Vorlesung Informationsökonomik und die Theorie der Firma Ulrich Schwalbe Universität Hohenheim 3. Vorlesung 14.11.2007 Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 1 / 20 Moral Hazard Literatur: Holmström, B. (1979): “Moral Hazard and Observability”, Bell Journal of Economics 10, 74-91. Leistung des Beauftragten (A) ist nicht beobachtbar bzw. nicht verifizierbar. D.h. Vertrag kann keine best. Leistung vorschreiben. Konstanter Lohn ⇒ A wird die geringstmögliche Leistung e = 0 wählen. Wenn P die Leistung e = 0 implementieren will, ist der optimale Lohn so, dass gilt u(w) = Ū, unabhängig vom Ergebnis. Dies ist der niedrigste Lohn, der garantiert, dass A den Vertrag akzeptiert. Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 2 / 20 Will P eine andere als die geringstmögliche Leistung implementieren, muss der P den Vertrag so konstruieren, dass die richtigen Anreize gesetzt werden. P risikoneutral, A risikoavers. (Für den Fall, dass P risikoavers und A risikoneutral sind, ist der optimale Vertrag ein Franchise–Vertrag: A trägt das gesamte Risiko und zahlt dem P einen konstanten Betrag. In diesem Fall hat A keinen Anreiz, nicht die optimale Leistung zu wählen. Das Anreizproblem existiert dann nicht. ) Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 3 / 20 Der P muss berücksichtigen, dass – gegeben den Vertrag – der A seine Leistung so wählen wird, dass er seinen Nutzen maximiert, d.h. e ∈ arg max ê n X pi (ê)u(w(xi )) − v (ê), i=1 mit pi (ê) := prob(x = xi |ê). Diese Beschränkung heisst die Anreizkompatibilitätsbeschränkung. Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 4 / 20 Der optimale Vertrag ist die Lösung des folgenden Optimierungsproblems: max e,{w(xi )i=1,...,n } u.d.N. n X n X pi (e)[(xi − w(xi )] i=1 pi (e)u(w(xi )) − v (e) ≥ Ū, i=1 e ∈ arg max ê n X pi (ê)u(w(xi )) ≥ v (ê). i=1 Die erste Bedingung ist die Teilnahmebedingung, die zweite die Anreizbedingung. Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 5 / 20 Ein einfaches Beispiel – zwei mögliche Leistungen Der A kann nur zwischen zwei Leistungen wählen, eh und el , mit v (eh ) > v (el ). Die Ergebnisse xi werden vom schlechtesten zum besten geordnet, x1 < · · · < xn . Die bedingte Wahrscheinlichkeit des Ergebnisses xi bei der Leistung ej wird durch pij bezeichnet. Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 6 / 20 Annahme Es wird angenommen, dass k X i=1 pih < k X pil ∀k = 1, . . . n − 1. i=1 D.h., schlechte Ergebnisse sind wahrscheinlicher, wenn die geringe Leistung el gewählt wird. Oder: Das Ergebnis ist mit grösserer Wahrscheinlichkeit grösser als xk , wenn eh gewählt wird. Oder: ph dominiert pl im Sinne der stochastischen Dominanz erster Ordnung. Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 7 / 20 Wenn der P die Leistung eh implementieren will, muss die Lohnzahlung vom Ergebnis abhängen (denn wenn der Lohn konstant wäre, würde der A immer el wählen). Die Anreizkompatibilitätsbedingung ist n X pih u(w(xi )) i=1 bzw. h − v (e ) ≥ n X pil u(w(xi )) − v (el ), i=1 n X [pih − pil ]u(w(xi )) ≥ v (eh ) − v (el ). i=1 Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 8 / 20 Der optimale Vertrag ist die Lösung des folgenden Problems: L(w(xi ), e, λ, µ) = n X pih [xi − w(xi )] i=1 +λ +µ " n X " n X pih u(w(xi )) − v (eh ) − Ū i=1 [pih − pil ]u(w(xi )) l # − v (e ) + v (e ) . i=1 Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) h # Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 9 / 20 Die Bedingungen erster Ordung für dieses Problem (bezüglich wi ) sind gegeben durch: − pih + λpih u ′ (w(xi )) + µ(pih − pil )u ′ (w(xi )) = 0 (1) ∀i = 1, . . . , n, λ µ " X " X pih u(w(xi )) i h # − v (e ) − Ū = 0, λ ≥ 0, [·] ≥ 0, (2) # (3) (pih − pil )u(w(xi )) − v (eh ) + v (el ) = 0, µ ≥ 0, [·] ≥ 0. i Aus (1) folgt pih = λpih u ′ + µ(pih − pil )u ′ . Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 10 / 20 Aus (1) folgt pih = λpih u ′ + µ(pih − pil )u ′ . Division durch u ′ ergibt pih h h l = λp + µ p − p i i i u′ ∀i = 1, . . . , n. (4) Aufsummieren über i ergibt n X ph i=1 da Pn h i=1 pi = i u′ =λ Pn l i=1 pi n X pih + µ n X pih − µ i=1 i=1 n X pil = λ, i=1 = 1. Es gilt also λ= n X i=1 pih > 0. u ′ (w(xi )) Die Teilnahmebedingung ist bindend. A erhält im Erwartungswert nicht mehr als seinen Reservationsnutzen. Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 11 / 20 Ist die Anreizbedingung ebenfalls bindend, d.h. ist µ > 0? Um die Eigenschaften des optimalen Vertrages zu analysieren, schreiben wir die Bedingungen erster Ordnung in der folgenden Form, wobei (4) durch pih dividiert wurde: # " pil 1 ∀i = 1, . . . , n. =λ+µ 1− h u ′ (w(xi )) pi Daraus folgt µ > 0. Warum? Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 12 / 20 # " pil 1 =λ+µ 1− h u ′ (w(xi )) pi ∀i = 1, . . . , n. Falls µ = 0 wäre, müsste 1/u ′ konstant (gleich λ) sein. Dann wäre der Lohn ebenfalls konstant. In diesem Fall würde aber der A die Leistung el wählen, ein Widerspruch zu der Annahme, dass der P eh implementieren möchte. Die Teilnahmebedingung und die Anreizkompatibilitätsbedingung sind demnach beide bindend. Aus der Tatsache µ > 0 folgt, dass der optimale Lohn vom Ergebnis abhängen muss. Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 13 / 20 Likelihood Ratio (LR) pil /pih heisst Likelihood Ratio (LR). 1 = λ + µ[1 − LR] u′ Je kleiner die LR, desto grösser ist die rechte Seite, und somit auch die linke Seite. Der Bruch 1/u ′ nimmt mit abnehmender LR zu. Daher nimmt u ′ mit abnehmender LR ab (je kleiner die LR, umso kleiner ist auch u ′ ). Da die Nutzenfunktion streng konkav ist (A ist risikoavers), ist u ′ umso kleiner, je grösser w ist. Das heisst, je kleiner die LR, umso grösser ist der optimale Lohn bei jedem Ergebnis. Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 14 / 20 Die Abhängigkeit des Lohnes vom Ergebnis wird in den Vertrag aufgenommen, um dem A einen Anreiz zu geben, die Leistung eh zu wählen. Der optimale Vertrag ist eine Kombination aus der Versicherung des A gegenüber Zufallseinflüssen und dem Setzen der richtigen Anreize. Bei nur zwei möglichen Ergebnissen xS und xF mit xS > xF ist also w(xS ) > w(xF ). Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 15 / 20 Referenzfall: Vollständige Information A risikoavers, P risikoneutral: 1 = λ, u ′ (xi ) w = w 0 = konstant. Asymmetrische Information: Drei Fälle 1. pil > pih : Ergebnis xi ist mit grösserer W. auf Leistung el zurückzuführen. Bsp: Trotz Regen werden keine Regenschirme verkauft. " # pil 1 = λ + µ 1 − h < λ ⇒ wi < w 0 . u ′ (xi ) pi A wird im Ereignis xi “bestraft”. Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 16 / 20 2. pil = pih : Ergebnis xi lässt keine Rückschlüsse auf Leistung zu, eh und el sind gleich wahrscheinlich. 1 u ′ (xi ) = λ ⇒ wi = w 0 . 3. pil < pih : Ergebnis xi ist mit grösserer W. auf eh zurückzuführen. Bsp: Trotz Sonnenschein wurden viele Regenschirme verkauft. # " pil 1 = λ + µ 1 − h > λ ⇒ wi > w 0 . u ′ (xi ) pi A wird im Ereignis xi “belohnt”. Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 17 / 20 Frage: Ist es immer der Fall, dass ein besseres Ergebnis einen höheren Lohn impliziert? Antwort: Im allgemeinen nicht! Beispiel Es gibt vier Ergebnisse x1 < x2 < x3 < x4 . Die Wahrscheinlichkeiten sind wie folgt: pil pih LRi x1 x2 x3 x4 0, 3 0, 1 0, 2 0, 4 0, 1 0, 2 0, 1 0, 6 3 1/2 2 2/3 Die Bedingung k X i=1 pih < k X pil ∀k = 1, . . . n − 1. i=1 ist erfüllt. Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 18 / 20 Aber: Wenn das zweitschlechteste Ergebnis x2 beobachtet wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass eh und nicht el gewählt wurde, da p2h > p2l . Wenn das bessere Ergebnis x3 beobachtet wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass el gewählt wurde. Wenn P also die Leistung eh belohnen will, muss er im schlechteren Ergebnis x2 einen höheren Lohn zahlen als im besseren Ergebnis x3 : w(x2 ) > w(x3 )! Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 19 / 20 Gibt es Bedingungen, unter denen der Lohn zunehmend im Ergebnis ist? Ja: Die LR muss im Ergebnis fallend sein: LR = pil pih nimmt in i ab: l pi+1 pil > . h pih pi+1 Diese Eigenschaft wird als Monotone Likelihood Ratio Property (MLRP) bezeichnet. Je grösser (besser) das Ergebnis xi , umso kleiner die LR, i. e. umso wahrscheinlicher ist es, dass xi durch eh erreicht wurde. Ist die MLRP erfüllt, so nimmt der Lohn im Ergebnis zu. Ulrich Schwalbe (Universität Hohenheim) Informationsökonomik 3. Vorlesung 14.11.2007 20 / 20