PDF sample - USPSA MultiGun Nationals

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Einfuhrung in die
theoretische Elektrotechnik
Einfuhrung in die
theoretische Elel(trotechnil(
Von
I(arl Kupfmuller
Dr. Ing, E. h.
e, Profes sor
8.
d. Te chnischeo Hochschule Darmatedr
Sieh ente verhesserte AufIage
Mit 527 Abbildungen
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH
ISBN 978-3-662-23807-3
ISBN 978-3-662-25910-8 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-25910-8
AIle Rechte, insbesondere das der Uhersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten
Ohne ausdriickliche Genehmigung des Veri ages ist es nicht gestattet,
dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie)
oder auf andere Art zu vervielfaltigen
Copyright 1932, 1952 and 1955 by Springer-Verlag OHG.,
Berlin I Gottingen I Heidelberg
® by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1962
Urspriinglich erschienen bei Springer Verlag oHG Berlin Gottigen Heidelberg 1962.
Softcover reprint of the hardcover Ist edition 1962
Library of Congress Catalog Card Number: 62-15421
Vorwort zur siebenten Auflage
Die neue Auflage gab Gelegenheit, einige Druckfehler zu beseitigen. Seit dem Erscheinen der sechsten Auflage liegen Beschliisse der 11. Generalkonferenz fiir MaBe
und Gewichte vom Oktober 1960 vor, durch die einige Einheitendefinitionen verfeinert worden sind. Die wichtigste ist die Definition des Meter, die sich jetzt nicht
mehr auf das Urmeter bezieht, sondern festlegt, daB 1 m gleich dem 1650763,73fachen
der Wellenlange einer bestimmten Spektrallinie in der Strahlung von Krypton ist.
Die Kalorie wird neuerdings definitionegemaf an das Joule angeschlossen, und es ist
festgelegt, daB 1 kcal = 4186,8 Jist [vgI. S. 7, GI. (19» .
Darmstadt, im Januar 1962
IL Kiipfmliller
Vorwort zur sechsten Auflage
In del' vorliegenden Auflage wurde weiter das Ziel verfolgt, eine Einfiihrung in die
theoretischen Grundlagen, Erkenntnisse und Berechnungsverfahren zu geben, die
moglichst vielen Teilgebieten del' Elektrotechnik gemeinsam sind. Verschiedene Gebiete wurden gegeniiber den fruheren Auflagen mit Riicksicht auf die neuere Entwicklung del' Elektrotechnik erweitert, z. B. die Netztheorie durch Einfiihrung del'
komplexen Frequenzebene, die Theorie del' Halbleiter mit ihren Anwendungen, die
Theorie von Gleichrichter- und Verstarkerschaltungen einschlieBlich del' Magnetverstarker und die Leitungstheorie durch Beriicksichtigung von variablen Leitungseigenschaften. Aufgenommen wurden ferner die theoretischen Grundlagen verschiedener neuer Bauelemente, wie Magnetkernspeicher, Hatzgeneratoren, Supraleiter.
Dabei wurde das Prinzip beibehalten, daB die Anordnung des Textes von Leichterem zu Schwierigerem fortschreitet und daB alle tiber die Differential- und Integralrechnung hinausgehenden mathematische Verfahren jeweils an den Anwendungen
erlautert werden.
Die Formelzeichen wurden auf die neue DIN-Norm umgesteIlt, die sich an die
internationale Normung anschlieBt. Es wird also die Flache jetzt mit A gegeniiber
fruher F, die Kraft mit F gegenuber frtiher P und die Leistung mit P gegeniiber
fruher N bezeichnet. So ungewohnt und nachteilig diese UmsteIlung zunachst auch
erscheinen mag, so diirfte es doch mit Riicksicht auf die internationale Einheitlichkeit zweckmalsig sein, mogliehst bald in Physik und Technik zu den neuen Zeichen
uberzugehen.
Den Herren Obering. Dipl.-Ing. A. LUTZ und Dipl.-Ing. W . WEISS danke ich ftir
die sorgfaltige Durchsicht des Buches, del' Zeichnungen und del' Korrekturen. Dem
Verlag danke ich fur die entgegenkommende AusfUhrung meiner Wiinsche.
Darmstadt, im Februar 1959
IL Kiiplmiiller
Inhaltsverzeichnis
Selte
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Erstes Kapitel: Der 's t a t io n a r e elektrische Strom
I. Die Einheiten der elektrischen Grol3en .
1. Definitionen. . . . . . . . '. . .
2. Grol3engleichungen . . . . . . . .
II. Der elektrische Strom in linearen Netzen . . . .
3. Grundgesetze der Stromung in linearen Netzen ;
4. Hilfsregeln fiir die Berechnung von Netzen . .
III. Der elektrische Strom in raumlioh ausgedehnten Leitern
5. Grundbegriffe des raumlichen Stromungsfeldea . . . .
6. Die Grundgesetze des stationaren elektrischen Stromes
7. Beispiele von Stromungefeldern . . . . . .
8. Grenzbedingungen im Stromungafeld . . . .
9. Der elektrische Strom in metallischen Leitern
Zweites Kapitel: Das elektrische Feld
I. Das stationare elektrische Feld . .
10. Grundbegriffe des elektrischen Feldes .
11. Kondensatoren. . . . . . . . . . .
12. Beispiele elektrostatischer Felder. . . . . .
13. Mehrleiteraysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14. Die mechanischen Krafte im elektrischen Feld; Energie des elektrischen Feldes
15. Der zeitliche Vorgang des Aufbaues und Abbaues elektrischer Felder; Nachwirkung
. . . . . .
16. Die Potentialgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17. Raumladungsfelder
18. Graphische Methoden zur Ermittlung der Potentialverteilung in elektrostatischen Feldern . . . . • . . . . . .
II. Das langsam veranderliche elektrische Feld
19. Verschiebungsstrom und Leitungsstrom
20. Das elektrische Wechselfeld . . .
21. Gasentladungen • . . . . . . .
22. Der Durchschlag von Isolierstoffen
Drittes Kapitel: Das magnetische Feld .
I. Das stationdre magnetische Feld . . . . . . . . . . . . .
23. Grundbegriffe und Grundgesetze des magnetischen Feldes . .
24. Der magnetische Kreis , Elektromagnete, Dauermagnete . . . . . . .
25. Berechnung magnetischer Felder, Vektorpotential, AMPEREsche Formel
26. Beispiele magnetischer Felder . . . . . . . . . . . . .
27. Gegeniiberstellung der Grundgesetze der stationaren Felder
II. Das langsam veranderliche magnetische Feld . . .
28. Selbstinduktion . . . . . . . . . . . . . .
29. Gegeninduktion . . . . . . . . . '. . . . .
30. Die mechanischen Krafte im magnetischen Feld
31. Das magnetische Wechselfeld . . . . .
32. Die Wirbelstrcme . . . . . . . . . . .
33. Die Ummagnetisierungsverluste . . . .
34. Der Transformator . . . . . . . . . .
35. Elektrisch-mechanische Energiewandler .
1
4
4
4
8
9
9
19
28
28
33
37
44
47
56
56
56
65
70
90
98
III
117
134
147
149
149
152
162
178
184
184
184
210
219
230
236
237
237
246
250
256
260
275
280
288
VIn
Inhaltsverzeichnis
Viertes K apitel: Netzwerke
. . . . .
304
"36. Theorie der Netze bei Wechselstrom
37. Vierpole
38. Lineare Verstii.rker . . . . . . . .
304
337
342
Seit e
Fiinftes K apitel: Leitungen und Kettenleiter
39.
40.
41.
42.
Die Leitungsgleichungen
Naherungsformeln der Leitungstheorie
Die Leistungsverhii.ltnisse bei Leitungen
Kettenlciter, Wellenfilter . . . . . .
354
.
.
.
.
354
371
383
387
Sechstes Kapitel: Rasch v erii.nderliche Felder
43. Die :JItlAxwELLschen Feldgleichungen
44. Die elektromagnetische Welle . . .
45. Hohlleitungen und Hohlresonatoren .
395
-,
Siebentes Kapitel : E lektromagnetisch"e Ausgleichsvorgange
46.
47.
48.
49.
50.
51.
52.
Allgemeine Gesetze der Ausgleichsvorgii.nge in linearen Systemen .
Zeitfunktion und Spektrum . . .
Nichtlineare Systeme . . . . . .
Ausgleichsvorgii.nge in Leitungen . . . . .
Gleichrichter
. . . . . . .
Unregelmallige Strome • . . . . . . . .
Stabilitiit von Stromkreisen; Selbsterregung
395
403
420
428
428
439
454
468
477
487
490
Anhang : MaBsysteme . Literatur
499
Saehverzeichnis . . • . . . .
502
Einleitung
Jede technische Aufgab e kann im Prinzip durch Probieren gelost werden, z. B.
der Bau eines Elektromotors oder einer Verstarkerrohre oder einer Fernsprechverbindung. Erfiillt das erste Gerat nicht die gewiinschten Bedingungen, ist z. B. die
Leistung des Elektromotors nicht ausreichend oder zeigen sich irgendwelche anderen
Mangel, dann wird man ein zweites Gerat herstellen und versuchen, durch Abanderungen diese Mangel zu beseitigen, und es ist wahrscheinlich, daB man bei Verwertung der Erfahrungen nach einer gewissen Anzahl von Versuchen schlieBlich
zu einem brauchbaren Gerat kommen wird. Dieses empirische Verjohren. ist in der
Tat das Verfahren, das in der Technik, besonders in der Anfangszeit neuer Zweige
der Technik, haufig angewendet wurde und noch angewendet wird . Offensichtlich
erfordert es aber zumindest gro13e Aufwendungen an Hilfsmitteln und an Zeit . Sie
lassen sich urn so mehr verringern, je genauer man die Vorgange kennt, die sich in
der betreffenden Einrichtung abspielen. Diese Kenntnis kann zwar grundsatzlich
nur durch Erfahrung ermittelt werden ; es ist jedoch moglieh , auch ohne daB Erfahrungen mit der besonderen Einrichtung vorliegen, urn deren Herstellung es sich
handelt, Voraussagen tiber ihre Eigenschaften zu machen. Dazu dient die Theorie.
Die Theorie bildet die Zusammenfassung der jeweils vorliegenden, durch Beobachtung und J.11essung gewonnenen Gesamterfahrungen, so da(J diese auf rnoglichst viele
Fiille ubertraqen. werden kimmen,
Dieseunseren heutigen Vorstellungen entsprechende Definition unterscheidet sich
grundsatzlich von der alten Bedeutung dieses Wortes, wie sie Goethe im " Faust"
meint, wenn er von der "grauen" Theorie spricht. Jene "Theorie" ging nicht von
der Erkenntnis der Naturvorgange aus, sondern beruhte auf einer dogmatischen
Weltbetrachtung.
Zur Losung einer technischen Aufgabe stehen also grundsatzlioh Versudi und
Theorie zur Verfiigung, wobei die Theorie die bereits friiher gemachten Versuche
und Erfahrungen beriicksichtigt. Daher sind zur Losung einer technischen Aufgabe im allgemeinen zweierlei Arten von Aufwendungen erforderlich :
1. Aufwendung von Gedankenarbeit durch Verwertung der theoretischen Erkenntnisse,
2. Aufwendung von Mitteln zur Ausfiihrung von Versuchen (Rohstoffe, Werkstoffe, Bauelemente, Herstellungskosten der Versuchseinri chtungen, Betriebskosten).
Diese beiden Arten von Aufwendungen konnen sich nun gegenseitig ersetzen.
Zur Losung ein und derselben Aufgabe ist mehr Material erforderlich , wenn von
den theoretischen Erkenntnissen kein Gebrauch gemacht wird; andererseits kann
an materiellem Aufwand gespart werden, wenn mehr geistige -Arbeit bei der Losung
des Problems aufgewendet wird. Dazu kommt noch, daB das empirische Verfahren
unvergleichlich mehr Zeit und Gesamtarbeit erfordert als bei Anwendung der
theoretischen Erkenntnisse notwendig ist. Hierin liegen die Erfolge des unseenechaitlichen. Verjahrens der Bearbeitung technischer Aufgaben, das den Gegensatz
zum empirischen Verfahren bildet, und dessen Einfiihrung die raschen Fortschritte
Kilpfmiill er, Elektrotechnik, 7. Anf!.
1
2
Einleitung
der Teehnik in den letzten Jahrzehnten ermoglicht hat. Die theoretisehen Erkenntnisse sind allerdings gegenwartig noeh weit von dem idealen Zustand entfernt, daf
man jede teehnisehe Aufgabe rein dureh Gedankenarbeit Iosen konnte, daB also
die zweite Art von Aufwendungen vollstandig dureh die erste ersetzt werden
konnte ; um so wichtiger ist es daher, mit der Auswertung des Vorhandenen
so weit zu gehen wie irgend moglieh. Jede teehnisehe Aufgabe ist losbar, Haufig
erfordert die Losung grolle Aufwendungen an Mitteln und an Zeit; sie konnen in
dem MaBe vermindert werden, in dem es moglieh ist, theoretisehe Erkenntnisse
anzuwenden.
Gew6hnlieh gibt es zur Losung einer teehnisehen Aufgabe viele versehiedene
Wege oder verschiedene Arten der Ausfuhrung, die alle die gestellten Bedingungen
an sieh erfullen, Die zweckmalsige und daher richtige L6sung ist dann immer diejenige, die den geringsten Gesamtaufwand erfordert. Es konnen z. B. die Herstellungskosten der versehiedenen Ausfiihrungen verschieden sein oder der Materialbedarf, der Bedarf an besonders wertvollen Rohstoffen oder der Raumbedarf; es
konnen aber aueh die Betriebskosten oder diejenigen Kosten verschieden sein, die fur
die Instandhaltung der betreffenden Einriehtung und die Sicherstellung des Betriebes
laufend erforderlieh sein werden. Daher ist es in vielen Fallen sehwierig, die zweekmaBigste Losung zu finden. Es gehOrt aber grundsiitzlich zur Losung einer technischen A ulgabe, dafJ sie die gestellten Bedingungen mit einem .111inimum an Gesamtaulwand erlilllt. Je genauer man die Eigenschaften der herzustellenden Einriehtung
im voraus ermitteln kann, um so sicherer wird dies zu erreichen sein. Auch in
dieser Beziehung ergeben sich daher wichtige Anwendungen der theoretischen
Erkenntnisse.
Man konnte zunachst glauben, daB eine zweekmaliige Form des Studiums die
ware, daf jeder Einzelne aIle Erfahrungen, die im Laufe der Zeit gemaeht worden
sind, in der gleichen Reihenfolge und Vollstandigkeit sammeln wurde, Dieses Verfahren ist aus einer Reihe von Grunden nieht durchfUhrbar, besonders wegen der
Fulle des Erfahrungsmaterials, die ungeheuer grofs ist im Vergleieh zu dem, was
ein Mensch wahrend seines Lebens auf diese Weise aufnehmen konnte, Es ist daher
notig, die Erfahrungen in eine moglichst konzentrierte Form zu bringen und in
dieser Form zu verbreiten. Ein Hilfsmittel dazu stellt die Mathematik dar, die,
vom Standpunkt der Anwendung aus betraehtet, einerseits eine Art Kurzschrift
zur Zusammenfassung der Erkenntnisse bildet und andrerseits Anweisungen fur die
Auswertung dieser Erkenntnisse gibt. Aus diesem Grunde sind mathematische
Kenntnisse eine der unentbehrliehen Voraussetzungen zum Verstandnis der Ingenieurwissensehaften.
Die mathematisehen Verfahren ermogliehen es, viel kompliziertere Zusammenhange zu erfassen, als es mit blofem Nachdenken moglieh ware ; sie konnen Denkprozesse ersetzen, die tiber die Fahigkeit des menschlichen Gehirns weit hinausgehen. Gewisse Erfindungen konnten sogar nur auf dem Weg iiber mathematische
Uberlegungen entstehen, ein Beispiel dafur bilden die Wellenfilter. Allerdings sind
dies seItene Falle, Fur den wissenschaftlich arbeitenden Ingenieur gilt die Grundforderung, daf er sieh eine klare Vorstellung von dem Wesen der Naturvorgange erwirbt, mit denen er es zu tun hat. Darunter ist zu verstehen, daB mit dem Ablauf
dieser Vorgange bestimmte Ideen verbunden werden, die die Erscheinungen auf
wenige allgemeine Gesetzmalsigkeiten zuruckfuhren, Zu jeder Technik gehort eine
ganz bestimmte Vorstellungswelt, die durch die Theorie vermittelt wird. Die Fortschritte der Technik gehen jeweils von dieser Vorstellungswelt aus. J ede Erweiterung
der theoretischen Vorstellungen gibt daher die Mogliehkeit weiterer Fortschritte.
Diese Vorstellungen aber kOnnen in vollem Umlang nur mit Hille der Mathematik
erworben werden.
3
Einleitung
Unentbehrlich sind fur eine wissenschaftliche 'I'atigkeit auf dem Gebiete der Elektrotechnik die Elemente der Differential- und Integralrechnung, die Lehre von den
Potenzreihen und den FOURIERschen Reihen, ferner die komplexe Rechnung und die
Elemente der Vektorrechnung und Vektoranalysis; aber es ist nicht im geringsten
ausreichend, diese Gebiete der Mathematik zu kenmen, sondern es gehort dazu die
Fahigkeit, die in diesen Gebieten gelehrten Regeln anzuwenden. Diese Fiihigkeit
kann man durch ein noch so ausgedehntes Studium der Formeln nicht erwerben,
sondern nur dadurch, daB man spezielle Aufgaben in hinreichend groBer Zahl selbst
lost,
Die Vorstellungen von dem Wesen der Naturerscheinungen werden durch die
Physik geschaffen. Die allgemeine Aufgabe der Physik besteht darin, unsere Erkenntnisse von den Naturvorgangen zu erweitern. Die physikalischen Gesetze fassen
die beobachteten Naturerscheinungen zusammen und bilden damit auch die theoretischen Grundlagen der technischen Anwendungsgebiete. Neue physikalische Entdeckungen fuhren immer auch zu neuen technischen Anwendungen. Die physikalische Forschung, die eine standige Verbesserung der physikalischen Vorstellungen
und die Entdeckung neuer Zusammenhange anstrebt, bestimmt daher, tiber lange
Zeiten gesehen, grundsatzlioh die Schnelligkeit aller technischen Fortschritte.
Dabei fordern sich die Fortschritte der Physik und die der technischen Anwendungen in einem fortgesetztenKreislauf. Neue technische Produkte, neue technische
Ideen und Erfindungen fuhren bei der Durcharbeitung in der Regel auf neue physikalische Fragestellungen, sei es, daB die Genauigkeit der vorhandenen Kenntnis bestimmter physikalischer Zusammenhange nicht ausreicht, sei es, daB physikalische
Effekte als Storungen auftreten, die noch nicht naher untersucht worden sind, sei
es, daB die Ursachen irgendwelcher Erscheinungen noch unbekannt sind. Daher
kommt es, daB ein groBer Teil der physikalischen Erkenntnisse aus der Entwicklung
technischer Erzeugnisse stammt. Beispiele dafur bilden die Entwicklung der Akustik
oder die Entwicklung der Elektronenoptik in den letzten Jahrzehnten. Neue technische Aufgaben, fur die noch keine brauchbare Losung vorliegt, stellen vielfach
Aufgaben ftir die physikalische Forschung und regen diese zum Aufsuchen neuer
Erkenntnisse an. Aus solchen Arbeiten entstehen andrerseits nicht selten technische
Anwendungen fur ganz andere Zwecke; Beispiele dafur aus der neuesten Zeit bilden
die Legierungen und Stoffe fur Dauermagnete und Magnetkerne oder die Halbleiter
fur Gleichrichter und Verstarker,
Man kann das Ineinandergreifen von Physik undTechnik beim Werdegang der
technischen Produkte etwa durch die folgende Reihe veranschaulichen:
Physikalische Forschung
Technische Entwicklung
Entdeckungen, Versuche, Messungen.
Physikalische Erkenntnisse, Gesetze, Theorie.
Erfindungen, Verbesserungsideen.
{ Versuchsgerate, Modelle.
Versuche, Messungen.
Konstruktion, Projektierung, Berechnungen.
Technische Planung.
Fertigungsversuche, Fertigungsmuster.
Technische Erprobung.
Fertigung.
Anwendung, Betrieb.
J edes Stadium hat die vorhergehenden zur Voraussetzung ; ein wesentlicher Vorgang ist jedoch der, daB sich aus allen diesen Stadien laufend Fragestellungen nach
rtiokwarts ergeben, die wieder zu neuen Wegen, Erkenntnissen und Verbesserungen
fuhren, so daB das Fortschreiten der gesamten Entwicklung mit vielfachen "Ruck1·
4
Erstes Kapitel : Del' stationare elektrische Strom
kopplungen" VOl' sich geht. Daher kann auch die Grenze zwischen del' Forschung
und del' technischen Entwicklung nicht scharf gezogen werden.
Die Beschaftigung mit den physikalischen Grundlagen ist aus allen diesen Griinden fill' die Tiitigkeit des wissenschaftlich arbeitenden Ingenieurs von graBtel' Wichtigkeit. Soweit diese physikalisehen Grundlagen bereits von del' Technik verwertet
werden, rechnet man sie zur Theorie des betreffenden technischen Gebietes. Danach
darf die Theorie unter keinen Umstiinden als etwas bereits Vollendetes angesehen
werden. Sie gibt immer nul' erste Anhaltspunkte, sie dient del' Erweiterung del'
Technik und wird durch das Fortschreiten von Physik und Technik selbst wieder
standig erweitert.
Die in den Text des Buches eingestreuten Zahlenbeispiele sollen eine Vorstellung
von den GraBenverhiiltnissen del' besprochenen Zusammenhiinge geben. Es ist
zweckmiiBig, beim Studium moglichst viele von diesen und iihnlichen Zahlenbeispielen selbst durchzurechnen, da man auf diese Weise ein Gefiihl fur die Bedeutung
del' GraBen erhalt.
Erstes Kapitel
Der stationare elektrische Strom
I. Die Einheiten der elektrischen GroBen
1. Definitionen
Grundeinhelten und abgeleitete Einheiten
Um physikalische GraBen messen zu konnen, legt man Einheiten del' betreffenden
GroBen fest. Die Wahl del' Einheiten ist immer willkiirlich. Die physikalischen Gesetze ermoglichen es abel', die Zahl diesel' willkiirlich festgesetzten Einheiten mit
Hilfe del' Beziehungen, die diese Gesetze zwischen den verschiedenen GraBen herstellen, stark einzuschranken. Es sind so die Grundeinheiten entstanden, von denen
die Einheiten del' anderen GroBen abgeleitet werden.
Zur Abkiirzung der Schreibweise werden fur die GraBen "GraBenzeichell" oder
"Formelzeichen", fur die Einheiten "Einheitenzeichen" verwendet. Dekadisehe
Bruchteile und Vielfache del' Einheiten kennzeichnet man durch "Vorsatzzeichen".
Auller d = Dezi = 10-1 und c = Centi = 10-2 werden folgende Vorsatzzeichen
beniitzt:
m = Milli = 10-3
T = Tera = 1012
9
It = Mikro = 10'--6
G = Giga = 10
n = Nano = 10-9
M = Mega = 106
k = Kilo = 103
P = Piko = 10-12
Einheiten del' mechanischen Gl'oBen
Grundeinheiten sind festgelegt fur :
1. Lange. Die Einheit 1 Meter = 1 mist durch das im Internationalen MaB.
und Gewichtsbiiro in Sevres aufbewahrte Urmeter definiert.
2. Masse. Die Einheit 1 Gramm = 1 gist durch den tausendsten Teil del'
Masse des ebenfalls in Sevres aufbewahrten Urkilogramms definiert und ungefahr
gleich del' Masse von 1 om" Wasser bei 4° C und Normaldruck.
3. Zeit. Die Einheit 1 Sekunde = 1 s ist als del' 86400. Teil des mittleren
Sonnentages von 24 Stunden = 24 h definiert (auf ein tropisches Jahr bezogen),
5
1. Definitionen
Aus diesen Grundeinheiten werden aile anderen Einheiten meehaniseher GraBen
abgeleitet, z. B. folgende.
Kraft. Die Einheit 1 Dyne = 1 dyn ist definiert als die Kraft, die einem Korper
von der Masse 1 g die Besehleunigung 1 em/s 2 erteilt:
1 d yn
emg
= 1 52 ,
(1)
Die "teehnisehe Krafteinheit" 1 Kraftgramm = 1 Gr (auch g gesehrieben, wenn
keine Verweehslung moglich ist) ist definiert als die Gewichtskraft eine Korpers mit
der Masse 1 g an einem Ort mit Normal-Fallbcschleunigung (Meeresniveau, Breite
45 °), fur die als Symbol ebenfalls g benutzt wird, namlich
em
g = 980,665 2 .
s
Das Kraftgramm wird auch mit Pond bezeichnet (abgekurzt p) . Es gelten daher
folgende Beziehungen
(2)
1 Gr = 1 P = 980,665 dyn;
mkg
1 kGr = 1 kp = 9,80665 -
S
2
.
Eine zweckmailige Krafteinheit ist auch das Newton, abgekurzt N (s. S. 9).
Sie ist definiert als die Kraft, die einem Kerper von der Masse 1 kg die Beschleunigung 1 ~ erteilt, also dureh
1 N = 1 m;g = 105 dyn .
(3)
Daher gilt auch
1N
=
1
9,80665 kp
R::I
0,102 kp.
(4)
Arbeit, Energie, Leistung. Die Einheit 1 erg ist als die Arbeit definiert, die zur
Versehiebung eines Korpers Iangs einer Wegstrecke von 1 em erforderlieh ist, wenn
dabei eine Kraft von 1 dyn iiberwunden werden mufs. Es ist also
(5)
1 erg = 1 dyn em.
Fur die Einheit der Leistung folgt damit
1 erg _ 1 dyn em
S -
(6)
-8- '
Weitere Einheiten von Arbeit, Energie und Leistung erhalt man, wenn man andere
Kraft- oder Liingeneinheiten benutzt. Besonders gebrauehlich ist die Arbcitseinheit
1 mkGr
= 1 mkp = 9,80665 .107 erg,
(7)
also die Arbeit, die zur Uberwindung einer Kraft von 1 kp langs eines Weges von
1 m erforderlich ist. Ferner wird verwendet
1 Nm = 107 erg.
(8)
Die entspreehenden Leistungseinheiten sind
1 mkp
s
und
1 Nm
s
.
Durch die letztere wird die wiehtige Leistungseinheit 1 Watt definiert. Di e Leistung
von 1 Watt ergibt wiihrend 1 seine Arbeit von 1 Nm, Es ist
1 Watt = 1 W = 1 Nm= 107 erg.
s
s
(9)
6
Erstes Kapitel: Der stationare elektrisehe Strom
Das Watt ist also nicht mehr wie fruher aus elektrischen Einheiten, sondern aus den
meohanischen Grundeinheiten definiert; diese Definition beruht auf einem BeschluB
der internationalen Generalkonferenz fur MaBe und Gewichte im Jahre 1933 . Daraus
leitet sich die gebrauehliche Arbeitseinheit
I Joule
=
IJ
=
=
I Ws
I Nm
(10)
ab o Es ist mit Gl. (4) auch
~ 0,1020 ~kp
I W
s
.
(II)
Ferner gilt fur die alte Leistungseinheit "Pferdestarke"
=
I PS
mkp
s
75 -
=
(12)
735,3 W .
Die Beziehung (9) ist gleichwertig mit
I Ws
m
=
IN
(13)
oder auch
Ws
1-
= 107 dyn
em
~
(14)
10,2 kp .
Die Ausdrucke Ws und Ws konnen also als Krafteinheiten aufgefaBt werden. Die
em
m
Berechnung von mechanischen Kriiften, die durch elektrische Strome oder Spannungen verursacht werden, liefert das Resultat haufig in diesen Einheiten. Die
Gl. (13) und (14) stellen daher wichtige Umrechnungsformeln dar.
Druck. Als Einheit des Druekes, des Quotienten einer Kraft und einer Flache,
kann z. B. I
~
m
dienen oder
I dyn = I
em2
JJ.
r
bar '
'
I bar
=
106 dyn2
(15)
em
Die "technische Atmospharev ist definiert durch
I at
= I ~2 =
em
I kGr
cm2
=
9 8 . 104 ~2
'
•
m '
(16)
es ist also angenahert
I at ~ I bar.
Als weitere Druckeinheit wird besonders bei kleinen Gasdrucken das Torr verwendet.
Es ist angenahert gleich dem Druck einer Quecksilbersaule von I mm Hohe bei Null
Grad Celsius im normalen Erdfeld und definiert durch
I Torr
= 1333,2 flbar .
(17)
Thcrmische Einheiten
4. Temperatur. Fur die Temperatur dient als Grundeinheit I Grad Celsius , abgekurzt. 1° C. Diese Einheit ist dadurch definiert, daB die Temperatur des bei einem
Druck von 760Torr sohmelzenden reinen Eises mit 0° C, die Temperatur des bei
einem Druck von 760 Torr siedenden reinen Wassers mit 100° C bezeichnet wird und
die Temperaturskala thermodynamisch gleichmallig unterteilt wird.
Der absolute Nullpunkt der Temperatur liegt bei -273,16° C. Die absolute
Temperatur T ergibt sich also aus der Celsiustemperatur ~ durch
T
=
~
+ 273,16° C .
(18)
Vielfach wird hier das Zeichen OK (Grad-Kelvin) an Stelle von ° C geschrieben, urn
zu kennzeichnen, daB es sich urn eine absolute Temperatur handeln soIl.
1. Definitionen
7
E ine abgeleitete Einheit wird fur die Warmeme nge verwendet :
Warmcmcn gc. Die Einheit 1 K alori e = 1 cal ist definiert als die Wamiemenge ,
die erforderlich ist , um 1 g Wasser von 14,5° C auf 15,5° C zu erwar men,
D a die Warmemenge gleichwe rtig einer mechanischen Arbeit ist , kann man
Warmemengen auch in Ws oder in mkp messen. E xp erimentell erg ibt sich hierfiir
1 cal = 4,187 Ws ,
(19)
also auch
(20)
1 Ws 0,239 cal,
und
1 kWh = 860,1 k cal.
(21)
=
Einhcitcn dcr elektrischcn GroBen
Aile elektrischen und magneti schen Einheit en werden heut e abgeleitet von den
dr ei mechanischen Grundeinheit en und einer einzigen elek trische n Grundeinh eit
1 Ampere = 1 A fur die Stromstarke, Die erst e Festlegung einer solche n Grundeinheit wurde international 1908 beschlossen. Dam als wurde festgelegt :
E in konstanter Strom hat die S tiirke von 1 A, wenn er aus einer wiifJrigen Liisunq
von S ilbernitrat in einer Sekunde 0,00111800 g S ilber ausscheidet.
Der Zahlenwert wurde mit Rticksioht. auf altere Einheit en gewahlt. Dam als
wurde ferner noch als eine weit ere Grundeinheit, die E inheit 1 Ohm = 1 D, fur den
elektrische n Widerstand int ernati onal festgelegt durch die Definiti on:
E ine Quecksi lbersiiule von der T em peratur des schmelzenden Eises, deren L iinge bei
gleichmiifJigem Querschnitt 106,300 cm und deren M asse 14,4521 g betriigt, besitzt einen
Widerstand von 1 D.
Auch hier sind die Zahlenwer t e mit Rucksicht auf die alteren sogenann ten "absoluten elektro magnetischen Einheit en " gewahlt worden .
Die heut e giiltigen Definitionen beruhe n auf einem 1946 gefaGten Beschlu ll der
internationalen Generalk onferenz fur :MaGe und Gewichte. Sie fu hren die Angleichung
der elektrische n Einheit en an die alten absoluten elektromagnetischen Einheit en
noch genauer durch und heilsen dah er auch "internationale absolute Einheiten". Danach dient als einzige elektrische Grundeinheit die Ei nh eit der elektrische n Strom starke . Sie wird foIgenderm al3en definier t:
5. Stromstarke. E in und derselbe Strom durchfliefJe zwei parallele dunne Driihte,
di e sich m it 2 cm A chsenabstand im leeren R aum befinden. D ie S tromstiirke ist dann
1 A , wenn die zwischen den beiden Driihten wirkende Strom kraft 1 dyn [e m Liinge
betragt.
Die so definier te Einheit unterscheidet sich nur ganz wenig von der vor 1946 beniitzten Einheit, die kurz als " Silbera mper e" gekennzeichnet sei, und zwar ist nach
den dariiber vorliegenden Messungen
1 into abs . Ampere ~ 1,00015 Silberampere.
Die iibrigen in t ernationalen absoluten elekt rische n Einheit en werd en nun heute
folgendermall en definiert:
Spannung. Die Spannung an einem elektrischen L eiter, der von einem S t1'Om von
1 A durchflossen wird, betriigt 1 Volt = 1 V, wenn die in dem L eiter in Wiirme umqeseizie L eistung 1 W betriigt.
Widerstumi. E in elektrischer L eiter, der von einem Strom von 1 A durchflossen
wird, hat den Widerstand 1 D , wenn die Spannung zwischen seinen E nden 1 V betriigt.
Au ch aile weiteren Einheit en elektrische r und m agneti scher GraBen werden von
den vier Grundeinheiten der L ange, der Masse, der Z eit und der Stromstiirke abgeleitet.
Friiher hieIt man es fu r not wendi g, sogenannte E inheitensysteme zu bemitzen, bei
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Erstes Kapitel: Der station are elektrische Strom
denen jede GroBe in einer bestimmten Einheit gemessen werden muBte. Seit man
erkannt hat, daB es moglich ist, alle physikalischen Gesetze in einer solchen Form zu
schreiben, daB sie unabhangig von den gewahlten Einheiten sind und fur alle Ein·
heiten gelten (s. Abschn. 2. GroBengleichungen), ist eine solche Einordnung in Einheitensysteme unnotig geworden.
Den Zusammenhang zwischen den neuen internationalen Einheiten und den
absoluten elektrostatischen und elektromagnetischen Einheiten, der beim Studium
alterer Schriften gebraucht wird, zeigt die Tabelle im Anhang am SchluB des Buches.
2. GroJ.lengleichungen
Viele del' fruher und z. T. auch heute noch in der Physik und Technik beniitzten
Gleichungen sind sogenannte Zahlenwertgleichungen; sie sind nur richtig, wenn man
die GraBen in ganz bestimmten Einheiten einfiihrt. Wenn man z. B. fur die mechanische Leistung P, die zur Drehung einer Welle mit der Drehgeschwindigkeit n bei
einem Drehmoment M notwendig ist, schreibt
2n
P = 4500 n iiI ,
so gilt diese Gleichung nur, wenn ftir M die Zahl der Meterkilopond, fur n die
Zahl der Umdrehungen in einer Minute eingesetzt wird, und die Leistung in PS gemessen wird. Diese Gleichung ist eine Zahlenwertgleichung. Man muB bei einer
solchen Gleichung immer angeben, in welchen Einheiten die einzelnen GraBen gemessen werden sollen. Das ist umstandlioh ; auBerdem konnen Fehler entstehen,
wenn einmal die Angabe der Einheit fur eine GroBe vergessen worden ist; zum
mindesten ist es dann notig, die ganze Ableitung der Formeln durchzugehen, urn
festzustellen, welche Einheiten vorausgesetzt wurden.
Die GrofJengleichungen sind im Gegensatz dazu fiir alle beliebigen Einheiten del'
GraBen richtig. Bei ihnen wird jede GroBe als Produkt des Zahlenwertes mit dem
Einheitenzeichen aufgefaBt und als solches in die Formel eingesetzt. Die Einheitenzeichen werden dann wie algebraische GraBen behandelt. Del' Zusammenhang zwischen Leistung, Drehmoment und Drehgeschwindigkeit lautet, als GroBengleichung
geschrieben,
P=2nnM.
Hier kann man z. B. einsetzen n = 3000 min-I, lYI = 500 cmkp und erhalt
P = 2 n 3000 . 500 cm~p = 9,42 . 106 cm~p .
min
min
Man wendet nun auf die Einheitenzeichen die gewohnlichen Rechenregeln del' Algebra
an. Setzt man z. B. ein 1 em
P
= 1~0 m, 1 min = 60 s, so ergibt sich
= 9 42 . 106 mkp
,
Im~
= 1 57 . 103 mkp
100 ·60 s '
s
Nun kann man z. B. - -s - nach G1. (12) oder (11) ersetzen durch
durch 9,8 W.
Im ersten Fall erhalt man
1
P = 1,57 . 10375 PS = 20,9 PS.
1
75
PS oder
Im zweiten Fall erhalt man
P = 1,57 .10 3.9,8 W = 15,4.103 W = 15,4 kW .
Die Einheit der zu berechnenden GroBe ergibt sich jeweils zwangslaufig aus den
eingesetzten Einheiten del' gegebenen GraBen. In del' damit verbundenen Kontrolle
del' Rechnung liegt ein weiterer praktisch wichtiger Vorteil del' GroBengleichungen.
3. Grundgesetze der Stromung in linearen Netien
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In einfaehen Fallen ist es natiirlieh nieht immer notig, die Reehnung mit den
Einheiten in aller AusfUhrliehkeit anzusehreiben. Bei komplizierten Reehnungen
ist jedoeh dieses Verfahren auBerordentlieh zweckmafsig, wobei allerdings beaehtet
werden muB, daB es nur gilt, wenn aueh wirklieh GroBengleichungen verwendet
werden. Alle Gleiehungen in diesem Bueh sind GroBengleiehungen. Es empfiehlt
sieh, die umstandliohen, weniger durchsichtigen und unzuverlassigen Zahlenwertgleichungen iiberhaupt aufzugeben.
GIORGI-System
Verschiedentlich sind "Einheitensysteme" vorgeschlagen worden, bei denen die
Zahlenrechnungen durch Besehrankung auf ganz bestimmte Einheiten fur jede GroBe
vereinfacht werden sollen . Bemerkenswert ist besonders das von GIORGI vorgeschlagene Einheitensystem, weil es aueh bei GroBengleichungen ohne weiteres anwendbar ist. Es geht von den vier Grundeinheiten m, kg, s und A aus und beniitzt
fur die iibrigen physikalischen GraBen die aus diesen abgeleiteten Einheiten. Daher
wird es auch MKSA-System genannt.
Es werden also gemessen
aIle Langen
aIle Zeiten
aIle Massen
in ill
in s
in kg
g
. N( = Imk
T )
aIle Krafte
III 1
aIle Stromstarken
inA
aIle Spannungen
in V ( = 1 : )
aIle Leistungen
in W ( = 1 N:)
Bei Beniltzung dieser Einheiten werden alle GrofJengleichungen gleichzeitig auch Zahlenwertgleichungen; man kann also beim Einsetzen von Zahlenwerten in die Gleichungen
die Einheiten weglassen, da die gesuchte GroBe ebenfalls in der Einheit des gleichen
"MaBsystems" erhalten wird.
Das obige Zahlenbeispiel erhalt in diesem Einheitensystem folgende Form. Es ist
n = 3000 mirr-' = 50 S-1;
M
5
= 500 cm k p = 5 mkp = 0,102 Nm = 49 Nm .
Die Zahlenwerte in GIORGI-Einheiten sind also 50 fur n und 49 fiir .1l!. Die Grofsengleichung fur die Leistung lautete P = 2 n n lvI. Diese Gleichung ist gleichzeitig
Zahlenwertgleichung, d . h. sie liefert die Leistung in W, wenn wir die Zahlenwerte der
Groncr-Einheiten fur M und n einsetzen :
P = 2 in: n M = 2 n 50 . 49 W = 15400 W.
Das Reehnen mit dem GIORGI-System ist also sehr bequem. Man muB allerdings
in Kauf nehmen, daB die mit dem Rechnen mit GraBen verbundene Kontrolle hier
wegfallt. Die Vorteile des GIORGI-Systems sind jedoeh im ganzen so groB, daB es in
steigendem MaBe beniitzt wird.
II. Der elektrische Strom in Iinearen Netzen
3. Grundgesetze der Strdmung in linearen Netzen
Eine grundlegende Aufgabe der Elektrotechnik beschaftigt sieh mit der Berechnung von Stromstarken und Spannungen in linearen N etzen fiir zeitlich konstante
Strome. Ein allgemeines lineares Netz enthalt Erzeuger und Verbraucher elektrischer
Energie sowie Leitungen in beliebiger Anordnung, wobei die einzelnen Zweige des
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Erstes Kapitel: Der stationare elektrische Strom
Netzes konstante Widerstandswerte haben. Die Berechnung dieser Widerstandswerte
wird besonders einfach, wenn es sich urn drahtformige Leiter handelt.
Sind die Querschnittsabmessungen der Drahte sehr klein gegen die Drahtlange,
dann fullt der elektrische Strom den Querschnitt der Leiter gleiohmalsig aus, und es
gilt fur den Widerstand eines Drahtes von der Lange lund dem Querschnitt A das
durch die folgenden Formeln ausgedriickte Gesetz :
R =
eAl
l
R = "A .
oder
(1)
Die GroBen e und x werden spezijischer elektr. Widerstand und elektr. Leitjahigkeit
genannt. Aus den G1. (1) geht hervor, daB als Einheit fur den spezifischen Widerstand z, B. 1 .om, als Einheit fiir die Leitfahigkeit z. B. 1 Sjm gewshlt werden kann
(S = Siemens =
~) . Eine praktisch haufig verwendete Einheit fur den spezifischen
Widerstand ist auch 1 .omm2jm. In der folgenden Tabelle 1 sind fiir einige Steffe
die Werte des spezifischen Widerstandes und der Leitfahigkeit bei 20° C angegeben,
ferner der Temperaturkoejjizient (X bei dieser Temperatur, der definiert ist durch die
Gleichung :
R
= R 20 (1 +
(X
#) .
(2)
Bei den reinen Metallen waehst der spezifische Widerstand in einem weiten
Temperaturbereich linear mit. der Temperatur; hier gilt also sehr angenahert
e=
k (#0 + #1
+ #) =
k (#0
+ #1) (1 + Do ~ D1) = e1 (1 + Do : D1) ,
(3)
wenn mit #1 die Ausgangstemperatur, mit # die trbertemperatur und mit el der spezifische Widerstand bei der Ausgangstemperatur #1 (# = 0) bezeichnet wird. #0 ist
eine Stoffkonstante, z. B. ist
fur Aluminium #0 = 250° C ,
fur Kupfer
#0 = 235 0 C.
Der Temperaturkoeffizient wird damit fur irgendeine Ausgangstemperatur #1:
= -
1
(4)
- -
Do + fh .
Er nimmt mit wachsender Temperatur abo Legierungen haben im allgemeinen eine
kompliziertere Abhangigkeit des Temperaturkoeffizienten von der Temperatur; so
zeigt Z. B. Manganin ein Maximum des Widerstandes bei etwa 35° C.
(X
Tabelle 1
Spezifischer Widerstand I
Material
Qrnrn'
Leitfiihigkeit "
S
m
rn
Q
Temperaturkoeffizient IX bei 20° C
I
(OC)-'
3,8 X 10- 3
Silber . . .
0,0159·· ·0,017
5,9·.. 6,3 X 107
3,9 X 10- 3
Kupfer . .
0,0170.. ·0,0178
5,6"'5,9 X 107
3,7 X 10- 3
Aluminium.
0,028 ···0,03
3,3.. ·3,6 X 107
4,0 X 10-3
Magnesium.
0,046
2,2 X107
3,7 X 10- 3
Zink. . .
0,063
1,6 X107
1,5 X 10- 3
Messing . .
0,07· .. 0,09
1,1"'1,4X 107
4,5 X 10- 3
Eisen . . .
0,09.. ·0,15
0,67.. ·1,1 X107
0,13 X 10- 3
Nickelin . .
0,43
2,33 X106
0,01 X 10- 3
Manganin .
0,43
2,33 X 106
-0,05 X 10- 3
Konstantan . . .
0,49
2,04 X106
-0,2· ..-0,8 X 10- 3
Bogenlampenkohle
60·· ·80
1,70 X104
-0,2' ''-1 X 10- 3
Glanzkohle. . . .
30
3,30 X 104
Seewasser . . . .
3 X 105
3
10-2 10- 1
FluBwasser. . . .
107 108
Erde . . . . . . .
108 1010
10-4 10-2
DestilliertesWasser .
1···4 X 1010
0,2.. ·1Xl0-4
1 Die kleineren Werte gelten fiir den groBten Reinheitsgrad der Metalle,
3. Grundgesetze der Stromung in linearen Netzen
11
Bemerkung: Bei sehr tiefen Temperaturen, in der Nahe des absoluten Nullpunktes der
Temperatur, sinkt der Widerstand vieler elektrisoher Leiter beim Untersohreiten der sog.
"Sprungtemperatur" plotzlioh auf unmeBbar kleine Werte, eine Ersoheinung, die als "Supraleitung" bezeiohnet wird , Die Sprungtemperatur ist bei den versohiedenen Materialien versohieden groB, Z. B.
bei Aluminium
1,20 K
Tantal
44 0 K
Blei
7'20 K
Niobium
80 K
Die Gl. (1) sind Gro(Jengleichungen. Um das Rechnen mit GroBengleichungen
nochmals zu erlautern, werde an dieser Stelle ein ganz einfaches Beispiel ausfuhrlich
betrachtet.
Ein Kupferdraht habe die Lange l = 2 km und den Querschnitt A = 20 mm-,
Sein Widerstand ist dann nach Gl. (1)
R
=
2
00175.Qmm 2km .
,
m 20mm 2
Man wendet nun auf die Einheitenzeichen die gewohnlichen Rechenregeln der Algebra
an. Beachtet man, daB das Zeichen k vor m fur die Zahl 1000 steht, so kann mit
m und mm- gekurzt werden; es folgt
R
= 00175
. 2 . 20
1000 Q = 1,
75 Q
,
.
Man kann den spezifischen Widerstand auch in Q em einsetzen und etwa die Lange
in m . Dann wird
R
=
1,75 . 10-6 Q em
:goo ~ = 1,75 . 10-6 Q em 2000
. ~oo e~ = 1,75 Q.
20
mm
'100
em
Es ergibt sich also in jedem Fall zwangslauf'ig die richtige Einheit von R .
Zur Losung der Aufgabe, die stationare Strom- und Spannungsverteilung in
linearen Netzen zu berechnen, dienen die Gesetze von OHM und KIRCHHOFF. Mit.
Hilfe dieser empirischen Gesetze kann grundsatzlioh jede solche Aufgabe gelOst
werden. Zur Vereinfachung der Berechnungen sind mehrere Satze und Methoden
entwickelt worden, die sich aus jenen Gesetzen herleiten. Sie sind im allgemeinen
nur von Nutzen, wenn es sich um die Durchfiihrung einer graBen Menge von Rechnungen ein und derselben Art handelt. Im folgenden werden daher nur einige dieser
Methoden behandelt, die besonders allgemein sind und einen vertieften Einblick in
die Gesetzmalligkeiten der Stromverteilung in linearen Netzen geben.
Die Untersuchungen dieses Abschnittes beziehen sich ausschlieBlich auf stat.ionare elektrische Strome. Die Gesetze von OHM und KIRCHHOFF haben zunaehst
nur fur Gleichstrom Giiltigkeit. Mit Hilfe der komplexen Rechnung kann man sie
auch auf stationare Wechselstrbme iibertragen; das vierte Kapitel dieses Buches
behandelt diese Erweiterung.
Das Omrscho Gesetz
Die chemischen Wirkungen des elektrischen Stromes zeigen, daB dem Strom eine
Richtung zugesprochen werden kann (Metallniederschlag am negativen Pol). Als
positiven Pol einer Stromquelle hat man willkiirlich den Pol bezeichnet, der in bezug
auf elektrisch geladene Kerper gleichartige Wirkungen zeigt wie ein geriebener Glasstab. Nach einer weiteren willkiirlichen Festlegung geht die positive Stromrichtung
vom positiven Pol der Stromquelle dureh den auBeren Stromkreis zum negativen Pol
und durch die Stromquelle vom negativen Pol zum positiven zuriick.
Eine andere Ausdrucksweise fur diese Festsetzungen ergibt sich, wenn man an
Stelle der Spannung U das Potential ep einfiihrt. Man versteht unter dem Potential ep
eines beliebigen Punktes in einem Stromkreis die Spannung zwischen diesem Punkt und
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