WISSEN MARKET MAKER Die Märkte und ihre Macher An den Börsen läuft trotz Computerisierung nichts von selber. Daher haben Market Maker die verantwortungsvolle Aufgabe, den Handel zu jeder Zeit sicherzustellen. Sie stellen Quotes in Form von An- und Verkaufspreisen. An der Differenz – dem Spread – können sie verdienen. O hne sie wäre Sand im Getriebe der Börse. Denn sie sichern die Handelbarkeit (Marktliquidität) von Wertpapieren durch kontinuierliches Stellen von Geldund Briefkursen und können temporäre Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage in weniger liquiden Werten ausgleichen. Die Rede ist hier von der Zunft der Market Maker – zu Deutsch: Marktpfleger oder auch Marktmacher. Es sind gleichsam die Heinzelmännchen auf dem Börsenparkett, das heute der Computer ist. Vor allem kleinere Börsen, die nicht nur höchst liquide Titel im Programm haben, brauchen ihre Hilfe. Ohne sie wäre ein reibungsloser Fließhandel, bei dem alle Aufträge prompt ausgeführt werden können, nicht immer gesichert. AN- UND VERKAUFSKURSE DURCH PERMANENTE QUOTIERUNG Für ihren Job an den Wertpapierbörsen werden ihnen drei Arten von Mandaten übertragen: Bei der permanenten Quotierung (Permanent Market Making, PMM) stellt der Market Maker dauerhafte Kauf- und Verkaufsaufträge (Geld- und Briefkurse) – sogenannte Quotes – auf ein Wertpapier in das Handelssystem ein. Bei der erweiterten Quotierung (Advanced Market Making, AMM) werden von der jeweiligen Börse vorgegebene Mindestkriterien erfüllt, um entsprechende Rückvergütungen oder Vergünstigungen zu erhalten. Bei der Quotierung auf Anfrage (Regular Quotation) stellt der Market Maker einen Preis auf spezielle Anfrage eines Marktteilnehmers zur Verfügung. 80 ° GELD-MAGAZIN – JUNI 2015 An der Wiener Börse sorgen bei jedem ATX-Titel ein „Specialist“ und meist mehrere Market Maker dafür, dass die Aktie permanent handelbar ist. Oft stehen dahinter große Banken wie die Erste oder Raiffeisen, oft aber auch kleinere Spezialinstitute oder Wertpapierhandelshäuser. Die stiegen in der letzten Zeit rapide an: Im Vorjahr um 22 Prozent, heuer bis April nochmals um mehr als ein Viertel. Mit steigenden Umsätzen an der Wiener Börse ist auch die Zahl der Betreuungsmandate von 97 im Jahr 2011 auf 246 aktuell gestiegen. Obwohl Market Making und Designated Sponsoring oft synonym verwendet werden, sind dies durchaus unterschiedliche Tätigkeiten. Im Gegensatz zum Designated Sponsoring wird das Sicherstellen der Liquidität nicht im Auftrag eines Emittenten vollzogen, sondern zur Gewinnung eigener Vergünstigungen. So erhalten Börsenmakler, die im Rahmen einer Tätigkeit als Market Maker über Eurex für eine gewisse Anzahl von Wertpapiertiteln die Liquidität zu z. B. mindestens 85 Prozent garantieren, als Vergütung gewisse Nachlässe auf die zu zahlenden Handelsgebühren. HÖHERE ATTRAKTIVITÄT DER AKTIEN DURCH BESSERE HANDELBARKEIT Durch eine erhöhte Handelbarkeit soll die Attraktivität bzw. Preisqualität der betreuten Werte steigen und den Investoren gewährleisten, innerhalb der Handelszeit zu angemessenen Preisen kaufen bzw. verkaufen zu können. Das auf diese Weise erworbene Vertrauen soll auf lange Sicht eine positive Kursentwicklung fördern. Dabei ist er durch einen maximalen Spread (Differenz zwischen Geld- und Briefkurs) gebunden. Dieses kontinuierliche Stellen von Kursen wird dabei heutzutage fast ausschließlich von Computerprogrammen (sogenannte Quote Machines) übernommen. Im elektronischen Handel hat man den Eindruck, alles würde der Computer „machen“. Er sucht einen Interessenten auf der Gegenseite, mit dem man sich „matcht“, also zum vorgeschlagenen Preis handelseins ist – und im Nu ist der Auftrag ausgeführt. Einen Vermittler scheint es nicht mehr zu brauchen. Doch dieser Eindruck täuscht. Denn in Wien sind nur die fünf stärksten ATX-Titel so liquide, dass sie auf eine aktive Betreuung ganz verzichten könnten. Bei anderen Papieren stünde man immer wieder vor der Situation, dass es keinen Gegenpart gibt und der Auftrag nicht ausgeführt werden kann. Dann muss jemand gleichsam nach dem Auktionsprinzip wie früher Aufträge und Liquidität einsammeln – allerdings auf elektronischem Wege. Auch heute beginnt und endet noch der Handelstag an der Wiener Börse mit einer Versteigerung, die den Zweck hat, Liquidität zu poolen und auch große, noch offen gebliebene Orders institutioneller Investoren ausführen zu können. Gibt es jedoch einen Market Maker, so stellt dieser auf eigene Rechnung und Risiko zusätzliche Liquidität ins Auftragsbuch. Dazu verpflichtet er sich vertraglich gegenüber der Börse. Der Market Maker bietet also allen Marktteilnehmern von vornherein an, sie als Gegenpart prompt zu bedienen. Dazu stellt er „Quotes“, also An- und Verkaufskurse. Er verdient dann am sogenannten Spread, der Marge zwischen dem niedrigeren Geldkurs, zu dem er kauft, und dem höheren Briefkurs, zu dem er verkauft. CREDITS: Shutterstock Wolfgang Freisleben