DIPLOMARBEIT

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DIPLOMARBEIT
Titel der Diplomarbeit:
Sind Mietnomaden ein Problem auf dem deutschsprachigen
Immobilienmarkt? Ein Darstellung der Situation in
Österreich, Deutschland und der Schweiz
Eingereicht von:
Matrikelnummer:
Mag.a (FH) Marion Schindler
05FW530
Name des/der
betreuenden Lektors/in:
Dr. Wolfgang Amann
Beurteilung:
Ich versichere,
dass ich die Masterarbeit selbstständig verfasst, andere als die angegebenen
Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst keiner unerlaubten
Hilfe bedient habe,
dass ich diese Masterarbeit bisher weder im In- noch im Ausland in irgendeiner
Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe.
________________________
Datum
________________________
Unterschrift des Studierenden
________________________
Datum, Unterschrift des/der
betreuenden Lektors/in
_______________________
Datum, Unterschrift der
Institutsleitung
Kurzfassung
Titel
Sind Mietnomaden ein Problem auf dem deutschsprachigen
Immobilienmarkt? Eine Bestandaufnahme in Österreich,
Deutschland und der Schweiz.
Inhalt
Diese Arbeit analysiert anhand Expertengespräche, wie groß die
Gefahr für einen Vermieter ist, dass sich ein sogenannter
Mietnomade in das angebotene Mietobjekt einmietet. Es werden
themenbezogen die rechtlichen Rahmenbedingungen des Wohnund Mietrechts in Österreich, Deutschland und der Schweiz
dargestellt und aufgezeigt, mit welchen Vorsichtsmaßnahmen
sich der Vermieter am besten vor Mietprellern schützen kann.
Eingangs wird die Medienpräsenz des Themas „Mietnomaden“
im Jahr 2011 veranschaulicht.
Hintergrund
Die Arbeit steht im Zusammenhang mit dem Miet- und
Wohnrecht in Österreich, Deutschland und der Schweiz. In diesen
Rechtsgrundlagen sind die Rechte und Pflichten der Vermieterund Mieterseite festgelegt. Jedem Vermieter stehen genau
definierte Rechtsmittel zur Verfügung, um gegen säumige Mieter
vorzugehen. Jedoch können bereits im Vorfeld bei der Auswahl
des Mieters detaillierte Informationen zur seiner Person eingeholt
werden, worauf jedoch oft seitens des Vermieters verzichtet wird.
Forschungsfrage
Welchen Umfang hat das Problem der Mietprellerei tatsächlich?
Ist der Schaden quantifizierbar? Welche Maßnahmen bzw.
Möglichkeiten gibt es, sich als Vermieter vor Mietnomaden zu
schützen? Wie kann der Vermieter vorgehen, wenn der Mieter
den Mietzins schuldig bleibt? Wie sehen die rechtlichen
Rahmenbedingungen des Wohn- und Mietrechts allgemein in
Österreich, Deutschland und der Schweiz aus?
Methode u. Belege
Aufgrund der geführten Experteninterviews wird das Problem der
Mietpreller und der Schaden, den sie anrichten, dargestellt und
analysiert, relevante Rechtsmaterien werden angeführt und
mittels Internetrecherche ergänzt.
Ergebnisse
Einen hundertprozentigen Schutz vor Mietprellern gibt es nicht,
jedoch lässt sich die Gefahr durch eine sorgfältige Auswahl des
zukünftigen Mieters eingrenzen. Gerät der Mieter in
Zahlungsverzug und besteht der Verdacht der Mietprellerei, so
kann der Vermieter nur durch rasches und konsequentes
Beschreiten des Rechtsweges vermeiden, dass wertvolle Zeit
verloren geht und die Mietschulden wachsen. So groß der
Schaden für die betroffene Einzelperson ist, so kommt es in
Relation zum Gesamtmarkt der Mietwohnungen nur zu einem
sehr geringen Prozentsatz zu Mietausfällen aufgrund
Mietprellerei.
Schlagwortkatalog
ABGB, BGB, Kündigung des Mietvertrages, Mieterpass,
Mietnomaden,
Mietrechtsgesetz,
OR,
Räumungsklage,
Räumungsverfahren, Wohnkosten, Zivilprozessordnung.
Abstract
Title
Are rent dodgers a problem in the housing market of the German
speaking region? A survey about the situation in Austria, Germany
and Switzerland.
Topic
This paper analyzes, on the basis of conversations with experts, how
great the risk is for a landlord to get a so called rent dodger as a
tenant. The relevant regulatory frameworks of the Austrian, German
and Swiss housing and tenancy law are presented and described,
together with precautionary measures, with which landlords can
protect themselves from fraudulent tenants. At the beginning, the
media coverage of “rent dodgers” in 2011 is illustrated.
Background
The investigation relates to the housing and tenancy law in Austria,
Germany and Switzerland. On these legal bases, the rights and
obligations of landlords and tenants are prescribed. Well-defined
legal means are available to every landlord who has to deal with
dilatory tenants. Even though detailed information about the tenant
can be obtained in advance during the selection process, landlords
often neglect to do this.
Research question
What are the real dimensions of the tenancy fraud problem? Is the
damage quantifiable? What measures can landlords take against rent
dodgers? What should the landlord do when the tenant does not pay
the rent? What are the regulatory frameworks of the Austrian,
German and Swiss housing and tenancy law in general terms?
Method
The problem of tenancy fraud and the damage it causes is depicted
and analyzed based on interviews carried out with experts. Relevant
legal matters are mentioned and complemented with internet
research.
Results
There is no full protection against fraudulent tenants but the risk can
be reduced with a careful selection of the future tenant. If the tenant
is in default of payment and a tenancy fraud is suspected, the
landlord must take legal action swiftly and consequently to avoid
loss of valuable time and accumulation of rent arrears.
Even if the damage caused to the affected person is large, the
percentage of cases of loss of rent caused by tenancy fraud is very
low in relation to the total market of rented apartments.
Keywords
action for eviction, certificate of tenancy, Civil Code, Code of Civil
Procedure, eviction lawsuit, housing costs, law of tenancy, Rent
dodgers, termination of lease contract
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis .................................................................................................... 1
Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................... 2
Kurzfassung..................................................................................................................... 3
Abstract ........................................................................................................................... 5
1. Einleitung..................................................................................................................... 7
2. Wohnen als Grundbedürfnis ...................................................................................... 8
2.1. Statistiken der Eurostat in Verbindung mit Wohnen ................................................ 9
2.1.1. Gesamte Wohnkosten in Kaufkraftstandard von 2006 bis 2010 .....................................................9
2.1.2. Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen .................................................... 10
2.1.3. Anteil der Miete für selbstgenutzten Wohnraum am verfügbaren Haushalts-einkommen ........... 10
2.2. Gesamtanzahl der Hauptwohnsitze in Österreich .................................................. 11
2.3. Wohnkosten für entgeltlich genutzte Wohnungen in Österreich ............................ 11
2.4. Wohnungsaufwand Hauptmietwohnungen und Inflation ....................................... 12
2.5. Durchschnittlicher Wohnungsaufwand für Mietwohnungen nach Bundesländern in
Österreich .................................................................................................................... 13
2.6. Privatkonkurse (Entschuldungsverfahren) in Österreich ........................................ 13
2.7. Gerichtliche Delogierungs- und Kündigungsverfahren in Österreich .................... 14
2.8. Entwicklung der Zwangsräumungen in den Bundesländern (2010-2011) ............. 15
2.9. Wohnungslosigkeit in Österreich .......................................................................... 15
2.10. Recht auf Wohnen .............................................................................................. 16
2.11. Wohnbauförderung in Österreich ........................................................................ 17
3. Medienpräsenz des Themas „Mietnomaden“ in 2011 .............................................. 18
3.1. Inhalt der Medienberichterstattung........................................................................ 18
3.2. Auszug aus der Medienberichterstattung ............................................................... 19
3.2.1. Wirtschaftsblatt vom 17.6.2011 .................................................................................................... 19
3.2.2. Wiener Zeitung am 8.7.2011 ........................................................................................................ 19
3.2.3. Salzburger Nachrichten vom 2.7.2011.......................................................................................... 20
3.2.4. Die Presse vom 4.11.2011 ............................................................................................................ 21
4. Definition und Abgrenzung des Begriffs „Mietnomade“ ......................................... 24
5. Situation in Österreich .............................................................................................. 26
5.1. Das österreichische Mietrechtsgesetz .................................................................... 26
5.1.1. Geltungsbereich des Mietrechtsgesetzes....................................................................................... 26
5.1.2. Kündigung im MRG seitens des Vermieters ................................................................................ 27
5.2. Relevante Rechtsmaterien im AGBG .................................................................... 30
5.3. Kostenersatz im Außerstreitverfahren ................................................................... 31
5.4. Relevante Rechtsmaterien in der Exekutionsordnung ............................................ 32
5.5. Relevante Rechtsmaterien in der Zivilprozessordnung .......................................... 33
5.6. Maßnahmen vor Abschluss des Mietvertrages ...................................................... 37
5.6.1. Potential und Risiko des sogenannten Mieterpasses (Mieterzeugnisses) ...................................... 39
5.7. Vorgangsweise im Falle des Mietzinsverzuges ..................................................... 41
5.8. Wirtschaftlicher Schaden für den Vermieter im Einzelfall..................................... 42
I
5.9. Wirtschaftlicher Schaden für den Gesamtmarkt .................................................... 43
6. Die Situation in Deutschland..................................................................................... 44
6.1. Relevante Rechtsmaterien des Deutschen Bundesgesetzes .................................... 45
6.1.1. Kündigung des Mietvertrages ....................................................................................................... 45
6.1.2. Mietsicherheiten (Kaution) gemäß deutschem Mietrecht ............................................................. 46
6.1.3. Pfandrecht des Vermieters ............................................................................................................ 46
6.2. Neuerungen durch den aktuellen Gesetzesentwurf des BjM .................................. 47
6.3. Relevante Rechtsmaterien der Zivilprozessordnung .............................................. 48
6.3.1. Die Berliner Räumung – eine Alternative zum herkömmlichen Räumungs-verfahren ................ 48
6.3.2. Besonderheiten in der Zivilprozessordnung ................................................................................. 50
6.3.3. Beispielhafte Darstellung eines Verfahrensablaufes ..................................................................... 50
6.4. Maßnahmen vor Abschluss des Mietvertrages ...................................................... 54
6.4.1. Mietschuldenfreiheitsbescheinigung............................................................................................. 55
6.4.2. Kautionshöhe und -rückzahlung ................................................................................................... 57
6.4.3. Selbstauskunft des Mieters ........................................................................................................... 57
6.4.4. Versicherung gegen den Schadensfall .......................................................................................... 60
6.5. Durchschnittliche Verfahrensdauer ....................................................................... 60
6.6. Wirtschaftlicher Schaden für den Vermieter ......................................................... 61
6.7. Wirtschaftlicher Schaden für den Gesamtmarkt .................................................... 61
7. Die Situation in der Schweiz ..................................................................................... 62
7.1. Relevante Rechtsmaterien im Schweizerischen Obligationenrecht ........................ 62
7.1.1. Kündigung von Wohnraum .......................................................................................................... 62
7.1.2. Rechtschutz im summarischen Verfahren..................................................................................... 63
7.2. Beispielhafter Ablauf einer Kündigung bzw. Räumung in der Praxis .................... 63
7.3. Maßnahmen vor Abschluss des Mietvertrages ...................................................... 64
7.3.1. Mietgesuch.................................................................................................................................... 64
7.3.2. Betreibungsregisterauskunft ......................................................................................................... 66
7.3.3. Sicherheitsleistung ........................................................................................................................ 66
7.4. Verfahrensdauer ................................................................................................... 67
7.5. Wirtschaftlicher Schaden für den Vermieter ......................................................... 67
7.6. Wirtschaftlicher Schaden für den Gesamtmarkt .................................................... 67
7.7. Beantwortung des Interview-Fragebogens durch Felix König (BWO) ................... 68
7.8. Schematische Darstellung des Ablaufs Mietzinsinkasso ........................................ 71
7.9. Das Retentionsrecht .............................................................................................. 72
8. Darstellung der wesentlichen Unterschiede der drei Länder .................................. 73
9. Zusammenfassung ..................................................................................................... 74
Literatur- und Quellenverzeichnis ................................................................................76
Anhang ...........................................................................................................................83
II
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Äußere Faktoren des Wohnens
8
Abbildung 2:
Gesamte Wohnkosten in KKS
10
Abbildung 3:
Anteil Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen
10
Abbildung 4:
Anteil Miete am verfügbaren Haushaltseinkommen
11
Abbildung 5:
Hauptwohnsitzwohnungen nach Rechtsverhältnis und Bundesland
11
Abbildung 6:
Aufwand: entgeltlich bewohnte Wohnungen (ohne Garagen- bzw.
Abstellplatzkosten)
12
Abbildung 7:
Durchschnittlicher Wohnungsaufwand nach Bundesländern (2010)
13
Abbildung 8:
Gerichtliche Delogierungs- und Kündigungsverfahren (2010 – 2011)
14
Abbildung 9:
Entwicklung der Zwangsräumungen von 2004 – 2011
15
Abbildung 10: Schätzungen der Zahl der Wohnungslosen in Österreich/Wien
16
Abbildung 11: Beispielhafter Ablauf eines Verfahrens
34
Abbildung 12: Muster Mietschuldenfreiheitsbescheinigung
56
Abbildung 13: Muster einer freiwilligen Mieterselbstauskunft
59
Abbildung 14: Muster eines Mietgesuchs
65
Abbildung 15: Ablauf Mietzinsinkasso
71
1
Abkürzungsverzeichnis
ABGB .......................Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch
AVG .........................Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz
BAWO ......................Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe
BGB..........................Bürgerliches Gesetzbuch
BK ............................Betriebskosten
d.h. ............................das heißt
EO ............................Exekutionsordnung
FEANTSA ................European Federation of National Organisations working with the
homeless
HEV ..........................Hauseigentümerverband Schweiz
MN ...........................Mietnomade
MRG .........................Mietrechtsgesetz
MZ ............................Mietzins
OR ............................Obligationenrecht
ÖVI ...........................Österreichischer Verband der Immobilientreuhänder
StPO .........................Strafprozessordnung
u.a. ............................unter anderem
z.B. ...........................zum Beispiel
ZPO ..........................Zivilprozessordnung
2
Kurzfassung
Seit über einem Jahrzehnt sind Schwierigkeiten mit Mietnomaden immer wieder Thema in
den Medien. Leider jedoch gibt es in Österreich keine gesicherte Statistik darüber, wie
viele Fälle von vorsätzlichem Mietbetrug jährlich tatsächlich vorkommen. Keinesfalls lässt
sich aus der Anzahl von Räumungsverfahren ein Rückschluss auf die Anzahl von
rechtskräftig verurteilten Mietprellern ziehen. Aufgrund der getätigten Interviews lässt sich
behaupten, dass sich entsprechende Vorfälle sowohl in Österreich als auch in Deutschland
und der Schweiz im Promille-Bereich abspielen. Der typische Mietnomade mietet ein
Bestandobjekt mit dem Vorsatz, nach kurzer Zeit keine Miete mehr zu bezahlen und
möglichst lange auf Kosten des Vermieters in der Wohnung oder dem Haus zu bleiben.
Räumt der Mieter letztlich das Bestandobjekt, lässt er es in einem mehr oder weniger
schlechten Zustand zurück und wiederholt seine Vorgehensweise beim nächsten
Vermieter. Zum überwiegenden Anteil bietet erst die Gutmütigkeit der Vermieter dem
Mietpreller die Gelegenheit zum Mietbetrug, da seitens des Vermieters darauf verzichtet
wird, die Identität bzw. das Einkommen des Mietinteressenten zu überprüfen und einfache
Vorkehrungsmaßnahmen außer Acht gelassen werden. Jedoch gibt es auch jene Personen,
die sich darauf spezialisiert haben, ihr Gegenüber über ihre tatsächliche Intention
professionell zu täuschen; gegen diese ist selbst der sorgfältigste Vermieter machtlos.
Ausschlaggebend ist daher die Selektion vor Abschluss des Mietvertrages: Kopie eines
amtlichen Lichtbildausweises, Nachweis des Einkommens und Bezahlung der Kaution
sowie der ersten Monatsmiete vor Übergabe der Wohnungs- bzw. Hausschlüssel. Die
Einführung eines sogenannten Mieterpasses wird unter den Immobilienexperten
unterschiedlich beurteilt: während die einen diesen als probates Mittel zum Schutz vor
Mietnomaden sehen, so erkennen die anderen jedoch die Gefahr darin, dass jene
Mietinteressenten, die unverschuldeterweise keinen solchen Mieterpass aufweisen, in
ungerechtfertigter Weise benachteiligt werden.
In Deutschland wurde im Mai dieses Jahres vom Bundeskabinett ein Gesetzesentwurf zur
Mietrechtsreform beschlossen. Dieser soll besonders den Kleinvermietern eine bessere
Handhabe gegenüber Mietprellern ermöglichen. So wurde die sogenannte Berliner
Räumung legalisiert und dem Gericht die Möglichkeit gegeben, vom Mieter eine
Sicherheitsleistung einzufordern, um zu verhindern, dass letztendlich der Vermieter für alle
Kosten aufkommen muss, sollte der Mieter zum Zeitpunkt des Verfahrensendes insolvent
3
sein. Zahlt der Mieter diese Sicherheitsleistung nicht ein, so besteht die Möglichkeit, die
Wohnung im Eilverfahren räumen zu lassen.
In der Schweiz haben die Richter die Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen dem
Vermieter Rechtschutz im Summarischen Verfahren zu gewähren. Dieser Rechtschutz
verhilft den Vermieter zu einer raschest möglichen Durchführung der Räumung. Im
Unterschied zu Österreich darf die Kaution, die unter dem Namen des Mieters als
Sparbuch oder als Depot angelegt sein muss, nur mit beidseitigem Einverständnis oder
aufgrund eines rechtskräftigen Urteils behoben werden. In Deutschland wiederum hat der
Mieter das Recht, die Kaution in drei gleich hohen Raten zu zahlen, wobei die erste Rate
bei Einzug fällig ist. Das bedeutet allerdings, dass dem Vermieter im schlimmsten Fall nur
ein Drittel der Kaution zur Verfügung steht. Auf der anderen Seite steht allerdings ein
Mieter, der unter Umständen zwischen 6 Monaten und einem Jahr auf die Rückzahlung
seiner Kaution warten muss, da der Vermieter dazu berechtigt ist, zumindest einen
angemessenen Teil der Kaution aufgrund möglicher Nachforderungen aus der
Betriebskostenabrechnung einzubehalten. Es besteht zwar für den Mieter die Möglichkeit,
statt einer Kaution in bar eine Mietkautionsversicherung abzuschließen, die berechtigte
Forderungen des Vermieters decken soll, jedoch ist diese natürlich mit zusätzlichen Kosten
verbunden und die Akzeptanz durch den Vermieter ist fraglich.
Im Gegensatz zu Deutschland, wo Versicherungen nun auch Mietausfallsversicherungen
zur Absicherung gegen Mietpreller offerieren, gibt es in Österreich noch kein derartiges
Angebot (vgl. Schinner, 2012). Auch hier ist die Frage, ob die Kosten-Nutzen-Rechnung
zugunsten der Versicherung ausfallen würde. Bleibt in der Hauptsache also die Sorgfalt
des Vermieters bei der Auswahl seines Mieters und eine rigide Handlungsweise bei
Mietsäumnissen.
4
Abstract
For more than a decade trouble caused by rent dodgers has been appearing repeatedly in
the media. Unfortunately however, there are no reliable statistics about cases of deliberate
rent scam occurring in Austria each year. It is impossible to infer the number of legally
sentenced fraudulent tenants from the number of eviction proceedings. Based on interviews
carried out, it could be claimed that in Austria as well as in Germany and Switzerland, this
kind of incidents happen within the range of one in a thousand. The typical rent dodger
rents a property with the intention to stop paying the rent after a short period of time and
then stay in the apartment or the house at the expense of the landlord for the longest time
possible. Once the tenant finally moves, he/she leaves the property in a more or less bad
condition. Then he/she finds the next landlord with whom the whole process is repeated.
Most of the time, benevolent landlords give fraudulent tenants the opportunity for rent
scam in the first place, they abstain from checking the identity or the income of the
potential tenant, and do not take the necessary preventions. There are people, however,
who are specialized in deceiving others professionally about their real intentions. Against
these, even the most careful landlord is powerless.
Decisive is the selection of the tenant before signing the tenancy agreement considering a
copy of an official identity card, proof of income and of the payment of the deposit, and
the first month's rent before handling over the keys of the property. Real state experts
regard the introduction of a so called tenant-pass differently. While some see it as an
effective way to avoid rent dodgers, others recognize in it the danger for those who
innocently don't have it to be unjustly put at a disadvantage.
In May of this year, the German Federal Cabinet decided about the tenancy law reform
bill. This should specially enable small landlords with a better legal handle against
fraudulent tenants. The legalization of the so called Berlin Vacation followed, and the
court was given the possibility to demand a security deposit from tenants, thus helping
landlords prevent having to pay for everything in the end, because the tenant became
insolvent. If the tenant doesn't pay the security deposit, the apartment may be vacated with
summary proceedings.
In Switzerland judges are allowed on particular conditions to grant legal protection with
summery proceedings to the landlord. This legal protection helps the landlord carry out the
vacation as fast as possible. Unlike in Austria, the deposit, which must be under the name
5
of the tenant and in the form of a savings book or a safe deposit, may only be withdrawn
with the agreement of both sides or as part of a legally binding sentence. In Germany
however, the tenant has the right to pay the deposit in three identical instalments, the first
one being due when moving in. Nevertheless, this means that in the worst case the landlord
would only receive a third of the deposit. The other face of the coin is a tenant who
possibly has to wait between six months and a year to get his deposit back. The landlord
has the right to withhold at least a reasonable part of the deposit for eventual additional
demands which may arise from the running costs' invoice. The tenant does have the
alternative of a rent deposit insurance, which would cover the legitimate demands of the
landlord but this doesn't come without extra expenses, and the acceptance of the landlord is
doubtful.
In contrast to Germany, where insurance companies now also offer renting loss insurances
to protect landlords from fraudulent tenants, in Austria there are still no such offers (cf.
Schinner, 2012). Again, the question arises, whether the cost-benefit calculation would
turn out to be in favour of the insurance company. The most important thing still is a great
deal of care from the landlord at the moment of choosing a tenant and a rigid course of
action when dealing with rent delays.
6
1. Einleitung
Diese Arbeit befasst sich mit dem Phänomen der sogenannten Mietnomaden in Österreich,
Deutschland und der Schweiz. Der Begriff des „Mietnomaden“ wird zu Beginn definiert.
Es wird untersucht, ob es sich bei den Vorkommnissen im Zusammenhang mit
Mietnomaden um Einzelfälle handelt, die dem privaten Vermieter einen großen Schaden
zufügen, jedoch kaum zu verhindern sind, und ob umfangreiche Maßnahmen, wie zum
Beispiel Gesetzesänderungen gerechtfertigt wären, da die gemeldeten Vorkommnisse
langsam aber doch überhandnehmen. Es wird dargestellt, wie die aktuelle rechtliche
Situation in Österreich, Deutschland und der Schweiz für einen betroffenen Vermieter
aussieht und welche Unterstützung ihm das Gesetz zuerkennt. Kommt es durch selbiges zu
Behinderungen im Verfahren, da auch die Rechtsposition des Mieters in Betracht gezogen
werden muss? Eingangs wird die Wohnsituation in Österreich umrissen und die
Wohnkosten Österreichs jenen Deutschlands, der Schweiz und der EU gegenübergestellt.
Desweiteren wird auf die Präsenz des Themas in den Printmedien im Jahr 2011
eingegangen. Letztendlich wird aufgelistet, welche Vorsichtsmaßnahmen ein Vermieter
treffen kann, um zu verhindern, dass ein Mietnomade Mieter seines Objektes wird.
In der Literatur wurde in Österreich auf dieses Thema noch nicht ausreichend eingegangen,
wiewohl es erst in den letzten Jahren an Aufmerksamkeit gewonnen hat. Anhand von
Experteninterviews wird in der vorliegenden Arbeit analysiert, ob und in wieweit sich die
Immobilienfachwelt der Verwalter, Treuhänder, Makler und Juristen diesem Thema
widmet und ob bereits Maßnahmen gesetzt wurden, um den Schaden, der durch
Mietnomaden verursacht wird, abzuwehren. Die Darstellung der relevanten Gesetze wird
Aufschluss geben, ob diese weitreichend genug sind oder ob Anpassungen vorgenommen
werden sollten – wie zum Beispiel in Deutschland, wo sich derzeit der Bundestag mit
diesem Thema beschäftigt.
Es sei auch an dieser Stelle erwähnt, dass in Folge nur noch die männliche Personalform
verwendet wird, wobei aber ausdrücklich beiderlei Geschlecht inbegriffen ist. Dies soll die
Lesbarkeit der Arbeit gewährleisten.
7
2. Wohnen als Grundbedürfnis
Wohnen gilt als eines der wichtigsten Grundbedürfnisse des Menschen, denn der Mensch
braucht seit jeher einen Ort, an dem er es sich vor äußeren Einflüssen oder Gefahren der
Umwelt sicher sein kann (vgl. Hubmann 2005, o. S.).
Im Zusammenhang mit dem Grundbedürfnis „Wohnen“ gibt es desweitern auch eine
Anzahl an sogenannten Sekundärbedürfnissen, die im Zusammenhang mit dem Bedürfnis
nach Wohnen stehen: Es sind dies z.B. der Wunsch nach einem Rückzugsort, um Abstand
zur Gesellschaft zu finden, und nach getrennten Räumen mit unterschiedlichen Funktionen
und Größen (vgl. Breckner 1981, S.118f).
Zu den inneren Dimensionen des Wohnens in Form von Familienleben, Erholung, Intimität
und Körperlichkeit gehören auch äußere Faktoren, wie zum Beispiel Leistbarkeit,
subjektive Vorlieben, Architektur und soziale Umgebung (vgl. Schneider/Spellerberg
1999, S. 129):
Abbildung 1: Äußere Faktoren des Wohnens
bauliche Faktoren
soziale Faktoren
Einkaufsmöglichkeiten
Dienstleistungsangebot
Natürliche
Wohnumwelt
Architektur
Kontakte zu
Nachbarn, Freunde,
Angehörige
Kontakte zu
Mitbewohnern
Größe,
Grundriss,
Ausstattung
Haushaltstyp
Wohnung
Stellenwert
der
Wohnung
Miete
Nebenkosten und
sonstige
Dienstleistungen
Bewertung des
Hauses und der
Mitbewohner
Einkaufspreis
Dienstleistungspreise
Faktorpreise
Bewertung des
Wohngebietes und
der Nachbarschaft
Kostenfaktoren
subjektive Faktoren
Quelle: Schneider / Spellerberg 1999, S. 130
8
Nach Häußermann/Siebel kennzeichnet sich das moderne Wohnen durch folgende vier
Komponenten:
• Trennung von Wohnen und Arbeiten
• Ausgrenzung von Personen
• Polarisierung von Öffentlichkeit und Privatheit
• Entstehung des Wohnungsmarktes (vgl. Häußermann /Siebel 1996, S. 33)
Desweiteren ist ein Wohnsitz die Grundvoraussetzung dafür, an der Gesellschaft
teilzuhaben. Jedoch befindet sich der Wohnungssuchende gegenüber dem Vermieter als
Eigentümer des Objektes in einer schwächeren Position und somit in der Abhängigkeit
eine adäquate Wohnung zu finden. Er hat zwar Wahlmöglichkeit bezüglich Höhe der
Miete
und
Lage
der
Wohnung,
jedoch
nicht
in
der
Grundsätzlichkeit
des
Wohnungsbedarfs. Denn eine Alternative zu Wohnen gibt es nicht (vgl. Schoibl 2008,
S. 1).
2.1. Statistiken der Eurostat in Verbindung mit Wohnen
Eurostat ist das statistische Amt der Europäischen Union mit der Aufgabe, mit Hilfe von
Statistiken Länder und Regionen vergleichbar zu machen. Folgend Statistiken, die die
Situation in Österreich, Deutschland und der Schweiz darstellen. Ergänzend angeführt ist
die Europäische Union an sich.
2.1.1. Gesamte Wohnkosten in Kaufkraftstandard von 2006 bis 2010
Unter dem Begriff „Kaufkraftstandard“ versteht man eine Kunstwährung der EU, das heißt
eine fiktive Geldeinheit, die dazu dient, durch Ausschaltung unterschiedlicher Preisniveaus
in den Mitgliedsländern deren Wirtschaftsdaten vergleichbar zum machen. Ein KKS
entspricht in etwa einen Euro (vgl. www.enzyklo.de [18.06.2012]).
Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, dass die Summe der Wohnkosten im europäischen
Durchschnitt zwischen 2006 und 2008 gestiegen ist, ab 2009 wieder sank und im Jahr 2010
mit 451,6 unter dem Niveau von 2007 stand. Im Gegensatz zur EU und Deutschland, wo
9
die gesamten Wohnkosten im Jahr 2010 gesunken sind, stiegen sie im Österreich um
3,43% auf 467,5 und in der Schweiz um ca. 0,16% auf 804,0.
Abbildung 2: Gesamte Wohnkosten in KKS
2006
2007
2008
2009
2010
Europäische Union
443,2
464,8
486,3
477,3
451,6
Deutschland
712,8
785,5
801,0
771,3
646,4
Österreich
404,4
439,9
455,8
452,0
467,5
803,6
802,7
804,0
Schweiz
--
--
EU 2006: geschätzt
Quelle: www.appsso.eurostat.ec.europa.eu [18.7.2012]
2.1.2. Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen
Im europäischen Durchschnitt hatten die Wohnkosten in 2010 einen Anteil von ca. 22,4%
am verfügbaren Haushaltseinkommen. Dieser Wert wird von Österreich mit 17,6%
deutlich unterschritten, wogegen in Deutschland und in der Schweiz der Anteil mehr als
ein Viertel des Haushaltseinkommens beträgt. Ist der Anteil in der EU und Deutschland
gesunken, so zeigt sich für Österreich und der Schweiz ein Anstieg von ca. 1,2% bzw.
3,13%.
Abbildung 3: Anteil Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen
2006
2007
2008
2009
2010
Europäische Union
25,2
23,6
23,1
22,8
22,4
Deutschland
33,2
32,6
31,8
30,9
27,5
Österreich
17,3
18,0
17,6
17,4
17,6
26,8
25,6
26,4
Schweiz
--
--
EU 2006: geschätzt
Quelle: www.appsso.eurostat.ec.europa.eu [18.7.2012]
2.1.3. Anteil der Miete für selbstgenutzten Wohnraum am verfügbaren Haushaltseinkommen
Im Gegensatz zu Tabelle 3 wird hier der Anteil der Miete für den selbstgenutzten
Wohnraum am verfügbaren Haushaltseinkommen dargestellt. Es zeigt sich, dass der Anteil
der Miete in der EU und in Österreich höher ist, in der Schweiz, gleich groß und in
Deutschland deutlich geringer als der Anteil der gesamten Wohnkosten am verfügbaren
10
Haushaltseinkommen. Ist der Anteil in der EU und in der Schweiz um 1,7 bzw. 6,0%
gestiegen, so hat er sich in Deutschland um 3,2% und in Österreich um 1,5% verringert.
Abbildung 4: Anteil Miete am verfügbaren Haushaltseinkommen
2006
2007
2008
2009
2010
Europäische Union
23,1
23,4
23,0
23,3
23,7
Deutschland
21,8
21,7
21,6
21,8
21,1
Österreich
19,1
20,1
19,1
19,6
19,3
26,1
24,9
26,4
Schweiz
--
--
EU 2006: geschätzt
Quelle: www.appsso.eurostat.ec.europa.eu [18.7.2012]
2.2. Gesamtanzahl der Hauptwohnsitze in Österreich
Im Jahr 2011 wurden von der Statistik Austria 3.650.400 Hauptwohnsitzwohnungen in
Österreich gezählt. Davon entfallen 40% auf Wohnungen, die von Hauptmietern genutzt
werden, in Summe also 1.460.200 Wohnungen in ganz Österreich. In Wien befinden sich
854.000 Hauptwohnsitzwohnungen, von denen 74,1% im Hauptmietverhältnis vergeben
sind, somit also ca. 632.800.
Abbildung 5:
Hauptwohnsitzwohnungen nach Rechtsverhältnis und Bundesland
Rechtsverhältnis der Haushalte an der Wohnung
HauptwohnsitzVerwandte
Sonstige
wohnungen
HausWohnungs- HauptUnterder HausRechtsgesamt
eigentümer
mieter
mieter
eigentümer
eigentümer
verhältnisse
in 1.000
in %
Österreich
3.650,40
39,3
5,4
10,7
40
1,1
3,5
Burgenland
113,6
71,5
7,6
1,8
16,3
1,1
1,7
Kärnten
240,6
50
6,6
6,4
33,5
0,5
2,9
Niederösterreich
673,2
58,4
6,6
6,7
24,8
0,7
2,8
Oberösterreich
589,6
45,5
8,6
7,6
32,6
1
4,7
Salzburg
226,4
37,3
8
16,5
33,3
0,8
4
Steiermark
507,1
47,7
5,3
11,9
30,9
0,8
3,3
Tirol
292,7
41,5
7,1
16,5
31,3
0,8
2,8
Vorarlberg
153,2
47,1
3,5
14,7
29,7
0,5
4,5
Wien
854
6
0,6
13,6
74,1
2
3,7
Quelle: www.statistik.at [18.7.2012]
2.3. Wohnkosten für entgeltlich genutzte Wohnungen in Österreich
Laut Statistik Austria wurden im Jahr 2011 ca. 1,93 Mio. Hauptwohnsitz-Wohnungen
gezählt, die entgeltlich genutzt wurden. Nicht mit einbezogen sind Eigentumswohnungen,
11
die vom Eigentümer selber genutzt wurden (diese werden in jedem Fall als
„unentgeltliches Wohnverhältnis“ angenommen) oder die unentgeltlich zur Verfügung
gestellt wurden (vgl. www.statistik.at [07.07.12]).
In nachfolgender Tabelle ist die Änderung des durchschnittlichen Aufwands pro Wohnung
bezogen
auf
Miete
bzw.
Rückzahlung/Annuität bei Eigentumswohnungen
und
Betriebskosten inklusive etwaige Heizungs- und Garagen-/Abstellplatzkosten (inkl. MwSt)
für die Jahre 2010 und 2011 dargestellt: die Steigerung beträgt 2,8% (Durchschnitt 2011:
EUR 410 zu Durchschnitt 2010: EUR 399).
Ähnlich verhält sich der Aufwand pro Quadratmeter Nutzfläche: EUR 5,69 in 2011 zu
EUR 5,53 in 2010, somit ein Plus von 2,9%. Durch den Abzug von Garagen/Abstellplatzkosten ergibt sich keine tendenzielle Änderung (vgl. www.statistik.at
[07.07.12]).
Abbildung 6: Aufwand: entgeltlich bewohnte Wohnungen (ohne Garagen- bzw.
Abstellplatzkosten)
Jahr,Quartal
2009
2010
2011
1.Quartal2011
2.Quartal2011
3.Quartal2011
4.Quartal2011
1.Quartal2012
Entgeltlich bewohnte
Hauptwohnsitzwohnungen
Aufwand in € pro
Wohnung
m2
383
394
405
399
402
405
414
417
5,35
5,47
5,63
5,56
5,59
5,64
5,73
5,75
darunter
Hauptmietwohnungen
Eigentumswohnungen
Aufwand in € pro
Aufwand in € pro
Wohnung
m2
Wohnung
m2
412
6,01
280
3,38
426
6,17
285
3,41
440
6,38
282
3,37
434
6,3
277
3,32
436
6,33
283
3,36
441
6,39
282
3,37
450
6,49
284
3,41
455
6,54
286
3,44
Quelle: www.statistik.at [2.7.2012]
2.4. Wohnungsaufwand Hauptmietwohnungen und Inflation
Die Inflation im Jahresdurchschnitt betrug im Jahr 2009 0,5%, in 2010 1,9% und im Jahr
2011 3,3%, womit die Inflation den Jahresdurchschnitt in 2008 (3,2%) mit 0,1%
überschritten wurde. Der Aufwand für Hauptmietwohnungen allerdings stieg verglichen
mit der Inflation stärker an und betrug 2010 +2,52% und 2011 +3,4%.
12
2.5. Durchschnittlicher Wohnungsaufwand für Mietwohnungen nach
Bundesländern in Österreich
Der Wohnungsaufwand für Mietwohnungen weist österreichweit Unterschiede von bis zu
70,45% auf (Burgenland EUR 4,4 zu Salzburg EUR 7,5). Wien liegt mit einem
durchschnittlichen Wohnungsaufwand von EUR 6,3 nur um EUR 0,1 über dem
österreichischen Durchschnitt von EUR 6,2. Der Wohnungsaufwand ist generell in
Neubauwohnungen höher als in Altbauwohnungen, was auch im Zusammenhang mit einer
gestiegenen Wohnqualität steht (vgl. Amann/Mundt/Lugger 2010, S 34).
Abbildung 7: Durchschnittlicher Wohnungsaufwand nach Bundesländern (2010)
Quelle: Amann/Mundt/Lugger 2010, S. 33
2.6. Privatkonkurse (Entschuldungsverfahren) in Österreich
Es gibt verschiedene Gründe, warum eine Privatperson Schulden anhäuft, die sie eines
Tages nicht mehr zurückzahlen kann: abgesehen von der großen Gruppe von ehemaligen
Unternehmern, die als Einzelunternehmer haften, gelten eine Verschlechterung des
Einkommens, Verlust des Arbeitsplatzes, Krankheit/Scheidung und sorgloser Umgang als
Ursache für Überschuldung (vgl. www.ksv.at [5.8.2012]). Im Durchschnitt betrug die
Verschuldung der „echten“ Privaten bei Eintritt in das Schuldenregulierungsverfahren ca.
€ 60.000. Überwiegend sind die Betroffenen männliche, selbstständige Städter zwischen
30 und 50 Jahren. Im Jahr 2011 wurden knapp 9.600 Insolvenzfälle verzeichnet, davon
mehr als ein Drittel in Wien, Tendenz steigend (vgl. www.ksv.at [5.8.2012]).
13
2.7. Gerichtliche Delogierungs- und Kündigungsverfahren in Österreich
Österreichweit stiegen die Delogierungs- bzw. Kündigungsverfahren von 2010 auf 2011
um 1,06% von 36.597 auf 36.985, sohin um 388 Fälle. Dies ist vor allem darauf
zurückzuführen, dass in Wien mit + 362 der stärkste Anstieg an Verfahren zu verzeichnen
war, gefolgt von Salzburg (+79), Kärnten (+62) und der Steiermark (+56), wogegen die
Zahlen in Tirol (-107), Oberösterreich (-91), Niederösterreich (-48), Vorarlberg (-34) und
dem Burgenland (-3) rückläufig waren.
Abbildung 8: Gerichtliche Delogierungs- und Kündigungsverfahren (2010 – 2011)
2010
2011
Kündigungs- Delogierungs- Kündigungs- Delogierungsverfahren
verfahren
verfahren
verfahren
Österreich gesamt
30.613
5.984
36.597
Burgenland
54
397
1.249
305
396
2.976
1.240
2.756
1.616
1404
163
1501
392
2.991
3.275
Tirol
1.175
174
Vorarlberg
340
775
Wien
1.084
158
382
357
739
16.737
19.462
2.725
17.037
19.824
Quelle: www.bawo.at [04.07.2012]
14
+
62
+ 3,99%
-
48
- 1,60%
-
91
- 3,30%
+
79
+ 5,04%
+
56
+ 1,70%
- 107
- 7,90%
-
-
340
1.242
445
- 0,75%
145
3.331
1.349
3
1.049
1.646
2.883
-
371
1.665
1.567
Steiermark
2.557
+ 1,06%
287
2.928
1.516
Salzburg
1.329
+ 388
46
1.616
2.580
Oberösterreich
348
394
1.554
Niederösterreich
5.709
36.985
343
Kärnten
31.276
34
4,39
2.787
+ 362
+ 1,86%
2.8. Entwicklung der Zwangsräumungen in den Bundesländern (20102011)
Bei ca. 14,2 % aller gerichtlichen Delogierungs- und Kündigungsverfahren kam es 2011
tatsächlich zu einer Zwangsräumung.
Seit 2008 ist die Anzahl rückläufig und belief sich im Jahr 2011 auf 5.253 Räumungen in
ganz Österreich.
Abbildung 9: Entwicklung der Zwangsräumungen von 2004 – 2011
2004
Burgenland
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
42
29
32
39
33
32
41
38
Kärnten
Niederösterreich
Oberösterreich
232
253
332
269
278
261
258
277
480
492
564
494
520
486
416
446
551
638
617
487
542
546
535
541
Salzburg
255
278
286
200
221
196
200
216
Steiermark
661
679
744
603
610
597
542
558
Tirol
282
308
302
256
199
210
228
244
Vorarlberg
162
175
181
163
169
137
157
131
Wien
4.156
3.972
4.125
2.810
3.041
3.044
3.089
2.802
Österreich
gesamt
6.821
6.824
7.183
5.321
5.613
5.509
5.466
5.253
Quelle: www.bawo.at [04.07.2012]
2.9. Wohnungslosigkeit in Österreich
Ist auf der einen Seite Wohnen ein elementares Grundbedürfnis des Menschen, um ihm
einen Platz in der Gesellschaft zu sichern, so ist auf der anderen Seite auch zu erwähnen,
dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass jeder Person Wohnraum zur Verfügung steht.
In Österreich lebt eine große Anzahl an Personen ohne Obdach bzw. gilt als wohnungslos.
FEANTSA (Europäischer Dachverband der Wohnungslosenhilfe) hat eine Typologie der
Wohnungslosigkeit erarbeitet, die unter dem Namen ETHOS wohnungslose Menschen
nach ihrer Wohnsituation klassifiziert: so gelten jene Personen als obdachlos, die im
öffentlichen Raum, in Verschlägen, unter Brücken und ähnlichem bzw. in Notschlafstellen
und Wärmestuben schlafen. Als wohnungslos gelten Menschen, die in Wohnungsloseneinrichtungen, in Frauenhäusern, in Einrichtungen für MigrantInnen und AsylwerberInnen
15
bzw. in Dauereinrichtungen für Wohnungslose wohnen und jene, für die nach der
Entlassung aus einer Institution (Gefängnis, Spital, Heim) kein ordentlicher Wohnsitz
vorhanden ist. Desweiteren gibt es noch die Kategorien „ungesichertes Wohnen“ und
„ungenügsames Wohnen“ (vgl. www.bawo.at [29.7.2012]).
Eine statistisch exakte Erfassung aller tatsächlich obdachlos bzw. wohnungslos Lebenden
wurde bis dato nicht durchgeführt, sodass mangels Verfügbarkeit aktueller Daten auf ältere
Darstellungen zurückgegriffen werden muss: Laut einer Studie des Institutes für Soziologie
der Universität Wien waren 1999 in Österreich ca. 1.000 – 2.000 Menschen akut
wohnungslos, in Wien galten 2002 zwischen 500 – 1.000 Personen als akut wohnungslos.
Abbildung 10: Schätzungen der Zahl der Wohnungslosen in Österreich/Wien
Wohnungslosigkeit nach der Definition der Vereinten Nationen
Österreich
Wien
Akute Wohnungslosigkeit
1.000-2.000
500-1.000
Wohnunglosigkeit im Sinner der temporären Unterbringung in
Sozialeinrichtungen
12.000
3.700
Bevorstehende Wohnungslosigkeit
83.000
45.100
Potenzielle Wohnungslosigkeit
172.000
50.300
Quelle: Till/Till-Tentschert 2006, S. 69
2.10. Recht auf Wohnen
Die Europäische Sozialcharta ist ein Abkommen des Europarates, das die sozialen und
wirtschaftlichen Grundrechte des Menschen garantieren soll. Es wurde 1961 verabschiedet
und 1996 revidiert. Die revidierte Sozialcharta (RESC) enthält unter anderem das Recht
auf Wohnen und wurde 2008 von 25 Staaten unterzeichnet. Von diesen Staaten
akzeptierten jedoch nur 12 die Bestimmungen bezüglich des Rechts auf Wohnen. Dies
sind: Andorra, Finnland, Frankreich, Italien, Litauen, Niederlande, Norwegen, Portugal,
Slowenien, Schweden, Türkei und Ukraine (vgl. FEANTSA 2009, S. 3).
Im Artikel 31 verpflichten sich die unterzeichnenden Vertragsparteien dazu, Maßnahmen
zu ergreifen, um den Zugang zu Wohnraum mit ausreichendem Standard zu fördern, der
Obdachlosigkeit vorzubeugen und sie mit dem Ziel der schrittweisen Beseitigung
abzubauen und die Wohnkosten für Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen,
tragbar zu machen (vgl. FEANTSA 2009, S. 4).
16
Österreich hat Artikel 31 nicht akzeptiert. Ein Vorschlag der Bundesarbeitsgemeinschaft
Wohnungshilfe (BAWO) im Jahr 2010 zur verfassungsmäßigen Verankerung eines Rechts
auf Wohnen wurde von allen Parlamentsklubs in unterschiedlicher Detailliertheit
abschlägig beantwortet (vgl. www.bawo.at [18.7.2012]).
2.11. Wohnbauförderung in Österreich
Wir leben in einer Zeit, in der die Nachfrage nach leistbarem Wohnraum der Verknappung
der Baufläche und damit der Verteuerung der Errichtung von Wohngebäuden
gegenübersteht. Das österreichische Wohnbauförderungssystem zählt europaweit zu einem
der besten Modelle, es stellt leistbare Wohnfläche sicher, sorgt für eine soziale
Durchmischung der Bevölkerung und vermeidet dadurch eine punktuelle Ghettobildung
(vgl. IIBW 2011, S 5). Es stabilisiert sowohl den Wohnungsmarkt als auch die
Bauproduktion und sichert Arbeitsplätze. Im Streben nach einem ausgeglichen Budget
wurden jedoch politische Maßnahmen ergriffen, die unter anderem auch zu Einschnitte in
die österreichische Wohnbauförderung geführt haben, zuletzt zur Aufhebung der
Zweckbindung der Wohnbauförderungsmittel mit dem Finanzausgleich 2008 (vgl. IIBW
2011, S 5).
Die Anzahl der Förderungszusicherungen im Neubau hat sich von 2009 auf 2010 um 17%
verringert, vor allem in Niederösterreich, Oberösterreich und Wien. Dies ist der niedrigste
Stand seit 1990; von weiteren Kürzungen kann aufgrund der Budgetvoranschläge der
Bundesländer ausgegangen werden. Kann jedoch der geschätzte Bedarf von ca. 45.000 bis
55.000 Neubauwohnungen pro Jahr bis 2020 aufgrund der Reduzierung der Fördermittel
nicht entsprechend befriedigt werden, so wird es vor allem in jenen Bundesländern zu
einem Engpass an leistbarem Wohnraum kommen, in denen bereits jetzt der Bedarf an
Wohnraum und der geförderte Wohnungsneubau auseinander driftet (vgl. IIBW 2011, S 7).
17
3. Medienpräsenz des Themas „Mietnomaden“ in 2011
Ausschlaggebend für die Erstellung der vorliegenden Arbeit war die Medienpräsenz des
Themas „Mietnomaden“ im Sommer 2011. Anlass dafür war unter anderem der von der
Rustler Gruppe eingeführte Mieterpass, der auf reges Interesse stieß. Vor allem in den
Printmedien erschienen diesbezüglich zahlreiche Artikel.
Einen weiteren Grund sieht einer der befragten Experten in der verstärkten Bewerbung von
Vorsorgewohnungen als Wertanlage und Zukunftsvorsorge (vgl. Experteninterview
Koessler, 2012). Das Konzept der Vorsorgewohnung besteht darin, neben dem Einsatz von
Eigenkapital und Ausnutzung von steuerlichen Vorteilen, eine Ausfinanzierung des
benötigten Kredits durch die in Zukunft lukrierbaren Mieteinnahmen zu gewährleisten.
Kann der Vermieter jedoch über längere Zeit keine Miete einnehmen, so besteht die
Gefahr, dass das Finanzierungskonzept scheitert und der Eigentümer im schlimmsten Fall
zum Verkauf der Vorsorgewohnung gezwungen ist. Daher sollte bei der Bewerbung von
Vorsorgewohnungen
verstärkt
auf
Risiken
aufmerksam
gemacht
werden
(vgl.
Experteninterview Kössler, 2012)
3.1. Inhalt der Medienberichterstattung
Bereits seit Jahren ist das Phänomen des Mietnomaden in unterschiedlichem Umfang
Thema in den Medien. Zum Beispiel wurde 2007 ein Artikel in der Presse veröffentlicht,
der unter dem Titel „Mietnomaden in der Vorsorgewohnung“ die Auswirkungen des
Mietausfalles auf den Eigentümer einer Vorsorgewohnung und das erforderliche Verfahren
gegen den säumigen Mieter beschrieb (vgl. Sorgo 2007).
Im Sommer 2011 wurde die Einführung des Mieterpasses durch die Rustler Gruppe zum
Anlass genommen, konkret auf das Phänomen „Mietnomaden“ einzugehen, die Gefahren
einer sorglosen Auswahl des Mieters aufzuzeigen und das Für und Wider eines
Mieterzeugnisses abzuwägen. Dem Interesse eines Vermieters an der bisherigen
Zahlungsmoral des potentiellen Mieters stehen Einwände bezüglich des Datenschutzes und
der Kostentragung gegenüber. Wiederholt wurde darauf hingewiesen, dass die sorgfältige
Informationseinholung vor Abschluss des Mietvertrages unerlässlich und der einzige
wirkungsvolle Schutz ist.
18
3.2. Auszug aus der Medienberichterstattung
3.2.1. Wirtschaftsblatt vom 17.6.2011
Zeugnis für Mieter soll Vermieter schützen
Sie sind der Albtraum jedes Vermieters: Mietnomaden, die sich wiederholt
ohne Bezahlung aus dem Staub machen und ihr Kurzzeit-Quartier zudem oft
verwüstet hinterlassen. Für den Vermieter kann das teuer werden. Die Kosten
für entgangene Mieten, Reparaturen oder Gerichtsverfahren in der
Größenordnung von fünf Jahresmieten sind keine Seltenheit. Nun haben
Österreichs Immobilienbesitzer in Zusammenarbeit mit der Hausverwaltung
Rustler eine Initiative gestartet, die dem ein Ende setzen soll. "Die Idee ist,
ordentlichen Mietern einen positiven Mieterpass auszustellen", fordert Martin
Troger, Chef der Hausverwaltung Rustler. "Der Mieterpass ist vergleichbar mit
einem Arbeitszeugnis und kann dem Vermieter vorgelegt werden."
In einigen Ländern Europas gehört ein solcher Mietpass zum Standard. So
werden Wohnungssuchende in Deutschland nahezu ausnahmslos nach einem
positiven Mieterzeugnis gefragt. Die heimische Initiative sieht vor,
Mietinteressenten mit einem Mieterpass als Vertragspartner bei Vermietungen
zu bevorzugen und ihnen bei der Kautionshöhe entgegenzukommen.
Quelle: Möchel, 2011
Verkaufte
Auflage
(täglich):
21.800,
Reichweite
(täglich):
87.000
www.wirtschaftsblatt.at [10.8.2012]).
3.2.2. Wiener Zeitung am 8.7.2011
Wien. Wer seine Eigentumswohnung vermietet, sollte einige Feinheiten
beachten, um hohe Kosten oder den Gang vor Gericht zu vermeiden. Käufer,
die eine Immobilie als Anlage besitzen und weitervermieten, sollten sich bei
der Auswahl des Mieters einen genauen Eindruck vom Gegenüber machen:
Wirkt die Person vertrauenswürdig? Dabei hilft, schon beim ersten Gespräch
möglichst viel über die persönliche Situation des Mieters zu erfragen - etwa
Familienstand, Anzahl der Kinder, Haustiere und auch Hobbys.
Ob sich ein Mieter die Wohnung leisten kann, zeigt ein Einkommensnachweis.
Werden Fragen nach dem Einkommen ungern oder ausweichend beantwortet,
kann das ein schlechtes Zeichen sein. Zudem könne der Vermieter eine
Anfrage beim Kreditschutzverband starten, sagt Friedrich Noszek, Präsident
des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes (ÖHGB).
"Eine absolute Garantie gibt es aber nicht", warnt Noszek. Ein Mann im
Nadelstreif-Anzug habe sich beispielsweise als Mafia-Mitglied entpuppt und
19
(vgl.
sich ins Ausland abgesetzt. Und eine Frau in Designerkleidung stellte sich als
Mietnomadin heraus, die von Wohnung zu Wohnung zog und nie Miete zahlte.
Vorsicht ist daher geboten, wenn ein Mieter von heute auf morgen einziehen
und sofort seine Einrichtung und persönliche Gegenstände in der Wohnung
deponieren will. Mietnomaden hinterlassen die Wohnung oft verwüstet - "und
die Vermieter müssen viel Geld hineinstecken, damit der ursprüngliche
Zustand der Wohnung wiederhergestellt ist", sagt Noszek.
Bei Verträgen mit Paaren oder Familien sollten Vermieter darauf achten, ob
der Vertrag mit einer Person oder mit beiden Partnern abgeschlossen wird,
denn das kann im Fall einer Trennung oder Scheidung wichtig sein, sagt
Christoph Petermann, Geschäftsführer der Raiffeisen Immobilien Vermittlung.
Weil es für einen privaten Vermieter oft schwierig ist zu überprüfen, ob sich
der Mieter die Miete leisten kann, wird häufig eine Kaution oder Bankgarantie
vereinbart. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass zwischen dem Ende des
Mietvertrages und dem Rückstellungstermin der Kaution mindestens drei
Monate eingeplant werden, um Schäden in der Wohnung feststellen und von
einem Sachverständigen schätzen lassen zu können. "Denn die höchste Kaution
nützt wenig, wenn man erst nach ihrer Rückzahlung entdeckt, wie groß die
Schäden an Haus oder Wohnung tatsächlich waren", sagt Petermann.
Quelle: Freynschlag, 2011
Gedruckte Auflage: 21.800, Reichweite: 87.000 (vgl. www.wienerzeitung.at [10.8.2012]).
3.2.3. Salzburger Nachrichten vom 2.7.2011
Miete: Anständigkeit zahlt sich aus
„Mieterpass“ bestätigt Vertragstreue und hilft gegen Mietnomaden
salzburg (SN-sb). In den vergangenen Monaten und Jahren haben vor allem die
Investoren den Wohnungsmarkt geprägt. Viele haben in Immobilien investiert,
um sie weiterzuvermieten. Doch auf der Suche nach verlässlichen Mietern
stößt man oft an Grenzen. Das Phänomen der Mietnomaden, die gar nicht
vorhaben, den Mietvertrag auch einzuhalten und möglichst lang auf Kosten
anderer wohnen, ist inzwischen auch in Österreich bekannt.
Dieses immer größere werdende Problem der Mietnomaden soll durch einen
„Mieterpass“, der die Vertragstreue von Mietern von Wohnungen bestätigt,
gelöst werden.
„Zu allen Zeiten ist für Immobilienbesitzer Vertragstreue der Mieter
wesentlich, vor allem pünktlich gezahlte Mieten sind überlebenswichtig“, sagt
Martin Troger von der Wiener Gebäudeverwaltung Rustler: „Es gibt leider
immer wieder Personen, sogenannte Mietnomaden, die den Immobilienbesitzer
sehr viel Geld kosten.“
20
Nicht nur, dass von Anfang an so gut wie keine Miete bezahlt wird, werden
Wohnungen oft völlig zerstört zurückgelassen. Dies bedeutet enorme Kosten
für entgangene Mieten, Reparaturen oder Gerichtsverfahren, vergleichbar etwa
mit Mieteinnahmen für fünf Jahre.
Aus diesem Grund haben sich viele größere und kleinere Immobilienbesitzer in
Zusammenarbeit mit der Rustler Gruppe Gedanken gemacht, wie man
ordentliche und pflichtbewusste Mieter belohnen bzw. unterstützen kann.
Troger: „Die Idee ist, ordentlichen Mietern einen positiven ,Mieterpass‘
auszustellen. Der Mieterpass ist vergleichbar mit einem Arbeitszeugnis.“
In der Berufswelt sei es ein ganz alltäglicher Vorgang, dass der Arbeitgeber
dem Arbeitnehmer ein Zeugnis ausstellt. Dieser Mieterpass kann, analog zum
Arbeitszeugnis, für die zukünftige Wohnungssuche dem Vermieter vorgelegt
werden.
„Diese Vorgehensweise ist in einigen Ländern Europas bereits zum Standard
geworden. Will man in Deutschland eine Wohnung mieten, wird man nahezu
ausnahmslos nach einem positiven Mieterzeugnis gefragt“, erklärt Troger.
Es werde von einigen Eigentümern bereits laut darüber nachgedacht,
Mietinteressenten, die einen positiven Mieterpass besitzen, als Vertragspartner
bei Vermietungen zu bevorzugen und auch mit der Kautionshöhe
entgegenzukommen.
Der „Mieterpass“ soll in Zukunft anständige Mieter hervorheben und ihnen
Vorteile verschaffen, und Immobilienbesitzer vor Mietnomaden und hohen
Kosten schützen. Troger: „Wenn sich der „Mieterpass“ in Österreich, so wie
bereits in einigen andern Ländern geschehen, durchsetzt, bringt das erhebliche
Vorteile für Mieter und Vermieter.“
Um in diesem Bereich ein Vorbild zu sein, werde ab sofort jeder vertragstreue
Wohnungsmieter von der Hausverwaltung Rustler ein entsprechendes
Schreiben erhalten.
Quelle: www.salzburg.com [10.8.2012]
Verkaufte
Auflage
(täglich):
70.100,
Reichweite
(täglich):
253.000
www.salzburg.com [10.8.2012]).
3.2.4. Die Presse vom 4.11.2011
Mietverträge: Die Angst vor dem säumigen Mieter
Vermieter prüfen die Zahlungsfähigkeit ihrer Kunden strenger als bisher.
Einkommensnachweise und die „Drittelregel“ sind heute Standard,
Bürgschaften nehmen zu.
Wien. So richtig hat Judith D. es gar nicht glauben können. Als die 28-Jährige
nach zwei Jahren im Ausland wieder nach Österreich zurückgekehrt ist, war sie
21
(vgl.
überrascht, wie viele Nachweise sie für das Mieten einer Wohnung in Wien auf
einmal erbringen musste. Da verlangte der Vermieter einen
Einkommensnachweis über die vergangenen drei Monate, eine Bestätigung
ihres unbefristeten Dienstvertrages mit ihrer Firma und so viel Geld auf dem
Gehaltszettel, dass die Miete der Wohnung nicht mehr als ein Drittel ihres
Nettoverdienstes ausmacht.
„Es ist sicherlich so, dass es für die Leute schwerer geworden ist, eine
geeignete Wohnung zu finden. Einerseits weil Wohnen teurer geworden ist,
andererseits, weil Vermieter mehr Sicherheit verlangen als früher“, sagt
Brigitte Sentall-Tripolt von Fokus Makler. Die Immobilienmaklerin ist seit
acht Jahren im Geschäft und hat sich vorwiegend auf den Mietwohnbereich
spezialisiert.
Im Detail spricht Sentall-Tripolt von Sicherheiten und schriftlichen
Nachweisen, die in den vergangenen drei Jahren immer öfter von Vermietern
eingefordert werden. Oder von der raschen Forderung eines Bürgen, sollte sich
ein Mieter als nicht finanzkräftig genug erweisen. Wer das nicht vorweisen
kann oder mag, dem wird nicht, wie früher, einfach eine höhere Kaution
abverlangt, sondern gleich abgesagt. „Da sind die Vermieter mittlerweile sehr
restriktiv geworden“, erklärt Sentall-Tripolt.
Im Eigeninteresse des Mieters
Argumentiert wird dieses Vorgehen häufig nicht nur mit der Angst vor
Zahlungsausfällen, sondern auch mit dem Schutz des Mieters. „Es ist ja auch
nicht in deren Interesse, eine zu teure Wohnung zu nehmen, die sie nicht
zahlen können“, sagt etwa Sentall-Tripolt.
In der Praxis wirft diese Entwicklung vor allem für Jungfamilien und
Ausländer Probleme auf. Letztere arbeiten besonders oft in kleinen
Familienbetrieben. So manche Vermieter schenken dann ihren
Beschäftigungsnachweisen wenig Glauben. Jungfamilien wiederum „benötigen
eine verhältnismäßig große Wohnung, haben aber oft ein zu geringes
Einkommen, um sich diese nach der Ein-Drittel-Richtlinie leisten zu können“,
sagt Sentall-Tripolt.
Beim Österreichischen Verband für Immobilientreuhänder ist man sich dieser
Entwicklung bewusst. „Die Frage der Bonität wird viel ernster geprüft als
früher“, sagt der Geschäftsführer Anton Holzapfel. Es gehöre aber ohnedies zu
den „Kernaufgaben eines Maklers, auf diese Dinge zu schauen“, sagt er.
Auch Immobilienmaklerin Elisabeth Rohr von Elisabeth Rohr Real Estate hat
seit Neuestem einen Kunden, der von seinen Mietern wissen will, mit welcher
Hausverwaltung diese zuvor zu tun gehabt hätten, „damit sie sich Referenzen
holen können“. Von einer verstärkten Kontrolle möchte sie zwar nicht
sprechen. Aber auch sie hat schon Bestätigungen über unbefristete
Dienstverhältnisse einholen müssen. Wobei: „Österreicher haben mit dem
Erbringen von Nachweisen oft größere Probleme als zum Beispiel Deutsche.
Für die ist das normal“, erzählt sie.
Auskunft ist besser als Nachweis
22
Tatsächlich ist die genaue Durchleuchtung der Lebens- und Finanzsituation vor
dem Abschluss eines Mietvertrags im Ausland längst Alltag. „In London gehen
die Leute mit solchen Bestätigungen schon zur Wohnungsbesichtigung“,
erzählt Elisabeth Rohr. Ob solche Methoden aber wirklich vor schlechten
Erfahrungen schützen, darüber scheiden sich die Geister: „Was nützt mir ein
Einkommensnachweis, wenn er mir keine Auskunft darüber gibt, ob dieser
Mensch für zwei uneheliche Kinder zahlen muss oder sonst irgendwie
finanziell belastet ist“, sagt Sigrid Räht von der Gemeinschaft für
Wohnungseigentümer.
Sie empfiehlt daher allen Vermietern, ihre Mieter persönlich kennenzulernen
und sich nicht auf Makler zu verlassen. „Oft hören wir Vermieter sagen: Hätte
ich diese Person davor gekannt, hätte ich ihr nie die Wohnung gegeben“,
erzählt Räht. Passt das gute Gefühl, müsse man auch nicht unbedingt nur auf
den Gehaltszettel schauen. Besser sei es, bei Unsicherheit einen Bürgen zu
verlangen, um sich doppelt abzusichern.
Quelle: Winroither, 2011
Verkaufte
Auflage
(täglich):
74.000,
www.diepresse.com [10.8.2012]).
23
Reichweite
(täglich):
263.000
(vgl.
4. Definition und Abgrenzung des Begriffs „Mietnomade“
Mangels einer gültigen Legaldefinition ist es notwendig, eine klar umgrenzte Definition
des sogenannten „Mietnomaden“ zu erstellen und zu erläutern, inwiefern sich der
Mietnomade von anderen Mietern unterscheidet, die ebenfalls in Zahlungsverzug geraten.
Der Begriff „Nomade“ bezeichnet Menschen, die aus verschiedenen Gründen eine nicht
sesshafte Lebensweise führen und somit ihren Wohnort immer wieder aufs Neue verlegen.
Vor allem im afrikanischen bzw. asiatischen Raum sicherte diese Lebensweise über viele
Jahrtausende hinweg das Überleben eines Stammes. Heutzutage ist diese Wortverwendung
in Kombination mit dem Wort „Miete“ ein Synonym für den Tatbestand der Mietprellerei
geworden und stellt einen der beiden Hauptmerkmale der Begriffsdefinition dar.
Das zweite Hauptmerkmal umfasst den Vorsatz des Mietbetrügers, die Zahlung der Miete
nach kurzer Zeit einzustellen. Folgen auf die Nichtbezahlung der Mietschuld rechtliche
Schritte seitens des Vermieters, so wird die Wohnung entweder über Nacht verlassen oder
es beginnt ein Rechtstreit, der je nach Rechtskenntnis des Mieters durchschnittlich sechs
bis 18 Monate, in einigen Fällen jedoch auch mehrere Jahre dauern kann. Letztendlich
erhält der Vermieter seine Wohnung oder sein Haus nach kostspieligen Aufwendungen
mehr oder minder beschädigt zurück.
Mit dem Ausfall des Mietzinses und der Betriebskosten können also noch weitere
Begleiterscheinungen des Mietnomadentums einher gehen: die Devastierung und/oder die
Vermüllung des vermieteten Objektes. Die Devastierung beginnt bei achtlosem, groben
Umgang mit den mitvermieteten Einrichtungsgegenständen, wenn der Mieter also die
Beschädigung dieser Gegenstände wissentlich in Kauf nimmt, und geht bis zur mutwilligen
Zerstörung derselben, wobei es sogar vorkommen kann, dass ein allenfalls vorhandener
Parkettboden herausgerissen (und verbrannt) wird.
Auf jeden Fall darf nicht übersehen werden, dass es auch andere Gründe für einen
Mietausfall gibt, die nicht unter dem Begriff des Mietnomadentums subsumierbar sind.
Einerseits kann der Mieter einen ihm rechtlich zustehenden Mietzinsminderungsanspruch
aufgrund von auftretenden Mängeln im Bestandobjekt erheben; andererseits kann der
Mieter aus privaten Gründen, wie zum Beispiel durch Kündigung des Arbeitsplatzes, in die
Lage geraten sein, zwar zahlungswillig jedoch kurzfristig nicht zahlungsfähig zu sein.
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Mietnomaden stellen für einen Vermieter ein besonderes Problem dar. Obwohl das
Eigentumsrecht eines der am stärksten geschützten Rechte in Österreich ist, sieht es so aus,
als wären Betroffene gegen manche dieser Betrüger beiderlei Geschlechts nahezu
machtlos. Eignet sich eine solche Person auch noch rechtliche Kenntnisse an, so kann das
Rechtssystem, wiewohl es dafür geschaffen wurde, vor Missbrauch zu schützen, zum
gegenteiligen Nutzen dienen.
Eine Abfrage im Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes hat ergeben, dass der
Begriff „Mietnomade“ bis dato nicht in den Urteilen österreichischer Richter Anwendung
findet. Jedoch scheint auch nicht der Begriff „Mietpreller“ auf, der auf den Tatbestand des
Mietbetruges
eindeutiger
zutrifft
als
die
verbal
verharmlosende
Bezeichnung
„Mietnomade“.
Auch in Deutschland wird der Begriff „Mietnomade“ insofern definiert, dass es sich
hierbei um Personen handelt, die „in betrügerischer Absicht Mietverhältnisse begründen,
keine Miete zahlen und die Wohnung u. U. verwahrlost zurücklassen (Nomaden) oder sich
herausklagen lassen. Diese Definition kombiniert das objektive Merkmal der Nichtzahlung
der Miete mit dem subjektiven Merkmal der betrügerischen Absicht“ (Artz/Jakoby 2011,
S. V).
Es ist erkennbar, dass die für Deutschland und Österreich sowie für die Schweiz
analysierten Definitionen übereinstimmen. Notwendig ist die Kombination aus zwei
Faktoren, um einen in Zahlungsverzug geratenen Mieter als Mietnomaden benennen zu
können: erstens die Nichtzahlung der Miete und zweitens die von vornherein bestehende
Absicht, die vertraglichen Pflichten nicht einzuhalten.
Jedoch gibt es Kritik an der Verwendung des Terminus „Nomade“, denn selbst jene
Mieter, die aufgrund ihres Verhaltens öfter gekündigt und ausgemietet werden, machen
dies nicht aus Lust an der nicht-sesshaften Lebensweise, sondern aufgrund des eigenen
Unvermögens bzw. ihrer Skrupellosigkeit und man kann ihnen unterstellen, dass auch sie
im Grunde eine sesshafte Lebensweise vorziehen würden (vgl. www.wohnungsanwalt.de
[18.10.2011]). Im Grunde sind es Mietpreller, die vorsätzlich den Schaden des
Eigentümers für ihren eigenen Vorteil in Kauf nehmen.
25
5. Situation in Österreich
Im Folgenden werden jene Rechtsmaterien angeführt, die für den Vermieter im
Allgemeinen von Relevanz sind. Es wird auf das österreichische Mietrechtsgesetz, das
Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Strafgesetzbuch, die Zivilprozessordnung und die
Exekutionsordnung
eingegangen,
der
wirtschaftliche
Schaden
analysiert
und
Vorsichtsmaßnahmen für den Vermieter aufgelistet. Desweiteren werden aufgrund der
durchgeführten Interviews die Standpunkte der interviewten Personen dargestellt.
5.1. Das österreichische Mietrechtsgesetz
5.1.1. Geltungsbereich des Mietrechtsgesetzes
In Österreich werden Rechte und Pflichten von Mieter und Vermieter im Mietrechtsgesetz
geregelt. Im Vollanwendungsbereich unterliegt diesem nicht nur der Kündigungsschutz
sondern auch die Mietzinsbildung.
„Der Geltungsbereich des MRG wird im §1 MRG dargestellt. Es gilt für die Miete von
Wohnungen, einzelnen Wohnungsteilen oder Geschäftsräumlichkeiten aller Art samt den
mitgemieteten
Haus-
oder
Grundflächen
und
für
die
genossenschaftlichen
Nutzungsverträge über derartige Objekte“ (§ 1 Abs 1 MRG).
„Ausgenommen
sind
unter
anderem
Mietgegenstände,
die
auf
Grund
eines
Dienstverhältnisses oder im Zusammenhang mit einem solchen als Dienst-, Natural- oder
Werkswohnung überlassen werden“ (§ 1 Abs 2 Zi 2 MRG), „automatisch nach Ablauf von
maximal einem halben Jahr ohne Kündigung erlöschende Mietverträge über eine
Geschäftsräumlichkeit oder einer Wohnung der Ausstattungskategorie A, wobei die
Nutzung als Zweitwohnsitz aufgrund eines durch Erwerbstätigkeit verursachten
Ortswechsels schriftlich vereinbart wurde“ (§ 1 Abs 2 Zi 3 MRG), „Wohnungen oder
Wohnräume, die vom Mieter bloß als Zweitwohnsitz zum Zweck der Erholung oder der
Freizeitgestaltung gemietet werden“ (§1 Abs 2 Zi 4 MRG), „Mietgegenstände in einem
Gebäude
mit
nicht
mehr
als
zwei
selbstständigen
Wohnungen
oder
Geschäftsräumlichkeiten, wobei Räume, die nachträglich durch einen Ausbau des
Dachbodens neu geschaffen wurden oder werden, nicht zählen“ (§ 1 Abs 2 Zi 5 MRG).
26
Diese Objekte liegen im Vollausnahmebereich des MRG, wodurch weder der
Kündigungsschutz noch die Bestimmungen der Mietzinsbildung gelten.
Die Teilanwendung des MRG gilt für Mietgegenstände, die „in Gebäuden gelegen sind, die
ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel aufgrund einer nach dem 30.6.1953 erteilten
Baubewilligung neu errichtet worden sind“ (§ 1 Abs 4 Zi 1 MRG), „Mietgegenstände, die
durch den Ausbau eines Dachbodens oder einen Aufbau auf Grund einer nach dem
31.12.2001 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden sind, sowie unausgebaute
Dachbodenräumlichkeiten, die mit der Abrede vermietet werden, dass – wenn auch zum
Teil oder zu Gänze durch den Hauptmieter – entweder in ihnen oder in einem an ihrer
Stelle durchgeführten Aufbau eine Wohnung oder Geschäftsräumlichkeiten errichtet
werden“ (§ 1 Abs 4 Zi 2 MRG), „Mietgegenstände, die durch eine Zubau auf Grund einer
nach dem 30.9.2006 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden sind“ (§ 1 Abs 4 Zi 2a
MRG), „Mietgegenstände, die im Wohnungseigentum stehen, sofern der Mietgegenstand
in einem Gebäude gelegen ist, das auf Grund einer nach dem 8.5.1945 erteilten
Baubewilligung neu errichtet worden ist“ (§ 1 Abs 4 Zi 3 MRG). Wesentlich im
Teilanwendungsbereich des MRG ist, dass der Kündigungsschutz auf die genannten
Objekte anzuwenden ist.
5.1.2. Kündigung im MRG seitens des Vermieters
Die Gründe für eine Kündigung seitens des Vermieters in einem dem Mietrechtsgesetz
unterliegenden Wohnobjekt sind gesetzlich klar definiert und in § 30 des MRG taxativ
aufgezählt. Unter anderem ist es möglich eine Kündigung auszusprechen, wenn der Mieter
die vereinbarte Miete nicht leistet, wenn er vom Bestandsobjekt einen erheblich
nachteiligen Gebrauch macht oder aufgrund seines rücksichtslosen bzw. grob ungehörigen
Verhaltens den Mitbewohnern gegenüber (vgl. § 30 Abs 2 MRG). In Zusammenhang mit
der Nicht-Bezahlung des Mietzinses kann der Vermieter seinem Mieter kündigen, wenn
„der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der
Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus,
mindestens aber acht Tage im Rückstand ist“ (§ 30 Abs 2 Zi 1).
Voraussetzung für eine rechtswirksame Beendigung des Mietvertrages seitens des
Vermieters im Rahmen des Mietrechtsgesetzes ist eine gerichtliche Kündigung.
27
Mietverträge über Wohnungen oder Wohnräume sind zum letzten Tag eines Monates
derart aufzukündigen, dass die Aufkündigung dem Gegner der aufkündigenden Partei,
wenn der Zins in monatlichen Abständen zu bezahlen ist, spätestens einen Monat vor dem
Kündigungstermin zugestellt wird (vgl § 560 Abs 1 Zi 2d ZPO). Desweiteren hat der
Vermieter unter Anwendung der Eventualmaxime alle Kündigungsgründe kurz
anzuführen, dies bedeutet, dass ein weiterer Kündigungsgrund bei einer späteren Nennung
nicht geltend gemacht werden kann. Werden gegen die Kündigung seitens des Mieters
Einwendungen erhoben, so hat der Vermieter nachzuweisen, dass der von ihm geltend
gemachte Kündigungsgrund tatsächlich vorliegt. Versäumt der gekündigte Mieter die Frist
zur Anbringung von Einwendungen so kann er eine Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand verlangen (vgl. § 33 Abs 1 MRG). Voraussetzung für die Bewilligung dieser
Wiedereinsetzung ist, dass der Mieter glaubhaft machen kann, dass er unverschuldet durch
ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis daran gehindert war, die gesetzte
Frist einzuhalten (vgl. §71 AVG). Ein Bewilligung der Wiedereinsetzung bedeutet, dass
die Folgen des Versäumnisses rückgängig gemacht werden müssen und das Verfahren
fortzusetzen ist (vgl. 364 Abs 4 StPO).
Zu einer Aufhebung der Kündigung kommt es, wenn der Mieter den geschuldeten Betrag
vor Schluss jener Verhandlung bezahlt, der der Entscheidung des Gerichts erster Instanz
unmittelbar vorangeht, allerdings nur insofern ihn kein grobes Verschulden trifft. Dieser
Beweis geht allerdings zu Lasten des Mietschuldners, der verpflichtet ist, diesbezügliche
Unklarheiten zu beseitigen. Kann er dies nicht, wie zum Beispiel bei Nichtzahlung der
Miete trotz Mahnung und Liquidität, willkürlich verspätete Mietzinszahlungen,
übertriebene bzw. ungerechtfertigte Mietzinsanfechtung (vgl. www.rechtsconsulting.at
[18.7.2012]). Zahlt der Mieter die geschuldete Miete rechtzeitig, so muss er jedoch dem
Vermieter jene Kosten ersetzen, zu dessen Zahlung er im gegenteiligen Falle verpflichtet
worden wäre (vgl. § 33 Abs 2 MRG).
Führt der Mieter wichtige Gründe für eine Verlängerung der gesetzlichen Räumungsfrist
an und ist dies nicht zum unverhältnismäßigen Nachteil für den Vermieter, so kann das
Gericht die Räumungsfrist bis zu 9 Monate verlängern, während dieser Frist bleiben
jedenfalls alle Rechte und Pflichten aufrecht (vgl. § 34 MRG).
Im Falle einer drohenden Obdachlosigkeit bei Durchführung der Zwangsräumung kann der
Mieter eine Aufschiebung der Räumungsexekution beantragen (vgl. § 42 EO), wenn dies
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dem Vermieter zugemutet werden kann. Diese Aufschiebung kann maximal 3 Monate
betragen und kann aufgrund besonders berücksichtigungswürdiger Umstände ein weiteres
Mal bewilligt werden. Insgesamt darf die Aufschiebung inklusive einer etwaigen vorher
gewährten Verlängerung der Räumungsfrist die Summe von 12 Monaten nicht
überschreiten (vgl. § 35 Abs 1 MRG).
Zu einer Aufhebung der Aufschiebung kommt es, sollte der Mieter nach der Bewilligung
der Aufschiebung erneut Grund zur Kündigung geben. Hier wird die Aufschiebung auf
Antrag des Vermieters und nach Einvernehmung des Mieters widerrufen. Ist die
ursprüngliche Räumungsfrist bereits verstrichen, wird eine neue Frist bestimmt, die jedoch
auf jenes Ausmaß beschränkt wird, das für eine freiwillige Räumung notwendig ist (vgl. §
35 Abs 2 MRG).
Wird vom Mieter die Höhe des Mietzinses beanstandet (zum Beispiel zur
Mietzinsreduzierung aufgrund angegebener Mängel in der Wohnung) so wird die Sachlage
im Verfahren außer Streitsachen im für das Objekt zuständige Bezirksgericht entschieden
(vgl. § 37 Abs 1 Zi 8 MRG). In einer mündlichen Verhandlung werden die Beweise vor
dem erkennenden Gericht aufgenommen. In der ersten und zweiten Instanz können sich die
betreffenden Parteien selber vertreten oder sich von einer eigenberechtigten Person
vertreten lassen, in dritter Instanz müssen sie sich jedoch von einem Rechtsanwalt oder
Notar vertreten lassen (vgl. § 37 Abs 1 Zi 9 MRG).
Wird ein Rechtsstreit aufgrund eines Verfahrens außer Streitsachen unterbrochen, so kann
der Vermieter die Beendigung der Unterbrechung beantragen, wenn der Mieter einen vom
Gericht vorgeschriebenen einstweiliger Mietzinses gemäß §382f ZPO schuldig bleibt und
der Vermieter diesen auch nicht durch Fahrnis- und Gehaltsexekution oder aus der
Verwertung ihm zur Verfügung stehender Sicherheiten in angemessener Frist decken kann.
Wird vom Gericht jedoch festgestellt, dass die Einwendungen des Mieters nicht dazu
dienen, den Rechtstreit zu verlängern, so kann es von einer Beendigung der Unterbrechung
absehen (vgl. § 41 MRG).
29
5.2. Relevante Rechtsmaterien im AGBG
Für jene Rechtsbereiche, die nicht dezidiert im MRG geregelt sind und insbesondere für
Bestandobjekte, die nicht dem MRG unterliegen (hier zum Beispiel Einfamilienhäuser),
treten die Vorschriften des ABGB in Kraft:
Ist vertraglich keine Kündigungsfrist vereinbart, so gilt die gesetzliche Kündigungsfrist
laut § 560 Abs 1 Zi 2d ZPO und beträgt üblicherweise einen Monat zum Monatsletzten. Im
Gegensatz zur Kündigung nach MRG, die vom Vermieter gerichtlich durchgeführt werden
muss, kann eine Kündigung gemäß ABGB auch außergerichtlich ausgesprochen werden.
Allerdings ist auch in diesem Fall eine gerichtliche Kündigung zu empfehlen, da hierdurch
gleichzeitig ein Räumungstitel erlangt wird. Dieser kann, sollte der Mieter das
Bestandobjekt nicht zeitgerecht zurückstellen, in Anspruch genommen werden. Durch die
Kündigung gemäß § 1118 ABGB kommt es zum Wegfall des Mietvertrages und somit zur
titellosen Benutzung des Bestandobjektes. Ist der Mieter mit der Zahlung der Miete im
Rückstand, so kann ihn der Vermieter unter Setzung einer Zahlungsfrist mahnen. Bezahlt
der Mieter den gesamten geschuldeten Betrag nicht innerhalb dieser Frist, so ist der
Vermieter berechtigt, den Bestandvertrag aufzukündigen (vgl. § 1118 ABGB).
Im ABGB ist generell das Recht des Mieters auf die Reduzierung des Mietzinses geregelt.
Der Vermieter ist dazu verpflichtet, das Bestandobjekt in einem brauchbaren Zustand zu
übergeben und zu erhalten. Verschlechtert sich der Zustand des Objektes ohne Schuld des
Mieters so weit, dass es nicht mehr zum vereinbarten Gebrauch zu nutzen ist, dann steht
dem Mieter das Recht zu, den Mietzins auf Dauer der Verschlechterung und im Ausmaß
der Beeinträchtigung zu reduzieren. Auf dieses Recht kann bei der Miete unbeweglicher
Sachen im Vorhinein nicht verzichtet werden (vgl. § 1096 Abs 1 ABGB). Es ist dem
Mieter allerdings anzuraten, die Höhe des Mietzinses nicht wahllos zu reduzieren oder die
Zahlung nicht gänzlich einzustellen, da dies den Vermieter zu einer Mietzins- und
Räumungsklage berechtigt. Eine mögliche Vorgehensweise ist, dem Vermieter bzw. der
Hausverwaltung die auftretenden Beeinträchtigungen ohne Verzug schriftlich zu melden
und eine Behebung einzufordern, desweiteren festzuhalten, dass das Recht zur
Mietzinsminderung ab Eintreten der erstmaligen Beeinträchtigung in Anspruch genommen
wird, die seitdem zu viel bezahlte Miete zurückgefordert wird und die Miete bis zur
Behebung des Schadens nur unter Vorbehalt eingezahlt wird.
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Bleibt der Mieter den Mietzins schuldig, so steht dem Vermieter ein Pfandrecht an den
eingebrachten, dem Mieter oder seinen mit ihm im gemeinsamen Haushalt wohnenden
Familienmitgliedern gehörigen Einrichtungsstücken und Fahrnissen, es sei denn, diese sind
der Pfändung entzogen. Werden die Gegenstände aus der Wohnung entfernt, so erlischt das
Pfandrecht. Werden diese jedoch aufgrund eines richterlichen Beschlusses entfernt, so hat
der Vermieter die Möglichkeit, innerhalb von drei Tagen nach Vollzug seine Ansprüche
bei Gericht anzumelden (vgl. § 1101 Abs 1 ABGB).
Zieht der Mieter aus der Wohnung aus, ohne seine Mietschuld zu bezahlen oder in
geeigneter Weise sicher zu stellen, so hat der Vermieter das Recht, die sich in der
Wohnung befindlichen Gegenstände auf eigene Gefahr zurückzubehalten. Allerdings muss
er innerhalb drei Tage um eine pfandweise Beschreibung ansuchen oder die Gegenstände
herausgeben (vgl. § 1101 Abs 2 ABGB).
Der Unterschied zwischen einer gerichtlichen Aufkündigung und einer Mietzins- und
Räumungsklage besteht unter anderem darin, dass der Vermieter durch die gerichtliche
Aufkündigung keinen Leistungstitel erhält. Das bedeutet, dass der Mieter zwar gekündigt
wird, jedoch nicht auch gleichzeitig seine Mietschulden zahlen muss. Der Mieter bekommt
die Kündigung zugestellt und wenn er innerhalb der festgesetzten Frist keinen Einspruch
gegen diese erhebt, so wird sie rechtskräftig.
Oft ist es jedoch so, dass der Mietnomade Einspruch gegen die Kündigung erhebt, diesen
Einspruch braucht er auch nicht zu begründen. Damit wird das Kündigungsverfahren in die
Länge gezogen (vgl. Expertengespräch Edelhauser, 2012).
5.3. Kostenersatz im Außerstreitverfahren
Der Richter hat aufgrund des seit 1.1.2005 geltenden gemilderten Kostenersatzprinzips die
Möglichkeit den Kostenersatz der Verfahrens- und Vertretungskosten nach Billigkeit
zuzuteilen. In diesem Fall spricht man von der Einzelfallgerechtigkeit nach richterlichem
Ermessen. Der Richter zieht in Betracht, wer im Außerstreitverfahren gewonnen hat, in
wessen Interesse das Verfahren durchgeführt wurde und ob eine der Parteien zusätzlichen,
unnötigen Aufwand verursacht hat (vgl. Dorda/Brugger/Jordis, 2005).
31
5.4. Relevante Rechtsmaterien in der Exekutionsordnung
Damit der Vermieter seinen Anspruch auf Zahlung der ausstehenden Miete bzw. auf
Räumung des Bestandobjektes gegenüber dem Mieter im Zuge einer Exekution
durchsetzen kann, benötigt er einen Exekutionstitel. Unter Exekutionstitel versteht man
unter anderem Endurteile und andere in Strafsachen ergangene Urteile, Beschlüsse und
Bescheide der Zivilgerichte, Zahlungsbefehle ohne rechtzeitige Erhebung von Einwänden
und gerichtliche Aufkündigungen eines Bestandvertrages (vgl. § 1 EO). Die Bewilligung
der Exekution muss unter Angabe der genauen Bezeichnung der beteiligten Parteien, der
Angabe des Anspruches und des hierfür erworbenen Exekutionstitels, des geschuldeten
Betrages
inklusive
Exekutionsmittels,
der
beanspruchten
beantragt
werden.
Nebengebühren
Zusätzlich
muss
und
eine
des
angewendeten
Ausfertigung
des
Exekutionstitels inklusive der Bestätigung der Vollstreckbarkeit beigelegt werden (vgl.
§ 54 EO).
Mit der Durchführung der Exekution wird ein Gerichtsvollzieher beauftragt, der die
Räumung des Mietobjektes nach Leistung eines Kostenvorschusses durch den Vermieter
durchführt. Stehen dem Gerichtsvollzieher Hindernisse entgegen, so kann er unter anderem
die Hilfe eines Schlossers, jedoch auch die Unterstützung der Polizei beantragen (vgl. § 26
Abs 2 EO). Im Zuge der Exekution wird vom Vollstreckungsorgan ein Pfändungsprotokoll
samt voraussichtlichem Erlös erstellt (vgl. § 253 Abs 1 EO). Der Transport der
Gegenstände zur der vom Vollstreckungsorgan bestellten Verwahrstelle erfolgt auf Kosten
des Vermieters durch ein von diesem bereitgestellten Transportunternehmen (vgl. § 259
Abs 2 EO). Anschließend erfolgt die Verwertung der Gegenstände durch Verkauf oder in
Zuge einer öffentlichen Versteigerung.
Der Gerichtsvollzieher hat innerhalb von vier Monaten nach Erhalt des Vollzugsauftrages
einen Bericht über den Stand des Verfahrens an das Gericht und dem betreibenden Mieter
zu verfassen (vgl. § 25d EO).
Seit 2005 besteht für den Vermieter die Möglichkeit, im Falle eines Zahlungsverzuges des
Mieters bei Gericht die Festsetzung eines einstweiligen Mietzinses gemäß § 382 f EO zu
beantragen, und zwar unter der Voraussetzung, dass das der Mietvertrag gänzlich dem
MRG unterliegt. Ist nun ein Verfahren über eine Kündigung nach § 30 Abs 2 Zi 1 MRG
oder eine Räumungsklage wegen Mietzinsrückstandes gemäß § 1118 ABGB anhängig, so
kann der Vermieter die Zahlung eines einstweiligen Mietzinses beantragen. Dafür muss er
32
nachweisen, dass der Mieter seiner Pflicht zur Zahlung des vertraglich vereinbarten
Mietzinses nicht nachgekommen ist (vgl. § 382f Abs 1 EO).
Der einstweilige Mietzins setzt sich zusammen aus dem in § 45 Abs 1 oder 2 MRG
vorgesehen Betrag der entsprechenden Ausstattungskategorie (ab 1.12.2011: Kategorie A EUR 3,25, Kategorie B EUR 2,44, Kategorie C EUR 1,62 und Kategorie D EUR 0,81), der
aktuellen Beträge der Betriebskosten und den öffentlichen Abgaben nach § 21 Abs 3
MRG. Ist der vertraglich vereinbarte Mietzins geringer als der für das Bestandobjekt
geltende Betrag, so richtet sich der einstweilige Mietzins nach dem vertraglich
vereinbarten Betrag. Wichtig ist die Anführung der Kategorie im Mietvertrag (vgl. § 382f
Abs 2 EO).
Beantragt also der Vermieter die Festsetzung eines einstweiligen Mietzinses, so fordert das
Gericht den Mieter zur Zahlung dieses Betrages auf. Da Mietnomaden dazu tendieren, gar
keine Miete zu leisten, so werden sie unter Umständen auch nicht willens sein, einen
reduzierten Betrag zu zahlen. Dies könnte den Richter dazu veranlassen, das Verfahren zu
beschleunigen, wodurch eine Verschleppung des Verfahrens aufgrund einer durch den
zahlungssäumigen Mieter eingebrachten Mietzinsüberprüfung verhindert werden kann.
5.5. Relevante Rechtsmaterien in der Zivilprozessordnung
Die Kündigung einer Bestandseinheit muss seitens des Vermieters gerichtlich durchgeführt
werden. Sie kann entweder schriftlich oder mündlich eingebracht werden. Über die
mündliche Kündigung wird ein Protokoll angefertigt, das genauso wie der Schriftsatz die
Bezeichnung des Bestandsgegenstandes, die Angabe des Zeitpunktes, zu dem der
Mietvertrag enden soll, anzuführen hat, und ebenfalls einen Antrag an das Gericht, dem
Mieter aufzutragen, das Bestandsobjekt zu dem angeführten Termin bei sonstiger
Exekution zurück zu stellen oder Einwendungen gegen die Kündigung zu erheben, wofür
ihm 4 Wochen Frist zur Verfügung stehen (vgl. § 562 Abs 1 ZPO).
Laut § 560 Abs 1 Zi 2d ZPO gilt für die Aufkündigung von Mietverhältnissen, aufgrund
denen der Mietzins monatlich oder in kürzeren Abständen geleistet werden muss, eine
Kündigungsfrist von 1 Monat zum jeweils Monatsletzten; bei Mietzinszahlungen in
längeren Intervallen als monatlich beträgt die Frist 3 Monate zum Monatsletzten. Der
aufzukündigende Mieter muss den gerichtlichen Auftrag inklusive einer Kopie des
33
Antrages vor Einsetzen dieser Frist erhalten. Wird diese Frist unterschritten, so muss der
gekündigte Mieter Einwendungen gegen die Kündigung anbringen. Tut er dies nicht, so
wird die Kündigung gültig. Ebenfalls vor Einsetzen dieser Frist muss die mangelfreie
Kündigung vor Gericht angebracht sein. Wird die vorgegebene Kündigungsfrist nicht
eingehalten, so wird sie vom Gericht per Beschluss zurückgewiesen (vgl. § 563 Abs 1
ZPO).
Folgend beispielhaft der mögliche Ablauf eines Verfahrens:
Abbildung 11: Beispielhafter Ablauf eines Verfahrens
Mietzins- und Räumungsklage wird bei
Gericht eingebracht
Vorbereitende Tagsatzung
Mieter anwesend:
Ja
Nein
Befragung der Parteien
Erlassen eines Versäumnisurteiles, 14
Tage Widerspruchsfrist
2. Tagsatzung, eigentliche
Hauptverhandlung: Zeugen, ev.
Bestellung eines Sachverständigen
2. Tagsatzung
Wenn beklagter Mieter nicht da,
Erlassen des 2. Versäumnisurteiles
gemäß § 396 ZPO
Bei einer Mietzinsprüfung geht das
Verfahren an die Schlichtungsstelle
(Dauer ca. 6 Monate)
Erstellen eines SV-Gutachtens (Dauer
ca. 2-3 Monate)
3. Tagsatzung: Verfahren beendet,
schriftliches Teilurteil
4 – 5 Wochen Berufungsfrist
(Verfahrenshilfe für den Mieter durch
Anwalt)
4 Wochen Frist für die Beantwortung
der Berufung
2-4 Monate bis zur Bestätigung des
Teilurteiles
34
4 Wochen bis Urteil rechtskräftig + 3
Wochen zum Verhandlungstermin der
1. Instanz
Zahlt der Mieter den geschuldeten
Mietzins vor Ende der Verhandlung, so
wird die Kündigung aufgehoben
Zahlt der beklagte Mieter nicht, so
ergeht das Endurteil über die Räumung
4 Wochen Frist für die Berufung gegen
das Räumungsurteil
Wenn der beklagte Mieter beruft, dann
kann dies das Verfahren ca. 4 Monate
verlängern
Berufungsentscheidung
4 Wochen Frist bis zur Rechtskraft des
Räumungstitels
6 Monate Frist für die Beantragung der
Exekution
2 Wochen bis zur Bewilligung der
Exekution
maximal 2 Monate bis zur 1. Räumung
1 Monat bis zum 2. Räumungstermin,
sollte die 1. Räumung nicht
durchgeführt werden können
Maximal 2x3 Monate Aufschub bei
drohender Obdachlosigkeit
Quelle: Expertengespräch Edelhauser, 2012
Insgesamt kann ein solches Verfahren bis zum Urteil erster Instanz durchaus bis zu 3,5
Jahre dauern (in Einzelfällen aber auch länger), wenn von Seiten des Mieters bestritten
wird, mit Unterbrechung aufgrund einer Mietzinsüberprüfung ca. 4,5 Jahre; der Zeitverlust
bei klassischen Einwänden (Schimmel, elektrische Leitungen) kann zwischen 1 – 1,5 Jahre
betragen. Jedoch kann behauptet werden, dass viele Verfahren kurzfristiger Natur sind, da
Mietnomaden oft zu jenem Zeitpunkt, zu dem das Gerichtsverfahren ansteht, die Wohnung
unbemerkt verlassen, ca. 80 – 90% der Versäumnisurteile werden nicht bekämpft (vgl.
Expertengespräch Pfletschinger, 2012). Dies verzögert das Verfahren insofern, dass vom
Gericht ein Zustellkurator bestimmt werden muss, der in Abwesenheit (bzw. bei
35
Unauffindbarkeit) des Mieters die gerichtliche Schriftstück übernimmt (vgl. § 116 ZPO).
Mit Eintragung des Inhalts in die Ediktsdatei und die nachfolgende Übergabe des
zuzustellenden Schriftstückes an den Kurator gilt die Zustellung als vollzogen (vgl. § 117
Abs 2 ZPO).
Ist nun der beklagte Mieter zur 1. Tagsatzung nicht anwesend, so ergeht ein
Versäumnisurteil (vgl. § 396 Abs 1 ZPO); wird dagegen nicht berufen, so erlangt es
Rechtskraft und das Räumungsverfahren kann ohne weiteren Zeitverlust vorangetrieben
werden. Kann jedoch nicht nachgewiesen werden, dass die nicht erschienene Partei
ordnungsgemäß geladen wurde, so ist der Antrag der betreibenden Partei, ein
Säumnisurteil auszusprechen, abzuweisen (vgl. § 402 Abs 1 Zi 1 ZPO). So kann es
vorkommen, dass der beklagte Mieter behauptet, keine Ladung erhalten zu haben. In
diesem Fall muss das Gericht über die ordentliche Zustellung der Ladung urteilen und lädt
dazu den Zusteller des Schriftstückes in einer neuen Tagsatzung vor. Laut § 22 Abs 1
ZustellG ist die Zustellung vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein,
Rückschein) zu beurkunden. Trifft der Zusteller an der Abgabestelle niemanden an und
kann er davon ausgehen, dass die Abgabestelle regelmäßig genutzt wird, so kann er den
Empfänger schriftlich von der Hinterlegung beim zuständigen Postamt (Gemeindeamt oder
Behörde) informieren. Das Schriftstück liegt 14 Tage (ab dem 1. Tag der möglichen
Abholung) bereit und gilt ab dem ersten Tag der Hinterlegung als zugestellt. Konnte der
Empfänger jedoch wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht über die Hinterlegung
Bescheid wissen, so gilt die Zustellung ab dem auf den ersten Tag der Rückkehr an die
Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Zustellfrist (vgl. § 17 ZustellG) als
durchgeführt. Kann der Zusteller vor Gericht nachweisen, die Zustellung ordnungsgemäß
durchgeführt zu haben, so wird dem Einwand des beklagten Mieters nicht stattgegeben.
Wird dem Einwand des Mieters jedoch recht gegeben, so kann dieser die
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen um den Rechtsnachteil des
Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung rückgängig zu machen (vgl. §
146 Abs 1 ZPO).
Es kann vorkommen, dass die erste Räumung dadurch verhindert wird, dass der Mieter die
Türe nicht öffnet bzw. sich nicht mehr in der Wohnung befindet. Um zu verhindern, dass
der erste Räumungstermin ungenutzt verstreicht, da es dem Gerichtsvollzieher nicht
möglich ist, die Wohnung zu betreten, ist es erforderlich, dem Gerichtsvollzieher einen
Schlosser zur Seite zu stellen, der die Türe öffnen kann. Muss der Exekutor einen zweiten
36
Räumungstermin ansetzen, so kann dies bis zu zwei Monate dauern. Ein weiteres
Hindernis für die Räumung der Wohnung kann sein, dass sich ungemeldet Hunde darin
befinden. In diesem Fall ist es notwendig, die Tierrettung oder einen Hundefänger
einzuschalten, um die Hunde aus der Wohnung entfernen zu können.
Bleiben letztendlich die Möbel es Mieters: hier hat der dem Gerichtsvollzieher beigestellte
Sachverständige die Aufgabe, zwischen wertvollen und wertfreien Gegenständen zu
unterscheiden. Hat der Vermieter das Glück, dass es sich beim Mobilar um ausschließlich
wertfreie Gegenstände handelt, so können diese der nächstgelegenen Deponie zugeführt
werden. Womit sich auch die Notwendigkeit eines Räumungsunternehmens ergibt, das für
den Abtransport der Gegenstände sorgt. Sind jedoch unter dem Mobilar auch wertvolle
Gegenstände, so muss der Vermieter für deren Einlagerung (meist in abgegrenzten
beheizten Räumlichkeiten der Spedition) bis zur Versteigerung sorgen und zahlen. Dem
Schuldner muss der Verkauf der Gegenstände angedroht werden, dies bedeutet, dass das
Verwertungsverfahren ein neues Verfahren ist, für das bei Abwesenheit des Schuldners
wieder ein Zustellkurator ernannt werden muss. Aus dem Erlös der Versteigerung werden
letztendlich zunächst die Verfahrenskosten gedeckt, danach erhält der Vermieter den ihm
zustehenden Betrag.
Die Frage, ob der zeitliche Verfahrensablauf an Österreichs Gerichten - unter
Berücksichtigung vernünftiger Einspruchsfristen der Parteien - optimiert werden könnte,
wurde von Seiten der beiden interviewten Rechtsanwälte bejaht (vgl. Expertengespräche
Edelhauser, Pfletschinger, 2012). Der gleichen Meinung ist der Fachgruppenobmann der
Immobilienmakler, -verwalter und –treuhänder, der die Meinung vertritt, dass kürzere
Verfahren von Vorteil wären, jedoch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen
Interessen
des
Mieters,
wobei
ein
rasches
Verfahren
nicht
automatisch
zur
Beeinträchtigung dieser schutzwürdigen Interessen führen muss (vgl. Expertengespräch
Brichard, 2012). Gegenteiliges äußerte der Gerichtsvorsteher des Bezirksgerichtes 1230
Wien (vgl. Expertengespräch Schindler, 2012).
5.6. Maßnahmen vor Abschluss des Mietvertrages
Es gibt eine Anzahl von Maßnahmen, die man treffen kann, um zu verhindern, dass sich
der Vertragspartner später als Mietnomade herausstellt. Dazu gehört eine gewissenhafte
37
Selektion schon bei der Auswahl des Mieters und eine konsequente Einhaltung gewisser
Verhaltensregeln. Meistens werden private Vermieter dann zum Opfer von Mietnomaden,
wenn sie den Mieter selber suchen (vgl. Expertengespräch Klinger, 2012). Private
Vermieter scheuen sich, die richtigen Fragen zu stellen, besonders die Frage nach dem
Einkommen; ein Makler oder ein Verwalter, für den die Wohnungsvermittlung das tägliche
Geschäft ist, stellt diese Fragen auf jeden Fall (vgl. Expertengespräch Troger, 2012). „Die
billigste Art und Weise, Mietzinsrückstände zu vermeiden, ist, bei der Vermietung darauf
zu achten, dass der richtige Mieter drinnen ist! Ist nicht immer ganz so einfach, aber
Prävention ist im dem Fall die günstigste aller Variante um Mietzinsrückstände zu
vermeiden“ (Expertengespräch Troger, 2012)
Letztendlich muss allerdings gesagt werden, dass selbst die Zuhilfenahme von Experten,
wie zum Beispiel erfahrenen Maklern oder Hausverwaltern, das Risiko, an einen
Mietpreller zu geraten, nicht gänzlich ausschließen kann. Denn professionelle
Mietnomaden sind nicht zu erkennen: sie geben sich vertrauenswürdig, haben ein perfektes
Auftreten und können oft sogar ein geregeltes Einkommen nachweisen.
Folgend eine Auflistung von Auskünften, die vor Abschluss des Mietvertrages eingeholt
werden sollten:
• Übergabe einer Kopie des amtlichen Lichtbildausweises
• Auskunft über die derzeitige Wohnadresse und Grund des Wohnungswechsels
• Auskunft über das Einkommen, gegebenenfalls Kopie des Einkommensnachweises
(üblicherweise über den Zeitraum der letzten drei Monate) inkl. Name des
Arbeitsgebers und dessen Unterschrift bzw. Einkommenssteuernachweis oder
Firmenbuchauszug bei Selbstständigen. Wichtig ist, darauf zu achten, dass die
Miete nicht mehr als ein Drittel des Gesamteinkommens des Mieters beträgt.
Gegebenenfalls nach zusätzlichen Bürgen fragen (vgl. Experteninterview Kranz,
2012).
• Vereinbarung über die Einzahlung einer Kaution in Höhe von drei bis sechs
Monatsmieten und Zahlung der ersten Monatsmiete vor Übergabe der Schlüssel.
• KSV1870 - Selbstauskunft des Mieters: dies ist eine Warenkreditevidenzauskunft
des Kreditschutzverbandes und kann von jeder Privatperson einmal pro Jahr
kostenlos angefordert werden (vgl. Kaiser 2011, S 7).
• Abschluss eines befristeten Mietvertrages (vgl. Expertengespräch Schinner, 2012)
38
Der Abschluss einer Auflösungs- und Räumungsvereinbarung im Falle eines etwaigen
Mietzinsverzuges als Bestandteil des Mietvertrages ist umstritten, wenn diese als
Bedingung für den Abschluss des Mietvertrages unter die „Drucktheorie“ fällt. § 870
ABGB besagt, dass, wer durch Furcht zu einem Vertrag veranlasst wurde, diesen nicht
einhalten muss. Besteht also die Gefahr, dass dem Mietinteressenten bei Verweigerung des
Räumungsvergleiches der Abschluss des Mietvertrages verweigert wird, so kann dieser
Druck zur Nichtigkeit des Vergleiches führen.
Jedoch kann mit einem säumigen Mieter ein gerichtlicher Räumungsvergleich
abgeschlossen werden und zwar entweder im Räumungsverfahren oder als prätorischer
Vergleich. Dieser prätorische Vergleich, der mit dem Mieter aufgrund seines
Zahlungssäumnisses noch vor Einbringung einer Klage geschlossen und gerichtlich
protokolliert wird, ist bei Nichteinhaltung des Vergleiches sogleich exekutiv durchsetzbar.
5.6.1. Potential und Risiko des sogenannten Mieterpasses (Mieterzeugnisses)
Die
Rustler
Gruppe
GmbH
zählt
in
Österreich
zu
den
erfolgreichsten
Immobilienunternehmen. 2010 hat die Rustler Gruppe mit der Einführung eines
Mieterzeugnisses von sich reden gemacht: hierbei handelt es sich um eine Bestätigung über
die verantwortungsvolle und fristgerechte Erfüllung der vertraglichen Pflichten durch den
Mieter. Analog zum Arbeitszeugnis, mit dem man sich bei einem potentiellen, neuen
Arbeitgeber bewirbt, soll dieses Mieterzeugnis dazu dienen, dem zukünftigen Vermieter
Informationen hinsichtlich der bisherigen Zahlungsmoral des Mietinteressenten zu geben
(vgl. Experteninterview Troger, 2012). Die Rustler Gruppe fokussierte auf jene Mieter, die
ihre vertraglichen Pflichten fristgerecht erfüllen. Laut GF Martin Troger ist es untypisch
für Österreich, gute Mieter hervorzuheben anstatt auf „schlechte“ Mieter abzuzielen. Die
Überlegungen der Rustler Gruppe gehen so weit, dass sie ihren Mietern nicht erst nach
Beendigung des Mietverhältnisses ein Mieterzeugnis ausstellt, sondern bereits vorher in
regelmäßigen Abständen zuschickt. In diesem Mieterpass wird bestätigt, dass der Mieter
seinen vertraglichen Pflichten verantwortungsvoll und fristgerecht nachgekommen ist.
Keinesfalls jedoch sollen damit bestehende Mieter beunruhigt oder gar zum Ausziehen
genötigt werden. Der Grund für die zeitige Ausstellung ist, dass der umzugswillige Mieter
ja bereits bei der Suche nach einer neuen Wohnung seinem neuen Vermieter die eigene
39
Zahlungsmoral belegen will. Im Gegenzug erhält auch der zukünftige Mieter von Rustler
ein Schreiben, das vom Vorvermieter bzw. Vorverwalter unterzeichnet werden soll, so wie
er anschließend auch von Rustler ein solches Zeugnis ausgestellt bekommt (vgl.
Experteninterview Troger, 2012). Keine Rolle spielt es bei Rustler, ob der Mieter von
seinen gesetzlich bestimmten Rechten, zum Beispiel eine Mietzinsüberprüfung zu
beantragen, Gebrauch macht.
Der Österreichische Verband der Immobilientreuhänder sieht jedoch ein großes Risiko: Ist
der Vermieter nicht willens ein Mieterzeugnis auszustellen, obwohl der Mieter sich nichts
zu Schulden hat kommen lassen, dann könnten für den Mieter Nachteile bei der
Wohnungssuche entstehen. Es wird infrage gestellt, ob es gerechtfertigt ist, ein
flächendeckendes Instrument zu installieren, das alle Mietinteressenten betrifft, obwohl
sich die Fälle von Mietprellerei in Grenzen halten. Aus dem gleichen Grund scheint es
auch nicht gerechtfertigt, einen gesetzlichen Anspruch auf ein klar definiertes
Mieterzeugnis zu implementieren (vgl. Expertengespräch Sammer, 2012).
Ähnliche Probleme sieht Walter Rosifka, Wohnrechtsexperte bei der Arbeiterkammer in
Wien: es gibt eine Gruppe von Personen, die keine Möglichkeit hat, einen Mieterpass zu
bekommen, so zum Beispiel junge Erwachsene, die aus dem Elternhaus ausziehen, oder
Studenten, die ihre Wohngemeinschaft verlassen, Ehepartner oder Paare, die sich trennen
und in Zuge dessen einer von ihnen die gemeinsame Wohnung verlässt. Auch Personen,
die ihre bis dahin bewohnte Eigentumswohnung verkaufen und in eine Mietwohnung
wechseln, können keinen Mieterpass vorweisen. Diese Personen geraten somit in die
Gefahr, bei der Vergabe einer Wohnung benachteiligt zu werden, ohne für dies
Benachteiligung verantwortlich zu sein (vgl. Expertengespräch Rosifka, 2012).
Desweiteren ist ein mögliches gesetzliches Anrecht auf ein Mieterzeugnis insofern
problematisch, als dass das Einklagen desselbigen dazu führen kann, dass der klagenden
Mieter während des Verfahrens eben diesen Mieterpass nicht vorweisen kann und somit
unter Umständen wiederum unverschuldet bei der Vergabe einer Wohnung benachteiligt
werden könnte (vgl. Expertengespräch Rosifka, 2012).
Eine generelle Einführung eines im Umfang der Fragestellung klar eingegrenzten
Mieterzeugnisses mag aufgrund des Informationsbedürfnisses des Vermieters über die
Zahlungsmoral des Mietinteressenten sicherlich gerechtfertigt wirken, jedoch müsste
gleichzeitig verhindert werden, dass das Abhängigkeitsverhältnis des Mieters vom
40
Vermieter verstärkt wird und dass unbescholtene Mieter aus von ihnen nicht
beeinflussbaren Gründen keinen Mieterpass erhalten und dadurch einen Nachteil bei der
Suche nach einem neuen Wohnobjekt haben. Es wäre zu klären, welchen Umfang das
Mieterzeugnis tatsächlich haben darf und wie die Fragen standardisiert werden können,
damit keine versteckten Informationen übermittelt werden können. Desweiteren müsste
klargestellt werden, zu welchem Zeitpunkt bzw. wie oft der Mieter ein Mietzeugnis vom
Vermieter oder seiner Hausverwaltung verlangen kann, wer für die Kosten der Erstellung
aufzukommen hat und welche Handhabe der Mieter gegenüber dem Vermieter hat, wenn
dieser die Ausstellung verzögert oder verweigert.
5.7. Vorgangsweise im Falle des Mietzinsverzuges
Gerät der Mieter mit der vereinbarten Mietzinszahlung in Rückstand so ist es ratsam, ohne
Verzug eine gerichtliche Kündigung gemäß § 30 Abs 2 Zi 1 MRG bzw. § 1118 ABGB zu
veranlassen bzw. eine Mietzins- und Räumungsklage einzubringen. Keinesfalls sollte der
Vermieter mehrere Monate verstreichen lassen bevor er rechtliche Schritte setzt, denn dann
ist eine Kaution in Höhe von drei Monatsmieten schnell aufgebraucht und der Vermieter
gerät in Gefahr sämtliche Folgekosten selber tragen zu müssen.
Ficht der Mieter die Höhe des Mietzinses an sich an und droht eine Unterbrechung des
Verfahrens, so kann der Vermieter eine Festsetzung der einstweiligen Mietzinshöhe nach
§ 382f EO beantragen. So kann eine Unterbrechung und damit eine Kostensteigerung,
vermieden werden. Eine solche Mietzinsfestsetzung ist überall dort sinnvoll, wo es sich
abzeichnet, dass das Verfahren noch länger dauern wird. Sie muss nicht notwendigerweise
gleichzeitig mit der Räumungsklage, sondern kann auch zwischendurch eingebracht
werden. Häufiger ist es jedoch, dass der Mietnomade nicht darauf erpicht ist, ein Verfahren
zur Mietzinsreduktion durchzufechten, denn dies würde bedeuten, dass man seiner habhaft
werden könnte. Überwiegend jedoch versuchen Mietnomaden ohne viel Aufsehen den
Wohnort zu wechseln. (vgl. Expertengespräch Pfletschinger, 2012). Mit Hilfe der
Festsetzung eines einstweiligen Mietzinses kann zumindest unterschieden werden
zwischen jenen, die einen berechtigten MZ-Minderungsanspruch behaupten und jenen, die
diesen als Instrument der Verzögerungstaktik missbrauchen und bei denen es überhaupt am
Zahlungswillen mangelt.
41
Laut einer deutschen Studie im Auftrag der Universität Bielefeld stellt der Großteil der
Mietnomaden die Zahlung des Mietzinses nach drei Monaten ein (vgl. Artz/Jacoby 2011,
S. 12). Es gibt nun zwei Szenarien, auf die sich der Vermieter einstellen muss, sollte er
tatsächlich an einen Mietnomaden geraten sein: einerseits kann der Mieter die Wohnung
bereits verlassen haben, jedoch ohne sie zu räumen, sich abzumelden bzw. die Schlüssel zu
returnieren, dann ist das Räumungsverfahren in absehbarer Zeit durchführbar und der
Schaden hält sich in Grenzen. Hält der Mieter allerdings an der Wohnung fest und kennt
sich im Mietrechtgesetz auch entsprechend aus, dann ist es vorteilhaft, unverzüglich einen
rechtskundigen Beistand zu Rate zu ziehen.
Keinesfalls ist es eine Option, eigenmächtig das Schloss des Bestandobjektes zu tauschen,
denn in diesem Fall kann der Mieter gegen den Vermieter eine Besitzstörungsklage
einbringen (vgl. Expertengespräch Kranz, 2012). Auch das Betreten der vermieteten
Wohnung ist nur in jenen Fällen erlaubt, in denen ein unmittelbarer Schaden für das
Gebäude droht, z.B. wenn es in der Wohnung oberhalb einen Wasserschaden gibt und die
Gefahr besteht, dass auch die zu öffnende Wohnung in Mitleidenschaft gezogen worden
wäre (vgl. Expertengespräch Becker, 2012).
Letztendlich besteht noch die Möglichkeit, sich mit dem säumigen Mieter auf einen
Räumungsvergleich zu einigen: Nach Einschätzung der zu erwartenden Verfahrenskosten
und der Höhe des voraussichtlichen Mietzinsausfalls kann dem Mieter ein finanzielles
Angebot gemacht werden, das dieser, wenn es sich bei ihm um einen professionellen
Mietnomaden handelt, unter Umständen dankend annehmen wird (vgl. Expertengespräch
Kössler, 2012).
5.8. Wirtschaftlicher Schaden für den Vermieter im Einzelfall
Aufgrund der geführten Interviews konnte festgestellt werden, dass der Schaden für den
Vermieter einer oder einiger weniger Wohnungen immens sein kann. Aufgrund der
Probleme der derzeitigen Währungskrise finden sogenannte Vorsorgewohnungen
vermehrten Zuspruch. In der Theorie soll der für den Wohnungskauf aufgenommene
Kredit durch die Mieteinnahmen getilgt werden. Gerät man als Vermieter nun an einen
Mietnomaden, so fallen nicht nur die Einnahmen aus der Miete weg, sondern es entstehen
zusätzliche Kosten, da die Betriebskosten gezahlt werden müssen und die Kreditraten fällig
42
sind. Dazu kommen die Anwalts- und Verfahrenskosten, etwaige Vorauszahlungen für den
Gerichtsvollzieher, den Sachverständigen, den Schlosser, den Spediteur und etwaige
Einlagerungskosten.
Abhängig von der Höhe der geschuldeten Miete, der ausstehenden Betriebskosten und der
Dauer des Verfahrens, kann für den betroffenen Vermieter ein finanzieller Schaden bis zur
Höhe der fünffachen Jahresmiete entstehen (vgl. Experteninterview Troger, 2012).
5.9. Wirtschaftlicher Schaden für den Gesamtmarkt
Auch wenn der Mietausfall und die anfallenden Verfahrenskosten dem einzelnen
Vermieter großen finanziellen Schaden zufügen können, so lässt sich aufgrund der
geführten Interviews feststellen, dass es sich hierbei vorwiegend um Einzelfälle handelt
und sich die Anzahl der Vorfälle in Relation zum Gesamtmarkt im Promille-Bereich
befindet. Dies wird auch durch eine Aussage von Jürgen Ruprechter, dem Geschäftsführer
der Onlinehausverwaltung & Immobilientreuhand GmbH bestätigt, der davon ausgeht,
dass es bei zwei von Tausend Mietern zu Mietausfällen kommt (vgl. Block 2011).
43
6. Die Situation in Deutschland
Auch in Deutschland ist es schwierig, die Fälle von Mietprellerei zu beziffern. Aufgrund
der von Vermieter- und Maklerverbände kolportierten 15.000 bis 30.000 Vorfälle wurde in
der Koalitionsvereinbarung für die 17. Legislaturperiode festgehalten, im Zuge einer
Mietrechtsüberprüfung auch wirksame Gegenmaßnahmen zur Mietprellerei zu finden. Da
es jedoch an verifizierbaren Zahlen mangelte, wurde, um der derzeitigen Situation auf den
Grund zu gehen, die Forschungsstelle für Immobilienrecht an der Universität Bielefeld
vom
Bundesministerium
für
Verkehr,
Bau
und
Stadtentwicklung
sowie
dem
Bundesministerium der Justiz beauftragt, die Lage zu untersuchen (vgl. Artz/Jackoby 2011,
S. IV).
Die Studie baut auf eine online-Befragung von 1.549 Vermietern auf, von denen 973 die
Fragebögen zur Gänze ausfüllten. Insgesamt konnten so 1.347 relevante Fälle
aufgenommen werden. Desweiteren wurden Gerichtsvollzieher, Zwangsverwalter,
Rechtsanwälte per Email befragt und Interviews mit einer Auskunftei und einem
Zahlungsstörungsdienstleister geführt, des Weiteren wurden 21 Originalakten von
Gerichten, Rechtsanwälten, Gerichtsvollziehern und Vermietern und das Vorgehen von
Verwaltern und professionellen Vermietern anhand einer Befragung von 134 Personen und
Gesellschaften analysiert.
Die Studie eröffnet viele interessante Aspekte über die Verhaltensweise von Mietnomaden
und Vermietern. Eine klare Aussage über das tatsächliche Aufkommen von Mietnomaden
kann sie allerdings nach eigenen Angaben nicht treffen. Die Daten wurden mittels
Befragung von nicht repräsentativ ausgewählter Teilnehmer erhoben, die sich einerseits zu
konkreten Einzelfällen äußerten und andererseits um Einschätzungen ersucht wurden (vgl.
Artz/Jackoby 2011, S. VI).
Um einen aussagekräftigen Maßstab zu setzen, wurde die Zeitdauer zwischen Abschluss
des Mietvertrages und erstmaliger Einstellung der Mietzahlung herangezogen. Das
Ergebnis waren 426 Mieter, die in den ersten drei Monaten die Mietzinszahlung eingestellt
haben, wobei einzelne Fälle ins Jahr 2005 zurückreichen. Es lässt sich der Rückschluss
ziehen, dass je früher der Mieter den Mietzins schuldig bleibt, desto eher hat es ihm bereits
zum Zeitpunkt der Einmietung am Zahlungswillen gemangelt.
44
Es lässt sich anhand der Studie jedoch erkennen, dass die Fälle von Mietnomadentum bei
weitem nicht so häufig sind, wie anfangs angeführt. Die Frage ist nun, ob sich
Gesetzesänderungen aufgrund des heutigen Wissenstandes rechtfertigen, oder ob in der
Frage nach einer Verschärfung des Miet- und Vollstreckungsrechtes das Problem zuerst
bewiesen werden müsste (vgl. www.wohnungsanwalt.de [18.10.2011]).
6.1. Relevante Rechtsmaterien des Deutschen Bundesgesetzes
6.1.1. Kündigung des Mietvertrages
Der Mietvertrag verpflichtet den Vermieter dem Mieter die Mietsache in einem dem
vertragsgemäßen Zustand zu überlassen und diesen Zustand während der Mietdauer zu
erhalten. Im Gegenzug ist der Mieter zur Zahlung der vereinbarten Miete verpflichtet (vgl.
§ 535 Abs 1 + 2 BGB). Kommt der Vermieter dieser Verpflichtung nicht nach, so hat der
Mieter das Recht, den Mietzins auf Dauer der nicht unwesentlichen Beeinträchtigung
angemessen zu mindern (vgl. § 536 BGB). Ist der Mieter mit zwei aufeinander folgenden
Mietzinszahlungen in ganzer oder nicht unerheblicher Höhe in Verzug, so hat der
Vermieter das Recht, eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
auszusprechen (vgl. § 543 Abs 2 Satz 1 Nr. 3 BGB). Nicht unerheblich ist eine Mietschuld
in Höhe von mehr als einer Monatsmiete (vgl. 596 Abs 3 BGB). Dies trifft auch zu, wenn
die Mietschuld des Mieters über die Dauer von mehr als zwei Monaten die Höhe von zwei
Monatsmieten erreicht. In diesem Fall ist es für die Zulässigkeit der Kündigung nicht
zwingend, dass der Vermieter den Mietschuldner mahnen und eine angemessene Nachfrist
setzt (vgl. § 543 Abs 3 Nr 3 BGB). Jedoch ist dies empfehlenswert, da sonst das Gericht
als erstes eine Nachfrist setzt und so das Verfahren bereits zu Beginn verzögert wird (vgl.
Expertengespräch Meyer, 2012).
Befreit sich der Mieter allerdings von seiner Mietschuld durch Aufrechnung, so wird die
Kündigung wirkungslos, wenn der Mieter unverzüglich nach der Kündigung die
Aufrechnung erklärt (vgl. § 543 Abs 2 Nr 3 BGB). Unter Aufrechnung versteht man die
Neuberechnung der Mietschuld nach Abzug der geleisteten Schuldtilgung. Die Kündigung
wird auch dann unwirksam, wenn der Mieter oder eine öffentliche Stelle seine Mietschuld
und die fällige Entschädigung gemäß § 546 Abs 1 BGB innerhalb zwei Monate nach
Rechtsanhängigkeit des Räumungsverfahrens leistet (vgl. 569 Abs 3 Nr. 3 BGB).
45
Im Kündigungsschreiben muss der ausschlaggebende Kündigungsgrund angeführt sein
(§ 569 Abs 4 BGB). Eine Kündigung muss schriftlich ausgeführt werden und der
Vermieter muss den Mieter auf die Möglichkeit, die Form und die Frist seines
Widerspruchsrecht nach §§ 574 – 574b BGB rechtzeitig hinweisen (vgl. § 568 Abs 1 + 2
BGB). Da der Zahlungsverzug des Mietzinses den Vermieter zu einer außerordentlichen
fristlosen Kündigung berechtigt, kann sich der Mieter in diesem Fall im Widerspruch
gegen die Kündigung nicht darauf berufen, dass diese eine „Härte bedeuten würde, die
auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen
ist“ (§ 574 Abs 1 BGB).
6.1.2. Mietsicherheiten (Kaution) gemäß deutschem Mietrecht
Eine Kaution darf maximal die dreifache Höhe des vereinbarten Mietzinses betragen (ohne
den pauschalierten oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskostenanteil) und muss
getrennt vom Eigentum des Vermieters für den Mieter zinsbringend angelegt werden. Wird
diese Summe in bar geleistet, so kann sie in drei gleichen monatlichen Raten gezahlt
werden. Die erste Rate ist bei Beginn des Mietverhältnisses zu begleichen (vgl. § 551
BGB). Daraus entsteht das Problem, dass dem Vermieter zu Beginn des Mietverhältnisses
nur ein Drittel der Kaution ausgehändigt werden muss. Gerät der Mieter bereits mit der
zweiten Monatsmiete und der Zahlung der zweiten Rate der Kaution in Verzug, so hat der
Vermieter nur ein Drittel der Sicherheitsleistung zur Verfügung um anfallende Kosten zu
decken.
Für die Rückzahlung der Kaution steht dem Vermieter zumindest ein Zeitraum von drei
Monaten zur Verfügung, bis zum Ablauf der ihm zustehenden Abrechnungsfrist der
Betriebskosten bzw. Nebenkosten kann er jedoch auf jeden Fall einen angemessenen Teil
der Kaution einbehalten – dies kann auch länger als sechs Monate dauern (vgl.
Stürzer/Koch 2010, S K26).
6.1.3. Pfandrecht des Vermieters
Kommt der Mieter seinen Verpflichtungen aus dem Mietvertrag nicht nach, so hat der
Vermieter ein Pfandrecht an den sich im Bestandsobjekt befindlichen Gegenständen, mit
Ausnahme jener, die nicht zur Pfändung zulässig sind. Jedoch kann der Vermieter dieses
46
Pfandrecht nur für jene Entschädigungsforderungen und jene Mietschulden geltend
machen, die sich auf das laufende bzw. das darauf folgende Mietjahr beziehen (vgl. § 562
Abs 1 + 2 BGB).
Werden die Gegenstände mit Wissen bzw. Zustimmung des Vermieters vom
Bestandsobjekt entfernt, so erlischt das Pfandrecht. Gegenstände, die der gewöhnlichen
Lebensführung dienen, können auch ohne Zustimmung des Vermieters entfernt werden;
desweiteren ist sie entbehrlich, wenn die zurückbleibenden Gegenstände der Sicherung des
Vermieters Genüge tun (vgl. 562a BGB).
Widerspricht der Vermieter berechtigterweise der Entfernung der Gegenstände so kann er
dies ohne Anrufung des Gerichtes machen. Zieht der Mieter aus, so kann der Vermieter die
Gegenstände in Besitz nehmen. Werden die Sachen ohne Wissen oder Widerspruch des
Vermieters entfernt, so kann der Vermieter innerhalb eines Monats die Zurückschaffung
bzw. bei Auszug des Mieters die Besitznahmen darüber verlangen (vgl. § 562b BGB). Der
Mieter kann das Pfandrecht für jeden Gegenstand auslösen, indem er in Höhe des Wertes
Sicherheit leistet (vgl. § 562c BGB).
Erlangt ein Dritter das Pfandrecht über einen Gegenstand, für den der Vermieter
pfandberechtigt ist, so kann der Vermieter diesem gegenüber nur jene Miete geltend
machen, die innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung angefallen ist (vgl. § 562d
BGB).
6.2. Neuerungen durch den aktuellen Gesetzesentwurf des BjM
Im Mai 2012 hat das deutsche Bundesjustizministerium in seinem Gesetzesentwurf
festgeschrieben, die Berliner Räumung zu legalisieren, um den Vermieter in der
Ausmietung von Mietschuldnern zu unterstützen. Als Vorteil lässt sich die Verringerung
der Kosten durch den Entfall der Bevorschussung von Abtransport und Lagerung der im
Mietobjekt befindlichen Gegenstände des Mieters nennen. Jedoch sind auch Risiken bei
der Verwertung dieser Gegenstände durch den Vermieter gegeben: verwahrt der Vermieter
die Gegenstände nicht ordnungsgemäß und kommen diese zu Schaden oder abhanden, so
wird er schadenersatzpflichtig (vgl. §§ 280, 823 BGB). Desweiteren ist er verpflichtet die
Gegenstände zu kategorisieren, da ihm die Verpfändung der unpfändbaren Gegenstände
gemäß Katalog des § 811 BGB verwehrt ist. Daher ist die Berliner Räumung vor allem für
47
jene Vermieter von Vorteil, die einerseits über das entsprechende rechtliche Vorwissen
verfügen bzw. eng mit einem Rechtsberater zusammenarbeiten und andererseits über
anderwärtige Einlagerungsmöglichkeiten verfügen.
Desweiteren wurde beschlossen, dass Vermieter in Zukunft ihre Zahlungs- und
Räumungsansprüche leichter durchsetzen können. Der Vermieter kann die Hinterlegung
einer Sicherheitsleistung durch den Mieter bei Gericht verlangen. Diese Sicherheitsleistung
soll die Mietschulden decken, die während langer Verfahren anlaufen können. Zahlt der
Mieter nicht, so kann eine Räumung der Wohnung im Eilverfahren durchgeführt werden
(vgl. Leutheusser-Schnarrenberger 2012, S. 1).
Durch die Zahlung der Miete auf ein Sperrkonto der Justiz soll sichergestellt werden, dass
damit im Anschluss des Verfahrens die Ansprüche des Vermieters gedeckt werden können.
Allerdings wird der Wirksamkeit dieser Maßnahme misstraut. Eine geplante Änderung der
ZPO könnte bewirken, dass diese Hinterlegung nur dann beauftragt werden würde, „wenn
die spätere Klage zur Durchsetzung dieser Forderungen eine hohe Aussicht auf Erfolg hat“
(Jahn 2011, o.S.).
6.3. Relevante Rechtsmaterien der Zivilprozessordnung
6.3.1. Die Berliner Räumung – eine Alternative zum herkömmlichen Räumungsverfahren
Die sogenannte Berliner Räumung trägt ihren Namen aufgrund einer in dieser Causa
erstmaligen Entscheidung durch das Amtsgericht Berlin Wedding im Jahr 2004. Das
Modell der Berliner Räumung ist eine Form der Zwangsräumung und eng mit dem
Vermieterpfandrecht
verbunden.
Hat
der
Vermieter
einen
rechtskräftigen
Vollstreckungstitel in der Hand, so wird er als nächstes einen Gerichtsvollzieher mit der
Durchführung
Vorgangsweise,
der
Räumung
gemäß
der
beauftragen.
der
Im
Unterschied
Gerichtsvollzieher
zur
mit
herkömmlichen
Schlosser
und
Transportunternehmen für die Öffnung der Wohnung und dem Abtransport der sich in der
Wohnung befindlichen Gegenstände sorgt, wird im Zuge der Berliner Räumung die
Zwangsvollstreckung nach § 885 ZPO auf die Herausgabe der Wohnung beschränkt, unter
der Voraussetzung, dass der Vermieter an allen Gegenständen, die sich in den
Räumlichkeiten befinden, ein Vermieterpfandrecht geltend macht (vgl. www.recht-in.de
48
[18.7.2012]). Somit verbleiben alle Gegenstände im Mietobjekt. Eine Prüfung, ob alle
Gegenstände unter das Vermieterpfandrecht fallen, u.a. ob es Ansprüche Dritter gibt, hat
vom Gerichtsvollzieher nicht durchgeführt zu werden, da er nur Vollstreckungsorgan ist
und nicht über die unterschiedlichen Ansprüche der Parteien zu entscheiden hat (vgl.
Kuchreuter/Stangl/Alt 2007). In der Praxis werden anschließend die Schlösser getauscht
um eine etwaige Rückkehr des Mieters mit Hilfe duplizierter Schlüssel zu verhindern.
Der Schuldner kann eine Herausgabe der unpfändbaren bzw. wertlosen Gegenstände
verlangen (§ 885 Abs 3 S. 2 ZPO). Im Gegensatz zu der in § 885 Abs 3 S. 1 ZPO
angeordneten Überführung der Gegenstände in eine Verwahrungsstelle, bleiben diese
daher im Bestandsobjekt und der Vermieter ist verpflichtet, diese bis zur Versteigerung
aufzubewahren (vgl. § 1215 BGB). Frühestens nach Eintritt der Verkaufsberechtigung
kann der Vermieter unter Nennung des geschuldeten Betrages dem Mieter die
Versteigerung androhen; diese Pflicht entfällt, wenn sie als untunlich gilt. Nach Ablauf
eines Monats nach Androhung der Versteigerung kann der Vermieter eine öffentliche
Versteigerung veranlassen (bei Untunlichkeit einen Monat nach Erlangung der
Verkaufsberechtigung) (vgl. § 1234 BGB).
Der größte Vorteil an diesem Modell ist die vorläufige Kostenersparnis, da der an den
Gerichtsvollzieher zu leistende Kostenvorschuss hier in etwa € 400 beträgt, gegenüber
€ 2.000 bis 3.000 bei der herkömmlichen Räumung einer Wohnung (vgl. Herbert/Koch
2012). Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass der Vermieter unmittelbar in den Besitz der
sich in der Wohnung befindlichen Gegenstände des Mieters kommt. Allerdings soll hier
nochmals
darauf
hingewiesen
werden,
dass
nicht
alle
Gegenstände
dem
Vermieterpfandrecht unterliegen und dass bei unrechtmäßiger Verpfändung oder
Vernichtung bzw. Beschädigung jener nicht dem Vermieterpfandrecht unterliegenden
Gegenstände Schadenersatzansprüche des Mieters oder etwaiger Dritte entstehen können.
Ausgenommen vom Vermieterpfandrecht sind zum Beispiel jene Sachen, die nach § 811
ZPO unpfändbar sind und somit unter die Aufbewahrungspflicht fallen. Desweiteren
können sich Gegenstände im Eigentum Dritter befinden (unter Eigentumsvorbehalt
gekaufte Gegenstände). Letztendlich muss noch zwischen dem objektiven und dem
sogenannten subjektiven Müll unterschieden werden: während der objektive Müll entsorgt
werden kann, kann der Mieter behaupten, dass der subjektive Müll von großem Wert für
ihn sei und bei dessen Vernichtung Schadenersatzansprüche erheben. Daher ist es
49
unbedingt empfehlenswert, ein Protokoll mit Beschreibung und Fotodokumentation
anzufertigen (vgl. Herbert/Koch 2012).
6.3.2. Besonderheiten in der Zivilprozessordnung
Mietrechtliche
Streitigkeiten
werden
in
der
Zivilprozessordnung
geregelt.
Die
Zuständigkeit liegt beim jeweiligen Amtsgericht, in dessen Bezirk sich das Bestandsobjekt
befindet (vgl. 29a ZPO).
Die Zwangsräumung kann auf Basis eines rechtskräftigen, oder eines für vorläufig
vollstreckbar erklärten Endurteils durchgeführt werden. § 708 ZPO zählt jene Urteile auf,
für die die vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung durch den Gläubiger zu
erklären ist. Treffend ist hier Nr. 7: Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung
gelten „Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und Mieter (…) von
Wohnräumen (…) wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung (…)“ (§ 708 Nr. 7
ZPO). Ausschlaggebend hierfür ist das Bedürfnis nach einer schnellen Abwicklung und
das hohe Parteieninteresse (vgl. Häublein, Lehmann-Richter 2009, S. 380).
Auf Seiten des Mieters haben die §§ 721 und 794a ZPO besondere Bedeutung: in beiden
Fällen kann die Räumungsfrist vom Gericht bis zu einem Jahr ausgedehnt werden.
Desweiteren kann der Mieter bei Gericht die teilweise Aufhebung, Untersagung oder
einstweilige Einstellung des Räumungsvollzuges beantragen, wenn unter Würdigung des
Gläubiger-Schutzes die Durchführung der Räumung eine mit den guten Sitten nicht
vereinbare Härte darstellen würde (vgl. § 765a ZPO). Da in letzter Zeit vermehrt der
Einwand der „Suizidgefährdung“ angeführt wird, versucht das Gericht insofern einen
Interessensausgleich zu finden, indem es eine vorübergehende Einstellung ausspricht und
dem Mieter aufträgt, alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um die Suizidgefährdung
zu beseitigen (vgl. Häublein, Lehmann-Richter 2009, S. 381).
6.3.3. Beispielhafte Darstellung eines Verfahrensablaufes
Auf Basis des Experteninterviews mit RA Winfried Meyer kann folgend ein beispielhafter
Ablauf eines Kündigungs- und Räumungsverfahren beschrieben werden.
50
Bleibt die Miete an zwei einander folgenden Monaten aus oder erreicht der Rückstand aus
Mietschulden die Höhe von zwei Monatsmieten, so kann der Vermieter eine
außerordentliche, fristlose Kündigung aussprechen; diese kann er entweder selber unter
Anführung des Kündigungsgrundes schriftlich formulieren oder einen Anwalt damit
beauftragen. Es besteht zwar die Möglichkeit, die Kündigung im Zuge einer gerichtlichen
Klage auszusprechen, aber es ist taktisch sinnvoller, zuerst eine Kündigung mit einer
angemessenen Räumungsfrist zu übermitteln. Damit kann entsprechend der Umstände
vermieden werden, dass das Gericht im folgenden Verfahren eine weitere Räumungsfrist
gewährt.
Das Gericht prüft darauf hin, ob der Kündigungsgrund tatsächlich besteht, der Vermieter
seinerseits muss die Übermittlung der Kündigung nachweisen, entweder aufgrund eines
Einschreibens mit Rückschein oder aufgrund des sogenannten Einwurfeinschreibens. Bei
Zweiterem bestätigt der Briefträger, das Schreiben an einem bestimmten Tag zu einer
bestimmten Uhrzeit an der Abgabestelle des Mieters abgegeben zu haben. Der Vermieter
benötigt das gerichtliche Urteil oder den Beschluss, damit er die Räumung durchführen
kann. Nun kann es sein, dass der Mieter Mängel geltend macht, für deren Behebung der
Vermieter zuständig ist. Allerdings ist der Mieter vertraglich dazu verpflichtet etwaige
Mängel dem Vermieter sofort zu melden, damit diese von ihm behoben werden können.
Hat der Mieter diese Pflicht jedoch nicht erfüllt, so kann er sich nun nicht auf jene Mängel
berufen, zu deren Behebung er dem Vermieter keine Gelegenheit gegeben hat (vgl.
Expertengespräch Meyer, 2012).
Der Mieter erhält also die Klage vom Gericht zugestellt mit der Aufforderung sich zur
Sachlage zu äußern. Er muss sich nun innerhalb von zwei Wochen dahingehend äußern, ob
er sich gegen die Klage verteidigen möchte und seine Gründe gegen die Klage innerhalb
zwei weiteren Wochen schriftlich, vollständig und unter Angabe von Beweismitteln
anführen. Anschließend findet der erste Gerichtstermin statt. Hat sich der Mieter in den
ersten beiden Wochen seiner Einspruchsfrist nicht geäußert, so kann der Vermieter die
Erlassung eines Versäumnisurteils beantragen. Dies wäre die einfachste Lösung für den
Vermieter.
Antwortet der Mieter innerhalb der Zwei-Wochen-Frist, so erhält der Vermieter eine Kopie
der Durchschrift und hat noch vor der ersten Verhandlung die Möglichkeit einer
Erwiderung. Nach dieser Erwiderung beraumt das Gericht in der Regel den ersten
51
Verhandlungstermin an. Bei diesem Termin wird abgeklärt ob dem Mieter im vorliegenden
Fall eine Mietzinsminderung zusteht. Während des ersten Termins werden die Parteien
angehört und der Richter entscheidet, ob Beweise erbracht werden müssen. Laut ZPO ist
der Richter dazu verpflichtet, möglichst viele Details in dieser Verhandlung abzuklären.
Vor dem zweiten Termin muss das Gericht einen sogenannten Beweisbeschluss fassen;
dieser bestimmt, ob Beweise über die vom Mieter vorgebrachten Behauptungen dargelegt
werden müssen. Sind Beweise notwendig, so müssen diese beim nächsten Termin, ca. nach
3 – 4 Wochen dargelegt werden; desweiteren werden zu diesem zweiten Termin etwaige
Zeugen für den behaupteten Mietzinsminderungsgrund geladen. Bestätigen die Zeugen die
vom Mieter vorgebrachten
Tatsachen,
so wird für den dritten Termin
ein
Sachverständigengutachten eingeholt werden; will sich der Beklagte darauf berufen, so
muss er die diesbezüglichen Kosten vorschießen. In jenen Fällen, in denen die
Auswirkungen bestimmter Mängel hinlänglich bekannt sind (z.B. Auswirkung von
Schimmelbildung), kann der Richter aus eigenem Ermessen entscheiden. Werden die
Behauptungen des Mieters nicht ausreichend bewiesen, so gibt der Richter den Termin für
die Entscheidung bekannt, dieser finden zumeist ca. 3 Wochen später statt.
Dieser dritte Termin kann nun entweder ein weiterer Beweisaufnahmetermin sein oder die
Anhörung des Sachverständigen oder das Gericht kann direkt durch Urteil entscheiden. Es
wird
ein
folgender
Verkündungstermin
genannt
(für
Beweisbeschluss-
oder
Urteilsverkündung) und das erlassene Urteil ist gleichzeitig das Räumungsurteil: „Der
Beklagte wird verurteilt 1. die Wohnung zu räumen und 2. erhält der Beklagte eine
bestimmte Räumungsfrist; der Beklagte wird weiterhin verurteilt, rückständige Miete in
Höhe von … zu bezahlen“ (Experteninterview Meyer, 2012).
Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats das Rechtsmittel der Berufung eingelegt
werden, wird dies nicht getan, so ist das Urteil nach Ablauf der Berufungsfrist rechtskräftig
und kann vollstreckt werden.
Nach Ablauf diese Monats beantragt der Kläger erstens ein Rechtskraftzeugnis, zweitens
eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils, die sogenannte Vollstreckungsklausel und
drittens den Nachweis, wann das Urteil dem Beklagten zugestellt wurde. Diese drei
Faktoren sind Grundvoraussetzung um die Zwangsvollstreckung betreiben zu können, das
heißt den Gerichtsvollzieher mit der Räumung der Wohnung zu beauftragen und mittels
der Zwangsvollstreckung das ausstehende Geld einzuziehen. Zu beachten ist, dass das
52
Gericht zusätzlich zur Rechtsmittelfrist dem Mieter auch eine angemessene Räumungsfrist
ausgesprochen haben kann. Die Räumungsfrist zählt ab der Vollstreckbarkeit, also der
Rechtskräftigkeit des Urteils.
Nun erhält der Kläger die Aufforderung des Gerichtsvollziehers zur Vorschussleistung,
damit die Zwangsräumung durchgeführt werden kann. Dieser Vorschuss kann sich auf ca.
EUR 2.500 belaufen. Sobald der Vermieter die Vorschussleistung zahlt, setzt der
Gerichtsvollzieher den Termin zur Räumung fest (ca. 3 - 4 Wochen später).
Kann der Mieter nachweisen, für sich und seine Familie in der anberaumten Räumungsfrist
keine passende Wohnung gefunden zu haben, so kann ihm das Gericht eine neuerliche
Räumungsfrist von ca. 4 Wochen gewähren. Hat der Mieter nach Ablauf dieser zweiten
Räumungsfrist die Wohnung immer noch nicht verlassen, so erhält der Anwalt des
Vermieters eine entsprechende Mitteilung und der Gerichtsvollzieher setzt sich mit der
betreffenden Abteilung der Stadtverwaltung in Verbindung, ob eine entsprechende
Sozialwohnung frei wäre, da er eine Räumung durchzuführen hätte. Die Stadtverwaltung
erteilt ihm dann Auskunft, wann und wo eine Wohnung frei werden würde und
entsprechend
dieser
Vorgaben
beraumt
der
Gerichtsvollzieher
den
nächsten
Räumungstermin an. Bis dahin verbleibt der Mieter in der Wohnung.
Zu diesem Termin bestellt der Gerichtsvollzieher auch das Möbeltransportunternehmen,
das, sollte die neue Wohnung nicht alle Gegenstände aufnehmen können, die
übriggebliebenen Sachen auf der Pfandstelle abliefert, wo diese Gegenstände auf Kosten
des Vermieters eingelagert werden. Nun hat der Vermieter wieder Verfügungsgewalt über
seine Wohnung.
RA Meyer sieht keine große Chance, das gerichtliche Verfahren zu beschleunigen, da alle
Möglichkeiten bereits im Vorfeld durch entsprechende Gesetzesänderungen ausgeschöpft
worden sind. Der Mieter muss schließlich das Recht haben, sich zu äußern und Beweise
vorzubringen. „Unter Wahrung der rechtsstaatlichen Grundsätze gibt es kaum
Möglichkeiten hier Wesentliches zu verändern“ (Experteninterview Meyer, 2012).
53
6.4. Maßnahmen vor Abschluss des Mietvertrages
Viele Vermieter nützen die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht in vollem
Umfang aus: vor allem private Vermieter tendieren dazu, von der Einholung detailierter
Auskünfte abzusehen (vgl. Pfeiffer 2012). Laut Sondergutachten von Artz/Jacoby haben
nur knapp ein Drittel der Studienteilnehmer Auskünfte über den Mietinteressenten
abgefragt. Festgehalten kann werden, dass die Abfrage von umfangreichen Informationen
zur Person des potentiellen Mieters Mietpreller abschrecken. (vgl. Experteninterview
Becker, 2012).
Grundsätzlich können all jene Fragen gestellt werden, die unmittelbar im Zusammenhang
mit dem Interesse des Vermieters an einem zuverlässigen Mieter stehen (vgl.
Experteninterview Meyer, 2012), darunter fallen:
• Mietschuldenfreiheitsbescheinigung des Vorvermieters
• SCHUFA-Auskunft:
Schutzgemeinschaft
für
allgemeine
Kreditsicherung
(SCHUFA Holding AG), liefert kreditrelevante Informationen, Abfrage entweder
durch den Mietinteressenten selber oder durch ein Partnerunternehmen der Schufa
• Selbstauskunft des Mietinteressenten (vgl. Artz/Jacoby 2011, S. 25)
• Einkommensnachweis der letzten drei Monate: mit Name, Adresse und Unterschrift
des Arbeitgebers
• Nachfrage beim Schuldnerverzeichnis am Gericht des derzeitigen Wohnortes: jeder
mit einem berechtigten Interesse kann beim Amtsgericht Einkünfte über den
Mietinteressenten einholen (vgl. Expertengespräch Meyer, 2011)
Im Sondergutachten von Artz/Jacoby konnte erhoben werden, dass 23,9% eine
Selbstauskunft des Mietinteressenten, 8,8% einen Gehalts- bzw. Einkommensnachweis,
4,4% eine SCHUFA-Auskunft, 2,2% einen Kontoauszug und 2,2% der Studienteilnehmer
eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung verlangt haben. Desweiteren besuchten 3,5% den
betreffenden Mietinteressenten in der früheren Wohnung, 2,3% traten an eine Auskunftei
(z.B. Creditreform) heran und 10,9% holten sich Auskünfte über den Mieter bei
Bekannten, Arbeitgeber, Vorvermieter, Makler, ARGE/Sozialamt und Sonstigen ein (vgl.
Artz/Jacoby 2011).
54
Daraus lässt sich rückschließen, dass Vorfälle von Mietprellerei zumindest zu einem
gewissen Anteil auf die Gutgläubigkeit der Vermieter zurückzuführen sind. Ein viel zu
geringer Prozentsatz von Vermietern holt sich die ihnen zu Verfügung stehenden
Informationen ein. Leider kann man aber auch durch akribische Nachforschung nicht
ausschließen, einem Mietpreller zum Opfer zu fallen, jedoch lässt sich dadurch die Gefahr
verringern.
Abgesehen von den Informationen zur Person des Mietinteressenten sollten bei Abschluss
des Mietvertrages und Übergabe der Schlüssel folgende Punkte erfüllt sein:
• Kaution in Höhe von 3 Netto-Monatsmieten: der Mieter hat Anrecht auf Zahlung in
drei Raten, wobei die erste Rate bei Mietbeginn bezahlt werden muss.
• Bezahlung der ersten Monatsmiete
• Bezahlung einer etwaigen Maklergebühr
• Übergabe einer Kopie vom amtlichen Lichtbildausweises (vgl. Expertengespräch
Meyer, 2012)
6.4.1. Mietschuldenfreiheitsbescheinigung
Die Mietschuldenfreiheitsbescheinigung gibt in der Regel Auskunft über folgende drei
Punkte: der erste Punkt betrifft die Bestätigung der vollständigen und fristgerechten
Zahlungsleistung, der zweite Punkt führt die offene Mietschuld und eine darüber
getroffenen Zahlungsvereinbarung an, und der dritte Punkt zeigt eine offenen Mietschuld
auf, über die keine Zahlungsvereinbarung getroffen wurde, gibt jedoch Raum für eine
diesbezügliche Begründung. Eine Bestätigung über die ordnungsgemäße Rückgabe der
Wohnung ist nicht enthalten.
Die Mietschuldenfreiheitsbescheinigung wird unter anderem in München und Berlin
gefordert. Jedoch hat der Mieter aktuell kein gesetzliches Anrecht, eine solche von seinem
Vermieter zu verlangen. Er ist lediglich dazu berechtigt, die Quittungen über den
geleisteten Mietzins einzufordern (vgl. www.pro-wohnen.de [18.7.2012]). Es kann daher
schwierig sein, eine solche Bescheinigung zu bekommen (vgl. Expertengespräch Schatzl,
2012). Im Deutschen Bundestag wird jedoch derzeit diskutiert, das Recht des Mieters auf
eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung analog zum Arbeitszeugnis gesetzlich zu
verankern (vgl. Experteninterview Hartmann, 2012).
55
Abbildung 12: Muster Mietschuldenfreiheitsbescheinigung
Quelle: www.pro-wohnen.de [18.7.2012]
56
6.4.2. Kautionshöhe und -rückzahlung
Der Mietinteressent hat das Recht, die vom Vermieter verlangte Kaution in der Höhe von
maximal drei Monatsmieten in drei Raten zahlen zu dürfen. Dies kann dazu führen, dass
der Vermieter die Schlüssel bereits nach Erhalt der ersten Rate übergibt und darauf
vertrauen muss, dass sein neuer Mieter auch die beiden anderen Raten wie vereinbart
bezahlen wird (vgl. Expertengespräch Meyer, 2012).
Zieht der Mieter um und stellt seine Wohnung dem Vermieter zurück, so muss der
Vermieter die Kaution in der Regel innerhalb eines halben Jahres abrechnen und
entsprechend auszahlen. Jedoch hat der Vermieter das Recht, die Kaution zumindest
teilweise bis zur Abrechnung der Nebenkosten einzubehalten, da es zu Nachforderungen
seitens des Vermieters kommen kann. Diese Abrechnung kann bis zu einem Jahr dauern.
Dies wiederum bringt jene Mietinteressenten in Bedrängnis, die von vornhinein über kein
übermäßiges Budget verfügen. Allerdings gibt es speziell für Hartz IV- Empfänger die
Möglichkeit, dem Vermieter eine Abtretungserklärung auszuhändigen: das Sozialamt geht
dann für die Kaution in Vorleistung und zieht dem Sozialhilfe-Empfänger den geleisteten
Betrag in Raten von seinem monatlichen Einkommen wieder ab (vgl. Expertengespräch
Meyer, 2012).
6.4.3. Selbstauskunft des Mieters
Die Mieterselbstauskunft dient dazu, die Daten des Mietinteressenten zu erfassen. Wird die
Selbstauskunft als Anhang des Mietvertrags zu dessen Geschäftsgrundlage, kann die
wahrheitswidrige Beantwortung der zulässigen Fragen das rechtmäßige Zustandekommen
des Mietvertrages in Frage stellen. Angefochten werden kann der Vertrag allerdings nur
unter der Voraussetzung, dass es sich bei der gestellten Frage um eine zulässige Frage
handelt und wenn die Beantwortung wesentliche Voraussetzung für den Abschluss des
Mietvertrages war (vgl. Stürzer/Koch 2010, S 141).
Unter zulässige Fragen fallen jene Fragen nach der Bonität, also nach dem
Einkommensverhältnis, nach der berufliche Stellung und nach dem Arbeitgeber,
desweiteren nach dem Familienstand, einer etwaigen eidesstattlichen Erklärung und nach
einem etwaigen Insolvenzverfahren bzw. einer Lohnpfändung. Mit der Abgabe einer
eidesstattlichen Erklärung wird der Wahrheitsgehalt einer Erklärung bestätigt; ist diese
57
unwahr, stellt dies einen Straftatbestand dar (vgl. § 156 StGB) und der Erklärungsgeber
macht sich strafbar. Auch die Frage nach etwaigen Mietschulden gilt als zulässig; wird sie
unkorrekt beantwortet, so berechtigt dies den Vermieter auf jeden Fall eine fristlose
Kündigung auszusprechen.
Besonders in Deutschland ist die Einforderung einer freiwilligen Mieterselbstauskunft weit
verbreitet (vgl. Expertengespräche Hartmann, 2012). Jedoch sind es auch dort vor allem
die professionellen Vermieter, die davon Gebrauch machen. Den privaten Vermietern ist
die Einholung der Selbstauskunft des Mieters dringend nahezulegen. Im Sondergutachten
von Artz/Jacoby wurde festgestellt, dass ca. ein Viertel derjenigen Studienteilnehmer, die
vor Abschluss des Mietvertrages Auskünfte über den Mietinteressenten eingeholt haben,
nicht nach einer Selbstauskunft des Mieters gefragt haben.
Die Mieter - Selbstauskunft kann folgende Angaben enthalten:
•
Derzeitige Wohnadresse
•
Geburtsdatum
•
Beruf
•
Arbeitgeber
•
Einkommenshöhe
Desweitern kann gefragt werden nach:
•
Grund für den Wohnungswechsels
•
Referenz vom vorherigen Vermieter
•
Haustierhaltung
•
Raucher
•
Vorhandensein einer Haftpflichtversicherung
•
Derzeit anhängige Mahnverfahren, Zahlungsklagen, Insolvenzverfahren, etc.
Die Suche nach Mietnomaden auf sogenannten Mieterkarteien im Internet wird eher
skeptisch gesehen, denn die Evidenzhaltung könnte zweifelhaft sein und oft verwenden
Mietnomaden unterschiedliche Schreibweisen ihrer Namen, was die spezifische Suche
erschwert. Außerdem ist es fraglich, ob solche Internetportale dem Datenschutzgesetz
entsprechen (vgl. Expertengespräch Meyer, 2012).
58
Folgend ein Musterformular für die freiwillige Mieterselbstauskunft:
Abbildung 13: Muster einer freiwilligen Mieterselbstauskunft
Quelle: www.sb-immobilien.com [15.7.2012]
59
6.4.4. Versicherung gegen den Schadensfall
In Deutschland werden Versicherungen gegen den Mietausfall und gegen die Schäden
durch den Mietpreller angeboten. Jeder Vermieter sollte sich aber gut beraten lassen und
kalkuliert entscheiden, ob er eine solche Versicherung abschließen will. Natürlich werden
dem Vermieter gewissen Vorsichtsmaßnahmen verpflichtend nahe gelegt: sie müssen
nachweisen, sorgfältig die finanziellen Verhältnisse des Mietinteressenten geprüft zu haben
und müssen unter Umständen auch ein Protokoll der Wohnungsübergabe vorlegen (vgl.
Hinterberger 2012).
Um sich gegen die Verfahrenskosten abzusichern, ist es jedoch für jeden Vermieter ratsam,
eine Rechtschutzversicherung abzuschließen.
6.5. Durchschnittliche Verfahrensdauer
Laut der Erhebung im Zuge der Erstellung des Sondergutachtens von Artz/Jacoby haben
ca. ein Drittel der Mieter der befragten Teilnehmer die Wohnung nach der Kündigung
freiwillig verlassen. Gegen die restlichen zwei Drittel wurde in drei Viertel der Fälle eine
Räumungsklage vor Gericht eingebracht. Hier wurden im Durchschnitt nach ca. 1,14
Monaten nach erstmaligem Ausbleiben des Mietzinses die Kündigung und 3,57 Monate
nach Erklärung der Kündigung die Räumungsklage ausgesprochen. Diese Zeitspannen
begründeten sich einerseits auf Kostenerwägungen des Vermieters und dem verkündeten
Räumungswillen des Mieters. Das Räumungsverfahren umfasste eine Zeitspanne von
durchschnittlich 5,36 Monaten ab Klagseinbringung bis zur Urteilsverkündung, weitere
2,62 Monate dauerte die Räumung durch den Gerichtsbeamten ab rechtskräftigem
Räumungstitel. Nur in einem Fünftel der Fälle wurde nach dem Berliner Modell
vorgegangen. In jenen Fällen, in denen bereits kurz nach Mietbeginn die Zinszahlung
eingestellt wurde, gewährte das Gericht in 50% eine Räumungsfrist zwischen zwei bis vier
Wochen. „Verzögerungen der Räumungsvollstreckung sind regelmäßig auf die fehlende
Bevorschussung des Gläubigers, nicht aber etwa auf die Arbeitsüberlastung der
Gerichtsvollzieher zurückzuführen“ (Artz/Jacoby 2012, S. 31).
60
6.6. Wirtschaftlicher Schaden für den Vermieter
Laut des Sondergutachtens von Artz/Jacoby beklagten ca. 18% der betroffenen Vermieter
einen Schaden in Höhe von bis zu EUR 2.500. Bei ca. 26% der festgestellten Fälle von
Mietprellerei kam es zu einer Schadenshöhe zwischen EUR 2.501 und EUR 5.000, bei ca.
27% zu einer Schadenshöhe zwischen EUR 5.001 und EUR 10.000. In ca. 20% der Fälle
mussten die Vermieter einen Betrag in Höhe zwischen EUR10.001 und EUR 20.000 als
Schadensumme abschreiben. Letztlich wurde in 9% der Fälle eine Schadensumme
zwischen 20.001 bis über 100.000 angegeben, wobei nur 0,61% der Studienteilnehmer die
100.000 Euro-Schwelle überschritten (vgl. Artz/Jacoby 2011, S. 98).
6.7. Wirtschaftlicher Schaden für den Gesamtmarkt
Laut Eurostat handelt es sich bei ca. 47% der deutschen Wohnungen um Mietwohnungen.
Rechnet man die Anzahl der Vorfälle von Mietprellerei laut Sondergutachten von
Artz/Jacoby auf den deutschen Gesamtmarkt hoch, kann man von in etwa 5.000 – 10.000
Fällen bei ca. 20 Mio. Mietwohnungen ausgehen. Dies ergibt einen geschätzten Anteil in
der Größenordnung zwischen 2,5 – 5 Promille.
61
7. Die Situation in der Schweiz
Auch in der Schweiz ist es schwierig, genaue Zahlen zum Thema Mietprellerei zu nennen.
Laut Auskunft des Bundesamtes für Wohnungswesen (BWO) kam es in der Schweiz im
zweiten
Halbjahr
außerordentlichen
2011
zu
Kündigungen.
700
Die
Schlichtungsstellenverfahren
Verfahren
umfassten
aufgrund
Anfechtungen
von
einer
außerordentlichen Kündigung infolge von Zahlungsrückstand, Verletzung der Sorgfaltsund Rücksichtsnahmepflicht, Mängel an der Mietsache, aus wichtigen Gründen oder
infolge des Konkurses des Mieters. Laut Felix König, dem stellvertretenden Leiter der
Rechtsabteilung des BWO, dürften die Fälle von Mietprellerei nur einen sehr kleinen
Anteil an diesen Verfahren haben. Allerdings wird auch nicht jeder Streit mit dem
Mietschuldner vor der Schlichtungsstelle gelöst. Hr. König vermutet, dass es nicht mehr
als ein paar Dutzend derartiger Fälle jährlich gäbe (vgl. Email König, 2012).
Die
für
Miet-
und
Pachtstreitigkeiten
im
Zusammenhang
mit
Wohn-
und
Geschäftsräumlichkeiten zuständigen Schlichtungsbehörden müssen in Streitfällen
obligatorisch durchlaufen werden, sind aber in diesen Belangen kostenlos (vgl. Art. 113
Nr. 2c ZPO), es sei denn die Prozessführung wird als mutwillig beurteilt. Dann kann der
unterlegenen Partei aufgetragen werden, die Verfahrenskosten teilweise oder zur Gänze zu
übernehmen und die andere Partei zu entschädigen (vgl. Art. 274d OR). Kommt es im
Schlichtungsverfahren zu keiner Einigung, so fällt die Schlichtungsstelle „einen Entscheid
über die Ansprüche der Vertragsparteien und die Verwendung der Mietzinse“ (Art. 259i
OR). Dieser Entscheid wird mangels Einrede der unterlegenen Partei innerhalb von 30
Tagen rechtskräftig.
7.1. Relevante Rechtsmaterien im Schweizerischen Obligationenrecht
7.1.1. Kündigung von Wohnraum
Bleibt der Mieter die Zahlung des Mietzinses schuldig, so kann ihm der Vermieter eine
Nachfrist zur Zahlung von 30 Tagen setzen und ihm die Kündigung des Mietverhältnisses
androhen. Empfehlenswert ist es, die Kündigungsandrohung eingeschrieben mit
Rückschein dem Mietschuldner zuzustellen, da die 30-tägige Frist zur Zahlung des
Mietzinsrückstandes am Tag nach der Entgegennahme der Kündigungsandrohung beginnt.
62
In jedem Fall gilt das Schreiben mit dem letzten Tag der Abholfrist von 7 Tagen als
zugestellt (vgl. www.hev-schweiz.ch [21.5.2012]).
„Kommt der Mieter dieser Nachzahlungsaufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht
nach, so kann ihm unter Setzung einer weiteren Frist von 30 Tagen zum Monatsende
fristlos gekündigt werden“ (Art. 257d OR). Die Kündigung bedarf der Schriftform und ist
mittels vom entsprechenden Kanton genehmigten Formulars durchzuführen. Dieses
Formular beinhaltet unter Anderem den Hinweis auf die Vorgangsweise bei Anfechtung
der Kündigung als auch bei Ansuchen um Erstreckung des Mietverhältnisses (vgl. Art.
266l OR). Desweiteren hat die Kündigung sowohl an den Mieter als auch an seinen
Ehegatten zu ergehen (vgl. Art. 266n OR) und als Kündigungsgrund den Terminus
„Zahlungsverzug gemäß Art. 257d OR“ aufzuweisen (vgl. www.hev-schweiz.ch
[21.5.2012]).
7.1.2. Rechtschutz im summarischen Verfahren
Art. 257 ZPO sieht vor, dass das Gericht bei unbestrittenen oder sofort beweisbaren
Sachverhalten bzw. dort, wo die Rechtslage eindeutig ist, Rechtschutz im summarischen
Verfahren gewährt. Der Unterschied zum ordentlichen Verfahren liegt erstens darin, dass
kein Schlichtungsverfahren stattfindet, desweiteren dass - unabhängig vom Streitwert meist nur ein Einzelrichter zuständig ist, nur bestimmte Beweismittel zulässig sind und der
Sachverhalt nur glaubhaft dargestellt werden muss. Das bedeutet, der Darstellung des
Klägers muss als wahrscheinlich gefolgt werden können (vgl. Bürgi/Nägeli 2012).
Ist die Rechtslage jedoch unklar, also bestreitet der Mieter den Sachverhalt, dann muss ein
ordentliches Verfahren im Zuge eines Schlichtungsverfahrens eröffnet werden (vgl. Email
König, 2012).
7.2. Beispielhafter Ablauf einer Kündigung bzw. Räumung in der Praxis
Ist der Mietzins am ersten des Monats fällig und bis zum 10. nicht überwiesen, so
übermittelt der Vermieter dem säumigen Mieter eine Mahnung unter Setzung einer
Nachfrist von 30 Tagen. Bleibt der Mieter die Miete bis zum Ende der Nachfrist schuldig,
so kann ihn der Vermieter mit einer nochmaligen Frist von 30 Tagen auf Ende eines
63
Monats fristlos unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften kündigen. Weigert sich der
säumige
Mieter
die
Wohnung
zu
räumen,
verlangt
der
Vermieter
in
der
Schlichtungsbehörde seine Ausweisung. Der Mieter erhält zumeist eine Frist von 10 - 14
Tagen, um Stellung zu nehmen. Ergeht anschließend ein Urteil, wird der Räumungstermin
festgelegt. Wenn der Mieter die Wohnung trotzdem nicht verlässt, wird er unter
Zuhilfenahme der Polizei, eines Schlossers und eines Umzugsdienstes aus der Wohnung
entfernt. Hat der Mieter die Wohnung bereits verlassen, so ist es vielerorts Gerichtspraxis,
dass dem Vermieter die Verwahrung der Gegenstände für die Dauer eines Jahres
aufgetragen wird. (vgl. Expertengespräch Leimer, 2012).
7.3. Maßnahmen vor Abschluss des Mietvertrages
Analog zu Österreich und Deutschland ist es in der Schweiz ebenfalls üblich, Auskünfte
bezüglich Einkommen und aktueller Wohnadresse einzuholen und eine Kopie des
Ausweises anzufertigen. Diese Daten werden mittels eines Mietgesuchs festgehalten.
Desweiteren wird in der Regel eine Betreibungsregisterauskunft verlangt. Oft ist auch der
Abschluss
einer
Privathaftpflichtversicherung
Bedingung
zur
Erlangung
des
Mietverhältnisses, da dadurch ein etwaiger, durch den Mieter entstandener, Schaden
abgedeckt sein kann. Hier sollte allerdings die Auskunft des Mietinteressenten direkt bei
der Versicherung verifiziert werden, damit die Deckung von Schäden gewährleistet ist
(vgl. Expertengespräch Leimer, 2012).
7.3.1. Mietgesuch
Im Mietgesuch wird unter anderem das Einkommen, Beruf und Arbeitgeber abgefragt. Ist
der potentielle Mieter ausdrücklich damit einverstanden bzw. hat er den Arbeitgeber als
Referenz angegeben, so kann der Vermieter bei diesem Erkundungen einholen, ob das
Arbeitsverhältnis aufrecht ist und ob das Nettoeinkommen in etwa dem dreifachen
Mietzins entspricht. Auch können Referenzen vom Vorvermieter eingeholt werden
bezüglich der pünktlichen Bezahlung der Miete, bezüglich etwaiger Beschwerden der
Nachbarn oder anderer Probleme. Hier ist zu beachten, dass die Auskünfte des
Vorvermieters der Wahrheit entsprechen müssen, da dieser sonst unter Umständen in
Haftung gerät (vgl. www.hev-schweiz.ch, 2009).
64
Abbildung 14: Muster eines Mietgesuchs
Quelle: www.immoleimer.ch [15.8.2012]
65
7.3.2. Betreibungsregisterauskunft
Um sich über die wirtschaftliche Situation des Mietinteressenten zu informieren, kann ein
sogenannter
Betreibungsregisterauszug verlangt
werden.
In
diesem
Auszug ist
festgehalten, ob es eine aktuelle Betreibung gegen den Mieter gibt bzw. ob bereits
Verlustscheine
existieren.
Unter
Betreibung
versteht
man
unter
anderem
die
Zwangspfändung, die vom Gläubiger formlos eingebracht werden kann und von den
Betreibungsämtern durchgeführt wird (vgl. www.ch.ch [15.8.2012]). Ein Verlustschein
wiederum belegt, dass bereits eine erfolglose Betreibung gegen die betreffende Person
stattgefunden hat (vgl. www.inkassosolution.ch [15.8.2012]). Da sich dieser Auszug aber
nur auf den aktuellen Wohnort bezieht, ist es empfehlenswert, auch Auskunft über frühere
Wohnorte einzufordern und ergänzende Betreibungsregisterauszüge einzuholen. Auch ist
es möglich, sich beim letzten Vermieter über die Zahlungsmoral des Mietinteressenten zu
erkundigen und eine Referenz einzuholen (vgl. Expertengespräch König, 2012).
7.3.3. Sicherheitsleistung
Der Vermieter hat ein Anrecht auf eine Sicherheitsleistung in Höhe von höchsten drei
Monatsmieten und hat diese getrennt vom eigenen Vermögen auf ein Sparbuch bzw.
Wertpapierdepot lautend auf den Namen des Mieters zu hinterlegen (vgl. Email König,
2012). Diese Kaution darf von der Bank nur mit Zustimmung beider Parteien oder
aufgrund eines rechtskräftigen Zahlungsbefehls bzw. Gerichtsurteils ausgehändigt werden
(vgl. § 257e OR). Bei Nicht-Inanspruchnahme der Sicherheitsleistung innerhalb eines
Jahres nach Beendigung des Mietverhältnisses kann der Mieter die Rückzahlung des
Betrages verlangen (vgl. Art. 257e OR).
Als Alternative zur Kaution kann dem Vermieter angeboten werden, dass der
Mietinteressent eine Mietkautionsversicherung abschließt: diese übernimmt gegen
Bezahlung einer Prämie jene Verpflichtungen des Mieters gegenüber dem Vermieter, die
dem Mieter aus der Natur der Kaution erwachsen würde (vgl. www.hev-schweiz.ch, 2012).
66
7.4. Verfahrensdauer
Bis einem säumigen Mieter gekündigt werden kann, vergehen aufgrund der gesetzlichen
Vorgaben zumindest zwei Monate ab Entstehen der Zahlungsschuld, da dem säumigen
Mieter 30 Tage Frist zur Zahlung des offenen Betrages zuzugestehen ist und erst
anschließend unter nochmaliger Setzung einer Frist von 30 Tagen zum Monatsende
gekündigt werden kann (vgl. Email König, 2012). Ist die Sachlage eindeutig und beweisbar
und die Rechtslage klar, so kann der Mietschuldner mittels gerichtlich gewährten
Rechtsschutzes im summarischen Verfahrens rasch aus der Wohnung ausgewiesen werden.
Zwar kann die diesbezügliche Zeitspanne variieren, jedoch dient dieses Verfahren dazu,
die Räumung der Wohnung (hier also die Ausweisung des Mieters) ohne weiteren
Zeitverlust, auch unter Zuhilfenahme der Polizei, durchzuführen. Muss jedoch aufgrund
des Widerspruches des Mieters die Schlichtungsbehörde entscheiden, so kann sich die
Verfahrensdauer um einige Monate verlängern (vgl. Email König, 2012).
7.5. Wirtschaftlicher Schaden für den Vermieter
Je nach Höhe der ausstehenden Miete, der Reaktionszeit des Vermieters, der Dauer des
Verfahrens und den Schäden an der Wohnung kann sich der Schaden zwischen ein paar
tausend Franken bis zu einem fünfstelligen Franken-Betrag belaufen (vgl. Email König,
2012).
7.6. Wirtschaftlicher Schaden für den Gesamtmarkt
Gemäß Einschätzung von König kommt es in der gesamten Schweiz pro Jahr nur zu
einigen Dutzend Vorfällen in Zusammenhang mit Mietprellern (vgl. Email König, 2012).
Geht man davon aus, dass es sich bei zwei Drittel der vier Millionen Wohnungen um
Mietwohnungen handelt, so ergibt sich eine Größenordnung von weit weniger als ein
Promille (vgl. www.bfs.admin.ch [10.8.2012]).
67
7.7. Beantwortung des Interview-Fragebogens durch Felix König (BWO)
Wie definieren Sie den Begriff „Mietnomade“? Haben Sie Kenntnis diesbezüglicher
Vorfälle?
Als „Mietnomade“ würde ich eine Person bezeichnen, die von Mietwohnung zu
Mietwohnung zieht und dabei das Ziel verfolgt, am jeweiligen Ort möglichst lange ohne
Bezahlung des Mietzinses wohnen zu können. Häufig zeichnet sich ihr Verhalten zudem
dadurch aus, dass sie die Wohnung in verwahrlostem Zustand zurück lässt. Ich wurde
bisher noch nie mit solchen Fällen konfrontiert.
Können Sie schätzen, wie viele Fälle von Mietnomaden in der Schweiz pro Jahr auftreten?
Gemäss Statistik über die Tätigkeit der Schlichtungsbehörden gab es im zweiten Halbjahr
2011 in der Schweiz über 700 Schlichtungsverfahren zum Thema ausserordentliche
Kündigung. Dieser Anrufungsgrund umfasst die Anfechtung einer ausserordentlichen
Kündigung infolge von Zahlungsrückstand (Art. 257d Abs. 2 OR), Verletzung der
Sorgfalts- und Rücksichtsnahmepflicht (Art. 257f Abs. 3 OR), Mängeln an der Mietsache
(Art. 259b lit. a OR), aus wichtigen Gründen (Art. 266g OR) oder infolge Konkurs des
Mieters (Art. 266h OR). Nur ein ganz kleiner Teil dieser Fälle dürfte „Mietnomaden“
betreffen. Andererseits führt aber auch nicht jeder Fall von „Mietnomaden“ zu einem
Schlichtungsverfahren.
Es
ist
deshalb
schwierig,
aus
der
Statistik
der
Schlichtungsbehörden Erkenntnisse dazu zu gewinnen.
Ich vermute, dass es in der Schweiz jährlich nicht mehr als einige Dutzend solcher Fälle
gibt.
Welche Informationen sind Ihrer Meinung nach unbedingt vor Vertragsabschluss über den
potentiellen Mietereinzuholen?
In der Schweiz ist es üblich, dass der Vermieter vor Abschluss eines Mietvertrages einen
Betreibungsregisterauszug einfordert. Dieser Auszug beinhaltet aber nur Informationen,
die sich auf den jeweiligen Wohnort beziehen. Da Mietnomaden diesen häufig wechseln,
kann es sinnvoll sein, sich nach früheren Wohnorten zu erkundigen und dort ebenfalls
Betreibungsregisterauszüge anzufordern. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, vom
letzten Vermieter eine Referenz einzuholen.
68
Wie kann man Ihrer Meinung nach zusätzlich den Abschluss eines Mietvertrages mit
einem Mietnomaden vermeiden?
Gemäss Artikel 257e Absatz 2 Obligationenrecht (OR) darf der Vermieter bei der Miete
von Wohnräumen höchstens drei Monatszinse (auf einem Sparkonto oder einem Depot, das
auf den Namen des Mieters lautet. Das Geld darf aber nur mit Zustimmung beider
Parteien oder gestützt auf ein Urteil herausgegeben werden) als Sicherheit verlangen.
Wird dies verlangt, so kann dies für „Mietnomaden“ abschreckend wirken.
Wie lange dauern Ihrer Erfahrung nach durchschnittlich die notwendigen Mietzinsklage
und Räumungsverfahren?
Gemäss Artikel 257d OR kann der Vermieter dem Mieter, der nach der Übernahme der
Sache mit der Zahlung fälliger Mietzinse oder Nebenkosten im Rückstand ist, schriftlich
eine Zahlungsfrist von 30 Tagen setzen und ihm androhen, dass bei unbenütztem Ablauf
der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde. Bezahlt der Mieter innert der gesetzten Frist
nicht, so kann der Vermieter bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von
mindestens nochmals 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen. Dies bedeutet, dass eine
Kündigung frühestens zwei Monate nach der ersten Säumnis des Mieters wirksam ist.
Sofern der Sachverhalt unbestritten oder sofort beweisbar und die Rechtslage klar ist,
gewährt
das
Gericht
Rechtsschutz
im
summarischen
Verfahren
(Artikel
257
Schweizerische Zivilprozessordnung, ZPO). Die Dauer dürfte von Ort zu unterschiedlich
sein, aber das Verfahren ist auf eine unverzügliche Umsetzung des Rechtsschutzes (in
diesem Fall Ausweisung des Mieters, nötigenfalls mit Hilfe der Polizei) ausgerichtet.
Wenn allerdings dieser Rechtsschutz nicht gewährt werden kann, beispielsweise weil der
Mieter den Sachverhalt bestreitet und/oder seinerseits Ansprüche (z.B. wegen Mängeln)
geltend macht, so muss der Vermieter ein ordentliches Verfahren vor der zuständigen
Schlichtungsbehörde einleiten. Dadurch kann sich die die Verfahrensdauer bis zur
Räumung ohne weiteres um ein paar Monate verlängern.
Wie hoch sind Ihrer Erfahrung nach die durchschnittlichen Kosten/Schäden, die der
Mietnomade anrichtet (Größenordnung)?
Dazu kenne ich kein praktisches Beispiel auf das ich zurückgreifen könnte. Geht man
jedoch von einer möglichen Verfahrensdauer von mehreren Monaten aus, so resultiert, je
nach Höhe des Mietzinses, eine Summe von einigen tausend Franken. Kommen noch
69
Schäden am Mietobjekt dazu, so erscheint auch ein fünfstelliger Frankenbetrag nicht
unrealistisch.
Gemäß Art. 259g des schweizerischen Mietrechtes kann der Mieter bei Mängel und
Verstreichen der Frist den Mietzins hinterlegen. Hat andererseits der Vermieter in
Streitfällen die Möglichkeit zu verlangen, dass der Mieter den Mietzins hinterlegt, bis ein
Urteil gefällt wird?
Eine Hinterlegung im Streitfall zugunsten des Vermieters ist durch das OR nicht
vorgesehen. Faktisch erfüllt die Sicherheit von bis zu drei Monatszinsen, die der Vermieter
zu Beginn des Mietverhältnisses verlangen kann (vgl. Antwort zu Ziffer 5), eine
vergleichbare Funktion.
Welche Kündigungstermine stehen dem Vermieter zur Verfügung?
In erster Linie gelten die vertraglich vereinbarten Kündigungstermine. Sehr oft ist dies
jedes Monatsende mit Ausnahme des 31. Dezember. Fehlt es an einer solchen
Vereinbarung, so gilt der sogenannte Ortsgebrauch. Dieser kann beispielsweise den 31.
März, den 30. Juni, und 30. September als Kündigungstermine vorsehen. Fehlt es sowohl
an einer vertraglichen Vereinbarung als auch an einem Ortsgebrauch, so kann auf das
Ende einer dreimonatigen Mietdauer gekündigt werden. Diese berechnet sich ab dem
Vertragsbeginn. Wenn ein Mietverhältnis am 1. Februar begonnen hat, so sind der 30.
April, der 31. Juli, der 31. Oktober sowie der 31. Januar Kündigungstermine.
Im vorliegenden Zusammenhang ist Artikel 266c OR allerdings nicht zentral, da diese
Bestimmung die normale Kündigung betrifft, während bei „Mietnomaden“ regelmässig
Artikel 257d OR und damit ein besonderer Kündigungstermin (unabhängig vom Vertrag
oder vom Ortsgebrauch das Ende eines Monats) zur Anwendung gelangt.
Ist das Thema Mietnomaden in den schweizerischen Medien übermäßig präsent? Wenn ja,
zu Recht ?
Das Thema ist in den Schweizer Medien präsent. Es erscheinen regelmässig Artikel dazu.
Ob man die Häufigkeit als übermässig bezeichnen will, ist eine Ermessensfrage. Davon
ausgehend, dass Mietnomaden im Verhältnis zur Gesamtzahl der Mieter eine doch seltene
Ausnahme darstellen dürften, könnte man wohl schon von einer übermässigen medialen
Präsenz sprechen. Ob dies zu Recht so ist, kann ich nicht beurteilen. Die Medien bringen
70
es halt, weil es die Leute interessiert. Da sich der umsichtige Vermieter recht gut absichern
kann, ist es meines Erachtens aber kein riesiges Thema. Die meisten Vermieter werden
wohl aus Schaden klug und daher kein zweites Mal davon betroffen sein.
Quelle: Email König, 2012
7.8. Schematische Darstellung des Ablaufs Mietzinsinkasso
Um einen Überblick über den Ablauf des Mietzinsinkassos in der Schweiz zu geben, folgt
eine Darstellung der Zuständigkeiten im Ablauf der Mietzinseintreibung:
Abbildung 15: Ablauf Mietzinsinkasso
71
Quelle: www.Miet-Schlichtungsverfahren.ch, 2012
7.9. Das Retentionsrecht
Das schweizerische Retentionsrecht entspricht dem Vermieterpfandrecht, ist jedoch nur auf
Geschäftsraummieten anwendbar (vgl. Art. 268 OR) und daher kein Regressionsmittel im
Bereich der Wohnraumvermietung. Es ist allerdings Gerichtspraxis, dass der Richter dem
Vermieter die Verwahrung der Gegenstände für die Dauer eines Jahres aufträgt (vgl.
Expertengespräch Leimer, 2012).
72
8. Darstellung der wesentlichen Unterschiede der drei Länder
Grundsätzlich herrscht die gleiche Vorgehensweise in Bezug auf Mietnomaden. Folgend
die wesentlichen Unterschiede:
Österreich
Deutschland
Schweiz
Mietschuldenfreiheits- Betreibungsregisterbescheinigung, Abfrage auskunft
Wirschaftsauskunftei
(Schufa, Creditreform)
Zusätzlich verlangte
Informationen vor MVAbschluss (neben
Einkommen, Wohnadresse, Ausweis)
MieterselbstauskunftFormular
nein
ja
Auskünfte über
Zahlungsmoral bzw.
Schuldenstand
Einführung eines
Mieterzeugnisses nur
durch HV Rustler
Mietschuldenfreiheits- Betreibungsregisterbescheinigung, Abfrage auskunft
Wirschaftsauskunftei
(Schufa, Creditreform)
Kündigungszeitpunkt
bei Zahlungsverzug
Verzug von 1 MM
Verzug von 2 MM oder Verzug von 1 MM
Schuld iHv 2 MM
Kautionshöhe
Inanspruchnahme der
Kaution
3 - 6 MM
durch Vermieter
3 MM in 3 Raten
durch Vermieter
Rückzahlungsfrist der
Kaution
unverzüglich nach
Auflösung des MV,
wenn keine berechtigte
Ansprüche
3 Monate, bzw. teilweise Einbehalt der
Kaution bis zur BKAbrechnung
Möglichkeit eines
nein
beschleunigten
Verfahrens
Sicherheitsleistung
einstweilige MZwährend des Verfahrens Festsetzung
nein
Pfandrecht des
Vermieters
Sonderbestimmungen
bzgl. Räumung
ja
ja
nein
Berliner Räumung
Sicherheitsleistung
während des
Verfahrens
Verwahrungspflicht des ja
Vermieters
ja
73
ja ("Mietgesuch")
3 MM
Freigabe durch die
Bank nur aufgrund
Zustimmung beider
Parteien bzw. eines
gerichtlichen Urteils
innerhalb eines
Jahres
Rechtschutz im
summarischen
Verfahren
nein
nein (bei
Wohnraum)
nein
grundsätzlich nein,
in der Gerichtspraxis
ja
9. Zusammenfassung
Mietbetrug ist kein Phänomen der neueren Zeit, jedoch gerieten solche Vorkommnisse in
letzter Zeit vermehrt in die öffentliche Wahrnehmung. Printmedien berichteten ausführlich
über die Vorgangsweise der Mietpreller und den finanziellen Schaden, der den Vermieter
treffen könnte. Tatsächlich ist der wirtschaftliche Schaden, den eine Einzelperson im
schlimmsten Fall zu tragen hat, nicht unbeträchtlich. Der konkrete finanzielle Schaden für
den Vermieter ist jedoch von unterschiedlichen Faktoren abhängig und kann zwischen
einigen Tausend Euro und einem fünfstelligen Euro-Betrag ausmachen.
Besondere Relevanz hat dies in Bezug auf die Anschaffung einer Vorsorgewohnung, da
hier die Mietzinseinnahmen zur Tilgung des aufgenommenen Kredits verwenden werden
und die regelmäßige Einnahme der Miete Voraussetzung für die Gesamtberechnung der
finanziellen Belastung ist. Damit die Rückzahlung des Kredits nicht gefährdet ist, sollte auf
jeden Fall ein Mietausfall für die Dauer von zwei Jahren inklusive etwaiger
Renovierungskosten einkalkuliert werden.
Eine Quantifizierung der diesbezüglichen Vorfälle ist nicht einfach, da es keine statistische
Erfassung gerichtlicher Räumungen aufgrund von vorsätzlicher Mietprellerei gibt und auch
nicht alle Mietstreitigkeiten vor Gericht beendet werden. Jedoch kann aufgrund der
Interviews mit Hausverwaltungen, Rechtsanwälten und Interessensvertretungen davon
ausgegangen werden, dass sich die Vorfälle vorsätzlicher Mietprellerei in der
Größenordnung zwischen weniger als 1 Promille in der Schweiz, ca. 1 Promille in
Österreich und 2,5 - 5 Promille in Deutschland befinden.
Der einzig wirksame Schutz gegen Mietpreller ist die sorgfältige Einholung von
Informationen über die Person des Mietinteressenten: ein vom Arbeitgeber bestätigter
Einkommensnachweis, aktuelle Adresse und eine Kopie des amtlichen Ausweises sind
unerlässlich und werden trotzdem nicht konsequent abgefragt. Während in Deutschland
vom Mieter bereits vielerorts eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung verlangt wird, so
sorgt ein diesbezüglicher Vorschlag der Rustler Gruppe, die Zahlungsmoral des
Mietinteressenten mit Hilfe eines sogenannten Mieterpasses abzufragen, in Österreich für
Diskussionen. In der Schweiz wiederum ist es üblich, dass der Vermieter vor Abschluss
des Mietvertrages einen Betreibungsregisterauszug einfordert. Das Betreibungsregister
dient so wie die Schufa in Deutschland und der Kreditschutzverband (KSV) in Österreich
der Abfrage etwaiger Schulden. Womit sich die Frage stellt, ob der KSV durch ein
74
geeignetes Register für Mietschulden ergänzt werden könnte. Die Argumentation, dass
dem Mietinteressenten nicht zugemutet werden könne, seine beim KSV registrierten Daten
bei Anlass abzufragen, wird seitens des Autors dieser Arbeit nicht zugestimmt, da es
prinzipiell sinnvoll ist, den Stand seines KSV-Eintrages regelmäßig zu überprüfen und
mündigen Personen eine gewisse Eigenverantwortung nicht abgesprochen werden sollte.
Leider ist jedoch ein entsprechendes Register laut Auskunft des KSV derzeit nicht geplant.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, die Wohnungs- bzw. Hausschlüssel erst nach Zahlung der
Kaution, der Vergebührung des Mietvertrages (in Österreich) und der ersten Monatsmiete
zu übergeben.
Mietet sich jedoch trotz sorgfältiger Auswahl ein Mietpreller in die Wohnung ein, sollte
der Vermieter ohne Verzögerungen agieren und entsprechende rechtliche Schritte setzen,
um den unter Umständen notwendigen Verfahrenslauf nicht zusätzlich zu verlängern.
Ob die Anzahl der diesbezüglichen Vorfälle es rechtfertigen, das Mietrechtsgesetz, die
Zivilprozessordnung oder speziell die Verfahrensabläufe zu straffen, wird unterschiedlich
beurteilt. Natürlich ist jedem Mieter das Recht zuzugestehen, sich gegen eine
ungerechtfertigte Kündigung zu wehren. Viele Richter sind bereits sensibilisiert und
gestalten den zeitlichen Verfahrensablauf nach eigenem Ermessen. Jedoch sollten auch
jene Informationsstellen diesbezüglich sensibilisiert werden, die von Mietern zwecks
Rechtsauskunft aufgesucht werden.
Zu einem großen Anteil werden Wohnungen bzw. Häuser nicht von großen Unternehmen
im Eigentum gehalten, sondern von Einzelpersonen oder Familien, bei denen jeder
einzelne
Mietausfall
ins
Gewicht
fällt.
Gerade
in
Wien,
wo aufgrund
des
Mietrechtsgesetzes die Mietzinsbildung vielerorts streng reglementiert wird, steht dem
Eigentümer nur ein eingeschränkter Investitionsrahmen zur Verfügung. Jedoch ist die
Beschränkung der Mietzinsbildung nicht Thema dieser Arbeit und sollte an anderer Stelle
erörtert werden. Desweiteren könnte das Räumungsverfahren in Fällen von Mietprellerei
auf Optimierung bzw. Ergänzung überprüft werden.
75
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Hamburg,
http://www.pro-wohnen.de/Mietrecht/
mietschuldenfreiheitsbescheinigung.htm [15.7.2012], (2012)
81
www.recht-in.de:
Juristische
Fachportale,
http://www.recht-in.de/urteil/
glaeubiger_kann_die_zwangsvollstreckung_nach_885_zpo_auf_eine_
herausgabe_der_
wohnung_beschraenken_wenn_er_an_saemtlichen_in_den_raeumen_befindlichen_gegenst
aenden_ein_vermieterpfandrecht_geltend_macht_i_zb_45_05_bgh_beschluss_124955.htm
l [18.7.2012], (o.J.)
82
Anhang
Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Michael Klinger, BA, Allgemein
beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Immobilien, Lektor an
den Fachhochschulstudiengängen Wien, am 11.1.2012
Laut MK gibt es eine strenge Definition des Begriffes „Mietnomade“. Dies ist jemand, der
niemals einen vereinbarten Betrag zahlt; daher sollte es solche Vorfälle für gewissenhafte
Treuhänder gar nicht geben, da dieser die Kaution, die Maklerprovision, die Vergebührung
und eine Vorauszahlung der ersten Monatsmiete verlangt. Das heißt, nur wenn ein
Vermieter zulässt, dass diese Zahlungen nicht im Vorhinein geleistet werden, gerät er in
Gefahr einem Mietnomaden aufzusitzen. In Österreich ist es möglich, sich ein wenig vor
Mietprellern zu schützen. Persönlich ist MK noch nicht mit Mietnomaden konfrontiert
worden, hat dies jedoch bei Dritten beobachtet; kommt meistens vor, wenn Vermieter
selber abschließt. Vor Abschluss eines Mietvertrages ist ein sorgfältiges Mieterscreening
durchzuführen: Ausweis, Beruf, Gehaltsbestätigung (wenn vom Eigentümer gewünscht),
aktuelle Wohnanschrift, Auskunft des vorherigen Vermieters, Grund der Kündigung der
derzeitigen Wohnung, Frage nach allen einziehenden Personen. Das Mieterzeugnis sieht
MK als ein gutes Werkzeug, sofern der Datenschutz gesichert ist. Der Umfang des
Mieterzeugnisses müsste klar definiert sein und es muss verhindert werden, dass es
zweckentfremdet wird. MK befürwortet eine Vernetzung von Verwaltern/Vermietern. Auf
die Frage, ob das Thema in den Medien übertrieben dargestellt wird, antwortet MK, dass
Gefahr bei den Medien darin besteht, etwas aufzubauschen, wo es nichts zum Aufbauschen
gibt, Gefahr des Rufmordes und schwierig, den Schaden zu beheben. „Die Objektivität der
Berichterstattung in den Medien ist oft zu hinterfragen“.
Inhaltliche
Wiedergabe
des
Experteninterviews
mit
DI
(FH)
Martin
Troger/Geschäftsführer der Rustler Gruppe GmbH, am 25.1.2012
In Deutschland ist das Problem „Mietnomaden“ bedeutend größer als in Österreich, in
Österreich überwiegt die mangelnde Zahlungsmoral; Devastierung kommt auch vor, ist
aber nicht der Hauptgrund für die Einführung des Mieterpasses in Österreich. Es gibt seit
Jahre das Bestreben des KSV eine sog. Blacklist zu generieren, in die man alle Personen
aufnimmt, die bereits in einem Verfahren verurteilt oder gegen die ein Verfahren anhängig
83
ist. Des Problem ist, dass der Hausverwalter, der dem Eigentümer einen potentiellen
Mieter vorschlägt, die Holschuld hat (muss Infos über die bestimmter Person einholen).
Der Ansatz von Rustler ist genau umgekehrt, es wird nicht auf die schlechten Mieter
geschaut, sondern auf die guten Mieter – analog zum Arbeitsrecht/Dienstzeugnis. Wenn
man sich um einen Job bewirbt ist es auf der ganzen Welt üblich, ein Arbeitszeugnis
abzugeben. Das ist für Österreich untypisch, dass man einem guten Mieter aufgrund seines
ordentlichen Verhaltens einen Mieterpass ausstellt. Nicht weil man diesen „loswerden“
will, sondern man ihn ja noch länger behalten will. Aber sollte der Mieter aus privaten,
beruflichen Gründen die Wohnung wechseln wollen, erhält er damit bereits für die Suche
ein Zeugnis, das dem zukünftigen Vermieter gegeben werden kann, um zu bestätigen, dass
man ein ordentlicher Mieter ist. Das soll für den Hausverwalter die Wahl des neuen
Mieters erleichtern, denn der Hausverwalter erkennt aufgrund des Mieterpasses, dass der
Vermieter in der Vergangenheit seine Miete ordentlich bezahlt hat. Rustler hat alle Mieter
angeschrieben, um den Mieterpass publik zu machen. Angehende Mieter erhalten ein
bereits ausgefülltes Schreiben, dass diese von der Vor-Verwaltung unterschreiben lassen
sollen und bekommen im Gegenzug später die gleiche Bestätigung für die übernächste
Wohnung. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Mieter schon einmal eine Mahnung aufgrund
einer verspäteten Mietzinszahlung erhalten hat, denn das kann schon mal passieren. Es
geht beim Mieterpass jedoch um die generelle Zahlungsmoral und um den Zustand der
Wohnung bei Rückgabe. Der Mieterpass soll eine Analogie zum Arbeitszeugnis sein: hier
weist man ja ebenfalls das vorvorherige Arbeitszeugnis vor, da man zur Zeit der Suche ja
noch in einem aufrechten Arbeitsverhältnis ist und hier nicht nach einem Arbeitszeugnis
fragen kann.
Eine Gefahr für ungemütliche Mieter, keinen Mieterpass ausgestellt zu bekommen, sieht
MT nicht: Rustler zielt nur auf die Zahlungsmoral ab und ob die Wohnung in ordentlichem
Zustand zurück gegeben wurde. Wenn ein Mieter von seiner Möglichkeit Gebrauch macht
und einmal zur Schlichtungsstelle geht, bzw. seine Betriebskosten überprüfen will so ist
das durchaus sein Recht. Auch Rustler kann einmal ein Fehler passieren. Jeder Mieter, der
seine Vertragsverpflichtung einhält, hat auch das Recht, uns als Immobiliendienstleister in
Anspruch zu nehmen.
Mit der Einführung eines Mieterpasses läuft auch ein gewerblicher Vermieter nicht mehr in
Gefahr, dass ein Mieter von einer Abteilung ausgemietet/hinausgeklagt wurde, und in einer
anderen Abteilung wieder eine Wohnung anmieten konnte. Das ist das Problem der
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Holschuld: man muss jede Liste einzeln durchsuchen ob diese Person schon einmal
auffällig gewesen ist. Aber umkehrt, wenn die Person keinen Mieterpass bringt, dann bittet
man ihn einen zu bringen bzw. bestätigen zu lassen, somit läuft man auch in Gefahr, dass
jemand durch den Rost fällt. Man betreibt eine umgedrehte Auslese, indem man den guten
Mietern einen Pass gibt, und somit derjenige, der keinen Pass hat als „schlechter“ Mieter
erkennbar ist. Das heißt aber nicht, dass Studenten oder ein Erstwohnungs-Suchende keine
Wohnung bekommen. Diese Fälle müssen individuell betrachtet werden.
Die Gefahr, dass es Vermieter gibt, die keinen Mieterpass ausstellen wollen, obwohl die
Miete immer gezahlt wurde, kann es schon geben. Aber das ist ähnlich wie beim
Arbeitszeugnis, wo der Arbeitgeber vielleicht auch nicht froh ist, dass der AN kündigt.
Schwarze Schafe unter den Hausverwaltern wird es immer geben, MT ist aber der
Meinung, „ dass das tendenziell nicht der Fall sein wird.“.
Die Anzahl von Vorfällen im Zusammenhang mit Mietnomaden sieht MT im
Promille/Prozentbereich; pro Jahr den einen oder anderen Fall. Dass Parkettboden verheizt
oder die Wohnung generell devastiert wird, ist eher die Ausnahme; Es passiert öfter, dass
Mieter ohne zu zahlen verschwinden.
Der Zeitraum bis zur Räumung ist ganz unterschiedlich, hängt vom Geschick des Mieters
ab. Wenn ein Mieter in eine wirtschaftliche Schräglage kommt und nicht mit dem Vorsatz
des Mietbetruges bereits eingezogen ist, dann ist die Räumung schnell vollzogen. Wenn
ein Mieter sehr geschickt ist, kann das 2-3 Jahre durchaus dauern, das kommt auf seine
Rechtskenntnis an. Dadurch kann bis zu 5-Jahresmieten-Schaden entstehen. Nicht nur
entgangene Miete, unbezahlte BK, Sanierungskosten und sonstige Dinge, dies kann zu
einem großen wirtschaftlichen Problem für Vermieter führen.
Auswahlkriterien: Miete nicht mehr als ein Drittel des Einkommens (= Gehalt, nicht
Kinderbeihilfe etc.). Gehaltsnachweis auf alle Fälle. Bei Grenzfällen oder wenn die Miete
fast Hälfte des Einkommens beträgt, dann wird zusätzlich ein Bürge verlangt. Studenten
prinzipiell nur mit Bürgen. Geübter Vermieter hat größeres Gespür, wird sehr darauf
geachtet, dass das Umfeld passt. Viele private Vermieter trauen sich nicht die richtigen
Fragen zu stellen. Ein Makler oder ein Verwalter, für den das das tägliche Geschäft ist,
stellt diese Fragen sowieso. Und wenn er keine ordentliche Antwort bekommt, dann wird
nachgehakt. Die Frage nach dem Einkommen ist in Österreich ein viel größeres Thema als
85
in der restlichen Welt: über Geld spricht man nicht und fragt man nicht. Aber wenn der
Mietinteressent sein Einkommen nicht offenlegt, dann bekommt er die Wohnung nicht.
Abschläge bei Wohnungen zu machen, die schwierig zu vermieten sind, ist keine gute
Idee. Rustler klärt schon sehr genau ab, denn man ist seinen Eigentümern Rede und
Antwort schuldig. Es ist für das eigene Resümee schlecht, wenn man schlechte Mieter
bringt.
„Die billigste Art und Weise, Mietzinsrückstände zu vermeiden, ist, bei der Vermietung
darauf zu achten, dass der richtige Mieter drinnen ist! Ist nicht immer ganz so einfach,
aber Prävention ist im dem Fall die günstigste aller Variante um Mietzinsrückstände zu
vermeiden.“
Heutzutage sind Wohnungswechsel häufiger aufgrund Arbeitswechsel und weil
Wohnungen ähnlich wie Autos zu Statussymbol werden. Wie man wohnt hat eine hohe
Wichtigkeit. Die Mieter sind flexibler, die Mietdauer kürzer.
Der Vermieter ist aufgrund der Auflagen des MRG in der Mietzinsbildung stark
eingeschränkt. In keinem anderen Land gibt es die klassischen Friedensmietzinse, die für
Vermieter katastrophal sind, da sie aus heutiger Sicht auch langfristig nicht abwendbar
sind.
Die Annahme, dass ein hoher Mietzins vermehrt zu Mietnomaden führt, bestätigt MT zum
Teil. Er sieht die Problematik jedoch weniger im Zusammenhang mit der hohen Miete
sondern mit der Selektion des Mieters.
In Deutschland wird das Thema viel strikter behandelt, ist es durchaus gang und gäbe, dass
man eine SCHUFA-Abfrage tätigt. SCHUFA stellt im Detail dar, wie ist das Konto des
Betreffenden unterlegt und bis zu dem, was er verdient, und wie seine bisherige
Zahlungsmoral aussieht. „Da werden noch viel viel strengere Maßstäbe angesetzt als in
Österreich. Und wenn man keine positive Schufa hat, dann gibt es keine Wohnung.“
Schufa lässt sich mit KSV im weiteren Sinne vergleichen, ist aber ein privater Verein und
keine staatliche Institution ist wie der KSV.
Die Medien verstärken die Bedeutung der Mietnomaden natürlich. Auch Rustler verwendet
diesen Terminus gezielt in seinem Brief und wurde von einem Professor aus Graz wegen
der Verwendung des Begriffes „Nomade“ gerügt. Das Volk der Nomaden würde dadurch
86
denunziert werden. Aber hierbei handelt es sich bereits fachlich etablierter Begriff und hat
nichts mit den Nomaden in Afrika zu tun.
Ruster geht es aber vordergründig nicht um Mietnomaden sondern um die Zahlungsmoral
im Allgemeinen, weil der Schaden für den Vermieter sehr hoch sein kann. Vergleich:
„wenn einer in ein Restaurant geht und ein Schnitzel isst, dann muss man es auch
bezahlen. Es würde keiner auf die Idee kommen, nach dem Essen aufzustehen und zu
gehen. Das wird aber in Österreich durchaus als Kavaliersdelikt gesehen, ich zahle halt
einfach nur noch 50% meiner Miete – es wird mir ja schon nichts passieren.“
Die verbreitete Meinung, dass jeder Hausbesitzer als reich anzusehen ist, trügt. Besitzt man
ein Zinshaus, in dem unter anderem noch Friedenszinszahler wohnen, kann hat jedes
Mietzinsversäumnis Auswirkungen auf die finanzielle Lage. Müssen dann auch noch
Investitionen getätigt werden, wie z.B. Steigleitungen oder Dachreparaturen, die leicht
EUR 70.000 bis 100.000 kosten, so kann das den Eigentümer rasch in finanzielle
Schwierigkeiten bringen. Das ist aber kein reicher bzw. institutioneller Hauseigentümer
mit 20 oder mehr Häusern, sondern jemand, der das Haus unter Umständen als Wertanlage
geerbt hat und nun aufgrund der Mietzinsbeschränkungen und den Verpflichtungen seitens
des Gesetzes mehr investieren als lukrieren kann. Eigentümer hören es nicht gerne, aber
der Mieterschutz ist in einigen Fällen sicher gerechtfertigt. Jedoch gibt es halt noch immer
antike Regeln, die absolut nicht zeitgemäß sind.
Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Mag. Karin Sammer, Abteilung
Recht und Kommunikation des ÖVI am 26.1.2012
Der Österreichische Verband der Immobilientreuhänder hält regelmäßig Verwalterrunden
ab, ca. 15 befragte Verwalter haben mit Mietnomaden kaum ein Problem, es käme kaum
zu diesbezüglichen Vorfällen. Der ÖVI erhält kaum Rückmeldung zu diesem Thema und
sieht darin kein Problem größeren Umfangs. KS hatte selber noch keinen Kontakt mit
Mietnomaden.
Initiativen, die sogenannte schwarze Listen erstellen, werden aufgrund des Datenschutzes
als problematisch angesehen.
87
KSV ist privater Verein, führt eine „Warenkreditevidenz“ (Einholung von Infos, ob z.B.
bei einem anderem Mobilfunkanbieter Rechnungen nicht bezahlt wurden); Es war schon
einmal im Gespräch, dass man dies auf Fälle von Mietbetrug ausdehnen könnte. Das
System des KSV funktioniert aber auf Reziprozität. Jeder, der Daten entnimmt ist auch
verpflichtet, Daten einzuspeisen. Das ist unter Umständen eine Schwierigkeit, die
Mitgliedsunternehmen können nicht dazu verpflichtet werden, Daten einzuspeisen. Das ist
nicht ganz einfach handhabbar. Einmal im Jahr kann eine Privatperson kostenlos eine
Abfrage machen. So ein System steht und fällt jedoch damit, wie gut und wie wenig
fehleranfällig die eingespeisten Daten sind. Die Frage ist auch, inwieweit es gerechtfertigt
ist, dass man jedesmal einen KSV-Auszug mitbringen muss, wenn man irgendetwas
kaufen will. Und man muss sich darum kümmern, dass nichts Falsches drinnen steht oder
dass der Betroffene veranlassen muss, dass eine unkorrekte Eintragung gelöscht wird.
Im Einzelfall: der Mieter bleibt seine Miete schuldig und verzögert die Räumung. Das
Gericht stellt fest, dass Mieter zu Unrecht die Miete einbehalten hat. Das Problem dabei
ist, dass der Mieter nach Abschluss des Verfahrens unter Umständen insolvent und daher
nicht mehr pfändbar ist. Die Lösung wäre vielleicht, dass, wenn der Verdacht auf
Insolvenz besteht, die vereinbarte Mietzahlung bei Gericht hinterlegt werden muss. Somit
würde ausgeschlossen, dass der Vermieter nach Abschluss des Verfahrens alle Kosten
begleichen muss, weil der Mieter von vornhinein zahlungsunfähig war. Wenn absehbar ist,
dass das Verfahren nicht innerhalb eines halben Jahres beendet sein wird, dann könnte für
den Vermieter die Möglichkeit bestehen, einen Antrag zu stellen, dass die vereinbarte
Mietzinszahlung gerichtlich hinterlegt wird. Damit kann sichergestellt werden, dass dieses
Geld, um das gestritten wird, auch geleistet werden kann. Der größte Schaden liegt im
Mietzinsausfall, der letztendlich nicht mehr eingefordert werden kann, weil der Mieter
nichts mehr hat. Zu diesem Zweck wurde die einstweilige Mietzinsfestsetzung ja
eingeführt.
Informationen, die vor Mietvertragsabschluss einzuholen sind: Gehaltszettel, Nachfragen,
wo der Mieter vorher gewohnt hat und die dortige Hausverwaltung kontaktieren. Sieht man
die Erstellung wie die Rustler Gruppe als Serviceleistung für seine Mieter, dann schadet
das niemandem. Wenn sich der Mieterpass jedoch etablieren würde und dies für jene, die
keinen haben, bei der Vergabe einer Wohnung zu einem Hindernis werde würde, dann
würde eine Ebene eingezogen werden, auf Grund derer viele, großteils unschuldige Mieter
einen Nachteil davontragen würden. KS bezweifelt, dass eine gesetzliche Verpflichtung
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Sinn macht, denn es ist fraglich, ob der Mieter diesen im Falle eines gesetzlichen
Anspruches einklagen würde und ob der Mieterpass das Problem mit Mietnomaden
überhaupt lösen kann. Besser wäre eine Beschleunigung der Verfahren, damit sie innerhalb
eines halben Jahres abschlossen wären und damit einhergehend Sicherstellungen im
größeren Ausmaß während des Verfahrens.
Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Oliver Brichard, MSc,
Fachgruppenobmann der Immobilienmakler, - verwalter und –treuhänder, Facility
Management, Bauträger, am 14.2.2012
Ein Mietnomade ist ein Mieter, der einen Mietvertrag mit der Absicht eingeht, die
Vertragsbedingungen nicht einzuhalten, möglichst lange in diesem Mietgegenstand zu
bleiben und möglichst wenig zu bezahlen. Und der letztlich auszieht und sich woanders
erneut einmietet. Eine Sanierung der Wohnung ist meistens mit dem Auszug der Person
verbunden. OB wurde noch nicht mit Mietnomaden konfrontiert und hat auch von
Kollegen nichts erfahren, sieht es daher nicht als Problem. Es gibt Leute, die einziehen und
den Vorsatz haben, nicht zahlen zu wollen, aber das sind noch keine Mietnomaden.
Mietnomade ist der, der es darauf anlegt, es immer wieder zu machen. Natürlich gibt es
Mieter, die eine Wohnung beziehen und bereits wissen, dass sie das Geld für die Miete gar
nicht haben. Aber OB hat nicht den Eindruck, dass das vorsätzlich gemacht wird. Es gibt
immer Leute, die es nicht richtig einschätzen können, was sie sich leisten können.
Die Dauer von Räumungsklagen schätzt OB mit ca. 1 – 1,5 Jahren ein. Eine
Beschleunigung ist fraglich, da nun mal Fristen bei Gericht einzuhalten sind. Die erste
Tagsatzung und die weiteren Verhandlungen, sofern Einwendungen erhoben werden,
werden nicht unter einem halben Jahr abzuwickeln sein, weil Einwendungen, die erhoben
werden, entgegnet werden müssen. Allerdings sollte es nicht notwendig sein, dass man
bereits auf die erste Tagsatzung vier Monate warten müsse. Die erste Tagsatzung sollte
unmittelbar erfolgen, da dies nur eine Verkündung des Streites ist und eine Feststellung der
Parteien; im besten Fall kommt es zu einem Versäumnisurteil; wenn nicht, dann gibt es
eine erste Verhandlung, die möglichst 2-3 Wochen später stattfindet sollte und bei der alle
Fakten dargelegt werden sollte. OB ist der Ansicht, dass kürzere Verfahren möglich wären,
jedoch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Mieters, wobei ein
rasches Verfahren nicht zur Beeinträchtigung dieser schutzwürdigen Interessen beiträgt; es
89
wird niemand benachteiligt. Aber es ist natürlich konsequent und Konsequenz ist in
unserer heutigen Welt halt etwas, was die Leute nicht gerne haben.
Eine
Beschleunigung
durch
gleichzeitige
Beantragung
einer
einstweilige
Mietzinsfestsetzung stellt OB in Frage, denn wenn die Miete überhöht ist, warum soll der
Mieter dann verpflichtet sein, diese überhöhte Miete einzuzahlen. Festsetzung auf Kat A ist
Gesetzeslage. Die Verfahrensdauer war früher viel länger (z.B. 8 Jahre). Die Einstweilige
Verfügung trägt dazu bei, das Verfahren zu beschleunigen: man kann gewisse Teile außer
Streit stellen und um gewisse Teile weiterstreiten, aber das Exekutionsverfahren wird
dadurch nicht unterbrochen. Und die Verfahrensdauer liegt an der Kapazität der Gerichte.
Es werden jedes Jahr neue Gesetze verabschiedet, aber die Anzahl der Richter bleibt
gleich.
Die Kosten eines Verfahrens sind abhängig von der Miethöhe und der Verfahrenslänge. Je
länger das Verfahren, desto höher der Schaden. Wenn der Mieter zum Schluss kein
Vermögen hat und kein Einkommen, dann sieht es für den Vermieter schlecht aus. Das
sind meist diejenigen, die arbeitslos sind, kein Einkommen haben, die kein Vermögen
haben, wo man nichts pfänden kann.
Vor Abschluss des Mietvertrages wird auf jeden Fall ein Gehaltsnachweis verlangt;
ausschlaggebend ist auch der persönliche Eindruck während der Vermittlung, spätestens
beim Abschluss. Ein Makler bzw. Verwalter schließt pro Monat ca. 30 Verträge ab, und
weiß nach 3 Minuten woran er beim Interessenten ist. In 95% der Fälle ist alles in Ordnung
und die anderen 5% werden abgewiesen. Dieses Recht nimmt sich der Makler heraus und
dieses Recht geben ihm die Eigentümer auch. Er rät dem Eigentümer auch mal ab, wenn er
kein gutes Gefühl dabei hat. Der Eigentümer ist nicht gezwungen einen Vertrag
abzuschließen. Sehr selten wird eine Referenz vom Vorvermieter verlangt, das wäre zwar
nicht schlecht, ist aber keine dringende Notwendigkeit. Keinesfalls soll man einen Vertrag
abschließen bevor die Kaution gezahlt ist.
Wenn ein Mieter an einer Wohnung interessiert ist und er einen Mieterpass vorlegen kann,
dann ist es positiv; wenn er keinen nicht hat, dann ist es für OB neutral, aber nicht negativ.
Es darf jedoch nicht zu einer Benachteiligung kommen: es kann ja auch berechtigte
Ansprüche gegen den Eigentümer gegeben haben, die der Mieter nicht so leicht
durchsetzen konnte. Deswegen ist der Mieter wahrscheinlich ausgezogen, weil er sich
vielleicht nicht mit dem Eigentümer streiten wollte. Solche Konstellationen machen 80%
90
aller Fälle aus. Wenn ein Interessent keinen Mieterpass vorlegen kann, dann muss der
Verwalter eine andere Möglichkeit finden, die Vertragstreue zu überprüfen, aber eine
Mietzinsüberprüfung steht jedem Mieter zu.
Nicht immer sind die Mieter die Bösen und die Hauseigentümer die Guten. Es gibt
genauso viele Hauseigentümer, die die Mieter benachteiligen, und der Mieter zieht einfach
aus. Vor allem dann, wenn der Mietzins halbwegs marktkonform ist. Es ist ja nicht so, dass
der Hauseigentümer den Mieter als Feind sieht; dies tut er nur dann, wenn der Mieter
unberechtigt den Mietzins einbehält. Jeder Verwalter, der seinen Job professionell macht,
ist ein absoluter Pragmatiker. Der hat keine idealistischen Vorstellungen vom Leben, wie
manche Interessensvertreter vielleicht. Er macht seinen Job, muss schauen, dass die Häuser
vermietet sind, dass die Miete reinkommt und versuchen, dies halbwegs vernünftig
abzuwickeln
Bezüglich KSV-Abfrage sieht OB das Problem in der Datenpflege: jedes KSV-Rating ist
nur so gut wie der, der die Daten in den Computer eintippt und nur so gut, wie die Daten
der Unternehmens zum KSV kommen. Auch ein schlechtes Rating des KSV sagt nicht
wirklich aus, ob der Betreffende seine Rechnung brav zahlt oder nicht.
Ob Mietnomaden in Deutschland tatsächlich ein Problem sind, kann OB nicht beurteilen,
allerdings war er bereits auf Kongressen, bei denen das Thema behandelt wurde, wobei es
sich jedoch auch leicht größer machen kann, als es ist.
Da man dem Thema Medienwirksamkeit zugestehen kann, wird es stärker verbreitet als es
in Realität Bedeutung hat. So war es auch damals beim Thema Hausverlosungen.
Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Mag. Marc Pfletschinger,
selbstständiger Rechtsanwalt, am 21.2.2012
Wenn der Mieter ernsthaft damit rechnet muss, den Mietzins nicht bezahlen zu können
bzw. beabsichtigt, den Zins nicht zu bezahlen und trotzdem die Gegenleistung, nämlich das
Wohnen in einer Wohnung für sich in Anspruch nimmt, dann ist das ein Betrug.
Ein Mietnomade ist jemand, der von vornherein oder sehr schnell nicht zahlen kann bzw.
will und versucht, trotzdem solange wie möglich in der Wohnung zu bleiben und sich dann
eine neuen Wohnung sucht um sein Vorgehen zu wiederholen.
91
Regelmäßig kommt es zu einer Devastierung, weil sich die Leute dann nicht sonderlich um
das Eigentum des anderen kümmern. Das ist eine grundsätzliche Einstellung. Leitungen
werden angebohrt, Badezimmerspiegel, Küche, elektrische Geräte, Fenster werden ruiniert.
Wichtig ist es, den Führerschein zu kopieren und das Geburtsdatum zu notieren, um eine
Gehaltspfändung vornehmen zu können. Wenn der Mieter nicht aufzufinden ist, kann man
eine Räumungsklage einbringen und hoffen, dass sie per Hinterlegung zugestellt werden
kann. Sonst benötigt man einen Prozesskurator (Zusatzkosten).
Die Einbringung einer Mietzinsklage ist die Voraussetzung dafür, den Mietvertrag wegen
Leistungsverzuges aus wichtigen Grund (vgl. § 1118 AGBG) auflösen zu können, Der
Rückstand muss mindestens einen Monat betragen, um die Räumung erklären zu können
(„Vertragsrücktritt aufgrund Leistungsverzuges“).
Dadurch fällt der Mietvertrag weg,
womit der ehemalige Mieter die Wohnung titellos benutzt, und die titellose Benutzung
rechtfertigt sich nicht, somit gibt es einen Räumungsanspruch. Es wird kein
Zahlungsbefehl erlassen, sondern ein Termin für eine eingeschränkte, vorbereitende
Tagsatzung ausgeschrieben. Die Dauer bis ein solcher Termin ausgeschrieben wird, ist
unterschiedlich lang, je nach Belastung der Gerichte.
Die Mietzins- und Räumungsklage ist bei Gericht einzubringen, das Gericht stellt sie dem
Gegner zu und schaut, ob die Klage zugestellt werden kann. Am besten ist die persönliche
Übernahme, Abholung bei der Post oder die Klage dem Mieter persönlich zu übergeben.
Wenn das nicht geht, wird die Klage hinterlegt. Zustelldiktion (§17 od 18 Zustellgesetz)
besagt, dass wenn jemand grundsätzlich an der Abgabestelle anwesend ist, diesem per
Hinterlegung zugestellt werden kann. Dann wird „Zustellung per Hinterlegung erfolgt“
vermerkt. Wenn der Mieter allerdings behauptet, zum Zeitpunkt der Zustellung nicht da
gewesen zu sein, dann kann er die Zustellung anfechten. Wenn zugestellt wurde, wird ein
Verhandlungstermin ausgeschrieben, es kommt zu einer eingeschränkten vorbereitenden
Tagsatzung. Da wird festgestellt, ob der Aufgekündigte kommt oder nicht, und wenn er
kommt, ob er bestreitet. Wenn er nicht kommt ergeht ein Versäumnisurteil. Dieses wird
genauso wie die Klage dem Kläger, dem Anwalt, dem Beklagten zugestellt; dann gilt es
die Berufungsfrist oder Einspruchsfrist/Widerspruchsfrist (14 Tage §397 ZPO) gegen das
Versäumnisurteil abzuwarten. Berufung ist ein Rechtsmittel, Widerspruch ist ein
Rechtsbehelf; bei der Berufung kann er Nichtigkeitsgründe geltend machen, einer der ganz
wesentlichen Nichtigkeitsgründe ist eine mangelhafte Zustellung. Mit dem Rechtsbehelf
92
wird das Versäumungsurteil aufgehoben; dies hat unterschiedliche Folgen, auch was die
Kosten betrifft, etc. vor allem auch die Möglichkeit der Exekution zur Sicherstellung was
die Zahlungsforderung betrifft; Da die Widerspruchfrist den Verfahrensablauf wieder
verzögert, kann man eine Exekution zur Sicherstellung beantragen. Aber das ist bei
Mietnomaden nicht sehr zielführend. Meistens ist so, dass das Versäumnisurteil selten
bekämpft wird.
Wenn das Urteil rechtskräftig und vollstreckbar ist, kann man die Räumungsklage
einbringen. Diese wird wieder zugestellt, der Beklagte kann wieder dagegen Einspruch
erheben, oder Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung; wenn er das nicht macht, dann
ergeht ein Räumungstermin. Dieser wird vom Gerichtsvollzieher ausgeschrieben,
erfahrungsgemäß dauert das zwischen 2,5 und 4 Monaten ab Einbringung des
Exekutionsantrages. Damit ist ab Einbringung der Räumungsklage ca ein halbes Jahr
vergangen.
Der Verfahrensablauf ist nur über die Gerichtsorganisation. Wichtig ist, dass
Verhandlungen schnell ausgeschrieben werden und die Räumungen schnell erfolgen, denn
dort geht die meiste Zeit verloren.
Eine einstweilige MZ-Festsetzung kann im gesonderten Exekutionsverfahren beantragt
werden. Dies ist aber meist nur bei jenen Mietschuldner sinnvoll, die das Verfahren
verzögern wollen, indem sie die Mietzinshöhe anfechten. Da Mietnomaden meistens gar
nichts zahlen, hat er
gemachten
Betrag
auch kein MZ-Minderungsrecht, da schuldet er den geltend
sowieso.
Es
sei
denn,
er
macht
ein
präjudizielles
MZ-
Überprüfungsverfahren anhängig, wo erst einmal zu überprüfen ist, was er überhaupt zu
zahlen hat. Dieses Ergebnis ist abzuwarten. Wenn er dann nicht bezahlt, dann wird das
Verfahren beschleunigt. Das alte Mietrecht hat den Schuldnern sehr in die Hände gespielt,
da musste das Verfahren noch zwingend unterbrochen werden. Früher war es § 41 MRG,
jetzt gilt die allgemeine Unterbrechungsregel § 190 Zivilprozessordnung, wonach nach
pflichtgemäßem Ermessen zu unterbrechen ist. D.h. es wird nicht automatisch
unterbrochen,
weil
eine
Unterbrechung
zu
einer
extremen
Verlängerung
des
Räumungsverfahrens führt und einem höheren Schaden für den Vermieter.
Nicht alle Mietnomaden fechten die Höhe des Mietzinses an, denn damit wird er Teil eines
Verfahrens und ist auffindbar. Eher verschwinden sie und bleiben versteckt. Ca. 80-90%
93
der Versäumnisurteile werden nicht bekämpft und der Mietschuldner ist auch oft nicht
einmal bei der Räumung da.
Wenn bestritten wird, dann dauert es von der erstmaligen Erhebung der Klage bis
erstinstanzliches Urteil ca. 3.5 Jahre, mit Unterbrechung (MZ-Überprüfung) 4,5 Jahre. Bei
klassischen Einwänden der MZ-Minderung (Schimmel, elektr. Leitungen) ca. 1 – 1,5
Jahre. Zwischen den einzelnen Tagsatzungen kommt auf die jeweilige Auslastung des
Richters an, es kann zwischen 2 – 4 Monate dauern, manchmal geht es aber auch schneller.
Der Räumungsstreitwert hängt von der Größe der Wohnung ab, bis 60m² EUR 1.000,--, bis
90m² EUR 1.500,-- und dann wird es teuer, denn dann ist der Jahresmietzins der
Räumungsstreitwert. 100m², EUR 1.000,-- MZ = 12.000,-- = Räumungsstreitwert (nach
den Rechtsanwaltskosten, nicht nach den Gerichtskosten). Gerichtskosten sind deutlich
niedriger; plus MZ-Streitwert. Dann kostet der RA 600 – 700 EUR; Gerichtskosten sind
noch einmal 600,--; und das bei jeder Verhandlung. Weiters geht es nach der Zeit der
Verhandlung, je länger desto teurer.
Die Informationen über den Mieter sollen beinhalten: die genauen Daten, Geburtsdatum,
Sozialversicherungsnummer; nachfragen wo er arbeitet, wie lange er dort arbeitet, wie viel
er verdient. Leute mit Familien sind meist immobiler und dadurch verlässlichere Zahler.
Vielleicht eher Anspruch auf Räumungsaufschub.
Wenn der Mietschuldner nicht greifbar ist, muss ein Zustellkurator beantragt werden,
diesen bestellt das Gericht auf Kosten des Klägers; der Kläger muss alles bevorschussen;
meistens ist es notwendig, einen Gutachter mitzunehmen, der den Inhalt der Wohnung
schätzt. Wenn sich Wertgegenstände in der Wohnung befinden, muss man dem Schuldner
den Verkauf androhen und kann erst dann verkaufen. Das Verwertungsverfahren ist ein
neues Verfahren. Man braucht wieder die Adresse des Schuldners, unter Umständen einen
Zustellkurator, Spedition, Lagerung, etc.
Das Zustellgesetz besagt, dass ein Ortswechsel während eines laufenden Verfahrens
bekannt zu geben ist. Wenn man das nicht tut, dann kann an die alte Adresse zugestellt
werden bzw. gleich als Hinterlegung zugestellt werden.
Um von Mietbetrug sprechen zu können, ist die innere Tatabsicht ausschlaggebend: der
potentieller Mieter muss es innerlich wollen bzw. es ernstlich für möglich halten und sich
damit abfinden, dass er die Miete nicht bezahlen kann.
94
MP ist ein Verfechter einer geschützten Privatsphäre; die Mittel, die das Bundesrecht in die
Hand gibt, hält er für ausreichend, solange die Justiz ordentlich funktioniert. Die große
Gefahr liegt darin, dass es zu lange dauert und dass Räumungsverfahren für lange Zeit
unterbrochen werden.
Mit einer Negativanfrage beim KSV sind wahrscheinlich die meisten Leute überfordert.
Überlegenswert wäre, die Kautionen zu erhöhen, diese jedoch neben den Maklerkosten zu
bezahlen, ist für viele Leute unter Umständen nicht möglich. Es macht Sinn, diese Leute
mit den Mitteln des Strafrechts zu verfolgen, nur das stößt an gewisse Grenzen. Die
Personen müssen eine Sozialversicherungsnummer, eine Adresse und eine Arbeit haben,
sonst kriegt man sie nicht. Letztlich ist es sicherlich gut, sich über die persönlichen
Verhältnisse kundig zu machen. Jemand der schon lange eine Arbeit innehat oder eben
eine Familie hat MP noch nie räumen lassen müssen, das waren eher Einzelpersonen oder
Pärchen.
Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Mag. Alexander Edelhauser,
selbstständiger Rechtsanwalt, am 30.1.2012
Es gibt zwei Arten von Mietnomaden: beim tatsächlichen Mietnomaden gibt es den
Vorsatz bereits von Vornherein, beim anderen kommt er im Nachhinein; bei dem einen ist
es der Betrugstatbestand, der da verwirklicht wird; beim Zweiten ist es überhaupt kein
Betrug, weil der Vorsatz anfänglich nicht da war. Der hat sich mit den Kosten völlig
verschätzt, denkt sich aber, er nutzt das Mietverhältnis so lange aus, wie es geht. Meistens
sind das Personen, die sich nicht wirklich um die Wohnung kümmern.
Zu Beginn kommt es vornehmlich zu einem passiven Devastieren, bei Einleitung von
rechtlichen Schritten beginnt häufig das aktive Devastieren. Aber soweit gehen dann doch
nur wenige. Es geht in die Richtung, dass diese Personen meist auch psychische Probleme
haben. Beispiel Katzen: Gericht hat einmal eine Aufkündigung aufgrund erheblich
nachteiligen Gebrauchs aufgehoben, da die Verwandte begannen, die Dame zu
unterstützen, und alles herzurichten. Es ist ein geringer Grad zwischen sich nicht kümmern
und klinisch diagnostisch psychische Probleme zu haben.
95
Die 100% genuinen Mietnomaden, die Wohnung schon mit dem Vorsatz anmieten, nie die
Miete zu bezahlen, sind eindeutig Betrüger. Bei denen kommt Vorsatz, Dummheit und
Sturheit zusammen, kombiniert mit Nichtkümmern und Nichtzahlen.
Fallbeispiel: Ein Mietnomade hatte als Einzelperson EUR 300.000,00 Schulden angehäuft.
Der Vermieter bekam die devastierte Wohnung zurück, musste mehrere 10.000e EUR
investieren, hatte einen Mietentgang von 3 Jahren und musste auch BK zahlen. Ärgerlich
war, dass diese Person dann in Privatkonkurs geht und in 7 Jahren ist er schuldenfrei
Schaden: Devastierung 15-20.000 EUR Instandsetzung, 2-3 Jahre Mietentgang bei ca,
60m², 350-400 EUR x 12 x zwei oder drei Jahre plus BK, die der Vermieter tragen musste,
Gerichts- und Anwaltskosten.
Bezüglich der Höhe der Gerichtskosten kommt es darauf an, ob der Mietnomade
Verfahrenshilfe genießt oder nicht. Wenn er einen Rechtanwalt hat und Verfahrenshilfe
genießt, wird das Verfahren naturgemäß in die Länge gezogen. Wenn der Mietnomade
keinen Rechtsanwalt hat bzw. rasch die Wohnung verlässt, dann kann es mit einem
Versäumnisurteil, einem Einspruch und einer Verhandlung vorbei sein – hier sind die
Kosten davon abhängig wie hoch die Mietschuld ist. Mittels Mietzins- und Räumungsklage
wird der Mietzins eingeklagt. Wenn der durchschnittliche Vermieter 5 Monate wartet
bevor er aktiv wird, bei einer Miete von 500 EUR, sind das dann 2.500 EUR. Die Kosten
eines Verfahrensganges betragen dann ca. 300 EUR, das sind dann geschätzt 600-700 EUR
im besten Fall und im schlimmsten Fall 2.500 EUR.
Ablauf (transkribiert):
Entweder kündigen oder MZ- und Räumungsklage, das heißt entweder ein gerichtliche
Aufkündigung oder eine Räumungsklage einbringen. In normalen Fällen bei MN wird man
eine MZ- und Räumungsklage einbringen, weil er den MZ nicht zahlt; gerichtliche
Aufkündigung wenn a) nicht MZ gezahlt und b) wegen erheblich nachteiligen Gebrauches
und c) wegen Verhalten gegenüber anderen Mieter. Klassische 3 Aufkündigungsgründe;
Unterschied: bei einer Aufkündigung kriegt er ohne Verhandlung sofort eine
Aufkündigung zugestellt, und wenn er nicht binnen 4 Wochen Einspruch erhebt gegen
diese Aufkündigung, dann ist sie rechtswirksam. Nachteil: wenn er Einwendungen gegen
die Aufkündigung erhebt, erstens dauert es länger bis dorthin, und zweitens kriegt man hier
keinen Leistungstitel, da bekommt man kein Geld dann. MN erheben normalerweise
96
Einspruch, den braucht man auch nicht begründen. Daher normalerweise eine MZ-und
RKlage, vorallem deswegen weil man neben der Räumung auch einen Leistungstitel
bekommt. Dafür gibt es halt nicht die Aufkündigung „sofort“ sondern es geht das
Verfahren los und es wird ein vorbereitende Tagsatzung angesetzt (wenn der MN
Einspruch erhoben hat). Dort kommt es drauf an – 2 Möglichkeiten: entweder er kommt
hin oder nicht, wenn er nicht kommt, dann gibt es ein Versäumungsurteil und wenn er
hinkommt, dann geht das Verfahren los. Gegen das Versäumungsurteil kann der MN
innerhalb von 14 Tagen Widerspruch erheben, dann gibt es wieder ein Tagsatzung und
wenn er dann nicht hinkommt gibt es wieder ein Versäumungsurteil und dann ist es aus.
Wenn er hinkommt, dann geht das Verfahren weiter; dann hört man sich an, warum er
Widerspruch erhebt; in den meisten Fällen
- was sehr ärgerlich ist, wenn sie zur
Arbeiterkammer gehen und dort wird genau erklärt, wie man Verfahren möglichst lang in
die Länge ziehen kann – geht man hin und bringt irgendwelche Schädigungen vor. Man
muss natürlich irgendetwas vorbringen, damit das Verfahren Substanz hat, das muss aber
nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen. MN, deren Ziel ja ist, möglichst lange in der
Wohnung zu bleiben, lassen sich da möglichst viel einfallen, unter anderem die
Mietzinsminderung. Die Heizung geht nicht, oder etwas ist defekt.
Dann wird das Verfahren geführt. Das größte Problem der österreichischen Justiz liegt
darin, dass die Verfahren einfach so lange dauern; das mag aufgrund der Überlastung der
Gerichte so sein, aber in den meisten Fällen ist es leider so, dass man zwischen den
Verhandlungsterminen sicher 2-3 Monate dazwischen hat. Zuerst kommt die vorbereitende
Tagsatzung, da wird nur geschaut, ob der Mietschuldner kommt oder nicht. Wenn er
kommt, wird gefragt, warum erheben Sie jetzt Einspruch oder was bringen Sie gegen diese
Klage vor. Und wenn er dann sagt Mietzinsminderung weil das oder das, dann wird nicht
weiterverhandelt sondern es wird nur protokolliert, dann die Beweise erörtert, also wer
welche Beweise hervorbringt und dann erhält man einen neuen Termin und der ist dann
meist 2 Monate später. Dann kommt es zu der eigentlichen Hauptverhandlung und dort
werden dann die Zeugen einvernommen und wenn die Einwände des MZ wg. MZMinderung stimmen könnte, dann bestellt das Gericht in den meisten Fällen einen
Gutachter, also einen Sachverständigen, der die Wohnung aufsucht. Das passiert nach dem
Ende der 2. Tagsatzung und die Verhandlung wird auf unbestimmte Zeit vertagt. Dann
wird der SV innerhalb der nächsten 2-3 Monate die Wohnung aufsuchen und ein
Gutachten erstellen, dann kommt es nochmal zu einer Verhandlung 2-3 Wochen nachdem
97
das Gutachten vorliegt. Dann wird das Verfahren beendet und es ergeht das Urteil
schriftlich und bis das Urteil da ist. Genau genommen ergeht dann erstmal ein Teilurteil,
das dauert etwa 2 Monate bis das kommt, da wird festgestellt, dass wenn der Vermieter
gewinnt, dass dieser MZ zurecht gefordert wird. 4 Wochen Berufungsfrist dagegen, da
braucht er dann auf jeden Fall einen Anwalt, bei Verfahrenshilfe erhält er dann einen
Rechtsanwalt bezahlt vom Staat, der erhebt dann Berufung dagegen. Dann hat Vermieter
wieder 4 Wochen Zeit eine Berufungsbeantwortung zu schreiben und dann dauert es noch
ca. 4 Monate bis das Teilurteil bestätigt wird. Dann gibt es innerhalb 1 Monat/2 Wochen
später einen Verhandlungstermin der 1. Instanz und bis dahin hat Mieter Zeit den
festgestellten MZ nachzubezahlen. Wenn er das innerhalb der 3-4 Wochen nachbezahlt,
dann kommt es nicht zur Räumung, dann bleibt der Mieter, unter der Voraussetzung dass
das MRG anwendbar ist. Wenn er nicht zahlt, wird dies in der Verhandlung festgestellt und
wird überlegt ob ein grobes Verschulden vorliegt: wenn er bis zum Ende der 1. Instanz
nicht nachbezahlt hat. (Ende Transkription)
Wenn ein Mietinteressent Fragen nach seiner Einkommenssituation beantwortet, dann
muss er die Wahrheit sagen. Wenn er was Falsches sagt, dann ist EIN Tatbestand, und
zwar
die
„Täuschung“
erfüllt.
Das
Betrugsdelikt
setzt
sich
aus
mehreren
Tatbestandmerkmalen zusammen, und eines davon ist die Vortäuschung falscher
Tatsachen. Das heißt nicht, dass er auch alle anderen Merkmale erfüllt.
Die Idee von Sozialarbeitern in Deutschland ist nicht schlecht, für institutionelle Vermieter
wäre es ein Vorteil, zumindest einen Mitarbeiter für Sozialarbeit zu haben. Dieser kann
schon im Vorfeld den Leuten helfen, damit es gar nicht zur Räumungsklage kommt.
Vielleicht nicht bei Mietnomaden, aber bei Leuten, die Einkommensverluste tragen
müssen, die haben wirklich Schwierigkeiten, sich die Wohnung zu leisten. AE kennt
keinen Vermieter, der einen säumigen Mieter automatisch kündigt, aber häufig suchen die
Mieter nicht um Ratenvereinbarungen an. Dies deswegen weil es eine gewisse
Hemmschwelle und großes Unwissen gibt. Da würden Sozialarbeiter sehr helfen, nämlich
im Vorhinein die Leute zu unterstützen.
Zusätzlich zum MZ- und Räumungsverfahren beantragt man eine einstweilige Verfügung
(EV) zur Festsetzung eines einstweiligen MZ, damit zumindest dieser bezahlt wird. Das
Problem ist, die Höhe festzusetzen, denn wenn der Mietschuldner viele Gründe vorbringt,
dann wird er nur ein Drittel oder vielleicht die Hälfte einzahlen. Man kann zusätzlich die
98
pfandweise Beschreibung der Gegenstände im Mietobjekt einbringen. Vermieter hat das
Recht an den Gegenständen ein Pfandrecht einzubringen, durch die pfandweise
Beschreibung durch den Gerichtsvollzieher.
Auf der einen Seite gibt es Mieter aber auch Vermieter, die das System ausnutzen,
schwarze Schafe auf beiden Seiten, aber die große Mehrheit hält sich an die Gesetze.
Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Hans-Peter Kranz, Prokurist der
IMV Immobilien Management GmbH, am 17.4.2012
HPK ist mit Problematik der Mietnomaden schon in mehreren Fällen konkret konfrontiert
worden, die klassischen Mietnomaden sind Personen, die in ein Mietobjekt einziehen, aus
verschiedenen Gründen von irgendwoher einen Bonitätsnachweis bringen können oder aus
irgendeinem
Selbstständigkeitsbereich
herkommen;
früher
sind
nur
drei
Bruttomonatsmieten als Kaution hinterlegt worden und das hat nicht ausgereicht, eine MZund Räumungsklage einzubringen und alles zu finanzieren. Was das Problem bei den MN
ist, ist die Zustellung der Kündigung, um sie rechtskräftig werden zu lassen, da man im
schlimmsten Fall einen Zustellungsbevollmächtigten beauftragen muss. Das verzögert das
Verfahren.
Fallbeispiel: der Mieter erklärte das Bezirksgericht für befangen. Das Verfahren ging in die
nächste Instanz, also zum Landesgericht, also von Bezirk weg auf Landesebene. Das
kostete viel Zeit, während der keine Betriebskosten und keine Miete gezahlt wurden. Ein
weiterer Fall in der Steingasse: dort hat es bis zur Räumung 2,5 Jahre gedauert. Ein anderer
Fall in der Burggasse: Mietnomade hat Einrichtungsgegenstände, die mit der Wohnung
übergeben wurden, über Ebay verkauft, z.B. die Einbauküche; den Holzboden hat er in
einem Kanonenofen verheizt. Daher ist es wichtig, immer ein Übergabeprotokoll inklusive
Mängelliste anzufertigen. Es ist im Rechtssystem in Österreich durchaus möglich, dass ein
Jahr bis zur Räumung vergeht.
Mietnomaden sind Einzelfälle, HPK schätzt solche Vorfälle auf ein Zehntel Promille.
Jedoch ist der Schaden für den Eigentümer einer Vorsorgewohnung gravierend.
Aber auch Personen, die offensichtlich gut verdienen, betätigen sich als Mietnomaden; ein
Fall aus jüngerer Zeit waren Leute in ungekündigter Stellung mit sehr gutem Verdienst.
99
Diese haben sich die Wohnung mit ca. 870 EUR leisten können, die Kaution und zwei
Monatsmieten wurden gezahlt und dann nichts mehr.
Bonitätsprüfung: Einkommensnachweis, letzte Einkommenssteuererklärung; wenn kein
Einkommensnachweis, dann muss er zumindest 6 BMM Kaution hinterlegen. Also eine
wesentlich höhere Sicherheitsleistung. Gehaltszetteln ansehen, und ob der Mietinteressent
in ungekündigter Stellung ist – das ist auch wichtig. Dann gibt es noch weitere Kriterien,
die bei der Vergabe einer Wohnung einzuhalten sind: die Miete darf maximal ein Drittel
seines Nettoeinkommen betragen, maximale Abweichung 5%, unabhängig von der
Wohnungsgröße;
„unselbstständig
Erwerbstätige“
müssen
eine
Bestätigung
das
Einkommen der letzten drei Monate bringen, dazu eine Bestätigung, dass sie in
ungekündigter Stellung sind. Weitere Möglichkeit ist die Beiziehung eines Bürgen, mit
wiederum einem Mindestnettoeinkommen in Höhe von 1.500 EUR haben. Und eine
Ausweiskopie.
HPK hat bereits vom Mieterpass gehört, denkt aber nicht, dass der Eigentümer einer
bereits länger leerstehenden Wohnung einen Mietinteressenten wegschicken würde, wenn
dieser keinen Mieterpass vorlegen kann. In Wirklichkeit bringt der Makler den Mieter,
aber natürlich ist man nicht gefeit vor MN. Im Großen und Ganzen kann auch kein
Mieterpass oder sonstwas helfen.
Mietnomade ist jemand der den Mietbetrug wiederholt, eine Devastierung ist nicht
zwingend für die Begriffsgebung notwendig, aber es kommt vor. Es kann auch
vorkommen, dass die Wohnung zwei Jahre lang unbenutzt bleibt, weil die Person einfach
eine Adresse braucht.
Ab Eingabe der Räumungsklage dauert es ca. 2-3 Monate, bis die Wohnung geräumt wird.
Gesetzgeber muss immer beide Seiten beleuchten, die des Mieters und am wenigsten
beleuchtet das Gericht die Seite des Vermieters. Dieser ist aufgrund unseres derzeitigen
Gesellschaftssystems, das ja sehr sozialdemokratisch aufgebaut ist, immer vermögend,
darum muss man aufpassen, dass der böse Vermieter nicht den armen Mieter über den
Tisch zieht. Aber die Möglichkeit bei Eintritt von Erben in den Mietvertrag den Mietzins
auf eine marktkonforme Miete anzuheben, die hat der Vermieter nicht, weil der MZ nur
auf die Höhe der Kategorie A anheben kann (3,25 EUR) und das für eine Wohnung im 1.
Bezirk, wo der Hr. Dr. Dr. seine 20-25.000 EUR nach Hause trägt. Das ist nicht der
klassische schutzwürdige MRG-Mieter.
100
Der Gesetzgeber hat immer beide Seiten zu beleuchten, aber wenn z.B. jemand
unverschuldet in eine Notsituation hineingeratet, dann sollte der Sozialstaat greifen. Denn
deswegen kann nicht der Vermieter der Sponsor sein.
Wenn in Amerika ein Mieter nicht zahlt, dann tauscht der Vermieter das Schloss aus. In
Österreich handelt man sich eine Besitzstörungsklage ein, man wird als Vermieter unter
Umständen als Delinquent in Untersuchungshaft genommen, wird kriminalisiert obwohl
man
ein
Anrecht
darauf
hätte.
Der
individuelle
Besitz
des
derzeitigen
Nutzungsberechtigten steht darüber.
Einstweilige Mietzinsfestsetzung: die BK sind etwas, was immer anfällt, das sollte man
immer zahlen müssen; zur Höhe der Miete gibt es zwei Zugänge: 1. der Richter sagt, die
verlangte Miete ist zu hoch, weil statt einer Richtwertmiete eine Marktmiete verlangt
wurde. Aber auch wenn der Richtwert niedriger ist, kann der einstweilige Mietzins nicht
Null sein. Auf der Schlichtungsstelle und bei den Gerichten gibt es langsam ein
Umdenken. Das war früher nicht so, jetzt langsam beginnt es sich da in der
Rechtsprechung etwas zu ändern.
Das Problem mit Mietnomaden ist die mangelnde Zustellbarkeit der Mietzins- und
Räumungsklage, die bei Gericht eingebracht worden ist. Dann gibt es keine Möglichkeit,
finanzielle Mittel vom Nutzungsberechtigten zu lukrieren. Und das ist genau das, was
einen Mietnomaden ausmacht.
Die durchschnittliche Dauer bis zur Räumung der Wohnung beträgt ca. 18 Monate bis 2
Jahre.
Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Stephan
Koessler von Immofinanz am 7.5.2012
Vorsatz schon im Vorfeld, meistens Personen, die bereits verschuldet sind und schon eine
Klage am Hals haben. Sieht den Grund, warum im Sommer 2011 das Thema in den
Medien war darin, dass die Vorsorgewohnungen so gepuscht werden. Da ist ein
Mietnomade wegen des Ausfallsrisikos ein großes Problem. Ein steuerliches Problem sieht
SK diesbezüglich nicht, da ein Mietausfalls aufgrund eines Mietprellers unverschuldet ist.
101
Wien: 15.000 Zwangsräumungen vor ein paar Jahren; der Prozess zieht sich meist über 1,5
Jahre: Mahnungen, Klagen, Wartefrist bis Erhalt des Titels, Gerichtsverfahren, der
geklagte Mietnomade erscheint oder auch nicht, wenn er ohne Grund nicht kommt, dann
beschleunigt dies das Verfahren. Während des Verfahrens erhöhen sich die Mietschulden,
der Zustand der Wohnungen verschlechtert sich, man muss auf den Gerichtsvollzieher
warten, zusätzlich braucht man einen Schlosser und einen Räumungstrupp. Dafür muss
eine Vorauszahlung in Höhe von ca. EUR 3.000,-- geleistet werden; dazu kommen
Lagerkosten, so können Kosten bis zu 20.000 EUR anlaufen. Ist der Mietnomade also
einmal eingezogen, kann man nur noch Schadensbegrenzung ausüben.
Man kann vor Abschluss offiziell nicht alle Fragen stellen, bzw. muss der Mietinteressent
nicht alle Fragen richtig beantworten. Aber man kann sich zwanglos unterhalten, die
Nachfrage nach dem Gehalt ist erlaubt, man kann sich eine Gehaltsbescheinigung geben
lassen. Auf jeden Fall sollte man den Ausweis kopieren, einen Einkommensnachnachweis
verlangen, sich die aktuelle Wohnadresse geben lassen und den Vorvermieter anrufen.
Desweiteren kann man eine Selbstauskunft des Mieters verlangen.
Diese Mietnomaden sind Profis, sie wenden sich vor allem an Privatvermieter. Sie mieten
sich mit Vorsatz ein und haben meist auch ein entsprechendes Wissen. Der erste SK
bekannte Mietnomade war ein Akademiker, er hat zwei Mieten bezahlt, und danach hatte
er immer Ausreden. Man glaubte ihm aufgrund seines Auftretens.
Eine Möglichkeit wäre es, sich mit dem Mietnomaden auf einen Räumungsvergleich zu
einigen. Man kann sich die Verfahrenskosten ausrechnen, die Höhe der Mietschulden und
den Mietnomaden mit einem gewissen Betrag versuchen auszuzahlen, wenn der
Mietnomade ein Profi ist, dann wird er das dankend annehmen. Denn die Ämter sind
anscheinend hoffnungslos überfordert, wobei natürlich die Einspruchsfristen vernünftig
sein müssen.
Kauft man sich eine Vorsorgewohnung, dann sollte diese so beworben werden, dass nicht
nur die Höhe der voraussichtlichen Mieteinnahmen angeführt ist, sondern es sollte auch
aufgezeigt werden, welche Gefahren und Risiken es gibt. Eine Mietausfallsversicherung
kann das Risiko minimieren, wenn man bereit ist dafür zu zahlen.
102
Inhaltliche Wiedergabe des Telefonates mit Mag. Walter Rosifka, Wohnrechtsexperte
der Arbeiterkammer Wien, am 2.8.2012
Die Zusendung der Mieterpässe von Rustler hatte zu einer starken Verunsicherung der
Mieter geführt.
Wie kann verhindert werden, dass im Mieterpass verschlüsselte Informationen an den
nächsten Vermieter weitergegeben werden, wie zB: der Mieter ist rechtskundig und kann
daher schwierig werden?
Gesetzliches Anrecht auf Mieterzeugnis bedeute Einklagbarkeit, aber macht den Mieter –
abgesehen von der Hemmschwelle und den Kosten – während dieser Zeit zur „persona non
grata“.
Wie sollen Personen zu einem Mieterpass kommen, die niemanden haben um diesen
auszugeben: z.B. Junge Erwachsene, die von zuhause ausziehen, Studenten, die aus einer
WG
ausziehen,
Ehepaare/Partner,
die
sich
trennen,
Verkäufer
der
eigenen
Eigentumswohnung?
Inhaltliche Wiedergabe des Telefonates mit Gerichtsvorsteher Mag. Bernhard
Schindler vom Bezirksgericht Liesing am 6.7.12 per Telefon.
Kann keine Aussage über die Anzahl der Vorfälle machen;
Ist der Meinung, dass die Fristen bei Gericht ok sind und auch keine Verzögerungen durch
Personalmangel stattfinden (3 Wochen von Einlangen der Klage bis zur Erstausschreibung
des 1. Termins; 4 Wochen Rechtsmittelfrist nach Urteil);
Wichtig: Ermessen des Richters, z.B. ist es meist für den Kläger besser, dass ein
Beweisantrag des Beklagten akzeptiert wird, als dass das Urteil angefochten werden kann
und sich das Verfahren wieder verlängert.
Einstweilige Mietzinsfestsetzung wird sehr selten beantragt.
103
Inhaltliche Wiedergabe des Telefonates mit KR Prof. Heinz Schinner am 9.7.2012
Eine explizite Mietausfallversicherung in Zusammenhang mit Mietnomaden gibt es nicht
in Österreich. Eine solche Versicherung deckt nur den Mietausfall im Rahmen eines
Versicherungsfalls
im
Zusammenhang
mit
dem
Feuer-,
Leitungswasser-
oder
Sturmschäden im Rahmen einer Gebäudehaftpflichtversicherung.
Das Um-und-Auf ist die Selektion meint Hr. Schinner, der ca. 100 Wohnungen verwaltet
und der alle 5-10 Jahre ein Problem mit einem einzelnen Mietnomaden hat. Seine
Vorgangsweise in diesen Fällen ist es, schriftlich einen Vergleich mit dem Mieter
abzuschließen und die Kaution minus der Schäden zurückzugeben. Desweiteren schließt er
nur auf drei Jahre befristete Verträge ab.
Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Dirk Hartmann, Prokurist der
IMV Immobilien Management GmbH und Managing Director der IMV CEE am
19.4.2012 (Deutschland)
Mietnomaden sind ein generelles Problem in Deutschland. Ein Mietnomade ist jemand, der
nie Miete zahlt und häufig Wohnung wechselt. Diese Mietschulden können erheblich sein,
zusätzlich kommen die Kosten aufgrund von Schäden an der Wohnung; eine wichtige
Rolle spielt der Vorsatz. Mietnomaden nutzen Gesetzeslücken aus: Räumungsklagen
dauern zu lange (9 Monate bis 2 Jahre); dies sollte schneller gehen oder bessere
vorbeugende Maßnahmen sollten getroffen werden können. DH schätzt die Kosten für eine
Räumungsklage auf 2.000 – 4.000 EUR.
Der Deutsche Bundestag diskutiert den Mieterpass. Der Mieter muss diesen bei der
Wohnungssuche vorlegen und kann die Ausstellung vom
Vermieter verlangen. Der
Mieterpass entspricht somit dem Arbeitszeugnis, wobei es jedoch nicht um eine verbale
Einschätzung geht sondern um die objektive Sachlichkeit.
In Bayern und auch z.B. Hamburg ist die Wohnungsnot größer, hier sind die Eigentümer
sehr strikt, fragen vermehrt nach, und dadurch gibt es auch weniger Fälle von
Mietprellerei. In Ostdeutschland, z.B. in Leipzig, beträgt die Leerstandsrate ca. 20%, ein
Vermieter ist daher froh, irgendeinen Mieter zu haben, und verlangt daher weniger
Information vom Mieter.
104
Bezüglich Hartz IV-Empfänger: der Staat zahlt die Miete meist direkt an den Vermieter
(früher: an Mieter, die damit jedoch nicht an Vermieter gezahlt haben). Kommune legt die
zu bezahlende Mietzinsobergrenze fest (z.B. Ost-D: 4,60 – 4,80 EUR), die
Wohnungsgröße richtet sich nach der Anzahl der in der Wohnung lebenden Personen.
Folgende Informationen sollen vor Abschluss des Mietvertrages eingeholt werden:
Einkommensnachweis
Personalausweis,
(drei
Gehaltszettel,
Mieterpass (aber das
vom
muss
Arbeitgeber
dann reichen,
unterschrieben),
kein polizeiliches
Führungszeugnis, das führt zu weit); Frage nach dem Vorvermieter ist möglich, Mieter ist
aber nicht verpflichtet Auskunft zu geben, da Gefahr, dass der Vorvermieter ihn
anschwärzt. In Sonderfällen: Provision für Makler, Kaution, 1. Monatsmiete VOR der
Mietvertragsunterfertigung.
Bezüglich Auszug der Schufa: hier wird alles registriert, was mit Geld zu tun hat, auch
Privatinsolvenzen; die Abfrage ist aber nicht für jeden zugänglich, gewerbliche Vermieter
z.B. können jedoch selber abfragen. Der Mietinteressent muss zustimmen, dass der
Vermieter
Auskünfte
einholen
darf,
Zustimmung
ist
erforderlich
(entspricht
Handyvertragsabschluss). Früher war die Abfrage bei der Schufa sehr kompliziert, seit ca.
1 Jahr ist es für die Privatperson möglich, einmal im Jahr eine Abfrage zu machen. ABER:
der Auszug ist zu umfangreich, mit sehr vielen Details. Die Frage ist, ob der Vermieter
alles wissen muss. Laut Ansicht von DH wäre der Mieterpass ist ausreichend.
Ähnlich
wie
die
Schufa
arbeitet
die
Creditreform;
das
ist
ein
privates
Franchiseunternehmen und entspricht einer Detektei; beinhaltet auch Auskünfte über
Bonität und etwaige Mahnverfahren. Schufa und Creditreform ergänzen sich.
Mietnomaden verschwinden meist vor dem ersten Gerichtstermin, ziehen in die nächste
Wohnung und warten nicht auf das Gerichtsurteil (ansonsten gerät der Mietnomade in eine
Privatinsolvenz, darf 7 Jahre nichts besitzen, und wäre danach schuldenfrei. Diese
Situation will ein Mietnomade vermeiden). Letztendlich kommt es zu einem
Versäumnisurteil. Der Vermieter erhält jedoch weder die ausstehende Miete noch den
Schaden an der Wohnung ersetzt.
Bezüglich der Mediendarstellung: private Sender zuerst sehr sensationslüsternd,
inzwischen sind auch seriöse Sender und Zeitungen mit diesem Thema befasst.
105
Inhaltliche
Wiedergabe
des
Experteninterviews
mit
Claudia
Schatzl,
Niederlassungsleiterin IMV München und Prokuristin IMV Deutschland am
26.1.2012 (Deutschland)
IMV München: 30 Mietwohnungen, 2011/2012: 1 Fall (kam über Makler, sehr
vertrauenswürdig 3 MonatsmietenKaution, 3 Monatsmieten gezahlt, dann nichts mehr, viel
Ausreden, Räumungsklage eingebracht, wird 1 -1,5 Jahre dauern).
Es gibt zwei Arten von Mietnomaden: 1. Gruppe sind jene, die mit Vorsatz einziehen und
die Wohnung devastiert hinterlassen; 2. Gruppe sind Hartz IV-Empfänger, die sich von
der Gesellschaft betrogen bzw. im Stich gelassen fühlen und die das, was sie tun, als
rechtens empfinden. Können sich die Wohnung nur knapp leisten, leben vom
Existenzminimum, vernachlässigen aus Hilflosigkeit die Wohnung, führen eigenmächtig
und in Unkenntnis Mietreduktionen durch (wenn z.B. die Heizung nicht mehr
funktioniert). Das ist eine Spirale, da ein Vermieter bei Nichtzahlung der Miete auch
keinen Anlass sieht, die Störung zu beheben. Abhilfe den Fällen der 2. Gruppe wären
Gebietsbetreuer, die sich um die betroffenen Personen kümmern und sie informieren.
Vor
Abschluss
Mietinteressenten
des
Mietvertrages
eingeholt
werden:
sollten
folgende
Lohnauskunft
Informationen
(3-Monate),
über
Fragen
den
nach
Beschäftigungsdauer, persönliches Gespräch; SCHUFA ist nicht die Regel (eher
Lohnzettel). Bevorzugte Auswahl über einen Makler. Der „Mieterpass“ ist schwierig zu
bekommen, wenn man aus irgendeinem Grund Streit mit dem Vermieter hatte.
Alternative: Kabelfernsehen Deutschland schließt keinen Vertrag ohne Einziehungsauftrag
ab, da schon die Eröffnung eines Bankkontos sehr komplex ist: die Bank führt
Bonitätsabfrage, durch und ein Girokonto zu erhalten, ist nur mit guter Bonität möglich.
Ca. vier Banken bieten ein Girokonto auch bei schlechter Bonität an, dann jedoch ohne
Überziehungs- bzw. Kreditrahmen. Im Umkehrschluss kann man anhand der Bank, auf der
man das Girokonto hat, erkennen, ob eine Person eine gute oder eine schlechte Bonität
besitzt.
Vielleicht wäre es möglich, den Mietvertrag mit einem Lastschrifteneinzug zu koppeln.
Dies ließe sich im Mietvertrag vereinbaren und sollte der Lastschriftenauftrag bzw. das
Geld innerhalb von 3 Monaten zurückgezogen werden, dann könnte im Mietvertrag als
106
Konsequenz eine „fristlose Kündigung“ als möglich vereinbart werden. Dies müsste aber
juristisch abgeklärt werden.
Die Kosten, die ein Mietnomade verursacht, können bis zu 10.000 EUR betragen.
In Deutschland wird die Wohnungsnot aufgrund eines Nord-Süd-Gefälles und dem
gleichzeitigen Schulabschluss zweier Generationen verstärkt. Es gibt zwar Zuweisungen
von „sozialen Wohnungen“, diese Anzahl ist aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. In
München ist Wohnen und Leben teuer und die Kosten für H2O, Strom, Heizung um ca. 1520% höher als in Wien. Außerdem werden diese Kosten in Deutschland nicht monatlich an
den Mieter verrechnet, sondern häufig erfolgt eine Drittabrechnung der Betriebskosten
einmal im Jahr an den Eigentümer, der diese Beträge anschließend mittels der BKAbrechnung an den Mieter weiterverrechnet. In München wurden in der Vergangenheit
aufgrund der Situation auf dem Wohnungsmarkt Ghettos geschaffen (im Gegensatz zu
Wien, wo eine gute soziale Durchmischung stattfindet). CS sieht einen Zusammenhang
zwischen MZ-Höhe und Mietprellerei.
Es ist ok, wenn die schlimmsten Fälle von Mietprellerei in den Medien dargestellt werden,
um den Leuten einen Spiegel vorzuhalten.
Blacklists über Mietpreller sind in Deutschland üblich, jedoch datenschutzrechtlich
bedenklich.
Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Jan Becker von Immofinanz am
7.5.2012 (Deutschland)
Vor Abschluss des Mietvertrages wird in Deutschland gefragt nach: Mietbescheinigung
vom Vorvermieter, Auskunft von der SCHUFA einholen. Große Vermieter machen das,
die haben auch einen Zugang zur Schufa. Dies haben Private eher nicht. Auch möglich:
Abfrage bei der Creditreform – ist ähnlich wie SCHUFA. Mieterzeugnis funktioniert in
Deutschland sehr gut, kann zwar gefälscht werden, aber man kann beim Vorvermieter
nachfragen.
Ein Mieterzeugnis muss frei von Emotionen zu beantworten sein, also nur die Frage nach
der rechtzeitigen Bezahlung der Miete. Vermieter behandeln eine diesbezügliche Anfrage
des Mieters unterschiedlich, manche wird es vielleicht nicht interessieren, manche werden
107
das Mieterzeugnis nur gegen Bezahlung erstellen, andere schreiben wiederum seitenlange
Briefe. Aber wenn es Usus wird, kann SK sich Mieterzeugnis gut vorstellen.
Voraussetzung allerdings ist, dass alle Vermieter mitmachen müssten. Man muss das
Mieterzeugnis in Österreich einfach einführen; so eine Art Mieterpass gibt es in
Deutschland seit ca. 10 Jahren.
Professionelle Mietnomaden kommen in teuren Anzügen und Autos zum Termin, mieten
sich in teure Wohnungen ein und kennen sich gut im Gesetz aus. Desweiteren gibt es auch
noch einen besonderen Schutz für Schwangere und Familien mit Kleinstkinder (1-2 Jahre)
bezüglich eines Räumungstermins kurz vor Weihnachten oder Ostern. Schnell bekommt
man nur jemanden raus, der männlich ist und Single. Dann kann es noch sein, dass einfach
irgendjemand anderes in dieser Wohnung angemeldet wird, da gibt es verschieden Tricks.
In Deutschland versuchen die Mietnomaden solange wie möglich die Räumung
hinauszuzögern und wenn sie dann erkennen, dass es unweigerlich zur Räumung kommt,
dann sind sie von heute auf morgen weg. Es kommt jedoch nicht zwingend zu einer
Devastierung.
In Deutschland sind Datenbanken bezüglich Mietnomaden eigentlich verboten,
nichtsdestotrotz gibt es sie.
Verfahrensdauer hängt stark vom Gericht ab, diese sind anscheinend überlastet, denn es
dauert 6-8 Monate nur um einen Exekutionstitel zu bekommen und dann mancherorts auch
wieder 6 Monate um vom Gerichtsvollzieher einen Termin zu bekommen.
Schloss tauschen geht nicht und auch das eigenständige Öffnen ist nicht erlaubt. Denn das
ist nur in jenen Fällen erlaubt, wo unmittelbarer Schaden droht, z.B. wenn es z.B. in der
Wohnung oberhalb einen Wasserschaden gibt.
In Deutschland verlässt der Mietnomade die Wohnung spätestens dann, wenn Strom, Gas,
Wasser abgedreht wird. Durchschnittliche Dauer der Räumungsverfahren 8-12 Monate,
hängt stark von der Stadt ab, in den Großstädten dauert es länger. Mietnomaden sind
häufig in Mietermärkten aktiv, also dort, wo der Leerstand hoch ist. In München ist es
etwas schwieriger für Mietnomaden, eine Wohnung zu finden. Dort gibt es 100-200
Interessenten pro Wohnung und die Vermieter verlangen umfangreiche Auskünfte.
108
Transkribtion (aufgrund der Komplexität) des Experteninterviews mit RA Winfried
Meyer 14.5.2012
Hypothese, dass es für die meisten Menschen, insbesondere Mittelständler, deren
Altersvorsorge in der Regel etwas schlecht aussieht, eine sehr interessante Sache geworden
ist, Geld, das in guten Zeiten verdient wird, anzulegen in Wohnungseigentum und damit
also gerade in einem wichtigen sozialem Bereich für Absicherung zu sorgen. Und wenn
diese Absicherung nicht mehr funktioniert, weil die Mieten nicht mehr realisiert werden,
z.B. durch solche Leute, die man als Mietnomaden bezeichnet, dann wird ein ganzer
Bevölkerungsstand in eine unsichere soziale Situation hineingebracht und das macht dieses
Problem besonders deutlich und ein zu lösendes Problem.
Kann nicht mit Bestimmtheit sagen, ob das Problem mit Mietnomaden vor allem in großen
Ballungsgebieten vorkommt. Würde es eher dort ansiedeln, weil dort das Verhältnis
zwischen Mieter und Vermieter nur noch formalisiert ist, im Gegensatz zu jenen Orten, wo
der Vermieter noch seinen Mieter kennt. Und je größer die Wohngebiete sind, die
Zusammenballung der Menschen ist, desto weniger kommt es zu einem individuellen
Kontakt und da könnten auch vermehrt die Probleme auftreten. Denn dieses ist ja ein
Problem, wo der Mieter von vornherein kein richtiges Wohninteresse mehr hat, sondern
eigentlich nur noch das Interesse, den Vermieter zu schädigen und sich selbst dabei einen
Vorteil zu verschaffen. Der eigene Vorteil steht im Vordergrund und der Schaden des
Vermieters ist natürlich die notwendige Folge.
Im Grunde ist es Betrug, denn der MN erreicht eine Täuschung des Vermieters dadurch,
dass er sagt, er wäre ein solventer Mieter, er tritt meistens auch überzeugend auf und
erreicht somit, dass der Vermieter einem Irrtum unterliegt. Der denkt nämlich, er hätte
einen zuverlässigen Mieter; und der Irrtum, dem er unterliegt, führt dazu, dass der
Vermieter möglicherweise Sicherungsmaßnahmen, die er sonst vornehmen würde, nicht
durchführt, und es dadurch zu einer Selbstschädigung kommt. Und diese Selbstschädigung
führt zu einer Vermögensverfügung, da der Vermieter dem MN die Wohnung überlässt.
Das ist alles kausal miteinander verknüpft. Und zwar zunächst einmal mit einem
unbedingten Vorsatz, denn ohne Vorsatz ist es kein Betrug, der Betrug ist in diesem Sinne
eine Vorsatztat, mit dem Ergebnis, dass ein Schaden dabei herauskommt. Wobei der
Schaden auch bei einem Dritten eintreten kann, das ist nicht das Entscheidende dabei. Der
MN erregt einen Irrtum, und durch diesen Irrtum macht der Vermieter eine
109
Vermögensverschiebung, indem er die Wohnung dem Mieter überlässt und das wiederum
führt zu einem Vermögensschaden.
Gängige Definition des Mietnomaden: der Nomade ist jemand, der von Ort zu Ort zieht
und sich nirgendwo bindet. Das Phänomen tritt vorwiegend in größeren Ballungszentren
auf, wo es nicht mehr zu einem vertrauensvollen Kontakt zwischen Mieter und Vermieter
kommt, sondern der Mietvertragsabschluss nur mehr formal abgehandelt wird. Der MN hat
die von vornherein Absicht keine Miete zu zahlen und, wenn absehbar ist, dass Probleme
auftauchen, das Weite zu suchen und sich woanders einzumieten.
In der Praxis sieht es schwierig aus, wenn der Mieter verschwindet, da man ihn schwer
finden kann.
WM hat in den letzten 2, 3 Jahren nur einen schweren Fall erlebt. Er ist nicht der Meinung,
dass Mietnomaden zu einem allgemeinen Problem würden; sondern es sind eher
Einzelfälle. In der Regel sei es so, dass der Mieter Argument bringt, wie, die Wohnung war
verschimmelt, der Keller feucht und die Möbel sind kaputt gegangen und mussten entsorgt
werde; WM hatte einen Fall, wo der Mieter eine Gegenklage zwecks Schadenersatzes
erhob. Tatsächlich hatte sich herausgestellt, dass er seinen Sachen nicht einmal ausgepackt
und alles in einem Zimmer abgestellt hatte; die Kartons waren bis kurz unter die Decke vor
dem Heizkörper aufgebaut, und dadurch gab keine Luftzirkulation mehr. Die notwendige
Folge war, dass sich durch eine unvorschriftsmäßige Lagerung des Mobiliars und der
Kartons, die nicht einmal ausgepackt waren, Schimmel bildete. Dieser Fall ist derzeit
wegen Einmietungsbetruges vor Gericht; dauerte 1,5 Jahren durch alle Instanzen durch,
vom Amtsgericht zum Landesgericht, bis eine Entscheidung gefällt wurde.
Arten der Kündigung in Deutschland: häufigster Fall ist, dass die Miete ausbleibt und
wenn nacheinander 2 Mieten ausbleiben, dann hat der Vermieter das Recht zur fristlosen
Kündigung. Die zweite Variante ist, wenn mehrfach die Miete nicht voll bezahlt wird und
der Rückstand die Höhe von zwei Mieten erreicht hat, dann gibt es auch die Möglichkeit
einer fristlosen Kündigung. Der Vermieter kann die Kündigung selbst schreiben oder einen
Anwalt damit beauftragen.
Man kann in der Räumungsklage selbst die Kündigung aussprechen, aber es ist
empfehlenswert, vorher unter Setzung einer Räumungsfrist zu kündigen; diese Kündigung
wird dann gerichtlich überprüft und wenn der Mieter bereits vom Vermieter eine
110
Räumungsfrist von z.B. 3 Wochen erhalten hat, dann wird das Gericht keine weitere allzu
lange Räumungsfrist einräumen.
Gericht prüft, ob die Miete tatsächlich 2mal ausgeblieben ist, wobei das relativ einfach ist.
Der Vermieter muss den Zugang der Kündigung nachweisen, per Einschreiben mit
Rückschein oder das sogenannte Einwurfeinschreiben in D: der Briefträger bestätigt dann „
ich habe das Schreiben an dem und dem Tag um soviel Uhr eingeworfen“. Das Gericht
prüft die Voraussetzungen, man muss also in der Kündigungsklage vortragen: „das
Kündigungsschreiben wurde an dem und dem Tag dem Beklagten/Mieter zugestellt“. Der
Vermieter muss den Beweis führen, dass der Gekündigte den Brief tatsächlich erhalten hat.
Kündigungsbrief geht vom Vermieter zu Mieter und man muss dem Gericht vortragen und
beweisen, wie der Mieter die Kündigung bekommen hat. Der Vermieter braucht ein
gerichtliches Urteil oder einen Beschluss der Vollstreckung, um den Mieter vor die Tür
setzen zu können. Der Vermieter braucht eine Bestätigung, dass die Kündigung das
Mietverhältnis beendet hat. Wenn Mieter behauptet, dass er ein Recht zur
Mietzinsminderung hat, weil Mängel vorhanden sind, für die der Vermieter verantwortlich
ist, dann würde der Vermieter sagen, dass er davon nichts weiß; wenn der Mieter einen
Mangel feststellt, dann ist er dazu verpflichtet, diesen dem Vermieter mitzuteilen, damit
der Vermieter Maßnahmen zur Abstellung des Mangels ergreifen kann. Die Folge ist, dass
der Mieter sich nicht auf einen Mangel berufen kann, wenn er dem Vermieter keine
Gelegenheit gegeben hat, diese zu beheben.
Ablauf Kündigungsverfahren: Mieter bekommt vom Gericht die Klage zugestellt mit der
Aufforderung sich dazu zu äußern. Nach der Prozessordnung in D ist es so, dass der
Beklagte/Mieter innerhalb von 2 Wochen erklären muss, ob er sich gegen die Klage
verteidigen möchte. Und der muss dann innerhalb von weiteren 2 Wochen die Gründe
vorbringen, mit denen er sich verteidigen möchte und zwar vollständig und unter Angabe
von Beweismittel. Danach kommt es zu einer Verhandlung; wenn der Beklagte die erste
Frist versäumt, kann der Vermieter als Kläger einen Antrag stellen, ein Versäumnisurteil
zu erlassen, wenn der Mieter sich nicht fristgerecht innerhalb der 2 Wochen äußert. Das ist
die beste Möglichkeit die der Vermieter hat, wenn der Mieter sich nicht äußert oder keine
Beweismittel erbringt. Wenn er denkt, er braucht das nicht oder er bräuchte das nur
mündlich beim Gericht vorbringen; dann kann der Vermieter dies als verspätet
zurückweisen.
111
Wenn Mieter innerhalb zwei Wochen antwortet, dann erhält der Vermieter eine Kopie der
Durchschrift und hat ein Recht darauf zu erwidern. Da ist es noch nicht zu einer
Verhandlung gekommen. Nach Erwiderung des Vermieters beraumt das Gericht in aller
Regel einen Termin für eine mögliche Verhandlung an. Dort ist zu klären ob ein Recht der
Minderung der Miete oder nicht, in der Regel werden dann Zeugen aufgerufen.
Zwischen 1. Gerichtstermin und der Beweisdarbringung: lt. Dt. Prozessordnung ist der
Richter verpflichtet, möglichst viel in einem Termin zu erledigen, d.h. der 1. Termin ist die
Verhandlung, in der der Richter einmal die Parteien anhört und sich ein Bild macht und
entscheidet, ob Beweise notwendig sind; diese werden dann bei einem 2. Termin
dargebracht innerhalb von 3-4 Wochen. Dann lädt der Richter die möglichen Zeugen für
angebliche Minderungsgründe. Sachverständigengutachten könnten einzuholen sein, wenn
der Beklagte sich darauf berufen will, muss er die Kosten vorschießen.
Vor dem 2. Termin muss das Gericht zuvor außerhalb der Verhandlung einen
Beweisbeschluss fassen, der bedeutet, das Beweise über die behaupteten Tatsachen des
Mieters erhoben werden sollen. Zunächst werden die Zeugen geladen und wenn die
Zeugen die Vorwürfe des Mieters bestätigen, dann wird ein Sachverständiger für den 3.
Termin beauftragt. Außer das Gericht meint, dass die Auswirkungen z.B. des Schimmels
bekannt sind, dann ist kein Sachverständiger notwendig, das kann das Gericht aus eigenem
Ermessen entscheiden. Wenn die Zeugen nicht bestätigen dass dort Schimmel war, dann
gibt der Richter einen Termin für die Entscheidung bekannt, dieser findet meist 3 Wochen
später statt.
Dieser Termin zur Entscheidung kann entweder ein neuer Beweistermin sein oder ein
Sachverständigen-Gutachten oder Gericht kann direkt durch Urteil entscheiden.
Entscheidungstermin wird verkündet (für Beweisbeschluss- oder Urteilsverkündung).
Urteil ist gleichzeitig ein Räumungsurteil: es wird ausgesprochen „der Beklagte wird
verurteilt 1. Die Wohnung gelegen dort, zu räumen, zweitens der Beklagte erhält ein
bestimmte Räumungsfrist; der Beklagte wird weiterhin verurteilt, rückständige Miete in
Höhe von xy zu bezahlen“.
Damit hat man ein Urteil; gegen das Urteil kann innerhalb 1 Monats das Rechtsmittel der
Berufung eingelegt werden. D.h. es ist noch nicht rechtskräftig. Der Vermieter wird daher
bei Gericht nachfragen, ob ein Rechtsmittel eingelegt wurde oder nicht. Wenn keines
112
eingelegt wurde, ist das Urteil nach 1 Monat rechtskräftig, dann kann es vollstreckt
werden.
Dann ist aber wieder 1 Monat vergangen. Kläger beantragt ein Rechtskraftzeugnis, also 1.
ein
Rechtskraftzeugnis,
2.
eine
vollstreckbare
Ausfertigung
des
Urteils,
die
Vollstreckungsklausel, und 3. den Nachweis, wann das Urteil dem Beklagten zugestellt
worden ist. Damit hat er die notwendigen Voraussetzungen, um aus dem Urteil die
Zwangsvollstreckung betreiben zu können. Kläger beauftragt einen Gerichtsvollzieher, die
Räumung zu vollziehen, bzw. den geschuldeten Betrag durch Zwangsvollstreckung
einzuziehen; da muss beachtet werden, dass das Gericht im Urteil ja nochmal eine
Räumungsfrist ausgesprochen hat, also zusätzlich zu dem 1 Monat Rechtsmittelfrist
kommt noch ein Räumungsfrist und die zählt ab der Vollstreckbarkeit also der Rechtskraft
des Urteils. Räumungsfrist ist ca. 3-4 Wochen, also mindestens einmal so lange wie die
Berufungsfrist läuft und ab der Berufungsfrist nochmal 3-4 Wochen. Am Ende der
Berufungsfrist erhält der Kläger die Rechtskraftsmitteilung und dann hat er die
Möglichkeit der Zwangsvollstreckung, er muss jedoch darauf achten, dass die
Räumungsfrist, die ihm das Gericht gewährt hat, über die Rechtsmittelfrist hinausgegangen
ist.
Wenn alle Fristen abgelaufen sind, dann wird der Gerichtsvollzieher mit der
Vollstreckung, also der Räumung, und mit dem Einzug des eingeklagten Betrag beauftragt.
Gerichtsvollzieher schickt ein Schreiben an den Anwalt des Vermieters: „ Zur
Durchführung der Zwangsvollstreckung bitte ich um Überweisung eines Betrag, der die
Kosten für ein Möbelunternehmen, das den Beklagten heraus befördert, abdeckt.“, dieser
beträgt erfahrungsgemäß ungefähr EUR 2.500,
und dient als Vorschuss, damit der
Gerichtsvollzieher überhaupt die Zwangsräumung durchführt. Wenn der Vermieter den
Vorschuss zahlt, dann setzt der Gerichtsvollzieher einen Termin fest, an dem der Beklagte
zu räumen hat. Das ist dann ca. nach 3-4 Wochen.
Nun kann der Mieter behaupten, keine neue Wohnung gefunden zu haben, er wäre mit
Frau und Kind und hätte keine 3-Zimmer-Wohnung gefunden und bräuchte noch eine
weitere Räumungsfrist. Dann kann das Gericht nochmals 4 Wochen Räumungsfrist
gewähren und der Mieter muss nur nachweisen, dass er tatsächlich gesucht hat.
Gerichtsvollzieher setzt neuen Termin fest, hat seinen Vorschuss bekommen. Dann
erscheint zum neuen Termin ein Möbelunternehmen, mit entsprechenden Möbelpackern
113
und es kann passieren, dass der Mieter noch in der Wohnung sitzt und sagt, er könne nicht
raus, wo solle er denn hin, man könne ihn doch nicht auf die Straße setzen. Der
Gerichtsvollzieher kann nichts machen und teilt dies dem Gläubiger mit. Dann bekommt
der Anwalt des Vermieters die Mitteilung, die Vollstreckung konnte nicht durchgeführt
werden, weil der Mieter nach wie vor in der Wohnung wäre und sagte, er habe eine neue
Unterkunft gesucht, aber er habe nichts Passendes gefunden. Das geht aber nur einmal,
danach sorgt der Gerichtsvollzieher durch eine Anfrage bei der Wohnungswirtschaft, beim
Einwohnermeldeamt oder bei der betreffenden Abteilung in der Verwaltung, ob eine
Sozialwohnung frei wäre, denn er müsse eine Räumung durchführen, die Mieter müssen
irgendwo hin, und die Stadtverwaltung gibt ihm dann die Auskunft, wo eine Wohnung zur
welchem Termin frei wäre. Dann könne er zu diesem Zeitpunkt die Zwangsräumung
durchführen und der Mieter bleibt bis zu diesem Zeitpunkt in der derzeitigen Wohnung.
Dann muss die Stadtverwaltung, das Wohnungsamt, dafür sorgen, dass eine Wohnung, die
passend für die Familie des Mieters ist, frei wird. Dann kann der Gerichtsvollzieher die
Räumung tatsächlich durchführen. Das gilt für ganz Deutschland.
Der Gerichtsvollzieher bestellt ein Transportunternehmen zur Räumung der Wohnung mit
den entsprechendem Fahrzeugen, deswegen auch der hohe Vorschuss, der gezahlt werden
muss.
Es besteht auch die Gefahr, dass die Möbel eingelagert werden müssen, z.B. wenn die
Möbel nicht in die neue Wohnung hineinpassen, die Wohnung anders zugeschnitten ist, sie
hat womöglich genügend Zimmer, aber sie sind alle kleiner. Dann würde es bedeuten, dass
die Möbelpacker die Möbel am Ort des Geschehens einpacken und dann zur neuen
Wohnung hinfahren und auspacken und sehen, dass nicht alles hineingeht. Dann würden
sie einen Teil der Möbel wieder mitnehmen und auf der Pfandstelle abliefern. Dort werden
die Möbel eingelagert und da ist wiederum die Frage, wer bezahlt die Kosten; die bezahlt
noch immer der Vermieter. Aber immerhin, der Vermieter hat eine leere Wohnung und
kann diese wieder vermieten.
Die Frage nach der durchschnittlichen Dauer einer Räumung lässt sich so nicht
beantworten, das ist von verschiedenen Faktoren abhängig: zuerst einmal ob das Verfahren
ein kurzes Verfahren ist, weil der Vermieter vielleicht gar nicht mehr da ist, nicht zum
Termin kommt oder sich irgendwie äußert; dann hat der Vermieter relativ schnell ein
Urteil und das lässt sich dann auch schnell vollstrecken. Wenn er aber sich verteidigt, und
114
verschiedene Argumente anführt und der Verfahrensgang so verläuft wie zuerst skizziert,
also mit Gegenrede und Gegenargumenten und Beweisaufnahme, dann kann das schon
ziemlich lange werden. Und vor allen Dingen, wenn der Beklagte in die nächste Instanz
geht und sagt, das Gericht habe seinen Einwand gar nicht ausreichend gewürdigt und sich
eine Rechtsauffassung zu Grunde gelegt, die nicht haltbar ist, und darum ginge er in
Berufung. Insofern kann man nicht im Vorhinein sagen, es gäbe eine durchschnittliche
Dauer. Man kann nur sagen, in dieser oder jener Konstellation ohne Verteidigung habe
man frühestens in 6 Wochen ein Urteil oder aber es dauert aufgrund einer Notwendigkeit,
z.B. einer Beweisaufnahme, entsprechend länger. Dann würde es durchschnittlich ca. 12
Wochen dauern. Wenn dann auch noch eine Berufungsinstanz hinzukommt, dann
verdoppelt sich das Ganze in etwa. Also nochmal ein halbes Jahr dazu. Insgesamt also 9-10
Monate. Eventuell noch länger, je nachdem, wie sehr das Berufungsgericht ausgelastet ist.
Das Mindeste also wäre 3-4 Monate bei einer günstigen Verfahrenssituation; wenn eine
Beweisaufnahme und zwei Verhandlungen notwendig sind, dann leicht ein Verdoppelung
der Dauer, also ein halbes Jahr Minimum; und wenn der Instanzenweg beschritten wird,
dann kommt mindestens noch ein halbes Jahr dazu, also ca. 1 Jahr. Und letztendlich
kommt das Vollstreckungsverfahren mit 3-4 Monaten dazu, womit die Verfahrensdauer ca.
1 bis 1,5 Jahre dauert.
WM sieht keine große Möglichkeit, die Verfahren zu beschleunigen, weil alle
Möglichkeiten im Grunde schon durch die entsprechende Gesetzänderungen ausgeschöpft
wurden. Man muss ja den Mieter, also den Beklagten, das Recht geben, sich zu äußern,
und wenn er relevante Äußerungen dazu tätigt, dann muss es eine Beweisaufnahme geben,
müssen Zeugen gehört werden; da ist wenig zu verändern, da ist alles schon gemacht
worden. Schon am Anfang durch die Fristen: 2 Wochen zur Erklärung, ob er sich
verteidigen will, weitere 2 Wochen dafür, wie er sich verteidigen möchte unter Angabe alle
Verteidigungsmittel – da sind schon eigentliche die Vorschriften voll ausgeschöpft. Unter
Wahrung der rechtsstaatlichen Grundsätze kaum Möglichkeiten hier wesentlich etwas zu
verändern.
Die durchschnittlichen Kosten hängen davon ab wie hoch die Miete ist. Der Streitwert
bestimmt sich im zivilrechtlichen Verfahren nach der Miete und die Höhe der Miete ist mit
12 zu multiplizieren im normalen Mietstreitverfahren. Dazu kommen in der Regel noch die
ausstehenden Mieten, das heißt, man hat dann durchaus oft die Konstellation vielleicht der
115
Mietrückstand EUR 2.000 – 3.000 beträgt, dann ist das der Streitwert und hinzu kommt 12
x die Monatsmiete, dann ist man leicht bei EUR 10.000, und das bringt dann erhebliche
Kosten für den Vermieter, die Kosten des Anwaltes und des Richters, des Vorschuss, da
muss also eine Gerichtsgebühr bezahlt werden, die ist 3 mal der normale Streitwert, dh die
Gerichtskosten sind so durchschnittlich bei EUR 10.000 etwa EUR 450 – 500, und die
Kosten für den eigenen Anwalt muss der Kläger ebenfalls vorschießen, und ob er die
Kosten vom Beklagten zurückbekommt, ist dann noch offen. Das ist eine Frage des
Geschickes des Gerichtsvollziehers oder auch des Vermieters selbst. Da muss er also auch
die Anwaltskosten für die 1. Instanz bezahlen und die sind bei einem Streitwert in Höhe
von EUR 8.000 – 10.000 ca. EUR 600 – 700. D.h. es geht schon ziemlich schnell über
EUR 1.000, die der Vermieter-Anwalt einzuzahlen hat: einmal die Gerichtskosten und
dann für sich selbst. Also leicht EUR 1.300 – 1.500 Verfahrenskosten für 1 Instanz.
Vorab einzuholende Informationen über den potentiellen Mieter: Einkommensnachweis
einholen, den aktuellen Einkommensnachweis vom Arbeitgeber, der muss dann aber auch
stimmig sein. Kopie des Ausweises.
Frage nach Referenzen vom vorherigen Vermieter: Mieterpass würde RA Meyer ablehnen:
Das geht zu sehr in die persönlichen Verhältnisse des Mieters und deshalb einverstanden,
dass der potentielle Mieter seinen Einkommensnachweis vorlegt, das ist in Ordnung. Man
könnte auch sagen, als Konsequenz daraus, wenn er nicht stimmt, oder sich im Nachhinein
herausstellt, er stimmt nicht, dann hätte ich als Vermieter die Möglichkeit den Vertrag
anzufechten wegen Täuschung. Durch Vorlage des Einkommensnachweises vor Beginn
des Mietverhältnisses hat der Vermieter die Möglichkeit den Mieter abzulehnen, wenn der
Einkommensnachweise seiner Höhe nach unstimmig ist.
Bezüglich einer Referenz vom Vorvermieter: es kann ja sein, dass der Mieter vorher einen
Vermieter hatte, mit dem nicht gut auszukommen war, dass weiß man ja nicht und daher
vom Mieter zu verlangen, er möge eine Erklärung des früheren Vermieters vorlegen, das
kann zu weit gehen. Eben wenn ein Mieter damals zu Recht seine Miete reduziert hat, oder
wenn Streitigkeiten bestanden haben mögen. Aber wenn man da Zweifel hätte, dann wäre
die Frage berechtigt, wie denn das letzte Mietverhältnis ausgegangen wäre. Aber wie
gesagt, das ist in einem Bereich, wo es berechtigt sein kann aber andererseits auch wieder
zu weit geht. MW spricht sich dort gegen einen Mieterpass aus, wo der Mieter vom
Wohlwollen seiner früheren Vermieter abhängig ist. Daher glaubt er nicht, dass man vom
116
Mieter verlangen kann, dass er einen Mieterpass vorlegt. Es gibt es so viele Möglichkeiten
z.B. bei den Fragen nach den Renovierungskosten, oder der Rückgabe der Wohnung, wo
bei Rückgabe der Kaution laufend Streit entsteht. Da ist zu viel offen; man kann überlegen,
ob nur ganz bestimmte Fragen gestellt werden dürfen, die dann neutral zu beantworten
sind, z.B. „bestehen Mietrückstände aus der Vermietung – ja oder nein“. Die Frage danach,
ob ein Prozess geführt worden ist, darf nicht gestellt werden, da man niemandem einen
Prozess verwehren darf. Man könnte gewisse Fragen zulassen, die objektiv zu beantworten
sind, wie z.B. „bestehen Mietrückstände nach Beendigung des Mietverhältnisses“. Das ist
problematisch, denn wenn Vermieter noch irgendwelche offenen Forderungen hat, wird er
die Frage bejahen und hat dem Mieter schon ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Aber es
kann ja sein, dass der Mieter berechtigterweise einen Teil der Miete zurückbehalten hat;
z.B. wegen Mängel, und es kann sein, dass der Vermieter von der Kaution einen Teil
zurückbehalten hat, und der Mieter empört ist. Dann kann es sein, dass die Frage falsch
beantwortet wird. Es ist ein Problem, wenn der Einbehalt des Mietzinses gerechtfertigt
war, oder wenn Mängel bestanden haben, also wenn die Kaution gemindert wurde, ohne
dass ein gerechtfertigter Grund dafür vorhanden gewesen wäre. Es gibt viele
Möglichkeiten, viele Kausalitäten, daher ist WM der Meinung, dass man generell derzeit
keinen Mieterpass einführen sollte. Man könnte sich vielleicht Gedanken machen, ob es
Punkte gibt, die so neutral sind, dass sie kein schlechtes Urteil abgeben. Wenn es allein um
Tatsachen ginge, aber das ist im Augenblick zweifelhaft, dass das so möglich ist.
Der normale Weg in Deutschland wäre, beim Amtsgericht nachzufragen, ob der
Mietinteressent im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist. Das ist objektiv jedem möglich,
der ein gerechtfertigtes Interesse hat und als Vermieter hat man dieses Interesse. Eher als
bei der Schufa: dort bekommt der Vermieter über einen Mieter nicht einfach eine
Auskunft, man muss vom Mieter verlangen, dass er für sich selbst ein eigenes Zeugnis
anfordert. Das darf man als Vermieter. Jeder Arbeitgeber verlangt nach einem
Selbstzeugnis.
Damit sich der Schuldenberg im Laufe des Verfahrens nicht auftürmt, wäre es sinnvoll,
wenn der Vermieter ernst nach Erhalt der Kaution dem Mieter den Schlüssel übergibt. Das
ist ein gewisses Problem in Deutschland, denn es gibt die Vorschrift, dass zwar eine
Kaution in Höhe von bis zu drei Mieten verlangt werden darf, aber nicht in einem Betrag,
sondern der Mieter hat die Möglichkeit in 3 Raten zu zahlen. D.h. es kann sein, dass der
Mieter das Recht zur Nutzung der Wohnung bekommt, obwohl er erst eine einzige Rate
117
gezahlt hat. Das ist seit 2000/2001 zwingendes Recht, weil wenige Mieter die gesamte
Kaution auf einmal aufbringen können. Das ist eine Frage der Politik: wie kann es sein,
dass eine so relevante Zahl von Mietern nicht in der Lage ist die Kaution zu bezahlen. Und
was nutzt dem Vermieter der beste Mieter, wenn der das nicht zahlen kann, wer hat denn
schon einfach so drei Mieten in der Hand. Und vor allem dann noch, wenn der frühere
Vermieter noch die Kaution zurückbehält, weil die Nebenkostenabrechnung noch nicht
fertigstellt ist. Da verzögert sich alles, das greift dann nicht mehr ineinander über, sondern
es kommt zu einer Verzögerung, wo der Mieter draufzahlt. In Deutschland muss die
Kaution in der Regel innerhalb eines halben Jahres ausgezahlt werden, aber die
Nebenkostenabrechnung muss erst nach einem 1 Jahr abgerechnet sein, und solange der
Vermieter noch das Recht hat, Nachforderungen zu stellen, kann er auch die Kaution oder
zumindest einen Betrag aus der Kaution zurückhalten. Einen gewissen Anteil muss er aber
innerhalb eines halben Jahres auszahlen. Das Problem ist dann, dass der Mieter die neue
Kaution unter Umständen nicht zahlen kann. Oft passiert es in der Praxis, dass der
Vermieter aus Gutmütigkeit sagt, die Kaution könne innerhalb des nächsten halben Jahres
gezahlt werden. Aber dann braucht er sich nicht zu wundern, wenn er ausgenutzt wird.
Dann ist die Frage, wer dafür aufkommen soll? Die Frage ist, wenn das Sozialamt das
bezahlen soll, dann muss der Mieter wiederum den ganzen Sozialgang machen und das ist
ein Gang nach Canossa. Das Amt zahlt z.B. bei Hartz IV direkt an den Mieter, aber der
Vermieter kann sich eine Abtretungserklärung geben lassen, damit direkt vom Sozialamt
an ihn gezahlt wird. Die Hartz IV – Empfänger können beim Sozialamt auch den Antrag
stellen, eine Vorauszahlung für die Kaution zu erhalten, das wird ihnen dann im Laufe des
Mietverhältnisses Stück für Stück vom Sozialamt abgezogen.
Vermietung über den Makler, weil diese erfahrener sind? MN sind nicht so dumm,
auffällig zu sein, deswegen wird auch der Makler sie nicht leicht erkennen können. Dem
Makler geht es auch darum, etwas verdienen zu können, das verdient er vom Mieter und
Vermieter, das ist sein Interesse. In Grunde genommen kann man sich vor einem MN nicht
schützen.
Ergänzendes Telefonat am 5.7.2012
Ad Auskunftsplattformen: diesen sind eher zu misstrauen, MN sind selten eingetragen,
profitieren von falschen Schreibweisen ihrer Namen; Möglichkeit: offen zugängliche
Daten über die Schuldnerdateien der Amtsgerichte
118
Ad Vorsichtsmaßnahmen: Schlüsselherausgabe erst nach Zahlung der Kaution und der 1.
Miete; allerdings muss in D die Kaution in 3 Raten gezahlt werden dürfen, also zumindest
die 1. Rate einkassieren.
Ad Berliner Modell: leicht EUR 2.500,00 pro Räumung vermeidbar (Lagerung), ähnlich
dem früheren Vermieterpfandrecht hat sich bewährt um in Besitz der Wohnung zu
gelangen.
Ad Kündigung: Mieter muss vom Vermieter im Kündigungsschreiben auf sein
Widerspruchsrecht hingewiesen werden
Email von Felix König, BWO Schweiz vom 18.7.2012 (Schweiz)
1) Wie lange und in welcher Funktion sind Sie im Immobilienbereich tätig?
Ich bin seit April 2002 als stellvertretender Leiter des Bereichs Recht des Bundesamts
für Wohnungswesen (BWO) tätig und bearbeitete dabei vor allem Rechtsfragen aus
den Bereichen Mietrecht und Wohnbauförderung. Von Beruf bin ich Rechtsanwalt.
2) Wie definieren Sie den Begriff „Mietnomade“? Haben Sie Kenntnis diesbezüglicher
Vorfälle bzw. wurden Sie bereits mit Mietnomaden konfrontiert?
Als „Mietnomade“ würde ich eine Person bezeichnen, die von Mietwohnung zu
Mietwohnung zieht und dabei das Ziel verfolgt, am jeweiligen Ort möglichst lange
ohne Bezahlung des Mietzinses wohnen zu können. Häufig zeichnet sich ihr Verhalten
zudem dadurch aus, dass sie die Wohnung in verwahrlostem Zustand zurück lässt. Ich
wurde bisher noch nie mit solchen Fällen konfrontiert.
3) Wenn ja, wie viele Fälle haben Sie in Erinnerung? Können Sie schätzen, wie viele
Fälle
von
Mietnomaden
in
der
Schweiz
pro
Jahr
auftreten?
Gemäss Statistik über die Tätigkeit der Schlichtungsbehörden gab es im zweiten
Halbjahr 2011 in der Schweiz über 700 Schlichtungsverfahren zum Thema
ausserordentliche Kündigung. Dieser Anrufungsgrund umfasst die Anfechtung einer
ausserordentlichen Kündigung infolge von Zahlungsrückstand (Art. 257d Abs. 2 OR),
Verletzung der Sorgfalts- und Rücksichtsnahmepflicht (Art. 257f Abs. 3 OR), Mängeln
an der Mietsache (Art. 259b lit. a OR), aus wichtigen Gründen (Art. 266g OR) oder
119
infolge Konkurs des Mieters (Art. 266h OR). Nur ein ganz kleiner Teil dieser Fälle
dürfte „Mietnomaden“ betreffen. Andererseits führt aber auch nicht jeder Fall von
„Mietnomaden“ zu einem Schlichtungsverfahren. Es ist deshalb schwierig, aus der
Statistik der Schlichtungsbehörden Erkenntnisse dazu zu gewinnen.
Ich vermute, dass es in der Schweiz jährlich nicht mehr als einige Dutzend solcher
Fälle gibt.
4) Welche Informationen sind Ihrer Meinung nach unbedingt vor Vertragsabschluss über
den potentiellen Mietereinzuholen?
In der Schweiz ist es üblich, dass der Vermieter vor Abschluss eines Mietvertrages
einen Betreibungsregisterauszug einfordert. Dieser Auszug beinhaltet aber nur
Informationen, die sich auf den jeweiligen Wohnort beziehen. Da Mietnomaden diesen
häufig wechseln, kann es sinnvoll sein, sich nach früheren Wohnorten zu erkundigen
und dort ebenfalls Betreibungsregisterauszüge anzufordern. Eine weitere Möglichkeit
besteht darin, vom letzten Vermieter eine Referenz einzuholen.
5) Wie kann man Ihrer Meinung nach zusätzlich den Abschluss eines Mietvertrages mit
einem Mietnomaden vermeiden?
Gemäss Artikel 257e Absatz 2 Obligationenrecht (OR) darf der Vermieter bei der
Miete von Wohnräumen höchstens drei Monatszinse (auf einem Sparkonto oder einem
Depot, das auf den Namen des Mieters lautet. Das Geld darf aber nur mit Zustimmung
beider Parteien oder gestützt auf ein Urteil herausgegeben werden) als Sicherheit
verlangen. Wird dies verlangt, so kann dies für „Mietnomaden“ abschreckend wirken.
6) Wie lange dauern Ihrer Erfahrung nach durchschnittlich die notwendigen
Mietzinsklage und Räumungsverfahren?
Gemäss Artikel 257d OR kann der Vermieter dem Mieter, der nach der Übernahme
der Sache mit der Zahlung fälliger Mietzinse oder Nebenkosten im Rückstand ist,
schriftlich eine Zahlungsfrist von 30 Tagen setzen und ihm androhen, dass bei
unbenütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde. Bezahlt der Mieter
innert der gesetzten Frist nicht, so kann der Vermieter bei Wohn- und
Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens nochmals 30 Tagen auf Ende eines
Monats kündigen. Dies bedeutet, dass eine Kündigung frühestens zwei Monate nach
der ersten Säumnis des Mieters wirksam ist. Sofern der Sachverhalt unbestritten oder
120
sofort beweisbar und die Rechtslage klar ist, gewährt das Gericht Rechtsschutz im
summarischen Verfahren (Artikel 257 Schweizerische Zivilprozessordnung, ZPO). Die
Dauer dürfte von Ort zu unterschiedlich sein, aber das Verfahren ist auf eine
unverzügliche Umsetzung des Rechtsschutzes (in diesem Fall Ausweisung des Mieters,
nötigenfalls mit Hilfe der Polizei) ausgerichtet.
Wenn allerdings dieser Rechtsschutz nicht gewährt werden kann, beispielsweise weil
der Mieter den Sachverhalt bestreitet und/oder seinerseits Ansprüche (z.B. wegen
Mängeln) geltend macht, so muss der Vermieter ein ordentliches Verfahren vor der
zuständigen
Schlichtungsbehörde
einleiten.
Dadurch
kann
sich
die
die
Verfahrensdauer bis zur Räumung ohne weiteres um ein paar Monate verlängern.
7) Wie hoch sind Ihrer Erfahrung nach die durchschnittlichen Kosten/Schäden, die der
Mietnomade anrichtet (Größenordnung)?
Dazu kenne ich kein praktisches Beispiel auf das ich zurückgreifen könnte. Geht man
jedoch von einer möglichen Verfahrensdauer von mehreren Monaten aus, so
resultiert, je nach Höhe des Mietzinses, eine Summe von einigen tausend Franken.
Kommen noch Schäden am Mietobjekt dazu, so erscheint auch ein fünfstelliger
Frankenbetrag nicht unrealistisch.
8) Gemäß Art. 259g des schweizerischen Mietrechtes kann der Mieter bei Mängel und
Verstreichen der Frist den Mietzins hinterlegen. Kann der Vermieter in Streitfällen
VERLANGEN, dass der Mieter den Mietzins hinterlegt, bis ein Urteil gefällt wird?
Eine Hinterlegung im Streitfall zugunsten des Vermieters ist durch das OR nicht
vorgesehen. Faktisch erfüllt die Sicherheit von bis zu drei Monatszinsen, die der
Vermieter zu Beginn des Mietverhältnisses verlangen kann (vgl. Antwort zu Ziffer 5),
eine vergleichbare Funktion.
9)
Welche Kündigungstermine stehen dem Vermieter zur Verfügung?
In erster Linie gelten die vertraglich vereinbarten Kündigungstermine. Sehr oft ist dies
jedes Monatsende mit Ausnahme des 31. Dezember. Fehlt es an einer solchen
Vereinbarung, so gilt der sogenannte Ortsgebrauch. Dieser kann beispielsweise den
31. März, den 30. Juni, und 30. September als Kündigungstermine vorsehen. Fehlt es
sowohl an einer vertraglichen Vereinbarung als auch an einem Ortsgebrauch, so kann
auf das Ende einer dreimonatigen Mietdauer gekündigt werden. Diese berechnet sich
121
ab dem Vertragsbeginn. Wenn ein Mietverhältnis am 1. Februar begonnen hat, so sind
der 30. April, der 31. Juli, der 31. Oktober sowie der 31. Januar Kündigungstermine.
Im vorliegenden Zusammenhang ist Artikel 266c OR allerdings nicht zentral, da diese
Bestimmung die normale Kündigung betrifft, während bei „Mietnomaden“
regelmässig Artikel 257d OR und damit ein besonderer Kündigungstermin
(unabhängig vom Vertrag oder vom Ortsgebrauch das Ende eines Monats) zur
Anwendung gelangt.
10) Ist das Thema Mietnomaden in den schweizerischen Medien übermäßig präsent?
Wenn ja, zu Recht ?
Das Thema ist in den Schweizer Medien präsent. Es erscheinen regelmässig Artikel
dazu. Ob man die Häufigkeit als übermässig bezeichnen will, ist eine Ermessensfrage.
Davon ausgehend, dass Mietnomaden im Verhältnis zur Gesamtzahl der Mieter eine
doch seltene Ausnahme darstellen dürften, könnte man wohl schon von einer
übermässigen medialen Präsenz sprechen. Ob dies zu Recht so ist, kann ich nicht
beurteilen. Die Medien bringen es halt, weil es die Leute interessiert. Da sich der
umsichtige Vermieter recht gut absichern kann, ist es meines Erachtens aber kein
riesiges Thema. Die meisten Vermieter werden wohl aus Schaden klug und daher kein
zweites Mal davon betroffen sein.
Inhaltliche Wiedergabe des Experteninterviews mit Urs Leimer, selbstständiger
Immobilientreuhänder, am 20.7.2012 (Schweiz)
Ist bereits mit Mietprellern konfrontiert worden, aber nicht im großen Ausmaß. Es ist
vorteilhaft, den Mietinteressenten ein Mietgesuch ausfüllen zu lassen, hier kann man
relevante Fragen zu Einkommen, Familiengröße, etc. stellen. Oft ist bereits der Abschluss
einer Privathaftpflichtversicherung Bedingung zur Erlangung des Mietverhältnisses, da
dadurch ein etwaiger, durch den Mieter entstandener, Schaden abgedeckt sein kann. Hier
sollte allerdings die Auskunft des Mietinteressenten direkt bei der Versicherung verifiziert
werden, damit die Deckung von Schäden gewährleistet ist. Stellt der Mieter nun so ein
Mietgesuch, sollten darauf unbedingt die aktuelle Adresse und der Name des Vermieters
notiert sein. Zusätzlich verlangt man eine Betreibungsauskunft, anhand derer man einen
etwaigen Verlustschein oder eine Betreibung erkennt. Der Mieter ist nicht gezwungen, sein
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Einkommen zu nennen, ca. 80% der Mietinteressenten geben jedoch freiwillig Auskunft,
die Bruttomiete sollte nicht höher sein als ein Drittel des Einkommens.
In der Schweiz existiert ein diesbezügliches, landesweit geführtes Register; zahlt der
Mieter seine Miete nicht, betreibt der Vermieter gegen ihn eine Klage. Wehrt der Mieter
diese ab, so kommt es zur Schlichtungsstelle; wenn die Kündigung zu Recht
ausgesprochen wurde, dann wird die Räumung vollzogen; zusätzlich kommt es zur
Lohnpfändung bzw. die Gegenstände aus der Wohnung werden verkauft. Wenn dies nicht
ausreicht um die Schulden zu tilgen, erhält der Vermieter einen Verlustschein über die
geschuldete Summe und kann regelmäßig überprüfen, ob der Mieter inzwischen wieder
solvent geworden ist. So weit kommt es aber selten.
Es gibt verschieden Betreibungsämter aufgrund der verschiedenen Kantone, der Vermieter
kann kontrollieren, ob Schulden registriert sind. Die Betreibungsauskunft ist eine staatliche
Auskunft, die von einer Privatperson bei begründetem Interesse aufgrund des Mietgesuchs
des Mietinteressenten eingeholt werden kann. Oder der Vermieter verlangt vom Mieter
diese Betreibungsauskunft vorzulegen.
Wenn der Mieter die Miete schuldig bleibt, dann dauert es im besten Fall drei Monate bis
die Wohnung wieder frei ist. Zehn Tage nach dem Zahlungsverfall schickt der Vermieter
dem Mieter eine Mahnung mit Kündigungsandrohung und setzt eine Zahlungsfrist von 30
Tagen. Der Mieter kann die Kündigung bei der Schlichtungsstelle anfechten. Kann die
Räumung vollzogen werden und hält der Mieter die Räumungsfrist nicht ein, oder ist nicht
anwesend, so erhält er eine Nachfrist. Letztendlich kommt es zu einer Zwangsräumung mit
Polizei, Schlüsselservice und Umzugsunternehmen. Dafür muss der Vermieter die Kosten
übernehmen und obzwar es keine gesetzliche Grundlage für die verpflichtete
Aufbewahrung der Gegenstände des Mieters gibt, ist es Gerichtspraxis, dass diese ein Jahr
in einem geeigneten Raum verwahrt werden müssen. Der Mieter kann die Gegenstände
auslösen, jedoch sind diese meistens wertlos.
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