Johannes-Gutenberg Universität Mainz Institut für Physik Seminar zum F-Praktikum WS 2007/ 2008 Datum: 17.12. 2007 Betreuer: Prof. Dr. Tapprogge Referent: Volker Zöbel Das Standardmodell der Teilchenphysik und die Entdeckung des J/ѱ sowie der Vektorbosonen der schwachen Wechselwirkung 1) Das Standardmodell und Feynmann-Diagramme Grundkonzept des Standardmodells ist es, die Materie auf wenige Grundbausteine zurückzuführen, die über vier fundamentale Grundkräfte miteinander wechselwirken. Die Gravitation fällt aus dem Standardmodell heraus, weil es keine Quantenfeldtheorie1 gibt, die die Gravitation beschreibt. Wechselwirkung koppelt an Austauschteilchen Masse (GeV/ c 2 ) Reichweite (m) relative Stärke Gravitation Masse ? Graviton ? 0 ∞ 10-38 E.-M. el. Ladung Photon 0 ∞ 1/137 Starke Farbladung 8 Gluonen 0 10-15 1 Schwache Schwache Ladung W- und ZBosonen 80- 90 10-18 10-5 Bislang sind folgende Elementarteilchen bekannt: • • • Die Fermionen, die die Grundbausteine der Materie darstellen, sind Spin-1/2-Teilchen und lassen sich weiter in Quarks und Leptonen unterteilen. Es sind bislang drei Generationen von Fermionen bekannt. Quarks können im Gegensatz zu Leptonen nur in gebundenen Zuständen (Hadronen) vorkommen, und treten mit drei verschiedenen Farbladungen auf. Die Bosonen vermitteln die Wechselwirkungen und haben ganzzahligen Spin. 1 s.u. 1 t • • • Theoretische Grundlage des Standardmodells ist die Quantenfeldtheorie, nach der x Felder gequantet sind und durch Feldquanten beschrieben werden. Damit bekommt man eine einheitliche Beschreibung für Felder und Teilchen, die wiederum als Wellenfunktionen beschrieben werden. Die Feynmann-Diagramme waren ursprünglich eine Kurzschrift für Übergangsmatrixelemente in der Quantenelektrodynamik, sind aber auch auf andere Quantenfeldtheorien übertragbar und können auch als Veranschaulichung der Prozesse dienen. Beispiel (a) zeigt eine Positron-Elektron-Streuung, Beispiel (b) eine Annihilation von Elektron und Positron. Fermionen werden als durchgezogene Linie symbolisiert (bei Antiteilchen zeigt der Pfeil der Zeitachse entgegengesetzt), das Photon mit einer Wellenlinie. 2) Die Entdeckung des J/ѱ- Teilchens (1974) Das J/ѱ- Teilchen wurde 1974 gleichzeitig von zwei Arbeitsgruppen entdeckt, einmal von Samuel C.C. Ting am Brookhaven National Laboratory und einmal von Burton Richter am SLAC. Die Entdeckung des J/ѱ , das ein Meson aus Charm- Anticharm-Quarks ist, war ein Meilenstein zur Bestätigung des Quarkmodells und somit des Standardmodells. • • 2.1) Der Versuch von C.C. Ting • Ting entdeckte das J/ѱ-Teilchen in einem FixedTarget-Versuch, bei dem ein Be-Target mit einem Protonen-Strahl (E=30 GeV) beschossen wird: p + Be → J /ψ + X e+ + e− • • 2 Das J/ѱ zerfällt mit τ =10-20 s in ein ElektronPositron-Paar, das dann detektiert werden kann. Die gemessene invariante Masse des ElektronPositron-Paars entspricht der des zerfallenen J/ѱ: 2 me + e − c 4 = E 2 − p 2 c 2 2 2 me + e − c 4 = 2me c 4 + 2 E1 E2 − 2 p1 p2 c 2 cos(θ ) me + e − c 2 = mJ /ψ c 2 = 3,1 GeV 2.2) Das Experiment von Burton Richter • Richter entdeckte das J/ѱ in einer Elektron-Positron-Kollision. Dabei können Teilchen erzeugt werden, deren invariante Masse der Schwerpunktsenergie der kollidierenden Teilchenstrahlen entspricht: s = ( p1 + p2 ) 2 2 2 = m1 c 4 + m2 c 4 + 2 E1 E2 − p1 p2 c 2 ≈ 4 E1 E2 (für E > > mc 2 ) Es läuft der folgende Prozess ab: • Der hochenergetische Schwanz im Diagramm rüht von der Tatsache her, dass die Elektronen bzw. Positronen auf der Kreisbahn im Beschleuniger Synchrotronstrahlung abstrahlen. Nach der der Entdeckung des J/ѱ wurden auch weitere angeregte Zustände entdeckt (z.B das ѱ' bei E=3,68 GeV), deren Existenz die Hypothese bestätigt, dass das J/ѱ eine innere Struktur hat. Ein Besonderheit des J/ѱ ist die extreme Schmalheit der Resonanz (FWHM=1,3 MeV), was gleichbedeutend mit einer langen Lebensdauer ist. Dies liegt daran, dass der bevorzugte Zerfallskanal in die D-Mesonen aus energetischen Gründen verboten ist (vgl. (a)) aus energetischen Gründen verboten ist. Stattdessen ist nur der unter (b) dargestellte Zerfall möglich. • • 3 e + + e − → γ → qq → Hadronen • 3) Die Entdeckung der Vektorbosonen der schwachen Wechselwirkung • • • • • • 4 Die Entdeckung der Vektorbosonen der schwachen Wechselwirkung unter der Leitung von Carlo Rubbia war ein wesentlicher Schritt zur Bestätigung der elektroschwachen Theorie von Glashow, Salam und Weinberg (1967/68), die die starke und die elektromagnetische Wechselwirkung als zwei Aspekte einer einzigen Wechselwirkung darstellt. Die Erzeugung der Vektorbosonen erfolgte über die folgenden Reaktionen: u + u → Z0 d + u → W− d + d → Z0 u+ d → W+ Realisiert wurde die Produktion in einer Proton-Antiproton-Kollision. Dazu wurde das SPS (Superprotonsynchrotron) in einen Proton-Antiprotonkollider umgebaut. ( s = 540GeV ) Zwei Arbeitsgruppen (UA1 und UA2) waren mit dem Nachweis der Bosonen, der über die folgenden leptonischen Zerfälle geschieht, beschäftigt: W+ → µ + +ν µ (10,5%) Z0 → µ + + µ W + → e+ + ν e (10,7%) Z 0 → e+ + e− − (3,4%) (3,7%) Dabei ist zu bedenken, dass die wechselwirkungsarmen Neutrinos keine Spuren im Detektor hinterlassen. Der Nachweis der Neutrinos erfolgt über die Energie bzw. Impulsbilanz. Diese muss für alle am Stoß beteiligten Teilchen Null ergeben. Die fehlende Energie/ Impuls wird dem Neutrino zugeschrieben. Es wurden folgende Werte für die Ruhemasse der Bosonen ermittelt. Zum Vergleich werden rechts die aktuellen Massen angeben: mw± = (80 ± 5)GeV / c 2 mw± = (80,403 ± 0,029)GeV / c 2 mz 0 = (94 ± 2,5)GeV / c 2 mz 0 = (91,1876 ± 0,0021)GeV / c 2 4 ) Literaturverzeichnis (1) Aubert, J.J.[u.a.]: „Experimental observation of a heavy particle J“, Physical Review Letters, Vol. 23, No. 23, 1974, S. 1404-1406 (2) Arnison, G [u.a.] : „Experimental observation of isolated large transverse energy electrons with associated missing energy at s =540 GeV“, Physics letters, Vol. 122B No.1, 1983, S. 103-116 (3) Arnison, G [u.a.] : „Experimental observation of lepton pairs of invariant mass around 95 GeV/c² at the CERN SPS collider“, Physics letters, Vol. 126B No.5, 1983, S. 398-410 (4) Augustin, J.-E.[u.a.]: „Discovery of a narrow resonance in e+ e- annihilation“, Physical Review Letters, Vol. 33 No. 23, 1974, S. 1406-1408 (5) Banner, M.[u.a.]: „Observation of single isolated electrons of high transverse momentum in events with missing transverse energy at the CERN pp-Collider“Physics letters, Vol. 122B No.5,6, 1983, S. 476-485 (6) Couglahn, Guy D. [u.a.]: Elementarteilchen eine Einführung für Naturwissenschaftler. Braunschweig: Vieweg, 1996 (7) Gailllard, Mary K. [u.a]: „The standard model of particle physics“ in: Reviews of Modern Physics, Vol. 71, No. 2, 1999, S. 96-111 (8) Hilscher, Helmut: Elementare Teilchenphysik, Braunschweig: Vieweg,1996 (9) Povh, Bodgan [u.a.]: Teilchen und Kerne, 7. Aufl., Berlin: Springer, 2005 (10)Richter, Burton: From the Psi to Charm --The Experiments of 1975 and 1976, Nobel Lecture, 11 December, 1976 (11)Rubbia, Carlo: Experimental observation of the intermediate vector bosons W+, W-- and Z0, Nobel Lecture, 8 December, 1984 (12)Ting, Samuel C.C.: The Discovery of the J Particle – A personal Recollection, Nobel Lecture, 11 December, 1976 5