst lange auf Kosten des Vermieters in der Wohnung oder dem Haus zu bleiben. Räumt der Mieter letztlich das Bestandobjekt, lässt er es in einem mehr oder weniger schlechten Zustand zurück und wiederholt seine Vorgehensweise beim nächsten Vermieter. Zum überwiegenden Anteil bietet erst die Gutmütigkeit der Vermieter dem Mietpreller die Gelegenheit zum Mietbetrug, da seitens des Vermieters darauf verzichtet wird, die Identität bzw. das Einkommen des Mietinteressenten zu überprüfen und einfache Vorkehrungsmaßnahmen außer Acht gelassen werden. Jedoch gibt es auch jene Personen, die sich darauf spezialisiert haben, ihr Gegenüber über ihre tatsächliche Intention professionell zu täuschen; gegen diese ist selbst der sorgfältigste Vermieter machtlos. Ausschlaggebend ist daher die Selektion vor Abschluss des Mietvertrages: Kopie eines amtlichen Lichtbildausweises, Nachweis des Einkommens und Bezahlung der Kaution sowie der ersten Monatsmiete vor Übergabe der Wohnungs- bzw. Hausschlüssel. Die Einführung eines sogenannten Mieterpasses wird unter den Immobilienexperten unterschiedlich beurteilt: während die einen diesen als probates Mittel zum Schutz vor Mietnomaden sehen, so erkennen die anderen jedoch die Gefahr darin, dass jene Mietinteressenten, die unverschuldeterweise keinen solchen Mieterpass aufweisen, in ungerechtfertigter Weise benachteiligt werden. In Deutschland wurde im Mai dieses Jahres vom Bundeskabinett ein Gesetzesentwurf zur Mietrechtsreform beschlossen. Dieser soll besonders den Kleinvermietern eine bessere Handhabe gegenüber Mietprellern ermöglichen. So wurde die sogenannte Berliner Räumung legalisiert und dem Gericht die Möglichkeit gegeben, vom Mieter eine Sicherheitsleistung einzufordern, um zu verhindern, dass letztendlich der Vermieter für alle Kosten aufkommen muss, sollte der Mieter zum Zeitpunkt des Verfahrensendes insolvent 3 sein. Zahlt der Mieter diese Sicherheitsleistung nicht ein, so besteht die Möglichkeit, die Wohnung im Eilverfahren räumen zu lassen. In der Schweiz haben die Richter die Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen dem Vermieter Rechtschutz im Summarischen Verfahren zu gewähren. Dieser Rechtschutz verhilft den Vermieter zu einer raschest möglichen Durchführung der Räumung. Im Unterschied zu Österreich darf die Kaution, die unter dem Namen des Mieters als Sparbuch oder als Depot angelegt sein muss, nur mit beidseitigem Einverständnis oder aufgrund eines rechtskräftigen Urteils behoben werden. In Deutschland wiederum hat der Mieter das Recht, die Kaution in drei gleich hohen Raten zu zahlen, wobei die erste Rate bei Einzug fällig ist. Das bedeutet allerdings, dass dem Vermieter im schlimmsten Fall nur ein Drittel der Kaution zur Verfügung steht. Auf der anderen Seite steht allerdings ein Mieter, der unter Umständen zwischen 6 Monaten und einem Jahr auf die Rückzahlung seiner Kaution warten muss, da der Vermieter dazu berechtigt ist, zumindest einen angemessenen Teil der Kaution aufgrund möglicher Nachforderungen aus der Betriebskostenabrechnung einzubehalten. Es besteht zwar für den Mieter die Möglichkeit, statt einer Kaution in bar eine Mietkautionsversicherung abzuschließen, die berechtigte Forderungen des Vermieters decken soll, jedoch ist diese natürlich mit zusätzlichen Kosten verbunden und die Akzeptanz durch den Vermieter ist fraglich. Im Gegensatz zu Deutschland, wo Versicherungen nun auch Mietausfallsversicherungen zur Absicherung gegen Mietpreller offerieren, gibt es in Österreich noch kein derartiges Angebot (vgl. Schinner, 2012). Auch hier ist die Frage, ob die Kosten-Nutzen-Rechnung zugunsten der Versicherung ausfallen würde. Bleibt in der Hauptsache also die Sorgfalt des Vermieters bei der Auswahl seines Mieters und eine rigide Handlungsweise bei Mietsäumnissen. 4 Abstract For more than a decade trouble caused by rent dodgers has been appearing repeatedly in the media. Unfortunately however, there are no reliable statistics about cases of deliberate rent scam occurring in Austria each year. It is impossible to infer the number of legally sentenced fraudulent tenants from the number of eviction proceedings. Based on interviews carried out, it could be claimed that in Austria as well as in Germany and Switzerland, this kind of incidents happen within the range of one in a thousand. The typical rent dodger rents a property with the intention to stop paying the rent after a short period of time and then stay in the apartment or the house at the expense of the landlord for the longest time possible. Once the tenant finally moves, he/she leaves the property in a more or less bad condition. Then he/she finds the next landlord with whom the whole process is repeated. Most of the time, benevolent landlords give fraudulent tenants the opportunity for rent scam in the first place, they abstain from checking the identity or the income of the potential tenant, and do not take the necessary preventions. There are people, however, who are specialized in deceiving others professionally about their real intentions. Against these, even the most careful landlord is powerless. Decisive is the selection of the tenant before signing the tenancy agreement considering a copy of an official identity card, proof of income and of the payment of the deposit, and the first month's rent before handling over the keys of the property. Real state experts regard the introduction of a so called tenant-pass differently. While some see it as an effective way to avoid rent dodgers, others recognize in it the danger for those who innocently don't have it to be unjustly put at a disadvantage. In May of this year, the German Federal Cabinet decided about the tenancy law reform bill. This should specially enable small landlords with a better legal handle against fraudulent tenants. The legalization of the so called Berlin Vacation followed, and the court was given the possibility to demand a security deposit from tenants, thus helping landlords prevent having to pay for everything in the end, because the tenant became insolvent. If the tenant doesn't pay the security deposit, the apartment may be vacated with summary proceedings. In Switzerland judges are allowed on particular conditions to grant legal protection with summery proceedings to the landlord. This legal protection helps the landlord carry out the vacation as fast as possible. Unlike in Austria, the deposit, which must be under the name 5 of the tenant and in the form of a savings book or a safe deposit, may only be withdrawn with the agreement of both sides or as part of a legally binding sentence. In Germany however, the tenant has the right to pay the deposit in three identical instalments, the first one being due when moving in. Nevertheless, this means that in the worst case the landlord would only receive a third of the deposit. The other face of the coin is a tenant who possibly has to wait between six months and a year to get his deposit back. The landlord has the right to withhold at least a reasonable part of the deposit for eventual additional demands which may arise from the running costs' invoice. The tenant does have the alternative of a rent deposit insurance, which would cover the legitimate demands of the landlord but this doesn't come without extra expenses, and the acceptance of the landlord is doubtful. In contrast to Germany, where insurance companies now also offer renting loss insurances to protect landlords from fraudulent tenants, in Austria there are still no such offers (cf. Schinner, 2012). Again, the question arises, whether the cost-benefit calculation would turn out to be in favour of the insurance company. The most important thing still is a great deal of care from the landlord at the moment of choosing a tenant and a rigid course of action when dealing with rent delays. 6 1. Einleitung Diese Arbeit befasst sich mit dem Phänomen der sogenannten Mietnomaden in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Der Begriff des „Mietnomaden“ wird zu Beginn definiert. Es wird untersucht, ob es sich bei den Vorkommnissen im Zusammenhang mit Mietnomaden um Einzelfälle handelt, die dem privaten Vermieter einen großen Schaden zufügen, jedoch kaum zu verhindern sind, und ob umfangreiche Maßnahmen, wie zum Beispiel Gesetzesänderungen gerechtfertigt wären, da die gemeldeten Vorkommnisse langsam aber doch überhandnehmen. Es wird dargestellt, wie die aktuelle rechtliche Situation in Österreich, Deutschland und der Schweiz für einen betroffenen Vermieter aussieht und welche Unterstützung ihm das Gesetz zuerkennt. Kommt es durch selbiges zu Behinderungen im Verfahren, da auch die Rechtsposition des Mieters in Betracht gezogen werden muss? Eingangs wird die Wohnsituation in Österreich umrissen und die Wohnkosten Österreichs jenen Deutschlands, der Schweiz und der EU gegenübergestellt. Desweiteren wird auf die Präsenz des Themas in den Printmedien im Jahr 2011 eingegangen. Letztendlich wird aufgelistet, welche Vorsichtsmaßnahmen ein Vermieter treffen kann, um zu verhindern, dass ein Mietnomade Mieter seines Objektes wird. In der Literatur wurde in Österreich auf dieses Thema noch nicht ausreichend eingegangen, wiewohl es erst in den letzten Jahren an Aufmerksamkeit gewonnen hat. Anhand von Experteninterviews wird in der vorliegenden Arbeit analysiert, ob und in wieweit sich die Immobilienfachwelt der Verwalter, Treuhänder, Makler und Juristen diesem Thema widmet und ob bereits Maßnahmen gesetzt wurden, um den Schaden, der durch Mietnomaden verursacht wird, abzuwehren. Die Darstellung der relevanten Gesetze wird Aufschluss geben, ob diese weitreichend genug sind oder ob Anpassungen vorgenommen werden sollten – wie zum Beispiel in Deutschland, wo sich derzeit der Bundestag mit diesem Thema beschäftigt. Es sei auch an dieser Stelle erwähnt, dass in Folge nur noch die männliche Personalform verwendet wird, wobei aber ausdrücklich beiderlei Geschlecht inbegriffen ist. Dies soll die Lesbarkeit der Arbeit gewährleisten. 7 2. Wohnen als Grundbedürfnis Wohnen gilt als eines der wichtigsten Grundbedürfnisse des Menschen, denn der Mensch braucht seit jeher einen Ort, an dem er es sich vor äußeren Einflüssen oder Gefahren der Umwelt sicher sein kann (vgl. Hubmann 2005, o. S.). Im Zusammenhang mit dem Grundbedürfnis „Wohnen“ gibt es desweitern auch eine Anzahl an sogenannten Sekundärbedürfnissen, die im Zusammenhang mit dem Bedürfnis nach Wohnen stehen: Es sind dies z.B. der Wunsch nach einem Rückzugsort, um Abstand zur Gesellschaft zu finden, und nach getrennten Räumen mit unterschiedlichen Funktionen und Größen (vgl. Breckner 1981, S.118f). Zu den inneren Dimensionen des Wohnens in Form von Familienleben, Erholung, Intimität und Körperlichkeit gehören auch äußere Faktoren, wie zum Beispiel Leistbarkeit, subjektive Vorlieben, Architektur und soziale Umgebung (vgl. Schneider/Spellerberg 1999, S. 129): Abbildung 1: Äußere Faktoren des Wohnens bauliche Faktoren soziale Faktoren Einkaufsmöglichkeiten Dienstleistungsangebot Natürliche Wohnumwelt Architektur Kontakte zu Nachbarn, Freunde, Angehörige Kontakte zu Mitbewohnern Größe, Grundriss, Ausstattung Haushaltstyp Wohnung Stellenwert der Wohnung Miete Nebenkosten und sonstige Dienstleistungen Bewertung des Hauses und der Mitbewohner Einkaufspreis Dienstleistungspreise Faktorpreise Bewertung des Wohngebietes und der Nachbarschaft Kostenfaktoren subjektive Faktoren Quelle: Schneider / Spellerberg 1999, S. 130 8 Nach Häußermann/Siebel kennzeichnet sich das moderne Wohnen durch folgende vier Komponenten: • Trennung von Wohnen und Arbeiten • Ausgrenzung von Personen • Polarisierung von Öffentlichkeit und Privatheit • Entstehung des Wohnungsmarktes (vgl. Häußermann /Siebel 1996, S. 33) Desweiteren ist ein Wohnsitz die Grundvoraussetzung dafür, an der Gesellschaft teilzuhaben. Jedoch befindet sich der Wohnungssuchende gegenüber dem Vermieter als Eigentümer des Objektes in einer schwächeren Position und somit in der Abhängigkeit eine adäquate Wohnung zu finden. Er hat zwar Wahlmöglichkeit bezüglich Höhe der Miete und Lage der Wohnung, jedoch nicht in der Grundsätzlichkeit des Wohnungsbedarfs. Denn eine Alternative zu Wohnen gibt es nicht (vgl. Schoibl 2008, S. 1). 2.1. Statistiken der Eurostat in Verbindung mit Wohnen Eurostat ist das statistische Amt der Europäischen Union mit der Aufgabe, mit Hilfe von Statistiken Länder und Regionen vergleichbar zu machen. Folgend Statistiken, die die Situation in Österreich, Deutschland und der Schweiz darstellen. Ergänzend angeführt ist die Europäische Union an sich. 2.1.1. Gesamte Wohnkosten in Kaufkraftstandard von 2006 bis 2010 Unter dem Begriff „Kaufkraftstandard“ versteht man eine Kunstwährung der EU, das heißt eine fiktive Geldeinheit, die dazu dient, durch Ausschaltung unterschiedlicher Preisniveaus in den Mitgliedsländern deren Wirtschaftsdaten vergleichbar zum machen. Ein KKS entspricht in etwa einen Euro (vgl. www.enzyklo.de [18.06.2012]). Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, dass die Summe der Wohnkosten im europäischen Durchschnitt zwischen 2006 und 2008 gestiegen ist, ab 2009 wieder sank und im Jahr 2010 mit 451,6 unter dem Niveau von 2007 stand. Im Gegensatz zur EU und Deutschland, wo 9 die gesamten Wohnkosten im Jahr 2010 gesunken sind, stiegen sie im Österreich um 3,43% auf 467,5 und in der Schweiz um ca. 0,16% auf 804,0. Abbildung 2: Gesamte Wohnkosten in KKS 2006 2007 2008 2009 2010 Europäische Union 443,2 464,8 486,3 477,3 451,6 Deutschland 712,8 785,5 801,0 771,3 646,4 Österreich 404,4 439,9 455,8 452,0 467,5 803,6 802,7 804,0 Schweiz -- -- EU 2006: geschätzt Quelle: www.appsso.eurostat.ec.europa.eu [18.7.2012] 2.1.2. Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen Im europäischen Durchschnitt hatten die Wohnkosten in 2010 einen Anteil von ca. 22,4% am verfügbaren Haushaltseinkommen. Dieser Wert wird von Österreich mit 17,6% deutlich unterschritten, wogegen in Deutschland und in der Schweiz der Anteil mehr als ein Viertel des Haushaltseinkommens beträgt. Ist der Anteil in der EU und Deutschland gesunken, so zeigt sich für Österreich und der Schweiz ein Anstieg von ca. 1,2% bzw. 3,13%. Abbildung 3: Anteil Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen 2006 2007 2008 2009 2010 Europäische Union 25,2 23,6 23,1 22,8 22,4 Deutschland 33,2 32,6 31,8 30,9 27,5 Österreich 17,3 18,0 17,6 17,4 17,6 26,8 25,6 26,4 Schweiz -- -- EU 2006: geschätzt Quelle: www.appsso.eurostat.ec.europa.eu [18.7.2012] 2.1.3. Anteil der Miete für selbstgenutzten Wohnraum am verfügbaren Haushaltseinkommen Im Gegensatz zu Tabelle 3 wird hier der Anteil der Miete für den selbstgenutzten Wohnraum am verfügbaren Haushaltseinkommen dargestellt. Es zeigt sich, dass der Anteil der Miete in der EU und in Österreich höher ist, in der Schweiz, gleich groß und in Deutschland deutlich geringer als der Anteil der gesamten Wohnkosten am verfügbaren 10 Haushaltseinkommen. Ist der Anteil in der EU und in der Schweiz um 1,7 bzw. 6,0% gestiegen, so hat er sich in Deutschland um 3,2% und in Österreich um 1,5% verringert. Abbildung 4: Anteil Miete am verfügbaren Haushaltseinkommen 2006 2007 2008 2009 2010 Europäische Union 23,1 23,4 23,0 23,3 23,7 Deutschland 21,8 21,7 21,6 21,8 21,1 Österreich 19,1 20,1 19,1 19,6 19,3 26,1 24,9 26,4 Schweiz -- -- EU 2006: geschätzt Quelle: www.appsso.eurostat.ec.europa.eu [18.7.2012] 2.2. Gesamtanzahl der Hauptwohnsitze in Österreich Im Jahr 2011 wurden von der Statistik Austria 3.650.400 Hauptwohnsitzwohnungen in Österreich gezählt. Davon entfallen 40% auf Wohnungen, die von Hauptmietern genutzt werden, in Summe also 1.460.200 Wohnungen in ganz Österreich. In Wien befinden sich 854.000 Hauptwohnsitzwohnungen, von denen 74,1% im Hauptmietverhältnis vergeben sind, somit also ca. 632.800. Abbildung 5: Hauptwohnsitzwohnungen nach Rechtsverhältnis und Bundesland Rechtsverhältnis der Haushalte an der Wohnung HauptwohnsitzVerwandte Sonstige wohnungen HausWohnungs- HauptUnterder HausRechtsgesamt eigentümer mieter mieter eigentümer eigentümer verhältnisse in 1.000 in % Österreich 3.650,40 39,3 5,4 10,7 40 1,1 3,5 Burgenland 113,6 71,5 7,6 1,8 16,3 1,1 1,7 Kärnten 240,6 50 6,6 6,4 33,5 0,5 2,9 Niederösterreich 673,2 58,4 6,6 6,7 24,8 0,7 2,8 Oberösterreich 589,6 45,5 8,6 7,6 32,6 1 4,7 Salzburg 226,4 37,3 8 16,5 33,3 0,8 4 Steiermark 507,1 47,7 5,3 11,9 30,9 0,8 3,3 Tirol 292,7 41,5 7,1 16,5 31,3 0,8 2,8 Vorarlberg 153,2 47,1 3,5 14,7 29,7 0,5 4,5 Wien 854 6 0,6 13,6 74,1 2 3,7 Quelle: www.statistik.at [18.7.2012] 2.3. Wohnkosten für entgeltlich genutzte Wohnungen in Österreich Laut Statistik Austria wurden im Jahr 2011 ca. 1,93 Mio. Hauptwohnsitz-Wohnungen gezählt, die entgeltlich genutzt wurden. Nicht mit einbezogen sind Eigentumswohnungen, 11 die vom Eigentümer selber genutzt wurden (diese werden in jedem Fall als „unentgeltliches Wohnverhältnis“ angenommen) oder die unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurden (vgl. www.statistik.at [07.07.12]). In nachfolgender Tabelle ist die Änderung des durchschnittlichen Aufwands pro Wohnung bezogen auf Miete bzw. Rückzahlung/Annuität bei Eigentumswohnungen und Betriebskosten inklusive etwaige Heizungs- und Garagen-/Abstellplatzkosten (inkl. MwSt) für die Jahre 2010 und 2011 dargestellt: die Steigerung beträgt 2,8% (Durchschnitt 2011: EUR 410 zu Durchschnitt 2010: EUR 399). Ähnlich verhält sich der Aufwand pro Quadratmeter Nutzfläche: EUR 5,69 in 2011 zu EUR 5,53 in 2010, somit ein Plus von 2,9%. Durch den Abzug von Garagen/Abstellplatzkosten ergibt sich keine tendenzielle Änderung (vgl. www.statistik.at [07.07.12]). Abbildung 6: Aufwand: entgeltlich bewohnte Wohnungen (ohne Garagen- bzw. Abstellplatzkosten) Jahr,Quartal 2009 2010 2011 1.Quartal2011 2.Quartal2011 3.Quartal2011 4.Quartal2011 1.Quartal2012 Entgeltlich bewohnte Hauptwohnsitzwohnungen Aufwand in € pro Wohnung m2 383 394 405 399 402 405 414 417 5,35 5,47 5,63 5,56 5,59 5,64 5,73 5,75 darunter Hauptmietwohnungen Eigentumswohnungen Aufwand in € pro Aufwand in € pro Wohnung m2 Wohnung m2 412 6,01 280 3,38 426 6,17 285 3,41 440 6,38 282 3,37 434 6,3 277 3,32 436 6,33 283 3,36 441 6,39 282 3,37 450 6,49 284 3,41 455 6,54 286 3,44 Quelle: www.statistik.at [2.7.2012] 2.4. Wohnungsaufwand Hauptmietwohnungen und Inflation Die Inflation im Jahresdurchschnitt betrug im Jahr 2009 0,5%, in 2010 1,9% und im Jahr 2011 3,3%, womit die Inflation den Jahresdurchschnitt in 2008 (3,2%) mit 0,1% überschritten wurde. Der Aufwand für Hauptmietwohnungen allerdings stieg verglichen mit der Inflation stärker an und betrug 2010 +2,52% und 2011 +3,4%. 12 2.5. Durchschnittlicher Wohnungsaufwand für Mietwohnungen nach Bundesländern in Österreich Der Wohnungsaufwand für Mietwohnungen weist österreichweit Unterschiede von bis zu 70,45% auf (Burgenland EUR 4,4 zu Salzburg EUR 7,5). Wien liegt mit einem durchschnittlichen Wohnungsaufwand von EUR 6,3 nur um EUR 0,1 über dem österreichischen Durchschnitt von EUR 6,2. Der Wohnungsaufwand ist generell in Neubauwohnungen höher als in Altbauwohnungen, was auch im Zusammenhang mit einer gestiegenen Wohnqualität steht (vgl. Amann/Mundt/Lugger 2010, S 34). Abbildung 7: Durchschnittlicher Wohnungsaufwand nach Bundesländern (2010) Quelle: Amann/Mundt/Lugger 2010, S. 33 2.6. Privatkonkurse (Entschuldungsverfahren) in Österreich Es gibt verschiedene Gründe, warum eine Privatperson Schulden anhäuft, die sie eines Tages nicht mehr zurückzahlen kann: abgesehen von der großen Gruppe von ehemaligen Unternehmern, die als Einzelunternehmer haften, gelten eine Verschlechterung des Einkommens, Verlust des Arbeitsplatzes, Krankheit/Scheidung und sorgloser Umgang als Ursache für Überschuldung (vgl. www.ksv.at [5.8.2012]). Im Durchschnitt betrug die Verschuldung der „echten“ Privaten bei Eintritt in das Schuldenregulierungsverfahren ca. € 60.000. Überwiegend sind die Betroffenen männliche, selbstständige Städter zwischen 30 und 50 Jahren. Im Jahr 2011 wurden knapp 9.600 Insolvenzfälle verzeichnet, davon mehr als ein Drittel in Wien, Tendenz steigend (vgl. www.ksv.at [5.8.2012]). 13 2.7. Gerichtliche Delogierungs- und Kündigungsverfahren in Österreich Österreichweit stiegen die Delogierungs- bzw. Kündigungsverfahren von 2010 auf 2011 um 1,06% von 36.597 auf 36.985, sohin um 388 Fälle. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass in Wien mit + 362 der stärkste Anstieg an Verfahren zu verzeichnen war, gefolgt von Salzburg (+79), Kärnten (+62) und der Steiermark (+56), wogegen die Zahlen in Tirol (-107), Oberösterreich (-91), Niederösterreich (-48), Vorarlberg (-34) und dem Burgenland (-3) rückläufig waren. Abbildung 8: Gerichtliche Delogierungs- und Kündigungsverfahren (2010 – 2011) 2010 2011 Kündigungs- Delogierungs- Kündigungs- Delogierungsverfahren verfahren verfahren verfahren Österreich gesamt 30.613 5.984 36.597 Burgenland 54 397 1.249 305 396 2.976 1.240 2.756 1.616 1404 163 1501 392 2.991 3.275 Tirol 1.175 174 Vorarlberg 340 775 Wien 1.084 158 382 357 739 16.737 19.462 2.725 17.037 19.824 Quelle: www.bawo.at [04.07.2012] 14 + 62 + 3,99% - 48 - 1,60% - 91 - 3,30% + 79 + 5,04% + 56 + 1,70% - 107 - 7,90% - - 340 1.242 445 - 0,75% 145 3.331 1.349 3 1.049 1.646 2.883 - 371 1.665 1.567 Steiermark 2.557 + 1,06% 287 2.928 1.516 Salzburg 1.329 + 388 46 1.616 2.580 Oberösterreich 348 394 1.554 Niederösterreich 5.709 36.985 343 Kärnten 31.276 34 4,39 2.787 + 362 + 1,86% 2.8. Entwicklung der Zwangsräumungen in den Bundesländern (20102011) Bei ca. 14,2 % aller gerichtlichen Delogierungs- und Kündigungsverfahren kam es 2011 tatsächlich zu einer Zwangsräumung. Seit 2008 ist die Anzahl rückläufig und belief sich im Jahr 2011 auf 5.253 Räumungen in ganz Österreich. Abbildung 9: Entwicklung der Zwangsräumungen von 2004 – 2011 2004 Burgenland 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 42 29 32 39 33 32 41 38 Kärnten Niederösterreich Oberösterreich 232 253 332 269 278 261 258 277 480 492 564 494 520 486 416 446 551 638 617 487 542 546 535 541 Salzburg 255 278 286 200 221 196 200 216 Steiermark 661 679 744 603 610 597 542 558 Tirol 282 308 302 256 199 210 228 244 Vorarlberg 162 175 181 163 169 137 157 131 Wien 4.156 3.972 4.125 2.810 3.041 3.044 3.089 2.802 Österreich gesamt 6.821 6.824 7.183 5.321 5.613 5.509 5.466 5.253 Quelle: www.bawo.at [04.07.2012] 2.9. Wohnungslosigkeit in Österreich Ist auf der einen Seite Wohnen ein elementares Grundbedürfnis des Menschen, um ihm einen Platz in der Gesellschaft zu sichern, so ist auf der anderen Seite auch zu erwähnen, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass jeder Person Wohnraum zur Verfügung steht. In Österreich lebt eine große Anzahl an Personen ohne Obdach bzw. gilt als wohnungslos. FEANTSA (Europäischer Dachverband der Wohnungslosenhilfe) hat eine Typologie der Wohnungslosigkeit erarbeitet, die unter dem Namen ETHOS wohnungslose Menschen nach ihrer Wohnsituation klassifiziert: so gelten jene Personen als obdachlos, die im öffentlichen Raum, in Verschlägen, unter Brücken und ähnlichem bzw. in Notschlafstellen und Wärmestuben schlafen. Als wohnungslos gelten Menschen, die in Wohnungsloseneinrichtungen, in Frauenhäusern, in Einrichtungen für MigrantInnen und AsylwerberInnen 15 bzw. in Dauereinrichtungen für Wohnungslose wohnen und jene, für die nach der Entlassung aus einer Institution (Gefängnis, Spital, Heim) kein ordentlicher Wohnsitz vorhanden ist. Desweiteren gibt es noch die Kategorien „ungesichertes Wohnen“ und „ungenügsames Wohnen“ (vgl. www.bawo.at [29.7.2012]). Eine statistisch exakte Erfassung aller tatsächlich obdachlos bzw. wohnungslos Lebenden wurde bis dato nicht durchgeführt, sodass mangels Verfügbarkeit aktueller Daten auf ältere Darstellungen zurückgegriffen werden muss: Laut einer Studie des Institutes für Soziologie der Universität Wien waren 1999 in Österreich ca. 1.000 – 2.000 Menschen akut wohnungslos, in Wien galten 2002 zwischen 500 – 1.000 Personen als akut wohnungslos. Abbildung 10: Schätzungen der Zahl der Wohnungslosen in Österreich/Wien Wohnungslosigkeit nach der Definition der Vereinten Nationen Österreich Wien Akute Wohnungslosigkeit 1.000-2.000 500-1.000 Wohnunglosigkeit im Sinner der temporären Unterbringung in Sozialeinrichtungen 12.000 3.700 Bevorstehende Wohnungslosigkeit 83.000 45.100 Potenzielle Wohnungslosigkeit 172.000 50.300 Quelle: Till/Till-Tentschert 2006, S. 69 2.10. Recht auf Wohnen Die Europäische Sozialcharta ist ein Abkommen des Europarates, das die sozialen und wirtschaftlichen Grundrechte des Menschen garantieren soll. Es wurde 1961 verabschiedet und 1996 revidiert. Die revidierte Sozialcharta (RESC) enthält unter anderem das Recht auf Wohnen und wurde 2008 von 25 Staaten unterzeichnet. Von diesen Staaten akzeptierten jedoch nur 12 die Bestimmungen bezüglich des Rechts auf Wohnen. Dies sind: Andorra, Finnland, Frankreich, Italien, Litauen, Niederlande, Norwegen, Portugal, Slowenien, Schweden, Türkei und Ukraine (vgl. FEANTSA 2009, S. 3). Im Artikel 31 verpflichten sich die unterzeichnenden Vertragsparteien dazu, Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu Wohnraum mit ausreichendem Standard zu fördern, der Obdachlosigkeit vorzubeugen und sie mit dem Ziel der schrittweisen Beseitigung abzubauen und die Wohnkosten für Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, tragbar zu machen (vgl. FEANTSA 2009, S. 4). 16 Österreich hat Artikel 31 nicht akzeptiert. Ein Vorschlag der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungshilfe (BAWO) im Jahr 2010 zur verfassungsmäßigen Verankerung eines Rechts auf Wohnen wurde von allen Parlamentsklubs in unterschiedlicher Detailliertheit abschlägig beantwortet (vgl. www.bawo.at [18.7.2012]). 2.11. Wohnbauförderung in Österreich Wir leben in einer Zeit, in der die Nachfrage nach leistbarem Wohnraum der Verknappung der Baufläche und damit der Verteuerung der Errichtung von Wohngebäuden gegenübersteht. Das österreichische Wohnbauförderungssystem zählt europaweit zu einem der besten Modelle, es stellt leistbare Wohnfläche sicher, sorgt für eine soziale Durchmischung der Bevölkerung und vermeidet dadurch eine punktuelle Ghettobildung (vgl. IIBW 2011, S 5). Es stabilisiert sowohl den Wohnungsmarkt als auch die Bauproduktion und sichert Arbeitsplätze. Im Streben nach einem ausgeglichen Budget wurden jedoch politische Maßnahmen ergriffen, die unter anderem auch zu Einschnitte in die österreichische Wohnbauförderung geführt haben, zuletzt zur Aufhebung der Zweckbindung der Wohnbauförderungsmittel mit dem Finanzausgleich 2008 (vgl. IIBW 2011, S 5). Die Anzahl der Förderungszusicherungen im Neubau hat sich von 2009 auf 2010 um 17% verringert, vor allem in Niederösterreich, Oberösterreich und Wien. Dies ist der niedrigste Stand seit 1990; von weiteren Kürzungen kann aufgrund der Budgetvoranschläge der Bundesländer ausgegangen werden. Kann jedoch der geschätzte Bedarf von ca. 45.000 bis 55.000 Neubauwohnungen pro Jahr bis 2020 aufgrund der Reduzierung der Fördermittel nicht entsprechend befriedigt werden, so wird es vor allem in jenen Bundesländern zu einem Engpass an leistbarem Wohnraum kommen, in denen bereits jetzt der Bedarf an Wohnraum und der geförderte Wohnungsneubau auseinander driftet (vgl. IIBW 2011, S 7). 17 3. Medienpräsenz des Themas „Mietnomaden“ in 2011 Ausschlaggebend für die Erstellung der vorliegenden Arbeit war die Medienpräsenz des Themas „Mietnomaden“ im Sommer 2011. Anlass dafür war unter anderem der von der Rustler Gruppe eingeführte Mieterpass, der auf reges Interesse stieß. Vor allem in den Printmedien erschienen diesbezüglich zahlreiche Artikel. Einen weiteren Grund sieht einer der befragten Experten in der verstärkten Bewerbung von Vorsorgewohnungen als Wertanlage und Zukunftsvorsorge (vgl. Experteninterview Koessler, 2012). Das Konzept der Vorsorgewohnung besteht darin, neben dem Einsatz von Eigenkapital und Ausnutzung von steuerlichen Vorteilen, eine Ausfinanzierung des benötigten Kredits durch die in Zukunft lukrierbaren Mieteinnahmen zu gewährleisten. Kann der Vermieter jedoch über längere Zeit keine Miete einnehmen, so besteht die Gefahr, dass das Finanzierungskonzept scheitert und der Eigentümer im schlimmsten Fall zum Verkauf der Vorsorgewohnung gezwungen ist. Daher sollte bei der Bewerbung von Vorsorgewohnungen verstärkt auf Risiken aufmerksam gemacht werden (vgl. Experteninterview Kössler, 2012) 3.1. Inhalt der Medienberichterstattung Bereits seit Jahren ist das Phänomen des Mietnomaden in unterschiedlichem Umfang Thema in den Medien. Zum Beispiel wurde 2007 ein Artikel in der Presse veröffentlicht, der unter dem Titel „Mietnomaden in der Vorsorgewohnung“ die Auswirkungen des Mietausfalles auf den Eigentümer einer Vorsorgewohnung und das erforderliche Verfahren gegen den säumigen Mieter beschrieb (vgl. Sorgo 2007). Im Sommer 2011 wurde die Einführung des Mieterpasses durch die Rustler Gruppe zum Anlass genommen, konkret auf das Phänomen „Mietnomaden“ einzugehen, die Gefahren einer sorglosen Auswahl des Mieters aufzuzeigen und das Für und Wider eines Mieterzeugnisses abzuwägen. Dem Interesse eines Vermieters an der bisherigen Zahlungsmoral des potentiellen Mieters stehen Einwände bezüglich des Datenschutzes und der Kostentragung gegenüber. Wiederholt wurde darauf hingewiesen, dass die sorgfältige Informationseinholung vor Abschluss des Mietvertrages unerlässlich und der einzige wirkungsvolle Schutz ist. 18 3.2. Auszug aus der Medienberichterstattung 3.2.1. Wirtschaftsblatt vom 17.6.2011 Zeugnis für Mieter soll Vermieter schützen Sie sind der Albtraum jedes Vermieters: Mietnomaden, die sich wiederholt ohne Bezahlung aus dem Staub machen und ihr Kurzzeit-Quartier zudem oft verwüstet hinterlassen. Für den Vermieter kann das teuer werden. Die Kosten für entgangene Mieten, Reparaturen oder Gerichtsverfahren in der Größenordnung von fünf Jahresmieten sind keine Seltenheit. Nun haben Österreichs Immobilienbesitzer in Zusammenarbeit mit der Hausverwaltung Rustler eine Initiative gestartet, die dem ein Ende setzen soll. "Die Idee ist, ordentlichen Mietern einen positiven Mieterpass auszustellen", fordert Martin Troger, Chef der Hausverwaltung Rustler. "Der Mieterpass ist vergleichbar mit einem Arbeitszeugnis und kann dem Vermieter vorgelegt werden." In einigen Ländern Europas gehört ein solcher Mietpass zum Standard. So werden Wohnungssuchende in Deutschland nahezu ausnahmslos nach einem positiven Mieterzeugnis gefragt. Die heimische Initiative sieht vor, Mietinteressenten mit einem Mieterpass als Vertragspartner bei Vermietungen zu bevorzugen und ihnen bei der Kautionshöhe entgegenzukommen. Quelle: Möchel, 2011 Verkaufte Auflage (täglich): 21.800, Reichweite (täglich): 87.000 www.wirtschaftsblatt.at [10.8.2012]). 3.2.2. Wiener Zeitung am 8.7.2011 Wien. Wer seine Eigentumswohnung vermietet, sollte einige Feinheiten beachten, um hohe Kosten oder den Gang vor Gericht zu vermeiden. Käufer, die eine Immobilie als Anlage besitzen und weitervermieten, sollten sich bei der Auswahl des Mieters einen genauen Eindruck vom Gegenüber machen: Wirkt die Person vertrauenswürdig? Dabei hilft, schon beim ersten Gespräch möglichst viel über die persönliche Situation des Mieters zu erfragen - etwa Familienstand, Anzahl der Kinder, Haustiere und auch Hobbys. Ob sich ein Mieter die Wohnung leisten kann, zeigt ein Einkommensnachweis. Werden Fragen nach dem Einkommen ungern oder ausweichend beantwortet, kann das ein schlechtes Zeichen sein. Zudem könne der Vermieter eine Anfrage beim Kreditschutzverband starten, sagt Friedrich Noszek, Präsident des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes (ÖHGB). "Eine absolute Garantie gibt es aber nicht", warnt Noszek. Ein Mann im Nadelstreif-Anzug habe sich beispielsweise als Mafia-Mitglied entpuppt und 19 (vgl. sich ins Ausland abgesetzt. Und eine Frau in Designerkleidung stellte sich als Mietnomadin heraus, die von Wohnung zu Wohnung zog und nie Miete zahlte. Vorsicht ist daher geboten, wenn ein Mieter von heute auf morgen einziehen und sofort seine Einrichtung und persönliche Gegenstände in der Wohnung deponieren will. Mietnomaden hinterlassen die Wohnung oft verwüstet - "und die Vermieter müssen viel Geld hineinstecken, damit der ursprüngliche Zustand der Wohnung wiederhergestellt ist", sagt Noszek. Bei Verträgen mit Paaren oder Familien sollten Vermieter darauf achten, ob der Vertrag mit einer Person oder mit beiden Partnern abgeschlossen wird, denn das kann im Fall einer Trennung oder Scheidung wichtig sein, sagt Christoph Petermann, Geschäftsführer der Raiffeisen Immobilien Vermittlung. Weil es für einen privaten Vermieter oft schwierig ist zu überprüfen, ob sich der Mieter die Miete leisten kann, wird häufig eine Kaution oder Bankgarantie vereinbart. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass zwischen dem Ende des Mietvertrages und dem Rückstellungstermin der Kaution mindestens drei Monate eingeplant werden, um Schäden in der Wohnung feststellen und von einem Sachverständigen schätzen lassen zu können. "Denn die höchste Kaution nützt wenig, wenn man erst nach ihrer Rückzahlung entdeckt, wie groß die Schäden an Haus oder Wohnung tatsächlich waren", sagt Petermann. Quelle: Freynschlag, 2011 Gedruckte Auflage: 21.800, Reichweite: 87.000 (vgl. www.wienerzeitung.at [10.8.2012]). 3.2.3. Salzburger Nachrichten vom 2.7.2011 Miete: Anständigkeit zahlt sich aus „Mieterpass“ bestätigt Vertragstreue und hilft gegen Mietnomaden salzburg (SN-sb). In den vergangenen Monaten und Jahren haben vor allem die Investoren den Wohnungsmarkt geprägt. Viele haben in Immobilien investiert, um sie weiterzuvermieten. Doch auf der Suche nach verlässlichen Mietern stößt man oft an Grenzen. Das Phänomen der Mietnomaden, die gar nicht vorhaben, den Mietvertrag auch einzuhalten und möglichst lang auf Kosten anderer wohnen, ist inzwischen auch in Österreich bekannt. Dieses immer größere werdende Problem der Mietnomaden soll durch einen „Mieterpass“, der die Vertragstreue von Mietern von Wohnungen bestätigt, gelöst werden. „Zu allen Zeiten ist für Immobilienbesitzer Vertragstreue der Mieter wesentlich, vor allem pünktlich gezahlte Mieten sind überlebenswichtig“, sagt Martin Troger von der Wiener Gebäudeverwaltung Rustler: „Es gibt leider immer wieder Personen, sogenannte Mietnomaden, die den Immobilienbesitzer sehr viel Geld kosten.“ 20 Nicht nur, dass von Anfang an so gut wie keine Miete bezahlt wird, werden Wohnungen oft völlig zerstört zurückgelassen. Dies bedeutet enorme Kosten für entgangene Mieten, Reparaturen oder Gerichtsverfahren, vergleichbar etwa mit Mieteinnahmen für fünf Jahre. Aus diesem Grund haben sich viele größere und kleinere Immobilienbesitzer in Zusammenarbeit mit der Rustler Gruppe Gedanken gemacht, wie man ordentliche und pflichtbewusste Mieter belohnen bzw. unterstützen kann. Troger: „Die Idee ist, ordentlichen Mietern einen positiven ,Mieterpass‘ auszustellen. Der Mieterpass ist vergleichbar mit einem Arbeitszeugnis.“ In der Berufswelt sei es ein ganz alltäglicher Vorgang, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Zeugnis ausstellt. Dieser Mieterpass kann, analog zum Arbeitszeugnis, für die zukünftige Wohnungssuche dem Vermieter vorgelegt werden. „Diese Vorgehensweise ist in einigen Ländern Europas bereits zum Standard geworden. Will man in Deutschland eine Wohnung mieten, wird man nahezu ausnahmslos nach einem positiven Mieterzeugnis gefragt“, erklärt Troger. Es werde von einigen Eigentümern bereits laut darüber nachgedacht, Mietinteressenten, die einen positiven Mieterpass besitzen, als Vertragspartner bei Vermietungen zu bevorzugen und auch mit der Kautionshöhe entgegenzukommen. Der „Mieterpass“ soll in Zukunft anständige Mieter hervorheben und ihnen Vorteile verschaffen, und Immobilienbesitzer vor Mietnomaden und hohen Kosten schützen. Troger: „Wenn sich der „Mieterpass“ in Österreich, so wie bereits in einigen andern Ländern geschehen, durchsetzt, bringt das erhebliche Vorteile für Mieter und Vermieter.“ Um in diesem Bereich ein Vorbild zu sein, werde ab sofort jeder vertragstreue Wohnungsmieter von der Hausverwaltung Rustler ein entsprechendes Schreiben erhalten. Quelle: www.salzburg.com [10.8.2012] Verkaufte Auflage (täglich): 70.100, Reichweite (täglich): 253.000 www.salzburg.com [10.8.2012]). 3.2.4. Die Presse vom 4.11.2011 Mietverträge: Die Angst vor dem säumigen Mieter Vermieter prüfen die Zahlungsfähigkeit ihrer Kunden strenger als bisher. Einkommensnachweise und die „Drittelregel“ sind heute Standard, Bürgschaften nehmen zu. Wien. So richtig hat Judith D. es gar nicht glauben können. Als die 28-Jährige nach zwei Jahren im Ausland wieder nach Österreich zurückgekehrt ist, war sie 21 (vgl. überrascht, wie viele Nachweise sie für das Mieten einer Wohnung in Wien auf einmal erbringen musste. Da verlangte der Vermieter einen Einkommensnachweis über die vergangenen drei Monate, eine Bestätigung ihres unbefristeten Dienstvertrages mit ihrer Firma und so viel Geld auf dem Gehaltszettel, dass die Miete der Wohnung nicht mehr als ein Drittel ihres Nettoverdienstes ausmacht. „Es ist sicherlich so, dass es für die Leute schwerer geworden ist, eine geeignete Wohnung zu finden. Einerseits weil Wohnen teurer geworden ist, andererseits, weil Vermieter mehr Sicherheit verlangen als früher“, sagt Brigitte Sentall-Tripolt von Fokus Makler. Die Immobilienmaklerin ist seit acht Jahren im Geschäft und hat sich vorwiegend auf den Mietwohnbereich spezialisiert. Im Detail spricht Sentall-Tripolt von Sicherheiten und schriftlichen Nachweisen, die in den vergangenen drei Jahren immer öfter von Vermietern eingefordert werden. Oder von der raschen Forderung eines Bürgen, sollte sich ein Mieter als nicht finanzkräftig genug erweisen. Wer das nicht vorweisen kann oder mag, dem wird nicht, wie früher, einfach eine höhere Kaution abverlangt, sondern gleich abgesagt. „Da sind die Vermieter mittlerweile sehr restriktiv geworden“, erklärt Sentall-Tripolt. Im Eigeninteresse des Mieters Argumentiert wird dieses Vorgehen häufig nicht nur mit der Angst vor Zahlungsausfällen, sondern auch mit dem Schutz des Mieters. „Es ist ja auch nicht in deren Interesse, eine zu teure Wohnung zu nehmen, die sie nicht zahlen können“, sagt etwa Sentall-Tripolt. In der Praxis wirft diese Entwicklung vor allem für Jungfamilien und Ausländer Probleme auf. Letztere arbeiten besonders oft in kleinen Familienbetrieben. So manche Vermieter schenken dann ihren Beschäftigungsnachweisen wenig Glauben. Jungfamilien wiederum „benötigen eine verhältnismäßig große Wohnung, haben aber oft ein zu geringes Einkommen, um sich diese nach der Ein-Drittel-Richtlinie leisten zu können“, sagt Sentall-Tripolt. Beim Österreichischen Verband für Immobilientreuhänder ist man sich dieser Entwicklung bewusst. „Die Frage der Bonität wird viel ernster geprüft als früher“, sagt der Geschäftsführer Anton Holzapfel. Es gehöre aber ohnedies zu den „Kernaufgaben eines Maklers, auf diese Dinge zu schauen“, sagt er. Auch Immobilienmaklerin Elisabeth Rohr von Elisabeth Rohr Real Estate hat seit Neuestem einen Kunden, der von seinen Mietern wissen will, mit welcher Hausverwaltung diese zuvor zu tun gehabt hätten, „damit sie sich Referenzen holen können“. Von einer verstärkten Kontrolle möchte sie zwar nicht sprechen. Aber auch sie hat schon Bestätigungen über unbefristete Dienstverhältnisse einholen müssen. Wobei: „Österreicher haben mit dem Erbringen von Nachweisen oft größere Probleme als zum Beispiel Deutsche. Für die ist das normal“, erzählt sie. Auskunft ist besser als Nachweis 22 Tatsächlich ist die genaue Durchleuchtung der Lebens- und Finanzsituation vor dem Abschluss eines Mietvertrags im Ausland längst Alltag. „In London gehen die Leute mit solchen Bestätigungen schon zur Wohnungsbesichtigung“, erzählt Elisabeth Rohr. Ob solche Methoden aber wirklich vor schlechten Erfahrungen schützen, darüber scheiden sich die Geister: „Was nützt mir ein Einkommensnachweis, wenn er mir keine Auskunft darüber gibt, ob dieser Mensch für zwei uneheliche Kinder zahlen muss oder sonst irgendwie finanziell belastet ist“, sagt Sigrid Räht von der Gemeinschaft für Wohnungseigentümer. Sie empfiehlt daher allen Vermietern, ihre Mieter persönlich kennenzulernen und sich nicht auf Makler zu verlassen. „Oft hören wir Vermieter sagen: Hätte ich diese Person davor gekannt, hätte ich ihr nie die Wohnung gegeben“, erzählt Räht. Passt das gute Gefühl, müsse man auch nicht unbedingt nur auf den Gehaltszettel schauen. Besser sei es, bei Unsicherheit einen Bürgen zu verlangen, um sich doppelt abzusichern. Quelle: Winroither, 2011 Verkaufte Auflage (täglich): 74.000, www.diepresse.com [10.8.2012]). 23 Reichweite (täglich): 263.000 (vgl. 4. Definition und Abgrenzung des Begriffs „Mietnomade“ Mangels einer gültigen Legaldefinition ist es notwendig, eine klar umgrenzte Definition des sogenannten „Mietnomaden“ zu erstellen und zu erläutern, inwiefern sich der Mietnomade von anderen Mietern unterscheidet, die ebenfalls in Zahlungsverzug geraten. Der Begriff „Nomade“ bezeichnet Menschen, die aus verschiedenen Gründen eine nicht sesshafte Lebensweise führen und somit ihren Wohnort immer wieder aufs Neue verlegen. Vor allem im afrikanischen bzw. asiatischen Raum sicherte diese Lebensweise über viele Jahrtausende hinweg das Überleben eines Stammes. Heutzutage ist diese Wortverwendung in Kombination mit dem Wort „Miete“ ein Synonym für den Tatbestand der Mietprellerei geworden und stellt einen der beiden Hauptmerkmale der Begriffsdefinition dar. Das zweite Hauptmerkmal umfasst den Vorsatz des Mietbetrügers, die Zahlung der Miete nach kurzer Zeit einzustellen. Folgen auf die Nichtbezahlung der Mietschuld rechtliche Schritte seitens des Vermieters, so wird die Wohnung entweder über Nacht verlassen oder es beginnt ein Rechtstreit, der je nach Rechtskenntnis des Mieters durchschnittlich sechs bis 18 Monate, in einigen Fällen jedoch auch mehrere Jahre dauern kann. Letztendlich erhält der Vermieter seine Wohnung oder sein Haus nach kostspieligen Aufwendungen mehr oder minder beschädigt zurück. Mit dem Ausfall des Mietzinses und der Betriebskosten können also noch weitere Begleiterscheinungen des Mietnomadentums einher gehen: die Devastierung und/oder die Vermüllung des vermieteten Objektes. Die Devastierung beginnt bei achtlosem, groben Umgang mit den mitvermieteten Einrichtungsgegenständen, wenn der Mieter also die Beschädigung dieser Gegenstände wissentlich in Kauf nimmt, und geht bis zur mutwilligen Zerstörung derselben, wobei es sogar vorkommen kann, dass ein allenfalls vorhandener Parkettboden herausgerissen (und verbrannt) wird. Auf jeden Fall darf nicht übersehen werden, dass es auch andere Gründe für einen Mietausfall gibt, die nicht unter dem Begriff des Mietnomadentums subsumierbar sind. Einerseits kann der Mieter einen ihm rechtlich zustehenden Mietzinsminderungsanspruch aufgrund von auftretenden Mängeln im Bestandobjekt erheben; andererseits kann der Mieter aus privaten Gründen, wie zum Beispiel durch Kündigung des Arbeitsplatzes, in die Lage geraten sein, zwar zahlungswillig jedoch kurzfristig nicht zahlungsfähig zu sein. 24 Mietnomaden stellen für einen Vermieter ein besonderes Problem dar. Obwohl das Eigentumsrecht eines der am stärksten geschützten Rechte in Österreich ist, sieht es so aus, als wären Betroffene gegen manche dieser Betrüger beiderlei Geschlechts nahezu machtlos. Eignet sich eine solche Person auch noch rechtliche Kenntnisse an, so kann das Rechtssystem, wiewohl es dafür geschaffen wurde, vor Missbrauch zu schützen, zum gegenteiligen Nutzen dienen. Eine Abfrage im Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes hat ergeben, dass der Begriff „Mietnomade“ bis dato nicht in den Urteilen österreichischer Richter Anwendung findet. Jedoch scheint auch nicht der Begriff „Mietpreller“ auf, der auf den Tatbestand des Mietbetruges eindeutiger zutrifft als die verbal verharmlosende Bezeichnung „Mietnomade“. Auch in Deutschland wird der Begriff „Mietnomade“ insofern definiert, dass es sich hierbei um Personen handelt, die „in betrügerischer Absicht Mietverhältnisse begründen, keine Miete zahlen und die Wohnung u. U. verwahrlost zurücklassen (Nomaden) oder sich herausklagen lassen. Diese Definition kombiniert das objektive Merkmal der Nichtzahlung der Miete mit dem subjektiven Merkmal der betrügerischen Absicht“ (Artz/Jakoby 2011, S. V). Es ist erkennbar, dass die für Deutschland und Österreich sowie für die Schweiz analysierten Definitionen übereinstimmen. Notwendig ist die Kombination aus zwei Faktoren, um einen in Zahlungsverzug geratenen Mieter als Mietnomaden benennen zu können: erstens die Nichtzahlung der Miete und zweitens die von vornherein bestehende Absicht, die vertraglichen Pflichten nicht einzuhalten. Jedoch gibt es Kritik an der Verwendung des Terminus „Nomade“, denn selbst jene Mieter, die aufgrund ihres Verhaltens öfter gekündigt und ausgemietet werden, machen dies nicht aus Lust an der nicht-sesshaften Lebensweise, sondern aufgrund des eigenen Unvermögens bzw. ihrer Skrupellosigkeit und man kann ihnen unterstellen, dass auch sie im Grunde eine sesshafte Lebensweise vorziehen würden (vgl. www.wohnungsanwalt.de [18.10.2011]). Im Grunde sind es Mietpreller, die vorsätzlich den Schaden des Eigentümers für ihren eigenen Vorteil in Kauf nehmen. 25 5. Situation in Österreich Im Folgenden werden jene Rechtsmaterien angeführt, die für den Vermieter im Allgemeinen von Relevanz sind. Es wird auf das österreichische Mietrechtsgesetz, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Strafgesetzbuch, die Zivilprozessordnung und die Exekutionsordnung eingegangen, der wirtschaftliche Schaden analysiert und Vorsichtsmaßnahmen für den Vermieter aufgelistet. Desweiteren werden aufgrund der durchgeführten Interviews die Standpunkte der interviewten Personen dargestellt. 5.1. Das österreichische Mietrechtsgesetz 5.1.1. Geltungsbereich des Mietrechtsgesetzes In Österreich werden Rechte und Pflichten von Mieter und Vermieter im Mietrechtsgesetz geregelt. Im Vollanwendungsbereich unterliegt diesem nicht nur der Kündigungsschutz sondern auch die Mietzinsbildung. „Der Geltungsbereich des MRG wird im §1 MRG dargestellt. Es gilt für die Miete von Wohnungen, einzelnen Wohnungsteilen oder Geschäftsräumlichkeiten aller Art samt den mitgemieteten Haus- oder Grundflächen und für die genossenschaftlichen Nutzungsverträge über derartige Objekte“ (§ 1 Abs 1 MRG). „Ausgenommen sind unter anderem Mietgegenstände, die auf Grund eines Dienstverhältnisses oder im Zusammenhang mit einem solchen als Dienst-, Natural- oder Werkswohnung überlassen werden“ (§ 1 Abs 2 Zi 2 MRG), „automatisch nach Ablauf von maximal einem halben Jahr ohne Kündigung erlöschende Mietverträge über eine Geschäftsräumlichkeit oder einer Wohnung der Ausstattungskategorie A, wobei die Nutzung als Zweitwohnsitz aufgrund eines durch Erwerbstätigkeit verursachten Ortswechsels schriftlich vereinbart wurde“ (§ 1 Abs 2 Zi 3 MRG), „Wohnungen oder Wohnräume, die vom Mieter bloß als Zweitwohnsitz zum Zweck der Erholung oder der Freizeitgestaltung gemietet werden“ (§1 Abs 2 Zi 4 MRG), „Mietgegenstände in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei selbstständigen Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten, wobei Räume, die nachträglich durch einen Ausbau des Dachbodens neu geschaffen wurden oder werden, nicht zählen“ (§ 1 Abs 2 Zi 5 MRG). 26 Diese Objekte liegen im Vollausnahmebereich des MRG, wodurch weder der Kündigungsschutz noch die Bestimmungen der Mietzinsbildung gelten. Die Teilanwendung des MRG gilt für Mietgegenstände, die „in Gebäuden gelegen sind, die ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel aufgrund einer nach dem 30.6.1953 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden sind“ (§ 1 Abs 4 Zi 1 MRG), „Mietgegenstände, die durch den Ausbau eines Dachbodens oder einen Aufbau auf Grund einer nach dem 31.12.2001 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden sind, sowie unausgebaute Dachbodenräumlichkeiten, die mit der Abrede vermietet werden, dass – wenn auch zum Teil oder zu Gänze durch den Hauptmieter – entweder in ihnen oder in einem an ihrer Stelle durchgeführten Aufbau eine Wohnung oder Geschäftsräumlichkeiten errichtet werden“ (§ 1 Abs 4 Zi 2 MRG), „Mietgegenstände, die durch eine Zubau auf Grund einer nach dem 30.9.2006 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden sind“ (§ 1 Abs 4 Zi 2a MRG), „Mietgegenstände, die im Wohnungseigentum stehen, sofern der Mietgegenstand in einem Gebäude gelegen ist, das auf Grund einer nach dem 8.5.1945 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden ist“ (§ 1 Abs 4 Zi 3 MRG). Wesentlich im Teilanwendungsbereich des MRG ist, dass der Kündigungsschutz auf die genannten Objekte anzuwenden ist. 5.1.2. Kündigung im MRG seitens des Vermieters Die Gründe für eine Kündigung seitens des Vermieters in einem dem Mietrechtsgesetz unterliegenden Wohnobjekt sind gesetzlich klar definiert und in § 30 des MRG taxativ aufgezählt. Unter anderem ist es möglich eine Kündigung auszusprechen, wenn der Mieter die vereinbarte Miete nicht leistet, wenn er vom Bestandsobjekt einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht oder aufgrund seines rücksichtslosen bzw. grob ungehörigen Verhaltens den Mitbewohnern gegenüber (vgl. § 30 Abs 2 MRG). In Zusammenhang mit der Nicht-Bezahlung des Mietzinses kann der Vermieter seinem Mieter kündigen, wenn „der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand ist“ (§ 30 Abs 2 Zi 1). Voraussetzung für eine rechtswirksame Beendigung des Mietvertrages seitens des Vermieters im Rahmen des Mietrechtsgesetzes ist eine gerichtliche Kündigung. 27 Mietverträge über Wohnungen oder Wohnräume sind zum letzten Tag eines Monates derart aufzukündigen, dass die Aufkündigung dem Gegner der aufkündigenden Partei, wenn der Zins in monatlichen Abständen zu bezahlen ist, spätestens einen Monat vor dem Kündigungstermin zugestellt wird (vgl § 560 Abs 1 Zi 2d ZPO). Desweiteren hat der Vermieter unter Anwendung der Eventualmaxime alle Kündigungsgründe kurz anzuführen, dies bedeutet, dass ein weiterer Kündigungsgrund bei einer späteren Nennung nicht geltend gemacht werden kann. Werden gegen die Kündigung seitens des Mieters Einwendungen erhoben, so hat der Vermieter nachzuweisen, dass der von ihm geltend gemachte Kündigungsgrund tatsächlich vorliegt. Versäumt der gekündigte Mieter die Frist zur Anbringung von Einwendungen so kann er eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verlangen (vgl. § 33 Abs 1 MRG). Voraussetzung für die Bewilligung dieser Wiedereinsetzung ist, dass der Mieter glaubhaft machen kann, dass er unverschuldet durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis daran gehindert war, die gesetzte Frist einzuhalten (vgl. §71 AVG). Ein Bewilligung der Wiedereinsetzung bedeutet, dass die Folgen des Versäumnisses rückgängig gemacht werden müssen und das Verfahren fortzusetzen ist (vgl. 364 Abs 4 StPO). Zu einer Aufhebung der Kündigung kommt es, wenn der Mieter den geschuldeten Betrag vor Schluss jener Verhandlung bezahlt, der der Entscheidung des Gerichts erster Instanz unmittelbar vorangeht, allerdings nur insofern ihn kein grobes Verschulden trifft. Dieser Beweis geht allerdings zu Lasten des Mietschuldners, der verpflichtet ist, diesbezügliche Unklarheiten zu beseitigen. Kann er dies nicht, wie zum Beispiel bei Nichtzahlung der Miete trotz Mahnung und Liquidität, willkürlich verspätete Mietzinszahlungen, übertriebene bzw. ungerechtfertigte Mietzinsanfechtung (vgl. www.rechtsconsulting.at [18.7.2012]). Zahlt der Mieter die geschuldete Miete rechtzeitig, so muss er jedoch dem Vermieter jene Kosten ersetzen, zu dessen Zahlung er im gegenteiligen Falle verpflichtet worden wäre (vgl. § 33 Abs 2 MRG). Führt der Mieter wichtige Gründe für eine Verlängerung der gesetzlichen Räumungsfrist an und ist dies nicht zum unverhältnismäßigen Nachteil für den Vermieter, so kann das Gericht die Räumungsfrist bis zu 9 Monate verlängern, während dieser Frist bleiben jedenfalls alle Rechte und Pflichten aufrecht (vgl. § 34 MRG). Im Falle einer drohenden Obdachlosigkeit bei Durchführung der Zwangsräumung kann der Mieter eine Aufschiebung der Räumungsexekution beantragen (vgl. § 42 EO), wenn dies 28 dem Vermieter zugemutet werden kann. Diese Aufschiebung kann maximal 3 Monate betragen und kann aufgrund besonders berücksichtigungswürdiger Umstände ein weiteres Mal bewilligt werden. Insgesamt darf die Aufschiebung inklusive einer etwaigen vorher gewährten Verlängerung der Räumungsfrist die Summe von 12 Monaten nicht überschreiten (vgl. § 35 Abs 1 MRG). Zu einer Aufhebung der Aufschiebung kommt es, sollte der Mieter nach der Bewilligung der Aufschiebung erneut Grund zur Kündigung geben. Hier wird die Aufschiebung auf Antrag des Vermieters und nach Einvernehmung des Mieters widerrufen. Ist die ursprüngliche Räumungsfrist bereits verstrichen, wird eine neue Frist bestimmt, die jedoch auf jenes Ausmaß beschränkt wird, das für eine freiwillige Räumung notwendig ist (vgl. § 35 Abs 2 MRG). Wird vom Mieter die Höhe des Mietzinses beanstandet (zum Beispiel zur Mietzinsreduzierung aufgrund angegebener Mängel in der Wohnung) so wird die Sachlage im Verfahren außer Streitsachen im für das Objekt zuständige Bezirksgericht entschieden (vgl. § 37 Abs 1 Zi 8 MRG). In einer mündlichen Verhandlung werden die Beweise vor dem erkennenden Gericht aufgenommen. In der ersten und zweiten Instanz können sich die betreffenden Parteien selber vertreten oder sich von einer eigenberechtigten Person vertreten lassen, in dritter Instanz müssen sie sich jedoch von einem Rechtsanwalt oder Notar vertreten lassen (vgl. § 37 Abs 1 Zi 9 MRG). Wird ein Rechtsstreit aufgrund eines Verfahrens außer Streitsachen unterbrochen, so kann der Vermieter die Beendigung der Unterbrechung beantragen, wenn der Mieter einen vom Gericht vorgeschriebenen einstweiliger Mietzinses gemäß §382f ZPO schuldig bleibt und der Vermieter diesen auch nicht durch Fahrnis- und Gehaltsexekution oder aus der Verwertung ihm zur Verfügung stehender Sicherheiten in angemessener Frist decken kann. Wird vom Gericht jedoch festgestellt, dass die Einwendungen des Mieters nicht dazu dienen, den Rechtstreit zu verlängern, so kann es von einer Beendigung der Unterbrechung absehen (vgl. § 41 MRG). 29 5.2. Relevante Rechtsmaterien im AGBG Für jene Rechtsbereiche, die nicht dezidiert im MRG geregelt sind und insbesondere für Bestandobjekte, die nicht dem MRG unterliegen (hier zum Beispiel Einfamilienhäuser), treten die Vorschriften des ABGB in Kraft: Ist vertraglich keine Kündigungsfrist vereinbart, so gilt die gesetzliche Kündigungsfrist laut § 560 Abs 1 Zi 2d ZPO und beträgt üblicherweise einen Monat zum Monatsletzten. Im Gegensatz zur Kündigung nach MRG, die vom Vermieter gerichtlich durchgeführt werden muss, kann eine Kündigung gemäß ABGB auch außergerichtlich ausgesprochen werden. Allerdings ist auch in diesem Fall eine gerichtliche Kündigung zu empfehlen, da hierdurch gleichzeitig ein Räumungstitel erlangt wird. Dieser kann, sollte der Mieter das Bestandobjekt nicht zeitgerecht zurückstellen, in Anspruch genommen werden. Durch die Kündigung gemäß § 1118 ABGB kommt es zum Wegfall des Mietvertrages und somit zur titellosen Benutzung des Bestandobjektes. Ist der Mieter mit der Zahlung der Miete im Rückstand, so kann ihn der Vermieter unter Setzung einer Zahlungsfrist mahnen. Bezahlt der Mieter den gesamten geschuldeten Betrag nicht innerhalb dieser Frist, so ist der Vermieter berechtigt, den Bestandvertrag aufzukündigen (vgl. § 1118 ABGB). Im ABGB ist generell das Recht des Mieters auf die Reduzierung des Mietzinses geregelt. Der Vermieter ist dazu verpflichtet, das Bestandobjekt in einem brauchbaren Zustand zu übergeben und zu erhalten. Verschlechtert sich der Zustand des Objektes ohne Schuld des Mieters so weit, dass es nicht mehr zum vereinbarten Gebrauch zu nutzen ist, dann steht dem Mieter das Recht zu, den Mietzins auf Dauer der Verschlechterung und im Ausmaß der Beeinträchtigung zu reduzieren. Auf dieses Recht kann bei der Miete unbeweglicher Sachen im Vorhinein nicht verzichtet werden (vgl. § 1096 Abs 1 ABGB). Es ist dem Mieter allerdings anzuraten, die Höhe des Mietzinses nicht wahllos zu reduzieren oder die Zahlung nicht gänzlich einzustellen, da dies den Vermieter zu einer Mietzins- und Räumungsklage berechtigt. Eine mögliche Vorgehensweise ist, dem Vermieter bzw. der Hausverwaltung die auftretenden Beeinträchtigungen ohne Verzug schriftlich zu melden und eine Behebung einzufordern, desweiteren festzuhalten, dass das Recht zur Mietzinsminderung ab Eintreten der erstmaligen Beeinträchtigung in Anspruch genommen wird, die seitdem zu viel bezahlte Miete zurückgefordert wird und die Miete bis zur Behebung des Schadens nur unter Vorbehalt eingezahlt wird. 30 Bleibt der Mieter den Mietzins schuldig, so steht dem Vermieter ein Pfandrecht an den eingebrachten, dem Mieter oder seinen mit ihm im gemeinsamen Haushalt wohnenden Familienmitgliedern gehörigen Einrichtungsstücken und Fahrnissen, es sei denn, diese sind der Pfändung entzogen. Werden die Gegenstände aus der Wohnung entfernt, so erlischt das Pfandrecht. Werden diese jedoch aufgrund eines richterlichen Beschlusses entfernt, so hat der Vermieter die Möglichkeit, innerhalb von drei Tagen nach Vollzug seine Ansprüche bei Gericht anzumelden (vgl. § 1101 Abs 1 ABGB). Zieht der Mieter aus der Wohnung aus, ohne seine Mietschuld zu bezahlen oder in geeigneter Weise sicher zu stellen, so hat der Vermieter das Recht, die sich in der Wohnung befindlichen Gegenstände auf eigene Gefahr zurückzubehalten. Allerdings muss er innerhalb drei Tage um eine pfandweise Beschreibung ansuchen oder die Gegenstände herausgeben (vgl. § 1101 Abs 2 ABGB). Der Unterschied zwischen einer gerichtlichen Aufkündigung und einer Mietzins- und Räumungsklage besteht unter anderem darin, dass der Vermieter durch die gerichtliche Aufkündigung keinen Leistungstitel erhält. Das bedeutet, dass der Mieter zwar gekündigt wird, jedoch nicht auch gleichzeitig seine Mietschulden zahlen muss. Der Mieter bekommt die Kündigung zugestellt und wenn er innerhalb der festgesetzten Frist keinen Einspruch gegen diese erhebt, so wird sie rechtskräftig. Oft ist es jedoch so, dass der Mietnomade Einspruch gegen die Kündigung erhebt, diesen Einspruch braucht er auch nicht zu begründen. Damit wird das Kündigungsverfahren in die Länge gezogen (vgl. Expertengespräch Edelhauser, 2012). 5.3. Kostenersatz im Außerstreitverfahren Der Richter hat aufgrund des seit 1.1.2005 geltenden gemilderten Kostenersatzprinzips die Möglichkeit den Kostenersatz der Verfahrens- und Vertretungskosten nach Billigkeit zuzuteilen. In diesem Fall spricht man von der Einzelfallgerechtigkeit nach richterlichem Ermessen. Der Richter zieht in Betracht, wer im Außerstreitverfahren gewonnen hat, in wessen Interesse das Verfahren durchgeführt wurde und ob eine der Parteien zusätzlichen, unnötigen Aufwand verursacht hat (vgl. Dorda/Brugger/Jordis, 2005). 31 5.4. Relevante Rechtsmaterien in der Exekutionsordnung Damit der Vermieter seinen Anspruch auf Zahlung der ausstehenden Miete bzw. auf Räumung des Bestandobjektes gegenüber dem Mieter im Zuge einer Exekution durchsetzen kann, benötigt er einen Exekutionstitel. Unter Exekutionstitel versteht man unter anderem Endurteile und andere in Strafsachen ergangene Urteile, Beschlüsse und Bescheide der Zivilgerichte, Zahlungsbefehle ohne rechtzeitige Erhebung von Einwänden und gerichtliche Aufkündigungen eines Bestandvertrages (vgl. § 1 EO). Die Bewilligung der Exekution muss unter Angabe der genauen Bezeichnung der beteiligten Parteien, der Angabe des Anspruches und des hierfür erworbenen Exekutionstitels, des geschuldeten Betrages inklusive Exekutionsmittels, der beanspruchten beantragt werden. Nebengebühren Zusätzlich muss und eine des angewendeten Ausfertigung des Exekutionstitels inklusive der Bestätigung der Vollstreckbarkeit beigelegt werden (vgl. § 54 EO). Mit der Durchführung der Exekution wird ein Gerichtsvollzieher beauftragt, der die Räumung des Mietobjektes nach Leistung eines Kostenvorschusses durch den Vermieter durchführt. Stehen dem Gerichtsvollzieher Hindernisse entgegen, so kann er unter anderem die Hilfe eines Schlossers, jedoch auch die Unterstützung der Polizei beantragen (vgl. § 26 Abs 2 EO). Im Zuge der Exekution wird vom Vollstreckungsorgan ein Pfändungsprotokoll samt voraussichtlichem Erlös erstellt (vgl. § 253 Abs 1 EO). Der Transport der Gegenstände zur der vom Vollstreckungsorgan bestellten Verwahrstelle erfolgt auf Kosten des Vermieters durch ein von diesem bereitgestellten Transportunternehmen (vgl. § 259 Abs 2 EO). Anschließend erfolgt die Verwertung der Gegenstände durch Verkauf oder in Zuge einer öffentlichen Versteigerung. Der Gerichtsvollzieher hat innerhalb von vier Monaten nach Erhalt des Vollzugsauftrages einen Bericht über den Stand des Verfahrens an das Gericht und dem betreibenden Mieter zu verfassen (vgl. § 25d EO). Seit 2005 besteht für den Vermieter die Möglichkeit, im Falle eines Zahlungsverzuges des Mieters bei Gericht die Festsetzung eines einstweiligen Mietzinses gemäß § 382 f EO zu beantragen, und zwar unter der Voraussetzung, dass das der Mietvertrag gänzlich dem MRG unterliegt. Ist nun ein Verfahren über eine Kündigung nach § 30 Abs 2 Zi 1 MRG oder eine Räumungsklage wegen Mietzinsrückstandes gemäß § 1118 ABGB anhängig, so kann der Vermieter die Zahlung eines einstweiligen Mietzinses beantragen. Dafür muss er 32 nachweisen, dass der Mieter seiner Pflicht zur Zahlung des vertraglich vereinbarten Mietzinses nicht nachgekommen ist (vgl. § 382f Abs 1 EO). Der einstweilige Mietzins setzt sich zusammen aus dem in § 45 Abs 1 oder 2 MRG vorgesehen Betrag der entsprechenden Ausstattungskategorie (ab 1.12.2011: Kategorie A EUR 3,25, Kategorie B EUR 2,44, Kategorie C EUR 1,62 und Kategorie D EUR 0,81), der aktuellen Beträge der Betriebskosten und den öffentlichen Abgaben nach § 21 Abs 3 MRG. Ist der vertraglich vereinbarte Mietzins geringer als der für das Bestandobjekt geltende Betrag, so richtet sich der einstweilige Mietzins nach dem vertraglich vereinbarten Betrag. Wichtig ist die Anführung der Kategorie im Mietvertrag (vgl. § 382f Abs 2 EO). Beantragt also der Vermieter die Festsetzung eines einstweiligen Mietzinses, so fordert das Gericht den Mieter zur Zahlung dieses Betrages auf. Da Mietnomaden dazu tendieren, gar keine Miete zu leisten, so werden sie unter Umständen auch nicht willens sein, einen reduzierten Betrag zu zahlen. Dies könnte den Richter dazu veranlassen, das Verfahren zu beschleunigen, wodurch eine Verschleppung des Verfahrens aufgrund einer durch den zahlungssäumigen Mieter eingebrachten Mietzinsüberprüfung verhindert werden kann. 5.5. Relevante Rechtsmaterien in der Zivilprozessordnung Die Kündigung einer Bestandseinheit muss seitens des Vermieters gerichtlich durchgeführt werden. Sie kann entweder schriftlich oder mündlich eingebracht werden. Über die mündliche Kündigung wird ein Protokoll angefertigt, das genauso wie der Schriftsatz die Bezeichnung des Bestandsgegenstandes, die Angabe des Zeitpunktes, zu dem der Mietvertrag enden soll, anzuführen hat, und ebenfalls einen Antrag an das Gericht, dem Mieter aufzutragen, das Bestandsobjekt zu dem angeführten Termin bei sonstiger Exekution zurück zu stellen oder Einwendungen gegen die Kündigung zu erheben, wofür ihm 4 Wochen Frist zur Verfügung stehen (vgl. § 562 Abs 1 ZPO). Laut § 560 Abs 1 Zi 2d ZPO gilt für die Aufkündigung von Mietverhältnissen, aufgrund denen der Mietzins monatlich oder in kürzeren Abständen geleistet werden muss, eine Kündigungsfrist von 1 Monat zum jeweils Monatsletzten; bei Mietzinszahlungen in längeren Intervallen als monatlich beträgt die Frist 3 Monate zum Monatsletzten. Der aufzukündigende Mieter muss den gerichtlichen Auftrag inklusive einer Kopie des 33 Antrages vor Einsetzen dieser Frist erhalten. Wird diese Frist unterschritten, so muss der gekündigte Mieter Einwendungen gegen die Kündigung anbringen. Tut er dies nicht, so wird die Kündigung gültig. Ebenfalls vor Einsetzen dieser Frist muss die mangelfreie Kündigung vor Gericht angebracht sein. Wird die vorgegebene Kündigungsfrist nicht eingehalten, so wird sie vom Gericht per Beschluss zurückgewiesen (vgl. § 563 Abs 1 ZPO). Folgend beispielhaft der mögliche Ablauf eines Verfahrens: Abbildung 11: Beispielhafter Ablauf eines Verfahrens Mietzins- und Räumungsklage wird bei Gericht eingebracht Vorbereitende Tagsatzung Mieter anwesend: Ja Nein Befragung der Parteien Erlassen eines Versäumnisurteiles, 14 Tage Widerspruchsfrist 2. Tagsatzung, eigentliche Hauptverhandlung: Zeugen, ev. Bestellung eines Sachverständigen 2. Tagsatzung Wenn beklagter Mieter nicht da, Erlassen des 2. Versäumnisurteiles gemäß § 396 ZPO Bei einer Mietzinsprüfung geht das Verfahren an die Schlichtungsstelle (Dauer ca. 6 Monate) Erstellen eines SV-Gutachtens (Dauer ca. 2-3 Monate) 3. Tagsatzung: Verfahren beendet, schriftliches Teilurteil 4 – 5 Wochen Berufungsfrist (Verfahrenshilfe für den Mieter durch Anwalt) 4 Wochen Frist für die Beantwortung der Berufung 2-4 Monate bis zur Bestätigung des Teilurteiles 34 4 Wochen bis Urteil rechtskräftig + 3 Wochen zum Verhandlungstermin der 1. Instanz Zahlt der Mieter den geschuldeten Mietzins vor Ende der Verhandlung, so wird die Kündigung aufgehoben Zahlt der beklagte Mieter nicht, so ergeht das Endurteil über die Räumung 4 Wochen Frist für die Berufung gegen das Räumungsurteil Wenn der beklagte Mieter beruft, dann kann dies das Verfahren ca. 4 Monate verlängern Berufungsentscheidung 4 Wochen Frist bis zur Rechtskraft des Räumungstitels 6 Monate Frist für die Beantragung der Exekution 2 Wochen bis zur Bewilligung der Exekution maximal 2 Monate bis zur 1. Räumung 1 Monat bis zum 2. Räumungstermin, sollte die 1. Räumung nicht durchgeführt werden können Maximal 2x3 Monate Aufschub bei drohender Obdachlosigkeit Quelle: Expertengespräch Edelhauser, 2012 Insgesamt kann ein solches Verfahren bis zum Urteil erster Instanz durchaus bis zu 3,5 Jahre dauern (in Einzelfällen aber auch länger), wenn von Seiten des Mieters bestritten wird, mit Unterbrechung aufgrund einer Mietzinsüberprüfung ca. 4,5 Jahre; der Zeitverlust bei klassischen Einwänden (Schimmel, elektrische Leitungen) kann zwischen 1 – 1,5 Jahre betragen. Jedoch kann behauptet werden, dass viele Verfahren kurzfristiger Natur sind, da Mietnomaden oft zu jenem Zeitpunkt, zu dem das Gerichtsverfahren ansteht, die Wohnung unbemerkt verlassen, ca. 80 – 90% der Versäumnisurteile werden nicht bekämpft (vgl. Expertengespräch Pfletschinger, 2012). Dies verzögert das Verfahren insofern, dass vom Gericht ein Zustellkurator bestimmt werden muss, der in Abwesenheit (bzw. bei 35 Unauffindbarkeit) des Mieters die gerichtliche Schriftstück übernimmt (vgl. § 116 ZPO). Mit Eintragung des Inhalts in die Ediktsdatei und die nachfolgende Übergabe des zuzustellenden Schriftstückes an den Kurator gilt die Zustellung als vollzogen (vgl. § 117 Abs 2 ZPO). Ist nun der beklagte Mieter zur 1. Tagsatzung nicht anwesend, so ergeht ein Versäumnisurteil (vgl. § 396 Abs 1 ZPO); wird dagegen nicht berufen, so erlangt es Rechtskraft und das Räumungsverfahren kann ohne weiteren Zeitverlust vorangetrieben werden. Kann jedoch nicht nachgewiesen werden, dass die nicht erschienene Partei ordnungsgemäß geladen wurde, so ist der Antrag der betreibenden Partei, ein Säumnisurteil auszusprechen, abzuweisen (vgl. § 402 Abs 1 Zi 1 ZPO). So kann es vorkommen, dass der beklagte Mieter behauptet, keine Ladung erhalten zu haben. In diesem Fall muss das Gericht über die ordentliche Zustellung der Ladung urteilen und lädt dazu den Zusteller des Schriftstückes in einer neuen Tagsatzung vor. Laut § 22 Abs 1 ZustellG ist die Zustellung vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden. Trifft der Zusteller an der Abgabestelle niemanden an und kann er davon ausgehen, dass die Abgabestelle regelmäßig genutzt wird, so kann er den Empfänger schriftlich von der Hinterlegung beim zuständigen Postamt (Gemeindeamt oder Behörde) informieren. Das Schriftstück liegt 14 Tage (ab dem 1. Tag der möglichen Abholung) bereit und gilt ab dem ersten Tag der Hinterlegung als zugestellt. Konnte der Empfänger jedoch wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht über die Hinterlegung Bescheid wissen, so gilt die Zustellung ab dem auf den ersten Tag der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Zustellfrist (vgl. § 17 ZustellG) als durchgeführt. Kann der Zusteller vor Gericht nachweisen, die Zustellung ordnungsgemäß durchgeführt zu haben, so wird dem Einwand des beklagten Mieters nicht stattgegeben. Wird dem Einwand des Mieters jedoch recht gegeben, so kann dieser die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen um den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung rückgängig zu machen (vgl. § 146 Abs 1 ZPO). Es kann vorkommen, dass die erste Räumung dadurch verhindert wird, dass der Mieter die Türe nicht öffnet bzw. sich nicht mehr in der Wohnung befindet. Um zu verhindern, dass der erste Räumungstermin ungenutzt verstreicht, da es dem Gerichtsvollzieher nicht möglich ist, die Wohnung zu betreten, ist es erforderlich, dem Gerichtsvollzieher einen Schlosser zur Seite zu stellen, der die Türe öffnen kann. Muss der Exekutor einen zweiten 36 Räumungstermin ansetzen, so kann dies bis zu zwei Monate dauern. Ein weiteres Hindernis für die Räumung der Wohnung kann sein, dass sich ungemeldet Hunde darin befinden. In diesem Fall ist es notwendig, die Tierrettung oder einen Hundefänger einzuschalten, um die Hunde aus der Wohnung entfernen zu können. Bleiben letztendlich die Möbel es Mieters: hier hat der dem Gerichtsvollzieher beigestellte Sachverständige die Aufgabe, zwischen wertvollen und wertfreien Gegenständen zu unterscheiden. Hat der Vermieter das Glück, dass es sich beim Mobilar um ausschließlich wertfreie Gegenstände handelt, so können diese der nächstgelegenen Deponie zugeführt werden. Womit sich auch die Notwendigkeit eines Räumungsunternehmens ergibt, das für den Abtransport der Gegenstände sorgt. Sind jedoch unter dem Mobilar auch wertvolle Gegenstände, so muss der Vermieter für deren Einlagerung (meist in abgegrenzten beheizten Räumlichkeiten der Spedition) bis zur Versteigerung sorgen und zahlen. Dem Schuldner muss der Verkauf der Gegenstände angedroht werden, dies bedeutet, dass das Verwertungsverfahren ein neues Verfahren ist, für das bei Abwesenheit des Schuldners wieder ein Zustellkurator ernannt werden muss. Aus dem Erlös der Versteigerung werden letztendlich zunächst die Verfahrenskosten gedeckt, danach erhält der Vermieter den ihm zustehenden Betrag. Die Frage, ob der zeitliche Verfahrensablauf an Österreichs Gerichten - unter Berücksichtigung vernünftiger Einspruchsfristen der Parteien - optimiert werden könnte, wurde von Seiten der beiden interviewten Rechtsanwälte bejaht (vgl. Expertengespräche Edelhauser, Pfletschinger, 2012). Der gleichen Meinung ist der Fachgruppenobmann der Immobilienmakler, -verwalter und –treuhänder, der die Meinung vertritt, dass kürzere Verfahren von Vorteil wären, jedoch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Mieters, wobei ein rasches Verfahren nicht automatisch zur Beeinträchtigung dieser schutzwürdigen Interessen führen muss (vgl. Expertengespräch Brichard, 2012). Gegenteiliges äußerte der Gerichtsvorsteher des Bezirksgerichtes 1230 Wien (vgl. Expertengespräch Schindler, 2012). 5.6. Maßnahmen vor Abschluss des Mietvertrages Es gibt eine Anzahl von Maßnahmen, die man treffen kann, um zu verhindern, dass sich der Vertragspartner später als Mietnomade herausstellt. Dazu gehört eine gewissenhafte 37 Selektion schon bei der Auswahl des Mieters und eine konsequente Einhaltung gewisser Verhaltensregeln. Meistens werden private Vermieter dann zum Opfer von Mietnomaden, wenn sie den Mieter selber suchen (vgl. Expertengespräch Klinger, 2012). Private Vermieter scheuen sich, die richtigen Fragen zu stellen, besonders die Frage nach dem Einkommen; ein Makler oder ein Verwalter, für den die Wohnungsvermittlung das tägliche Geschäft ist, stellt diese Fragen auf jeden Fall (vgl. Expertengespräch Troger, 2012). „Die billigste Art und Weise, Mietzinsrückstände zu vermeiden, ist, bei der Vermietung darauf zu achten, dass der richtige Mieter drinnen ist! Ist nicht immer ganz so einfach, aber Prävention ist im dem Fall die günstigste aller Variante um Mietzinsrückstände zu vermeiden“ (Expertengespräch Troger, 2012) Letztendlich muss allerdings gesagt werden, dass selbst die Zuhilfenahme von Experten, wie zum Beispiel erfahrenen Maklern oder Hausverwaltern, das Risiko, an einen Mietpreller zu geraten, nicht gänzlich ausschließen kann. Denn professionelle Mietnomaden sind nicht zu erkennen: sie geben sich vertrauenswürdig, haben ein perfektes Auftreten und können oft sogar ein geregeltes Einkommen nachweisen. Folgend eine Auflistung von Auskünften, die vor Abschluss des Mietvertrages eingeholt werden sollten: • Übergabe einer Kopie des amtlichen Lichtbildausweises • Auskunft über die derzeitige Wohnadresse und Grund des Wohnungswechsels • Auskunft über das Einkommen, gegebenenfalls Kopie des Einkommensnachweises (üblicherweise über den Zeitraum der letzten drei Monate) inkl. Name des Arbeitsgebers und dessen Unterschrift bzw. Einkommenssteuernachweis oder Firmenbuchauszug bei Selbstständigen. Wichtig ist, darauf zu achten, dass die Miete nicht mehr als ein Drittel des Gesamteinkommens des Mieters beträgt. Gegebenenfalls nach zusätzlichen Bürgen fragen (vgl. Experteninterview Kranz, 2012). • Vereinbarung über die Einzahlung einer Kaution in Höhe von drei bis sechs Monatsmieten und Zahlung der ersten Monatsmiete vor Übergabe der Schlüssel. • KSV1870 - Selbstauskunft des Mieters: dies ist eine Warenkreditevidenzauskunft des Kreditschutzverbandes und kann von jeder Privatperson einmal pro Jahr kostenlos angefordert werden (vgl. Kaiser 2011, S 7). • Abschluss eines befristeten Mietvertrages (vgl. Expertengespräch Schinner, 2012) 38 Der Abschluss einer Auflösungs- und Räumungsvereinbarung im Falle eines etwaigen Mietzinsverzuges als Bestandteil des Mietvertrages ist umstritten, wenn diese als Bedingung für den Abschluss des Mietvertrages unter die „Drucktheorie“ fällt. § 870 ABGB besagt, dass, wer durch Furcht zu einem Vertrag veranlasst wurde, diesen nicht einhalten muss. Besteht also die Gefahr, dass dem Mietinteressenten bei Verweigerung des Räumungsvergleiches der Abschluss des Mietvertrages verweigert wird, so kann dieser Druck zur Nichtigkeit des Vergleiches führen. Jedoch kann mit einem säumigen Mieter ein gerichtlicher Räumungsvergleich abgeschlossen werden und zwar entweder im Räumungsverfahren oder als prätorischer Vergleich. Dieser prätorische Vergleich, der mit dem Mieter aufgrund seines Zahlungssäumnisses noch vor Einbringung einer Klage geschlossen und gerichtlich protokolliert wird, ist bei Nichteinhaltung des Vergleiches sogleich exekutiv durchsetzbar. 5.6.1. Potential und Risiko des sogenannten Mieterpasses (Mieterzeugnisses) Die Rustler Gruppe GmbH zählt in Österreich zu den erfolgreichsten Immobilienunternehmen. 2010 hat die Rustler Gruppe mit der Einführung eines Mieterzeugnisses von sich reden gemacht: hierbei handelt es sich um eine Bestätigung über die verantwortungsvolle und fristgerechte Erfüllung der vertraglichen Pflichten durch den Mieter. Analog zum Arbeitszeugnis, mit dem man sich bei einem potentiellen, neuen Arbeitgeber bewirbt, soll dieses Mieterzeugnis dazu dienen, dem zukünftigen Vermieter Informationen hinsichtlich der bisherigen Zahlungsmoral des Mietinteressenten zu geben (vgl. Experteninterview Troger, 2012). Die Rustler Gruppe fokussierte auf jene Mieter, die ihre vertraglichen Pflichten fristgerecht erfüllen. Laut GF Martin Troger ist es untypisch für Österreich, gute Mieter hervorzuheben anstatt auf „schlechte“ Mieter abzuzielen. Die Überlegungen der Rustler Gruppe gehen so weit, dass sie ihren Mietern nicht erst nach Beendigung des Mietverhältnisses ein Mieterzeugnis ausstellt, sondern bereits vorher in regelmäßigen Abständen zuschickt. In diesem Mieterpass wird bestätigt, dass der Mieter seinen vertraglichen Pflichten verantwortungsvoll und fristgerecht nachgekommen ist. Keinesfalls jedoch sollen damit bestehende Mieter beunruhigt oder gar zum Ausziehen genötigt werden. Der Grund für die zeitige Ausstellung ist, dass der umzugswillige Mieter ja bereits bei der Suche nach einer neuen Wohnung seinem neuen Vermieter die eigene 39 Zahlungsmoral belegen will. Im Gegenzug erhält auch der zukünftige Mieter von Rustler ein Schreiben, das vom Vorvermieter bzw. Vorverwalter unterzeichnet werden soll, so wie er anschließend auch von Rustler ein solches Zeugnis ausgestellt bekommt (vgl. Experteninterview Troger, 2012). Keine Rolle spielt es bei Rustler, ob der Mieter von seinen gesetzlich bestimmten Rechten, zum Beispiel eine Mietzinsüberprüfung zu beantragen, Gebrauch macht. Der Österreichische Verband der Immobilientreuhänder sieht jedoch ein großes Risiko: Ist der Vermieter nicht willens ein Mieterzeugnis auszustellen, obwohl der Mieter sich nichts zu Schulden hat kommen lassen, dann könnten für den Mieter Nachteile bei der Wohnungssuche entstehen. Es wird infrage gestellt, ob es gerechtfertigt ist, ein flächendeckendes Instrument zu installieren, das alle Mietinteressenten betrifft, obwohl sich die Fälle von Mietprellerei in Grenzen halten. Aus dem gleichen Grund scheint es auch nicht gerechtfertigt, einen gesetzlichen Anspruch auf ein klar definiertes Mieterzeugnis zu implementieren (vgl. Expertengespräch Sammer, 2012). Ähnliche Probleme sieht Walter Rosifka, Wohnrechtsexperte bei der Arbeiterkammer in Wien: es gibt eine Gruppe von Personen, die keine Möglichkeit hat, einen Mieterpass zu bekommen, so zum Beispiel junge Erwachsene, die aus dem Elternhaus ausziehen, oder Studenten, die ihre Wohngemeinschaft verlassen, Ehepartner oder Paare, die sich trennen und in Zuge dessen einer von ihnen die gemeinsame Wohnung verlässt. Auch Personen, die ihre bis dahin bewohnte Eigentumswohnung verkaufen und in eine Mietwohnung wechseln, können keinen Mieterpass vorweisen. Diese Personen geraten somit in die Gefahr, bei der Vergabe einer Wohnung benachteiligt zu werden, ohne für dies Benachteiligung verantwortlich zu sein (vgl. Expertengespräch Rosifka, 2012). Desweiteren ist ein mögliches gesetzliches Anrecht auf ein Mieterzeugnis insofern problematisch, als dass das Einklagen desselbigen dazu führen kann, dass der klagenden Mieter während des Verfahrens eben diesen Mieterpass nicht vorweisen kann und somit unter Umständen wiederum unverschuldet bei der Vergabe einer Wohnung benachteiligt werden könnte (vgl. Expertengespräch Rosifka, 2012). Eine generelle Einführung eines im Umfang der Fragestellung klar eingegrenzten Mieterzeugnisses mag aufgrund des Informationsbedürfnisses des Vermieters über die Zahlungsmoral des Mietinteressenten sicherlich gerechtfertigt wirken, jedoch müsste gleichzeitig verhindert werden, dass das Abhängigkeitsverhältnis des Mieters vom 40 Vermieter verstärkt wird und dass unbescholtene Mieter aus von ihnen nicht beeinflussbaren Gründen keinen Mieterpass erhalten und dadurch einen Nachteil bei der Suche nach einem neuen Wohnobjekt haben. Es wäre zu klären, welchen Umfang das Mieterzeugnis tatsächlich haben darf und wie die Fragen standardisiert werden können, damit keine versteckten Informationen übermittelt werden können. Desweiteren müsste klargestellt werden, zu welchem Zeitpunkt bzw. wie oft der Mieter ein Mietzeugnis vom Vermieter oder seiner Hausverwaltung verlangen kann, wer für die Kosten der Erstellung aufzukommen hat und welche Handhabe der Mieter gegenüber dem Vermieter hat, wenn dieser die Ausstellung verzögert oder verweigert. 5.7. Vorgangsweise im Falle des Mietzinsverzuges Gerät der Mieter mit der vereinbarten Mietzinszahlung in Rückstand so ist es ratsam, ohne Verzug eine gerichtliche Kündigung gemäß § 30 Abs 2 Zi 1 MRG bzw. § 1118 ABGB zu veranlassen bzw. eine Mietzins- und Räumungsklage einzubringen. Keinesfalls sollte der Vermieter mehrere Monate verstreichen lassen bevor er rechtliche Schritte setzt, denn dann ist eine Kaution in Höhe von drei Monatsmieten schnell aufgebraucht und der Vermieter gerät in Gefahr sämtliche Folgekosten selber tragen zu müssen. Ficht der Mieter die Höhe des Mietzinses an sich an und droht eine Unterbrechung des Verfahrens, so kann der Vermieter eine Festsetzung der einstweiligen Mietzinshöhe nach § 382f EO beantragen. So kann eine Unterbrechung und damit eine Kostensteigerung, vermieden werden. Eine solche Mietzinsfestsetzung ist überall dort sinnvoll, wo es sich abzeichnet, dass das Verfahren noch länger dauern wird. Sie muss nicht notwendigerweise gleichzeitig mit der Räumungsklage, sondern kann auch zwischendurch eingebracht werden. Häufiger ist es jedoch, dass der Mietnomade nicht darauf erpicht ist, ein Verfahren zur Mietzinsreduktion durchzufechten, denn dies würde bedeuten, dass man seiner habhaft werden könnte. Überwiegend jedoch versuchen Mietnomaden ohne viel Aufsehen den Wohnort zu wechseln. (vgl. Expertengespräch Pfletschinger, 2012). Mit Hilfe der Festsetzung eines einstweiligen Mietzinses kann zumindest unterschieden werden zwischen jenen, die einen berechtigten MZ-Minderungsanspruch behaupten und jenen, die diesen als Instrument der Verzögerungstaktik missbrauchen und bei denen es überhaupt am Zahlungswillen mangelt. 41 Laut einer deutschen Studie im Auftrag der Universität Bielefeld stellt der Großteil der Mietnomaden die Zahlung des Mietzinses nach drei Monaten ein (vgl. Artz/Jacoby 2011, S. 12). Es gibt nun zwei Szenarien, auf die sich der Vermieter einstellen muss, sollte er tatsächlich an einen Mietnomaden geraten sein: einerseits kann der Mieter die Wohnung bereits verlassen haben, jedoch ohne sie zu räumen, sich abzumelden bzw. die Schlüssel zu returnieren, dann ist das Räumungsverfahren in absehbarer Zeit durchführbar und der Schaden hält sich in Grenzen. Hält der Mieter allerdings an der Wohnung fest und kennt sich im Mietrechtgesetz auch entsprechend aus, dann ist es vorteilhaft, unverzüglich einen rechtskundigen Beistand zu Rate zu ziehen. Keinesfalls ist es eine Option, eigenmächtig das Schloss des Bestandobjektes zu tauschen, denn in diesem Fall kann der Mieter gegen den Vermieter eine Besitzstörungsklage einbringen (vgl. Expertengespräch Kranz, 2012). Auch das Betreten der vermieteten Wohnung ist nur in jenen Fällen erlaubt, in denen ein unmittelbarer Schaden für das Gebäude droht, z.B. wenn es in der Wohnung oberhalb einen Wasserschaden gibt und die Gefahr besteht, dass auch die zu öffnende Wohnung in Mitleidenschaft gezogen worden wäre (vgl. Expertengespräch Becker, 2012). Letztendlich besteht noch die Möglichkeit, sich mit dem säumigen Mieter auf einen Räumungsvergleich zu einigen: Nach Einschätzung der zu erwartenden Verfahrenskosten und der Höhe des voraussichtlichen Mietzinsausfalls kann dem Mieter ein finanzielles Angebot gemacht werden, das dieser, wenn es sich bei ihm um einen professionellen Mietnomaden handelt, unter Umständen dankend annehmen wird (vgl. Expertengespräch Kössler, 2012). 5.8. Wirtschaftlicher Schaden für den Vermieter im Einzelfall Aufgrund der geführten Interviews konnte festgestellt werden, dass der Schaden für den Vermieter einer oder einiger weniger Wohnungen immens sein kann. Aufgrund der Probleme der derzeitigen Währungskrise finden sogenannte Vorsorgewohnungen vermehrten Zuspruch. In der Theorie soll der für den Wohnungskauf aufgenommene Kredit durch die Mieteinnahmen getilgt werden. Gerät man als Vermieter nun an einen Mietnomaden, so fallen nicht nur die Einnahmen aus der Miete weg, sondern es entstehen zusätzliche Kosten, da die Betriebskosten gezahlt werden müssen und die Kreditraten fällig 42 sind. Dazu kommen die Anwalts- und Verfahrenskosten, etwaige Vorauszahlungen für den Gerichtsvollzieher, den Sachverständigen, den Schlosser, den Spediteur und etwaige Einlagerungskosten. Abhängig von der Höhe der geschuldeten Miete, der ausstehenden Betriebskosten und der Dauer des Verfahrens, kann für den betroffenen Vermieter ein finanzieller Schaden bis zur Höhe der fünffachen Jahresmiete entstehen (vgl. Experteninterview Troger, 2012). 5.9. Wirtschaftlicher Schaden für den Gesamtmarkt Auch wenn der Mietausfall und die anfallenden Verfahrenskosten dem einzelnen Vermieter großen finanziellen Schaden zufügen können, so lässt sich aufgrund der geführten Interviews feststellen, dass es sich hierbei vorwiegend um Einzelfälle handelt und sich die Anzahl der Vorfälle in Relation zum Gesamtmarkt im Promille-Bereich befindet. Dies wird auch durch eine Aussage von Jürgen Ruprechter, dem Geschäftsführer der Onlinehausverwaltung & Immobilientreuhand GmbH bestätigt, der davon ausgeht, dass es bei zwei von Tausend Mietern zu Mietausfällen kommt (vgl. Block 2011). 43 6. Die Situation in Deutschland Auch in Deutschland ist es schwierig, die Fälle von Mietprellerei zu beziffern. Aufgrund der von Vermieter- und Maklerverbände kolportierten 15.000 bis 30.000 Vorfälle wurde in der Koalitionsvereinbarung für die 17. Legislaturperiode festgehalten, im Zuge einer Mietrechtsüberprüfung auch wirksame Gegenmaßnahmen zur Mietprellerei zu finden. Da es jedoch an verifizierbaren Zahlen mangelte, wurde, um der derzeitigen Situation auf den Grund zu gehen, die Forschungsstelle für Immobilienrecht an der Universität Bielefeld vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie dem Bundesministerium der Justiz beauftragt, die Lage zu untersuchen (vgl. Artz/Jackoby 2011, S. IV). Die Studie baut auf eine online-Befragung von 1.549 Vermietern auf, von denen 973 die Fragebögen zur Gänze ausfüllten. Insgesamt konnten so 1.347 relevante Fälle aufgenommen werden. Desweiteren wurden Gerichtsvollzieher, Zwangsverwalter, Rechtsanwälte per Email befragt und Interviews mit einer Auskunftei und einem Zahlungsstörungsdienstleister geführt, des Weiteren wurden 21 Originalakten von Gerichten, Rechtsanwälten, Gerichtsvollziehern und Vermietern und das Vorgehen von Verwaltern und professionellen Vermietern anhand einer Befragung von 134 Personen und Gesellschaften analysiert. Die Studie eröffnet viele interessante Aspekte über die Verhaltensweise von Mietnomaden und Vermietern. Eine klare Aussage über das tatsächliche Aufkommen von Mietnomaden kann sie allerdings nach eigenen Angaben nicht treffen. Die Daten wurden mittels Befragung von nicht repräsentativ ausgewählter Teilnehmer erhoben, die sich einerseits zu konkreten Einzelfällen äußerten und andererseits um Einschätzungen ersucht wurden (vgl. Artz/Jackoby 2011, S. VI). Um einen aussagekräftigen Maßstab zu setzen, wurde die Zeitdauer zwischen Abschluss des Mietvertrages und erstmaliger Einstellung der Mietzahlung herangezogen. Das Ergebnis waren 426 Mieter, die in den ersten drei Monaten die Mietzinszahlung eingestellt haben, wobei einzelne Fälle ins Jahr 2005 zurückreichen. Es lässt sich der Rückschluss ziehen, dass je früher der Mieter den Mietzins schuldig bleibt, desto eher hat es ihm bereits zum Zeitpunkt der Einmietung am Zahlungswillen gemangelt. 44 Es lässt sich anhand der Studie jedoch erkennen, dass die Fälle von Mietnomadentum bei weitem nicht so häufig sind, wie anfangs angeführt. Die Frage ist nun, ob sich Gesetzesänderungen aufgrund des heutigen Wissenstandes rechtfertigen, oder ob in der Frage nach einer Verschärfung des Miet- und Vollstreckungsrechtes das Problem zuerst bewiesen werden müsste (vgl. www.wohnungsanwalt.de [18.10.2011]). 6.1. Relevante Rechtsmaterien des Deutschen Bundesgesetzes 6.1.1. Kündigung des Mietvertrages Der Mietvertrag verpflichtet den Vermieter dem Mieter die Mietsache in einem dem vertragsgemäßen Zustand zu überlassen und diesen Zustand während der Mietdauer zu erhalten. Im Gegenzug ist der Mieter zur Zahlung der vereinbarten Miete verpflichtet (vgl. § 535 Abs 1 + 2 BGB). Kommt der Vermieter dieser Verpflichtung nicht nach, so hat der Mieter das Recht, den Mietzins auf Dauer der nicht unwesentlichen Beeinträchtigung angemessen zu mindern (vgl. § 536 BGB). Ist der Mieter mit zwei aufeinander folgenden Mietzinszahlungen in ganzer oder nicht unerheblicher Höhe in Verzug, so hat der Vermieter das Recht, eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund auszusprechen (vgl. § 543 Abs 2 Satz 1 Nr. 3 BGB). Nicht unerheblich ist eine Mietschuld in Höhe von mehr als einer Monatsmiete (vgl. 596 Abs 3 BGB). Dies trifft auch zu, wenn die Mietschuld des Mieters über die Dauer von mehr als zwei Monaten die Höhe von zwei Monatsmieten erreicht. In diesem Fall ist es für die Zulässigkeit der Kündigung nicht zwingend, dass der Vermieter den Mietschuldner mahnen und eine angemessene Nachfrist setzt (vgl. § 543 Abs 3 Nr 3 BGB). Jedoch ist dies empfehlenswert, da sonst das Gericht als erstes eine Nachfrist setzt und so das Verfahren bereits zu Beginn verzögert wird (vgl. Expertengespräch Meyer, 2012). Befreit sich der Mieter allerdings von seiner Mietschuld durch Aufrechnung, so wird die Kündigung wirkungslos, wenn der Mieter unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt (vgl. § 543 Abs 2 Nr 3 BGB). Unter Aufrechnung versteht man die Neuberechnung der Mietschuld nach Abzug der geleisteten Schuldtilgung. Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Mieter oder eine öffentliche Stelle seine Mietschuld und die fällige Entschädigung gemäß § 546 Abs 1 BGB innerhalb zwei Monate nach Rechtsanhängigkeit des Räumungsverfahrens leistet (vgl. 569 Abs 3 Nr. 3 BGB). 45 Im Kündigungsschreiben muss der ausschlaggebende Kündigungsgrund angeführt sein (§ 569 Abs 4 BGB). Eine Kündigung muss schriftlich ausgeführt werden und der Vermieter muss den Mieter auf die Möglichkeit, die Form und die Frist seines Widerspruchsrecht nach §§ 574 – 574b BGB rechtzeitig hinweisen (vgl. § 568 Abs 1 + 2 BGB). Da der Zahlungsverzug des Mietzinses den Vermieter zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt, kann sich der Mieter in diesem Fall im Widerspruch gegen die Kündigung nicht darauf berufen, dass diese eine „Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist“ (§ 574 Abs 1 BGB). 6.1.2. Mietsicherheiten (Kaution) gemäß deutschem Mietrecht Eine Kaution darf maximal die dreifache Höhe des vereinbarten Mietzinses betragen (ohne den pauschalierten oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskostenanteil) und muss getrennt vom Eigentum des Vermieters für den Mieter zinsbringend angelegt werden. Wird diese Summe in bar geleistet, so kann sie in drei gleichen monatlichen Raten gezahlt werden. Die erste Rate ist bei Beginn des Mietverhältnisses zu begleichen (vgl. § 551 BGB). Daraus entsteht das Problem, dass dem Vermieter zu Beginn des Mietverhältnisses nur ein Drittel der Kaution ausgehändigt werden muss. Gerät der Mieter bereits mit der zweiten Monatsmiete und der Zahlung der zweiten Rate der Kaution in Verzug, so hat der Vermieter nur ein Drittel der Sicherheitsleistung zur Verfügung um anfallende Kosten zu decken. Für die Rückzahlung der Kaution steht dem Vermieter zumindest ein Zeitraum von drei Monaten zur Verfügung, bis zum Ablauf der ihm zustehenden Abrechnungsfrist der Betriebskosten bzw. Nebenkosten kann er jedoch auf jeden Fall einen angemessenen Teil der Kaution einbehalten – dies kann auch länger als sechs Monate dauern (vgl. Stürzer/Koch 2010, S K26). 6.1.3. Pfandrecht des Vermieters Kommt der Mieter seinen Verpflichtungen aus dem Mietvertrag nicht nach, so hat der Vermieter ein Pfandrecht an den sich im Bestandsobjekt befindlichen Gegenständen, mit Ausnahme jener, die nicht zur Pfändung zulässig sind. Jedoch kann der Vermieter dieses 46 Pfandrecht nur für jene Entschädigungsforderungen und jene Mietschulden geltend machen, die sich auf das laufende bzw. das darauf folgende Mietjahr beziehen (vgl. § 562 Abs 1 + 2 BGB). Werden die Gegenstände mit Wissen bzw. Zustimmung des Vermieters vom Bestandsobjekt entfernt, so erlischt das Pfandrecht. Gegenstände, die der gewöhnlichen Lebensführung dienen, können auch ohne Zustimmung des Vermieters entfernt werden; desweiteren ist sie entbehrlich, wenn die zurückbleibenden Gegenstände der Sicherung des Vermieters Genüge tun (vgl. 562a BGB). Widerspricht der Vermieter berechtigterweise der Entfernung der Gegenstände so kann er dies ohne Anrufung des Gerichtes machen. Zieht der Mieter aus, so kann der Vermieter die Gegenstände in Besitz nehmen. Werden die Sachen ohne Wissen oder Widerspruch des Vermieters entfernt, so kann der Vermieter innerhalb eines Monats die Zurückschaffung bzw. bei Auszug des Mieters die Besitznahmen darüber verlangen (vgl. § 562b BGB). Der Mieter kann das Pfandrecht für jeden Gegenstand auslösen, indem er in Höhe des Wertes Sicherheit leistet (vgl. § 562c BGB). Erlangt ein Dritter das Pfandrecht über einen Gegenstand, für den der Vermieter pfandberechtigt ist, so kann der Vermieter diesem gegenüber nur jene Miete geltend machen, die innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung angefallen ist (vgl. § 562d BGB). 6.2. Neuerungen durch den aktuellen Gesetzesentwurf des BjM Im Mai 2012 hat das deutsche Bundesjustizministerium in seinem Gesetzesentwurf festgeschrieben, die Berliner Räumung zu legalisieren, um den Vermieter in der Ausmietung von Mietschuldnern zu unterstützen. Als Vorteil lässt sich die Verringerung der Kosten durch den Entfall der Bevorschussung von Abtransport und Lagerung der im Mietobjekt befindlichen Gegenstände des Mieters nennen. Jedoch sind auch Risiken bei der Verwertung dieser Gegenstände durch den Vermieter gegeben: verwahrt der Vermieter die Gegenstände nicht ordnungsgemäß und kommen diese zu Schaden oder abhanden, so wird er schadenersatzpflichtig (vgl. §§ 280, 823 BGB). Desweiteren ist er verpflichtet die Gegenstände zu kategorisieren, da ihm die Verpfändung der unpfändbaren Gegenstände gemäß Katalog des § 811 BGB verwehrt ist. Daher ist die Berliner Räumung vor allem für 47 jene Vermieter von Vorteil, die einerseits über das entsprechende rechtliche Vorwissen verfügen bzw. eng mit einem Rechtsberater zusammenarbeiten und andererseits über anderwärtige Einlagerungsmöglichkeiten verfügen. Desweiteren wurde beschlossen, dass Vermieter in Zukunft ihre Zahlungs- und Räumungsansprüche leichter durchsetzen können. Der Vermieter kann die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung durch den Mieter bei Gericht verlangen. Diese Sicherheitsleistung soll die Mietschulden decken, die während langer Verfahren anlaufen können. Zahlt der Mieter nicht, so kann eine Räumung der Wohnung im Eilverfahren durchgeführt werden (vgl. Leutheusser-Schnarrenberger 2012, S. 1). Durch die Zahlung der Miete auf ein Sperrkonto der Justiz soll sichergestellt werden, dass damit im Anschluss des Verfahrens die Ansprüche des Vermieters gedeckt werden können. Allerdings wird der Wirksamkeit dieser Maßnahme misstraut. Eine geplante Änderung der ZPO könnte bewirken, dass diese Hinterlegung nur dann beauftragt werden würde, „wenn die spätere Klage zur Durchsetzung dieser Forderungen eine hohe Aussicht auf Erfolg hat“ (Jahn 2011, o.S.). 6.3. Relevante Rechtsmaterien der Zivilprozessordnung 6.3.1. Die Berliner Räumung – eine Alternative zum herkömmlichen Räumungsverfahren Die sogenannte Berliner Räumung trägt ihren Namen aufgrund einer in dieser Causa erstmaligen Entscheidung durch das Amtsgericht Berlin Wedding im Jahr 2004. Das Modell der Berliner Räumung ist eine Form der Zwangsräumung und eng mit dem Vermieterpfandrecht verbunden. Hat der Vermieter einen rechtskräftigen Vollstreckungstitel in der Hand, so wird er als nächstes einen Gerichtsvollzieher mit der Durchführung Vorgangsweise, der Räumung gemäß der beauftragen. der Im Unterschied Gerichtsvollzieher zur mit herkömmlichen Schlosser und Transportunternehmen für die Öffnung der Wohnung und dem Abtransport der sich in der Wohnung befindlichen Gegenstände sorgt, wird im Zuge der Berliner Räumung die Zwangsvollstreckung nach § 885 ZPO auf die Herausgabe der Wohnung beschränkt, unter der Voraussetzung, dass der Vermieter an allen Gegenständen, die sich in den Räumlichkeiten befinden, ein Vermieterpfandrecht geltend macht (vgl. www.recht-in.de 48 [18.7.2012]). Somit verbleiben alle Gegenstände im Mietobjekt. Eine Prüfung, ob alle Gegenstände unter das Vermieterpfandrecht fallen, u.a. ob es Ansprüche Dritter gibt, hat vom Gerichtsvollzieher nicht durchgeführt zu werden, da er nur Vollstreckungsorgan ist und nicht über die unterschiedlichen Ansprüche der Parteien zu entscheiden hat (vgl. Kuchreuter/Stangl/Alt 2007). In der Praxis werden anschließend die Schlösser getauscht um eine etwaige Rückkehr des Mieters mit Hilfe duplizierter Schlüssel zu verhindern. Der Schuldner kann eine Herausgabe der unpfändbaren bzw. wertlosen Gegenstände verlangen (§ 885 Abs 3 S. 2 ZPO). Im Gegensatz zu der in § 885 Abs 3 S. 1 ZPO angeordneten Überführung der Gegenstände in eine Verwahrungsstelle, bleiben diese daher im Bestandsobjekt und der Vermieter ist verpflichtet, diese bis zur Versteigerung aufzubewahren (vgl. § 1215 BGB). Frühestens nach Eintritt der Verkaufsberechtigung kann der Vermieter unter Nennung des geschuldeten Betrages dem Mieter die Versteigerung androhen; diese Pflicht entfällt, wenn sie als untunlich gilt. Nach Ablauf eines Monats nach Androhung der Versteigerung kann der Vermieter eine öffentliche Versteigerung veranlassen (bei Untunlichkeit einen Monat nach Erlangung der Verkaufsberechtigung) (vgl. § 1234 BGB). Der größte Vorteil an diesem Modell ist die vorläufige Kostenersparnis, da der an den Gerichtsvollzieher zu leistende Kostenvorschuss hier in etwa € 400 beträgt, gegenüber € 2.000 bis 3.000 bei der herkömmlichen Räumung einer Wohnung (vgl. Herbert/Koch 2012). Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass der Vermieter unmittelbar in den Besitz der sich in der Wohnung befindlichen Gegenstände des Mieters kommt. Allerdings soll hier nochmals darauf hingewiesen werden, dass nicht alle Gegenstände dem Vermieterpfandrecht unterliegen und dass bei unrechtmäßiger Verpfändung oder Vernichtung bzw. Beschädigung jener nicht dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Gegenstände Schadenersatzansprüche des Mieters oder etwaiger Dritte entstehen können. Ausgenommen vom Vermieterpfandrecht sind zum Beispiel jene Sachen, die nach § 811 ZPO unpfändbar sind und somit unter die Aufbewahrungspflicht fallen. Desweiteren können sich Gegenstände im Eigentum Dritter befinden (unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Gegenstände). Letztendlich muss noch zwischen dem objektiven und dem sogenannten subjektiven Müll unterschieden werden: während der objektive Müll entsorgt werden kann, kann der Mieter behaupten, dass der subjektive Müll von großem Wert für ihn sei und bei dessen Vernichtung Schadenersatzansprüche erheben. Daher ist es 49 unbedingt empfehlenswert, ein Protokoll mit Beschreibung und Fotodokumentation anzufertigen (vgl. Herbert/Koch 2012). 6.3.2. Besonderheiten in der Zivilprozessordnung Mietrechtliche Streitigkeiten werden in der Zivilprozessordnung geregelt. Die Zuständigkeit liegt beim jeweiligen Amtsgericht, in dessen Bezirk sich das Bestandsobjekt befindet (vgl. 29a ZPO). Die Zwangsräumung kann auf Basis eines rechtskräftigen, oder eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Endurteils durchgeführt werden. § 708 ZPO zählt jene Urteile auf, für die die vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung durch den Gläubiger zu erklären ist. Treffend ist hier Nr. 7: Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung gelten „Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und Mieter (…) von Wohnräumen (…) wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung (…)“ (§ 708 Nr. 7 ZPO). Ausschlaggebend hierfür ist das Bedürfnis nach einer schnellen Abwicklung und das hohe Parteieninteresse (vgl. Häublein, Lehmann-Richter 2009, S. 380). Auf Seiten des Mieters haben die §§ 721 und 794a ZPO besondere Bedeutung: in beiden Fällen kann die Räumungsfrist vom Gericht bis zu einem Jahr ausgedehnt werden. Desweiteren kann der Mieter bei Gericht die teilweise Aufhebung, Untersagung oder einstweilige Einstellung des Räumungsvollzuges beantragen, wenn unter Würdigung des Gläubiger-Schutzes die Durchführung der Räumung eine mit den guten Sitten nicht vereinbare Härte darstellen würde (vgl. § 765a ZPO). Da in letzter Zeit vermehrt der Einwand der „Suizidgefährdung“ angeführt wird, versucht das Gericht insofern einen Interessensausgleich zu finden, indem es eine vorübergehende Einstellung ausspricht und dem Mieter aufträgt, alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um die Suizidgefährdung zu beseitigen (vgl. Häublein, Lehmann-Richter 2009, S. 381). 6.3.3. Beispielhafte Darstellung eines Verfahrensablaufes Auf Basis des Experteninterviews mit RA Winfried Meyer kann folgend ein beispielhafter Ablauf eines Kündigungs- und Räumungsverfahren beschrieben werden. 50 Bleibt die Miete an zwei einander folgenden Monaten aus oder erreicht der Rückstand aus Mietschulden die Höhe von zwei Monatsmieten, so kann der Vermieter eine außerordentliche, fristlose Kündigung aussprechen; diese kann er entweder selber unter Anführung des Kündigungsgrundes schriftlich formulieren oder einen Anwalt damit beauftragen. Es besteht zwar die Möglichkeit, die Kündigung im Zuge einer gerichtlichen Klage auszusprechen, aber es ist taktisch sinnvoller, zuerst eine Kündigung mit einer angemessenen Räumungsfrist zu übermitteln. Damit kann entsprechend der Umstände vermieden werden, dass das Gericht im folgenden Verfahren eine weitere Räumungsfrist gewährt. Das Gericht prüft darauf hin, ob der Kündigungsgrund tatsächlich besteht, der Vermieter seinerseits muss die Übermittlung der Kündigung nachweisen, entweder aufgrund eines Einschreibens mit Rückschein oder aufgrund des sogenannten Einwurfeinschreibens. Bei Zweiterem bestätigt der Briefträger, das Schreiben an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Uhrzeit an der Abgabestelle des Mieters abgegeben zu haben. Der Vermieter benötigt das gerichtliche Urteil oder den Beschluss, damit er die Räumung durchführen kann. Nun kann es sein, dass der Mieter Mängel geltend macht, für deren Behebung der Vermieter zuständig ist. Allerdings ist der Mieter vertraglich dazu verpflichtet etwaige Mängel dem Vermieter sofort zu melden, damit diese von ihm behoben werden können. Hat der Mieter diese Pflicht jedoch nicht erfüllt, so kann er sich nun nicht auf jene Mängel berufen, zu deren Behebung er dem Vermieter keine Gelegenheit gegeben hat (vgl. Expertengespräch Meyer, 2012). Der Mieter erhält also die Klage vom Gericht zugestellt mit der Aufforderung sich zur Sachlage zu äußern. Er muss sich nun innerhalb von zwei Wochen dahingehend äußern, ob er sich gegen die Klage verteidigen möchte und seine Gründe gegen die Klage innerhalb zwei weiteren Wochen schriftlich, vollständig und unter Angabe von Beweismitteln anführen. Anschließend findet der erste Gerichtstermin statt. Hat sich der Mieter in den ersten beiden Wochen seiner Einspruchsfrist nicht geäußert, so kann der Vermieter die Erlassung eines Versäumnisurteils beantragen. Dies wäre die einfachste Lösung für den Vermieter. Antwortet der Mieter innerhalb der Zwei-Wochen-Frist, so erhält der Vermieter eine Kopie der Durchschrift und hat noch vor der ersten Verhandlung die Möglichkeit einer Erwiderung. Nach dieser Erwiderung beraumt das Gericht in der Regel den ersten 51 Verhandlungstermin an. Bei diesem Termin wird abgeklärt ob dem Mieter im vorliegenden Fall eine Mietzinsminderung zusteht. Während des ersten Termins werden die Parteien angehört und der Richter entscheidet, ob Beweise erbracht werden müssen. Laut ZPO ist der Richter dazu verpflichtet, möglichst viele Details in dieser Verhandlung abzuklären. Vor dem zweiten Termin muss das Gericht einen sogenannten Beweisbeschluss fassen; dieser bestimmt, ob Beweise über die vom Mieter vorgebrachten Behauptungen dargelegt werden müssen. Sind Beweise notwendig, so müssen diese beim nächsten Termin, ca. nach 3 – 4 Wochen dargelegt werden; desweiteren werden zu diesem zweiten Termin etwaige Zeugen für den behaupteten Mietzinsminderungsgrund geladen. Bestätigen die Zeugen die vom Mieter vorgebrachten Tatsachen, so wird für den dritten Termin ein Sachverständigengutachten eingeholt werden; will sich der Beklagte darauf berufen, so muss er die diesbezüglichen Kosten vorschießen. In jenen Fällen, in denen die Auswirkungen bestimmter Mängel hinlänglich bekannt sind (z.B. Auswirkung von Schimmelbildung), kann der Richter aus eigenem Ermessen entscheiden. Werden die Behauptungen des Mieters nicht ausreichend bewiesen, so gibt der Richter den Termin für die Entscheidung bekannt, dieser finden zumeist ca. 3 Wochen später statt. Dieser dritte Termin kann nun entweder ein weiterer Beweisaufnahmetermin sein oder die Anhörung des Sachverständigen oder das Gericht kann direkt durch Urteil entscheiden. Es wird ein folgender Verkündungstermin genannt (für Beweisbeschluss- oder Urteilsverkündung) und das erlassene Urteil ist gleichzeitig das Räumungsurteil: „Der Beklagte wird verurteilt 1. die Wohnung zu räumen und 2. erhält der Beklagte eine bestimmte Räumungsfrist; der Beklagte wird weiterhin verurteilt, rückständige Miete in Höhe von … zu bezahlen“ (Experteninterview Meyer, 2012). Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden, wird dies nicht getan, so ist das Urteil nach Ablauf der Berufungsfrist rechtskräftig und kann vollstreckt werden. Nach Ablauf diese Monats beantragt der Kläger erstens ein Rechtskraftzeugnis, zweitens eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils, die sogenannte Vollstreckungsklausel und drittens den Nachweis, wann das Urteil dem Beklagten zugestellt wurde. Diese drei Faktoren sind Grundvoraussetzung um die Zwangsvollstreckung betreiben zu können, das heißt den Gerichtsvollzieher mit der Räumung der Wohnung zu beauftragen und mittels der Zwangsvollstreckung das ausstehende Geld einzuziehen. Zu beachten ist, dass das 52 Gericht zusätzlich zur Rechtsmittelfrist dem Mieter auch eine angemessene Räumungsfrist ausgesprochen haben kann. Die Räumungsfrist zählt ab der Vollstreckbarkeit, also der Rechtskräftigkeit des Urteils. Nun erhält der Kläger die Aufforderung des Gerichtsvollziehers zur Vorschussleistung, damit die Zwangsräumung durchgeführt werden kann. Dieser Vorschuss kann sich auf ca. EUR 2.500 belaufen. Sobald der Vermieter die Vorschussleistung zahlt, setzt der Gerichtsvollzieher den Termin zur Räumung fest (ca. 3 - 4 Wochen später). Kann der Mieter nachweisen, für sich und seine Familie in der anberaumten Räumungsfrist keine passende Wohnung gefunden zu haben, so kann ihm das Gericht eine neuerliche Räumungsfrist von ca. 4 Wochen gewähren. Hat der Mieter nach Ablauf dieser zweiten Räumungsfrist die Wohnung immer noch nicht verlassen, so erhält der Anwalt des Vermieters eine entsprechende Mitteilung und der Gerichtsvollzieher setzt sich mit der betreffenden Abteilung der Stadtverwaltung in Verbindung, ob eine entsprechende Sozialwohnung frei wäre, da er eine Räumung durchzuführen hätte. Die Stadtverwaltung erteilt ihm dann Auskunft, wann und wo eine Wohnung frei werden würde und entsprechend dieser Vorgaben beraumt der Gerichtsvollzieher den nächsten Räumungstermin an. Bis dahin verbleibt der Mieter in der Wohnung. Zu diesem Termin bestellt der Gerichtsvollzieher auch das Möbeltransportunternehmen, das, sollte die neue Wohnung nicht alle Gegenstände aufnehmen können, die übriggebliebenen Sachen auf der Pfandstelle abliefert, wo diese Gegenstände auf Kosten des Vermieters eingelagert werden. Nun hat der Vermieter wieder Verfügungsgewalt über seine Wohnung. RA Meyer sieht keine große Chance, das gerichtliche Verfahren zu beschleunigen, da alle Möglichkeiten bereits im Vorfeld durch entsprechende Gesetzesänderungen ausgeschöpft worden sind. Der Mieter muss schließlich das Recht haben, sich zu äußern und Beweise vorzubringen. „Unter Wahrung der rechtsstaatlichen Grundsätze gibt es kaum Möglichkeiten hier Wesentliches zu verändern“ (Experteninterview Meyer, 2012). 53 6.4. Maßnahmen vor Abschluss des Mietvertrages Viele Vermieter nützen die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht in vollem Umfang aus: vor allem private Vermieter tendieren dazu, von der Einholung detailierter Auskünfte abzusehen (vgl. Pfeiffer 2012). Laut Sondergutachten von Artz/Jacoby haben nur knapp ein Drittel der Studienteilnehmer Auskünfte über den Mietinteressenten abgefragt. Festgehalten kann werden, dass die Abfrage von umfangreichen Informationen zur Person des potentiellen Mieters Mietpreller abschrecken. (vgl. Experteninterview Becker, 2012). Grundsätzlich können all jene Fragen gestellt werden, die unmittelbar im Zusammenhang mit dem Interesse des Vermieters an einem zuverlässigen Mieter stehen (vgl. Experteninterview Meyer, 2012), darunter fallen: • Mietschuldenfreiheitsbescheinigung des Vorvermieters • SCHUFA-Auskunft: Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (SCHUFA Holding AG), liefert kreditrelevante Informationen, Abfrage entweder durch den Mietinteressenten selber oder durch ein Partnerunternehmen der Schufa • Selbstauskunft des Mietinteressenten (vgl. Artz/Jacoby 2011, S. 25) • Einkommensnachweis der letzten drei Monate: mit Name, Adresse und Unterschrift des Arbeitgebers • Nachfrage beim Schuldnerverzeichnis am Gericht des derzeitigen Wohnortes: jeder mit einem berechtigten Interesse kann beim Amtsgericht Einkünfte über den Mietinteressenten einholen (vgl. Expertengespräch Meyer, 2011) Im Sondergutachten von Artz/Jacoby konnte erhoben werden, dass 23,9% eine Selbstauskunft des Mietinteressenten, 8,8% einen Gehalts- bzw. Einkommensnachweis, 4,4% eine SCHUFA-Auskunft, 2,2% einen Kontoauszug und 2,2% der Studienteilnehmer eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung verlangt haben. Desweiteren besuchten 3,5% den betreffenden Mietinteressenten in der früheren Wohnung, 2,3% traten an eine Auskunftei (z.B. Creditreform) heran und 10,9% holten sich Auskünfte über den Mieter bei Bekannten, Arbeitgeber, Vorvermieter, Makler, ARGE/Sozialamt und Sonstigen ein (vgl. Artz/Jacoby 2011). 54 Daraus lässt sich rückschließen, dass Vorfälle von Mietprellerei zumindest zu einem gewissen Anteil auf die Gutgläubigkeit der Vermieter zurückzuführen sind. Ein viel zu geringer Prozentsatz von Vermietern holt sich die ihnen zu Verfügung stehenden Informationen ein. Leider kann man aber auch durch akribische Nachforschung nicht ausschließen, einem Mietpreller zum Opfer zu fallen, jedoch lässt sich dadurch die Gefahr verringern. Abgesehen von den Informationen zur Person des Mietinteressenten sollten bei Abschluss des Mietvertrages und Übergabe der Schlüssel folgende Punkte erfüllt sein: • Kaution in Höhe von 3 Netto-Monatsmieten: der Mieter hat Anrecht auf Zahlung in drei Raten, wobei die erste Rate bei Mietbeginn bezahlt werden muss. • Bezahlung der ersten Monatsmiete • Bezahlung einer etwaigen Maklergebühr • Übergabe einer Kopie vom amtlichen Lichtbildausweises (vgl. Expertengespräch Meyer, 2012) 6.4.1. Mietschuldenfreiheitsbescheinigung Die Mietschuldenfreiheitsbescheinigung gibt in der Regel Auskunft über folgende drei Punkte: der erste Punkt betrifft die Bestätigung der vollständigen und fristgerechten Zahlungsleistung, der zweite Punkt führt die offene Mietschuld und eine darüber getroffenen Zahlungsvereinbarung an, und der dritte Punkt zeigt eine offenen Mietschuld auf, über die keine Zahlungsvereinbarung getroffen wurde, gibt jedoch Raum für eine diesbezügliche Begründung. Eine Bestätigung über die ordnungsgemäße Rückgabe der Wohnung ist nicht enthalten. Die Mietschuldenfreiheitsbescheinigung wird unter anderem in München und Berlin gefordert. Jedoch hat der Mieter aktuell kein gesetzliches Anrecht, eine solche von seinem Vermieter zu verlangen. Er ist lediglich dazu berechtigt, die Quittungen über den geleisteten Mietzins einzufordern (vgl. www.pro-wohnen.de [18.7.2012]). Es kann daher schwierig sein, eine solche Bescheinigung zu bekommen (vgl. Expertengespräch Schatzl, 2012). Im Deutschen Bundestag wird jedoch derzeit diskutiert, das Recht des Mieters auf eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung analog zum Arbeitszeugnis gesetzlich zu verankern (vgl. Experteninterview Hartmann, 2012). 55 Abbildung 12: Muster Mietschuldenfreiheitsbescheinigung Quelle: www.pro-wohnen.de [18.7.2012] 56 6.4.2. Kautionshöhe und -rückzahlung Der Mietinteressent hat das Recht, die vom Vermieter verlangte Kaution in der Höhe von maximal drei Monatsmieten in drei Raten zahlen zu dürfen. Dies kann dazu führen, dass der Vermieter die Schlüssel bereits nach Erhalt der ersten Rate übergibt und darauf vertrauen muss, dass sein neuer Mieter auch die beiden anderen Raten wie vereinbart bezahlen wird (vgl. Expertengespräch Meyer, 2012). Zieht der Mieter um und stellt seine Wohnung dem Vermieter zurück, so muss der Vermieter die Kaution in der Regel innerhalb eines halben Jahres abrechnen und entsprechend auszahlen. Jedoch hat der Vermieter das Recht, die Kaution zumindest teilweise bis zur Abrechnung der Nebenkosten einzubehalten, da es zu Nachforderungen seitens des Vermieters kommen kann. Diese Abrechnung kann bis zu einem Jahr dauern. Dies wiederum bringt jene Mietinteressenten in Bedrängnis, die von vornhinein über kein übermäßiges Budget verfügen. Allerdings gibt es speziell für Hartz IV- Empfänger die Möglichkeit, dem Vermieter eine Abtretungserklärung auszuhändigen: das Sozialamt geht dann für die Kaution in Vorleistung und zieht dem Sozialhilfe-Empfänger den geleisteten Betrag in Raten von seinem monatlichen Einkommen wieder ab (vgl. Expertengespräch Meyer, 2012). 6.4.3. Selbstauskunft des Mieters Die Mieterselbstauskunft dient dazu, die Daten des Mietinteressenten zu erfassen. Wird die Selbstauskunft als Anhang des Mietvertrags zu dessen Geschäftsgrundlage, kann die wahrheitswidrige Beantwortung der zulässigen Fragen das rechtmäßige Zustandekommen des Mietvertrages in Frage stellen. Angefochten werden kann der Vertrag allerdings nur unter der Voraussetzung, dass es sich bei der gestellten Frage um eine zulässige Frage handelt und wenn die Beantwortung wesentliche Voraussetzung für den Abschluss des Mietvertrages war (vgl. Stürzer/Koch 2010, S 141). Unter zulässige Fragen fallen jene Fragen nach der Bonität, also nach dem Einkommensverhältnis, nach der berufliche Stellung und nach dem Arbeitgeber, desweiteren nach dem Familienstand, einer etwaigen eidesstattlichen Erklärung und nach einem etwaigen Insolvenzverfahren bzw. einer Lohnpfändung. Mit der Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung wird der Wahrheitsgehalt einer Erklärung bestätigt; ist diese 57 unwahr, stellt dies einen Straftatbestand dar (vgl. § 156 StGB) und der Erklärungsgeber macht sich strafbar. Auch die Frage nach etwaigen Mietschulden gilt als zulässig; wird sie unkorrekt beantwortet, so berechtigt dies den Vermieter auf jeden Fall eine fristlose Kündigung auszusprechen. Besonders in Deutschland ist die Einforderung einer freiwilligen Mieterselbstauskunft weit verbreitet (vgl. Expertengespräche Hartmann, 2012). Jedoch sind es auch dort vor allem die professionellen Vermieter, die davon Gebrauch machen. Den privaten Vermietern ist die Einholung der Selbstauskunft des Mieters dringend nahezulegen. Im Sondergutachten von Artz/Jacoby wurde festgestellt, dass ca. ein Viertel derjenigen Studienteilnehmer, die vor Abschluss des Mietvertrages Auskünfte über den Mietinteressenten eingeholt haben, nicht nach einer Selbstauskunft des Mieters gefragt haben. Die Mieter - Selbstauskunft kann folgende Angaben enthalten: • Derzeitige Wohnadresse • Geburtsdatum • Beruf • Arbeitgeber • Einkommenshöhe Desweitern kann gefragt werden nach: • Grund für den Wohnungswechsels • Referenz vom vorherigen Vermieter • Haustierhaltung • Raucher • Vorhandensein einer Haftpflichtversicherung • Derzeit anhängige Mahnverfahren, Zahlungsklagen, Insolvenzverfahren, etc. Die Suche nach Mietnomaden auf sogenannten Mieterkarteien im Internet wird eher skeptisch gesehen, denn die Evidenzhaltung könnte zweifelhaft sein und oft verwenden Mietnomaden unterschiedliche Schreibweisen ihrer Namen, was die spezifische Suche erschwert. Außerdem ist es fraglich, ob solche Internetportale dem Datenschutzgesetz entsprechen (vgl. Expertengespräch Meyer, 2012). 58 Folgend ein Musterformular für die freiwillige Mieterselbstauskunft: Abbildung 13: Muster einer freiwilligen Mieterselbstauskunft Quelle: www.sb-immobilien.com [15.7.2012] 59 6.4.4. Versicherung gegen den Schadensfall In Deutschland werden Versicherungen gegen den Mietausfall und gegen die Schäden durch den Mietpreller angeboten. Jeder Vermieter sollte sich aber gut beraten lassen und kalkuliert entscheiden, ob er eine solche Versicherung abschließen will. Natürlich werden dem Vermieter gewissen Vorsichtsmaßnahmen verpflichtend nahe gelegt: sie müssen nachweisen, sorgfältig die finanziellen Verhältnisse des Mietinteressenten geprüft zu haben und müssen unter Umständen auch ein Protokoll der Wohnungsübergabe vorlegen (vgl. Hinterberger 2012). Um sich gegen die Verfahrenskosten abzusichern, ist es jedoch für jeden Vermieter ratsam, eine Rechtschutzversicherung abzuschließen. 6.5. Durchschnittliche Verfahrensdauer Laut der Erhebung im Zuge der Erstellung des Sondergutachtens von Artz/Jacoby haben ca. ein Drittel der Mieter der befragten Teilnehmer die Wohnung nach der Kündigung freiwillig verlassen. Gegen die restlichen zwei Drittel wurde in drei Viertel der Fälle eine Räumungsklage vor Gericht eingebracht. Hier wurden im Durchschnitt nach ca. 1,14 Monaten nach erstmaligem Ausbleiben des Mietzinses die Kündigung und 3,57 Monate nach Erklärung der Kündigung die Räumungsklage ausgesprochen. Diese Zeitspannen begründeten sich einerseits auf Kostenerwägungen des Vermieters und dem verkündeten Räumungswillen des Mieters. Das Räumungsverfahren umfasste eine Zeitspanne von durchschnittlich 5,36 Monaten ab Klagseinbringung bis zur Urteilsverkündung, weitere 2,62 Monate dauerte die Räumung durch den Gerichtsbeamten ab rechtskräftigem Räumungstitel. Nur in einem Fünftel der Fälle wurde nach dem Berliner Modell vorgegangen. In jenen Fällen, in denen bereits kurz nach Mietbeginn die Zinszahlung eingestellt wurde, gewährte das Gericht in 50% eine Räumungsfrist zwischen zwei bis vier Wochen. „Verzögerungen der Räumungsvollstreckung sind regelmäßig auf die fehlende Bevorschussung des Gläubigers, nicht aber etwa auf die Arbeitsüberlastung der Gerichtsvollzieher zurückzuführen“ (Artz/Jacoby 2012, S. 31). 60 6.6. Wirtschaftlicher Schaden für den Vermieter Laut des Sondergutachtens von Artz/Jacoby beklagten ca. 18% der betroffenen Vermieter einen Schaden in Höhe von bis zu EUR 2.500. Bei ca. 26% der festgestellten Fälle von Mietprellerei kam es zu einer Schadenshöhe zwischen EUR 2.501 und EUR 5.000, bei ca. 27% zu einer Schadenshöhe zwischen EUR 5.001 und EUR 10.000. In ca. 20% der Fälle mussten die Vermieter einen Betrag in Höhe zwischen EUR10.001 und EUR 20.000 als Schadensumme abschreiben. Letztlich wurde in 9% der Fälle eine Schadensumme zwischen 20.001 bis über 100.000 angegeben, wobei nur 0,61% der Studienteilnehmer die 100.000 Euro-Schwelle überschritten (vgl. Artz/Jacoby 2011, S. 98). 6.7. Wirtschaftlicher Schaden für den Gesamtmarkt Laut Eurostat handelt es sich bei ca. 47% der deutschen Wohnungen um Mietwohnungen. Rechnet man die Anzahl der Vorfälle von Mietprellerei laut Sondergutachten von Artz/Jacoby auf den deutschen Gesamtmarkt hoch, kann man von in etwa 5.000 – 10.000 Fällen bei ca. 20 Mio. Mietwohnungen ausgehen. Dies ergibt einen geschätzten Anteil in der Größenordnung zwischen 2,5 – 5 Promille. 61 7. Die Situation in der Schweiz Auch in der Schweiz ist es schwierig, genaue Zahlen zum Thema Mietprellerei zu nennen. Laut Auskunft des Bundesamtes für Wohnungswesen (BWO) kam es in der Schweiz im zweiten Halbjahr außerordentlichen 2011 zu Kündigungen. 700 Die Schlichtungsstellenverfahren Verfahren umfassten aufgrund Anfechtungen von einer außerordentlichen Kündigung infolge von Zahlungsrückstand, Verletzung der Sorgfaltsund Rücksichtsnahmepflicht, Mängel an der Mietsache, aus wichtigen Gründen oder infolge des Konkurses des Mieters. Laut Felix König, dem stellvertretenden Leiter der Rechtsabteilung des BWO, dürften die Fälle von Mietprellerei nur einen sehr kleinen Anteil an diesen Verfahren haben. Allerdings wird auch nicht jeder Streit mit dem Mietschuldner vor der Schlichtungsstelle gelöst. Hr. König vermutet, dass es nicht mehr als ein paar Dutzend derartiger Fälle jährlich gäbe (vgl. Email König, 2012). Die für Miet- und Pachtstreitigkeiten im Zusammenhang mit Wohn- und Geschäftsräumlichkeiten zuständigen Schlichtungsbehörden müssen in Streitfällen obligatorisch durchlaufen werden, sind aber in diesen Belangen kostenlos (vgl. Art. 113 Nr. 2c ZPO), es sei denn die Prozessführung wird als mutwillig beurteilt. Dann kann der unterlegenen Partei aufgetragen werden, die Verfahrenskosten teilweise oder zur Gänze zu übernehmen und die andere Partei zu entschädigen (vgl. Art. 274d OR). Kommt es im Schlichtungsverfahren zu keiner Einigung, so fällt die Schlichtungsstelle „einen Entscheid über die Ansprüche der Vertragsparteien und die Verwendung der Mietzinse“ (Art. 259i OR). Dieser Entscheid wird mangels Einrede der unterlegenen Partei innerhalb von 30 Tagen rechtskräftig. 7.1. Relevante Rechtsmaterien im Schweizerischen Obligationenrecht 7.1.1. Kündigung von Wohnraum Bleibt der Mieter die Zahlung des Mietzinses schuldig, so kann ihm der Vermieter eine Nachfrist zur Zahlung von 30 Tagen setzen und ihm die Kündigung des Mietverhältnisses androhen. Empfehlenswert ist es, die Kündigungsandrohung eingeschrieben mit Rückschein dem Mietschuldner zuzustellen, da die 30-tägige Frist zur Zahlung des Mietzinsrückstandes am Tag nach der Entgegennahme der Kündigungsandrohung beginnt. 62 In jedem Fall gilt das Schreiben mit dem letzten Tag der Abholfrist von 7 Tagen als zugestellt (vgl. www.hev-schweiz.ch [21.5.2012]). „Kommt der Mieter dieser Nachzahlungsaufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so kann ihm unter Setzung einer weiteren Frist von 30 Tagen zum Monatsende fristlos gekündigt werden“ (Art. 257d OR). Die Kündigung bedarf der Schriftform und ist mittels vom entsprechenden Kanton genehmigten Formulars durchzuführen. Dieses Formular beinhaltet unter Anderem den Hinweis auf die Vorgangsweise bei Anfechtung der Kündigung als auch bei Ansuchen um Erstreckung des Mietverhältnisses (vgl. Art. 266l OR). Desweiteren hat die Kündigung sowohl an den Mieter als auch an seinen Ehegatten zu ergehen (vgl. Art. 266n OR) und als Kündigungsgrund den Terminus „Zahlungsverzug gemäß Art. 257d OR“ aufzuweisen (vgl. www.hev-schweiz.ch [21.5.2012]). 7.1.2. Rechtschutz im summarischen Verfahren Art. 257 ZPO sieht vor, dass das Gericht bei unbestrittenen oder sofort beweisbaren Sachverhalten bzw. dort, wo die Rechtslage eindeutig ist, Rechtschutz im summarischen Verfahren gewährt. Der Unterschied zum ordentlichen Verfahren liegt erstens darin, dass kein Schlichtungsverfahren stattfindet, desweiteren dass - unabhängig vom Streitwert meist nur ein Einzelrichter zuständig ist, nur bestimmte Beweismittel zulässig sind und der Sachverhalt nur glaubhaft dargestellt werden muss. Das bedeutet, der Darstellung des Klägers muss als wahrscheinlich gefolgt werden können (vgl. Bürgi/Nägeli 2012). Ist die Rechtslage jedoch unklar, also bestreitet der Mieter den Sachverhalt, dann muss ein ordentliches Verfahren im Zuge eines Schlichtungsverfahrens eröffnet werden (vgl. Email König, 2012). 7.2. Beispielhafter Ablauf einer Kündigung bzw. Räumung in der Praxis Ist der Mietzins am ersten des Monats fällig und bis zum 10. nicht überwiesen, so übermittelt der Vermieter dem säumigen Mieter eine Mahnung unter Setzung einer Nachfrist von 30 Tagen. Bleibt der Mieter die Miete bis zum Ende der Nachfrist schuldig, so kann ihn der Vermieter mit einer nochmaligen Frist von 30 Tagen auf Ende eines 63 Monats fristlos unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften kündigen. Weigert sich der säumige Mieter die Wohnung zu räumen, verlangt der Vermieter in der Schlichtungsbehörde seine Ausweisung. Der Mieter erhält zumeist eine Frist von 10 - 14 Tagen, um Stellung zu nehmen. Ergeht anschließend ein Urteil, wird der Räumungstermin festgelegt. Wenn der Mieter die Wohnung trotzdem nicht verlässt, wird er unter Zuhilfenahme der Polizei, eines Schlossers und eines Umzugsdienstes aus der Wohnung entfernt. Hat der Mieter die Wohnung bereits verlassen, so ist es vielerorts Gerichtspraxis, dass dem Vermieter die Verwahrung der Gegenstände für die Dauer eines Jahres aufgetragen wird. (vgl. Expertengespräch Leimer, 2012). 7.3. Maßnahmen vor Abschluss des Mietvertrages Analog zu Österreich und Deutschland ist es in der Schweiz ebenfalls üblich, Auskünfte bezüglich Einkommen und aktueller Wohnadresse einzuholen und eine Kopie des Ausweises anzufertigen. Diese Daten werden mittels eines Mietgesuchs festgehalten. Desweiteren wird in der Regel eine Betreibungsregisterauskunft verlangt. Oft ist auch der Abschluss einer Privathaftpflichtversicherung Bedingung zur Erlangung des Mietverhältnisses, da dadurch ein etwaiger, durch den Mieter entstandener, Schaden abgedeckt sein kann. Hier sollte allerdings die Auskunft des Mietinteressenten direkt bei der Versicherung verifiziert werden, damit die Deckung von Schäden gewährleistet ist (vgl. Expertengespräch Leimer, 2012). 7.3.1. Mietgesuch Im Mietgesuch wird unter anderem das Einkommen, Beruf und Arbeitgeber abgefragt. Ist der potentielle Mieter ausdrücklich damit einverstanden bzw. hat er den Arbeitgeber als Referenz angegeben, so kann der Vermieter bei diesem Erkundungen einholen, ob das Arbeitsverhältnis aufrecht ist und ob das Nettoeinkommen in etwa dem dreifachen Mietzins entspricht. Auch können Referenzen vom Vorvermieter eingeholt werden bezüglich der pünktlichen Bezahlung der Miete, bezüglich etwaiger Beschwerden der Nachbarn oder anderer Probleme. Hier ist zu beachten, dass die Auskünfte des Vorvermieters der Wahrheit entsprechen müssen, da dieser sonst unter Umständen in Haftung gerät (vgl. www.hev-schweiz.ch, 2009). 64 Abbildung 14: Muster eines Mietgesuchs Quelle: www.immoleimer.ch [15.8.2012] 65 7.3.2. Betreibungsregisterauskunft Um sich über die wirtschaftliche Situation des Mietinteressenten zu informieren, kann ein sogenannter Betreibungsregisterauszug verlangt werden. In diesem Auszug ist festgehalten, ob es eine aktuelle Betreibung gegen den Mieter gibt bzw. ob bereits Verlustscheine existieren. Unter Betreibung versteht man unter anderem die Zwangspfändung, die vom Gläubiger formlos eingebracht werden kann und von den Betreibungsämtern durchgeführt wird (vgl. www.ch.ch [15.8.2012]). Ein Verlustschein wiederum belegt, dass bereits eine erfolglose Betreibung gegen die betreffende Person stattgefunden hat (vgl. www.inkassosolution.ch [15.8.2012]). Da sich dieser Auszug aber nur auf den aktuellen Wohnort bezieht, ist es empfehlenswert, auch Auskunft über frühere Wohnorte einzufordern und ergänzende Betreibungsregisterauszüge einzuholen. Auch ist es möglich, sich beim letzten Vermieter über die Zahlungsmoral des Mietinteressenten zu erkundigen und eine Referenz einzuholen (vgl. Expertengespräch König, 2012). 7.3.3. Sicherheitsleistung Der Vermieter hat ein Anrecht auf eine Sicherheitsleistung in Höhe von höchsten drei Monatsmieten und hat diese getrennt vom eigenen Vermögen auf ein Sparbuch bzw. Wertpapierdepot lautend auf den Namen des Mieters zu hinterlegen (vgl. Email König, 2012). Diese Kaution darf von der Bank nur mit Zustimmung beider Parteien oder aufgrund eines rechtskräftigen Zahlungsbefehls bzw. Gerichtsurteils ausgehändigt werden (vgl. § 257e OR). Bei Nicht-Inanspruchnahme der Sicherheitsleistung innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Mietverhältnisses kann der Mieter die Rückzahlung des Betrages verlangen (vgl. Art. 257e OR). Als Alternative zur Kaution kann dem Vermieter angeboten werden, dass der Mietinteressent eine Mietkautionsversicherung abschließt: diese übernimmt gegen Bezahlung einer Prämie jene Verpflichtungen des Mieters gegenüber dem Vermieter, die dem Mieter aus der Natur der Kaution erwachsen würde (vgl. www.hev-schweiz.ch, 2012). 66 7.4. Verfahrensdauer Bis einem säumigen Mieter gekündigt werden kann, vergehen aufgrund der gesetzlichen Vorgaben zumindest zwei Monate ab Entstehen der Zahlungsschuld, da dem säumigen Mieter 30 Tage Frist zur Zahlung des offenen Betrages zuzugestehen ist und erst anschließend unter nochmaliger Setzung einer Frist von 30 Tagen zum Monatsende gekündigt werden kann (vgl. Email König, 2012). Ist die Sachlage eindeutig und beweisbar und die Rechtslage klar, so kann der Mietschuldner mittels gerichtlich gewährten Rechtsschutzes im summarischen Verfahrens rasch aus der Wohnung ausgewiesen werden. Zwar kann die diesbezügliche Zeitspanne variieren, jedoch dient dieses Verfahren dazu, die Räumung der Wohnung (hier also die Ausweisung des Mieters) ohne weiteren Zeitverlust, auch unter Zuhilfenahme der Polizei, durchzuführen. Muss jedoch aufgrund des Widerspruches des Mieters die Schlichtungsbehörde entscheiden, so kann sich die Verfahrensdauer um einige Monate verlängern (vgl. Email König, 2012). 7.5. Wirtschaftlicher Schaden für den Vermieter Je nach Höhe der ausstehenden Miete, der Reaktionszeit des Vermieters, der Dauer des Verfahrens und den Schäden an der Wohnung kann sich der Schaden zwischen ein paar tausend Franken bis zu einem fünfstelligen Franken-Betrag belaufen (vgl. Email König, 2012). 7.6. Wirtschaftlicher Schaden für den Gesamtmarkt Gemäß Einschätzung von König kommt es in der gesamten Schweiz pro Jahr nur zu einigen Dutzend Vorfällen in Zusammenhang mit Mietprellern (vgl. Email König, 2012). Geht man davon aus, dass es sich bei zwei Drittel der vier Millionen Wohnungen um Mietwohnungen handelt, so ergibt sich eine Größenordnung von weit weniger als ein Promille (vgl. www.bfs.admin.ch [10.8.2012]). 67 7.7. Beantwortung des Interview-Fragebogens durch Felix König (BWO) Wie definieren Sie den Begriff „Mietnomade“? Haben Sie Kenntnis diesbezüglicher Vorfälle? Als „Mietnomade“ würde ich eine Person bezeichnen, die von Mietwohnung zu Mietwohnung zieht und dabei das Ziel verfolgt, am jeweiligen Ort möglichst lange ohne Bezahlung des Mietzinses wohnen zu können. Häufig zeichnet sich ihr Verhalten zudem dadurch aus, dass sie die Wohnung in verwahrlostem Zustand zurück lässt. Ich wurde bisher noch nie mit solchen Fällen konfrontiert. Können Sie schätzen, wie viele Fälle von Mietnomaden in der Schweiz pro Jahr auftreten? Gemäss Statistik über die Tätigkeit der Schlichtungsbehörden gab es im zweiten Halbjahr 2011 in der Schweiz über 700 Schlichtungsverfahren zum Thema ausserordentliche Kündigung. Dieser Anrufungsgrund umfasst die Anfechtung einer ausserordentlichen Kündigung infolge von Zahlungsrückstand (Art. 257d Abs. 2 OR), Verletzung der Sorgfalts- und Rücksichtsnahmepflicht (Art. 257f Abs. 3 OR), Mängeln an der Mietsache (Art. 259b lit. a OR), aus wichtigen Gründen (Art. 266g OR) oder infolge Konkurs des Mieters (Art. 266h OR). Nur ein ganz kleiner Teil dieser Fälle dürfte „Mietnomaden“ betreffen. Andererseits führt aber auch nicht jeder Fall von „Mietnomaden“ zu einem Schlichtungsverfahren. Es ist deshalb schwierig, aus der Statistik der Schlichtungsbehörden Erkenntnisse dazu zu gewinnen. Ich vermute, dass es in der Schweiz jährlich nicht mehr als einige Dutzend solcher Fälle gibt. Welche Informationen sind Ihrer Meinung nach unbedingt vor Vertragsabschluss über den potentiellen Mietereinzuholen? In der Schweiz ist es üblich, dass der Vermieter vor Abschluss eines Mietvertrages einen Betreibungsregisterauszug einfordert. Dieser Auszug beinhaltet aber nur Informationen, die sich auf den jeweiligen Wohnort beziehen. Da Mietnomaden diesen häufig wechseln, kann es sinnvoll sein, sich nach früheren Wohnorten zu erkundigen und dort ebenfalls Betreibungsregisterauszüge anzufordern. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, vom letzten Vermieter eine Referenz einzuholen. 68 Wie kann man Ihrer Meinung nach zusätzlich den Abschluss eines Mietvertrages mit einem Mietnomaden vermeiden? Gemäss Artikel 257e Absatz 2 Obligationenrecht (OR) darf der Vermieter bei der Miete von Wohnräumen höchstens drei Monatszinse (auf einem Sparkonto oder einem Depot, das auf den Namen des Mieters lautet. Das Geld darf aber nur mit Zustimmung beider Parteien oder gestützt auf ein Urteil herausgegeben werden) als Sicherheit verlangen. Wird dies verlangt, so kann dies für „Mietnomaden“ abschreckend wirken. Wie lange dauern Ihrer Erfahrung nach durchschnittlich die notwendigen Mietzinsklage und Räumungsverfahren? Gemäss Artikel 257d OR kann der Vermieter dem Mieter, der nach der Übernahme der Sache mit der Zahlung fälliger Mietzinse oder Nebenkosten im Rückstand ist, schriftlich eine Zahlungsfrist von 30 Tagen setzen und ihm androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde. Bezahlt der Mieter innert der gesetzten Frist nicht, so kann der Vermieter bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens nochmals 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen. Dies bedeutet, dass eine Kündigung frühestens zwei Monate nach der ersten Säumnis des Mieters wirksam ist. Sofern der Sachverhalt unbestritten oder sofort beweisbar und die Rechtslage klar ist, gewährt das Gericht Rechtsschutz im summarischen Verfahren (Artikel 257 Schweizerische Zivilprozessordnung, ZPO). Die Dauer dürfte von Ort zu unterschiedlich sein, aber das Verfahren ist auf eine unverzügliche Umsetzung des Rechtsschutzes (in diesem Fall Ausweisung des Mieters, nötigenfalls mit Hilfe der Polizei) ausgerichtet. Wenn allerdings dieser Rechtsschutz nicht gewährt werden kann, beispielsweise weil der Mieter den Sachverhalt bestreitet und/oder seinerseits Ansprüche (z.B. wegen Mängeln) geltend macht, so muss der Vermieter ein ordentliches Verfahren vor der zuständigen Schlichtungsbehörde einleiten. Dadurch kann sich die die Verfahrensdauer bis zur Räumung ohne weiteres um ein paar Monate verlängern. Wie hoch sind Ihrer Erfahrung nach die durchschnittlichen Kosten/Schäden, die der Mietnomade anrichtet (Größenordnung)? Dazu kenne ich kein praktisches Beispiel auf das ich zurückgreifen könnte. Geht man jedoch von einer möglichen Verfahrensdauer von mehreren Monaten aus, so resultiert, je nach Höhe des Mietzinses, eine Summe von einigen tausend Franken. Kommen noch 69 Schäden am Mietobjekt dazu, so erscheint auch ein fünfstelliger Frankenbetrag nicht unrealistisch. Gemäß Art. 259g des schweizerischen Mietrechtes kann der Mieter bei Mängel und Verstreichen der Frist den Mietzins hinterlegen. Hat andererseits der Vermieter in Streitfällen die Möglichkeit zu verlangen, dass der Mieter den Mietzins hinterlegt, bis ein Urteil gefällt wird? Eine Hinterlegung im Streitfall zugunsten des Vermieters ist durch das OR nicht vorgesehen. Faktisch erfüllt die Sicherheit von bis zu drei Monatszinsen, die der Vermieter zu Beginn des Mietverhältnisses verlangen kann (vgl. Antwort zu Ziffer 5), eine vergleichbare Funktion. Welche Kündigungstermine stehen dem Vermieter zur Verfügung? In erster Linie gelten die vertraglich vereinbarten Kündigungstermine. Sehr oft ist dies jedes Monatsende mit Ausnahme des 31. Dezember. Fehlt es an einer solchen Vereinbarung, so gilt der sogenannte Ortsgebrauch. Dieser kann beispielsweise den 31. März, den 30. Juni, und 30. September als Kündigungstermine vorsehen. Fehlt es sowohl an einer vertraglichen Vereinbarung als auch an einem Ortsgebrauch, so kann auf das Ende einer dreimonatigen Mietdauer gekündigt werden. Diese berechnet sich ab dem Vertragsbeginn. Wenn ein Mietverhältnis am 1. Februar begonnen hat, so sind der 30. April, der 31. Juli, der 31. Oktober sowie der 31. Januar Kündigungstermine. Im vorliegenden Zusammenhang ist Artikel 266c OR allerdings nicht zentral, da diese Bestimmung die normale Kündigung betrifft, während bei „Mietnomaden“ regelmässig Artikel 257d OR und damit ein besonderer Kündigungstermin (unabhängig vom Vertrag oder vom Ortsgebrauch das Ende eines Monats) zur Anwendung gelangt. Ist das Thema Mietnomaden in den schweizerischen Medien übermäßig präsent? Wenn ja, zu Recht ? Das Thema ist in den Schweizer Medien präsent. Es erscheinen regelmässig Artikel dazu. Ob man die Häufigkeit als übermässig bezeichnen will, ist eine Ermessensfrage. Davon ausgehend, dass Mietnomaden im Verhältnis zur Gesamtzahl der Mieter eine doch seltene Ausnahme darstellen dürften, könnte man wohl schon von einer übermässigen medialen Präsenz sprechen. Ob dies zu Recht so ist, kann ich nicht beurteilen. Die Medien bringen 70 es halt, weil es die Leute interessiert. Da sich der umsichtige Vermieter recht gut absichern kann, ist es meines Erachtens aber kein riesiges Thema. Die meisten Vermieter werden wohl aus Schaden klug und daher kein zweites Mal davon betroffen sein. Quelle: Email König, 2012 7.8. Schematische Darstellung des Ablaufs Mietzinsinkasso Um einen Überblick über den Ablauf des Mietzinsinkassos in der Schweiz zu geben, folgt eine Darstellung der Zuständigkeiten im Ablauf der Mietzinseintreibung: Abbildung 15: Ablauf Mietzinsinkasso 71 Quelle: www.Miet-Schlichtungsverfahren.ch, 2012 7.9. Das Retentionsrecht Das schweizerische Retentionsrecht entspricht dem Vermieterpfandrecht, ist jedoch nur auf Geschäftsraummieten anwendbar (vgl. Art. 268 OR) und daher kein Regressionsmittel im Bereich der Wohnraumvermietung. Es ist allerdings Gerichtspraxis, dass der Richter dem Vermieter die Verwahrung der Gegenstände für die Dauer eines Jahres aufträgt (vgl. Expertengespräch Leimer, 2012). 72 8. Darstellung der wesentlichen Unterschiede der drei Länder Grundsätzlich herrscht die gleiche Vorgehensweise in Bezug auf Mietnomaden. Folgend die wesentlichen Unterschiede: Österreich Deutschland Schweiz Mietschuldenfreiheits- Betreibungsregisterbescheinigung, Abfrage auskunft Wirschaftsauskunftei (Schufa, Creditreform) Zusätzlich verlangte Informationen vor MVAbschluss (neben Einkommen, Wohnadresse, Ausweis) MieterselbstauskunftFormular nein ja Auskünfte über Zahlungsmoral bzw. Schuldenstand Einführung eines Mieterzeugnisses nur durch HV Rustler Mietschuldenfreiheits- Betreibungsregisterbescheinigung, Abfrage auskunft Wirschaftsauskunftei (Schufa, Creditreform) Kündigungszeitpunkt bei Zahlungsverzug Verzug von 1 MM Verzug von 2 MM oder Verzug von 1 MM Schuld iHv 2 MM Kautionshöhe Inanspruchnahme der Kaution 3 - 6 MM durch Vermieter 3 MM in 3 Raten durch Vermieter Rückzahlungsfrist der Kaution unverzüglich nach Auflösung des MV, wenn keine berechtigte Ansprüche 3 Monate, bzw. teilweise Einbehalt der Kaution bis zur BKAbrechnung Möglichkeit eines nein beschleunigten Verfahrens Sicherheitsleistung einstweilige MZwährend des Verfahrens Festsetzung nein Pfandrecht des Vermieters Sonderbestimmungen bzgl. Räumung ja ja nein Berliner Räumung Sicherheitsleistung während des Verfahrens Verwahrungspflicht des ja Vermieters ja 73 ja ("Mietgesuch") 3 MM Freigabe durch die Bank nur aufgrund Zustimmung beider Parteien bzw. eines gerichtlichen Urteils innerhalb eines Jahres Rechtschutz im summarischen Verfahren nein nein (bei Wohnraum) nein grundsätzlich nein, in der Gerichtspraxis ja 9. Zusammenfassung Mietbetrug ist kein Phänomen der neueren Zeit, jedoch gerieten solche Vorkommnisse in letzter Zeit vermehrt in die öffentliche Wahrnehmung. Printmedien berichteten ausführlich über die Vorgangsweise der Mietpreller und den finanziellen Schaden, der den Vermieter treffen könnte. Tatsächlich ist der wirtschaftliche Schaden, den eine Einzelperson im schlimmsten Fall zu tragen hat, nicht unbeträchtlich. Der konkrete finanzielle Schaden für den Vermieter ist jedoch von unterschiedlichen Faktoren abhängig und kann zwischen einigen Tausend Euro und einem fünfstelligen Euro-Betrag ausmachen. Besondere Relevanz hat dies in Bezug auf die Anschaffung einer Vorsorgewohnung, da hier die Mietzinseinnahmen zur Tilgung des aufgenommenen Kredits verwenden werden und die regelmäßige Einnahme der Miete Voraussetzung für die Gesamtberechnung der finanziellen Belastung ist. Damit die Rückzahlung des Kredits nicht gefährdet ist, sollte auf jeden Fall ein Mietausfall für die Dauer von zwei Jahren inklusive etwaiger Renovierungskosten einkalkuliert werden. Eine Quantifizierung der diesbezüglichen Vorfälle ist nicht einfach, da es keine statistische Erfassung gerichtlicher Räumungen aufgrund von vorsätzlicher Mietprellerei gibt und auch nicht alle Mietstreitigkeiten vor Gericht beendet werden. Jedoch kann aufgrund der Interviews mit Hausverwaltungen, Rechtsanwälten und Interessensvertretungen davon ausgegangen werden, dass sich die Vorfälle vorsätzlicher Mietprellerei in der Größenordnung zwischen weniger als 1 Promille in der Schweiz, ca. 1 Promille in Österreich und 2,5 - 5 Promille in Deutschland befinden. Der einzig wirksame Schutz gegen Mietpreller ist die sorgfältige Einholung von Informationen über die Person des Mietinteressenten: ein vom Arbeitgeber bestätigter Einkommensnachweis, aktuelle Adresse und eine Kopie des amtlichen Ausweises sind unerlässlich und werden trotzdem nicht konsequent abgefragt. Während in Deutschland vom Mieter bereits vielerorts eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung verlangt wird, so sorgt ein diesbezüglicher Vorschlag der Rustler Gruppe, die Zahlungsmoral des Mietinteressenten mit Hilfe eines sogenannten Mieterpasses abzufragen, in Österreich für Diskussionen. In der Schweiz wiederum ist es üblich, dass der Vermieter vor Abschluss des Mietvertrages einen Betreibungsregisterauszug einfordert. Das Betreibungsregister dient so wie die Schufa in Deutschland und der Kreditschutzverband (KSV) in Österreich der Abfrage etwaiger Schulden. Womit sich die Frage stellt, ob der KSV durch ein 74 geeignetes Register für Mietschulden ergänzt werden könnte. Die Argumentation, dass dem Mietinteressenten nicht zugemutet werden könne, seine beim KSV registrierten Daten bei Anlass abzufragen, wird seitens des Autors dieser Arbeit nicht zugestimmt, da es prinzipiell sinnvoll ist, den Stand seines KSV-Eintrages regelmäßig zu überprüfen und mündigen Personen eine gewisse Eigenverantwortung nicht abgesprochen werden sollte. Leider ist jedoch ein entsprechendes Register laut Auskunft des KSV derzeit nicht geplant. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, die Wohnungs- bzw. Hausschlüssel erst nach Zahlung der Kaution, der Vergebührung des Mietvertrages (in Österreich) und der ersten Monatsmiete zu übergeben. Mietet sich jedoch trotz sorgfältiger Auswahl ein Mietpreller in die Wohnung ein, sollte der Vermieter ohne Verzögerungen agieren und entsprechende rechtliche Schritte setzen, um den unter Umständen notwendigen Verfahrenslauf nicht zusätzlich zu verlängern. Ob die Anzahl der diesbezüglichen Vorfälle es rechtfertigen, das Mietrechtsgesetz, die Zivilprozessordnung oder speziell die Verfahrensabläufe zu straffen, wird unterschiedlich beurteilt. Natürlich ist jedem Mieter das Recht zuzugestehen, sich gegen eine ungerechtfertigte Kündigung zu wehren. Viele Richter sind bereits sensibilisiert und gestalten den zeitlichen Verfahrensablauf nach eigenem Ermessen. Jedoch sollten auch jene Informationsstellen diesbezüglich sensibilisiert werden, die von Mietern zwecks Rechtsauskunft aufgesucht werden. Zu einem großen Anteil werden Wohnungen bzw. Häuser nicht von großen Unternehmen im Eigentum gehalten, sondern von Einzelpersonen oder Familien, bei denen jeder einzelne Mietausfall ins Gewicht fällt. Gerade in Wien, wo aufgrund des Mietrechtsgesetzes die Mietzinsbildung vielerorts streng reglementiert wird, steht dem Eigentümer nur ein eingeschränkter Investitionsrahmen zur Verfügung. Jedoch ist die Beschränkung der Mietzinsbildung nicht Thema dieser Arbeit und sollte an anderer Stelle erörtert werden. Desweiteren könnte das Räumungsverfahren in Fällen von Mietprellerei auf Optimierung bzw. Ergänzung überprüft werden. 75 Literatur- und Quellenverzeichnis Literaturverzeichnis Amann, Wolfgang/Mundt, Alexis/Lugger, Klaus (2010): Wohnkostenstatistik in Österreich – Methodik, Ergebnisse, Interpretation. Wien Block, Katharina (2011): Neue Initiative gegen Mietnomaden. 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Hartmann, Dirk (2012): Expertengespräch mit Dirk Hartmann, Prokurist der IMV Immobilien Management GmbH Österreich, geführt von Marion Schindler am 19.4.2012 in Wien. Klinger, Michael (2012): Expertengespräch mit Michael Klinger, BA, Allg. beeideter u. gerichtl. Zertifizierter Sachverständiger für Immobilien, geführt von Marion Schindler am 11.1.2012 in Wien. Koessler, Stephan (2012): Expertengespräch mit Dipl.-Wirt. Ing. (FH) Stephan Koessler, Senior Asset Manager bei Immofinanz AG, geführt von Marion Schindler am 7.5.2012 in Wien. König, Felix <[email protected]> (18.7.2012): Fragebogen Masterthese „Mietnomaden“. [E-Mail] Persönliches Email an Felix König <[email protected]> (16.7.2012). Kranz, Hans-Peter (2012): Expertengespräch mit Hans-Peter Kranz, Prokurist der IMV Immobilien Management GmbH, geführt von Marion Schindler am 17.4.2012 in Wien. Leimer, Urs (2012): Telefonat mit Urs Leimer, selbstständiger Immobilientreuhänder, geführt von Marion Schindler am 11.7.2012 in Wien. Meyer, Winfried (2012): Expertengespräch mit Winfried Meyer, Rechtsanwalt, geführt von Marion Schindler am 14.5.2012 in Wien. Pfletschinger, Marc (2012): Expertengespräch mit Mag. Marc Pfletschinger, Rechtsanwalt, geführt von Marion Schindler am 24.2.2012 in Wien. 78 Rosifka, Walter (2012): Telefonat mit Mag. Walter Rosifka, Wohnrechtsexperte Arbeiterkamme Wien am 02.08.2012 in Wien. Sammer, Karin (2012): Expertengespräch mit Mag. Karin Sammer, zuständig für Recht und Kommunikation beim Österreichischen Verband der Immobilientreuhänder, geführt von Marion Schindler am 26.1.2012 in Wien. Schatzl, Claudia (2012): Experteninterview mit Mag. (FH) Claudia Schatzl, Prokuristin der IMV Deutschland, geführt von Marion Schindler am 26.1.2012 in Wien. Schindler, Bernhard (2012): Telefonat mit Mag. Bernhard Schindler, Gerichtsvorsteher BG Wien Liesing, geführt von Marion Schindler am 6.7.2012 in Wien. Schinner, Heinz (2012): Telefonat mit KR Heinz Schinner, Geschäftsführer der Schinner Vermögenstreuhand- und VersicherungsberatungsgesmbH, geführt von Marion Schindler am 2.7.2012 in Wien. Troger, Martin (2012): Expertengespräch mit DI (FH) Martin Troger, GF in der Rustler Gruppe, geführt von Marion Schindler am 25.1.2012 in Wien. Sonstige Quellen - Gesetze Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) in der Fassung vom 1.9.2010 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (Österreich) in der Fassung vom 1.8.2012 Bürgerliches Gesetzbuch (Deutschland) in der Fassung vom 10.5.2012 Exekutionsrecht (Österreich) in der Fassung vom 1.8.2012 Mietrechtsgesetz (Österreich) in der Fassung vom 1.9.2012 Mietrechtsgesetz (Deutschland) in der Fassung vom 10.5.2012 Obligationenrecht (Schweiz) in der Fassung vom 1.6.2012 Zivilprozessordnung (Österreich) in der Fassung vom 1.9.2006 Zivilprozessordnung (Deutschland) in der Fassung vom 22.12.2011 79 Sonstige Quellen - Internetquellen epp.eurostat.ec.europa.eu: Statistisches Amt der Europäischen Union, http://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.do?dataset=ilc_mded03&lang=de# [18.7.2012], (18.7.2012) epp.eurostat.ec.europa.eu: Statistisches Amt der Europäischen Union, http://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.do?dataset=ilc_mded01&lang=de# [18.7.2012], (18.7.2012) epp.eurostat.ec.europa.eu: Statistisches Amt der Europäischen Union, http://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.do?dataset=ilc_mded02&lang=de# [18.7.2012], (18.7.2012) www.anwalt-offenbach.de: Dr. Alexander Herbert/Peter Koch, http://www.anwaltoffenbach.de/wohnung3.html [5.8.2012], (2011) www.bfs.admin.ch: Statistik Schweiz, http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/ themen/09/03/blank/key/bewohnertypen/entwicklung.html [10.8.2011], (2012) www.ch.ch: Schweizer Portal von Bund, Kantone und http://www.ch.ch/private/00093/00102/00486/00487/index.html?lang=de Gemeinden, [15.8.2012], (o.J.) www.dbj.at: Rechtsanwaltskanzlei Dorda Brugger http://www.dbj.at/publications/aus-f%C3%BCr-gratismentalit%C3%A4t Jordan, [7.4.2012], (2005) www.diepresse.com: „Die Presse“ Digital GmbH und Co KG, http://diepresse.com/unternehmen/sales/print/105240/Print-Mediadaten_OeAK [10.8.2012], (2012) www.enzyklo.de: online Enzyklopädie, http://www.enzyklo.de/Begriff/Kaufkraftstandard [18.6.2012], (o.J.) www.hev-schweiz.ch: Hauseigentümerverband Schweiz, http://www.hev-schweiz.ch/ recht-steuern/aktuell/artikel/?tx_ttnews[tt_news]=2492&cHash= 9df327787a11f45616cdf c8b5f895898 [21.5.2012], (3.11.2009) 80 www.immoleimer.ch: Urs Leimer Immobilien AG, http://www.immoleimer.ch/ wAssets/docs/downloads/05-Mietgesuch.pdf [15.8.2012], (2.8.2010) www.inkassosolution.ch: inkassolution GmbH, http://www.inkassolution.ch/ verlustscheine.html [15.8.2012], (o.J.) www.ksv.at: Kreditschutzverband, http://www.ksv.at/KSV/1870/de/5presse/3statistiken/ 1insolvenzen/2012-03/10jahresverlaufprivatkonkurse_/index.html [5.8.2012] (2012) www.rechtsconsulting.at: http://www.rechtsconsulting.at/mediafiles/documents/ rechtrelevant_2007_01.pdf [18.7.2012], (o.J.) www.salzburg.com: Dr. Maximilian Dasch, http://www.salzburg.com/service/pdf- dateien/MA-Daten2011.pdf [10.8.2012], (2011) www.sb-immobilien.com: Sandra Buskowitz, http://www.sb- immobilien.com/Selbstauskunft-Mieter.html [16.7.2012], (o.J.) www.wirtschaftsblatt: Wirtschaftsblatt Digital GmbH, http://www.wirtschaftsblatt.at/ images/mediadb/anzeigen/tarife/Tarife_2012.pdf [10.8.2012], (2011) www.wohnungsanwalt.de: RA Stefan Pfeiffer, http://www.wohnungsanwalt.de/ Wohnungs anwalt/Mietverhaeltnis/Verlauf/Mietvertrag/Mieter/Mietnomaden.html [18.10.2011], (07.12.2010) www.zivilprozess.ch: Bürgi und Nägeli Rechtsanwälte, http://www.zivilprozess.ch/ summarisches-verfahren [1.7.2012], (o.J.) 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Dies ist jemand, der niemals einen vereinbarten Betrag zahlt; daher sollte es solche Vorfälle für gewissenhafte Treuhänder gar nicht geben, da dieser die Kaution, die Maklerprovision, die Vergebührung und eine Vorauszahlung der ersten Monatsmiete verlangt. Das heißt, nur wenn ein Vermieter zulässt, dass diese Zahlungen nicht im Vorhinein geleistet werden, gerät er in Gefahr einem Mietnomaden aufzusitzen. In Österreich ist es möglich, sich ein wenig vor Mietprellern zu schützen. Persönlich ist MK noch nicht mit Mietnomaden konfrontiert worden, hat dies jedoch bei Dritten beobachtet; kommt meistens vor, wenn Vermieter selber abschließt. Vor Abschluss eines Mietvertrages ist ein sorgfältiges Mieterscreening durchzuführen: Ausweis, Beruf, Gehaltsbestätigung (wenn vom Eigentümer gewünscht), aktuelle Wohnanschrift, Auskunft des vorherigen Vermieters, Grund der Kündigung der derzeitigen Wohnung, Frage nach allen einziehenden Personen. Das Mieterzeugnis sieht MK als ein gutes Werkzeug, sofern der Datenschutz gesichert ist. Der Umfang des Mieterzeugnisses müsste klar definiert sein und es muss verhindert werden, dass es zweckentfremdet wird. MK befürwortet eine Vernetzung von Verwaltern/Vermietern. Auf die Frage, ob das Thema in den Medien übertrieben dargestellt wird, antwortet MK, dass Gefahr bei den Medien darin besteht, etwas aufzubauschen, wo es nichts zum Aufbauschen gibt, Gefahr des Rufmordes und schwierig, den Schaden zu beheben. „Die Objektivität der Berichterstattung in den Medien ist oft zu hinterfragen“. Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit DI (FH) Martin Troger/Geschäftsführer der Rustler Gruppe GmbH, am 25.1.2012 In Deutschland ist das Problem „Mietnomaden“ bedeutend größer als in Österreich, in Österreich überwiegt die mangelnde Zahlungsmoral; Devastierung kommt auch vor, ist aber nicht der Hauptgrund für die Einführung des Mieterpasses in Österreich. Es gibt seit Jahre das Bestreben des KSV eine sog. Blacklist zu generieren, in die man alle Personen aufnimmt, die bereits in einem Verfahren verurteilt oder gegen die ein Verfahren anhängig 83 ist. Des Problem ist, dass der Hausverwalter, der dem Eigentümer einen potentiellen Mieter vorschlägt, die Holschuld hat (muss Infos über die bestimmter Person einholen). Der Ansatz von Rustler ist genau umgekehrt, es wird nicht auf die schlechten Mieter geschaut, sondern auf die guten Mieter – analog zum Arbeitsrecht/Dienstzeugnis. Wenn man sich um einen Job bewirbt ist es auf der ganzen Welt üblich, ein Arbeitszeugnis abzugeben. Das ist für Österreich untypisch, dass man einem guten Mieter aufgrund seines ordentlichen Verhaltens einen Mieterpass ausstellt. Nicht weil man diesen „loswerden“ will, sondern man ihn ja noch länger behalten will. Aber sollte der Mieter aus privaten, beruflichen Gründen die Wohnung wechseln wollen, erhält er damit bereits für die Suche ein Zeugnis, das dem zukünftigen Vermieter gegeben werden kann, um zu bestätigen, dass man ein ordentlicher Mieter ist. Das soll für den Hausverwalter die Wahl des neuen Mieters erleichtern, denn der Hausverwalter erkennt aufgrund des Mieterpasses, dass der Vermieter in der Vergangenheit seine Miete ordentlich bezahlt hat. Rustler hat alle Mieter angeschrieben, um den Mieterpass publik zu machen. Angehende Mieter erhalten ein bereits ausgefülltes Schreiben, dass diese von der Vor-Verwaltung unterschreiben lassen sollen und bekommen im Gegenzug später die gleiche Bestätigung für die übernächste Wohnung. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Mieter schon einmal eine Mahnung aufgrund einer verspäteten Mietzinszahlung erhalten hat, denn das kann schon mal passieren. Es geht beim Mieterpass jedoch um die generelle Zahlungsmoral und um den Zustand der Wohnung bei Rückgabe. Der Mieterpass soll eine Analogie zum Arbeitszeugnis sein: hier weist man ja ebenfalls das vorvorherige Arbeitszeugnis vor, da man zur Zeit der Suche ja noch in einem aufrechten Arbeitsverhältnis ist und hier nicht nach einem Arbeitszeugnis fragen kann. Eine Gefahr für ungemütliche Mieter, keinen Mieterpass ausgestellt zu bekommen, sieht MT nicht: Rustler zielt nur auf die Zahlungsmoral ab und ob die Wohnung in ordentlichem Zustand zurück gegeben wurde. Wenn ein Mieter von seiner Möglichkeit Gebrauch macht und einmal zur Schlichtungsstelle geht, bzw. seine Betriebskosten überprüfen will so ist das durchaus sein Recht. Auch Rustler kann einmal ein Fehler passieren. Jeder Mieter, der seine Vertragsverpflichtung einhält, hat auch das Recht, uns als Immobiliendienstleister in Anspruch zu nehmen. Mit der Einführung eines Mieterpasses läuft auch ein gewerblicher Vermieter nicht mehr in Gefahr, dass ein Mieter von einer Abteilung ausgemietet/hinausgeklagt wurde, und in einer anderen Abteilung wieder eine Wohnung anmieten konnte. Das ist das Problem der 84 Holschuld: man muss jede Liste einzeln durchsuchen ob diese Person schon einmal auffällig gewesen ist. Aber umkehrt, wenn die Person keinen Mieterpass bringt, dann bittet man ihn einen zu bringen bzw. bestätigen zu lassen, somit läuft man auch in Gefahr, dass jemand durch den Rost fällt. Man betreibt eine umgedrehte Auslese, indem man den guten Mietern einen Pass gibt, und somit derjenige, der keinen Pass hat als „schlechter“ Mieter erkennbar ist. Das heißt aber nicht, dass Studenten oder ein Erstwohnungs-Suchende keine Wohnung bekommen. Diese Fälle müssen individuell betrachtet werden. Die Gefahr, dass es Vermieter gibt, die keinen Mieterpass ausstellen wollen, obwohl die Miete immer gezahlt wurde, kann es schon geben. Aber das ist ähnlich wie beim Arbeitszeugnis, wo der Arbeitgeber vielleicht auch nicht froh ist, dass der AN kündigt. Schwarze Schafe unter den Hausverwaltern wird es immer geben, MT ist aber der Meinung, „ dass das tendenziell nicht der Fall sein wird.“. Die Anzahl von Vorfällen im Zusammenhang mit Mietnomaden sieht MT im Promille/Prozentbereich; pro Jahr den einen oder anderen Fall. Dass Parkettboden verheizt oder die Wohnung generell devastiert wird, ist eher die Ausnahme; Es passiert öfter, dass Mieter ohne zu zahlen verschwinden. Der Zeitraum bis zur Räumung ist ganz unterschiedlich, hängt vom Geschick des Mieters ab. Wenn ein Mieter in eine wirtschaftliche Schräglage kommt und nicht mit dem Vorsatz des Mietbetruges bereits eingezogen ist, dann ist die Räumung schnell vollzogen. Wenn ein Mieter sehr geschickt ist, kann das 2-3 Jahre durchaus dauern, das kommt auf seine Rechtskenntnis an. Dadurch kann bis zu 5-Jahresmieten-Schaden entstehen. Nicht nur entgangene Miete, unbezahlte BK, Sanierungskosten und sonstige Dinge, dies kann zu einem großen wirtschaftlichen Problem für Vermieter führen. Auswahlkriterien: Miete nicht mehr als ein Drittel des Einkommens (= Gehalt, nicht Kinderbeihilfe etc.). Gehaltsnachweis auf alle Fälle. Bei Grenzfällen oder wenn die Miete fast Hälfte des Einkommens beträgt, dann wird zusätzlich ein Bürge verlangt. Studenten prinzipiell nur mit Bürgen. Geübter Vermieter hat größeres Gespür, wird sehr darauf geachtet, dass das Umfeld passt. Viele private Vermieter trauen sich nicht die richtigen Fragen zu stellen. Ein Makler oder ein Verwalter, für den das das tägliche Geschäft ist, stellt diese Fragen sowieso. Und wenn er keine ordentliche Antwort bekommt, dann wird nachgehakt. Die Frage nach dem Einkommen ist in Österreich ein viel größeres Thema als 85 in der restlichen Welt: über Geld spricht man nicht und fragt man nicht. Aber wenn der Mietinteressent sein Einkommen nicht offenlegt, dann bekommt er die Wohnung nicht. Abschläge bei Wohnungen zu machen, die schwierig zu vermieten sind, ist keine gute Idee. Rustler klärt schon sehr genau ab, denn man ist seinen Eigentümern Rede und Antwort schuldig. Es ist für das eigene Resümee schlecht, wenn man schlechte Mieter bringt. „Die billigste Art und Weise, Mietzinsrückstände zu vermeiden, ist, bei der Vermietung darauf zu achten, dass der richtige Mieter drinnen ist! Ist nicht immer ganz so einfach, aber Prävention ist im dem Fall die günstigste aller Variante um Mietzinsrückstände zu vermeiden.“ Heutzutage sind Wohnungswechsel häufiger aufgrund Arbeitswechsel und weil Wohnungen ähnlich wie Autos zu Statussymbol werden. Wie man wohnt hat eine hohe Wichtigkeit. Die Mieter sind flexibler, die Mietdauer kürzer. Der Vermieter ist aufgrund der Auflagen des MRG in der Mietzinsbildung stark eingeschränkt. In keinem anderen Land gibt es die klassischen Friedensmietzinse, die für Vermieter katastrophal sind, da sie aus heutiger Sicht auch langfristig nicht abwendbar sind. Die Annahme, dass ein hoher Mietzins vermehrt zu Mietnomaden führt, bestätigt MT zum Teil. Er sieht die Problematik jedoch weniger im Zusammenhang mit der hohen Miete sondern mit der Selektion des Mieters. In Deutschland wird das Thema viel strikter behandelt, ist es durchaus gang und gäbe, dass man eine SCHUFA-Abfrage tätigt. SCHUFA stellt im Detail dar, wie ist das Konto des Betreffenden unterlegt und bis zu dem, was er verdient, und wie seine bisherige Zahlungsmoral aussieht. „Da werden noch viel viel strengere Maßstäbe angesetzt als in Österreich. Und wenn man keine positive Schufa hat, dann gibt es keine Wohnung.“ Schufa lässt sich mit KSV im weiteren Sinne vergleichen, ist aber ein privater Verein und keine staatliche Institution ist wie der KSV. Die Medien verstärken die Bedeutung der Mietnomaden natürlich. Auch Rustler verwendet diesen Terminus gezielt in seinem Brief und wurde von einem Professor aus Graz wegen der Verwendung des Begriffes „Nomade“ gerügt. Das Volk der Nomaden würde dadurch 86 denunziert werden. Aber hierbei handelt es sich bereits fachlich etablierter Begriff und hat nichts mit den Nomaden in Afrika zu tun. Ruster geht es aber vordergründig nicht um Mietnomaden sondern um die Zahlungsmoral im Allgemeinen, weil der Schaden für den Vermieter sehr hoch sein kann. Vergleich: „wenn einer in ein Restaurant geht und ein Schnitzel isst, dann muss man es auch bezahlen. Es würde keiner auf die Idee kommen, nach dem Essen aufzustehen und zu gehen. Das wird aber in Österreich durchaus als Kavaliersdelikt gesehen, ich zahle halt einfach nur noch 50% meiner Miete – es wird mir ja schon nichts passieren.“ Die verbreitete Meinung, dass jeder Hausbesitzer als reich anzusehen ist, trügt. Besitzt man ein Zinshaus, in dem unter anderem noch Friedenszinszahler wohnen, kann hat jedes Mietzinsversäumnis Auswirkungen auf die finanzielle Lage. Müssen dann auch noch Investitionen getätigt werden, wie z.B. Steigleitungen oder Dachreparaturen, die leicht EUR 70.000 bis 100.000 kosten, so kann das den Eigentümer rasch in finanzielle Schwierigkeiten bringen. Das ist aber kein reicher bzw. institutioneller Hauseigentümer mit 20 oder mehr Häusern, sondern jemand, der das Haus unter Umständen als Wertanlage geerbt hat und nun aufgrund der Mietzinsbeschränkungen und den Verpflichtungen seitens des Gesetzes mehr investieren als lukrieren kann. Eigentümer hören es nicht gerne, aber der Mieterschutz ist in einigen Fällen sicher gerechtfertigt. Jedoch gibt es halt noch immer antike Regeln, die absolut nicht zeitgemäß sind. Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Mag. Karin Sammer, Abteilung Recht und Kommunikation des ÖVI am 26.1.2012 Der Österreichische Verband der Immobilientreuhänder hält regelmäßig Verwalterrunden ab, ca. 15 befragte Verwalter haben mit Mietnomaden kaum ein Problem, es käme kaum zu diesbezüglichen Vorfällen. Der ÖVI erhält kaum Rückmeldung zu diesem Thema und sieht darin kein Problem größeren Umfangs. KS hatte selber noch keinen Kontakt mit Mietnomaden. Initiativen, die sogenannte schwarze Listen erstellen, werden aufgrund des Datenschutzes als problematisch angesehen. 87 KSV ist privater Verein, führt eine „Warenkreditevidenz“ (Einholung von Infos, ob z.B. bei einem anderem Mobilfunkanbieter Rechnungen nicht bezahlt wurden); Es war schon einmal im Gespräch, dass man dies auf Fälle von Mietbetrug ausdehnen könnte. Das System des KSV funktioniert aber auf Reziprozität. Jeder, der Daten entnimmt ist auch verpflichtet, Daten einzuspeisen. Das ist unter Umständen eine Schwierigkeit, die Mitgliedsunternehmen können nicht dazu verpflichtet werden, Daten einzuspeisen. Das ist nicht ganz einfach handhabbar. Einmal im Jahr kann eine Privatperson kostenlos eine Abfrage machen. So ein System steht und fällt jedoch damit, wie gut und wie wenig fehleranfällig die eingespeisten Daten sind. Die Frage ist auch, inwieweit es gerechtfertigt ist, dass man jedesmal einen KSV-Auszug mitbringen muss, wenn man irgendetwas kaufen will. Und man muss sich darum kümmern, dass nichts Falsches drinnen steht oder dass der Betroffene veranlassen muss, dass eine unkorrekte Eintragung gelöscht wird. Im Einzelfall: der Mieter bleibt seine Miete schuldig und verzögert die Räumung. Das Gericht stellt fest, dass Mieter zu Unrecht die Miete einbehalten hat. Das Problem dabei ist, dass der Mieter nach Abschluss des Verfahrens unter Umständen insolvent und daher nicht mehr pfändbar ist. Die Lösung wäre vielleicht, dass, wenn der Verdacht auf Insolvenz besteht, die vereinbarte Mietzahlung bei Gericht hinterlegt werden muss. Somit würde ausgeschlossen, dass der Vermieter nach Abschluss des Verfahrens alle Kosten begleichen muss, weil der Mieter von vornhinein zahlungsunfähig war. Wenn absehbar ist, dass das Verfahren nicht innerhalb eines halben Jahres beendet sein wird, dann könnte für den Vermieter die Möglichkeit bestehen, einen Antrag zu stellen, dass die vereinbarte Mietzinszahlung gerichtlich hinterlegt wird. Damit kann sichergestellt werden, dass dieses Geld, um das gestritten wird, auch geleistet werden kann. Der größte Schaden liegt im Mietzinsausfall, der letztendlich nicht mehr eingefordert werden kann, weil der Mieter nichts mehr hat. Zu diesem Zweck wurde die einstweilige Mietzinsfestsetzung ja eingeführt. Informationen, die vor Mietvertragsabschluss einzuholen sind: Gehaltszettel, Nachfragen, wo der Mieter vorher gewohnt hat und die dortige Hausverwaltung kontaktieren. Sieht man die Erstellung wie die Rustler Gruppe als Serviceleistung für seine Mieter, dann schadet das niemandem. Wenn sich der Mieterpass jedoch etablieren würde und dies für jene, die keinen haben, bei der Vergabe einer Wohnung zu einem Hindernis werde würde, dann würde eine Ebene eingezogen werden, auf Grund derer viele, großteils unschuldige Mieter einen Nachteil davontragen würden. KS bezweifelt, dass eine gesetzliche Verpflichtung 88 Sinn macht, denn es ist fraglich, ob der Mieter diesen im Falle eines gesetzlichen Anspruches einklagen würde und ob der Mieterpass das Problem mit Mietnomaden überhaupt lösen kann. Besser wäre eine Beschleunigung der Verfahren, damit sie innerhalb eines halben Jahres abschlossen wären und damit einhergehend Sicherstellungen im größeren Ausmaß während des Verfahrens. Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Oliver Brichard, MSc, Fachgruppenobmann der Immobilienmakler, - verwalter und –treuhänder, Facility Management, Bauträger, am 14.2.2012 Ein Mietnomade ist ein Mieter, der einen Mietvertrag mit der Absicht eingeht, die Vertragsbedingungen nicht einzuhalten, möglichst lange in diesem Mietgegenstand zu bleiben und möglichst wenig zu bezahlen. Und der letztlich auszieht und sich woanders erneut einmietet. Eine Sanierung der Wohnung ist meistens mit dem Auszug der Person verbunden. OB wurde noch nicht mit Mietnomaden konfrontiert und hat auch von Kollegen nichts erfahren, sieht es daher nicht als Problem. Es gibt Leute, die einziehen und den Vorsatz haben, nicht zahlen zu wollen, aber das sind noch keine Mietnomaden. Mietnomade ist der, der es darauf anlegt, es immer wieder zu machen. Natürlich gibt es Mieter, die eine Wohnung beziehen und bereits wissen, dass sie das Geld für die Miete gar nicht haben. Aber OB hat nicht den Eindruck, dass das vorsätzlich gemacht wird. Es gibt immer Leute, die es nicht richtig einschätzen können, was sie sich leisten können. Die Dauer von Räumungsklagen schätzt OB mit ca. 1 – 1,5 Jahren ein. Eine Beschleunigung ist fraglich, da nun mal Fristen bei Gericht einzuhalten sind. Die erste Tagsatzung und die weiteren Verhandlungen, sofern Einwendungen erhoben werden, werden nicht unter einem halben Jahr abzuwickeln sein, weil Einwendungen, die erhoben werden, entgegnet werden müssen. Allerdings sollte es nicht notwendig sein, dass man bereits auf die erste Tagsatzung vier Monate warten müsse. Die erste Tagsatzung sollte unmittelbar erfolgen, da dies nur eine Verkündung des Streites ist und eine Feststellung der Parteien; im besten Fall kommt es zu einem Versäumnisurteil; wenn nicht, dann gibt es eine erste Verhandlung, die möglichst 2-3 Wochen später stattfindet sollte und bei der alle Fakten dargelegt werden sollte. OB ist der Ansicht, dass kürzere Verfahren möglich wären, jedoch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Mieters, wobei ein rasches Verfahren nicht zur Beeinträchtigung dieser schutzwürdigen Interessen beiträgt; es 89 wird niemand benachteiligt. Aber es ist natürlich konsequent und Konsequenz ist in unserer heutigen Welt halt etwas, was die Leute nicht gerne haben. Eine Beschleunigung durch gleichzeitige Beantragung einer einstweilige Mietzinsfestsetzung stellt OB in Frage, denn wenn die Miete überhöht ist, warum soll der Mieter dann verpflichtet sein, diese überhöhte Miete einzuzahlen. Festsetzung auf Kat A ist Gesetzeslage. Die Verfahrensdauer war früher viel länger (z.B. 8 Jahre). Die Einstweilige Verfügung trägt dazu bei, das Verfahren zu beschleunigen: man kann gewisse Teile außer Streit stellen und um gewisse Teile weiterstreiten, aber das Exekutionsverfahren wird dadurch nicht unterbrochen. Und die Verfahrensdauer liegt an der Kapazität der Gerichte. Es werden jedes Jahr neue Gesetze verabschiedet, aber die Anzahl der Richter bleibt gleich. Die Kosten eines Verfahrens sind abhängig von der Miethöhe und der Verfahrenslänge. Je länger das Verfahren, desto höher der Schaden. Wenn der Mieter zum Schluss kein Vermögen hat und kein Einkommen, dann sieht es für den Vermieter schlecht aus. Das sind meist diejenigen, die arbeitslos sind, kein Einkommen haben, die kein Vermögen haben, wo man nichts pfänden kann. Vor Abschluss des Mietvertrages wird auf jeden Fall ein Gehaltsnachweis verlangt; ausschlaggebend ist auch der persönliche Eindruck während der Vermittlung, spätestens beim Abschluss. Ein Makler bzw. Verwalter schließt pro Monat ca. 30 Verträge ab, und weiß nach 3 Minuten woran er beim Interessenten ist. In 95% der Fälle ist alles in Ordnung und die anderen 5% werden abgewiesen. Dieses Recht nimmt sich der Makler heraus und dieses Recht geben ihm die Eigentümer auch. Er rät dem Eigentümer auch mal ab, wenn er kein gutes Gefühl dabei hat. Der Eigentümer ist nicht gezwungen einen Vertrag abzuschließen. Sehr selten wird eine Referenz vom Vorvermieter verlangt, das wäre zwar nicht schlecht, ist aber keine dringende Notwendigkeit. Keinesfalls soll man einen Vertrag abschließen bevor die Kaution gezahlt ist. Wenn ein Mieter an einer Wohnung interessiert ist und er einen Mieterpass vorlegen kann, dann ist es positiv; wenn er keinen nicht hat, dann ist es für OB neutral, aber nicht negativ. Es darf jedoch nicht zu einer Benachteiligung kommen: es kann ja auch berechtigte Ansprüche gegen den Eigentümer gegeben haben, die der Mieter nicht so leicht durchsetzen konnte. Deswegen ist der Mieter wahrscheinlich ausgezogen, weil er sich vielleicht nicht mit dem Eigentümer streiten wollte. Solche Konstellationen machen 80% 90 aller Fälle aus. Wenn ein Interessent keinen Mieterpass vorlegen kann, dann muss der Verwalter eine andere Möglichkeit finden, die Vertragstreue zu überprüfen, aber eine Mietzinsüberprüfung steht jedem Mieter zu. Nicht immer sind die Mieter die Bösen und die Hauseigentümer die Guten. Es gibt genauso viele Hauseigentümer, die die Mieter benachteiligen, und der Mieter zieht einfach aus. Vor allem dann, wenn der Mietzins halbwegs marktkonform ist. Es ist ja nicht so, dass der Hauseigentümer den Mieter als Feind sieht; dies tut er nur dann, wenn der Mieter unberechtigt den Mietzins einbehält. Jeder Verwalter, der seinen Job professionell macht, ist ein absoluter Pragmatiker. Der hat keine idealistischen Vorstellungen vom Leben, wie manche Interessensvertreter vielleicht. Er macht seinen Job, muss schauen, dass die Häuser vermietet sind, dass die Miete reinkommt und versuchen, dies halbwegs vernünftig abzuwickeln Bezüglich KSV-Abfrage sieht OB das Problem in der Datenpflege: jedes KSV-Rating ist nur so gut wie der, der die Daten in den Computer eintippt und nur so gut, wie die Daten der Unternehmens zum KSV kommen. Auch ein schlechtes Rating des KSV sagt nicht wirklich aus, ob der Betreffende seine Rechnung brav zahlt oder nicht. Ob Mietnomaden in Deutschland tatsächlich ein Problem sind, kann OB nicht beurteilen, allerdings war er bereits auf Kongressen, bei denen das Thema behandelt wurde, wobei es sich jedoch auch leicht größer machen kann, als es ist. Da man dem Thema Medienwirksamkeit zugestehen kann, wird es stärker verbreitet als es in Realität Bedeutung hat. So war es auch damals beim Thema Hausverlosungen. Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Mag. Marc Pfletschinger, selbstständiger Rechtsanwalt, am 21.2.2012 Wenn der Mieter ernsthaft damit rechnet muss, den Mietzins nicht bezahlen zu können bzw. beabsichtigt, den Zins nicht zu bezahlen und trotzdem die Gegenleistung, nämlich das Wohnen in einer Wohnung für sich in Anspruch nimmt, dann ist das ein Betrug. Ein Mietnomade ist jemand, der von vornherein oder sehr schnell nicht zahlen kann bzw. will und versucht, trotzdem solange wie möglich in der Wohnung zu bleiben und sich dann eine neuen Wohnung sucht um sein Vorgehen zu wiederholen. 91 Regelmäßig kommt es zu einer Devastierung, weil sich die Leute dann nicht sonderlich um das Eigentum des anderen kümmern. Das ist eine grundsätzliche Einstellung. Leitungen werden angebohrt, Badezimmerspiegel, Küche, elektrische Geräte, Fenster werden ruiniert. Wichtig ist es, den Führerschein zu kopieren und das Geburtsdatum zu notieren, um eine Gehaltspfändung vornehmen zu können. Wenn der Mieter nicht aufzufinden ist, kann man eine Räumungsklage einbringen und hoffen, dass sie per Hinterlegung zugestellt werden kann. Sonst benötigt man einen Prozesskurator (Zusatzkosten). Die Einbringung einer Mietzinsklage ist die Voraussetzung dafür, den Mietvertrag wegen Leistungsverzuges aus wichtigen Grund (vgl. § 1118 AGBG) auflösen zu können, Der Rückstand muss mindestens einen Monat betragen, um die Räumung erklären zu können („Vertragsrücktritt aufgrund Leistungsverzuges“). Dadurch fällt der Mietvertrag weg, womit der ehemalige Mieter die Wohnung titellos benutzt, und die titellose Benutzung rechtfertigt sich nicht, somit gibt es einen Räumungsanspruch. Es wird kein Zahlungsbefehl erlassen, sondern ein Termin für eine eingeschränkte, vorbereitende Tagsatzung ausgeschrieben. Die Dauer bis ein solcher Termin ausgeschrieben wird, ist unterschiedlich lang, je nach Belastung der Gerichte. Die Mietzins- und Räumungsklage ist bei Gericht einzubringen, das Gericht stellt sie dem Gegner zu und schaut, ob die Klage zugestellt werden kann. Am besten ist die persönliche Übernahme, Abholung bei der Post oder die Klage dem Mieter persönlich zu übergeben. Wenn das nicht geht, wird die Klage hinterlegt. Zustelldiktion (§17 od 18 Zustellgesetz) besagt, dass wenn jemand grundsätzlich an der Abgabestelle anwesend ist, diesem per Hinterlegung zugestellt werden kann. Dann wird „Zustellung per Hinterlegung erfolgt“ vermerkt. Wenn der Mieter allerdings behauptet, zum Zeitpunkt der Zustellung nicht da gewesen zu sein, dann kann er die Zustellung anfechten. Wenn zugestellt wurde, wird ein Verhandlungstermin ausgeschrieben, es kommt zu einer eingeschränkten vorbereitenden Tagsatzung. Da wird festgestellt, ob der Aufgekündigte kommt oder nicht, und wenn er kommt, ob er bestreitet. Wenn er nicht kommt ergeht ein Versäumnisurteil. Dieses wird genauso wie die Klage dem Kläger, dem Anwalt, dem Beklagten zugestellt; dann gilt es die Berufungsfrist oder Einspruchsfrist/Widerspruchsfrist (14 Tage §397 ZPO) gegen das Versäumnisurteil abzuwarten. Berufung ist ein Rechtsmittel, Widerspruch ist ein Rechtsbehelf; bei der Berufung kann er Nichtigkeitsgründe geltend machen, einer der ganz wesentlichen Nichtigkeitsgründe ist eine mangelhafte Zustellung. Mit dem Rechtsbehelf 92 wird das Versäumungsurteil aufgehoben; dies hat unterschiedliche Folgen, auch was die Kosten betrifft, etc. vor allem auch die Möglichkeit der Exekution zur Sicherstellung was die Zahlungsforderung betrifft; Da die Widerspruchfrist den Verfahrensablauf wieder verzögert, kann man eine Exekution zur Sicherstellung beantragen. Aber das ist bei Mietnomaden nicht sehr zielführend. Meistens ist so, dass das Versäumnisurteil selten bekämpft wird. Wenn das Urteil rechtskräftig und vollstreckbar ist, kann man die Räumungsklage einbringen. Diese wird wieder zugestellt, der Beklagte kann wieder dagegen Einspruch erheben, oder Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung; wenn er das nicht macht, dann ergeht ein Räumungstermin. Dieser wird vom Gerichtsvollzieher ausgeschrieben, erfahrungsgemäß dauert das zwischen 2,5 und 4 Monaten ab Einbringung des Exekutionsantrages. Damit ist ab Einbringung der Räumungsklage ca ein halbes Jahr vergangen. Der Verfahrensablauf ist nur über die Gerichtsorganisation. Wichtig ist, dass Verhandlungen schnell ausgeschrieben werden und die Räumungen schnell erfolgen, denn dort geht die meiste Zeit verloren. Eine einstweilige MZ-Festsetzung kann im gesonderten Exekutionsverfahren beantragt werden. Dies ist aber meist nur bei jenen Mietschuldner sinnvoll, die das Verfahren verzögern wollen, indem sie die Mietzinshöhe anfechten. Da Mietnomaden meistens gar nichts zahlen, hat er gemachten Betrag auch kein MZ-Minderungsrecht, da schuldet er den geltend sowieso. Es sei denn, er macht ein präjudizielles MZ- Überprüfungsverfahren anhängig, wo erst einmal zu überprüfen ist, was er überhaupt zu zahlen hat. Dieses Ergebnis ist abzuwarten. Wenn er dann nicht bezahlt, dann wird das Verfahren beschleunigt. Das alte Mietrecht hat den Schuldnern sehr in die Hände gespielt, da musste das Verfahren noch zwingend unterbrochen werden. Früher war es § 41 MRG, jetzt gilt die allgemeine Unterbrechungsregel § 190 Zivilprozessordnung, wonach nach pflichtgemäßem Ermessen zu unterbrechen ist. D.h. es wird nicht automatisch unterbrochen, weil eine Unterbrechung zu einer extremen Verlängerung des Räumungsverfahrens führt und einem höheren Schaden für den Vermieter. Nicht alle Mietnomaden fechten die Höhe des Mietzinses an, denn damit wird er Teil eines Verfahrens und ist auffindbar. Eher verschwinden sie und bleiben versteckt. Ca. 80-90% 93 der Versäumnisurteile werden nicht bekämpft und der Mietschuldner ist auch oft nicht einmal bei der Räumung da. Wenn bestritten wird, dann dauert es von der erstmaligen Erhebung der Klage bis erstinstanzliches Urteil ca. 3.5 Jahre, mit Unterbrechung (MZ-Überprüfung) 4,5 Jahre. Bei klassischen Einwänden der MZ-Minderung (Schimmel, elektr. Leitungen) ca. 1 – 1,5 Jahre. Zwischen den einzelnen Tagsatzungen kommt auf die jeweilige Auslastung des Richters an, es kann zwischen 2 – 4 Monate dauern, manchmal geht es aber auch schneller. Der Räumungsstreitwert hängt von der Größe der Wohnung ab, bis 60m² EUR 1.000,--, bis 90m² EUR 1.500,-- und dann wird es teuer, denn dann ist der Jahresmietzins der Räumungsstreitwert. 100m², EUR 1.000,-- MZ = 12.000,-- = Räumungsstreitwert (nach den Rechtsanwaltskosten, nicht nach den Gerichtskosten). Gerichtskosten sind deutlich niedriger; plus MZ-Streitwert. Dann kostet der RA 600 – 700 EUR; Gerichtskosten sind noch einmal 600,--; und das bei jeder Verhandlung. Weiters geht es nach der Zeit der Verhandlung, je länger desto teurer. Die Informationen über den Mieter sollen beinhalten: die genauen Daten, Geburtsdatum, Sozialversicherungsnummer; nachfragen wo er arbeitet, wie lange er dort arbeitet, wie viel er verdient. Leute mit Familien sind meist immobiler und dadurch verlässlichere Zahler. Vielleicht eher Anspruch auf Räumungsaufschub. Wenn der Mietschuldner nicht greifbar ist, muss ein Zustellkurator beantragt werden, diesen bestellt das Gericht auf Kosten des Klägers; der Kläger muss alles bevorschussen; meistens ist es notwendig, einen Gutachter mitzunehmen, der den Inhalt der Wohnung schätzt. Wenn sich Wertgegenstände in der Wohnung befinden, muss man dem Schuldner den Verkauf androhen und kann erst dann verkaufen. Das Verwertungsverfahren ist ein neues Verfahren. Man braucht wieder die Adresse des Schuldners, unter Umständen einen Zustellkurator, Spedition, Lagerung, etc. Das Zustellgesetz besagt, dass ein Ortswechsel während eines laufenden Verfahrens bekannt zu geben ist. Wenn man das nicht tut, dann kann an die alte Adresse zugestellt werden bzw. gleich als Hinterlegung zugestellt werden. Um von Mietbetrug sprechen zu können, ist die innere Tatabsicht ausschlaggebend: der potentieller Mieter muss es innerlich wollen bzw. es ernstlich für möglich halten und sich damit abfinden, dass er die Miete nicht bezahlen kann. 94 MP ist ein Verfechter einer geschützten Privatsphäre; die Mittel, die das Bundesrecht in die Hand gibt, hält er für ausreichend, solange die Justiz ordentlich funktioniert. Die große Gefahr liegt darin, dass es zu lange dauert und dass Räumungsverfahren für lange Zeit unterbrochen werden. Mit einer Negativanfrage beim KSV sind wahrscheinlich die meisten Leute überfordert. Überlegenswert wäre, die Kautionen zu erhöhen, diese jedoch neben den Maklerkosten zu bezahlen, ist für viele Leute unter Umständen nicht möglich. Es macht Sinn, diese Leute mit den Mitteln des Strafrechts zu verfolgen, nur das stößt an gewisse Grenzen. Die Personen müssen eine Sozialversicherungsnummer, eine Adresse und eine Arbeit haben, sonst kriegt man sie nicht. Letztlich ist es sicherlich gut, sich über die persönlichen Verhältnisse kundig zu machen. Jemand der schon lange eine Arbeit innehat oder eben eine Familie hat MP noch nie räumen lassen müssen, das waren eher Einzelpersonen oder Pärchen. Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Mag. Alexander Edelhauser, selbstständiger Rechtsanwalt, am 30.1.2012 Es gibt zwei Arten von Mietnomaden: beim tatsächlichen Mietnomaden gibt es den Vorsatz bereits von Vornherein, beim anderen kommt er im Nachhinein; bei dem einen ist es der Betrugstatbestand, der da verwirklicht wird; beim Zweiten ist es überhaupt kein Betrug, weil der Vorsatz anfänglich nicht da war. Der hat sich mit den Kosten völlig verschätzt, denkt sich aber, er nutzt das Mietverhältnis so lange aus, wie es geht. Meistens sind das Personen, die sich nicht wirklich um die Wohnung kümmern. Zu Beginn kommt es vornehmlich zu einem passiven Devastieren, bei Einleitung von rechtlichen Schritten beginnt häufig das aktive Devastieren. Aber soweit gehen dann doch nur wenige. Es geht in die Richtung, dass diese Personen meist auch psychische Probleme haben. Beispiel Katzen: Gericht hat einmal eine Aufkündigung aufgrund erheblich nachteiligen Gebrauchs aufgehoben, da die Verwandte begannen, die Dame zu unterstützen, und alles herzurichten. Es ist ein geringer Grad zwischen sich nicht kümmern und klinisch diagnostisch psychische Probleme zu haben. 95 Die 100% genuinen Mietnomaden, die Wohnung schon mit dem Vorsatz anmieten, nie die Miete zu bezahlen, sind eindeutig Betrüger. Bei denen kommt Vorsatz, Dummheit und Sturheit zusammen, kombiniert mit Nichtkümmern und Nichtzahlen. Fallbeispiel: Ein Mietnomade hatte als Einzelperson EUR 300.000,00 Schulden angehäuft. Der Vermieter bekam die devastierte Wohnung zurück, musste mehrere 10.000e EUR investieren, hatte einen Mietentgang von 3 Jahren und musste auch BK zahlen. Ärgerlich war, dass diese Person dann in Privatkonkurs geht und in 7 Jahren ist er schuldenfrei Schaden: Devastierung 15-20.000 EUR Instandsetzung, 2-3 Jahre Mietentgang bei ca, 60m², 350-400 EUR x 12 x zwei oder drei Jahre plus BK, die der Vermieter tragen musste, Gerichts- und Anwaltskosten. Bezüglich der Höhe der Gerichtskosten kommt es darauf an, ob der Mietnomade Verfahrenshilfe genießt oder nicht. Wenn er einen Rechtanwalt hat und Verfahrenshilfe genießt, wird das Verfahren naturgemäß in die Länge gezogen. Wenn der Mietnomade keinen Rechtsanwalt hat bzw. rasch die Wohnung verlässt, dann kann es mit einem Versäumnisurteil, einem Einspruch und einer Verhandlung vorbei sein – hier sind die Kosten davon abhängig wie hoch die Mietschuld ist. Mittels Mietzins- und Räumungsklage wird der Mietzins eingeklagt. Wenn der durchschnittliche Vermieter 5 Monate wartet bevor er aktiv wird, bei einer Miete von 500 EUR, sind das dann 2.500 EUR. Die Kosten eines Verfahrensganges betragen dann ca. 300 EUR, das sind dann geschätzt 600-700 EUR im besten Fall und im schlimmsten Fall 2.500 EUR. Ablauf (transkribiert): Entweder kündigen oder MZ- und Räumungsklage, das heißt entweder ein gerichtliche Aufkündigung oder eine Räumungsklage einbringen. In normalen Fällen bei MN wird man eine MZ- und Räumungsklage einbringen, weil er den MZ nicht zahlt; gerichtliche Aufkündigung wenn a) nicht MZ gezahlt und b) wegen erheblich nachteiligen Gebrauches und c) wegen Verhalten gegenüber anderen Mieter. Klassische 3 Aufkündigungsgründe; Unterschied: bei einer Aufkündigung kriegt er ohne Verhandlung sofort eine Aufkündigung zugestellt, und wenn er nicht binnen 4 Wochen Einspruch erhebt gegen diese Aufkündigung, dann ist sie rechtswirksam. Nachteil: wenn er Einwendungen gegen die Aufkündigung erhebt, erstens dauert es länger bis dorthin, und zweitens kriegt man hier keinen Leistungstitel, da bekommt man kein Geld dann. MN erheben normalerweise 96 Einspruch, den braucht man auch nicht begründen. Daher normalerweise eine MZ-und RKlage, vorallem deswegen weil man neben der Räumung auch einen Leistungstitel bekommt. Dafür gibt es halt nicht die Aufkündigung „sofort“ sondern es geht das Verfahren los und es wird ein vorbereitende Tagsatzung angesetzt (wenn der MN Einspruch erhoben hat). Dort kommt es drauf an – 2 Möglichkeiten: entweder er kommt hin oder nicht, wenn er nicht kommt, dann gibt es ein Versäumungsurteil und wenn er hinkommt, dann geht das Verfahren los. Gegen das Versäumungsurteil kann der MN innerhalb von 14 Tagen Widerspruch erheben, dann gibt es wieder ein Tagsatzung und wenn er dann nicht hinkommt gibt es wieder ein Versäumungsurteil und dann ist es aus. Wenn er hinkommt, dann geht das Verfahren weiter; dann hört man sich an, warum er Widerspruch erhebt; in den meisten Fällen - was sehr ärgerlich ist, wenn sie zur Arbeiterkammer gehen und dort wird genau erklärt, wie man Verfahren möglichst lang in die Länge ziehen kann – geht man hin und bringt irgendwelche Schädigungen vor. Man muss natürlich irgendetwas vorbringen, damit das Verfahren Substanz hat, das muss aber nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen. MN, deren Ziel ja ist, möglichst lange in der Wohnung zu bleiben, lassen sich da möglichst viel einfallen, unter anderem die Mietzinsminderung. Die Heizung geht nicht, oder etwas ist defekt. Dann wird das Verfahren geführt. Das größte Problem der österreichischen Justiz liegt darin, dass die Verfahren einfach so lange dauern; das mag aufgrund der Überlastung der Gerichte so sein, aber in den meisten Fällen ist es leider so, dass man zwischen den Verhandlungsterminen sicher 2-3 Monate dazwischen hat. Zuerst kommt die vorbereitende Tagsatzung, da wird nur geschaut, ob der Mietschuldner kommt oder nicht. Wenn er kommt, wird gefragt, warum erheben Sie jetzt Einspruch oder was bringen Sie gegen diese Klage vor. Und wenn er dann sagt Mietzinsminderung weil das oder das, dann wird nicht weiterverhandelt sondern es wird nur protokolliert, dann die Beweise erörtert, also wer welche Beweise hervorbringt und dann erhält man einen neuen Termin und der ist dann meist 2 Monate später. Dann kommt es zu der eigentlichen Hauptverhandlung und dort werden dann die Zeugen einvernommen und wenn die Einwände des MZ wg. MZMinderung stimmen könnte, dann bestellt das Gericht in den meisten Fällen einen Gutachter, also einen Sachverständigen, der die Wohnung aufsucht. Das passiert nach dem Ende der 2. Tagsatzung und die Verhandlung wird auf unbestimmte Zeit vertagt. Dann wird der SV innerhalb der nächsten 2-3 Monate die Wohnung aufsuchen und ein Gutachten erstellen, dann kommt es nochmal zu einer Verhandlung 2-3 Wochen nachdem 97 das Gutachten vorliegt. Dann wird das Verfahren beendet und es ergeht das Urteil schriftlich und bis das Urteil da ist. Genau genommen ergeht dann erstmal ein Teilurteil, das dauert etwa 2 Monate bis das kommt, da wird festgestellt, dass wenn der Vermieter gewinnt, dass dieser MZ zurecht gefordert wird. 4 Wochen Berufungsfrist dagegen, da braucht er dann auf jeden Fall einen Anwalt, bei Verfahrenshilfe erhält er dann einen Rechtsanwalt bezahlt vom Staat, der erhebt dann Berufung dagegen. Dann hat Vermieter wieder 4 Wochen Zeit eine Berufungsbeantwortung zu schreiben und dann dauert es noch ca. 4 Monate bis das Teilurteil bestätigt wird. Dann gibt es innerhalb 1 Monat/2 Wochen später einen Verhandlungstermin der 1. Instanz und bis dahin hat Mieter Zeit den festgestellten MZ nachzubezahlen. Wenn er das innerhalb der 3-4 Wochen nachbezahlt, dann kommt es nicht zur Räumung, dann bleibt der Mieter, unter der Voraussetzung dass das MRG anwendbar ist. Wenn er nicht zahlt, wird dies in der Verhandlung festgestellt und wird überlegt ob ein grobes Verschulden vorliegt: wenn er bis zum Ende der 1. Instanz nicht nachbezahlt hat. (Ende Transkription) Wenn ein Mietinteressent Fragen nach seiner Einkommenssituation beantwortet, dann muss er die Wahrheit sagen. Wenn er was Falsches sagt, dann ist EIN Tatbestand, und zwar die „Täuschung“ erfüllt. Das Betrugsdelikt setzt sich aus mehreren Tatbestandmerkmalen zusammen, und eines davon ist die Vortäuschung falscher Tatsachen. Das heißt nicht, dass er auch alle anderen Merkmale erfüllt. Die Idee von Sozialarbeitern in Deutschland ist nicht schlecht, für institutionelle Vermieter wäre es ein Vorteil, zumindest einen Mitarbeiter für Sozialarbeit zu haben. Dieser kann schon im Vorfeld den Leuten helfen, damit es gar nicht zur Räumungsklage kommt. Vielleicht nicht bei Mietnomaden, aber bei Leuten, die Einkommensverluste tragen müssen, die haben wirklich Schwierigkeiten, sich die Wohnung zu leisten. AE kennt keinen Vermieter, der einen säumigen Mieter automatisch kündigt, aber häufig suchen die Mieter nicht um Ratenvereinbarungen an. Dies deswegen weil es eine gewisse Hemmschwelle und großes Unwissen gibt. Da würden Sozialarbeiter sehr helfen, nämlich im Vorhinein die Leute zu unterstützen. Zusätzlich zum MZ- und Räumungsverfahren beantragt man eine einstweilige Verfügung (EV) zur Festsetzung eines einstweiligen MZ, damit zumindest dieser bezahlt wird. Das Problem ist, die Höhe festzusetzen, denn wenn der Mietschuldner viele Gründe vorbringt, dann wird er nur ein Drittel oder vielleicht die Hälfte einzahlen. Man kann zusätzlich die 98 pfandweise Beschreibung der Gegenstände im Mietobjekt einbringen. Vermieter hat das Recht an den Gegenständen ein Pfandrecht einzubringen, durch die pfandweise Beschreibung durch den Gerichtsvollzieher. Auf der einen Seite gibt es Mieter aber auch Vermieter, die das System ausnutzen, schwarze Schafe auf beiden Seiten, aber die große Mehrheit hält sich an die Gesetze. Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Hans-Peter Kranz, Prokurist der IMV Immobilien Management GmbH, am 17.4.2012 HPK ist mit Problematik der Mietnomaden schon in mehreren Fällen konkret konfrontiert worden, die klassischen Mietnomaden sind Personen, die in ein Mietobjekt einziehen, aus verschiedenen Gründen von irgendwoher einen Bonitätsnachweis bringen können oder aus irgendeinem Selbstständigkeitsbereich herkommen; früher sind nur drei Bruttomonatsmieten als Kaution hinterlegt worden und das hat nicht ausgereicht, eine MZund Räumungsklage einzubringen und alles zu finanzieren. Was das Problem bei den MN ist, ist die Zustellung der Kündigung, um sie rechtskräftig werden zu lassen, da man im schlimmsten Fall einen Zustellungsbevollmächtigten beauftragen muss. Das verzögert das Verfahren. Fallbeispiel: der Mieter erklärte das Bezirksgericht für befangen. Das Verfahren ging in die nächste Instanz, also zum Landesgericht, also von Bezirk weg auf Landesebene. Das kostete viel Zeit, während der keine Betriebskosten und keine Miete gezahlt wurden. Ein weiterer Fall in der Steingasse: dort hat es bis zur Räumung 2,5 Jahre gedauert. Ein anderer Fall in der Burggasse: Mietnomade hat Einrichtungsgegenstände, die mit der Wohnung übergeben wurden, über Ebay verkauft, z.B. die Einbauküche; den Holzboden hat er in einem Kanonenofen verheizt. Daher ist es wichtig, immer ein Übergabeprotokoll inklusive Mängelliste anzufertigen. Es ist im Rechtssystem in Österreich durchaus möglich, dass ein Jahr bis zur Räumung vergeht. Mietnomaden sind Einzelfälle, HPK schätzt solche Vorfälle auf ein Zehntel Promille. Jedoch ist der Schaden für den Eigentümer einer Vorsorgewohnung gravierend. Aber auch Personen, die offensichtlich gut verdienen, betätigen sich als Mietnomaden; ein Fall aus jüngerer Zeit waren Leute in ungekündigter Stellung mit sehr gutem Verdienst. 99 Diese haben sich die Wohnung mit ca. 870 EUR leisten können, die Kaution und zwei Monatsmieten wurden gezahlt und dann nichts mehr. Bonitätsprüfung: Einkommensnachweis, letzte Einkommenssteuererklärung; wenn kein Einkommensnachweis, dann muss er zumindest 6 BMM Kaution hinterlegen. Also eine wesentlich höhere Sicherheitsleistung. Gehaltszetteln ansehen, und ob der Mietinteressent in ungekündigter Stellung ist – das ist auch wichtig. Dann gibt es noch weitere Kriterien, die bei der Vergabe einer Wohnung einzuhalten sind: die Miete darf maximal ein Drittel seines Nettoeinkommen betragen, maximale Abweichung 5%, unabhängig von der Wohnungsgröße; „unselbstständig Erwerbstätige“ müssen eine Bestätigung das Einkommen der letzten drei Monate bringen, dazu eine Bestätigung, dass sie in ungekündigter Stellung sind. Weitere Möglichkeit ist die Beiziehung eines Bürgen, mit wiederum einem Mindestnettoeinkommen in Höhe von 1.500 EUR haben. Und eine Ausweiskopie. HPK hat bereits vom Mieterpass gehört, denkt aber nicht, dass der Eigentümer einer bereits länger leerstehenden Wohnung einen Mietinteressenten wegschicken würde, wenn dieser keinen Mieterpass vorlegen kann. In Wirklichkeit bringt der Makler den Mieter, aber natürlich ist man nicht gefeit vor MN. Im Großen und Ganzen kann auch kein Mieterpass oder sonstwas helfen. Mietnomade ist jemand der den Mietbetrug wiederholt, eine Devastierung ist nicht zwingend für die Begriffsgebung notwendig, aber es kommt vor. Es kann auch vorkommen, dass die Wohnung zwei Jahre lang unbenutzt bleibt, weil die Person einfach eine Adresse braucht. Ab Eingabe der Räumungsklage dauert es ca. 2-3 Monate, bis die Wohnung geräumt wird. Gesetzgeber muss immer beide Seiten beleuchten, die des Mieters und am wenigsten beleuchtet das Gericht die Seite des Vermieters. Dieser ist aufgrund unseres derzeitigen Gesellschaftssystems, das ja sehr sozialdemokratisch aufgebaut ist, immer vermögend, darum muss man aufpassen, dass der böse Vermieter nicht den armen Mieter über den Tisch zieht. Aber die Möglichkeit bei Eintritt von Erben in den Mietvertrag den Mietzins auf eine marktkonforme Miete anzuheben, die hat der Vermieter nicht, weil der MZ nur auf die Höhe der Kategorie A anheben kann (3,25 EUR) und das für eine Wohnung im 1. Bezirk, wo der Hr. Dr. Dr. seine 20-25.000 EUR nach Hause trägt. Das ist nicht der klassische schutzwürdige MRG-Mieter. 100 Der Gesetzgeber hat immer beide Seiten zu beleuchten, aber wenn z.B. jemand unverschuldet in eine Notsituation hineingeratet, dann sollte der Sozialstaat greifen. Denn deswegen kann nicht der Vermieter der Sponsor sein. Wenn in Amerika ein Mieter nicht zahlt, dann tauscht der Vermieter das Schloss aus. In Österreich handelt man sich eine Besitzstörungsklage ein, man wird als Vermieter unter Umständen als Delinquent in Untersuchungshaft genommen, wird kriminalisiert obwohl man ein Anrecht darauf hätte. Der individuelle Besitz des derzeitigen Nutzungsberechtigten steht darüber. Einstweilige Mietzinsfestsetzung: die BK sind etwas, was immer anfällt, das sollte man immer zahlen müssen; zur Höhe der Miete gibt es zwei Zugänge: 1. der Richter sagt, die verlangte Miete ist zu hoch, weil statt einer Richtwertmiete eine Marktmiete verlangt wurde. Aber auch wenn der Richtwert niedriger ist, kann der einstweilige Mietzins nicht Null sein. Auf der Schlichtungsstelle und bei den Gerichten gibt es langsam ein Umdenken. Das war früher nicht so, jetzt langsam beginnt es sich da in der Rechtsprechung etwas zu ändern. Das Problem mit Mietnomaden ist die mangelnde Zustellbarkeit der Mietzins- und Räumungsklage, die bei Gericht eingebracht worden ist. Dann gibt es keine Möglichkeit, finanzielle Mittel vom Nutzungsberechtigten zu lukrieren. Und das ist genau das, was einen Mietnomaden ausmacht. Die durchschnittliche Dauer bis zur Räumung der Wohnung beträgt ca. 18 Monate bis 2 Jahre. Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Stephan Koessler von Immofinanz am 7.5.2012 Vorsatz schon im Vorfeld, meistens Personen, die bereits verschuldet sind und schon eine Klage am Hals haben. Sieht den Grund, warum im Sommer 2011 das Thema in den Medien war darin, dass die Vorsorgewohnungen so gepuscht werden. Da ist ein Mietnomade wegen des Ausfallsrisikos ein großes Problem. Ein steuerliches Problem sieht SK diesbezüglich nicht, da ein Mietausfalls aufgrund eines Mietprellers unverschuldet ist. 101 Wien: 15.000 Zwangsräumungen vor ein paar Jahren; der Prozess zieht sich meist über 1,5 Jahre: Mahnungen, Klagen, Wartefrist bis Erhalt des Titels, Gerichtsverfahren, der geklagte Mietnomade erscheint oder auch nicht, wenn er ohne Grund nicht kommt, dann beschleunigt dies das Verfahren. Während des Verfahrens erhöhen sich die Mietschulden, der Zustand der Wohnungen verschlechtert sich, man muss auf den Gerichtsvollzieher warten, zusätzlich braucht man einen Schlosser und einen Räumungstrupp. Dafür muss eine Vorauszahlung in Höhe von ca. EUR 3.000,-- geleistet werden; dazu kommen Lagerkosten, so können Kosten bis zu 20.000 EUR anlaufen. Ist der Mietnomade also einmal eingezogen, kann man nur noch Schadensbegrenzung ausüben. Man kann vor Abschluss offiziell nicht alle Fragen stellen, bzw. muss der Mietinteressent nicht alle Fragen richtig beantworten. Aber man kann sich zwanglos unterhalten, die Nachfrage nach dem Gehalt ist erlaubt, man kann sich eine Gehaltsbescheinigung geben lassen. Auf jeden Fall sollte man den Ausweis kopieren, einen Einkommensnachnachweis verlangen, sich die aktuelle Wohnadresse geben lassen und den Vorvermieter anrufen. Desweiteren kann man eine Selbstauskunft des Mieters verlangen. Diese Mietnomaden sind Profis, sie wenden sich vor allem an Privatvermieter. Sie mieten sich mit Vorsatz ein und haben meist auch ein entsprechendes Wissen. Der erste SK bekannte Mietnomade war ein Akademiker, er hat zwei Mieten bezahlt, und danach hatte er immer Ausreden. Man glaubte ihm aufgrund seines Auftretens. Eine Möglichkeit wäre es, sich mit dem Mietnomaden auf einen Räumungsvergleich zu einigen. Man kann sich die Verfahrenskosten ausrechnen, die Höhe der Mietschulden und den Mietnomaden mit einem gewissen Betrag versuchen auszuzahlen, wenn der Mietnomade ein Profi ist, dann wird er das dankend annehmen. Denn die Ämter sind anscheinend hoffnungslos überfordert, wobei natürlich die Einspruchsfristen vernünftig sein müssen. Kauft man sich eine Vorsorgewohnung, dann sollte diese so beworben werden, dass nicht nur die Höhe der voraussichtlichen Mieteinnahmen angeführt ist, sondern es sollte auch aufgezeigt werden, welche Gefahren und Risiken es gibt. Eine Mietausfallsversicherung kann das Risiko minimieren, wenn man bereit ist dafür zu zahlen. 102 Inhaltliche Wiedergabe des Telefonates mit Mag. Walter Rosifka, Wohnrechtsexperte der Arbeiterkammer Wien, am 2.8.2012 Die Zusendung der Mieterpässe von Rustler hatte zu einer starken Verunsicherung der Mieter geführt. Wie kann verhindert werden, dass im Mieterpass verschlüsselte Informationen an den nächsten Vermieter weitergegeben werden, wie zB: der Mieter ist rechtskundig und kann daher schwierig werden? Gesetzliches Anrecht auf Mieterzeugnis bedeute Einklagbarkeit, aber macht den Mieter – abgesehen von der Hemmschwelle und den Kosten – während dieser Zeit zur „persona non grata“. Wie sollen Personen zu einem Mieterpass kommen, die niemanden haben um diesen auszugeben: z.B. Junge Erwachsene, die von zuhause ausziehen, Studenten, die aus einer WG ausziehen, Ehepaare/Partner, die sich trennen, Verkäufer der eigenen Eigentumswohnung? Inhaltliche Wiedergabe des Telefonates mit Gerichtsvorsteher Mag. Bernhard Schindler vom Bezirksgericht Liesing am 6.7.12 per Telefon. Kann keine Aussage über die Anzahl der Vorfälle machen; Ist der Meinung, dass die Fristen bei Gericht ok sind und auch keine Verzögerungen durch Personalmangel stattfinden (3 Wochen von Einlangen der Klage bis zur Erstausschreibung des 1. Termins; 4 Wochen Rechtsmittelfrist nach Urteil); Wichtig: Ermessen des Richters, z.B. ist es meist für den Kläger besser, dass ein Beweisantrag des Beklagten akzeptiert wird, als dass das Urteil angefochten werden kann und sich das Verfahren wieder verlängert. Einstweilige Mietzinsfestsetzung wird sehr selten beantragt. 103 Inhaltliche Wiedergabe des Telefonates mit KR Prof. Heinz Schinner am 9.7.2012 Eine explizite Mietausfallversicherung in Zusammenhang mit Mietnomaden gibt es nicht in Österreich. Eine solche Versicherung deckt nur den Mietausfall im Rahmen eines Versicherungsfalls im Zusammenhang mit dem Feuer-, Leitungswasser- oder Sturmschäden im Rahmen einer Gebäudehaftpflichtversicherung. Das Um-und-Auf ist die Selektion meint Hr. Schinner, der ca. 100 Wohnungen verwaltet und der alle 5-10 Jahre ein Problem mit einem einzelnen Mietnomaden hat. Seine Vorgangsweise in diesen Fällen ist es, schriftlich einen Vergleich mit dem Mieter abzuschließen und die Kaution minus der Schäden zurückzugeben. Desweiteren schließt er nur auf drei Jahre befristete Verträge ab. Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Dirk Hartmann, Prokurist der IMV Immobilien Management GmbH und Managing Director der IMV CEE am 19.4.2012 (Deutschland) Mietnomaden sind ein generelles Problem in Deutschland. Ein Mietnomade ist jemand, der nie Miete zahlt und häufig Wohnung wechselt. Diese Mietschulden können erheblich sein, zusätzlich kommen die Kosten aufgrund von Schäden an der Wohnung; eine wichtige Rolle spielt der Vorsatz. Mietnomaden nutzen Gesetzeslücken aus: Räumungsklagen dauern zu lange (9 Monate bis 2 Jahre); dies sollte schneller gehen oder bessere vorbeugende Maßnahmen sollten getroffen werden können. DH schätzt die Kosten für eine Räumungsklage auf 2.000 – 4.000 EUR. Der Deutsche Bundestag diskutiert den Mieterpass. Der Mieter muss diesen bei der Wohnungssuche vorlegen und kann die Ausstellung vom Vermieter verlangen. Der Mieterpass entspricht somit dem Arbeitszeugnis, wobei es jedoch nicht um eine verbale Einschätzung geht sondern um die objektive Sachlichkeit. In Bayern und auch z.B. Hamburg ist die Wohnungsnot größer, hier sind die Eigentümer sehr strikt, fragen vermehrt nach, und dadurch gibt es auch weniger Fälle von Mietprellerei. In Ostdeutschland, z.B. in Leipzig, beträgt die Leerstandsrate ca. 20%, ein Vermieter ist daher froh, irgendeinen Mieter zu haben, und verlangt daher weniger Information vom Mieter. 104 Bezüglich Hartz IV-Empfänger: der Staat zahlt die Miete meist direkt an den Vermieter (früher: an Mieter, die damit jedoch nicht an Vermieter gezahlt haben). Kommune legt die zu bezahlende Mietzinsobergrenze fest (z.B. Ost-D: 4,60 – 4,80 EUR), die Wohnungsgröße richtet sich nach der Anzahl der in der Wohnung lebenden Personen. Folgende Informationen sollen vor Abschluss des Mietvertrages eingeholt werden: Einkommensnachweis Personalausweis, (drei Gehaltszettel, Mieterpass (aber das vom muss Arbeitgeber dann reichen, unterschrieben), kein polizeiliches Führungszeugnis, das führt zu weit); Frage nach dem Vorvermieter ist möglich, Mieter ist aber nicht verpflichtet Auskunft zu geben, da Gefahr, dass der Vorvermieter ihn anschwärzt. In Sonderfällen: Provision für Makler, Kaution, 1. Monatsmiete VOR der Mietvertragsunterfertigung. Bezüglich Auszug der Schufa: hier wird alles registriert, was mit Geld zu tun hat, auch Privatinsolvenzen; die Abfrage ist aber nicht für jeden zugänglich, gewerbliche Vermieter z.B. können jedoch selber abfragen. Der Mietinteressent muss zustimmen, dass der Vermieter Auskünfte einholen darf, Zustimmung ist erforderlich (entspricht Handyvertragsabschluss). Früher war die Abfrage bei der Schufa sehr kompliziert, seit ca. 1 Jahr ist es für die Privatperson möglich, einmal im Jahr eine Abfrage zu machen. ABER: der Auszug ist zu umfangreich, mit sehr vielen Details. Die Frage ist, ob der Vermieter alles wissen muss. Laut Ansicht von DH wäre der Mieterpass ist ausreichend. Ähnlich wie die Schufa arbeitet die Creditreform; das ist ein privates Franchiseunternehmen und entspricht einer Detektei; beinhaltet auch Auskünfte über Bonität und etwaige Mahnverfahren. Schufa und Creditreform ergänzen sich. Mietnomaden verschwinden meist vor dem ersten Gerichtstermin, ziehen in die nächste Wohnung und warten nicht auf das Gerichtsurteil (ansonsten gerät der Mietnomade in eine Privatinsolvenz, darf 7 Jahre nichts besitzen, und wäre danach schuldenfrei. Diese Situation will ein Mietnomade vermeiden). Letztendlich kommt es zu einem Versäumnisurteil. Der Vermieter erhält jedoch weder die ausstehende Miete noch den Schaden an der Wohnung ersetzt. Bezüglich der Mediendarstellung: private Sender zuerst sehr sensationslüsternd, inzwischen sind auch seriöse Sender und Zeitungen mit diesem Thema befasst. 105 Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Claudia Schatzl, Niederlassungsleiterin IMV München und Prokuristin IMV Deutschland am 26.1.2012 (Deutschland) IMV München: 30 Mietwohnungen, 2011/2012: 1 Fall (kam über Makler, sehr vertrauenswürdig 3 MonatsmietenKaution, 3 Monatsmieten gezahlt, dann nichts mehr, viel Ausreden, Räumungsklage eingebracht, wird 1 -1,5 Jahre dauern). Es gibt zwei Arten von Mietnomaden: 1. Gruppe sind jene, die mit Vorsatz einziehen und die Wohnung devastiert hinterlassen; 2. Gruppe sind Hartz IV-Empfänger, die sich von der Gesellschaft betrogen bzw. im Stich gelassen fühlen und die das, was sie tun, als rechtens empfinden. Können sich die Wohnung nur knapp leisten, leben vom Existenzminimum, vernachlässigen aus Hilflosigkeit die Wohnung, führen eigenmächtig und in Unkenntnis Mietreduktionen durch (wenn z.B. die Heizung nicht mehr funktioniert). Das ist eine Spirale, da ein Vermieter bei Nichtzahlung der Miete auch keinen Anlass sieht, die Störung zu beheben. Abhilfe den Fällen der 2. Gruppe wären Gebietsbetreuer, die sich um die betroffenen Personen kümmern und sie informieren. Vor Abschluss Mietinteressenten des Mietvertrages eingeholt werden: sollten folgende Lohnauskunft Informationen (3-Monate), über Fragen den nach Beschäftigungsdauer, persönliches Gespräch; SCHUFA ist nicht die Regel (eher Lohnzettel). Bevorzugte Auswahl über einen Makler. Der „Mieterpass“ ist schwierig zu bekommen, wenn man aus irgendeinem Grund Streit mit dem Vermieter hatte. Alternative: Kabelfernsehen Deutschland schließt keinen Vertrag ohne Einziehungsauftrag ab, da schon die Eröffnung eines Bankkontos sehr komplex ist: die Bank führt Bonitätsabfrage, durch und ein Girokonto zu erhalten, ist nur mit guter Bonität möglich. Ca. vier Banken bieten ein Girokonto auch bei schlechter Bonität an, dann jedoch ohne Überziehungs- bzw. Kreditrahmen. Im Umkehrschluss kann man anhand der Bank, auf der man das Girokonto hat, erkennen, ob eine Person eine gute oder eine schlechte Bonität besitzt. Vielleicht wäre es möglich, den Mietvertrag mit einem Lastschrifteneinzug zu koppeln. Dies ließe sich im Mietvertrag vereinbaren und sollte der Lastschriftenauftrag bzw. das Geld innerhalb von 3 Monaten zurückgezogen werden, dann könnte im Mietvertrag als 106 Konsequenz eine „fristlose Kündigung“ als möglich vereinbart werden. Dies müsste aber juristisch abgeklärt werden. Die Kosten, die ein Mietnomade verursacht, können bis zu 10.000 EUR betragen. In Deutschland wird die Wohnungsnot aufgrund eines Nord-Süd-Gefälles und dem gleichzeitigen Schulabschluss zweier Generationen verstärkt. Es gibt zwar Zuweisungen von „sozialen Wohnungen“, diese Anzahl ist aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. In München ist Wohnen und Leben teuer und die Kosten für H2O, Strom, Heizung um ca. 1520% höher als in Wien. Außerdem werden diese Kosten in Deutschland nicht monatlich an den Mieter verrechnet, sondern häufig erfolgt eine Drittabrechnung der Betriebskosten einmal im Jahr an den Eigentümer, der diese Beträge anschließend mittels der BKAbrechnung an den Mieter weiterverrechnet. In München wurden in der Vergangenheit aufgrund der Situation auf dem Wohnungsmarkt Ghettos geschaffen (im Gegensatz zu Wien, wo eine gute soziale Durchmischung stattfindet). CS sieht einen Zusammenhang zwischen MZ-Höhe und Mietprellerei. Es ist ok, wenn die schlimmsten Fälle von Mietprellerei in den Medien dargestellt werden, um den Leuten einen Spiegel vorzuhalten. Blacklists über Mietpreller sind in Deutschland üblich, jedoch datenschutzrechtlich bedenklich. Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Jan Becker von Immofinanz am 7.5.2012 (Deutschland) Vor Abschluss des Mietvertrages wird in Deutschland gefragt nach: Mietbescheinigung vom Vorvermieter, Auskunft von der SCHUFA einholen. Große Vermieter machen das, die haben auch einen Zugang zur Schufa. Dies haben Private eher nicht. Auch möglich: Abfrage bei der Creditreform – ist ähnlich wie SCHUFA. Mieterzeugnis funktioniert in Deutschland sehr gut, kann zwar gefälscht werden, aber man kann beim Vorvermieter nachfragen. Ein Mieterzeugnis muss frei von Emotionen zu beantworten sein, also nur die Frage nach der rechtzeitigen Bezahlung der Miete. Vermieter behandeln eine diesbezügliche Anfrage des Mieters unterschiedlich, manche wird es vielleicht nicht interessieren, manche werden 107 das Mieterzeugnis nur gegen Bezahlung erstellen, andere schreiben wiederum seitenlange Briefe. Aber wenn es Usus wird, kann SK sich Mieterzeugnis gut vorstellen. Voraussetzung allerdings ist, dass alle Vermieter mitmachen müssten. Man muss das Mieterzeugnis in Österreich einfach einführen; so eine Art Mieterpass gibt es in Deutschland seit ca. 10 Jahren. Professionelle Mietnomaden kommen in teuren Anzügen und Autos zum Termin, mieten sich in teure Wohnungen ein und kennen sich gut im Gesetz aus. Desweiteren gibt es auch noch einen besonderen Schutz für Schwangere und Familien mit Kleinstkinder (1-2 Jahre) bezüglich eines Räumungstermins kurz vor Weihnachten oder Ostern. Schnell bekommt man nur jemanden raus, der männlich ist und Single. Dann kann es noch sein, dass einfach irgendjemand anderes in dieser Wohnung angemeldet wird, da gibt es verschieden Tricks. In Deutschland versuchen die Mietnomaden solange wie möglich die Räumung hinauszuzögern und wenn sie dann erkennen, dass es unweigerlich zur Räumung kommt, dann sind sie von heute auf morgen weg. Es kommt jedoch nicht zwingend zu einer Devastierung. In Deutschland sind Datenbanken bezüglich Mietnomaden eigentlich verboten, nichtsdestotrotz gibt es sie. Verfahrensdauer hängt stark vom Gericht ab, diese sind anscheinend überlastet, denn es dauert 6-8 Monate nur um einen Exekutionstitel zu bekommen und dann mancherorts auch wieder 6 Monate um vom Gerichtsvollzieher einen Termin zu bekommen. Schloss tauschen geht nicht und auch das eigenständige Öffnen ist nicht erlaubt. Denn das ist nur in jenen Fällen erlaubt, wo unmittelbarer Schaden droht, z.B. wenn es z.B. in der Wohnung oberhalb einen Wasserschaden gibt. In Deutschland verlässt der Mietnomade die Wohnung spätestens dann, wenn Strom, Gas, Wasser abgedreht wird. Durchschnittliche Dauer der Räumungsverfahren 8-12 Monate, hängt stark von der Stadt ab, in den Großstädten dauert es länger. Mietnomaden sind häufig in Mietermärkten aktiv, also dort, wo der Leerstand hoch ist. In München ist es etwas schwieriger für Mietnomaden, eine Wohnung zu finden. Dort gibt es 100-200 Interessenten pro Wohnung und die Vermieter verlangen umfangreiche Auskünfte. 108 Transkribtion (aufgrund der Komplexität) des Experteninterviews mit RA Winfried Meyer 14.5.2012 Hypothese, dass es für die meisten Menschen, insbesondere Mittelständler, deren Altersvorsorge in der Regel etwas schlecht aussieht, eine sehr interessante Sache geworden ist, Geld, das in guten Zeiten verdient wird, anzulegen in Wohnungseigentum und damit also gerade in einem wichtigen sozialem Bereich für Absicherung zu sorgen. Und wenn diese Absicherung nicht mehr funktioniert, weil die Mieten nicht mehr realisiert werden, z.B. durch solche Leute, die man als Mietnomaden bezeichnet, dann wird ein ganzer Bevölkerungsstand in eine unsichere soziale Situation hineingebracht und das macht dieses Problem besonders deutlich und ein zu lösendes Problem. Kann nicht mit Bestimmtheit sagen, ob das Problem mit Mietnomaden vor allem in großen Ballungsgebieten vorkommt. Würde es eher dort ansiedeln, weil dort das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter nur noch formalisiert ist, im Gegensatz zu jenen Orten, wo der Vermieter noch seinen Mieter kennt. Und je größer die Wohngebiete sind, die Zusammenballung der Menschen ist, desto weniger kommt es zu einem individuellen Kontakt und da könnten auch vermehrt die Probleme auftreten. Denn dieses ist ja ein Problem, wo der Mieter von vornherein kein richtiges Wohninteresse mehr hat, sondern eigentlich nur noch das Interesse, den Vermieter zu schädigen und sich selbst dabei einen Vorteil zu verschaffen. Der eigene Vorteil steht im Vordergrund und der Schaden des Vermieters ist natürlich die notwendige Folge. Im Grunde ist es Betrug, denn der MN erreicht eine Täuschung des Vermieters dadurch, dass er sagt, er wäre ein solventer Mieter, er tritt meistens auch überzeugend auf und erreicht somit, dass der Vermieter einem Irrtum unterliegt. Der denkt nämlich, er hätte einen zuverlässigen Mieter; und der Irrtum, dem er unterliegt, führt dazu, dass der Vermieter möglicherweise Sicherungsmaßnahmen, die er sonst vornehmen würde, nicht durchführt, und es dadurch zu einer Selbstschädigung kommt. Und diese Selbstschädigung führt zu einer Vermögensverfügung, da der Vermieter dem MN die Wohnung überlässt. Das ist alles kausal miteinander verknüpft. Und zwar zunächst einmal mit einem unbedingten Vorsatz, denn ohne Vorsatz ist es kein Betrug, der Betrug ist in diesem Sinne eine Vorsatztat, mit dem Ergebnis, dass ein Schaden dabei herauskommt. Wobei der Schaden auch bei einem Dritten eintreten kann, das ist nicht das Entscheidende dabei. Der MN erregt einen Irrtum, und durch diesen Irrtum macht der Vermieter eine 109 Vermögensverschiebung, indem er die Wohnung dem Mieter überlässt und das wiederum führt zu einem Vermögensschaden. Gängige Definition des Mietnomaden: der Nomade ist jemand, der von Ort zu Ort zieht und sich nirgendwo bindet. Das Phänomen tritt vorwiegend in größeren Ballungszentren auf, wo es nicht mehr zu einem vertrauensvollen Kontakt zwischen Mieter und Vermieter kommt, sondern der Mietvertragsabschluss nur mehr formal abgehandelt wird. Der MN hat die von vornherein Absicht keine Miete zu zahlen und, wenn absehbar ist, dass Probleme auftauchen, das Weite zu suchen und sich woanders einzumieten. In der Praxis sieht es schwierig aus, wenn der Mieter verschwindet, da man ihn schwer finden kann. WM hat in den letzten 2, 3 Jahren nur einen schweren Fall erlebt. Er ist nicht der Meinung, dass Mietnomaden zu einem allgemeinen Problem würden; sondern es sind eher Einzelfälle. In der Regel sei es so, dass der Mieter Argument bringt, wie, die Wohnung war verschimmelt, der Keller feucht und die Möbel sind kaputt gegangen und mussten entsorgt werde; WM hatte einen Fall, wo der Mieter eine Gegenklage zwecks Schadenersatzes erhob. Tatsächlich hatte sich herausgestellt, dass er seinen Sachen nicht einmal ausgepackt und alles in einem Zimmer abgestellt hatte; die Kartons waren bis kurz unter die Decke vor dem Heizkörper aufgebaut, und dadurch gab keine Luftzirkulation mehr. Die notwendige Folge war, dass sich durch eine unvorschriftsmäßige Lagerung des Mobiliars und der Kartons, die nicht einmal ausgepackt waren, Schimmel bildete. Dieser Fall ist derzeit wegen Einmietungsbetruges vor Gericht; dauerte 1,5 Jahren durch alle Instanzen durch, vom Amtsgericht zum Landesgericht, bis eine Entscheidung gefällt wurde. Arten der Kündigung in Deutschland: häufigster Fall ist, dass die Miete ausbleibt und wenn nacheinander 2 Mieten ausbleiben, dann hat der Vermieter das Recht zur fristlosen Kündigung. Die zweite Variante ist, wenn mehrfach die Miete nicht voll bezahlt wird und der Rückstand die Höhe von zwei Mieten erreicht hat, dann gibt es auch die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung. Der Vermieter kann die Kündigung selbst schreiben oder einen Anwalt damit beauftragen. Man kann in der Räumungsklage selbst die Kündigung aussprechen, aber es ist empfehlenswert, vorher unter Setzung einer Räumungsfrist zu kündigen; diese Kündigung wird dann gerichtlich überprüft und wenn der Mieter bereits vom Vermieter eine 110 Räumungsfrist von z.B. 3 Wochen erhalten hat, dann wird das Gericht keine weitere allzu lange Räumungsfrist einräumen. Gericht prüft, ob die Miete tatsächlich 2mal ausgeblieben ist, wobei das relativ einfach ist. Der Vermieter muss den Zugang der Kündigung nachweisen, per Einschreiben mit Rückschein oder das sogenannte Einwurfeinschreiben in D: der Briefträger bestätigt dann „ ich habe das Schreiben an dem und dem Tag um soviel Uhr eingeworfen“. Das Gericht prüft die Voraussetzungen, man muss also in der Kündigungsklage vortragen: „das Kündigungsschreiben wurde an dem und dem Tag dem Beklagten/Mieter zugestellt“. Der Vermieter muss den Beweis führen, dass der Gekündigte den Brief tatsächlich erhalten hat. Kündigungsbrief geht vom Vermieter zu Mieter und man muss dem Gericht vortragen und beweisen, wie der Mieter die Kündigung bekommen hat. Der Vermieter braucht ein gerichtliches Urteil oder einen Beschluss der Vollstreckung, um den Mieter vor die Tür setzen zu können. Der Vermieter braucht eine Bestätigung, dass die Kündigung das Mietverhältnis beendet hat. Wenn Mieter behauptet, dass er ein Recht zur Mietzinsminderung hat, weil Mängel vorhanden sind, für die der Vermieter verantwortlich ist, dann würde der Vermieter sagen, dass er davon nichts weiß; wenn der Mieter einen Mangel feststellt, dann ist er dazu verpflichtet, diesen dem Vermieter mitzuteilen, damit der Vermieter Maßnahmen zur Abstellung des Mangels ergreifen kann. Die Folge ist, dass der Mieter sich nicht auf einen Mangel berufen kann, wenn er dem Vermieter keine Gelegenheit gegeben hat, diese zu beheben. Ablauf Kündigungsverfahren: Mieter bekommt vom Gericht die Klage zugestellt mit der Aufforderung sich dazu zu äußern. Nach der Prozessordnung in D ist es so, dass der Beklagte/Mieter innerhalb von 2 Wochen erklären muss, ob er sich gegen die Klage verteidigen möchte. Und der muss dann innerhalb von weiteren 2 Wochen die Gründe vorbringen, mit denen er sich verteidigen möchte und zwar vollständig und unter Angabe von Beweismittel. Danach kommt es zu einer Verhandlung; wenn der Beklagte die erste Frist versäumt, kann der Vermieter als Kläger einen Antrag stellen, ein Versäumnisurteil zu erlassen, wenn der Mieter sich nicht fristgerecht innerhalb der 2 Wochen äußert. Das ist die beste Möglichkeit die der Vermieter hat, wenn der Mieter sich nicht äußert oder keine Beweismittel erbringt. Wenn er denkt, er braucht das nicht oder er bräuchte das nur mündlich beim Gericht vorbringen; dann kann der Vermieter dies als verspätet zurückweisen. 111 Wenn Mieter innerhalb zwei Wochen antwortet, dann erhält der Vermieter eine Kopie der Durchschrift und hat ein Recht darauf zu erwidern. Da ist es noch nicht zu einer Verhandlung gekommen. Nach Erwiderung des Vermieters beraumt das Gericht in aller Regel einen Termin für eine mögliche Verhandlung an. Dort ist zu klären ob ein Recht der Minderung der Miete oder nicht, in der Regel werden dann Zeugen aufgerufen. Zwischen 1. Gerichtstermin und der Beweisdarbringung: lt. Dt. Prozessordnung ist der Richter verpflichtet, möglichst viel in einem Termin zu erledigen, d.h. der 1. Termin ist die Verhandlung, in der der Richter einmal die Parteien anhört und sich ein Bild macht und entscheidet, ob Beweise notwendig sind; diese werden dann bei einem 2. Termin dargebracht innerhalb von 3-4 Wochen. Dann lädt der Richter die möglichen Zeugen für angebliche Minderungsgründe. Sachverständigengutachten könnten einzuholen sein, wenn der Beklagte sich darauf berufen will, muss er die Kosten vorschießen. Vor dem 2. Termin muss das Gericht zuvor außerhalb der Verhandlung einen Beweisbeschluss fassen, der bedeutet, das Beweise über die behaupteten Tatsachen des Mieters erhoben werden sollen. Zunächst werden die Zeugen geladen und wenn die Zeugen die Vorwürfe des Mieters bestätigen, dann wird ein Sachverständiger für den 3. Termin beauftragt. Außer das Gericht meint, dass die Auswirkungen z.B. des Schimmels bekannt sind, dann ist kein Sachverständiger notwendig, das kann das Gericht aus eigenem Ermessen entscheiden. Wenn die Zeugen nicht bestätigen dass dort Schimmel war, dann gibt der Richter einen Termin für die Entscheidung bekannt, dieser findet meist 3 Wochen später statt. Dieser Termin zur Entscheidung kann entweder ein neuer Beweistermin sein oder ein Sachverständigen-Gutachten oder Gericht kann direkt durch Urteil entscheiden. Entscheidungstermin wird verkündet (für Beweisbeschluss- oder Urteilsverkündung). Urteil ist gleichzeitig ein Räumungsurteil: es wird ausgesprochen „der Beklagte wird verurteilt 1. Die Wohnung gelegen dort, zu räumen, zweitens der Beklagte erhält ein bestimmte Räumungsfrist; der Beklagte wird weiterhin verurteilt, rückständige Miete in Höhe von xy zu bezahlen“. Damit hat man ein Urteil; gegen das Urteil kann innerhalb 1 Monats das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. D.h. es ist noch nicht rechtskräftig. Der Vermieter wird daher bei Gericht nachfragen, ob ein Rechtsmittel eingelegt wurde oder nicht. Wenn keines 112 eingelegt wurde, ist das Urteil nach 1 Monat rechtskräftig, dann kann es vollstreckt werden. Dann ist aber wieder 1 Monat vergangen. Kläger beantragt ein Rechtskraftzeugnis, also 1. ein Rechtskraftzeugnis, 2. eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils, die Vollstreckungsklausel, und 3. den Nachweis, wann das Urteil dem Beklagten zugestellt worden ist. Damit hat er die notwendigen Voraussetzungen, um aus dem Urteil die Zwangsvollstreckung betreiben zu können. Kläger beauftragt einen Gerichtsvollzieher, die Räumung zu vollziehen, bzw. den geschuldeten Betrag durch Zwangsvollstreckung einzuziehen; da muss beachtet werden, dass das Gericht im Urteil ja nochmal eine Räumungsfrist ausgesprochen hat, also zusätzlich zu dem 1 Monat Rechtsmittelfrist kommt noch ein Räumungsfrist und die zählt ab der Vollstreckbarkeit also der Rechtskraft des Urteils. Räumungsfrist ist ca. 3-4 Wochen, also mindestens einmal so lange wie die Berufungsfrist läuft und ab der Berufungsfrist nochmal 3-4 Wochen. Am Ende der Berufungsfrist erhält der Kläger die Rechtskraftsmitteilung und dann hat er die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung, er muss jedoch darauf achten, dass die Räumungsfrist, die ihm das Gericht gewährt hat, über die Rechtsmittelfrist hinausgegangen ist. Wenn alle Fristen abgelaufen sind, dann wird der Gerichtsvollzieher mit der Vollstreckung, also der Räumung, und mit dem Einzug des eingeklagten Betrag beauftragt. Gerichtsvollzieher schickt ein Schreiben an den Anwalt des Vermieters: „ Zur Durchführung der Zwangsvollstreckung bitte ich um Überweisung eines Betrag, der die Kosten für ein Möbelunternehmen, das den Beklagten heraus befördert, abdeckt.“, dieser beträgt erfahrungsgemäß ungefähr EUR 2.500, und dient als Vorschuss, damit der Gerichtsvollzieher überhaupt die Zwangsräumung durchführt. Wenn der Vermieter den Vorschuss zahlt, dann setzt der Gerichtsvollzieher einen Termin fest, an dem der Beklagte zu räumen hat. Das ist dann ca. nach 3-4 Wochen. Nun kann der Mieter behaupten, keine neue Wohnung gefunden zu haben, er wäre mit Frau und Kind und hätte keine 3-Zimmer-Wohnung gefunden und bräuchte noch eine weitere Räumungsfrist. Dann kann das Gericht nochmals 4 Wochen Räumungsfrist gewähren und der Mieter muss nur nachweisen, dass er tatsächlich gesucht hat. Gerichtsvollzieher setzt neuen Termin fest, hat seinen Vorschuss bekommen. Dann erscheint zum neuen Termin ein Möbelunternehmen, mit entsprechenden Möbelpackern 113 und es kann passieren, dass der Mieter noch in der Wohnung sitzt und sagt, er könne nicht raus, wo solle er denn hin, man könne ihn doch nicht auf die Straße setzen. Der Gerichtsvollzieher kann nichts machen und teilt dies dem Gläubiger mit. Dann bekommt der Anwalt des Vermieters die Mitteilung, die Vollstreckung konnte nicht durchgeführt werden, weil der Mieter nach wie vor in der Wohnung wäre und sagte, er habe eine neue Unterkunft gesucht, aber er habe nichts Passendes gefunden. Das geht aber nur einmal, danach sorgt der Gerichtsvollzieher durch eine Anfrage bei der Wohnungswirtschaft, beim Einwohnermeldeamt oder bei der betreffenden Abteilung in der Verwaltung, ob eine Sozialwohnung frei wäre, denn er müsse eine Räumung durchführen, die Mieter müssen irgendwo hin, und die Stadtverwaltung gibt ihm dann die Auskunft, wo eine Wohnung zur welchem Termin frei wäre. Dann könne er zu diesem Zeitpunkt die Zwangsräumung durchführen und der Mieter bleibt bis zu diesem Zeitpunkt in der derzeitigen Wohnung. Dann muss die Stadtverwaltung, das Wohnungsamt, dafür sorgen, dass eine Wohnung, die passend für die Familie des Mieters ist, frei wird. Dann kann der Gerichtsvollzieher die Räumung tatsächlich durchführen. Das gilt für ganz Deutschland. Der Gerichtsvollzieher bestellt ein Transportunternehmen zur Räumung der Wohnung mit den entsprechendem Fahrzeugen, deswegen auch der hohe Vorschuss, der gezahlt werden muss. Es besteht auch die Gefahr, dass die Möbel eingelagert werden müssen, z.B. wenn die Möbel nicht in die neue Wohnung hineinpassen, die Wohnung anders zugeschnitten ist, sie hat womöglich genügend Zimmer, aber sie sind alle kleiner. Dann würde es bedeuten, dass die Möbelpacker die Möbel am Ort des Geschehens einpacken und dann zur neuen Wohnung hinfahren und auspacken und sehen, dass nicht alles hineingeht. Dann würden sie einen Teil der Möbel wieder mitnehmen und auf der Pfandstelle abliefern. Dort werden die Möbel eingelagert und da ist wiederum die Frage, wer bezahlt die Kosten; die bezahlt noch immer der Vermieter. Aber immerhin, der Vermieter hat eine leere Wohnung und kann diese wieder vermieten. Die Frage nach der durchschnittlichen Dauer einer Räumung lässt sich so nicht beantworten, das ist von verschiedenen Faktoren abhängig: zuerst einmal ob das Verfahren ein kurzes Verfahren ist, weil der Vermieter vielleicht gar nicht mehr da ist, nicht zum Termin kommt oder sich irgendwie äußert; dann hat der Vermieter relativ schnell ein Urteil und das lässt sich dann auch schnell vollstrecken. Wenn er aber sich verteidigt, und 114 verschiedene Argumente anführt und der Verfahrensgang so verläuft wie zuerst skizziert, also mit Gegenrede und Gegenargumenten und Beweisaufnahme, dann kann das schon ziemlich lange werden. Und vor allen Dingen, wenn der Beklagte in die nächste Instanz geht und sagt, das Gericht habe seinen Einwand gar nicht ausreichend gewürdigt und sich eine Rechtsauffassung zu Grunde gelegt, die nicht haltbar ist, und darum ginge er in Berufung. Insofern kann man nicht im Vorhinein sagen, es gäbe eine durchschnittliche Dauer. Man kann nur sagen, in dieser oder jener Konstellation ohne Verteidigung habe man frühestens in 6 Wochen ein Urteil oder aber es dauert aufgrund einer Notwendigkeit, z.B. einer Beweisaufnahme, entsprechend länger. Dann würde es durchschnittlich ca. 12 Wochen dauern. Wenn dann auch noch eine Berufungsinstanz hinzukommt, dann verdoppelt sich das Ganze in etwa. Also nochmal ein halbes Jahr dazu. Insgesamt also 9-10 Monate. Eventuell noch länger, je nachdem, wie sehr das Berufungsgericht ausgelastet ist. Das Mindeste also wäre 3-4 Monate bei einer günstigen Verfahrenssituation; wenn eine Beweisaufnahme und zwei Verhandlungen notwendig sind, dann leicht ein Verdoppelung der Dauer, also ein halbes Jahr Minimum; und wenn der Instanzenweg beschritten wird, dann kommt mindestens noch ein halbes Jahr dazu, also ca. 1 Jahr. Und letztendlich kommt das Vollstreckungsverfahren mit 3-4 Monaten dazu, womit die Verfahrensdauer ca. 1 bis 1,5 Jahre dauert. WM sieht keine große Möglichkeit, die Verfahren zu beschleunigen, weil alle Möglichkeiten im Grunde schon durch die entsprechende Gesetzänderungen ausgeschöpft wurden. Man muss ja den Mieter, also den Beklagten, das Recht geben, sich zu äußern, und wenn er relevante Äußerungen dazu tätigt, dann muss es eine Beweisaufnahme geben, müssen Zeugen gehört werden; da ist wenig zu verändern, da ist alles schon gemacht worden. Schon am Anfang durch die Fristen: 2 Wochen zur Erklärung, ob er sich verteidigen will, weitere 2 Wochen dafür, wie er sich verteidigen möchte unter Angabe alle Verteidigungsmittel – da sind schon eigentliche die Vorschriften voll ausgeschöpft. Unter Wahrung der rechtsstaatlichen Grundsätze kaum Möglichkeiten hier wesentlich etwas zu verändern. Die durchschnittlichen Kosten hängen davon ab wie hoch die Miete ist. Der Streitwert bestimmt sich im zivilrechtlichen Verfahren nach der Miete und die Höhe der Miete ist mit 12 zu multiplizieren im normalen Mietstreitverfahren. Dazu kommen in der Regel noch die ausstehenden Mieten, das heißt, man hat dann durchaus oft die Konstellation vielleicht der 115 Mietrückstand EUR 2.000 – 3.000 beträgt, dann ist das der Streitwert und hinzu kommt 12 x die Monatsmiete, dann ist man leicht bei EUR 10.000, und das bringt dann erhebliche Kosten für den Vermieter, die Kosten des Anwaltes und des Richters, des Vorschuss, da muss also eine Gerichtsgebühr bezahlt werden, die ist 3 mal der normale Streitwert, dh die Gerichtskosten sind so durchschnittlich bei EUR 10.000 etwa EUR 450 – 500, und die Kosten für den eigenen Anwalt muss der Kläger ebenfalls vorschießen, und ob er die Kosten vom Beklagten zurückbekommt, ist dann noch offen. Das ist eine Frage des Geschickes des Gerichtsvollziehers oder auch des Vermieters selbst. Da muss er also auch die Anwaltskosten für die 1. Instanz bezahlen und die sind bei einem Streitwert in Höhe von EUR 8.000 – 10.000 ca. EUR 600 – 700. D.h. es geht schon ziemlich schnell über EUR 1.000, die der Vermieter-Anwalt einzuzahlen hat: einmal die Gerichtskosten und dann für sich selbst. Also leicht EUR 1.300 – 1.500 Verfahrenskosten für 1 Instanz. Vorab einzuholende Informationen über den potentiellen Mieter: Einkommensnachweis einholen, den aktuellen Einkommensnachweis vom Arbeitgeber, der muss dann aber auch stimmig sein. Kopie des Ausweises. Frage nach Referenzen vom vorherigen Vermieter: Mieterpass würde RA Meyer ablehnen: Das geht zu sehr in die persönlichen Verhältnisse des Mieters und deshalb einverstanden, dass der potentielle Mieter seinen Einkommensnachweis vorlegt, das ist in Ordnung. Man könnte auch sagen, als Konsequenz daraus, wenn er nicht stimmt, oder sich im Nachhinein herausstellt, er stimmt nicht, dann hätte ich als Vermieter die Möglichkeit den Vertrag anzufechten wegen Täuschung. Durch Vorlage des Einkommensnachweises vor Beginn des Mietverhältnisses hat der Vermieter die Möglichkeit den Mieter abzulehnen, wenn der Einkommensnachweise seiner Höhe nach unstimmig ist. Bezüglich einer Referenz vom Vorvermieter: es kann ja sein, dass der Mieter vorher einen Vermieter hatte, mit dem nicht gut auszukommen war, dass weiß man ja nicht und daher vom Mieter zu verlangen, er möge eine Erklärung des früheren Vermieters vorlegen, das kann zu weit gehen. Eben wenn ein Mieter damals zu Recht seine Miete reduziert hat, oder wenn Streitigkeiten bestanden haben mögen. Aber wenn man da Zweifel hätte, dann wäre die Frage berechtigt, wie denn das letzte Mietverhältnis ausgegangen wäre. Aber wie gesagt, das ist in einem Bereich, wo es berechtigt sein kann aber andererseits auch wieder zu weit geht. MW spricht sich dort gegen einen Mieterpass aus, wo der Mieter vom Wohlwollen seiner früheren Vermieter abhängig ist. Daher glaubt er nicht, dass man vom 116 Mieter verlangen kann, dass er einen Mieterpass vorlegt. Es gibt es so viele Möglichkeiten z.B. bei den Fragen nach den Renovierungskosten, oder der Rückgabe der Wohnung, wo bei Rückgabe der Kaution laufend Streit entsteht. Da ist zu viel offen; man kann überlegen, ob nur ganz bestimmte Fragen gestellt werden dürfen, die dann neutral zu beantworten sind, z.B. „bestehen Mietrückstände aus der Vermietung – ja oder nein“. Die Frage danach, ob ein Prozess geführt worden ist, darf nicht gestellt werden, da man niemandem einen Prozess verwehren darf. Man könnte gewisse Fragen zulassen, die objektiv zu beantworten sind, wie z.B. „bestehen Mietrückstände nach Beendigung des Mietverhältnisses“. Das ist problematisch, denn wenn Vermieter noch irgendwelche offenen Forderungen hat, wird er die Frage bejahen und hat dem Mieter schon ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Aber es kann ja sein, dass der Mieter berechtigterweise einen Teil der Miete zurückbehalten hat; z.B. wegen Mängel, und es kann sein, dass der Vermieter von der Kaution einen Teil zurückbehalten hat, und der Mieter empört ist. Dann kann es sein, dass die Frage falsch beantwortet wird. Es ist ein Problem, wenn der Einbehalt des Mietzinses gerechtfertigt war, oder wenn Mängel bestanden haben, also wenn die Kaution gemindert wurde, ohne dass ein gerechtfertigter Grund dafür vorhanden gewesen wäre. Es gibt viele Möglichkeiten, viele Kausalitäten, daher ist WM der Meinung, dass man generell derzeit keinen Mieterpass einführen sollte. Man könnte sich vielleicht Gedanken machen, ob es Punkte gibt, die so neutral sind, dass sie kein schlechtes Urteil abgeben. Wenn es allein um Tatsachen ginge, aber das ist im Augenblick zweifelhaft, dass das so möglich ist. Der normale Weg in Deutschland wäre, beim Amtsgericht nachzufragen, ob der Mietinteressent im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist. Das ist objektiv jedem möglich, der ein gerechtfertigtes Interesse hat und als Vermieter hat man dieses Interesse. Eher als bei der Schufa: dort bekommt der Vermieter über einen Mieter nicht einfach eine Auskunft, man muss vom Mieter verlangen, dass er für sich selbst ein eigenes Zeugnis anfordert. Das darf man als Vermieter. Jeder Arbeitgeber verlangt nach einem Selbstzeugnis. Damit sich der Schuldenberg im Laufe des Verfahrens nicht auftürmt, wäre es sinnvoll, wenn der Vermieter ernst nach Erhalt der Kaution dem Mieter den Schlüssel übergibt. Das ist ein gewisses Problem in Deutschland, denn es gibt die Vorschrift, dass zwar eine Kaution in Höhe von bis zu drei Mieten verlangt werden darf, aber nicht in einem Betrag, sondern der Mieter hat die Möglichkeit in 3 Raten zu zahlen. D.h. es kann sein, dass der Mieter das Recht zur Nutzung der Wohnung bekommt, obwohl er erst eine einzige Rate 117 gezahlt hat. Das ist seit 2000/2001 zwingendes Recht, weil wenige Mieter die gesamte Kaution auf einmal aufbringen können. Das ist eine Frage der Politik: wie kann es sein, dass eine so relevante Zahl von Mietern nicht in der Lage ist die Kaution zu bezahlen. Und was nutzt dem Vermieter der beste Mieter, wenn der das nicht zahlen kann, wer hat denn schon einfach so drei Mieten in der Hand. Und vor allem dann noch, wenn der frühere Vermieter noch die Kaution zurückbehält, weil die Nebenkostenabrechnung noch nicht fertigstellt ist. Da verzögert sich alles, das greift dann nicht mehr ineinander über, sondern es kommt zu einer Verzögerung, wo der Mieter draufzahlt. In Deutschland muss die Kaution in der Regel innerhalb eines halben Jahres ausgezahlt werden, aber die Nebenkostenabrechnung muss erst nach einem 1 Jahr abgerechnet sein, und solange der Vermieter noch das Recht hat, Nachforderungen zu stellen, kann er auch die Kaution oder zumindest einen Betrag aus der Kaution zurückhalten. Einen gewissen Anteil muss er aber innerhalb eines halben Jahres auszahlen. Das Problem ist dann, dass der Mieter die neue Kaution unter Umständen nicht zahlen kann. Oft passiert es in der Praxis, dass der Vermieter aus Gutmütigkeit sagt, die Kaution könne innerhalb des nächsten halben Jahres gezahlt werden. Aber dann braucht er sich nicht zu wundern, wenn er ausgenutzt wird. Dann ist die Frage, wer dafür aufkommen soll? Die Frage ist, wenn das Sozialamt das bezahlen soll, dann muss der Mieter wiederum den ganzen Sozialgang machen und das ist ein Gang nach Canossa. Das Amt zahlt z.B. bei Hartz IV direkt an den Mieter, aber der Vermieter kann sich eine Abtretungserklärung geben lassen, damit direkt vom Sozialamt an ihn gezahlt wird. Die Hartz IV – Empfänger können beim Sozialamt auch den Antrag stellen, eine Vorauszahlung für die Kaution zu erhalten, das wird ihnen dann im Laufe des Mietverhältnisses Stück für Stück vom Sozialamt abgezogen. Vermietung über den Makler, weil diese erfahrener sind? MN sind nicht so dumm, auffällig zu sein, deswegen wird auch der Makler sie nicht leicht erkennen können. Dem Makler geht es auch darum, etwas verdienen zu können, das verdient er vom Mieter und Vermieter, das ist sein Interesse. In Grunde genommen kann man sich vor einem MN nicht schützen. Ergänzendes Telefonat am 5.7.2012 Ad Auskunftsplattformen: diesen sind eher zu misstrauen, MN sind selten eingetragen, profitieren von falschen Schreibweisen ihrer Namen; Möglichkeit: offen zugängliche Daten über die Schuldnerdateien der Amtsgerichte 118 Ad Vorsichtsmaßnahmen: Schlüsselherausgabe erst nach Zahlung der Kaution und der 1. Miete; allerdings muss in D die Kaution in 3 Raten gezahlt werden dürfen, also zumindest die 1. Rate einkassieren. Ad Berliner Modell: leicht EUR 2.500,00 pro Räumung vermeidbar (Lagerung), ähnlich dem früheren Vermieterpfandrecht hat sich bewährt um in Besitz der Wohnung zu gelangen. Ad Kündigung: Mieter muss vom Vermieter im Kündigungsschreiben auf sein Widerspruchsrecht hingewiesen werden Email von Felix König, BWO Schweiz vom 18.7.2012 (Schweiz) 1) Wie lange und in welcher Funktion sind Sie im Immobilienbereich tätig? Ich bin seit April 2002 als stellvertretender Leiter des Bereichs Recht des Bundesamts für Wohnungswesen (BWO) tätig und bearbeitete dabei vor allem Rechtsfragen aus den Bereichen Mietrecht und Wohnbauförderung. Von Beruf bin ich Rechtsanwalt. 2) Wie definieren Sie den Begriff „Mietnomade“? Haben Sie Kenntnis diesbezüglicher Vorfälle bzw. wurden Sie bereits mit Mietnomaden konfrontiert? Als „Mietnomade“ würde ich eine Person bezeichnen, die von Mietwohnung zu Mietwohnung zieht und dabei das Ziel verfolgt, am jeweiligen Ort möglichst lange ohne Bezahlung des Mietzinses wohnen zu können. Häufig zeichnet sich ihr Verhalten zudem dadurch aus, dass sie die Wohnung in verwahrlostem Zustand zurück lässt. Ich wurde bisher noch nie mit solchen Fällen konfrontiert. 3) Wenn ja, wie viele Fälle haben Sie in Erinnerung? Können Sie schätzen, wie viele Fälle von Mietnomaden in der Schweiz pro Jahr auftreten? Gemäss Statistik über die Tätigkeit der Schlichtungsbehörden gab es im zweiten Halbjahr 2011 in der Schweiz über 700 Schlichtungsverfahren zum Thema ausserordentliche Kündigung. Dieser Anrufungsgrund umfasst die Anfechtung einer ausserordentlichen Kündigung infolge von Zahlungsrückstand (Art. 257d Abs. 2 OR), Verletzung der Sorgfalts- und Rücksichtsnahmepflicht (Art. 257f Abs. 3 OR), Mängeln an der Mietsache (Art. 259b lit. a OR), aus wichtigen Gründen (Art. 266g OR) oder 119 infolge Konkurs des Mieters (Art. 266h OR). Nur ein ganz kleiner Teil dieser Fälle dürfte „Mietnomaden“ betreffen. Andererseits führt aber auch nicht jeder Fall von „Mietnomaden“ zu einem Schlichtungsverfahren. Es ist deshalb schwierig, aus der Statistik der Schlichtungsbehörden Erkenntnisse dazu zu gewinnen. Ich vermute, dass es in der Schweiz jährlich nicht mehr als einige Dutzend solcher Fälle gibt. 4) Welche Informationen sind Ihrer Meinung nach unbedingt vor Vertragsabschluss über den potentiellen Mietereinzuholen? In der Schweiz ist es üblich, dass der Vermieter vor Abschluss eines Mietvertrages einen Betreibungsregisterauszug einfordert. Dieser Auszug beinhaltet aber nur Informationen, die sich auf den jeweiligen Wohnort beziehen. Da Mietnomaden diesen häufig wechseln, kann es sinnvoll sein, sich nach früheren Wohnorten zu erkundigen und dort ebenfalls Betreibungsregisterauszüge anzufordern. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, vom letzten Vermieter eine Referenz einzuholen. 5) Wie kann man Ihrer Meinung nach zusätzlich den Abschluss eines Mietvertrages mit einem Mietnomaden vermeiden? Gemäss Artikel 257e Absatz 2 Obligationenrecht (OR) darf der Vermieter bei der Miete von Wohnräumen höchstens drei Monatszinse (auf einem Sparkonto oder einem Depot, das auf den Namen des Mieters lautet. Das Geld darf aber nur mit Zustimmung beider Parteien oder gestützt auf ein Urteil herausgegeben werden) als Sicherheit verlangen. Wird dies verlangt, so kann dies für „Mietnomaden“ abschreckend wirken. 6) Wie lange dauern Ihrer Erfahrung nach durchschnittlich die notwendigen Mietzinsklage und Räumungsverfahren? Gemäss Artikel 257d OR kann der Vermieter dem Mieter, der nach der Übernahme der Sache mit der Zahlung fälliger Mietzinse oder Nebenkosten im Rückstand ist, schriftlich eine Zahlungsfrist von 30 Tagen setzen und ihm androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde. Bezahlt der Mieter innert der gesetzten Frist nicht, so kann der Vermieter bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens nochmals 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen. Dies bedeutet, dass eine Kündigung frühestens zwei Monate nach der ersten Säumnis des Mieters wirksam ist. Sofern der Sachverhalt unbestritten oder 120 sofort beweisbar und die Rechtslage klar ist, gewährt das Gericht Rechtsschutz im summarischen Verfahren (Artikel 257 Schweizerische Zivilprozessordnung, ZPO). Die Dauer dürfte von Ort zu unterschiedlich sein, aber das Verfahren ist auf eine unverzügliche Umsetzung des Rechtsschutzes (in diesem Fall Ausweisung des Mieters, nötigenfalls mit Hilfe der Polizei) ausgerichtet. Wenn allerdings dieser Rechtsschutz nicht gewährt werden kann, beispielsweise weil der Mieter den Sachverhalt bestreitet und/oder seinerseits Ansprüche (z.B. wegen Mängeln) geltend macht, so muss der Vermieter ein ordentliches Verfahren vor der zuständigen Schlichtungsbehörde einleiten. Dadurch kann sich die die Verfahrensdauer bis zur Räumung ohne weiteres um ein paar Monate verlängern. 7) Wie hoch sind Ihrer Erfahrung nach die durchschnittlichen Kosten/Schäden, die der Mietnomade anrichtet (Größenordnung)? Dazu kenne ich kein praktisches Beispiel auf das ich zurückgreifen könnte. Geht man jedoch von einer möglichen Verfahrensdauer von mehreren Monaten aus, so resultiert, je nach Höhe des Mietzinses, eine Summe von einigen tausend Franken. Kommen noch Schäden am Mietobjekt dazu, so erscheint auch ein fünfstelliger Frankenbetrag nicht unrealistisch. 8) Gemäß Art. 259g des schweizerischen Mietrechtes kann der Mieter bei Mängel und Verstreichen der Frist den Mietzins hinterlegen. Kann der Vermieter in Streitfällen VERLANGEN, dass der Mieter den Mietzins hinterlegt, bis ein Urteil gefällt wird? Eine Hinterlegung im Streitfall zugunsten des Vermieters ist durch das OR nicht vorgesehen. Faktisch erfüllt die Sicherheit von bis zu drei Monatszinsen, die der Vermieter zu Beginn des Mietverhältnisses verlangen kann (vgl. Antwort zu Ziffer 5), eine vergleichbare Funktion. 9) Welche Kündigungstermine stehen dem Vermieter zur Verfügung? In erster Linie gelten die vertraglich vereinbarten Kündigungstermine. Sehr oft ist dies jedes Monatsende mit Ausnahme des 31. Dezember. Fehlt es an einer solchen Vereinbarung, so gilt der sogenannte Ortsgebrauch. Dieser kann beispielsweise den 31. März, den 30. Juni, und 30. September als Kündigungstermine vorsehen. Fehlt es sowohl an einer vertraglichen Vereinbarung als auch an einem Ortsgebrauch, so kann auf das Ende einer dreimonatigen Mietdauer gekündigt werden. Diese berechnet sich 121 ab dem Vertragsbeginn. Wenn ein Mietverhältnis am 1. Februar begonnen hat, so sind der 30. April, der 31. Juli, der 31. Oktober sowie der 31. Januar Kündigungstermine. Im vorliegenden Zusammenhang ist Artikel 266c OR allerdings nicht zentral, da diese Bestimmung die normale Kündigung betrifft, während bei „Mietnomaden“ regelmässig Artikel 257d OR und damit ein besonderer Kündigungstermin (unabhängig vom Vertrag oder vom Ortsgebrauch das Ende eines Monats) zur Anwendung gelangt. 10) Ist das Thema Mietnomaden in den schweizerischen Medien übermäßig präsent? Wenn ja, zu Recht ? Das Thema ist in den Schweizer Medien präsent. Es erscheinen regelmässig Artikel dazu. Ob man die Häufigkeit als übermässig bezeichnen will, ist eine Ermessensfrage. Davon ausgehend, dass Mietnomaden im Verhältnis zur Gesamtzahl der Mieter eine doch seltene Ausnahme darstellen dürften, könnte man wohl schon von einer übermässigen medialen Präsenz sprechen. Ob dies zu Recht so ist, kann ich nicht beurteilen. Die Medien bringen es halt, weil es die Leute interessiert. Da sich der umsichtige Vermieter recht gut absichern kann, ist es meines Erachtens aber kein riesiges Thema. Die meisten Vermieter werden wohl aus Schaden klug und daher kein zweites Mal davon betroffen sein. Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Urs Leimer, selbstständiger Immobilientreuhänder, am 20.7.2012 (Schweiz) Ist bereits mit Mietprellern konfrontiert worden, aber nicht im großen Ausmaß. Es ist vorteilhaft, den Mietinteressenten ein Mietgesuch ausfüllen zu lassen, hier kann man relevante Fragen zu Einkommen, Familiengröße, etc. stellen. Oft ist bereits der Abschluss einer Privathaftpflichtversicherung Bedingung zur Erlangung des Mietverhältnisses, da dadurch ein etwaiger, durch den Mieter entstandener, Schaden abgedeckt sein kann. Hier sollte allerdings die Auskunft des Mietinteressenten direkt bei der Versicherung verifiziert werden, damit die Deckung von Schäden gewährleistet ist. Stellt der Mieter nun so ein Mietgesuch, sollten darauf unbedingt die aktuelle Adresse und der Name des Vermieters notiert sein. Zusätzlich verlangt man eine Betreibungsauskunft, anhand derer man einen etwaigen Verlustschein oder eine Betreibung erkennt. Der Mieter ist nicht gezwungen, sein 122 Einkommen zu nennen, ca. 80% der Mietinteressenten geben jedoch freiwillig Auskunft, die Bruttomiete sollte nicht höher sein als ein Drittel des Einkommens. In der Schweiz existiert ein diesbezügliches, landesweit geführtes Register; zahlt der Mieter seine Miete nicht, betreibt der Vermieter gegen ihn eine Klage. Wehrt der Mieter diese ab, so kommt es zur Schlichtungsstelle; wenn die Kündigung zu Recht ausgesprochen wurde, dann wird die Räumung vollzogen; zusätzlich kommt es zur Lohnpfändung bzw. die Gegenstände aus der Wohnung werden verkauft. Wenn dies nicht ausreicht um die Schulden zu tilgen, erhält der Vermieter einen Verlustschein über die geschuldete Summe und kann regelmäßig überprüfen, ob der Mieter inzwischen wieder solvent geworden ist. So weit kommt es aber selten. Es gibt verschieden Betreibungsämter aufgrund der verschiedenen Kantone, der Vermieter kann kontrollieren, ob Schulden registriert sind. Die Betreibungsauskunft ist eine staatliche Auskunft, die von einer Privatperson bei begründetem Interesse aufgrund des Mietgesuchs des Mietinteressenten eingeholt werden kann. Oder der Vermieter verlangt vom Mieter diese Betreibungsauskunft vorzulegen. Wenn der Mieter die Miete schuldig bleibt, dann dauert es im besten Fall drei Monate bis die Wohnung wieder frei ist. Zehn Tage nach dem Zahlungsverfall schickt der Vermieter dem Mieter eine Mahnung mit Kündigungsandrohung und setzt eine Zahlungsfrist von 30 Tagen. Der Mieter kann die Kündigung bei der Schlichtungsstelle anfechten. Kann die Räumung vollzogen werden und hält der Mieter die Räumungsfrist nicht ein, oder ist nicht anwesend, so erhält er eine Nachfrist. Letztendlich kommt es zu einer Zwangsräumung mit Polizei, Schlüsselservice und Umzugsunternehmen. Dafür muss der Vermieter die Kosten übernehmen und obzwar es keine gesetzliche Grundlage für die verpflichtete Aufbewahrung der Gegenstände des Mieters gibt, ist es Gerichtspraxis, dass diese ein Jahr in einem geeigneten Raum verwahrt werden müssen. Der Mieter kann die Gegenstände auslösen, jedoch sind diese meistens wertlos. 123