ZU DIESEM HEFT Neuausrichtung der Internistischen Welt – jetzt viermal im Jahr zum Thema Onkologie B isher hat sie sich unterschiedlichen Themen gewidmet – mit Beginn des Jahres 2007 legt Die Internistische Welt ihren Schwerpunkt nun ausschließlich auf den Bereich Onkologie. Die Konzeption der Zeitschrift bleibt dabei dieselbe: Renommierte Medizinjournalisten berichten knapp und präzise über die neuesten Entwicklungen und Trends, wie sie bei den wichtigsten nationalen und internationalen Krebskongressen vorgestellt werden. Wenn Sie bereits Leser unserer Zeitschrift sind, ist Ihnen unser Konzept ja bereits von unseren alljährlichen „ASCO-Ausgaben“ vertraut. Mit diesem Angebot einer kurzen, seriösen Kongressberichterstattung richtet sich die Internistische Welt Onkologie, seit vergangenem Jahr ja auch mit neugestalteter Titelseite, an alle Ärzte, die in der onkologischen Regelversorgung tätig sind. Zeitnah werden wir für Sie viermal im Jahr von den wichtigsten Kongressen berichten und Sie auf unseren „Service“-Seiten mit weiteren wichtigen Informationen versorgen. Kongressberichte im Fokus Beginnen wollen wir in dieser Ausgabe mit einer Nachlese der Kongresse, die kurz vor dem Jahreswechsel stattgefunden haben. Im Einzelnen haben wir für Sie die Gemeinsame Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie (4.-8. November 2006 in Leipzig) besucht sowie die beiden US-amerikanischen Kongresse ASH (48. Jahrestagung der American Society of Hematology, 9.-12. Dezember 2006 in Orlando, Florida) und das 29. Annual San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS), das von 13. bis 17. Dezember 2006 stattgefunden hat. Das vorliegende Heft widmet sich also vorwiegend den neuen Erkenntnissen im Bereich Hämatologie und Mammakarzinom. Targeted Therapy – Durchbruch in der Krebsmedizin Als „Durchbruch in der Krebsmedizin“ wurde die „targeted therapy“ auf der Gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie bezeichnet, kann sie das Überleben bei einigen Tumorerkrankungen doch inzwischen deutlich verlängern. Dank der Entwicklung neuer Zytostatika konnte aber auch die konventionelle Chemotherapie in den letzten Jahren einige wichtige Fortschritte erzielen, so der Tenor in Leipzig. Wir berichten auf den Seiten 3 bis 11. Genmutation an Polyzythämie beteiligt Bei der Behandlung der Polyzythämie könnte ein mutiertes Protein Angriffspunkt neuer Medikamente sein, so das Fazit von Experten auf der ASH-Tagung in Orlando/Florida. Im Rahmen einer Studie konnte bei 83% der Patienten, die an Polycythaemia vera erkrankt sind, eine Mutation des JAK2-Gens belegt werden. Die Untersuchung zeigte außerdem, dass die ausgeprägtesten Symptome – Splenomegalie und starker Pruritus – bei den Patienten auftraten, die die höchsten Spiegel mutierter Gene aufwiesen. Die betroffenen Patienten mussten nach Diagnosestellung chemotherapeutisch behandelt werden, darüber hinaus war bei ihnen das Schlaganfall- und Myokardinfarktrisiko bis zu viermal so hoch wie bei Patienten mit einer normalen Expression des JAK2-Gens. In diesem Heft berichten wir auf den Seiten 12 bis 17 außerdem u. a. von einer Phase-IIIStudie, deren Ergebnisse nahe legen, dass eine Behandlung mit Rituximab in Kombination mit einer konventionellen Chemotherapie das Überleben von Patienten mit indolentem Non-Hodgkin-Lymphom deutlich verlängern kann. Brustkrebs – neue Datenanalyse vorgestellt Daten von rund 660 000 Patientinnen aus über 800 klinischen Studien hat die Early Breast Cancer Trialists´ Collaborative Group (EBCTCG) bereits zusammengetragen. Mittlerweile ist der fünfte 5-Jahres-Zyklus abgeschlossen, das Update für die Jahre 2005/2006 wurde jetzt in San Antonio präsentiert (Seite 18). Die neue Datenanalyse unterstreicht den Stellenwert der Strahlentherapie bei mastektomierten Patientinnen nach adjuvanter anthrazyklinhaltiger Chemotherapie. Aber auch nach brusterhaltender Therapie senkt die Bestrahlung die Rezidiv- und brustkrebsspezifische Sterberate. Einmal mehr bestätigt die neue Auswertung außerdem die Bedeutung von Tamoxifen bei Patientinnen mit Östrogenrezeptor-positiven Karzinomen. Vakzinierung zur Rückfallprophylaxe Die Ergebnisse von Vakzinierungsstudien bei HER2-positivem Brustkrebs sind bislang eher enttäuschend ausgefallen. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Impfstoffe meist zunächst bei metastasierten Patientinnen mit großer Tumorlast erprobt wurden und ihre Effektivität in diesem späten Stadium nicht ausreicht. Eine von der Arbeitsgruppe um George Peoples, Bethesda, USA, entwickelte Vakzine wurde nun bei Brustkrebspatientinnen getestet, die nach multimodaler Therapie tumorfrei waren. Es zeigte sich, dass eine solche präventive Strategie die Rezidivrate in diesem ausgewählten Kollektiv in etwa halbieren konnte. Mehr hierzu und weitere Berichte auf den Seiten 18 bis 23. Wir wünschen Ihnen eine informative Lektüre und freuen uns aufAnregungen, Lob und Kritik ([email protected]). Claudia Stein, Redaktion Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 1 INHALT Die Internistische Welt Onkologie Zu diesem Heft Neuausrichtung der Internistischen Welt – jetzt viermal im Jahr zum Thema Onkologie . . 01 1/2007 Schriftleitung und wissenschaftlicher Beirat in Kooperation mit der Monatsschrift „Die Medizinische Welt“. Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, sind vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift (auch Abbildungen) darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsanlagen, verwendete Sprache übertragen werden. Auch die Rechte der Wiedergabe durch Vortrag, Funk und Fernsehsendung, im Magnettonverfahren oder auf ähnlichem Wege bleiben vorbehalten. Von einzelnen Beiträgen oder Teilen von ihnen dürfen nur einzelne Exemplare für den persönlichen und sonstigen eigenen Gebrauch hergestellt werden. 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For users in the USA Authorization to photocopy items for internal or personal use, or the internal or personal use of specific clients, is granted by Schattauer GmbH Stuttgart – New York for libraries and other users registered with the Copyright Clearance Center (CCC). © Schattauer GmbH, Verlag für Medizin und Naturwissenschaften Stuttgart – New York, 2007, Printed in Germany Verlag Schattauer GmbH, Verlag für Medizin und Naturwissenschaften Postfach 10 45 43, 70040 Stuttgart Tel. 07 11/2 29 87-0, Fax 07 11/2 29 87-50 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.schattauer.de Senior-Herausgeber Prof. Dr. Dr. h.c. mult. H. G. Lasch, Gießen Herausgeber Dipl.-Psych. Dr. med. W. Bertram, Stuttgart (für den Verlag) Prof. Dr. med. G. Oehler, Mölln Zuschriften für die Schriftleitung an Schattauer GmbH, Verlag für Medizin und Naturwissenschaften Postfach 10 45 43, 70040 Stuttgart Redaktionsleitung (v.i.S.d.P.) Dr. rer. nat. Andrea Schürg Redaktion Dipl.-Biol. Claudia Stein Tel. 07 11/2 29 87-35, Fax -65, E-Mail: [email protected] Leitung Anzeigenabteilung Maria Wagner, Tel. 07 11/2 29 87-67 Anzeigen Anzeigenleitung und verantwortlich für den Anzeigenteil: Christoph Brocker Tel. 07 11/2 29 87-16, E-Mail: [email protected] Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 48 vom 1. Oktober 2006 Druck Mayr Miesbach GmbH, Druck · Medien · Verlag Am Windfeld 15, 83714 Miesbach Tel. 0 80 25/2 94-0, Internet: http://www.mayrmiesbach.de Erscheinungsweise Die „Internistische Welt Onkologie“ erscheint 4x jährlich in der Schattauer GmbH, Verlag für Medizin und Naturwissenschaften, Stuttgart – New York Bezugspreise Inland und Europa: Institute 1 48,–* Studenten 1 20,–* Privat 1 36,–* Einzelheft 1 14,–** inkl. Versandkosten, für Europa zzgl. 7% Mwst. Außereuropa: zzgl. Versandkosten *1 10,–, **1 3,– Das Abonnement verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn keine schriftliche Kündigung bis 1. November erfolgt. Abonnenten der Fachzeitschrift „Die Medizinische Welt“ erhalten die „Internistische Welt Onkologie“ im Rahmen ihres Abonnements. Gemeinsame Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie Gastrointestinale Tumoren – moderne Zytostatika erfolgreich implementiert . . . . . . . . . . . . 03 Nierenzellkarzinom – hoher Stellenwert für Sorafenib . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 04 Therapeutische Lücke schließen – invasiven Mykosen zuvorkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 05 Verlängerte Überlebenszeit – Docetaxel für Kopf-Hals-Tumoren zugelassen . . . . . . . . . . . . 05 Therapie des Multiplen Myeloms kommt weiter voran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 06 Nierenzellkarzinom und GIST – Fortschritte durch die Therapie mit Sunitinib . . . . . . . . . . 06 Multiples Myelom – Überlebensgewinn durch Modifikationen der Primärtherapie . . . . . . 08 Zwei neue „First-in-Class-Wirkstoffe“ im Zulassungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 48. Jahrestagung der American Society of Hematology News und Highlights vom amerikanischen Hämatologie-Kongress . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Bortezomib erzielt auch in weiterführenden Studien hohe Ansprechqualität . . . . . . . . . . . . . 15 Azacytidin überzeugt allein oder in Kombination bei AML und MDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 29. Annual San Antonio Breast Cancer Symposium Neue Auswertung des Oxford-Overviews – brustkrebsspezifische Sterblichkeit sinkt . . . . 18 Vakzine gegen HER2-positives Mammakarzinom – Halbierung der Rezidivrate . . . . . . . . . 18 Neue Option beim inflammatorischen Brustkrebs – hohe Remissionsrate mit Lapatinib . . . 20 TAnDEM-Studie – hohe Aktivität der kombinierten Rezeptorblockade . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Erweiterte adjuvante Therapie mit Exemestan kann späte Rezidive verhindern . . . . . . . . . . 22 Interimsanalyse von BCIRG 006 – adjuvante Trastuzumab-Therapie senkt Sterberate . . . 23 Onkologie Service – Forum Transfusionsbedingte Eisenüberladung – oraler Eisenchelator revolutioniert Therapie . . . 24 Supportivtherapie – neue Therapieoptionen bei Tumorpatienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Titelfotos: (unten) bösartiger Knoten in der Brust, erkennbar in der Mammografie, Quelle: obs/Novartis Pharma GmbH; (oben) Sepsis: Blutgefäß innen, Quelle: obs/NDR 2 Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. JAHRESTAGUNG FÜR HÄMATOLOGIE UND ONKOLOGIE Gastrointestinale Tumoren Moderne Zytostatika erfolgreich implementiert Die seit einigen Jahren gemeinsam von Deutscher, Österreichischer und Schweizerischer Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie ausgerichtete Jahrestagung besuchten im November 2006 fast 3500 in der Krebsmedizin tätige Ärzte. Auf der Tagung in Leipzig präsentierten und diskutierten sie die neuesten Entwicklungen in Diagnostik und Therapie hämatologischer und solider Tumoren, aber auch gesundheitspolitische und -ökonomische Fragen. A ls „Durchbruch in der Krebsmedizin“ bezeichnete Prof. Dr. Dieter Lutz, Präsident der ÖGHO, die „targeted therapy“, die das Überleben bei einigen Tumoren inzwischen deutlich verlängern konnte. Doch auch mit der konventionellen Chemotherapie wurden in den letzten Jahren dank der Entwicklung moderner Zytostatika bei einigen schwer zu behandelnden Tumorentitäten wichtige Fortschritte erreicht. So z. B. beim kolorektalen Karzinom, bei dem die Etablierung Oxaliplatin- und Irinotecan-haltiger Regime die Prognose betroffener Patienten verbessern konnte. Bis vor kurzem war allerdings nicht klar, ob sich die in klinischen Studien erzielten Ergebnisse auch auf die Gruppe älterer Patienten übertragen lassen. Analysen haben jüngst jedoch zeigen können, dass über 70-Jährige von der modernen Chemotherapie ebenso profitieren wie jüngere Patienten, betonte Prof. Gunnar Folprecht, Dresden. Das gilt auch für die Irinotecan-basierte Chemotherapie, wie Folprecht anhand einer Metanaalyse von Studien zur First-line-Therapie des metastasierten Kolorektalkarzinoms nachwies (Abstr. #V310). In den drei randomisierten Vergleichsstudien waren 5-Fluorouracil/Folinsäure(5-FU/FS)Bolus- und Infusionsregime mit und ohne Irinotecan geprüft worden. Ältere Patienten profitieren von Irinotecan-Regimen Analysiert wurden die Daten von 1259 Patienten – 249 von ihnen über 70 Jahre alt. Er- freulich fielen einmal die Ergebnisse zur Toxizität aus: Bei der schweren Hämatotoxizität (Grad 3/4) wie auch bei der nicht-hämatologischen Toxizität gab es kaum Unterschiede zwischen unter und über 70-jährigen Patienten. Signifikant häufiger bei den Älteren waren zwar Neutropenien, dies allerdings nur in den Kontrollarmen bei alleiniger 5-FU/FS-Therapie. Auch bei der Effektivität schnitten die untersuchten Kollektive ähnlich ab: Ansprechraten sowie progressionsfreies und Gesamt-Überleben waren unabhängig vom Alter vergleichbar. Beim progressionsfreien Mit 85 Metern Höhe weithin sichtbar – der Messeturm am Eingang des Leipziger Messegeländes; Foto: Leipziger Messe GmbH Überleben zeigte sich sogar ein tendenzieller Vorteil für die Gruppe der über 70-Jährigen. Gerade die Älteren profitierten von der zusätzlichen Irinotecan-Gabe mit einem verbesserten Ansprechen. Irinotecan sollte allerdings unbedingt mit 5-FU/FS-Infusionsregimen kombiniert werden. Die Kombination des Zytostatikums mit 5-FU/FS-Bolusregimen gilt heute wegen der erhöhten Frühtoxizität als obsolet und fiel auch in Folprechts Metaanalyse bei den über 70-Jährigen durch eine etwas gesteigerte frühe Mortalität auf. Grundsätzlich aber, so resümierte Folprecht, sollte man fitten älteren Patienten die effektive Therapie mit Irinotecan-haltigen 5-FU/FS-Infusionsregimen auf keinen Fall vorenthalten. Magenkarzinom: DocetaxelRegime ermöglicht R0-Resektionen Beim fortgeschrittenen Magenkarzinom hat die Kombination von Docetaxel mit einem Standardregime aus 5-FU und Cisplatin in einer Phase-III-Studie durch seine hohe Effektivität überzeugt. Problematisch ist allerdings die nicht unbeträchtliche Toxizität dieses Tripelregimes, so dass mehrere Arbeitsgruppen eine Optimierung Docetaxel-haltiger Protokolle erproben. Eine Münchner Gruppe untersucht in der Phase-II-Studie GASTRO-TAX-1 das T-PLF-Regime, bei dem Docetaxel und Cisplatin in niedrigerer Dosierung plus 5-FU als 24-Stunden-Infusion zusammen mit Folinsäure einmal pro Woche verabreicht werden. Auch mit diesem Schema waren allerdings in der ersten Studienphase noch bei 80 % der ersten 15 Patienten Dosisreduktionen auf weniger als 80 % der initial geplanten Dosierung erforderlich, berichtete Dr. S. Lorenzen, München (Abstr. #V155). Die daraufhin vorgenommene weitere Modifikation des T-PLF-Regimes erwies sich als erfolgreich: Nur 60% der mittlerweile 60 rekrutierten Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Magenkarzinom benötigten noch eine weitere Dosisreduktion unter 80% der Initialdosis. Wichtigste Toxizitäten (Grad 3/4) waren Neutropenien bei 30%, Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 3 JAHRESTAGUNG FÜR HÄMATOLOGIE UND ONKOLOGIE Diarrhöen bei 20% und Fatigue bei 18% der Patienten. Febrile Neutropenien wurden nur bei 5%, Übelkeit und Erbrechen bei 8% der Teilnehmer registriert. Die Hälfte der 46 bislang evaluierten Patienten sprach auf das modifizierte T-PLFRegime an, zwei von ihnen komplett. Bei weiteren 43 % wurde eine Tumorstabilisierung erreicht. Die Zeit bis zur Progression beträgt median 9,8 Monate, das GesamtÜberleben 17,3 Monate. Zudem konnten 23 von 24 Patienten mit lokal fortgeschrittenem Tumor anschließend operiert werden; bei 20 (87 %) gelang eine R0-Resektion. Im Operationspräparat zeigte sich bei neun Patienten eine ausgeprägte Tumorregression (<10 % Residualtumor). Lorenzen qualifizierte das T-PLF-Regime daher bei akzeptabler Toxizi- Nierenzellkarzinom Hoher Stellenwert für Sorafenib Der gezielte Eingriff so genannter „Small Molecules“ in den Stoffwechsel von Tumorzellen dominiert zunehmend die onkologische Therapie. Mit dem Multikinaseinhibitor Sorafenib steht seit kurzem ein Medikament zur Verfügung, welches seinen hohen Stellenwert in der Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms in klinischen Studien bewiesen hat. S orafenib hemmt neben der Tumorproliferation zugleich auch die Tumorangiogenese und damit auch die Tumorprogression. Vor allem Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom profitieren seit einiger Zeit von Sorafenib als neue Therapie-Option, wie Priv.-Doz. Dr. Dirk Strumberg vom Marienhospital Herne auf einer Veranstaltung des Unternehmens Bayer Vital sagte. Dies belegen die Ergebnisse einer Phase-IIStudie, an der 202 Patienten mit einem Nierenzellkarzinom beteiligt waren. Wie Strumberg ausführte, sei es im Rahmen dieser Studie nach zwölf Wochen Therapie mit Sorafenib (400 mg zweimal täglich) bei 71 % der Patienten zu einer Schrumpfung des Tumors oder zu einer Tumorstabilisierung gekommen. Aber nicht 4 nur die Wirksamkeit von Sorafenib wird durch diese Studienresultate bestätigt. Für den Einsatz des Medikaments spricht auch das gute Toxizitätsprofil. „Insgesamt“, so der Onkologe, „steht mit Sorafenib eine neue Substanzklasse mit molekularbiologisch definiertem Wirkmechanismus zur Verfügung, die auch bei längerfristiger Anwendung gut verträglich ist und deren Toxizitäten klinisch meist unproblematisch sind.“ Bestätigt werden diese Studienresultate durch die Ergebnisse einer Phase-III-Studie, die von Prof. Dr. Elke Jäger vom Krankenhaus Nordwest aus Frankfurt am Main vorgestellt wurden. An der TARGET-Studie (Treatment Approaches in Renal Cancer Global Evaluation Trial) waren 903 bereits vorbehandelte Patienten mit fortgeschritte- tät als hoch aktiv. Als erfreulich wertete er die beachtliche Zahl an Patienten, bei denen die Docetaxel-haltige Chemotherapie noch eine potenziell kurative Resektion ermöglichte. Dr. Katharina Arnheim, Berlin Quelle: Gemeinsame Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie, 4.-8. November 2006 in Leipzig nem Nierenzellkarzinom beteiligt, die mit Placebo oder 400 mg Sorafenib zweimal täglich behandelt wurden. Wie die Expertin sagte, sei es bei 84 % der Patienten unter Sorafenib (Placebo: 55 %) zu einer Tumorkontrolle gekommen. Auch die Auswertung des Gesamtüberlebens sechs Monate nach Cross-over unterstreicht den Vorteil von Sorafenib: Unter der Therapie mit Sorafenib war das Gesamtüberleben – im Vergleich mit Placebo – um 39 % verlängert. Eine Änderung des Studienprotokolls ermöglichte ein Cross-over, um zunächst mit Placebo behandelte Patienten mit Sorafenib therapieren zu können. Wie Jäger weiter ausführte, lasse sich der Stellenwert des Multikinaseinhibitors Sorafenib aber nicht nur an der Krankheitsstabilisierung und dem Gesamtüberleben messen. „Auch das progressionsfreie Überleben war unter Sorafenib mit 5,5 versus 2,8 Monate signifikant länger“, sagte Jäger abschließend. Alexander Wehr, Hamburg Quelle: Satellitensymposium am 5. November 2006 im Rahmen der Gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie, 4.-8. November 2006 in Leipzig: „Therapie mit Multikinase-Inhibitoren in der Onkologie: Gegenwart und Zukunft“; Veranstalter: Bayer Vital GmbH Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Therapeutische Lücke schließen Invasiven Mykosen zuvorkommen Bei allen Fortschritten in der Behandlung von Erkrankungen des blutbildenden Systems stellen invasive Mykosen ein unkalkulierbares Problem dar. Gerade aufgrund effektiver Chemotherapie bei Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (AML) oder myelodysplastischem Syndrom (MDS) sowie aufgrund verbesserter Immunsuppression bei Patienten nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation (HSCT) steigt das Risiko einer Prognose mindernden invasiven Pilzinfektion. Mit Hilfe einer prophylaktischen antimykotischen Therapie mit Posaconazol kann diese therapeutische Lücke künftig geschlossen werden. P rof. Dr. Georg Maschmeyer, Potsdam, betonte: „Warten wir bei hämatologischonkologischen Hochrisiko-Patienten mit Verdacht auf eine invasive Mykose auf Evidenz, so laufen wir Gefahr, diese zu verlieren.“ Er plädierte demgegenüber eher für eine prophylaktisch angelegte Strategie, welche die Empirie und lokale Epidemiologie potentieller pathogener Pilze berücksichtigt. Priv.-Doz. Dr. Oliver Cornely, Köln, untermauerte diese Ansicht mit Daten aus einer Studie mit 602 AML- bzw. MDS-Patienten, die unter Chemotherapie eine deutliche Neutropenie zeigten. In zwei Studienarmen wurde die prophylaktische Wirksamkeit von Posaconazol mit der von Itraconazol bzw. Fluconazol randomisiert und Gutachter verblindet geprüft. Hinsichtlich der Inzidenz nachgewiesener oder wahrscheinlicher invasiver Mykosen schnitt Posaconazol 3 x 200 mg signifikant besser ab als die Vergleichssubstanzen. Die Häufigkeit der invasiven Myko- Verlängerte Überlebenszeit Docetaxel für Kopf-Hals-Tumoren zugelassen Das Zytostatikum Docetaxel ist jetzt auch für die Behandlung von Patienten mit lokal fortgeschrittenem Kopf-Hals-Tumor zugelassen. Die Zulassung bezieht sich auf den Einsatz von Docetaxel in Kombination mit Cisplatin und 5-Fluorouracil (TPF-Regime) als Induktionstherapie, die einer Strahlentherapie bzw. einem potentiellen operativen Eingriff vorausgeht. Sie basiert auf den Ergebnissen der TAX 323-Studie, einer randomisierten Phase-III-Studie. Hier war das TPF-Regime der bis dahin etablierten 2er-Kombination Cisplatin/ 5-FU (ohne Docetaxel) überlegen. D ie Docetaxel-haltige 3er-Kombination ist die erste Induktionschemotherapie, die die Überlebenszeit von Patienten mit inoperablem Kopf-Hals-Tumor statistisch signifikant verlängert, erläuterte Prof. Dr. Rainald Knecht, Frankfurt/Main. Die Patienten überlebten in der TAX 323-Studie im Median 18,6 Monate im Vergleich zu 14,2 Mona- ten im Kontrollarm, so das Ergebnis der aktuellen Auswertung. Dieser Unterschied von gut vier Monaten entspricht einer relativen Risikoreduktion von 27 % (p = 0,0052). Gleichzeitig blieben die Patienten im TPFArm im Median fast ein Jahr und damit drei Monate länger als im Kontrollarm ohne erneute Tumorprogression (11,4 vs. 8,3 Mona- sen sank von acht auf zwei Prozent, was insbesondere auf eine Reduktion von Aspergillosen von sieben auf ein Prozent zurückzuführen war. Fast identische Daten stellte Priv.-Doz. Dr. Ulrich Schuler, Dresden für HSCT-Patienten vor, die aufgrund akuter oder chronischer Graft-versus-Host-Reaktion (GVHD) einer strengen immunsuppressiven Therapie unterzogen wurden. Hier sank die Inzidenz invasiver Mykosen ebenfalls von acht auf zwei Prozent und die Häufigkeit von Aspergillosen von sechs auf ein Prozent. In dieser Studie mit 600 Patienten wurde Posaconazol nur mit Fluconazol 1 x 400 mg verglichen. Beide Therapieregime über einen Behandlungszeitraum von 25 bis 29 Tagen wurden gleich gut vertragen. Martin Wiehl, Königstein-Falkenstein Quelle: Satellitensymposium am 7. November 2006 im Rahmen der Gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie, 4.-8. November 2006 in Leipzig: „Strategien zur Behandlung und Prophylaxe invasiver Mykosen“; Veranstalter: essex pharma GmbH te). Auch dieser Unterschied war statistisch signifikant (p = 0,0073). In die TAX 323-Studie waren 358 Patienten mit inoperablem, lokal fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinom im Kopf-Hals-Bereich (SCCHN) behandelt worden. Die Wirksamkeitsvorteile zugunsten des TPFRegimes gingen auch mit einem besseren Allgemeinbefinden der Patienten und weniger tumorbedingten Beschwerden einher. Die Patienten vertrugen das TPF-Regime insgesamt gut, die subjektive Verträglichkeit war sogar günstiger: schwere Übelkeit oder Erbrechen sowie Stomatitis traten im TPFArm deutlich seltener auf. Birgit-Kristin Pohlmann, Nordkirchen Quelle: Satellitensymposium am 5. November 2006 im Rahmen der Gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie, 4.-8. November 2006 in Leipzig: „ASCO 2006 setzt neue Standards – Taxotere bei Bronchial- und Kopf-Hals-Tumoren“; Veranstalter: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 5 JAHRESTAGUNG FÜR HÄMATOLOGIE UND ONKOLOGIE Studiendaten signalisieren Überlebensvorteil Therapie des Multiplen Myeloms kommt weiter voran Substanzen, die gezielt in die biochemischen und molekulargenetischen Prozesse der Myelomzelle eingreifen, bringen die Therapie des Multiplen Myeloms weiter voran. Dazu zählen Thalidomid sowie sein immunmodulatorisches Analogon Lenalidomid und die durch Bortezomib repräsentierten Proteasom-Inhibitoren. B ereits jetzt signalisieren die Studiendaten einen Überlebensvorteil beim rezidivierten und refraktären Multiplen Myelom, bekräftigte Prof. Mohammed Reza Nowrousian, Essen. Was Bortezomib (Velcade) beim progredienten Multiplen Myelom zu leisten vermag, wurde in der randomisierten APEX-Studie (Assessment of ProteasomeInhibition for EXtending Remissions) überprüft. Gegenüber Dexamethason senkte Bor- tezomib das Mortalitätsrisiko nach einem Jahr um 41%. Die Patienten, die den Proteasom-Hemmer erhalten hatten, überlebten mit median 29,8 Monaten sechs Monate länger als die mit Dexamethason-Behandelten, berichtete Dr. Martin Kropff, Münster (siehe auch Beitrag auf Seite 8 ff.). Zudem betrug die Ansprechrate, definiert als komplette plus partielle Remission, 43% unter Bortezomib und 18% unter Dexametha- Multi-Targeting bei Nierenzellkarzinom und GIST Fortschritte durch die Therapie mit Sunitinib Der Multikinaseinhibitor Sunitinib (Sutent) erweist bei Zytokin-refraktärem metastasierten Nierenzellkarzinom seine Wirksamkeit mit einer bislang unerreichten objektiven Ansprechrate. Bei gastrointestinalen Stromatumoren (GIST), die gegen Imatinib Resistenzen entwickeln, zeigt Sunitinib gegenüber Placebo einen bedeutenden Wirkungsgrad. M it Multikinaseinhibitoren können mehrere therapeutisch wichtige Ziele kombiniert beeinflusst werden (Multi-Targeting). Sunitinib ist ein solches Medikament, das über die Hemmung von Rezeptor-Tyrosinkinasen die folgenden Wachstumsfaktoren gleichzeitig blockiert: VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor)-Rezeptoren 1-3, PDGF-Rezeptor alpha und beta (Platelet-derived Growth Factor), c-kit (Stammzellfaktor-Rezeptor) und FLT (Fms-like tyrosin kinase). „Dieser Ansatz verspricht eine Hemmung von Tumorzellwachstum und der Tumorangiogenese“, erläuterte Prof. Dr. C. Bo- 6 kemeyer, Hamburg. Rezeptor-Tyrosinkinasen spielen bei verschiedenen Krebsarten eine Rolle. Klinische Studien haben ergeben, dass Multikinaseinhibitoren wirksam sind. „Ein erfolgreiches Beispiel ist Sunitinib bei der Therapie des Nierenzellkarzinoms und bei GIST“, führte Bokemeyer weiter aus. Eine beim ASCO 2006 vorgestellte randomisierte Phase-III-Studie von Motzer et al. untersuchte die Effektivität von Sunitinib in der Erstlinientherapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms. Auf der Grundlage dieser Daten hat das Komitee für Humanarzneimittel (CHMP) der europäischen Arznei- son. Bei 16% der Bortezomib-Patienten ließ sich sogar eine komplette oder nahezu komplette Remission feststellen. „Als besonders wirksam erwies sich der Proteasom-Inhibitor bei Patienten mit nur einer Vortherapie“, sagte Kropff.Von ihnen sprachen 51% auf die Behandlung an. Positiv zu werten ist auch die akzeptable, beherrschbare und reversible Toxizität von Bortezomib, ergänzte Nowrousian. Zudem kann Bortezomib auch bei der häufig mit einem Myelom einhergehenden Niereninsuffizienz eingesetzt werden, welche die Prognose massiv verschlechtert. Karl Filip, Landsberg am Lech Quelle: Pressekonferenz am 5. November 2006 im Rahmen der Gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie, 4.-8. November 2006 in Leipzig: „Velcade auf dem Weg zur Leitsubstanz beim Multiplen Myelom?“; Veranstalter: Ortho Biotech, Division of Janssen-Cilag GmbH mittelbehörde EMEA kürzlich empfohlen, die bislang unter besonderen Bedingungen erteilte Zulassung in der Zweitlinientherapie uneingeschränkt zu erteilen sowie eine Indikationserweiterung auf die Erstlinientherapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms vorzunehmen*. red. Quelle: Pressemitteilung der Pfizer Deutschland GmbH, Karlsruhe, vom 7. November 2006 zum Satellitensymposium „Multi Targeting: Vom Prinzip zur Praxis“ im Rahmen der Gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie, 4.-8. November 2006 in Leipzig * Wie Pfizer Deutschland GmbH am 19. Januar 2007 mitteilte, erhält Sutent von der EMEA für die EU die uneingeschränkte Marktzulassung zur Behandlung des fortgeschrittenen und/oder metastasierten Nierenzellkarzinoms (mRCC) und darf damit ab sofort uneingeschränkt zur Behandlung des mRCC in der Erstlinientherapie eingesetzt werden. Sunitinib ist auch zur Behandlung von gastrointestinalen Stromatumoren zugelassen, wenn die Standardtherapie versagt. Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. JAHRESTAGUNG FÜR HÄMATOLOGIE UND ONKOLOGIE Neue Substanzen beim Multiplen Myelom Überlebensgewinn durch Modifikationen der Primärtherapie Eine Verbesserung von Ereignisfreiheit und Überleben lässt sich durch einen Zusatz von Thalidomid zu einer Standard-Primärtherapie des Multiplen Myeloms mit Melphalan/Prednison erzielen. Die Kombination Dexamethason/ Thalidomid hat sich aufgrund verbesserter Ansprechraten in den USA zum Therapiestandard vor Melphalan-Hochdosistherapie außerhalb klinischer Studien entwickelt. Durch eine Erhaltungstherapie mit Thalidomid im Anschluss an eine Melphalan-Hochdosistherapie verbessern sich Ereignisfreiheit und Überleben signifikant verglichen mit einer reinen Fortführung einer Bisphosphonattherapie. Für Bortezomib (Velcade) und Lenalidomid (Revlimid) laufen derzeit Studien mit vielversprechenden Zwischenergebnissen. F ür die Dauer von fast 40 Jahren bestand der einzige Fortschritt in der Therapie des Multiplen Myeloms in der Etablierung einer Melphalan-Hochdosistherapie mit Retransfusion autologer Knochenmark- oder Blutstammzellen. Nur durch diese Dosisintensivierung wurde die Prognose gegenüber einer konventionell dosierten Therapie mit Melphalan/Prednison (MP), dem sogenannten Alexanian-Schema, signifikant verbessert. Der Stellenwert einer Erhaltungstherapie nach konventioneller oder hoch dosierter Therapie wird bislang kontrovers diskutiert. Melphalan/Prednison in Kombination mit Thalidomid, Bortezomib oder Lenalidomid als Primärtherapie Verbesserte Therapieoptionen für ältere Patienten oder Patienten, für die aufgrund von Begleiterkrankungen eine Hochdosistherapie nicht geeignet erscheint, bieten zukünftig Ergänzungen des MP-Protokolls um Thalidomid, dessen immunmodulatorisches Derivat Lenalidomid oder den Proteasominihibitor Bortezomib. In parallel in Frankreich bzw. Italien durchgeführten Studien wurde MP um eine orale Therapie mit Thalidomid (MPT) in einer Dosis von 100 mg (Italien) (1) bzw. bis zu 400 mg (Frankreich) (2) er- 8 gänzt. In Frankreich erhielten Patienten eines dritten Therapiearms darüber hinaus zwei sequenzielle Melphalan-Hochdosistherapien in einer altersadaptierten MelphalanDosis von jeweils 100 mg/m² (Abb. 1). Beide Studien berichten übereinstimmend über eine signifikante Verbesserung von Therapieansprechen (Ansprechrate 76-81 % versus 40-48 %) und Progressions- bzw. Ereignisfreiheit (29,2-29,5 Monate versus 13,6-17 Monate) durch MPT gegenüber MP sowie – in Frankreich – gegenüber einer Hochdosistherapie mit dieser Melphalandosis (Tab. 1). Darüber hinaus resultierte in der französischen Studie für primär mit MPT behandelte Patienten ein Überlebensvorteil gegenüber MP (medianes Überleben 56 versus 30,3 Monate); in der italienischen Studie hatte ein Trend zu einer Lebensverlängerung mangels ausreichender Nachbeobachtung zum Publikationszeitpunkt noch keine statistische Signifikanz erlangt. Unter dem Eindruck dieser übereinstimmenden Ergebnisse zweier prospektiver randomisierter multizentrischer Studien muss dieTherapiekombination MPT zunächst als Referenz für zukünftige Weiterentwicklungen der Primärtherapie des älteren Myelompatienten angesehen werden. Der Stellenwert der Hochdosistherapie mit einer Melphalandosis von 140 oder 200 mg/m² sollte zumindest für diese Patien- tengruppe durch eine prospektive Studie erneut überprüft werden. Als noch effektiver hinsichtlich der Ansprechrate erwies sich in einer spanischen Phase I/II-Studie die Kombination von MP mit dem Proteasominhibitor Bortezomib (3). Im Vergleich mit einem historischen Kollektiv wurden Dauer der Ereignisfreiheit und Überleben signifikant verlängert. Die internationale„VISTA“-Studie vergleicht derzeit prospektiv, randomisiert eine Primärtherapie mit MP-Velcade (MPV) mit dem klassischen MP-Schema. Neben einer höheren Effektivität beider Primärtherapieprotokolle (MPT und MPV) war jedoch bei deren Anwendung eine Zunahme unerwünschter Ereignisse, insbesondere Infektionen und Neuropathien zu beobachten. Darüber hinaus erhöht die Thalidomid-Kombination das Risiko venöser Thrombembolien. Bei Kombinationsbehandlungen mit Thalidomid ist eine prophylakti- Abb. 1 Flussdiagramm und Behandlungsergebnisse der IFM 99–06-Studie: Partielles (PR) und komplettes Therapieansprechen (CR) sowie progressionsfreies (PFS) und Gesamtüberleben (OS) nach einer Primärtherapie Melphalan/Prednison + Thalidomid im Vergleich zu Melphalan/ Prednison sowie einer konsolidierenden Melphalan-Hochdosistherapie bei älteren Patienten mit Multiplem Myelom (2) Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Tab. 1 Aktuelle Primärtherapieergebnisse bei älteren Patienten mit Multiplem Myelom; CR : komplette Remission, PR : partielle Remission, *nach 3 Jahren, †nach 16 Monaten, ‡ nach 2 Jahren Kombination Therapieansprechen ≥PR (%) CR (%) PFS/EFS (Monate) OS (Monate) 48 40 42 2 2 0 13,3 17 66 %† 64 %* 32,2 62 %† Melphalan/Prednison + Thalidomid 76 ● Palumbo (1) ● Facon (2) 81 16 15 29,2 29,5 80 %* 53,6 Melphalan/Prednison + Bortezomib ● Mateos (3) 86 30 91 %† 86 %‡ Melphalan/Prednison („Alexanian“) ● Palumbo (1) ● Facon (2) ● Mateos (3) sche Antikoagulation erforderlich. Von den „neuen“ Substanzen ist in Europa derzeit lediglich Bortezomib für die Therapie des rezidivierten Multiplen Myeloms zugelassen. Dexamethason in Kombination mit Thalidomid oder Bortezomib als Primärtherapie In den USA hingegen ist Thalidomid seit einigen Monaten für die Primärtherapie des Multiplen Myeloms in Kombination mit Dexametha- son zugelassen. Grundlage der Zulassung waren zwei prospektive randomisierte Studien, in denen ein Zusatz von Thalidomid zu einer Dexamethason-Pulstherapie (TD) Ansprechrate und Zeit bis zur Erkrankungsprogression gegenüber einer alleinigen Dexamethasontherapie verbesserte (4, 5) (Tab. 2). Auch im historischen Vergleich mit dem etablierten VADSchema war dieAnsprechrate unter TD signifikant höher (6). Allerdings ist auch unter TD als Primärtherapie das Risiko venöser Thrombembolien erhöht, so dass eine prophylaktische An- tikoagulation mit einem niedermolekularen Heparin geboten erscheint. Auch in der Induktion vor Hochdosistherapie weisen erste Ergebnisse von Phase-IIStudien auf eine noch höhere Effektivität Bortezomib-haltiger Induktionstherapien hin. Sundar Jagannath, MD, New York, berichtete auf der Jahrestagung der Amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie (ASH) im Dezember 2006 über eine Ansprechrate von 89 % nach sechs Zyklen Bortezomib sowie optionalem Zusatz von Dexamethason bei unzureichendem Therapieansprechen auf die Bortezomib-Monotherapie (7). Mehrere Phase-III-Studien, die eine Induktion unter Einschluss von Bortezomib mit einem lokalen Therapiestandard vergleichen, sind kürzlich aktiviert worden. Unter dem Eindruck dieser Ergebnisse ist jedoch unklar, ob ein Zusatz einer weiteren Substanz z.B. aus der Gruppe der Anthrazykline (8, 9) oder Cyclophosphamid zu Dexamethason-Kombinationen mit Thalidomid oder Bortezomib in der Primärtherapie erforderlich ist. Thalidomid-Erhaltung nach Melphalan-Hochdosistherapie In der Erhaltung nach Hochdosistherapie ergeben sich nach jahrelangem Stillstand erstmals neue Gesichtspunkte: In der französischen IFM 99 02-Studie verlängerte eine Er- Tab. 2 Aktuelle Primärtherapieergebnisse mit Dexamethason-Kombinationen bei Multiplem Myelom; CR : komplette Remission, PR : partielle Remission, *CR + nCR, §„objective response“, †nach 1 Jahr, n.e.: nicht erreicht Kombination Therapieansprechen ≥PR (%) CR (%) (6)Vincristin/Adriamycin/Dexamethason (6)Dexamethason/Thalidomid 52 76 (4)Dexamethason (4)Dexamethason/Thalidomid 41 63 00 04 (5)Dexamethason (5)Dexamethason/Thalidomid 46 63 03 08 (7)Bortezomib (7)Bortezomib/Dexamethason (8)Bortezomib/Dexamethason/Adriamycin (9) Bortezomib/liposomales Doxorubicin (10) Lenalidomid/Dexamethason 38-49* 88 95 79 91§ 10 18* 24 28* 18 PFS/EFS (Monate) OS (Monate) 06,5 22,4 32 n.e. 15 90%† Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 9 JAHRESTAGUNG FÜR HÄMATOLOGIE UND ONKOLOGIE haltungstherapie mit Thalidomid in Kombination mit monatlichen Pamidronat-Infusionen den Anteil der ereignisfreien (36 % versus 26 %) ebenso wie überlebenden Patienten (87 % versus 75 %) nach vier Jahren signifikant gegenüber einer alleinigen Bisphosphonattherapie (10). Die bislang etablierte, jedoch wenig effektive und zudem nebenwirkungsreiche Erhaltungstherapie mit Interferon könnte damit abgelöst werden. So zeichnen sich durch die Hinzunahme der neuen Substanzen Thalidomid und Bortezomib in die Primärtherapie des Multiplen Myeloms grundlegende Verbesserungen mit einem erheblichen Zugewinn an Überlebenszeit für betroffene Patienten ab. Laufende Studien evaluieren das immunmodulatorische und kaum noch neurotoxische Thalidomidderivat Lenalidomid (11). Wenn die Zulassungen bzw. Zulassungserweiterungen mit den Daten aus prospektiven Studien renommierter Studiengruppen Schritt halten, könnten diese Therapieentwicklungen zukünftig allen Patienten zuteil werden. Dr. Martin Kropff, Münster Literatur 1. Palumbo A et al. Oral melphalan and prednisone chemotherapy plus thalidomide compared with melphalan and prednisone alone in elderly patients with multiple myeloma: randomised controlled trial. Lancet 2006; 367: 825–831. 2. Facon et al. Superiority of melphalan-prednisone (MP) + thalidomide (THAL) over MP and autologous stem cell transplantation in the treatment of newly diagnosed elderly patients with multiple myeloma. Journal of Clinical Oncology, 2006 ASCO Annual Meeting Proceedings Part I. Vol 24, No. 18S. 3. Mateos M-V et al. Bortezomib plus melphalan and prednisone in elderly untreated patients with multiple myeloma: results of a multicenter phase 1/2 study. Blood 2006; 108: 2165–2171. 10 4. Rajkumar SV et al. Phase III clinical trial of thalidomide plus dexamethasone compared with dexamethasone alone in newly diagnosed multiple myeloma: a clinical trial coordinated by the Eastern Cooperative Oncology Group. J Clin Oncol 2006; 24: 431–436. 5. Rajkumar SV et al. A randomized, doubleblind, placebo-controlled trial of thalidomide plus dexamethasone versus dexamethasone alone as primary treatment for newly diagnosed multiple myeloma. Blood 2006; 108: 238a. 6. Cavo M et al. Superiority of thalidomide and dexamethasone over vincristine-doxorubicindexamethasone (VAD) as primary therapy in preparation for autologous transplantation for multiple myeloma. Blood 2005; 106: 35–39. 7. Jagannath S et al. Long-term follow-up of patients treated with bortezomib alone and in combination with dexamethasone as frontline therapy for multiple myeloma. Blood 2006; 108: 238a-239a. 8. Oakervee HE et al. PAD combination therapy (PS-341/bortezomib, doxorubicin and dexamethasone) for previously untreated patients with multiple myeloma. Br J Haematol 205; 129: 755–762. 9. Orlowski RZ et al. Bortezomib and pegylated liposomal doxorubicin as induction therapy for adult patients with symptomatic multiple myeloma: Cancer and Leukemia Group B study 10301. Blood 2006; 108: 239a. 10. Attal M et al. Maintenance therapy with thalidomide improves survival in patients with multiple myeloma. Blood 2006; 108: 3289–3294. 11. Lacy et al. Lenalidomide plus dexamethasone (Rev/Dex) in newly diagnosed myeloma: response to therapy, time to progression and survival. Blood 2006; 108: 239a. Quelle: Symposium der Pharmion Germany GmbH „Primärtherapie des Multiplen Myeloms“ am 6. November 2006 anlässlich der Gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie, 4.-8. November 2006 in Leipzig und 48. Jahrestagung der Amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie (ASH), 9.-12. Dezember 2006 in Orlando, Florida, USA Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Innovative Therapiestrategien vorgestellt Zwei neue „First-in-Class-Wirkstoffe“ im Zulassungsverfahren Mit gleich zwei innovativen Wirkstoffen zur Behandlung von Tumoren wird Wyeth Pharma in absehbarer Zeit aufwarten können: Es handelt sich um den mTOR-Inhibitor Temsirolimus und um Gemtuzumab Ozogamicin (GO), einen Antikörper, der gezielt das hochtoxische Zytostatikum Calicheamicin zur Tumorzelle bringt. Die ersten klinischen Daten zu den beiden neuartigen Therapiestrategien – beide Vertreter einer neuen Substanzklasse in der Onkologie – wurden bei der Tagung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) in Leipzig vorgestellt. V on dem mTOR-Inhibitor Temsirolimus erwarten die Experten deutliche Fortschritte bei der Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms. Der Wirkstoff hemmt mit der mTOR-Kinase (mammalian Target Of Rapamycin) laut Prof. Dr. Kurt Possinger, Berlin, eine Schlüsselkinase der intrazellulären Signalgebung, die Prozesse wie den Zellzyklus, die Zellproliferation, die Angiogenese und die Apoptose steuert und in vielen Tumorzellen wie beispielsweise dem Nierenzellkarzinom hochreguliert ist. mTOR-Inhibitor verbessert das Überleben beim fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom Temsirolimus bewirkt über die mTOR-Kinase-Hemmung eine signifikante Verlängerung des progressionsfreien Überlebens und des Gesamtüberlebens und das insbesondere bei Patienten mit schlechter Prognose. Das belegen die Daten der ARCC-Studie (A Global Trial for Advanced renal Cell Carcinoma), einer Phase-III-Studie, an der 626 systemisch nicht vorbehandelte Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom teilnahmen. Es handelte sich dabei um Hochrisikopatienten mit mindestens drei Risikofaktoren wie beispielsweise multiplen Metastasen, einem Karnofsky-Index unter 80, hohen Serum-Kalziumwerten, einem verringerten Hämoglobin-Wert oder hohen Laktatdehydrogenase-Werten. Die Patienten erhielten entweder Temsirolimus als Monotherapie (25 mg intravenös einmal wöchentlich) oder in Kombination mit Interferon (15 mg Temsirolimus einmal wöchentlich plus 6 Millionen I.E. subkutan INFalfa dreimal wöchentlich) oder Interferon als Monotherapie. „Es zeigte sich eine eindrucksvolle Verlängerung des progressionsfreien Überlebens und der Gesamtüberlebenszeit in den Patientengruppen, die den mTOR-Inhibitor erhalten hatten, nicht aber unter Interferon“, erklärte Possinger in Leipzig. Temsirolimus verlängerte in der Monotherapie das Gesamtüberleben von 7,3 Monaten unter Interferon-alfa auf 10,9 Monate, was einer signifikanten Steigerung um 49 Prozent entspricht (p=0,00069). Das progressionsfreie Überleben wurde nach Possinger unter der Monotherapie ebenfalls statistisch signifikant verbessert und zwar um 1,8 Monate. Gleichzeitig erwies sich der mTOR-Inhibitor als gut verträglich. Als wichtigste Nebenwirkungen traten eine Anämie und eine Dyspnoe auf, allerdings laut Possinger zum Teil seltener als unter Interferon. Bemerkenswert sind die Daten nach seinen Worten insbesondere, weil sie bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung und zusätzlichen Risikofaktoren erzielt wurden, bei denen bislang praktisch keine effektive Therapieoption verfügbar war. Wyeth hat nunmehr vor dem Hintergrund der ARCC-Studie die Zulassung von Temsirolimus zur First-Line-Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms in den USA und in Europa beantragt. Neue Perspektive auch bei der akuten myeloischen Leukämie Für Fortschritte bei der Therapie der akuten myeloischen Leukämie (AML) dürfte Wyeth mit Gemtuzumab Ozogamicin (GO), das in den USA bereits zugelassen ist, sorgen. Der Wirkstoff nutzt einen Antikörper gegen das Oberflächenantigen CD33, das auf 90 Prozent der bösartigen AML-Zellen exprimiert ist. Das neuartige Wirkprinzip besteht darin, dass das hochwirksame Zellgift Calicheamicin über einen Linker an den spezifischen Antikörper gebunden und damit in der systemischen Zirkulation neutralisiert ist. Erst innerhalb der bösartigen Zielzelle löst sich die Bindung und die Zelle kann gezielt getötet werden. Experten wie Professor Dr.Alan K. Burnett, Cardiff, der das neue Wirkprinzip in Leipzig vorstellte, erhofft sich von diesem Prinzip eine verbesserte klinische Wirksamkeit bei der AML bei gleichzeitig verbesserter Verträglichkeit. Burnett berichtete von ersten Daten einer großen Therapiestudie der MRC-Studiengruppe aus UK, bei der mehr als 2000 Patienten mit neu aufgetretener AML zu einer Erstchemotherapie (Induktionstherapie) mit oder ohne zusätzlicher Gabe von GO randomisiert wurden. In der Analyse der Ergebnisse, so Burnett, zeigt sich eine signifikante Verlängerung des progressionsfreien Überlebens für die Patienten, die zusätzlich zu ihrer Chemotherapie GO erhalten hatten im Vergleich zu den Patienten im Standardtherapiearm. Dies sei angesichts der hohen Rezidivrate dieser lebensbedrohenden Erkrankung ein Durchbruch in der Therapieoptimierung. Mit der Zulassung von GO in Europa wird ebenfalls im kommenden Jahr gerechnet. red. Quelle: Pressemitteilung der Wyeth Pharma GmbH, Münster, zum Symposium „Targeted Therapy – Neue Perspektiven bei Leukämien (AML) und soliden Tumoren (NZK)“ am 5. November 2006 anlässlich der Gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie, 4.-8. November 2006 in Leipzig Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 11 48. JAHRESTAGUNG DER AMERICAN SOCIETY OF HEMATOLOGY 20 000 Teilnehmer in Orlando News und Highlights vom amerikanischen Hämatologie-Kongress Die Tagung der American Society of Hematology (ASH) gehört zu den bedeutendsten Fortbildungsveranstaltungen für hämatologisch interessierte Onkologen. Die 48. Jahrestagung der Gesellschaft fand Anfang Dezember 2006 in Orlando statt und lockte über 20 000 Teilnehmer aus aller Welt in den „Sunshine-State“ Florida (Abb. 1). Nachfolgend geben wir Ihnen einen Überblick über aktuelle Entwicklungen in der hämatologischen Onkologie. B ei einer schweren Sepsis (Abb. 2) kann schon eine banale Infektion, etwa ein grippaler Infekt, das Immunsystem derart aus der Balance bringen, dass es zu ausgeprägten Organschädigungen und schließlich zum Tod kommen kann. Das einzige von der FDA (Federal Drug Administration) zugelassene Medikament war bisher aktiviertes Protein C (APC). Wenngleich sehr wirksam, kam es unter der Therapie mit APC nicht selten zu lebensbedrohlichen Blutungen. Der genaue Wirkmechanismus war bislang allerdings nicht bis in alle Einzelheiten aufgeklärt. Offenbar, so legen es jetzt vorgestellte experimentelle Daten nahe, spielen gewisse Rezeptorproteine eine bedeutende Rolle, welche die Wirkung von APC auf Zellen mediieren. Bei Mäusen, die diese Rezeptoren besitzen (EPCR und PAR1-Rezeptor) sank die Mortalität bei einer induzierten Sepsis von 50 % auf unter 10 %. Mäuse, die einen genetisch bedingten Mangel an einem dieser Rezeptoren aufwiesen, hatten hingegen keinen Benefit von der Therapie mit APC. Ein Team aus Wissenschaftlern um H. Weiler vom Blood Center of Wisconsin in Milwaukee fand außerdem heraus, dass eine veränderte Variante von APC, welche eine reduzierte antikoagulatorische Aktivität aufweist, deutliche Vorteile hinsichtlich des Überlebens hatte. Die antikoagulatorische Aktivität von APC scheint offenbar negativ mit den körpereigenen Abwehrmechanismen zu interferieren. „Unsere Untersuchungen unterstreichen die Bedeutungen von aktiviertem Protein C, zeigen aber gleichzeitig, 12 dass eine Variante mit reduzierter antikoagulatorischer Aktivität das Blutungsrisiko reduzieren kann“, so Weiler. Genmutation an Polycythaemia vera beteiligt Schon 1892 wurde die Polyzythämie von Louis Vaquez beschrieben. Bei rund der Hälfte der Patienten mit Erkrankungen aus diesem Formenkreis haben Forscher aus Italien nun in den blutbildenden Stammzellen eine somatische Mutation im signalübermittelnden Enzym Janus-Kinase 2 (JAK2) entdeckt. Diese Mutation erhöht die enzymatische Aktivität von Janus-Kinase 2, was wiederum zu einer erhöhten Empfindlichkeit der Blutzellen für Wachstumssignale führt und damit kausal an der Entstehung der Krankheit beteiligt ist. Wie eine Studie an 116 Patienten mit Polyzythämie belegt, wiesen 83 % der Patienten eine Mutation des JAK2-Gens auf, die sogenannte V617F-Mutation. Wie die Untersuchung aber auch zeigt, hatten jene Patienten mit den höchsten Spiegeln mutierter Gene auch die ausgeprägtesten Symptome (Splenomegalie und ausgeprägter Pruritus) und mussten nach Diagnosestellung chemotherapeutisch behandelt werden. Darüber hinaus war bei diesem Patientenklientel das Risiko für Gerinnungskomplikationen wie Schlaganfall oder Myokardinfarkt bis zu vierfach höher als bei Patienten mit einer normalen Expression des JAK2-Gens. Das mutierte JAK2-Protein könnte Angriffspunkt für die Entwicklung von neuen Medikamenten zur Behandlung dieser Erkrankungen darstellen, so das Fazit der Wissenschaftler. Rituximab verlängert Überleben bei Lymphom-Patienten deutlich Abb. 1 “Sunshine-State“ Florida; Foto: PixelQuelle.de Wie die Resultate einer jetzt auf dem ASHKongress präsentierten Phase-III-Studie nahe legen, führt eine Behandlung mit Rituximab (MabThera) bei Patienten mit indolen- Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Abb. 2 Sepsis: Blutgefäß innen; Foto: obs/ NDR tem Non-Hodgkin Lymphom (Abb. 3) zu einer deutlich gesteigerten Gesamtüberlebenszeit (OS = Overall Survival). Die vorgestellten Daten entstammen einer Studie über vier Jahre, an der 321 Patienten teilgenommen hatten. Im Rahmen dieser Studie wurden zwei Therapieregimes miteinander verglichen: ● Rituximab plus Cyclophosphamid, Vincristin plus Prednisolon (R-CVP) versus ● CVP alleine. Die Patienten waren im Mittel 53 Jahre alt, und 83 % hatten gemäß des FLIPI-Scores ein mäßig ausgeprägtes bis ausgeprägtes Erkrankungsstadium. Wie die nun von R. E. Marcus aus Cambridge vorgestellte Auswertung belegt, betrug die mittlere Zeit bis zur Progression oder dem Tod in der R-CVP-Gruppe 34 Monate, im CVP-Arm hingegen nur 15 Monate (p<0,0001). Auch das krankheitsfreie Überleben (DFS = Disease Free Survival) war in dem R-CVP-Kollektiv bei Patienten in kompletter Remission (CR = Complete Remission) oder unbestätigter CRu (CRu = Complete Remission unconfirmed) gegenüber den Patienten des CVP-Kollektivs deutlich verlängert (54 % für R-CVP vs. 17 % für CVP). Schließlich, so die Folgerung der Autoren, spricht die Tatsache, dass bis jetzt nur 19 % der Patienten des R-CVP-Arms verglichen mit 29 % des Kontrollkollektivs verstorben sind, für das Kombinationsregime. Hieraus ergibt sich eine klare Evidenz für die Tatsache, dass Rituximab in Kombination mit einer konventionellen Chemotherapie das Überleben von Patienten mit Non-Hodgkin Lymphom deutlich verlängern kann (ASH-Abstract # 481). gesucht werden, die seit kurzem mit dem Zweitgenerations-TKI Dasatinib (Sprycel) zur Verfügung steht. Aktuelle, auf dem ASHKongress präsentierte Daten legen nahe, dass eine Therapie mit 100 mg Dasatinib einmal täglich zu ebenso hohen Ansprechraten führt wie eine Therapie mit zweimal 70 mg täglich. Die von A. Hochhaus aus Mannheim vorgestellten Daten belegen, dass die Rate zytogenetischer Remissionen bei Patienten in chronischer Phase der CML dem zweimal täglichen Therapieregime ebenbürtig ist. Allerdings, und dies ist aus klinischer Sicht bemerkenswert, kam es bei Patienten, die Dasatinib nur einmal täglich eingenommen hatten, deutlich seltener zu hämatologischen und nichthämatologischen Begleiterscheinungen. An dieser internationalen Phase-III-Studie waren 139 Patienten beteiligt. Die Studienteilnehmer enthielten entweder: ● 50 mg Dasatinib zweimal täglich, ● 70 mg Dasatinib zweimal täglich, ● 100 mg Dasatinib einmal täglich oder ● 140 mg Dasatinib einmal täglich. Das primäre Studienziel war der Vergleich der zytogenetischen Ansprechraten unter der einmal bzw. zweimal täglichen Dosierung. Wie sich zeigte, unterschieden sich die Ansprechraten nur geringfügig voneinander. Unter der 100-mg-Dosierung war die Ansprechrate mit 59 % allerdings am höchsten. Dieses Dosierung scheint offenbar nicht nur sehr wirksam, sondern darüber hinaus am besten verträglich zu sein, wie die Studiendaten belegen (ASH-Abstract # 166). Im Fokus: Chemotherapieinduzierte Anämie Die Entwicklung einer klinisch relevanten Anämie während einer Chemotherapie ist kein seltenes Ereignis. Zahlen aus Europa belegen, dass etwa 63% aller Patienten, die eine Chemotherapie erhalten, eine Anämie entwickeln. Mehr als die Hälfte der Patienten berichten, dass chronische Müdigkeit („Fatigue“) ihre Aktivitäten des täglichen Lebens nachhaltig und negativ beeinflusst. Offenbar wird aber nur ein Bruchteil der Patienten wegen der Anämie auch behandelt. Dabei steht mit Darpoetin alpha (Aranesp) seit einiger Zeit ein hoch wirksames Medikament zur Verfügung, welches nicht nur die reduzierten Hämoglobinspiegel anheben, sondern auch die Notwendigkeit einer Erythrozytentransfusion reduzieren kann. Dies legen Studiendaten nahe, die jetzt in Orlando präsentiert wurden. Hierbei spielt offenbar der Applikationsweg des ebenfalls standardmäßig verabreichten Eisens eine entscheidende Rolle. Wie sich zeigt, profitieren Patienten demnach eher von einer intravenösen Applikation von Eisen in Kombination mit 500 µg Darpoetin alpha, im Vergleich zu einem Standardregime mit oral CML-Patienten profitieren von neuem Tyrosinkinaseinhibitor (TKI) Dasatinib Patienten mit Chronisch Myeloischer Leukämie (CML) entwickeln bekanntlich zu einem gewissen Prozentsatz eine Resistenz oder Intoleranz gegenüber der bisher als Goldstandard geltenden Substanz Imatinib (Glivec). Für dieses Patientenkollektiv muss also eine therapeutische Alternative Abb. 3 Erster Schritt zur Diagnose eines Non-HodgkinLymphoms: Abtasten der Lymphknoten; Foto: obs/Roche Pharma AG Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 13 48. JAHRESTAGUNG DER AMERICAN SOCIETY OF HEMATOLOGY appliziertem Eisen. Auch mussten unter der Therapie mit i.v.-appliziertem Eisen weniger Patienten (9% vs. 20%) mit einem Erythrozytenkonzentrat behandelt werden. Aus klinischem Blickwinkel ist darüber hinaus die folgende Beobachtung interessant: 94% der Patienten, die mit 500 µg Aranesp alle drei Wochen in Kombination mit i.v.-verabreichtem Eisen behandelt wurden, erzielten HbWerte von ≥11 g/dl. Im Vergleichskollektiv waren dies nur 85%. Insgesamt zeigt sich, dass eine konsequente Therapie, bestehend aus 500 µg Darpoetin alpha plus intravenös verabreichtem Eisen dem oralen Applikationsweg vorzuziehen ist. Hierfür sprechen die jetzt vorgestellten Studiendaten (ASH-Abstract # 1306). Refraktäre und rezidivierte chronisch lymphatische Leukämie Auf einem vom Unternehmen Celgene ausgerichteten Symposium wurde über eine Phase-II-Studie mit Lenalidomid (Revlimid) bei Patienten mit B-CLL berichtet. Professor Dr. Hagop M. Kantarjian vom M.D. Anderson Cancer Center aus Houston/ Texas stellte hierzu die Ergebnisse einer Phase-II-Studie vor. Wie Kantarjian sagte, handele es sich bei Lenalidomid um ein Thalidomid-Analogon, welches zur Steigerung der Effektivität und Reduktion der Toxizität von Thalidomid synthetisiert worden ist. „Lenalidomid ist ein Immunmodulator und besitzt gleichzeitig antiangiogenetische Eigenschaften“, so der Experte. In einer Phase-IIStudie wurde nun die Wirksamkeit von Lenalidomid bei refraktärer und rezidivierter chronischer lymphatischer Leukämie (B-CLL) untersucht. Insgesamt 45 Patienten erhielten 25 mg Lenalidomid täglich während der ersten 21 Tage eines 28-tägigen Zyklus. Die Zyklen wurden bis zur Progression 14 oder bis zum Auftreten einer inakzeptablen Toxizität fortgesetzt. Das mediane Alter der Patienten lag bei 64 Jahren, 51 % waren Fludarabin-refraktär. Die Ansprechrate lag bei 47 %, bei 9 % wurde eine komplette Remission erzielt. Bei 38 % kam es zu einer partiellen Remission, bei 18 % zu einer Stabilisierung der Erkrankung (stable disease). Die häufigsten Nebenwirkungen waren Fatigue, Thrombozytopenie und Neutropenie bei 83 %, 78 % und 78 % der Patienten. Wie Kantarjian schlussfolgerte, weist Lenalidomid eine bedeutsame Aktivität bei Patienten mit rezidivierter bzw. refraktärer B-CLL auf. Aber auch weitere Therapiestrategien erscheinen hoffnungsvoll: beispielsweise die Kombination von Alemtuzumab oder Lumiliximab mit Fludarabin, Cyclophosphamid und Rituximab (FCR). Schließlich werden zukünftig weitere neue Substanzen wie Ofatumumab, Forodesine oder GX15–070 die therapeutischen Optionen weiter verbessern können, so die Hoffnung der Experten (ASH-Abstract # 305). Lenalidomid bei Multiplem Myelom Lenalidomid mit Dexamethason führt bei Patienten mit rezidiviertem/refraktärem Multiplen Myelom zu verlängertem krankheitsfreien Überleben. Bei der Zeit bis zur Progression zeigte sich ein Vorteil der konventionell vorbehandelten Patienten. Dies belegen die Ergebnisse zweier randomisierter, doppelblinder Phase-III-Studien, die für die Kombination Lenalidomid/Dexamethason eine Überlegenheit gegenüber Dexamethason mono belegen („MM-009“, „MM-010“). Im Rahmen der Studien sollte geklärt werden, ob Unterschiede bezüglich der Endergebnisse in den beiden Untergruppen „transplantierte“ versus „konventionell behandelte“ Patienten bestehen. Zwei Phase- III-Studien, „MM-009“ und „MM-010“, mit insgesamt 705 eingeschlossenen Patienten mit rezidiviertem/refraktärem Multiplen Myelom nach unterschiedlichen Vorbehandlungen lagen der Analyse zugrunde. In den Lenalidomid-Armen wurden 210 Patienten mit autologer Stammzelltransplantation und 143 mit ausschließlich konventioneller Therapie behandelt. Berücksichtigt wurden die Parameter klinisches Ansprechen, Zeit bis zur Progression und Gesamtüberleben. Studienresultate im Überblick In der Gruppe der konventionell vorbehandelten Patienten lag das mediane Alter, der Allgemeinzustand (ECOG-Status) und die Anzahl der Vortherapien signifikant höher als in der Gruppe der autolog transplantierten Patienten. Das Gesamtansprechen war in beiden Vorbehandlungsgruppen mit der Kombinationstherapie Lenalidomid/Dexamethason jeweils signifikant besser als mit der Dexamethason-Monotherapie. Es zeigten sich allerdings keine signifikanten Unterschiede im Gesamtansprechen und bei den Komplettremissionen zwischen Patienten mit vorheriger Transplantation und allein konventioneller Vortherapie. Bei der Zeit bis zur Progression zeigte sich ein Vorteil der konventionell vorbehandelten (61,4 Wochen) versus 44 Wochen der transplantierten Patienten. Die Zeit bis zur Progression war ungeachtet der Vortherapie im Kombinationsarm jeweils signifikant länger als in der Gruppe mit DexamethasonMonotherapie. Das mediane Gesamtüberleben war nach einem Follow-up von knapp 17 Monaten noch nicht erreicht (ASH Abstract #3554). Alexander Wehr, Hamburg Quelle: 48. Jahrestagung der American Society of Hematology, 9.-12. Dezember in Orlando, Florida, USA Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Aktuell vorgestellte Daten erneut vielversprechend Bortezomib erzielt auch in weiterführenden Studien hohe Ansprechqualität Aufgrund seiner hohen Monoaktivität ist Bortezomib (Velcade) schon heute ein wichtiger Baustein der Myelom-Therapie, der zukünftig das therapeutische Spektrum noch erweitern könnte. Dies zeigen auch aktuell im Dezember 2006 auf der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) in Orlando vorgestellte Daten. So lässt sich durch den Proteasom-Inhibitor verschiedenen aktuellen Untersuchungen zufolge auch eine hohe Ansprechqualität erreichen (1-4), ein erwiesenermaßen wichtiger Faktor für die Überlebenschancen der Patienten (5, 6). Verschiedene Studien erforschen darüber hinaus auch den weiterführenden Nutzen von Bortezomib zum Beispiel im Rahmen einer erneuten Therapie (Retreatment) (7). M it einer Ansprechrate von 51 Prozent bei einmal vorbehandelten Patienten ist Bortezomib die stärkste Monosubstanz beim multiplen Myelom (8). Betrachtet man das therapeutische Potenzial des Wirkstoffs, ist jedoch auch die mit ihm zu erreichende Qualität des Ansprechens von Bedeutung, da einer Langzeituntersuchung zufolge komplette Remissionen ein wesentlicher Surrogatmarker für das Überleben sind (5): Wie dieAPEX-Studie zeigte, sprachen Patienten mit ein bis drei Vortherapien zu 16 Prozent mit einer kompletten oder fast kompletten Remission (CR bzw. nCR) auf Bortezomib an – ein vergleichsweise hoher Anteil für eine Monotherapie in der Rezidivsituation (1). Dass dies auch mit einem verbesserten klinischen Nutzen einhergeht, legt aktuell eine auf dem ASH präsentierte Folgeauswertung der Untersuchung nahe. Denn die behandlungsfreie Zeit bei dieser Patientengruppe war mit 17,5 Monaten deutlich länger als bei denjenigen mit lediglich partieller Remission (6,7 Monate). Die Zeit bis zur Progression fiel ebenfalls besser aus (12,2 vs. 8,3 Monate), das Gesamtüberleben wurde im Rahmen der Nachbeobachtungszeit von 22 Monaten noch nicht erreicht (6). Ergebnisse weiterführender Kombinationsstudien Derzeit ist Bortezomib als Monosubstanz ab dem ersten Rezidiv nach erfolgter oder nicht angezeigter Stammzelltransplantation zugelassen. Aufgrund der hohen CR/nCR-Raten in der Monotherapie bei vorbehandelten Patienten wird außerhalb dieser Indikation untersucht, inwiefern sich durch Wirkstoff- kombinationen noch bessere Resultate erzielen lassen. Vielversprechende Ergebnisse hierzu konnte bereits eine Phase-II-Studie zur Ersttherapie nicht transplantationsgeeigneter Patienten ≥ 65 Jahre zeigen: Demnach erzielte die Wirkstoffkombination aus Bortezomib und Melphalan/Prednison eine deutlich höhere Remissionsrate als der bisherige Goldstandard Melphalan/Prednison im historischen Vergleich (Abb. 1) (9). Sie betrug insgesamt 89 Prozent, davon 32 Prozent komplette, 11 Prozent fast komplette und 45 Prozent partielle Remissionen. Bei den übrigen 11 Prozent der Patienten kam es zu einem Stillstand der Erkrankung. Das krankheitsfreie Überleben lag nach einem medianen Follow-up von 16 Monaten bei 83 Prozent. Zu diesem Zeitpunkt lebten insgesamt noch 90 Prozent aller Patienten und damit ebenfalls deutlich mehr als historisch unter Melphalan/Prednison (Abb. 2). Weitere positive Ergebnisse zeigen aktuell auf dem ASH 2006 vorgestellte Unter- Abb. 1 Bestes Ansprechen nach 7 Zyklen (median) Bortezomib/Melphalan/ Prednison (VMP) vs. 12 Zyklen Melphalan/Prednison (MP, historische Kontrolle); Anteil der Responder mit bestem Ansprechen; modifiziert nach (9) Abb. 2 Überleben von Patienten mit multiplem Myelom nach Bortezomib/ Melphalan/Prednison (VMP) vs. Melphalan/Prednison (MP); modifiziert nach (9) Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 15 48. JAHRESTAGUNG DER AMERICAN SOCIETY OF HEMATOLOGY suchungen: Nach einer Studie von Jagannath et al. zur Primärtherapie mit 49 auswertbaren Patienten sprachen bereits knapp die Hälfte der Patienten (49 Prozent) nach lediglich zwei Zyklen auf eine Bortezomib-Monotherapie an – womit sich zunächst die hohe Monoaktivität des Wirkstoffs bestätigt (2). Durch die Hinzunahme von Dexamethason bei suboptimalem Ansprechen (<PR nach zwei bzw. <CR nach vier Zyklen Bortezomib) konnte die Ansprechrate nach sechs Zyklen sogar auf insgesamt 88 Prozent gesteigert werden, davon 18 Prozent komplette und fast komplette sowie 20 Prozent sehr gute partielle Remissionen. Im Rahmen der Studie auftretende Nebenwirkungen waren vorhersehbar und beherrschbar. Bestätigt werden die Resultate zur Kombination mit Dexamethason durch eine prospektiv randomisierte Phase-III-Studie der französischen Studiengruppe IMF (InterGroupe Francophone du Myélome) im Vergleich mit VAD (Vincristin, Adriamycin und Dexamethason) (3): Im Rahmen einer Induktionstherapie vor einer Stammzelltransplantation bei neu diagnostizierten Patienten betrug vorläufigen Ergebnissen zufolge die Rate der kompletten und fast kompletten Remissionen unter der Bortezomib/Dexamethason-Kombination 20 Prozent und war damit deutlich besser als das VAD-Therapieregime (9 Prozent). Die Rate von sehr guten partiellen Remissionen lag bei 23 Prozent (vs. 17 Prozent unter VAD) und das Gesamtansprechrate bei 82 Prozent (vs. 67 Prozent). Vielversprechend erscheint nach aktuell präsentierten Ergebnissen auch die Kombination von Bortezomib mit Doxil und Dexamethason vor autologer Stammzelltransplantation. Im Rahmen einer Phase-II-Studie mit 28 auswertbaren Patienten lag das Gesamtansprechen bei 89 Prozent, die CR/nCRRate bei 32 Prozent. Auftretende Nebenwirkungen waren beherrschbar und die Therapie 16 hatte keinen negativen Einfluss auf die anschließende Stammzelltransplantation (4). Nutzen des Wirkstoffs im Rahmen einer erneuten Behandlung Neben dem aufgezeigten Potenzial im Rahmen von Kombinationstherapien legen auf dem Kongress vorgestellte Daten nahe, dass sich Bortezomib im Sinne einer verlängerten Krankheitskontrolle auch zu einer erneuten Behandlung (Retreatment) eignet: Eine retrospektive Auswertung von 22 Patienten der SUMMIT-, CREST- und APEX-Studien mit median vier Vortherapien, die außerhalb des Studienprotokolle erneut mit Bortezomib allein oder zusammen mit anderen Wirkstoffen behandelt worden waren, erreichte nach einer behandlungsfreien Zeit von median 12,6 Monaten eine Remissionsrate von 50 Prozent im Retreatment (8). Dabei sprachen sogar Patienten, die in der ersten Behandlung keine Remission erlangten, auf die Behandlung an. Auftretende Toxizitäten waren gut beherrschbar. Die Verträglichkeit einer erneuten Behandlung konnten darüber hinaus auch in einem größeren Patientenkollektiv (95 Patienten mit median drei Vortherapien) im Rahmen einer retrospektivenAnalyse von Fallberichten bestätigt werden (10). Der Einsatz von Bortezomib war hier nicht mit neuen oder kumulativenToxizitäten verbunden. Ausblick: Mögliche Zulassung in der Primärtherapie? Aufgrund der bislang vorliegenden vielversprechenden weiterführenden Studiendaten wurde Bortezomib erst kürzlich in die Behandlungsempfehlungen des National Comprehensive Cancer Network (NCCN), eines Zusammenschlusses von 20 führenden USamerikanischen Krebszentren, für die Erst- therapie aufgenommen. Darüber hinaus läuft aktuell die Phase-III-Studie VISTA, in der die Dreifachkombination aus Bortezomib und Melphalan/Prednison bei älteren, unvorbehandelten Patienten mit dem bisherigen Standard Melphalan/Prednison verglichen wird. Ziel dieser Untersuchung ist es zu überprüfen, inwiefern die Kombination dem bisherigen Therapiestandard überlegen ist und ob Bortezomib in Zukunft auch in der Primärtherapie zugelassen werden könnte. Im Dezember 2006 hat der Wirkstoff in den USA außerdem eine Zulassung für die Therapie des rezidivierten Mantelzell-Lymphoms erhalten. Yasmin König, Eltville Mit freundlicher Unterstützung von Ortho Biotech, Division of Janssen-Cilag GmbH Literatur 1. Richardson P et al. Abstract # 2547 in Blood 2005, 106 (11): 715a, Poster-Präsentation, ASH 2005, Atlanta, 10.-13.12.2005. 2. Jagannath S et al. Abstract # 796, PosterPräsentation, ASH 2006, Orlando, 9.-12.12.2006. 3. Harousseau JL et al. Abstract # 56, PosterPräsentation, ASH 2006, Orlando, 9.-12.12.2006. 4. Jakubowiak AJ et al. Abstract # 3093, Poster-Präsentation, ASH 2006, Orlando, 9.-12.12.2006. 5. Wang M et al. Abstract # 403, Poster-Präsentation, ASH 2006, Orlando, 9.-12.12.2006. 6. Niesvizky R et al. Abstract # 3529, PosterPräsentation, ASH 2006, Orlando, 9.-12.12.2006. 7. Wolf JL et al. Abstract # 3532, Poster-Präsentation, ASH 2006, Orlando, 9.-12.12.2006. 8. Richardson P et al. Abstract # 0224 in Haematologica 2006, 91 (Suppl. 1), Poster-Präsentation, EHA 2006, Amsterdam, 15.-18.06.2006. 9. Mateos M et al. Blood 2006; 108: 2165–2172. 10. Conner T et al. Abstract # 3531, PosterPräsentation, ASH 2006, Orlando, 9.-12.12.2006. Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Neue Therapien zielen auf epigenetische Veränderungen Azacytidin überzeugt allein oder in Kombination bei AML und MDS Bislang wurde angenommen, dass vorwiegend Mutationen Krebs auslösen können. Nun belegen neue Erkenntnisse, dass epigenetische Veränderungen mindestens ebenso bedeutsam sind. Substanzen, die in diesen Mechanismus eingreifen, wie der Inhibitor der DNA-Methylierung Azacytidin (Vidaza), zeigen ermutigende therapeutische Erfolge. Offensichtlich kann die Wirkung dieser Substanz durch die Kombination mit Hemmern der Histondeacetylasen (HDAC) noch verstärkt werden. B eim myelodysplastischen Syndrom (MDS) und bei der akuten myeloischen Leukämie (AML) konnten systematische Untersuchungen zeigen, dass vor allem Methylierungen der DNA bei diesen Erkrankungen häufig auftreten, so erläuterte Prof.Allen Yang, Keck School of Medicine, Los Angeles, USA, bei einem Symposium anlässlich des Amerikanischen Hämatologenkongresses (ASH). Als Folge dieser chemischen Modifizierung kann die DNA und die darin verschlüsselten genetischen Informationen falsch oder gar nicht abgelesen werden, was zu einer wesentlichen Störung der Zellteilung und des Wachstums der Blutzellen führen kann. Laut Yang konnten mittlerweile eine ganze Reihe von Genen identifiziert werden, die die Tumorentstehung fördern können, wenn sie methyliert vorliegen. Dazu gehören neben den Tumorsuppressor-Genen auch solche, die an der DNA-Reparatur, der Angiogenese, der Differenzierung, der Teilung sowie an der Apoptose beteiligt sind. Therapeutischer Ansatz durch Inhibitoren der DNAMethyltransferasen Um die Hypermethylierung dieser Gene zu verhindern, wird versucht, die für die Übertragung der Methylgruppen zuständigen Enzyme, die DNA-Methyltransferasen, zu hemmen. Mit Azacytidin steht eine effektive The- rapieoption, die diese Enzyme inhibiert, zur Verfügung. Diese Substanz ist zur Behandlung aller MDS-Untertypen indiziert. Es hat sich erwiesen, dass Azacytidin ein Ansprechen aller drei Zellreihen bewirken kann und das Risiko der leukämischen Transformation reduziert. Wie wirksam diese Substanz ist, zeigen neue Studien: So konnte bei 78 Patienten mit einem Hochrisiko-MDS oder daraus resultierender AML durch durchschnittlich vier Zyklen Azacytidin eine Ansprechrate von 74 % bewirkt werden (Fabre C et al. ASH 2006, Abstract 2664, Poster 842-II). Davon wiesen 14 % eine komplette sowie 29 % der Patienten eine partielle Response auf. Median hielt das Ansprechen über immerhin sechs Monate an. Die Interimsdaten der Leipziger Arbeitsgruppe (Al-Ali H et al. ASH 2006, Abstract 1953, Poster 131-II) bestätigen, dass das Nukleosidanalogon ein gutes hämatologisches Ansprechen bei AML-Patienten bedingt, die refraktär auf eine intensive Chemotherapie waren oder dafür nicht in Frage kamen. Initial wurden über fünf Tage subkutane Injektionen von 75 mg/m2 Azacytidin pro Tag verabreicht. Diese Dosis wurde alle vier Wochen wiederholt bei den 18 Patienten gegeben. Bei 67 % der Patienten zeigte sich ein Therapieerfolg (CR: 33 %, PR: 11 %, HI: 11 %, SD: 11 %) mit einer medianen Ansprechdauer von 23 Wochen. Basierend auf diesen ermutigenden Resultaten sollen jetzt weiterführende Studien folgen. Azacytidin in Kombination mit HDAC-Inhibitoren Von zunehmendem Interesse ist auch die Kombination Azacytidin mit HDAC-Inhibitoren, da es schon länger Hinweise auf synergistische Mechanismen zur Genaktivierung gibt. Nicht nur bei MDS sondern auch bei AML könnten solche epigenetischen Therapien ein Umdenken bewirken. Insbesondere inAnbetracht derTatsache, dass beiAML die Standardchemotherapie in den letzten 20 bis 30 Jahren kaum verbessert werden konnte, weil keine neuen, wirkungsvollen Substanzen zur Verfügung standen, erscheinen solche neuen therapeutischen Optionen laut Prof. Steven Gore, Baltimore, USA, als sehr vielversprechend. Erste Ergebnisse einer Kombination von Azacytidin mit dem HDAC-Inhibitor Valproinsäure und alltrans-Retinsäure (Soriano A et al. ASH 2006, # 160) oder in Kombination mit dem HDACInhibitor MS-275 (Gore SA et al. ASH 2006, # 517) belegen die gute antitumorale Aktivität dieser Kombinationen. Gore verwies darauf, dass die Kombination Azacytidin/ MS-275 im Rahmen einer ECOG-Studie gegen die Monotherapie mit dem DNA-Methyltransferase-Inhibitor verglichen wird. Mit MGCD0103 bietet sich ein weiterer oraler HDAC-Inhibitor für die Kombination mit Azacytidin an (Garcia-Manero G. ASH 2006, # 1954, Poster 132-II). Bei nahezu einem Drittel der Patienten bewirkte diese Kombination ein Ansprechen. Darüber hinaus konnte eine deutliche Verminderung der HDAC-Aktivität vermerkt werden. „Ich bin überzeugt, dass wir in Zukunft durch die Kombination geeigneter epigenetischer Therapien viel erreichen werden“, betonte abschließend Prof. Guillermo Garcia-Manero vom MD Anderson Cancer Center in Houston. Bettina Reich, Hamburg Quelle: Satellitensymposium der Pharmion Corporation: „The Promise of Epigenetic Therapy“ am 8. Dezember 2006 anlässlich der 48. Jahrestagung der Amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie (ASH), 9.-12. Dezember 2006 in Orlando, Florida, USA Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 17 29. ANNUAL SAN ANTONIO BREAST CANCER SYMPOSIUM Neue Auswertung des Oxford-Overviews Brustkrebsspezifische Sterblichkeit sinkt Die von der Early Breast Cancer Trialists’ Collaborative Group (EBCTCG) gesammelte Datenmenge ist riesig: Mittlerweile ist der fünfte 5-Jahres-Zyklus abgeschlossen. Der Großmeister aller Metaanalysen, Sir Richard Peto (Abb. 1), Oxford, Großbritannien, präsentierte auf dem 29. Annual San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) (Abb. 2 und 6) das Update der EBCTCG für die Jahre 2005/06. D ie EBCTCG hat mit ihren seit 1985 erarbeiteten Metaanalysen entscheidend dazu beigetragen, den Nutzen von adjuvanter Hormon- und Chemotherapie sowie der Bestrahlung darzulegen. Dank des zunehmenden Einsatzes all dieser Modalitäten ist seit 1990 in einigen Ländern wie den USA und Großbritannien eine Abnahme der brustkrebsspezifischen Mortalität um 15 bis 17 % zu beobachten. Diese positive Entwicklung ist laut Peto nicht auf den großen Durchbruch in der Brustkrebstherapie, sondern vielmehr auf die Summe zahlreicher moderater Fortschritte zurückzuführen. Die EBCTCG hat mittlerweile Daten von rund 660 000 Patientinnen aus über 800 klinischen Studien zusammengetragen. Peto ist dennoch bislang nicht zufrieden, da einerseits noch nicht alle vorhandenen Daten ausgewertet sind und zum anderen z. B. bei den klinischen Studien mit Taxanen und Aroma- tasehemmern noch große Lücken klaffen. Erklärtes Ziel der EBCTCG ist es, möglichst alle Daten jeder Teilnehmerin sämtlicher Therapiestudien zusammenzustellen. Die neue Datenanalyse von 2005/2006 unterstreicht den Stellenwert der Strahlentherapie bei mastektomierten Patientinnen nach adjuvanter anthrazyklinhaltiger Chemotherapie: Je nach Nodalstatus kann die Rezidivrate im mehrjährigen Follow-up durch die zusätzliche Radiatio um 3 bis 22 %, die Rate brustkrebsbedingter Todesfälle um 0,6 bis 7 % gesenkt werden. Auch nach brusterhaltender Therapie führt die Bestrahlung zu einer relevanten Senkung der Rezidiv- und brustkrebsspezifischen Sterberate. Die neue Metaanalyse bestätigt zum wiederholten Mal die Bedeutung vonTamoxifen bei Patientinnen mit Östrogenrezeptor-positiven Karzinomen: Durch die 5-jährige Therapie mit dem Antiöstrogen wird eine signifikante Vakzine gegen HER2-positives Mammakarzinom Halbierung der Rezidivrate Beim HER2-positiven Brustkrebs ist eine Vakzinierung zur Rückfallprophylaxe in greifbare Nähe gerückt. Studiendaten zufolge kann die Rezidivrate etwa halbiert werden. B isherige Vakzinierungsstudien verliefen oft enttäuschend. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Impfstoffe meist zunächst bei metastasierten Patienten mit großer Tumorlast erprobt wurden, ihre Effektivität aber in diesem späten Stadium 18 nicht ausreicht. Die von Dr. George Peoples, Bethesda, USA, vorgestellten Ergebnisse unterscheiden sich in dieser Hinsicht grundsätzlich, da die von seiner Arbeitsgruppe entwickelte Vakzine E75 bei Brustkrebspatientinnen getestet wurde, die nach multimoda- Abb. 1 Präsentierte in San Antonio das Update der EBCTCG für die Jahre 2005/06: Sir Richard Peto aus Oxford; Foto: SABCS/Todd Buchanan 2006 Reduktion der Rezidivrate von knapp 13 % nach 15 Jahren erreicht; der Nutzen ist unabhängig vom Progesteronrezeptor-Status. Der Überlebensvorteil beziffert sich auf 8,3 % nach 15 Jahren. Dr. Katharina Arnheim, Berlin Quelle: 29. Annual San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS), 13.-17. Dezember 2006; General Session 7: Abstr. # 40 ler Therapie tumorfrei waren. Damit handelt es sich laut Peoples um eine präventive Strategie zur Senkung des hohen Rezidivrisikos in dem ausgewählten Kollektiv. E75 ist ein stark immunogenes Peptid der extrazellulären HER2-Domäne, das hauptsächlich an HLA-A2 und HLA-A3 des MHCKlasse-I-Komplexes bindet und CD8-positive Killerzellen stimuliert, erläuterte Peoples. Das lösliche Peptid wurde in den Vakzinierungsstudien zusammen mit dem hämatopoetischen Wachstumsfaktor GM-CSF einmal monatlich intradermal injiziert. Für die zwei Studien zur Dosisevaluation und Dosisoptimierung wurden 186 Patien- Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Abb. 2 Mehrere tausend Teilnehmer besuchten das 29. Annual San Antonio Breast Cancer Symposium im Henry Gonzalez Convention Center; Foto: SABCS/Todd Buchanan 2006 tinnen mit nodalnegativem (n = 91) oder nodalpositivem (n = 95) HER2-positiven Brustkrebs rekrutiert. Es ist somit das bislang größte Kollektiv, in dem eine Brustkrebsvakzine in präventiver Intention geprüft wurde. Insgesamt 101 Patientinnen mit positivem HLA-A2-Nachweis erhielten ein halbes Jahr lang monatliche Injektionen von E75. 85 Patienten anderer HLA-Typen wurden der Kontrollgruppe zugeteilt und nur beobachtet. Die Vakzine wurde generell gut vertragen. Üblicherweise wurden nur leichte loka- le Hautreaktionen beobachtet; eine systemische Toxizität trat nicht auf. Immunologisch und klinisch effektiv Die geimpften Frauen entwickelten eine starke Immunreaktion mit ausgeprägtem Anstieg E75-positiver CD8-Zellen. Auch klinisch war die Vakzine sehr wirksam: Bei der ersten gepoolten Analyse beider Studien nach 20-monatigem Follow-up war die Rezi- divrate im Vakzinierungsarm mit nur 5,7 % signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe mit 14,1 % (Abb. 3). Beim Update nach median 24 Monaten wurde das Signifikanzniveau zwar nicht mehr erreicht. Peoples bewertete das Ergebnis dennoch als positiv, da die Rezidivrate der geimpften Patientinnen weiterhin nur etwa halb so hoch war wie bei den Kontrollen (8,3 % vs. 16 %). Das Überschreiten des Signifikanzniveaus ist laut Peoples mit dem relativ kleinen Kollektiv und der geringen Ereigniszahl zu erklären. Die Ergebnisse sollen jetzt in einer großen Phase-III-Studie bestätigt werden, in der die E75-Vakzine in einem kontrollierten und randomisierten Design mit der alleinigen Gabe von GM-CSF verglichen wird. Dr. Katharina Arnheim, Berlin Abb. 3 Halbierung der Rezidivrate durch eine präventive Brustkrebsvakzine im Vergleich zu nur beobachteten Kontrollpatienten Quelle: 29. Annual San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS), 13.–17. Dezember 2006; General Session 1: Abstr. #4 Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 19 29. ANNUAL SAN ANTONIO BREAST CANCER SYMPOSIUM Neue Option beim inflammatorischen Brustkrebs Hohe Remissionsrate mit Lapatinib Für Patientinnen mit nur schwer zu behandelndem inflammatorischen Brustkrebs (IBC) gibt es neue Hoffnung: Durch Integration von Lapatinib in die neoadjuvante Therapie werden eine hohe Remissionsrate und auch pathologische Komplettremissionen erreicht. D as zeigen die vorläufigen Ergebnisse der Phase-II-Studie EGF 102580, der ersten multinationalen Studie zur zielgerichteten Therapie beim IBC, erklärte Studienleiter Prof. Massimo Cristofanilli, Houston, USA. Für die Studie wurden 49 Patientinnen mit einem IBC der Stadien IIIb bis IV rekrutiert; 35 haben bislang die Therapie abgeschlossen und sind evaluierbar. Anhand ihres Rezeptorprofils wurden sie zwei Kohorten zugeteilt: Frauen der Kohorte A besaßen HER2-positive Tumoren (ErbB2+), Patientinnen in Kohorte B besaßen HER2-negative Tumoren, die jedoch den Wachstumsfaktorrezeptor EGFR 1 (ErbB1+) exprimierten. Im Rahmen der neoadjuvanten Therapie wurde Lapatinib die ersten zwei Wochen als Monotherapie, anschließend über weitere zwölf Wochen in Kombination mit Paclitaxel verabreicht. auf die Lapatinib-Monotherapie angesprochen. Auch in puncto Sicherheit waren die Ergebnisse der Studie EGF 102580 günstig: Die Behandlung mit Lapatinib/Paclitaxel wurde insgesamt recht gut vertragen und konnte mit nur leichten Dosisabstrichen durchgeführt werden. Cristofanilli wertete Lapatinib daher als Bereicherung im multimodalen Therapiekonzept des inflammatorischen Mammakarzinoms. Geplant ist jetzt eine Bestätigungsstudie der Phase III, in der man sich wegen der besseren Ergebnisse auf das Kollektiv von Frauen mit HER2-positiven Karzinomen konzentrieren will. Multi-Targeting bietet Vorteile Das IBC ist ein sehr aggressiver, rasch progredienter Tumor, der vielfach erst im metastasierten Stadium diagnostiziert wird. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt daher nur um 40 %. Der Einsatz von Lapatinib beim IBC gründet sich auf die Tatsache, dass bis zu 60 % dieser Tumoren HER2 überexprimieren. Lapatinib zählt zu den sogenannten Multitarget-Tyrosinkinase-Inhibitoren: Das kleine, oral verfügbare Molekül blockiert sowohl HER2 als auch den EGFR vom Subtyp 1. Dank dieser dualen Rezeptorblockade hat Lapatinib in einer Phase-III-Studie bereits bei Patientinnen, die auf den monoklonalen, gegen HER2 gerichteten Antikörper Trastuzumab nicht mehr ansprechen, eine hohe Aktivität gezeigt. Dr. Katharina Arnheim, Berlin Quelle: 29. Annual San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS), 13.-17. Dezember 2006; General Session 1: Abstr. #1 Tab. 1 Zusammenstellung der Ergebnisse der Studie EGF 102580 zur neoadjuvanten Therapie mit Lapatinib beim inflammatorischen Mammakarzinom HER2-Expression als Response-Prädiktor Die Rate partieller und kompletter Remissionen bei Therapieende war mit 77 % in Kohorte A und 80 % in Kohorte B hoch. Nur bei einer Patientin war der Tumor progredient. Komplettremissionen wurden allerdings nur bei drei Patientinnen aus Kohorte A (10 %) dokumentiert. Mit einer Rate von 30 % sprach in dieser Kohorte ein beträchlicher Anteil von Frauen klinisch bereits auf die initiale Lapatinib-Monotherapie an (Tab. 1). Bislang wurden insgesamt 21 Patientinnen im Anschluss an die neoadjuvante Therapie operiert. Dabei konnte bei drei Frauen, wiederum nur aus Kohorte A, eine pathologische Komplettremission gesichert werden. Interessanterweise, so Cristofanilli, hatten zwei dieser drei Patientinnen klinisch bereits 20 Kohorte A (HER2-positiv) n = 30 Kohorte B (HER2-negativ) n=5 komplettes Ansprechen 03 (10 %) 00 partielles Ansprechen 20 (67 %) 04 (80%) Stabilisierung der Erkrankung 03 (10 %) 00 fortschreitende Erkrankung 00 01 (20 %) unbekannt 04 (13 %) 00 Ansprechrate (vollständig oder partiell) 77 % 80 % klinisches Ansprechen auf Lapatinib-Monotherapie (Tag 14) 10 (30 %) 00 03/18 (17 %) 00/3 klinisches Ansprechen Haut/Brustwand komplettes pathologisches Ansprechen komplettes Ansprechen* *kein Hinweis auf invasive Residualtumoren, keine Residualtumoren in den Achsellymphknoten Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. TAnDEM-Studie mit Anastrozol plus Trastuzumab Hohe Aktivität der kombinierten Rezeptorblockade Erstmals gibt es jetzt Daten einer großen Phase-III-Studie, die für den Nutzen der kombinierten Therapie mit Anastrozol und Trastuzumab beim HER2- und Östrogenrezeptor(ER)-positiven Mammakarzinom sprechen. Diese Rezeptorkonstellation ist häufig: Etwa die Hälfte aller HER2-exprimierenden Tumoren sind gleichzeitig ER-positiv und könnten von der neuen Kombination profitieren. R ationale für die Prüfung der Kombinationstherapie mit Anastrozol und Trastuzumab sind experimentelle Hinweise, die für einen intensiven Crosstalk zwischen den von ER und HER2 ausgehenden Signalkaskaden sprechen, erläuterte Dr. John Mackey, Edmonton, Kanada. Die Kombination aus endokriner Therapie und HER2-Blockade soll- Abb. 4 TAnDEM-Studie: Verdopplung des progressionsfreien Überlebens durch die Kombination Anastrozol/Trastuzumab (A+T) im Vergleich zur Anastrozol-Monotherapie (A) te daher eine stärkere antitumorale Wirkung als die Einzelsubstanzen besitzen. Verdopplung des progressionsfreien Intervalls Diese Hypothese wurde jetzt in der TANDEM(TrAstuzumab in Dual HER2 ER-posi- tive Metastatic breast cancer)-Studie bestätigt. 208 Patientinnen mit metastasiertem, HER2- und ER-positiven Mammakarzinom erhielten randomisiert entweder eine Monotherapie mit dem Aromatasehemmer Anastrozol oder die Kombination aus Anastrozol und Trastuzumab. Durch die Kombination konnte das progressionsfreie Überleben im Vergleich zur Monotherapie verdoppelt werden (4,8 vs. 2,4 Monate;Abb. 4).Auch die klinische Benefitrate war unter Anastrozol/Trastuzumab signifikant höher als unter alleiniger endokriner Therapie (42,7% vs. 27,9%), die Ansprechrate sogar verdreifacht (20,3% vs. 6,8%). Mehr als 15% der kombiniert behandelten Frauen profitierten langfristig mit einem progressionsfreien Intervall von mehr als zwei Jahren. Beim Gesamt-Überleben zeichnet sich ein tendenzieller Vorteil zugunsten der Kombination ab, obwohl 70% der Frauen im Anastrozol-Arm bei Progression auf Trastuzumab umgestellt wurden. Zwar war die Nebenwirkungsrate unter kombinierter Therapie höher als bei alleiniger Aromatasehemmung. Mackey wies jedoch darauf hin, dass Patientinnen im Kombinationsarm etwa doppelt so lange behandelt wurden. Insgesamt bezeichnete er die Toxizität der Kombination als handhabbar; neue und unerwartete Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet. Dr. Katharina Arnheim, Berlin Quelle: 29. Annual San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS), 13.-17. Dezember 2006; General Session 1: Abstr. #3 Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 21 29. ANNUAL SAN ANTONIO BREAST CANCER SYMPOSIUM Erweiterte adjuvante Therapie mit Exemestan Späte Rezidive können verhindert werden Die Aromatasehemmer der dritten Generation ersetzen wegen ihrer besseren Wirksamkeit und Verträglichkeit zunehmend Tamoxifen als Goldstandard in der adjuvanten Therapie des hormonsensitiven Mammakarzinoms. Die Überlegenheit dieser Substanzgruppe in der erweiterten Adjuvanz belegt jetzt die Studie B-33 des National Surgical Adjuvant Breast and Bowel Project (NSABP) mit Exemestan. B asis für die Fortsetzung der adjuvanten Therapie nach fünf Jahren Tamoxifen ist die langfristig hohe Rezidivrate: Mehr als die Hälfte aller Rezidive und zwei Drittel der Todesfälle treten nach den ersten fünf Jahren auf, erläuterte Prof. Eleftherios Mamounas, Pittsburgh, USA. In der NSABP-Studie B-33 wurde daher geprüft, ob die erweiterte adjuvante Therapie mit dem steroidalen Aromatasehemmer Exemestan das Rezidivrisiko im Vergleich zu Placebo senken kann. Die Therapiedauer war ursprünglich auf zwei Jahre begrenzt, wurde aber nach einem Amendment des Protokolls auf fünf Jahre erweitert. Für die placebokontrollierte randomisierte Studie wurden postmenopausale Patientinnen mit hormonsensitivem Brustkrebs rekrutiert, die nach beendeter TamoxifenTherapie krankheitsfrei waren. Das ursprüngliche Rekrutierungsziel von 3000 Patientinnen konnte allerdings nicht erreicht werden. Denn im Oktober 2003 nach Aufnahme von knapp 1600 Frauen wurden die Ergebnisse der MA.17-Studie bekannt, die erstmals einen Benefit der erweiterten Therapie mit Letrozol nach fünf Jahren Tamoxifen belegten. Daraufhin wurde die Studie B-33 entblindet und Frauen im Placeboarm ebenfalls die aktive Therapie mit Exemestan angeboten. 560 der insgesamt 783 Frauen im 22 Exemestan-Arm setzten die Therapie nach der Entblindung fort; im Placeboarm wechselten 344 von 779 Patientinnen zum Aromatasehemmer. Bestätigung der MA.17-Studie Mamounas stellte jetzt die Intent-to-treatAnalyse nach einem medianen Follow-up von 30 Monaten vor. Trotz des Crossovers wurde durch die erweiterte Exemestan-Therapie eine nahezu signifikante Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens (primärer Endpunkt) im Vergleich zu Placebo erreicht (91 % vs. 89 %; p = 0,07). Beim rezidivfreien Überleben ergab sich sogar ein signifikanter Vorteil von absolut 2% zugunsten von Exemestan (94 % vs. 96 %; p = 0,04; Abb. 5). Die Verbesserungen in krankheitsfreiem, rezidivfreiem und fernmetastasenfreien Überleben waren laut Mamounas von ähnlicher Größenordnung wie in der MA.17-Studie. Die Exemestan-Therapie wurde generell gut vertragen; die Rate der Grad-4-Toxizität war mit 1% sehr niedrig. Etwas häufiger als unter Placebo traten Arthralgien (1 % vs. 0,5 %) und Fatigue (0,9 % vs. 0,5 %) auf. Zum Zeitpunkt der Entblindung hatten im Exemestan-Arm 46, im Placeboarm 40 Patientinnen Frakturen erlitten; dieser Unterschied war nicht signifikant. Auch bei der Lebensqualität, die mit dem MenopauseSpecific Quality-of-Life Questionnaire erhoben wurde, ließen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Studienarmen feststellen. Mit mittlerweile drei positiven Studien zur erweiterten adjuvanten Therapie mit Aromatasehemmern kann dieser Ansatz daher heute als gerechtfertigt betrachtet werden, um das langfristig hohe Rezidivrisiko von Frauen mit hormonsensitivem Mammakarzinom zu senken. Dr. Katharina Arnheim, Berlin Quelle: 29. Annual San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS), 13.-17. Dezember 2006; General Session 3: Abstr. #49 Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Abb. 5 Studie NSABP B-33: signifikante Verbesserung des rezidivfreien Überlebens durch die erweiterte adjuvante Therapie mit Exemestan im Vergleich zu Placebo Neue Interimsanalyse von BCIRG 006 Adjuvante Trastuzumab-Therapie senkt Sterberate Für den Nutzen der adjuvanten Trastuzumab-Therapie bei Frauen mit HER2-überexprimierendem Mammakarzinom sprechen mittlerweile vier große Studien. Die zweite geplante Interimsanalyse der Breast Cancer International Research Group (BCIRG) 006 bestätigt jetzt die signifikante Reduktion des Rezidiv- und Sterberisikos bei zusätzlicher Gabe des monoklonalen Antikörpers und bietet eine anthrazyklinfreie, kardial gut verträgliche Therapieoption. P rof. Denis Slamon, Los Angeles, USA, stellte die zweite Interimsanalyse der BCIRG-Studie 006 vor, in der die Rolle von Trastuzumab zusätzlich zu zwei Docetaxelhaltigen Regimen bei 3222 Patientinnen mit frühem, HER2-positivem Brustkrebs geprüft wird. Frauen im Kontrollarm erhielten eine Chemotherapie mit vier Zyklen Doxorubicin/Cyclophosphamid gefolgt von vier Zyklen Docetaxel (AC-T). In einem der beiden experimentellen Arme wurde beginnend mit der Docetaxel-Gabe zusätzlich Trastuzumab über ein Jahr verabreicht (AC-TH). Im dritten Arm wurde eine anthrazyklinfreie Chemotherapie mit sechs Zyklen Docetaxel/Carboplatin plus Trastuzumab (TCH) ab dem ersten Zyklus ebenfalls über ein Jahr erprobt. Anthrazyklinfreier Arm hat aufgeholt Auch die zweite Interimsanalyse nach median 36 Monaten belegt den anhaltendenVorteil der Trastuzumab-Therapie anhand der signifikantenVerbesserung des krankheitsfreien Überlebens als primärem Endpunkt. In beiden experimentellen Armen war die Ereignisrate signifikant niedriger als im Kontrollarm: Mit AC-TH wurde im Vergleich zum AC-T-Re- Abb. 6 Aufmerksame Teilnehmer beim 29. Annual San Antonio Breast Cancer Symposium; Foto: SABCS/Todd Buchanan 2006 gime eine Reduktion der Ereignisrate um 39% erzielt. Die anthrazyklinfreie Therapie mit TCH war mit einer Risikoabsenkung um 33% fast ebenso effektiv. Der Unterschied zwischen beiden experimentellen Armen ist damit gegenüber der ersten Analyse sehr viel kleiner geworden und beträgt nur noch 14 Ereignisse. Auch nodalnegative Patientinnen profitieren von Trastuzumab mit einer Reduktion des Ereignisrisikos. Das Gesamt-Überleben wird durch die zusätzliche Antikörper-Gabe ebenfalls signifikant verbessert: Im Vergleich zum Kontrollarm sank das Sterberisiko im AC-THArm um 41%, im TCH-Arm um 34%. Der große Vorteil des TCH-Arm ist die erheblich geringere Kardiotoxizität, was sich auch in der zweiten Analyse bestätigte. Mit dem Regime AC-TH wurde ein vierfacher Anstieg in der Herzinsuffizienz-Rate im Vergleich zum Kontroll- und zum TCH-Arm dokumentiert. Zudem traten in beiden anthrazyklinhaltigen Armen mittlerweile vier Leukämien auf, während unter TCH keine sekundäre Neoplasie beobachtet wurde. Günstiges Nutzen/RisikoProfil Aufgrund der neuen Interimsanalyse wurde mit TCH ein Regime mit gutem therapeutischen Index identifiziert, resümierte Slamon. Denn die Effektivität ist mittlerweile der des AC-TH-Regimes etwa ebenbürtig; gleichzeitig werden schwere Toxizitäten vermieden. Der kleine zusätzliche Benefit des AC-THRegimes in der Wirksamkeit wird durch die kritischen Nebenwirkungen (Herzinsuffizienzen, Leukämien) zunichte gemacht. Nach Slamons Meinung muss die zukünftige Rolle der Anthrazykline in der adjuvanten Therapie jetzt hinterfragt werden, zumal kürzlich publizierte Daten für den signifikanten Vorteil von Docetaxel/Cyclophosphamid im Vergleich zum AC-Regime sprechen (Jones et al. J Clin Oncol 2006; 24: 5381). Dr. Katharina Arnheim, Berlin Quelle: 29. Annual San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS), 13.-17. Dezember 2006; General Session 3: Abstr. #52 Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 23 ONKOLOGIE SERVICE FORUM Transfusionsbedingte Eisenüberladung Erster oraler Eisenchelator revolutioniert Therapie G egen transfusionsbedingte Eisenüberladung wurde bislang vorzugsweise Deferoxamin (Desferal) eingesetzt, das mittels einer subkutanen Pumpeninfusion über acht bis zwölf Stunden an fünf bis sieben Tagen pro Woche appliziert wird. Einen signifikanten Zugewinn an Lebensqualität bringt jetzt der weltweit erste und einzige Eisenchelator Deferasirox (Exjade), der einmal täglich mit einem Glas Flüssigkeit zugeführt wird. Myelodysplastische Syndrome (MDS) sind die häufigsten Knochenmarkserkran- kungen des älteren Erwachsenen. Das mediane Erkrankungsalter liegt bei 65 Jahren. Als Auslöser kommen unter anderem Chemikalien, wie etwa Benzol, in Frage. Leitsymptom ist die therapierefraktäre Anämie, die meist lebenslange Bluttransfusionen erfordert. Daraus resultiert in kurzer Zeit eine Eisenüberfrachtung, die lebensbedrohliche Komplikationen an Leber, Herz und endokrinen Organen nach sich zieht, sagte Priv.Doz. Dr. Detlef Haase, Göttingen. Dank Deferasirox ist die Therapie der transfusionsbedingten Eisenüberladung we- Supportivtherapie Neue Therapieoptionen bei Tumorpatienten Supportive Maßnahmen müssen heute fester Bestandteil onkologischer Therapiekonzepte sein. Sie gewährleisten mehr Lebensqualität bei gleichzeitig besserem Behandlungserfolg. A kute Übelkeit oder akutes Erbrechen tritt innerhalb von 24 Stunden nach Chemotherapie auf. Die verzögerte Form kann aber auch erst innerhalb von fünf Tagen nach Chemotherapie einsetzen. Die akute Form ist durch die Gabe von 5HT3-Rezeptorantagonisten (Serotonin-Antagonisten), Glukokortikosteroiden und Neurokinin-1-Rezeptorantagonisten (NK1-Antagonisten) gut zu kontrollieren. Das verzögert auftretende Erbrechen spricht auf die 5HT3-Antagonisten der ersten Generation deutlich schlechter an. Die antizipatorische Form („erlernte“ Form) von Übelkeit und Erbrechen als Folge einer Konditionierung nach vorausgegangener Nausea und/oder Erbrechen ist durch antiemetische Medikamente nur wenig zu beeinflussen. In diesen Fällen sind Neuroleptika hilfreiche Medikamente. Besonders gut wirksam gegen akutes Erbrechen ist der erste Vertreter der zweiten 24 Generation der Serotonin-Antagonisten, das Palonosetron (Aloxi). Diese Substanz zeichnet sich gegenüber den Substanzen der ersten Generation durch eine 30-fach stärkere Rezeptorbindungsaffinität aus und zeigt auch gegen verzögertes Erbrechen ein deutlich verbessertes Wirkprofil. Die lange Halbwertszeit von rund 40 Stunden gewährleistet auch dann eine klinisch überlegene Wirksamkeit, wenn Palonosetron nur einmal als intravenöse Gabe vor dem Chemotherapie-Zyklus appliziert wird, erklärte Prof. Dr. Petra Feyer, Berlin. Neu eingeführt wurde auch der erste Neurokinin-1-Rezeptorantagonist (NK1Antagonist), der die Bindung von Substanz P an den Rezeptor antagonisiert. Aprepitant (Emend) wirkt daher besonders gut bei Übelkeit und Erbrechen vom verzögerten Typ. Insbesondere bei hochematogener Chemotherapie hat sich eine Kombination aus sentlich erträglicher geworden. Es ist der erste Eisenchelator mit kontinuierlicher Wirkung, hat eine Halbwertszeit von zwölf bis 16 Stunden und bildet einen Chelatkomplex, der überwiegend hepatobiliär eliminiert wird. In den Dosierungen von 20 mg und 30 mg/kg Körpergewicht ist die innovative Substanz ebenso gut wirksam wie Deferoxamin. Sinkt das Serumferritin unter 1000 ng/ ml, ist die Mortalität am niedrigsten. Gravierende Nebenwirkungen wurden bislang nicht beobachtet. Karl Filip, Landsberg am Lech Quelle: Presse-Workshop am 19. Dezember 2006 „Mehr Dialog bei Krebs – Novartis Oncology 2006: Zielsicher in der Krebstherapie“; Veranstalter: Novartis Oncology Deutschland, Nürnberg Serotonin-Antagonist, Aprepitant und Dexamethason als überlegen erwiesen. Eine hohe Zahl von Tumorpatienten leidet an einem Cancer-Fatigue-Syndrom, das durch Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Antriebslosigkeit charakterisiert ist. Vor allem Patienten mit einem Hb-Werte unter 12 g/dl sind davon betroffen. Zur Behandlung dieses Anämie-induzierten Syndroms bietet sich die Gabe von Erythropoetin (EPO) an, das einen Anstieg der Erythrozyten-Zahl und eine höhere Sauerstoff-Abgabe ins Gewebe bewirkt. Hervorgehoben hat Dr. Jörg Schilling, Berlin, Darbepoetin alfa (Aranesp), das gegenüber Epoetin alfa und Epoetin beta eine dreifach längere Halbwertszeit aufweist und daher nur alle drei Wochen verabreicht werden muss. Neben der Gabe von EPO sind Eisensubstitution und Transfusionen weitere Behandlungsmöglichkeiten der Anämie. Aber auch Bewegung und Sport sowie eine psychologische Betreuung wirken sich günstig auf die Erythropoese aus. Siegfried Hoc, Olching Quelle: 1. Berliner Support Gespräch (Lebensqualität für Krebspatienten durch konsequente Supportivtherapie) am 5. Dezember 2006 in Berlin; Veranstalter: ribosepharm GmbH, Gräfelfing Int Welt Onkologie 1/2007 Downloaded from www.die-internistische-welt.de on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved.