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BS WESTDEUTSCHLAND GmbH
Wirtschaftsprüfung ▪ Steuerberatung
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
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Prüfungsgesellschaft für
Qualitätskontrolle
Mandanteninformationen zum Jahreswechsel 2014/2015
Sehr geehrte Damen und Herren,
dieser Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht zum Jahreswechsel 2014/2015 informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen. Bitte lesen Sie im Einzelnen:
Inhalt
Privatbereich
1.
Neufassung des Begriffs "Erstausbildung" zum Sonderausgaben- oder Werbungskostenabzug
2.
Unterhaltsleistungen: Angabe der Identifikationsnummer erforderlich
3.
Kindergeld und Freibeträge für volljährige Kinder
4.
Einzelveranlagung von Ehegatten: Hälftige Aufteilung von Aufwendungen
5.
Riester-Rente: Altersvorsorge-Eigenheimbetrag für einen Umbau
6.
Riester-Rente: Altersvorsorgebeiträge bei Umzug
7.
Riester-Rente: Informationen vor der Auszahlungsphase
8.
Das neue Lebensversicherungsreformgesetz
9.
Vereinfachung beim Kindergartenzuschuss
10.
Beitragszuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 2015
11.
Steuerliche Anerkennung von Umzugskosten und maßgebende Beträge für Umzugsauslagen
12.
Voraussichtliche Werte der Sozialversicherung 2015 liegen vor
13.
Geschäftspraktiken: Informationspflichten bei Inkassotätigkeiten
14.
Elterngeld Plus
-1-
Unternehmer und Freiberufler
1.
Höhere Freigrenze für Betriebsveranstaltungen
2.
Grunderwerbsteuer: Klarstellung bei der Anzeigepflicht und Steuervergünstigung bei Umwandlungen
3.
Erwerb "gebrauchter" Lebensversicherungen
4.
Kapitalertragsteuer: Gewinnausschüttung
5.
Kapitalertragsteuerabzug: Besteuerung von Aktienbeständen
6.
Kapitalertragsteuererstattung: Unverbriefter Dividendenanspruch
7.
Freistellungsauftrag
8.
Lohnsteuerabzug: Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung
9.
Lohnsteueranmeldung: Erhöhung des Grenzwerts
10.
Änderung des Lohnsteuerabzugs nach Ablauf des Kalenderjahrs
11.
Umsatzsteuer: Ort der sonstigen Leistungen (MOSS)
12.
Umsatzsteuer: Voranmeldungen
13.
Aufmerksamkeiten und Arbeitsessen: Höhere Freigrenzen
14.
Lohnsteuerermittlung bei mehreren Beschäftigungsverhältnissen
15.
Gesetzentwurf zur Verschärfung der Selbstanzeige
16.
Bestandsschutzregelungen für Alt-Midijobs enden zum 31.12.2014
17.
Sozialversicherung: Datenaustausch Entgeltersatzleistung ab Januar 2015
18.
Elektronische Lohnsteuerbescheinigung 2015: Aufzeichnungen im Lohnkonto rechtzeitig anpassen
19.
Neue Werte für Sachbezüge im kommenden Jahr
20.
Künstlersozialversicherung
Privatbereich
1.
Neufassung des Begriffs "Erstausbildung" zum Sonderausgaben- oder Werbungskostenabzug
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs setzt eine erstmalige Berufsausbildung bisher keine bestimmte
Ausbildungsdauer voraus. Z. B. wurden die vergleichsweise kurzen Ausbildungen zum Rettungssanitäter und zur
Flugbegleiterin deshalb als abgeschlossene erstmalige Berufsausbildung anerkannt. Damit wird ab 2015 Schluss
sein.
Problemen bei der Abgrenzung zwischen Erst- und Zweitausbildung will der Gesetzgeber mit einer Neudefinition der
"erstmaligen Berufsausbildung" entgegenwirken und darin neben Mindestanforderungen auch die gesetzliche Zielrichtung niederlegen. Für eine Erstausbildung – nach deren Abschluss Kosten für eine weitere Ausbildung als Werbungskosten bei der Steuererklärung abzugsfähig sind – gilt zukünftig eine Mindestdauer von 18 Monaten. Am Ende
erfolgt die Ablegung einer Prüfung bzw., wenn keine Prüfung vorgesehen ist, die planmäßige Beendigung.
-2-
Unverändert soll es bei der Zweiteilung bleiben, wonach Aufwendungen für eine Erstausbildung bis zu 6.000 EUR als
Sonderausgaben abziehbar sind, hingegen für eine Zweitausbildung der unbegrenzte Abzug als Werbungskosten oder
Betriebsausgaben möglich ist.
Das ändert sich ab 2015:
Wer bereits eine kurze Ausbildung absolviert hatte (z. B. zum Rettungssanitäter) und die Kosten für seine zweite Ausbildung deshalb bisher als Werbungskosten abziehen konnte, muss sich darauf einstellen, dass das Finanzamt ab 2015
die Ausbildungskosten nur noch als Sonderausgaben anerkennt.
2.
Unterhaltsleistungen: Angabe der Identifikationsnummer erforderlich
Um Fehler und Missbrauch im Zusammenhang mit dem Abzug bzw. der korrespondierenden Steuerpflicht von Unterhaltsleistungen zu vermeiden, ist künftig ein Abzug nur noch möglich, wenn die Identifikationsnummer der unterhaltenen Person erklärt wird.
Der Grund: Der Abzug von Unterhaltsleistungen ist verwaltungsaufwendig sowie fehler- und missbrauchsanfällig. Mit
der Angabe der Steuer-Identifikationsnummer (ID) der unterhaltenen Person auf der Steuererklärung soll deren Identität zweifelsfrei festgestellt werden. Der Unterhaltsempfänger ist verpflichtet, seine ID dem Unterhaltsleistenden
hierzu mitzuteilen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, darf der Unterhaltsleistende sie bei seinem Finanzamt
erfragen.
3.
Kindergeld und Freibeträge für volljährige Kinder
Die Gesetzesänderungen beim Kindergeld und den Freibeträgen für Kinder bringen längst fällige Korrekturen, aber
auch Anpassungen bei den freiwilligen Diensten.
Freibetrag für Sonderbedarf bei Ausbildung eines Kindes
Schon seit dem Veranlagungszeitraum 2012 spielen die Einkünfte und Bezüge eines volljährigen Kindes für die steuerlichen Freibeträge und das Kindergeld keine Rolle mehr. Die Hinweise auf die alte Rechtslage bis 2011 werden nach
und nach beseitigt – wie jetzt beim Freibetrag für Sonderbedarf bei Ausbildung eines Kindes.
Nur konsequent ist es deshalb, dass die Einkünfte und Bezüge nun auch bei zeitanteiliger Ermäßigung bzw. Anrechnung von Ausbildungshilfen gestrichen wurden.
Erasmus+
Ein seit 2014 neuer Freiwilligendienst nach dem EU-Programm "Erasmus+" wird in die einschlägigen Gesetze aufgenommen. Damit besteht für Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und ein solches Programm durchlaufen,
ein Anspruch auf Kinderfreibetrag bzw. Kindergeld.
Freiwilliger Wehrdienst
Eine steuerliche Berücksichtigung von Kindern ist auch während max. 4-monatigen Zwangspausen zwischen 2 Ausbildungsabschnitten möglich. Dies soll erweitert werden auf die Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes. Die Zeit des
freiwilligen Wehrdienstes selbst ist aber weiterhin nicht zu berücksichtigen.
4.
Einzelveranlagung von Ehegatten: Hälftige Aufteilung von Aufwendungen
Bei der Einzelveranlagung von Ehegatten werden Aufwendungen z. B. für Sonderausgaben grundsätzlich hälftig
aufgeteilt.
-3-
Die ab dem Veranlagungszeitraum 2013 eingeführte optionale Einzelveranlagung von Ehegatten oder Lebenspartnern
(anstelle der getrennten Veranlagung) bereitet durch die grundsätzliche Zuordnung der Abzugsbeträge nach der wirtschaftlichen Belastung praktische Schwierigkeiten. Eine neue Regelung im Einkommensteuergesetz soll dies vereinfachen und bringt eine typisierende hälftige Verteilung. Eine individuelle Aufteilung von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen bzw. Steuerermäßigung für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und Dienstleistungen ist ab
2015 nur noch möglich, wenn dies gemeinsam beantragt wird.
5.
Riester-Rente: Altersvorsorge-Eigenheimbetrag für einen Umbau
Wer aus seinem Riester-Vertrag Geld entnimmt, darf es nur für bestimmte Zwecke verwenden. Die Liste der Verwendungsmöglichkeiten wurde nun wieder konkretisiert.
Der Altersvorsorge-Eigenheimbetrag muss jetzt unmittelbar für den Barriere-reduzierenden Umbau einer Wohnung
eingesetzt werden. Bei Aufgabe der Selbstnutzung der geförderten Wohnung kann der Zulageberechtigte den Stand
des Wohnförderkontos reinvestieren, um die Folgen einer Besteuerung des Wohnförderkontos zu vermeiden. Im
Reinvestitionszeitraum wird die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ausgesetzt, da die Einkünfte grundsätzlich nachgelagert besteuert werden.
6.
Riester-Rente: Altersvorsorgebeiträge bei Umzug
Bei einem beruflichen Umzug werden auch die Beiträge und Tilgungsleistungen im Jahr des Umzugs einbezogen
werden.
Dies ist bisher auch schon bei Aufgabe der Selbstnutzung bzw. für das Jahr der Reinvestition möglich.
Die Anbieter von Riester-Verträgen sollen der Meldestelle zur Auszahlungsphase, soweit diese nach dem 31.12.2016
beginnt, die Vertragsdaten, Zulagenummer, Beginn der Auszahlung und die Art und Höhe der Leistung mitteilen müssen.
7.
Riester-Rente: Informationen vor der Auszahlungsphase
Anbieter einer Riester-Rente haben etliche Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden. Jetzt wurde die Informationspflicht erweitert.
Ein Anbieter muss bei einem nicht zeitnah zur Ausstellung des Produktinformationsblatts erfolgenden Vertragsabschluss ein neues Produktinformationsblatt auf Antrag oder bei zwischenzeitlichen Änderungen der ausgewiesenen
Kosten ein neues Produktinformationsblatt erstellen. Die Information vor der Auszahlungsphase soll Anlegern die
Möglichkeit geben, zu einem günstigeren Anbieter in der Auszahlungsphase zu wechseln. Hierzu gibt es verkürzte
Kündigungsfristen zum Beginn der Auszahlungsphase, falls der Anbieter die Information erst spät zur Verfügung stellt.
8.
Das neue Lebensversicherungsreformgesetz
Am 4.7.2014 hat der Deutsche Bundestag das "Gesetz zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte" beschlossen. Das neue Gesetzeswerk sichert auf den ersten Blick die Ansprüche der Versicherungsnehmer/innen langfristig, hat aber auch weitreichende negative Folgen.
-4-
"Das niedrige Zinsniveau betrifft uns alle". So lautet der erste Antwortsatz des Bundesfinanzministeriums auf die Frage, was der Grund für die bei den Lebensversicherungen geplanten Änderungen ist. Das neue Gesetzeswerk soll nach
Aussagen des Gesetzgebers dafür sorgen, dass die garantierten Zusagen der Versicherungen auch in Zukunft bedient
werden können.
Der Gesetzgeber kommt damit einer Empfehlung der Bundesbank und des Internationalen Währungsfonds nach. So
warnt die Bundesbank seit geraumer Zeit, dass das Niedrigzinsumfeld "ein beachtliches Gefährdungspotenzial für die
Solvabilität von Lebensversicherern" darstellt.
Der große Teil der Neuregelungen wird sich allerdings erst mittel- bis langfristig auswirken, sprich am Ende der Laufzeit einer Versicherungspolice. Die Versicherten dürften nämlich in Zukunft erheblich weniger an Ablaufleistung erwarten können. Die wesentlichen Neuerungen werden im folgenden Überblick kurz dargestellt:
Garantiezins
Lebensversicherungen garantieren eine bestimmte Mindestverzinsung. Diese wird "Garantiezins" genannt. Die Entwicklung des Garantiezinses zeigt bei Lebensversicherungen seit 1990 stetig nach unten. Betrug der Garantiezins im
Juli 1994 noch 4 %, so sank er bis März 2010 auf 2,25 % ab. Neue Lebensversicherungspolicen verfügen seit Januar
2012 über einen Garantiezins von nur noch 1,75 %. Doch selbst dieser niedrige Garantiezins lässt sich in dem seit 2008
bestehenden Niedrigzinsumfeld nicht dauerhaft erwirtschaften. Mit dem neuen Gesetz wird der Garantiezins ab
1.1.2015 auf 1,25 % abgesenkt. Die Neuregelung gilt allerdings nur für Neuverträge. Für die bestehenden Policen wir
der Garantiezins nicht gesenkt.
Bewertungsreserven
Bewertungsreserven, die die Versicherungen für bestehende Verträge regelmäßig anlegen und die u. a. zur Sicherstellung der Garantiezinsen dienen, sollen der Gemeinschaft aller Versicherten erhalten bleiben. Das bestimmt das neue
Gesetz und beschränkt die Ausschüttung der Bewertungsreserven auf jenen den sogenannten "Sicherungsbedarf"
übersteigenden Teil. Der Sicherungsbedarf errechnet sich aus der Summe der Sicherungsbedarfe der Versicherungsverträge, deren maßgeblicher Rechnungszins über dem maßgeblichen Euro-Zinsswapsatz zum Zeitpunkt der Ermittlung der Bewertungsreserven liegt. Kurz gesagt ist dies der Betrag, der zur Finanzierung der vereinbarten Garantien
(des Garantiezinses) notwendig ist. Dabei wird von einer längerfristigen Niedrigzinsphase ausgegangen.
Die Ausschüttungsbeschränkung gilt nur für Bewertungsreserven aus festverzinslichen Wertpapieren. Unangetastet
bleibt die Beteiligung der Versicherten an den Bewertungsreserven aus Immobilien und Aktien.
Die Neuregelung geht zulasten der aktuell ausscheidenden Versicherten. Diese werden künftig noch weniger an den
Bewertungsreserven beteiligt. Die Rückkaufswerte dürften hier also weiter sinken. Dies gilt zumindest solange, wie
das Niedrigzinsumfeld anhält. Die Begrenzung soll entfallen, wenn die Kapitalmarktzinsen wieder steigen.
Beteiligung an den Risikoüberschüssen
Versicherungsnehmer waren bisher allgemein zu 75 % an den Risikoüberschüssen beteiligt. Risikoüberschüsse entstehen regelmäßig dann, wenn die Lebensdauer der versicherten Personen von derjenigen abweicht, die die Versicherung nach den Sterbetafeln kalkuliert. Wenn also die Versicherten länger leben als kalkuliert. Die Risikoüberschüsse
sind neben den Kostenüberschüssen und den Kapitalerträgen ein Teil der sogenannten Überschussbeteiligung, die die
Lebensversicherten zum Garantiezins hinzu erhalten. Die Überschussbeteiligungen werden dem Versichertenkonto in
Form einer jährlichen sowie im Rahmen einer Schlussüberschussbeteiligung zugeschrieben.
Das neue Gesetz greift zwar in dieses bestehende Überschusssystem nicht ein. Jedoch wird künftig eine Mindestbeteiligung der Versicherten an den Überschüssen in Höhe von 90 % (statt bisher 75 %) vorgeschrieben. Diese Besserstellung mag die Auswirkungen durch die Absenkung des Garantiezinses teilweise abmildern, dürfte diese aber keinesfalls
kompensieren.
Gesetzliche Beschränkung von Dividendenausschüttungen an Aktionäre
Ausschüttungen an die Aktionäre der Versicherungsunternehmen müssen künftig an den Finanzierungsbedarf des
Versicherungsunternehmens für die übernommenen Garantieleistungen angepasst werden. D. h., die Aktionäre erhalten je nach Finanzsituation keine oder eine nur geringe Dividende. In diesem Zusammenhang werden die Unternehmen zu mehr Kostentransparenz verpflichtet.
Strafferes Risikomanagement
Das neue Gesetz verpflichtet die Versicherungsunternehmen und ihre Manager, sich mit der aktuellen Risikosituation
-5-
intensiver auseinanderzusetzen. Die Versicherungsaufsicht erhält zudem erweiterte Eingriffsbefugnisse; sie kann u. a.
Prognoserechnungen auch für einen längeren Betrachtungszeitraum verlangen (Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes § 55b Satz 1 VAG-E).
Auswirkungen auf derzeit laufende Versicherungsverträge
Bereits bestehende Verträge sind praktisch nur von der Beschränkung der Beteiligung an den Bewertungsreserven
betroffen. Die bisherige Garantieverzinsung sowie die Schlussüberschüsse sind nicht betroffen. Die Kündigung bestehender Versicherungsverträge allein aufgrund der Gesetzesänderungen, etwa im Vorfeld des Inkrafttretens des neuen
Gesetzes zum 1.1.2015 dürfte daher wenig sinnvoll sein. Letztlich hängt es von der Vertragsgestaltung, der Höhe des
zu erwartenden Rückkaufswertes und auch der eigenen Lebenssituation ab (wird das Geld benötigt oder nicht?).
Auswirkungen auf Neuverträge
5 % Rendite im Jahr Gesamtverzinsung (die sich zusammensetzt aus dem Garantiezins von bisher 4 % und einer laufenden Überschussbeteiligung) war bis zu Beginn der Finanzkrise durchaus ein realistisches Ziel für Lebensversicherungsnehmer. Kalkuliert man die Altersvorsorgerechnung aber mit einem niedrigeren Anlagezins, müssen die Sparleistungen entsprechend steigen, um zum selben Ergebnis zu gelangen. Soll heißen, dass bei Neuabschluss eines Lebensversicherungsvertrags mehr Beitragszahlungen geleistet werden müssen.
9.
Vereinfachung beim Kindergartenzuschuss
Mit den neuen Lohnsteuerrichtlinien für 2015 wird der Kindergartenzuschuss vereinfacht. Auch das geplante Jahressteuergesetz 2015 soll Änderungen mit sich bringen.
Steuerfrei sind zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung (einschließlich Unterkunft und Verpflegung) und Betreuung nicht schulpflichtiger Kinder der Mitarbeiter in
Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen. Die Lohnsteuerrichtlinien sehen bisher als Vereinfachungsregelung u.
a. vor, dass die Schulpflicht nicht zu prüfen ist, wenn das Kind im laufenden Kalenderjahr das 6. Lebensjahr vor dem 1.
Juli vollendet, wobei diese Regelung nur in den Monaten Januar bis Juni dieses Jahres gilt.
Das ändert sich ab 2015:
Zukünftig sollen Kindergartenzuschüsse bis zur Einschulung des Kindes steuerfrei bleiben. Dies führt im Hinblick auf
die unterschiedlichen Ferienregelungen in den einzelnen Bundesländern zu einer Vereinfachung.
Steuerfreie Arbeitgeberleistungen für Kinderbetreuung
Um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können, sollen weitere Leistungen des Arbeitgebers steuerfrei gestellt
werden. Darunter werden Serviceleistungen fallen, die den beruflichen Wiedereinstieg oder die Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen erleichtern. Das sind Dienstleistungen durch Fremdfirmen im Auftrag des Arbeitgebers,
wie z. B. Beratung, Vermittlung oder konkrete Betreuungskosten, deren Kosten vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn getragen werden. Allerdings wird dies nur gelten für zusätzliche, außergewöhnliche
Aufwendungen, etwa anlässlich einer Fortbildungsmaßnahme oder bei Krankheit. Hierfür ist ein jährlicher Freibetrag
mit 600 EUR vorgesehen.
Zuschläge für Kindererziehungszeiten
Die zu Versorgungsbezügen gewährten Zuschläge sind bisher steuerfrei; Zuschläge zur gesetzlichen Rente werden
hingegen besteuert. Das könnte verfassungsrechtlich unzulässig sein, weshalb die Steuerfreiheit abgeschafft werden
soll. Dies wird jedoch nicht für bereits gezahlte Zuschläge gelten, sondern soll nur Zuschläge für nach dem 31.12.2014
geborene Kinder oder danach begonnene Pflegezeiten betreffen.
-6-
10. Beitragszuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 2015
Arbeitgeber zahlen pflichtversicherten Arbeitnehmern einen Beitragszuschuss zu den Sozialversicherungsbeiträgen.
Der Zuschuss in der Renten- und Arbeitslosenversicherung beträgt die Hälfte der Beiträge. Anders verhält es sich in
der Kranken- und Pflegeversicherung.
Auch freiwillig oder privat krankenversicherte Arbeitnehmer haben Anspruch auf einen Beitragszuschuss. Es handelt
sich dabei meist um Beschäftigte, deren Arbeitsentgelt über der Krankenversicherungspflichtgrenze (2015 = 54.900
EUR jährlich) liegt.
Beitragszuschuss für die freiwillige gesetzliche Krankenversicherung
Ab 1.1.2015 beträgt der allgemeine Beitragssatz zur Krankenversicherung 14,6 %. Der Beitragszuschuss des Arbeitgebers wird aus der Hälfte dieses Prozentsatzes, aus 7,3 % des Entgelts berechnet. Allerdings ist der Zuschuss begrenzt.
Er wird maximal aus der Beitragsbemessungsgrenze (2015 = 4.125 EUR) berechnet. Der Höchstzuschuss beläuft sich
somit ab 1.1.2015 auf einen Betrag in Höhe von 301,13 EUR bzw. 288,75 EUR bei Personen ohne Anspruch auf Krankengeld (z. B. Altersteilzeit).
Beitragszuschuss zur Pflegeversicherung
Auch in der Pflegeversicherung zahlt der Arbeitgeber einen Beitragszuschuss. Dieser entspricht dem Betrag, der bei
Pflichtversicherten zu zahlen wäre, also 1,175 %. Der für kinderlose Versicherte zu zahlende Zusatzbeitrag bleibt hier
unberücksichtigt, da er allein durch den Arbeitnehmer zu tragen ist.
Im Bundesland Sachsen gibt es eine andere Beitragsaufteilung. Der Zuschuss beträgt hier lediglich 0,675 %. Der
Höchstzuschuss zur Pflegeversicherung beträgt ab 1.1.2015 bundeseinheitlich 48,47 EUR, im Bundesland Sachsen
27,84 EUR.
Beitragszuschuss zur privaten Krankenversicherung
Für privat krankenversicherte Arbeitnehmer zahlt der Arbeitgeber als Zuschuss die Hälfte des Beitrags, den er auch
einem freiwillig gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmer zahlen würde. Als Höchstzuschuss gilt für 2015 ebenfalls
ein Betrag in Höhe von 301,13 EUR bzw. 288,75 EUR.
In der privaten Pflegeversicherung sind die "gesetzlichen" Werte analog anzuwenden.
Kein Beitragszuschuss für gesetzlich versicherte Familienangehörige
In einer privaten Krankenversicherung versicherte Arbeitnehmer können von ihrem Arbeitgeber für ihre in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versicherten Angehörigen keinen Beitragszuschuss verlangen. Dies hat das Bundessozialgericht bereits im Jahr 2013 entschieden. Die Entscheidung gilt sowohl für die Kranken- als auch für die Pflegeversicherung.
Achtung:
Sollte der Arbeitgeber den Zuschuss freiwillig zahlen, so ist dieser steuer- und sozialversicherungspflichtig.
11. Steuerliche Anerkennung von Umzugskosten und maßgebende Beträge für
Umzugsauslagen
Für Umzüge ab 1.3.2014 und ab 1.3.2015 erhöhen sich Umzugskostenpauschalen.
Der Höchstbetrag, der für die Anerkennung umzugsbedingter Unterrichtskosten für ein Kind nach § 9 Abs. 2 Bundesumzugskostengesetz (BUKG) maßgebend ist, beträgt bei Beendigung des Umzugs ab
·
·
1.3.2014 1.802 EUR;
1.3.2015 1.841 EUR.
-7-
Der Pauschbetrag für sonstige Umzugsauslagen nach § 10 Abs. 1 BUKG beträgt:
a)
·
·
für Verheiratete, Lebenspartner und Gleichgestellte i. S. d. § 10 Abs. 2 BUKG bei Beendigung des Umzugs
ab 1.3.2014 1.429 EUR;
ab 1.3.2015 1.460 EUR.
b) für Ledige, die die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 BUKG nicht erfüllen, bei Beendigung des Umzugs
· ab 1.3.2014 715 EUR;
· ab 1.3.2015 730 EUR.
Der Pauschbetrag erhöht sich für jede in § 6 Abs. 3 Satz 2 und 3 BUKG bezeichnete weitere Person mit Ausnahme des
Ehegatten oder Lebenspartners:
·
·
zum 1.3.2014 um 315 EUR;
zum 1.3.2015 um 322 EUR.
12. Voraussichtliche Werte der Sozialversicherung 2015 liegen vor
Die maßgeblichen Werte der Sozialversicherung werden sich ab 1.1.2015 erhöhen. Die im Versicherungsrecht wichtige Jahresarbeitsentgeltgrenze soll 54.900 EUR betragen. Die im Beitragsrecht der Sozialversicherung relevanten
Beitragsbemessungsgrenzen steigen ebenso wie die Bezugsgröße.
Der Referentenentwurf der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2015 liegt vor. Damit sind auch die voraussichtlichen Werte in der Sozialversicherung bekannt, die ab 1.1.2015 im Versicherungsrecht und im Beitragsrecht der
Krankenversicherung sowie in der Pflege, Renten- und Arbeitslosenversicherung gelten werden.
Der Entwurf der Rechengrößen-Verordnung 2015 sollte im Oktober 2014 vom Bundeskabinett verabschiedet werden.
Bundeseinheitliche Beitragsmessungsgrenzen der Kranken- und Pflegeversicherung
Die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wird von derzeit 4.050 EUR auf
4.125 EUR im Monat (49.500 EUR jährlich) steigen; die gleichen Werte gelten für die Pflegeversicherung.
Die Beitragsbemessungsgrenzen in der Krankenversicherung und der Pflegeversicherung gelten bundeseinheitlich.
Beitragsbemessungsgrenzen der Renten- und Arbeitslosenversicherung
Die Beitragsmessungsgrenzen in der Rentenversicherung steigen und sorgen so für höhere Lohnnebenkosten. Die
Beitragsbemessungsgrenze West wird 2015 auf 6.050 EUR festgesetzt, jährlich sind dies 72.600 EUR. In den neuen
Bundesländern gilt 2015 die Beitragsbemessungsgrenze Ost von monatlich 5.200 EUR bzw. jährlich 62.400 EUR.
Getrennte Beitragsbemessungsgrenzen auch bei Knappschaft und Arbeitslosenversicherung
In der Knappschaftlichen Rentenversicherung gelten besondere Beitragsbemessungsgrenzen. Sie betragen jährlich
89.400 EUR (West) und 76.200 EUR (Ost).
In der Arbeitslosenversicherung besteht ebenfalls die Trennung in die Rechtskreise West und Ost. Die Beitragsbemessungsgrenze beträgt in den alten Bundesländern 72.600 EUR und 62.400 EUR in den neuen Bundesländern.
Sinkender KV-Beitrag – aber einkommensabhängige Zusatzbeiträge, Beitragszuschuss zur Krankenversicherung
steigt
Der Beitragssatz wird Anfang 2015 von 15,5 % auf 14,6 % gesenkt und festgeschrieben (je 7,3 % für Arbeitnehmer und
-geber). Die Krankenkassen können von den Arbeitnehmern allerdings einkommensabhängige Zusatzbeiträge erheben. Ob es für Arbeitnehmer teurer wird, hängt von der Höhe des Zusatzbeitragssatzes ab. Der maximale Arbeitnehmeranteil ohne Zusatzbeitrag (7,3 %) zur Krankenversicherung mit Anspruch auf Krankengeld beträgt 2015 301,13
EUR. Die Arbeitgeber müssen 2015 aufgrund der höheren Beitragsmessungsgrenze einen ebenfalls höheren Beitragszuschuss von ebenfalls 301,13 EUR (7,3 %) zahlen. Der Beitragszuschuss zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung und der Höchst-Beitragszuschuss zu einer PKV sind bundesweit gleich.
-8-
Mit der Jahresarbeitsentgeltgrenze geht es weiter aufwärts
Die im Versicherungsrecht relevante allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze steigt von bislang 53.550 EUR auf 54.900
EUR. Die besondere ermäßigte Jahresarbeitsentgeltgrenze für PKV-Bestandsfälle wird von derzeit 48.600 EUR auf
49.500 EUR angehoben.
Bezugsgröße 2015 erhöht sich
Die Bezugsgröße 2015 wird in Ost und West angepasst. Dabei ist zu beachten: Die Bezugsgröße West gilt in der Kranken- und Pflegeversicherung bundesweit.
Im Rechtskreis West steigt die monatliche Bezugsgröße 2015 auf 2.835 EUR monatlich bzw. 34.020 EUR jährlich (2014:
2.765 EUR bzw. 33.180 EUR jährlich). Für den Rechtskreis Ost gilt ein Wert von 2.415 EUR monatlich bzw. 28.980 EUR
jährlich, bisher waren 2.345 EUR monatlich bzw. 28.140 EUR jährlich maßgeblich.
Die Bezugsgröße ist ein wichtiger Eckwert zahlreiche abgeleiteter Grenzwerte oder Rechengrößen im Sozialversicherungsrecht bzw. Sozialrecht.
Ermittlung der Rechengrößen in der Sozialversicherung
Wie sich die Löhne und Gehälter im Jahr 2013 entwickelt haben, ist entscheidend für die Herleitung der Rechengrößen
der Sozialversicherung für das Jahr 2015. Die Lohnzuwachsrate macht gegenüber 2012 in den alten Ländern 1,99 %
und in den neuen 2,19 % aus. Entsprechend werden die Rechengrößen für 2015 in Ost und West angehoben.
Das ist 2014 noch zu tun:
Überprüfen Entgeltabrechner turnusmäßig zum Jahreswechsel die Krankenversicherungspflicht der Arbeitnehmer gilt:
Ein Ausscheiden aus der Versicherungspflicht und ggf. ein Wechsel in die PKV ist nur möglich, wenn vorausschauend
betrachtet auch die im Folgejahr maßgebliche Versicherungspflichtgrenze überschritten wird. Ende 2014 endet die
Versicherungspflicht für Arbeitnehmer, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze 2014
überschritten hat und auch die Jahresarbeitsentgeltgrenze 2015 voraussichtlich überschreiten wird.
13. Geschäftspraktiken: Informationspflichten bei Inkassotätigkeiten
Die Inkassobranche verschweigt häufig gezielt Informationen gegenüber Privatpersonen, um diese zu verunsichern
und in der Rechtsverteidigung zu beeinträchtigen. Deshalb wurde eine Informationspflicht für Inkassounternehmen
geschaffen.
Danach müssen diese bei der ersten Geltendmachung über den Namen des Auftraggebers, die Begründung der Forderung, die Zinsforderungen und Inkassokosten aufklären. Rechtsanwälte, die Inkassotätigkeiten vornehmen, treffen
dieselben Pflichten.
14. Elterngeld Plus
Geplant ist ein sog. Elterngeld Plus. Kernpunkt ist eine Verdoppelung des Bezugszeitraums für das Elterngeld, wenn
Mutter oder Vater nach der Geburt eines Kindes in Teilzeit arbeiten.
Auch soll die Elternzeit flexibler ausgestaltet werden. Dazu dient ein sog. Partnerschaftsbonus, der zusätzliche 4 Monate Elterngeld umfasst. Voraussetzung ist, dass sich Mutter und Vater die Betreuung des Kindes teilen und parallel
für mind. 4 Monate zwischen 25 und 30 Wochenstunden arbeiten. Bereits bisher können Eltern bis zum 3. Geburtstag
eines Kindes eine Auszeit vom Job für 12 Monate nehmen. Künftig soll dies bis zum 8. Geburtstag und für bis zu 24
Monate möglich sein. Das Ganze soll ohne eine Zustimmung des Arbeitgebers möglich sein.
-9-
Unternehmer und Freiberufler
1. Höhere Freigrenze für Betriebsveranstaltungen
Das Bundesfinanzministerium veröffentlichte Anfang September den Entwurf eines "Jahressteuergesetz 2015". Die
wichtigste lohnsteuerliche Neuregelung betrifft die Erhöhung der Freigrenze für Betriebsveranstaltungen auf 150
EUR.
Ziel von Betriebsfeiern ist vor allem die Kontaktpflege unter den Mitarbeitern. Weil dieses Ziel vor allem im Interesse
des Arbeitgebers liegt, sind Zuwendungen an Arbeitnehmer im Rahmen von Betriebsveranstaltungen grundsätzlich
kein Arbeitslohn. Voraussetzung ist u. a., dass es sich um sogenannte übliche Veranstaltungen handelt.
Das ändert sich ab 2015:
Freigrenze soll auf 150 EUR erhöht werden
Die derzeit geltende Freigrenze von brutto 110 EUR je Arbeitnehmer und Betriebsveranstaltung soll mit dem "Gesetz
zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften"
ab 2015 auf brutto 150 EUR erhöht werden. Steuerfrei bleiben – wie bisher – maximal bis zu 2 Veranstaltungen pro
Jahr.
Kosten für das Rahmenprogramm sind einzubeziehen
Im Gegenzug zur Erhöhung der Freigrenze bei Betriebsveranstaltungen sind aber künftig alle Kosten rund um die Feier
abgegolten. Es spielt keine Rolle mehr, ob die Kosten einzelnen Mitarbeitern individuell zurechenbar sind oder ob es
sich um einen rechnerischen Anteil an den Gemeinkosten der Betriebsveranstaltung handelt. In die neue 150 EURFreigrenze einbezogen werden auch die Kosten für Begleitpersonen des Mitarbeiters, z. B. Ehegatten und Kinder.
Gesetzliche Neuregelung abweichend zur aktuellen Rechtsprechung
Beide Fallgruppen (nicht individualisierbare Kosten sowie Kosten für Begleitpersonen) wollte der Bundesfinanzhof
bisher – ohne explizite Gesetzesregelung – außen vor lassen. Der Gesetzentwurf regelt die Erhöhung der Freigrenze ab
2015 bei gleichzeitiger Nichtanwendung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Lohnbesteuerung von Betriebsveranstaltungen. Damit wird die günstigere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ab 2015 ausgehebelt.
Wichtig: Was bis zur Gesetzesänderung gilt
Die Gesetzesänderung, die bis zum Ende des Jahres verabschiedet werden soll, dürfte in einer Vielzahl von Fällen zu
Verbesserungen führen – aber auch zu einigen Schlechterstellungen. Was aber ist mit Betriebsfeiern im Jahr 2014
oder früher? Bisher hat die Verwaltung die Urteile des Bundesfinanzhofs zur Lohnbesteuerung von Betriebsveranstaltungen nicht veröffentlicht und es ist zu vermuten, dass sie dies auch bis zur Verabschiedung des Gesetzes nicht tun
wird. Damit sind die Urteile weder im laufenden Verfahren noch im Rahmen von Lohnsteueraußenprüfungen anwendbar – auch nicht im Jahr 2014.
- 10 -
Praxistipp: Was Sie tun können
Die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen hat auf einige Verfahrenserleichterungen in möglichen Rechtsbehelfsverfahren durch den Arbeitgeber hingewiesen.
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2.
Erstattungsanträge: Beantragen Arbeitgeber aufgrund der Urteile des Bundesfinanzhofs für bereits pauschal versteuerte Zuwendungen (weil die 110 EUR-Freigrenze überschritten ist) die Änderung der Lohnsteueranmeldung
und die Erstattung der bereits abgeführten pauschalen Lohnsteuer, so bestehen keine Bedenken, eine Entscheidung über diese Anträge zunächst zurückzustellen.
Einsprüche: Wenn ein Antrag auf Erstattung bereits abgelehnt und gegen diese Ablehnung Einspruch eingelegt
wurde, können diese Verfahren ruhend gestellt werden.
Lohnsteueraußenprüfung: Gleiches gilt für Rechtsbehelfsverfahren des Arbeitgebers gegen anlässlich einer Lohnsteueraußenprüfung ergangene Haftungs- und Nachforderungsbescheide.
Aussetzung der Vollziehung: Anträgen des Arbeitgebers auf Aussetzung und/oder Aufhebung der Vollziehung ist
grundsätzlich stattzugeben. Ausgenommen sind die Fälle, in denen die Änderung einer Lohnsteueranmeldung abgelehnt und gegen die Ablehnung Einspruch eingelegt wurde.
Grunderwerbsteuer: Klarstellung bei der Anzeigepflicht und Steuervergünstigung bei Umwandlungen
Die Änderungen bei der Grunderwerbsteuer betreffen Klarstellungen bei der Anzeigepflicht und der Steuervergünstigung bei Umwandlungen.
Im Grunderwerbsteuergesetz ist klargestellt worden, dass eine fristgerechte und in allen Teilen vollständige Anzeige
Voraussetzung für die Nichtfestsetzung der Steuer bzw. die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung ist. Damit wird der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entgegengewirkt, wonach der unbestimmte Begriff "ordnungsgemäß" einschränkend auszulegen sei und damit grundstücksbezogene Angaben auch fehlen dürften. Dies hätte bei den
Finanzämtern zu erheblichem Ermittlungsaufwand geführt. Diese "Klarstellung" gilt bereits rückwirkend ab dem
6.6.2013.
Voraussetzung für eine Steuervergünstigung bei Umwandlungen ist u. a., dass das herrschende Unternehmen am
Kapital oder Gesellschaftsvermögen der abhängigen Gesellschaft innerhalb von 5 Jahren vor und 5 Jahren nach dem
Rechtsvorgang unmittelbar bzw. mittelbar mindestens mit 95 % ununterbrochen beteiligt ist. Hierzu wurde ebenfalls
rückwirkend ab 6.6.2013 klargestellt, dass dies auch für die neu eingefügten Umwandlungen, Einbringungen, etc. nach
ausländischem Recht eines Staates der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums gilt.
3.
Erwerb "gebrauchter" Lebensversicherungen
Die steuerpflichtigen Einkünfte aus Kapitalvermögen werden beim entgeltlichen Erwerb von Versicherungsansprüchen erweitert. Betroffen sind vor allem Lebensversicherungen, bei denen die Auszahlung nach einem vorhergehenden Verkauf nicht mehr steuerfrei sein wird. Das gilt für ab 2015 eintretende Versicherungsfälle.
Der Erwerb von "gebrauchten" Lebensversicherungen dient nicht der Absicherung des versicherten Risikos. Vielmehr
zielen entsprechende Anlagemodelle, die mehrere Lebensversicherungen in einem Pool zusammenfassen, auf den
Erwerb einer Forderung auf Auszahlung der Versicherungssumme zu einem unbestimmten Fälligkeitszeitpunkt. Der
Gesetzgeber will diesen sog. Zweitmarkt nicht durch eine fortbestehende Steuerfreiheit unterstützen, vielmehr sind
die Erträge als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern. Gleiches gilt für sog. "dread disease" Versicherungen.
Nur der Erwerb von Versicherungsansprüchen durch die versicherte Person von einem Dritten wird ausgenommen, z.
B. bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Auf Initiative des Bundesrats werden auch Übertragungen von Lebensversicherungen aus familien- und erbrechtlichen Gründen von der Steuerpflicht ausgenommen bleiben. Die Steuerpflicht der bis 12.12.2006 entstandenen einbringungsgeborenen Anteile war bisher durch § 52 Abs. 37a Satz 6 ff. EStG
gesichert. Dies ist nun in § 20 Abs. 1 Nr. 10b Satz 6 EStG geregelt. Um Gestaltungen zum sog. "Dividendenstripping"
steuerlich sicher zu erfassen, wird die Veräußerung des Dividendenanspruchs künftig keine Sperrwirkung für die Besteuerung der Dividenden mehr entfalten. Zugleich wird aber auch eine doppelte Besteuerung ausgeschlossen.
- 11 -
4.
Kapitalertragsteuer: Gewinnausschüttung
Eine rückwirkende Änderung bei der Kapitalertragsteuer beruht auf dem Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union
und der damit notwendigen Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie in nationales Recht und betrifft das Einkommensteuergesetz.
In der EU-Richtlinie wird die sog. Mutter-Tochter-Richtlinie auf den beigetretenen Staat Kroatien erweitert. Somit
bleibt eine nach dem 30.6.2013 erfolgte Gewinnausschüttung einer inländischen Tochtergesellschaft an ihre kroatische Muttergesellschaft vom Kapitalertragsteuerabzug befreit.
5.
Kapitalertragsteuerabzug: Besteuerung von Aktienbeständen
Ein Gestaltungsmodell ist Ursache für eine geplante Änderung bei der Besteuerung von Aktienbeständen.
Aktienbestände können von der Dividendenauszahlung über die Wertpapiersammelbank ausgeschlossen werden –
sog. abgesetzte Bestände. In diesen Fällen wird künftig der Schuldner der Kapitalerträge als auszahlende Stelle zum
Steuerabzug verpflichtet. Eine Umgehung des Steuerabzugs vor allem bei einer Separierung von Beteiligungen wird
dadurch ausgeschlossen.
6.
Kapitalertragsteuererstattung: Unverbriefter Dividendenanspruch
Der Erwerber eines verbrieften Dividendenanspruchs kann die Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer beantragen, wenn bereits für die Veräußerung des Dividendenanspruchs Kapitalertragsteuer einbehalten wurde. Diese
Sonderregelung ist auf unverbriefte Dividendenansprüche ausgedehnt worden.
7.
Freistellungsauftrag
Bereits bisher haben Kreditinstitute die Möglichkeit die Identifikationsnummer (IdNr.) des Gläubigers der Kapitalerträge beim BZSt abzufragen. Das dazu bestehende Widerspruchsrecht wird gestrichen. Hintergrund ist, dass eine Bank
für den Abzug der Kirchensteuer die IdNr. bereits abfragen kann, ohne dass der Bankkunde widersprechen kann.
8.
Lohnsteuerabzug: Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung
Der vorgesehene individuelle Zusatzbeitrag zur Krankenkasse anstelle des bisherigen Beitragssatzanteils von 0,9 %
für den Arbeitnehmer macht für die Vorsorgepauschale eine Änderung erforderlich.
Ein Verweis auf einen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz stellt sicher, dass auch ab 2015 die Krankenversicherungsbeiträge bereits beim Lohnsteuerabzug möglichst zutreffend berücksichtigt werden. Ferner wird die Tarifermäßigung für Entschädigungen und Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten künftig bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigt.
- 12 -
9.
Lohnsteueranmeldung: Erhöhung des Grenzwerts
Der Grenzwert für die Abgabe einer jährlichen Anmeldung der Lohnsteuer wird ab 2015 von 1.000 EUR auf 1.080
EUR angehoben.
Auch wenn zunächst sogar von einer Anhebung auf 1.200 EUR die Rede war, so werden von dieser Erhöhung dennoch
alle Arbeitgeber einer geringfügig beschäftigten Arbeitskraft profitieren, für welche bei einem Monatsentgelt mit 450
EUR im Jahr 1.080 EUR Lohnsteuer anzumelden sind.
Diese Anhebung entlastet insbesondere Arbeitgeber eines geringfügig Beschäftigten. Denn 20 % Pauschsteuersatz auf
450 EUR im Monat ergibt eine Jahres- Lohnsteuer von 1.080 EUR. In diesen Fällen ist künftig anstelle einer vierteljährlichen nur noch eine Lohnsteuer-Anmeldung mit dem Jahresbetrag abzugeben.
10. Änderung des Lohnsteuerabzugs nach Ablauf des Kalenderjahrs
Bisher war eine Änderung des Lohnsteuerabzugs nach Ablauf des Kalenderjahrs ausgeschlossen. Dem hat der Bundesfinanzhof widersprochen. Der Gesetzgeber ist großzügiger.
Der Bundestag sah ursprünglich sogar vor, dass der Lohnsteuereinbehalt auch nach Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung für den Arbeitnehmer geändert werden könnte. Auf Anregung des Bundesrats wurde eine Änderung auf die
Fälle begrenzt, in denen sich der Arbeitnehmer ohne vertraglichen Anspruch und gegen den Willen des Arbeitgebers
Beträge verschafft hat (z. B. Unterschlagung). Es ist dann eine berichtigte Lohnsteuerbescheinigung an den Arbeitnehmer und das Finanzamt zu übermitteln.
Die gesetzliche Änderung setzt sich in den neuen Lohnsteuerrichtlinien 2015 fort: Wird auf Grund einer Änderung des
Lohnsteuerabzugs nach Ablauf des Kalenderjahres nachträglich Lohnsteuer einbehalten, handelt es sich um Lohnsteuer des abgelaufenen Kalenderjahres, die zusammen mit der übrigen einbehaltenen Lohnsteuer des abgelaufenen
Kalenderjahres in einer Summe in der Lohnsteuerbescheinigung anzugeben und an die Finanzverwaltung elektronisch
zu übermitteln ist.
Das ändert sich ab 2015:
Die nachträglich einbehaltene Lohnsteuer ist in der Steueranmeldung für den Zeitraum anzugeben und abzuführen, in
dem sie einbehalten wurde.
11. Umsatzsteuer: Ort der sonstigen Leistungen (MOSS)
Bei der Umsatzsteuer soll das Verbrauchslandprinzip auch für Dienstleistungen wie Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernseh- und elektronische Dienstleistungen gelten.
Es wird ein sog. "Mini-one-stop-shop" (MOSS) oder "kleine einzige Anlaufstelle" (KEA) für die Umsatzsteuer als besonderes Besteuerungsverfahren geschaffen. Dies vermeidet, dass sich Unternehmen in mehreren EU-Staaten steuerlich
registrieren lassen müssten. Nunmehr besteht die Möglichkeit durch einen Datensatz an das BZSt allen Erklärungspflichten nachzukommen. Das betrifft vor allem Unternehmen, die Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehleistungen sowie auf elektronischem Weg erbrachten Leistungen an Nichtunternehmer erbringen. Ab 1.1.2015 gilt hierbei
der Ort, an dem der Leistungsempfänger seinen Sitz bzw. Wohnsitz hat, als Ort der Leistung.
- 13 -
12. Umsatzsteuer: Voranmeldungen
Geplant ist eine Sonderregelung mit der Pflicht zur monatlichen Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen.
Diese soll greifen bei einer Übernahme einer Vorratsgesellschaft oder eines Firmenmantels und im Jahr der Übernahme und im folgenden Jahr gelten. In beiden Fallvarianten ist wirtschaftlich gesehen eine Neugründung gegeben, die
eine analoge Handhabung rechtfertigt um umsatzsteuerlichen Betrugsgestaltungen vorzubeugen. Zudem war in der
Praxis vermehrt ein Ausweichen auf Vorratsgesellschaften bzw. GmbH-Mäntel festzustellen.
13. Aufmerksamkeiten und Arbeitsessen: Höhere Freigrenzen
Das Bundeskabinett hat Mitte August die Lohnsteueränderungsrichtlinien 2015 beschlossen. Jetzt muss noch der
Bundesrat zustimmen, damit die Änderungen in Kraft treten können. Davon ist aber auszugehen. Besonders hinzuweisen ist auf die höhere Steuerfreigrenze für Aufmerksamkeiten und Arbeitsessen.
Freigrenze für Sachzuwendungen wird auf 60 EUR angehoben
Zu den nicht lohnsteuerpflichtigen Aufmerksamkeiten gehören Sachzuwendungen bis zu einem Wert von 40 EUR brutto (z. B. Blumen oder ein Buch), die dem Mitarbeiter oder seinem Angehörigen aus Anlass eines besonderen persönlichen Ereignisses (z. B. Geburtstag, Hochzeit oder Geburt eines Kindes) zugewendet werden.
Das ändert sich ab 2015:
Mit Wirkung ab 1.1.2015 soll diese Freigrenze auf 60 EUR erhöht werden.
Achtung:
Geldzuwendungen sind auch innerhalb der Grenze stets steuer- und beitragspflichtig.
Freigrenze für Belohnungsessen wird ebenfalls auf 60 EUR angehoben
Ebenfalls nicht steuerpflichtig sind sog. Arbeitsessen deren Wert beim einzelnen Arbeitnehmer 40 EUR brutto nicht
übersteigt. Ein Arbeitsessen in diesem Sinne liegt vor, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeitern anlässlich oder während
eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes (z. B. während einer außergewöhnlichen betrieblichen Besprechung), im
ganz überwiegenden betrieblichen Interesse an einer günstigen Gestaltung des Arbeitsablaufs Speisen bis zu dieser
Freigrenze unentgeltlich oder teilentgeltlich überlässt.
Das ändert sich ab 2015:
Auch bei dieser Freigrenze sieht der Entwurf der Lohnsteueränderungsrichtlinien 2015 eine Erhöhung zum 1.1.2015
auf 60 EUR brutto vor.
Sachgeschenke im Rahmen von Betriebsveranstaltungen bis 60 EUR möglich
Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer bei üblichen Betriebsveranstaltungen werden bisher als Leistungen im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht besteuert, wenn die Freigrenze
von 110 EUR je Arbeitnehmer und Veranstaltung eingehalten wird.
Das ändert sich ab 2015:
Bei der Prüfung dieser Grenze sollen zukünftig Sachgeschenke an den einzelnen Arbeitnehmer anlässlich von Betriebsveranstaltungen (z. B. Präsentkorb) ebenfalls bis 60 EUR in die Gesamtkosten der Betriebsveranstaltungen einbezogen
und bei Überschreiten der 110 EUR-Grenze mit 25 % pauschal besteuert werden können.
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14. Lohnsteuerermittlung bei mehreren Beschäftigungsverhältnissen
Die neuen Lohnsteuerrichtlinien für 2015 weisen einige interessante Punkte auf. So wird z. B. die Lohnsteuerermittlung bei mehreren Beschäftigungsverhältnissen neu geregelt.
Der Lohnsteuerermittlung sind die Lohnsteuerabzugsmerkmale (sog. ELStAM) zugrunde zu legen, die für den Tag gelten, an dem der Lohnzahlungszeitraum endet.
Das ändert sich ab 2015:
Hat der Mitarbeiter mehrere Beschäftigungsverhältnisse und wechselt er während des Kalendermonats den Hauptarbeitgeber (= erstes Beschäftigungsverhältnis) ist beim jeweiligen Arbeitgeber die am Ende des Lohnzahlungszeitraums
(regelmäßig Kalendermonat) geltende Steuerklasse maßgebend; es entsteht kein Teillohnzahlungszeitraum.
Entsprechendes gilt bei Zahlung eines sonstigen Bezugs (z. B. Abfindung) nach dem Ausscheiden.
Beispiel:
Mitarbeiter A ist beschäftigt beim Arbeitgeber X (Hauptarbeitgeber, Steuerklasse III) und beim Arbeitgeber Y (Nebenarbeitgeber, Steuerklasse VI). Lohnzahlungszeitraum ist in beiden Fällen der Kalendermonat. Im Laufe des Monats Mai
bestimmt der Arbeitnehmer den Arbeitgeber Y zum Hauptarbeitgeber.
Ergebnis:
Für den Lohnzahlungszeitraum Mai führt der Wechsel des Hauptarbeitgebers dazu, dass Arbeitgeber X den Lohnsteuerabzug nach der Steuerklasse VI und Arbeitgeber Y den Lohnsteuerabzug nach der Steuerklasse III durchführen muss.
15. Gesetzentwurf zur Verschärfung der Selbstanzeige
Die Bundesregierung will die Regelungen der strafbefreienden Selbstanzeige verschärfen. Daher hat sie den Entwurf
des "Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung" am 24.9.2014
beschlossen. Dieser enthält Abweichungen gegenüber dem vorangegangenen Referentenentwurf.
Der Entwurf sieht im Wesentlichen 8 Veränderungen vor:
1.
2.
3.
4.
Die Verlängerung der strafrechtlichen Verjährungsfrist bei der einfachen Steuerhinterziehung von bislang 5 auf
nunmehr 10 Jahre wird wohl nicht Gesetz. Dafür wird als Kompromiss der steuerlich erforderliche Korrekturzeitraum auf 10 Jahre festgeschrieben. Im Gesetzesentwurf heißt es hierzu: "Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen."
Staffelung der Zuschläge in Abhängigkeit der hinterzogenen Steuern unter Herabsetzung der bisherigen Schwelle:
die Schwelle für Zuschläge von bisher 50.000 EUR pro Steuerart und Veranlagungszeitraum wird auf nunmehr
25.000 EUR reduziert bei gleichzeitiger Anhebung des Zuschlagsatzes von 5 auf 10 % der hinterzogenen Steuer, ab
100.000 bis 1 Mio. EUR beträgt der Zuschlag dann 15 % und über eine Mio. EUR hinterzogenen Steuern pro Veranlagungszeitraum und Steuerart 20 % um das Verfolgungshindernis zu erlangen. Hier wird eine Wiederaufnahmemöglichkeit für den Fall geregelt, dass das Finanzamt erkennt, dass nach dem Absehen von der Strafverfolgung
wegen fristgerechter Zuschlagserfüllung die Selbstanzeige unvollständig bzw. unrichtig war. Eine Erstattung des
gezahlten Zuschlags ist dann auch bei Aufhebung der Nichtverfolgungszusage nicht möglich, allerdings fakultativ
eine Anrechnung (ganz oder teilweise) durch das Gericht.
Für die Umsatzsteuer- und Lohnsteuerhinterziehung wird der Rechtszustand vor Mai 2011 wieder hergestellt
indem die Wirksamkeit einer Teilselbstanzeige wieder in der Abgabenordnung verankert wird durch die schon
damals geltende "soweit"-Gesetzesformulierung, der der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom
20.5.2010 die für alle neue und nicht nachvollziehbare Interpretation unterlegte.
Die Sperrwirkung wird bei der Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung über den Steuerpflichtigen hinaus auch auf
Tatbeteiligte, d. h. also auch auf Anstifter und Gehilfen ausgedehnt, losgelöst ob sie von der Prüfungsanordnung
- 15 -
5.
6.
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8.
Kenntnis haben oder nicht. Die Sperrwirkung wird allerdings beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang
der angekündigten Prüfung.
Die Anlaufhemmung wird für die Steuern auf Kapitalerträge hinausgeschoben auf den Zeitpunkt, in der der Steuerpflichtige diese Erträge erklärt oder diese Erträge der Finanzbehörde bekannt geworden sind, spätestens jedoch
nach 10 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist, wenn die Erträge aus außereuropäischen Staaten stammen oder im automatisierten Datenaustausch erfolgen.
Es wird ein neuer Sperrwirkungstatbestand geschaffen: Eine Selbstanzeige bei einer Umsatzsteuer- oder Lohnsteuernachschau oder einer sonstigen steuerlichen Nachschau ist mit dem Ausweisen des Prüfers nicht mehr
strafbefreiend möglich.
Es wird ein weiterer neuer Sperrwirkungstatbestand geschaffen, wenn ein besonders schwerer Fall vorliegt. Damit
sind Fälle der bandenmäßigen Steuerhinterziehung mit Hinterziehungsbeträgen ab 50.000 EUR pro Steuerart und
Veranlagungszeitraum gemeint, wie etwa Umsatzsteuerkarusselle.
Die Nachzahlung der Hinterziehungszinsen als Tatbestandsvoraussetzung wird für die Erlangung der Straffreiheit
erhoben, soweit es die Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer- und Umsatzsteuerhinterziehungen betrifft mit Ausnahme der Umsatzsteuer- und Lohnsteuervoranmeldungen. Bei letzteren wird Straffreiheit auch ohne Zahlung der Hinterziehungszinsen – wie bisher überall – erlangt.
Das ist 2014 noch zu tun:
Wer steuerlich reinen Tisch machen möchte, sollte sich damit beeilen. Wie auch immer die gesetzliche Regelung tatsächlich aussehen wird: Ab 2015 wird die Straffreiheit durch eine Selbstanzeige sehr viel schwieriger zu erlangen sein.
16. Bestandsschutzregelungen für Alt-Midijobs enden zum 31.12.2014
Vollen Sozialversicherungsschutz gibt es ab 1.1.2015 grundsätzlich nur noch für Beschäftigungen ab 450,01 EUR. Der
Bestandsschutz für Alt-Midijobber mit einem Entgelt von 400 bis 450 EUR und die damit verbundene Versicherungspflicht endet. Arbeitgeber müssen rechtzeitig reagieren.
Es geht um die Arbeitnehmer, die bereits am 31.12.2012 in einer Beschäftigung standen und seit diesem Zeitpunkt
regelmäßig im Monat ein Arbeitsentgelt von 400,01 bis 450 EUR erzielen. Diese Personen hätten mit Erhöhung der
Entgeltgrenze für geringfügig entlohnte Beschäftigungen ab 1.1.2013 eigentlich als Minijobber behandelt werden
müssen. Der Gesetzgeber hat ihnen jedoch für längstens 2 Jahre weiterhin einen vollen Sozialversicherungsschutz
ermöglicht.
Verschiedene Konstellationen sind denkbar
Grundsätzlich unterliegen betroffene Arbeitnehmer bis längstens zum 31.12.2014 der Versicherungspflicht in allen
Zweigen der Sozialversicherung. Die Beiträge werden nach der alten Gleitzonenformel berechnet. Die Bestandsschutzregelungen waren bzw. sind nicht anzuwenden
·
·
·
in der Kranken- und Pflegeversicherung, wenn der Arbeitnehmer bis spätestens zum 2.4.2013 die Befreiung von
der Versicherungspflicht beantragt hat,
in der Kranken- und Pflegeversicherung (jederzeit noch bis 31.12.2014), wenn der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Familienversicherung in der Krankenversicherung erfüllt,
in der Arbeitslosenversicherung (jederzeit noch bis 31.12.2014), wenn der Arbeitnehmer die Befreiung von der
Versicherungspflicht beantragt hat.
Aufgrund der differenzierten Behandlung in den einzelnen Versicherungszweigen sind heute grundsätzlich folgende
Konstellationen denkbar:
·
·
sozialversicherungspflichtiger Midijob bei der Krankenkasse (PGR "101"/BYGRSC "1-1-1-1")
gleichzeitig Minijob bei der Minijob-Zentrale (PGR "101"/BYGRSC "6-0-0-0") und rentenversicherungspflichtige
Beschäftigung bei der Krankenkasse (PGR "101"/BYGRSC "0-1-0-0"), Arbeitsentgelt weiterhin bis 450 EUR ab
1.1.2015
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Das ist in 2014 noch zu tun:
Wenn sich die Verhältnisse in der Beschäftigung nicht ändern und das Arbeitsentgelt ab 1.1.2015 weiterhin regelmäßig im Monat maximal 450 EUR beträgt, ist die Beschäftigung unter den bisherigen Bedingungen zum 31.12.2014 abzumelden und ab 1.1.2015 ausnahmslos als geringfügig entlohnte Beschäftigung bei der Minijob-Zentrale anzumelden
(PGR "109"/BYGRSC "6/0-1-0-0").
Der Sinn und Zweck der Bestandsschutzregelungen bestand darin, denjenigen Arbeitnehmern übergangsweise einen
Versicherungsschutz einzuräumen, die diesen vor dem 1.1.2013 (vermutlich bewusst) begründet haben. Wenn dieser
auch weiterhin gewollt ist, müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Erhöhung des Arbeitsentgelts ab 1.1.2015 auf
regelmäßig mehr als 450 EUR vereinbaren. In diesem Fall besteht die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung fort,
ein Minijob wird nicht begründet. Bei einem Arbeitsentgelt knapp oberhalb von 450 EUR kann sich der versicherungspflichtige Arbeitnehmer so weiterhin insbesondere einen vollen Krankenversicherungsschutz erhalten. Die Beitragsbelastung ist für den Arbeitnehmer aufgrund der Gleitzonenregelung vergleichsweise günstig.
17. Sozialversicherung: Datenaustausch Entgeltersatzleistung ab Januar 2015
Bereits seit 1.7.2011 sind alle für die Berechnung der Entgeltersatzleistungen notwendigen Daten ausschließlich per
elektronischer Datenübermittlung zu melden. Ab Januar 2015 gibt es hierbei einige Neuerungen. Papierbescheinigungen gehören weitestgehend der Vergangenheit an.
Es ist ruhig geworden um den Datenaustausch. Die Probleme und Fragen nehmen ab, während die Datenmengen
stetig steigen. So scheint insbesondere der Dialog zwischen allen Verfahrensbeteiligten und die gemeinsame Arbeit an
der zum 1.1.2015 an den Start gehenden Version 7 des Datensatzes viele Probleme und Verständnisschwierigkeiten
beseitigt zu haben.
Überarbeitung aus neuem Blickwinkel
Anders als in vielen anderen Verfahren, erfolgte die Überarbeitung des Datensatzes nicht aufgrund neuer gesetzlicher
Vorgaben, sondern spiegelt die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe wider. Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den
umfangreichen Datensatz und die geforderten Inhalte möglichst verständlich darzustellen. Basis der Überarbeitung
waren daher die praktischen Erfahrungen der Verfahrensbeteiligten (Arbeitgeber, Softwareersteller und Sozialversicherungsträger) mit den vorhergehenden Versionen des Datensatzes.
Das ändert sich ab 2015:
Glaubt man den Teilnehmern der Arbeitsgruppe, so wurden die aufgrund der aktuellen Gesetzgebung begrenzten
Verbesserungspotenziale ausgeschöpft. Im Überblick gestalten sich die Änderungen wie folgt:
Meldegründe reduziert
Aufgrund fehlender praktischer Relevanz und fehlender Kenntnis der Arbeitgeber wurde der Meldegrund "04 = Versorgungskrankengeld" entfernt.
Zeitpunkt der Meldung an die Praxis angepasst
Der Meldesatz ist vom Arbeitgeber nunmehr nicht mehr zu einem festen Termin, sondern immer dann auszulösen,
wenn der Eintritt einer Entgeltersatzleistung für ihn ersichtlich ist oder der Sozialversicherungsträger ihn hierzu direkt
auffordert.
Vielfältige Felder praxisorientierter gestaltet
Problematische Abfragen (z. B. "letzter bezahlter Tag vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit") wurden umgestaltet oder
Doppelnutzungen von Feldern (z. B. "Einmalzahlung der Krankenversicherung" bei Verletztengeld auch für die Einmalzahlung der Unfallversicherung) vermieden.
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Datensparsamkeit/Entbürokratisierung
Durch Hinzufügen von Hinweisen in der Kommentierung und Neuausrichten der Struktur einzelner Datenbausteine
wurden 23 redundante Felder und 50 weitere Zeitraum-Felder entfernt. Hierdurch wurden unnötige Eingaben und ca.
230 Prüfungen, also mögliche potenzielle Fehlerquellen, eingespart.
Einführung neuer Datenbausteine
Um das Kommunizieren der Verfahrensbeteiligten zu verbessern bzw. zu erleichtern, wurden die Datenbausteine
"Ansprechpartner" und "Identifikationsdaten" dem Datensatz angefügt. Zudem sollen durch die aufgehobene Stornorelevanz der Datenbausteine unnötige Korrekturmeldungen vermieden werden. Stornorelevanz bedeutet: Die Änderung eines Feldwertes löst automatisch eine Stornierung aus und damit verbunden die Neumeldung des Datensatzes.
Umstellung der Vorerkrankungsanfragen
Das Verfahren zu den Vorerkrankungsanfragen wurde vollständig überarbeitet. So können zukünftig die Arbeitgeber
alle aus ihrer Sicht potenziellen Vorerkrankungen den Krankenkassen melden. Hierdurch haben die Arbeitgeber wieder die Möglichkeit, den Zusammenhang von Vorerkrankungen erst dann abzufragen, wenn eine Überschreitung der
Entgeltfortzahlung wahrscheinlich ist. Die bisherigen Kontrollanfragen bei Kurzerkrankungen, um das Vorliegen aller
Arbeitsunfähigkeitszeiten bei der Krankenkasse zu garantieren, entfallen.
18. Elektronische Lohnsteuerbescheinigung 2015: Aufzeichnungen im Lohnkonto
rechtzeitig anpassen
Die Finanzverwaltung hat das Muster der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für 2015 bekannt gemacht. Arbeitgeber sollten jetzt prüfen, ob künftige Aufzeichnungen im Lohnkonto angepasst werden müssen.
Arbeitgeber sind verpflichtet, der Finanzverwaltung bis zum 28. Februar des Folgejahres die elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen zu übermitteln. Die Verwaltung hat kürzlich die Muster für 2015 bekannt gemacht. Um geänderten
Bescheinigungspflichten nachkommen zu können, sollten Arbeitgeber frühzeitig ihre Aufzeichnungen im Lohnkonto
anpassen.
Verfahren und Datenübermittlung von Lohnsteuerbescheinigungen
Dem Arbeitnehmer ist ein nach amtlich vorgeschriebenem Muster gefertigter Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung mit Angabe der steuerlichen Identifikationsnummer (IdNr) auszuhändigen oder elektronisch bereitzustellen. Sofern für den Arbeitnehmer keine IdNr vergeben wurde oder der Arbeitnehmer diese nicht mitgeteilt hat,
ist weiter die elektronische Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung mit der eTIN (= elektronische TransferIdentifikations-Nummer) zulässig.
Angaben der Lohnsteuerbescheinigung 2015 weitgehend unverändert
Die zu bescheinigenden Daten bleiben im nächsten Jahr in weiten Teilen unverändert. Hinzuweisen ist insbesondere
auf folgende Neuerungen:
Kennbuchstabe F
Der Großbuchstabe F ist einzutragen, wenn eine steuerfreie Sammelbeförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte erfolgt – sowie neuerdings auch bei Sammelbeförderung für Fahrten zu einem vom
Arbeitgeber bestimmten Sammelpunkt oder weiträumigen Arbeitsgebiet.
Hintergrund ist die Reisekostenreform, nach der für solche Strecken der Sammelbeförderung grundsätzlich die Entfernungspauschale zum Ansatz kommt. Bei steuerfreier Sammelbeförderung entfällt der Werbungkostenansatz beim
Arbeitnehmer.
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Berufsständische Versorgung
Der Arbeitgeberanteil der Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen und der Arbeitgeberzuschuss an berufsständische Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen, ist getrennt unter Nummer 22 a) und b) des Ausdrucks auszuweisen, der entsprechende Arbeitnehmeranteil
unter Nummer 23 a) und b).
In Fällen, in denen der Arbeitgeber die Beiträge unmittelbar an eine berufsständische Versorgungseinrichtung abführt
(sog. Firmenzahler), ist der Arbeitgeberzuschuss unter Nummer 22 b) und der Arbeitnehmeranteil unter Nummer 23
b) zu bescheinigen.
Führt der Arbeitnehmer den gesamten Beitrag selbst an die berufsständische Versorgungseinrichtung ab (sog. Selbstzahler) und zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer hierfür einen zweckgebundenen Zuschuss, ist unter Nummer 22
b) der Zuschuss zu bescheinigen. Eine Eintragung unter Nummer 23 b) ist in diesen Fällen nicht vorzunehmen.
Praxishinweis:
Für den Jahresabschluss 2014 und die Übermittlung bis zum 28.2.2015 sind zunächst die Bescheinigungen nach dem
Muster für 2014 zu verwenden. Wichtig sind dabei insbesondere die Regelungen zu den Spesen und Mahlzeiten, die
2015 unverändert weiter gelten:
Spesen
Unter Nummer 20 des Ausdrucks sind grundsätzlich die steuerfrei gezahlten Vergütungen für Verpflegung bei beruflich veranlassten Auswärtstätigkeiten zu bescheinigen. Es gilt aber weiterhin die Kulanzregelung, dass eine Bescheinigung dieser Beträge nicht zwingend erforderlich ist wenn das Betriebsstättenfinanzamt für steuerfreie Vergütung für
Verpflegung eine andere Aufzeichnung als im Lohnkonto zugelassen hat.
Kennbuchstabe M
Ab 2014 muss der Großbuchstabe M im Lohnkonto aufgezeichnet und in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung
bescheinigt werden, wenn dem Arbeitnehmer anlässlich oder während einer beruflichen Auswärtstätigkeit eine mit
dem Sachbezugswert zu bewertende Mahlzeit zur Verfügung gestellt wurde.
Wichtige Übergangsregelung:
Die Verwaltung verweist auf das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 30.9.2013 zur Reform des steuerlichen
Reisekostenrechts. Danach gilt für obige Fälle mit getrennter Lohn- und Reisekostenabrechnung eine Übergangsregelung: Wenn das Betriebsstättenfinanzamt für die Spesen eine andere Aufzeichnung als im Lohnkonto zugelassen hat,
ist bis maximal 2015 eine Bescheinigung des Großbuchstaben M nicht zwingend erforderlich.
19. Neue Werte für Sachbezüge im kommenden Jahr
Nur für Unterkunft und Miete werden sich ab dem 1.1.2015 die maßgeblichen Werte für Sachbezüge erhöhen. Hierfür wird der Sachbezugswert voraussichtlich 223 EUR betragen. Der Monatswert für Verpflegung im Jahr 2015 bleibt
gegenüber 2014 voraussichtlich unverändert bei 229 EUR.
Die Sachbezugswerte für Verpflegung und Unterkunft orientieren sich an der Entwicklung der Verbraucherpreise. Für
die Sachbezüge im Jahr 2015 ist der Verbraucherpreisindex im Zeitraum von Juni 2013 bis Juni 2014 maßgeblich. Der
Verbraucherpreisindex für Verpflegung hat sich gegenüber dem Vorjahr nicht verändert. Der Verbraucherpreisindex
für Unterkunft oder Mieten stieg um 1,1 %.
Sachbezugswert für Verpflegung
Der Monatswert für Verpflegung wird ab 1.1.2015 voraussichtlich bei 229 EUR verbleiben. Damit werden für verbilligte oder unentgeltliche Mahlzeiten 2015 voraussichtlich unverändert
·
·
für ein Frühstück 1,63 EUR
für ein Mittag- oder Abendessen 3,00 EUR
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anzusetzen sein.
Unterkunft und Miete als Sachbezug
Der Wert für Unterkunft oder Mieten wird ab 1.1.2015 voraussichtlich von 221 EUR auf 223 EUR angehoben. Für den
Quadratmeter gelten 2015 damit 3,92 EUR und bei einfacher Ausstattung gelten 2015 voraussichtlich 3,20 EUR je
Quadratmeter.
Der Wert der Unterkunft kann auch mit dem ortsüblichen Mietpreis bewertet werden, wenn der Tabellenwert nach
Lage des Einzelfalls unbillig wäre.
Neue Sachbezugswerte sind ab 1.1.2015 anzusetzen
Die neuen Sachbezugswerte 2015 können bereits ab dem ersten Abrechnungsmonat des Jahres 2015 angewendet
werden, da die geänderte Sozialversicherungsentgeltverordnung am 1.1.2015 in Kraft treten wird.
Sachbezüge sind 2015 in Höhe der neu festgesetzten Werte einheitlich sowohl steuerpflichtig als auch beitragspflichtig
in der Sozialversicherung.
20. Künstlersozialversicherung
Mit den Änderungen durch das Künstlersozialabgabestabilisierungsgesetz soll eine weitere Steigerung des Künstlersozialabgabesatzes verhindert und mehr Abgabegerechtigkeit erreicht werden.
Das ändert sich ab 2015:
Die Prüfungen bei den Arbeitgebern sollen erheblich ausgeweitet und vorrangig durch die Träger der Deutschen Rentenversicherung zusammen mit der Prüfung der Sozialversicherungsbeiträge vorgenommen werden. Um dies praxisgerecht umzusetzen, soll die Künstlersozialabgabe nicht bei allen Arbeitgebern mitgeprüft werden, sondern es soll ein
"effizienzorientierter risikobasierter Mix" aus Prüfung, Information und Beratung erfolgen. Ergänzt wird dies durch ein
eigenes Prüfrecht der Künstlersozialkasse.
Erleichterungen bei den Melde- und Abgabepflichten kann eine Geringfügigkeitsgrenze bringen, wonach sich eine
Abgabe nur bei Entgelten im Kalenderjahr von mehr 450 EUR ergibt.
Sie haben noch Fragen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wir beraten Sie gerne.
Mit freundlichen Grüßen
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BS WESTDEUTSCHLAND GmbH
Wirtschaftsprüfung ▪ Steuerberatung
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
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Ihre Mandanteninformationen des Monats Februar 2014
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im
Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende
Sachverhalte zu überprüfen.
Bitte lesen Sie im Einzelnen:
Inhalt
Privatbereich
1.
Beschränktes Auskunftsrecht des Aktionärs in Bezug auf die Tagesordnung einer
Hauptversammlung
2.
Fremdvergleich bei Darlehen zwischen nahen Angehörigen
3.
Keine regelmäßige Arbeitsstätte bei vorübergehender Versetzung
4.
Wirksamkeit einer per Fax eingereichten Einkommensteuererklärung
5.
Sind auf Firmenjubiläum verloste Kfz als Betriebsausgaben abziehbar?
6.
Kein grunderwerbsteuerliches Konzernprivileg bei Anteilsbesitz im Privatvermögen
7.
Kein Kindergeld mehr nach abgeschlossenem Erststudium
8.
Mautpflichtige Straße als kürzeste Verbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
9.
Veräußerungskosten bei Spekulationsgewinn nicht vollumfänglich abziehbar
10.
Offenbare Unrichtigkeit: von Amts wegen zu berichtigen?
11.
Nettolohnvereinbarung: ESt-Nachzahlung nicht auf Bruttobetrag hochzurechnen
12.
Entschädigung bei überlanger Verfahrensdauer bei Finanzgericht
13.
Schweizer Erbe bekommt den gleichen Freibetrag wie deutscher Erbe
14.
Rücknahme von Anträgen auf Aufteilung der Steuerschuld
15.
KSt-Befreiung für Abgabe von Zytostatika durch Krankenhausapotheke
16.
Fristlose Kündigung: darf bei Streit um Lohn die Arbeit verweigert werden?
17.
Pflichten des Anwalts bei Überwachung von Validierungsfristen für Patente
1/25
18.
Finanzämter beginnen Anfang März 2014 mit der ESt-Veranlagung 2013
19.
Verlängerung der Festsetzungsverjährung bei unrichtiger ESt-Erklärung
Unternehmer und Freiberufler
1.
Pauschbeträge für Sachentnahmen 2014
2.
Neues vom BMF zur organisatorischen Eingliederung bei Organschaften
3.
Vorsteueraufteilung bei Grundstücken: BFH bestätigt Flächenschlüssel
4.
Bundesfinanzministerium: Neues zum Vorsteuerabzug
5.
Begründen Windkrafträder Zweigniederlassungen?
6.
Wann unterliegt Abfall der Umsatzsteuer?
7.
Kleinunternehmer: Option zur Umsatzsteuer durch Umsatzsteuererklärung?
8.
Festsetzung von Verzögerungsgeld: Verhältnismäßigkeit bei Entschließungsermessen
9.
Verdeckte Gewinnausschüttung ist keine Schenkung
10.
Steuerliche Änderungen bei gemeinnützigen Körperschaften 2014
11.
Voraussetzungen einer organisatorischen Eingliederung
12.
Strom: Widerruf von Versorgererlaubnis ist keine Gewerbeuntersagung
13.
Steuerliche Trennung von nebeneinander ausgeübter gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit
14.
Entschädigungsanspruch bei Kündigung während Schwangerschaft
15.
Erschwerte Kündigung bei HIV Infizierung
16.
Arbeitgeber muss nachgewiesene Überstunden vergüten
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1.
2014: Lohnsteuerliche Behandlung von unentgeltlichen oder verbilligten Mahlzeiten von
Arbeitnehmern
2.
Ausgewogene Altersstruktur im Insolvenzverfahren: kein AGG-Verstoß
Privatbereich
1.
Beschränktes Auskunftsrecht des Aktionärs in Bezug auf die Tagesordnung einer
Hauptversammlung
Kernaussage
Bei umfangreichen Fragen eines Aktionärs in einer Hauptversammlung muss bei einer
Pauschalantwort konkret nachgefragt werden. Soweit das Aktiengesetz das Auskunftsrecht auf zur
sachgerechten Beurteilung des Tagesordnungspunkts erforderliche Informationen beschränkt, verstößt
dies nicht gegen die Aktionärsrechterichtlinie. Bei vertraulichen Vorgängen darf der Aufsichtsrat die
Auskunft verweigern.
Sachverhalt
Die Antragstellerin ist an der Deutschen Bank AG beteiligt. Auf der Hauptversammlung richtete sie
mehrere Fragen an die Deutsche Bank. Diese betrafen u. a. den Wunsch nach einem detaillierten
Überblick über den Erwerb von Sal. Oppenheim, die hierzu abgeschlossenen Verträge, die Frage nach
der Durchführung einer Due Diligence sowie die Behandlung so genannter vorlagepflichtiger
Engagements. Die Antragstellerin hält ihre Fragen für teilweise unzureichend beantwortet. Nachdem
bereits das Landgericht und das Oberlandesgericht das Auskunftsbegehren abgelehnt hatten, erhob
die Antragstellerin Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH).
2/25
Entscheidung
Auch vor dem BGH hatte die Antragstellerin keinen Erfolg. Jedenfalls dann, wenn eine Frage – wie
vorliegend – auf eine Vielzahl von Informationen gerichtet ist, die zumindest teilweise nicht für die
Beurteilung eines Tagesordnungspunkts relevant sind, muss der Aktionär, der auf seine Frage eine
aus seiner Sicht unzureichende Pauschalantwort erhält, durch eine Nachfrage deutlich machen, dass
sein Informationsinteresse auf bestimmte Detailauskünfte gerichtet ist. Dies war jedoch vorliegend
nicht erfolgt. Weiter ist die in der betreffenden Vorschrift des Aktiengesetzes (§ 131 Abs. 1 Satz 1
AktG) enthaltene Beschränkung des Auskunftsrechts des Aktionärs auf zur sachgemäßen Beurteilung
des Gegenstands der Tagesordnung einer Hauptversammlung erforderliche Informationen eine
zulässige Maßnahme nach den Bestimmungen der Aktionärsrechterichtlinie. Schließlich darf der
Vorstand regelmäßig die Auskunft verweigern, wenn sich das Auskunftsverlangen auf vertrauliche
Vorgänge richtet. Vorliegend handelte es sich um im Risikoausschuss behandelte Kreditengagements,
die persönliche Umstände von Dritten (Kunden) beinhalteten.
Konsequenz
Der Entscheidung ist zuzustimmen. Insbesondere ohne ein "Erforderlichkeitskriterium" würde die
Generaldebatte in der Hauptversammlung weiter ausufern, verbunden mit überflüssigen Fragen, die
aufgrund von Anfechtungsrisiken beantwortet werden müssten.
2.
Fremdvergleich bei Darlehen zwischen nahen Angehörigen
Kernaussage
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat aktuell erneut klargestellt, dass bei der steuerrechtlich erforderlichen
Prüfung der Fremdüblichkeit von zwischen nahen Angehörigen vereinbarten Vertragsbedingungen
großzügigere Maßstäbe anzulegen sind, wenn der Vertragsschluss, z. B. ein Darlehen, unmittelbar
durch die Erzielung von Einkünften veranlasst ist.
Sachverhalt
Der Kläger betrieb eine Bäckerei. Er erwarb von seinem Vater umfangreiches Betriebsinventar. In
Höhe des Kaufpreises gewährte der Vater dem Kläger ein verzinsliches Darlehen; diese
Darlehensrückforderung trat der Vater sogleich an seine Enkel, die seinerzeit minderjährigen Kinder
des Klägers, ab. Der Darlehensvertrag sah vor, dass die jährlichen Zinsen dem Darlehenskapital
zugeschrieben werden sollten. Beide Seiten sollten den Vertrag ganz oder teilweise mit einer Frist von
6 Monaten kündigen können. Das Finanzamt erkannte die Zinsaufwendungen des Klägers nicht als
Betriebsausgaben an. Das Finanzgericht bestätigte diese Auffassung mit der Begründung, die
Vereinbarungen über das Stehenlassen der Zinsen, die kurzfristige Kündigungsmöglichkeit und das
Fehlen von Sicherheiten seien nicht fremdüblich.
Entscheidung
Dem ist der BFH nicht gefolgt. Da der Kläger ohne das Angehörigendarlehen den Mittelbedarf für seine
betriebliche Investition bei einem Kreditinstitut hätte decken müssen, hätte das Finanzgericht bei der
Durchführung des Fremdvergleichs großzügigere Maßstäbe anlegen müssen als in Fällen, in denen z.
B. Eigenmittel dem Betrieb entnommen und als Angehörigendarlehen zurückgewährt werden. Bei der
hier zu beurteilenden Fallgruppe können einzelne unübliche Klauseln durch andere Vereinbarungen
kompensiert werden, solange gewährleistet ist, dass die Vertragschancen und -risiken insgesamt in
fremdüblicher Weise verteilt sind. So kann z. B. das Fehlen von Sicherheiten jedenfalls bei kurzfristiger
Kündigungsmöglichkeit durch einen höheren Zinssatz ausgeglichen werden.
Konsequenz
Eine abschließende Entscheidung war dem BFH nicht möglich, weil das Finanzgericht nicht festgestellt
hatte, ob bzw. wann die Zinsen tatsächlich an die Kinder des Klägers ausgezahlt worden sind. Diese
Feststellungen muss die Vorinstanz noch nachholen.
3.
Keine regelmäßige Arbeitsstätte bei vorübergehender Versetzung
Kernproblem
Mit dem ab 2014 geltenden Reisekostenrecht wurde der Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte durch
die erste Tätigkeitsstätte abgelöst. Das neue Recht bietet zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten und
definiert Begriffe, die bis dahin gesetzlich unbestimmt waren und die Gerichte beschäftigt haben. Für
Altfälle hilft das aber nicht weiter, so dass sich der Bundesfinanzhof (BFH) immer noch mit der
3/25
"regelmäßigen Arbeitsstätte" auseinandersetzen muss. In diesem Fall ging es um eine 3-jährige
Abordnung eines Beamten und die Frage, ob dieser in dem Zeitraum Reisekosten geltend machen
konnte.
Sachverhalt
Ein Finanzbeamter wurde von seinem Finanzamt für einen Zeitraum von "längstens 3 Jahren" an die
Landesfinanzschule Niedersachsen abgeordnet. Im Nachhinein dauerte die Abordnung einige Monate
länger an, bevor der Beamte wieder an seinem Finanzamt mit der Absicht einer dauerhaften
Versetzung tätig wurde. In den Steuererklärungen der letzten beiden Jahre der Finanzschultätigkeit
beantragte der Beamte für die Fahrten zunächst die Entfernungspauschale und später im
Einspruchsverfahren den Ansatz von Reisekosten. Dies wurde ihm vom Finanzamt mit der
Begründung verwehrt, dass er sich auf die dauerhafte Tätigkeit an der Schule hätte einrichten können.
Das Niedersächsische Finanzgericht stützte die Ansicht der Verwaltung, weil der Beamte über
mehrere Veranlagungszeiträume hinweg fortdauernd und immer wieder an einer Einrichtung des
Arbeitgebers tätig wurde.
Entscheidung
Die Revision des Finanzbeamten vor dem BFH hatte Erfolg. Nach Auffassung des Senats wird auch
eine vorübergehende Tätigkeitsstätte nicht durch bloßen Zeitablauf zur regelmäßigen Arbeitsstätte.
Das gelte nur bei einer dauerhaften Zuordnung. Dafür seien die der Auswärtstätigkeit
zugrundeliegenden Vereinbarungen zu untersuchen und aus damaliger Sicht zu beurteilen, ob der
Arbeitnehmer voraussichtlich an seine regelmäßige Arbeitsstätte zurückkehren werde. Denn anders
als ab 2014 sehe das bis dahin geltende Recht keine zeitliche Obergrenze vor.
Konsequenz
Ab dem 1.1.2014 gilt eine Grenze von 48 Monaten, nach der eine dauerhafte Zuordnung gesetzlich
unterstellt wird. Hierunter fallen auch Abordnungen, die bereits zu diesem Zeitpunkt angetreten sind. In
solchen Fällen war zu empfehlen, dass der Arbeitgeber bis zu Beginn des Jahres eine Prognose zu
treffen und zu dokumentieren hatte, falls das nicht bereits zu Beginn der Tätigkeit erfolgt war. Das
Bundesfinanzministerium (BMF) bietet laut aktuellem Schreiben durchaus Gestaltungsmöglichkeiten,
denn eine so genannte Kettenabordnung ist keine dauerhafte Zuordnung, wenn die einzelne
Abordnung jeweils einen Zeitraum von weniger als 48 Monaten umfasst.
4.
Wirksamkeit einer per Fax eingereichten Einkommensteuererklärung
Kernaussage
Mit aktuellem Urteil hat das schleswig-holsteinische Finanzgericht erkannt, dass ein Antrag auf
Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung wirksam auch per Telefax beim Finanzamt
eingereicht werden kann. Das zuständige Finanzamt hatte dies auf der Grundlage des – für das
Finanzamt bindenden – Schreibens des Bundesfinanzministeriums (BMF) aus 2003 anders gesehen
und die Durchführung der Antragsveranlagung verweigert.
Sachverhalt
Die als Lehrerein tätige Klägerin erzielte im Jahr 2007 ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger
Arbeit. Am 28.12.2011 erstellte deren Steuerberater die Einkommensteuererklärung für 2007 und warf
sie in den Briefkasten der im Urlaub weilenden Klägerin ein. Die Tochter der Klägerin fand den
Erklärungsvordruck und informierte die Klägerin. Am 29.12.2011 telefonierte die Klägerin mit ihrer
Steuerberaterin und vergewisserte sich, dass in der Erklärung die zutreffenden Beträge angesetzt
wurden; sodann teilte sie ihrer Tochter mit, dass die Erklärung beim Finanzamt eingereicht werden
könne. Dazu leistet die Klägerin ihre Unterschrift auf der ersten Seite einer Faxkopie der
Steuererklärung, die ihre Tochter am 30.11.2011 mit der gesamten Erklärung an das Finanzamt
übergab. Zusätzlich übermittelte die Steuerberaterin der Klägerin die Erklärung noch elektronisch an
das Finanzamt. Im Januar 2012 teilte das Finanzamt mit, eine Veranlagung der Klägerin für 2007
könne nicht mehr erfolgen; die Festsetzungsfrist sei abgelaufen. Zwar sei die Erklärung noch in 2011
beim Finanzamt eingegangen, sie enthalte indes nicht die erforderliche eigenhändige Unterschrift der
Klägerin. Diese müsse im Original und nicht lediglich als (Telefax-)Kopie vorgelegt werden.
Entscheidung
Dem ist das Finanzgericht nicht gefolgt. Das Merkmal der "Eigenhändigkeit" der Unterschrift erfordere
4/25
nämlich lediglich, dass sie von der Hand des Steuerpflichtigen stamme. Mit der eigenhändigen
Ableistung der Unterschrift durch den Steuerpflichtigen in Kenntnis des konkreten Erklärungsinhalts sei
dem Sinn und Zweck der "Eigenhändigkeit" der Unterschrift (Absenderidentifikation, Warnfunktion,
Verantwortungsübernahme für den Erklärungsinhalt) in Gänze genüge getan. Darauf, ob der
Steuerpflichtige die Erklärung dann im Original oder als (Telefax-)Kopie an das Finanzamt versende,
komme es nicht an, da die Art und Weise der Übermittlung keine Auswirkung auf die genannte
Zweckerfüllung habe. Unerheblich sei auch, dass der Klägerin im konkreten Fall die Erklärung nicht
vollständig, sondern lediglich in Gestalt des Deckblattes vorgelegen habe. Maßgebend sei auch hier,
dass die Unterschrift dennoch alle ihr beizumessenden Funktionen erfüllt habe. Das sei der Fall, weil in
tatsächlicher Hinsicht habe festgestellt werden können, dass die Klägerin sich im Rahmen eines
längeren Telefonats über den genauen Inhalt der Erklärung vergewissert habe. Dementsprechend sei
insbesondere die Warn- und Schutzfunktion gewährleistet gewesen, denn die Erklärung sei in Kenntnis
und im Bewusstsein ihres Inhalts unterschrieben worden.
Konsequenz
Das letzte Wort wird nun der Bundesfinanzhof (BFH) haben, dort ist die Revision bereits anhängig.
5.
Sind auf Firmenjubiläum verloste Kfz als Betriebsausgaben abziehbar?
Kernaussage
Die Anschaffungskosten für Kraftfahrzeuge, die bei einer Firmenjubiläumsfeier verlost werden, können
nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn der Teilnehmerkreis so überschaubar ist, dass
der Wert der Gewinnchance je Teilnehmer über 35 EUR liegt. Dies hat das Finanzgerichts Köln im
Spätsommer 2013 entschieden.
Sachverhalt
Eine Computerfirma veranstaltete anlässlich ihres 10-jährigen Bestehens eine "Hausmesse", zu der
nach vorheriger Anmeldung sowohl Bestandskunden als auch potenzielle Neukunden eingeladen
wurden. Die Eintrittskarten stellten zugleich Lose für die Verlosung von 5 VW Golf zum Preis von
jeweils 13.200 EUR netto dar. Voraussetzung für die Teilnahme an der Tombola war, dass der
jeweilige Kunde an dem Messetag persönlich erschien und hierdurch sein Los aktivierte. Das
Finanzamt versagte den Betriebsausgabenabzug für die Pkw-Anschaffungskosten in Höhe von
insgesamt 66.000 EUR. Es vertrat die Auffassung, dass es sich hierbei um Aufwendungen für
Geschenke an Geschäftsfreunde (§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz – EStG) handele,
die nur steuerlich abziehbar seien, wenn sie nicht teurer als 35 EUR seien.
Entscheidung
Das Finanzgericht Köln hat sich im Ergebnis der Meinung des Finanzamtes angeschlossen und die
Klage der Computerfirma auf Anerkennung der Betriebsausgaben abgewiesen. Dabei sah das Gericht
allerdings nicht den gewonnenen Pkw, sondern die in den aktivierten Losen verkörperte
Gewinnchance als Gegenstand der Schenkung an. Da auf der Jubiläumsveranstaltung letztlich 1.331
Teilnehmer mit gewinnberechtigten Losen anwesend waren, ergab sich für jeden Teilnehmer eine
Gewinnchance von ca. 49 EUR. Die Freigrenze von 35 EUR war überschritten und die
Anschaffungskosten somit in vollem Umfang vom Steuerabzug ausgeschlossen. Ein
Preisausschreiben oder eine sonstige Auslobung lägen im Streitfall nicht vor. Die Klägerin könne sich
schon deshalb nicht auf die einschlägigen Richtlinien der Finanzverwaltung berufen, wonach Preise
anlässlich eines Preisausschreibens oder einer Auslobung keine Geschenke seien.
Konsequenz
Das letzte Wort hat nun voraussichtlich der Bundesfinanzhof (BFH); die Revision wurde wegen
grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
6.
Kein grunderwerbsteuerliches Konzernprivileg bei Anteilsbesitz im Privatvermögen
Kernaussage
Damit Umstrukturierungen im Konzern krisenfest und planungssicher ausgestaltet werden können,
wurde
ab
dem
1.1.2010
der
§
6a
Grunderwerbsteuergesetz
(GrEStG)
"Grunderwerbsteuervergünstigung bei Umstrukturierungen innerhalb des Konzern" eingeführt. Im
Ergebnis sollte laut Intention des Gesetzgebers mit der Vorschrift erreicht werden, dass unter
bestimmten Voraussetzungen bei Umwandlungsvorgängen innerhalb des Konzerns keine
5/25
Grunderwerbsteuer entsteht. In diesem Zusammenhang entschied das Finanzgericht Münster kürzlich,
dass das sogenannte Konzernprivileg (Steuervergünstigung nach § 6a GrEStG) bei der
Verschmelzung einer GmbH auf ihre Alleingesellschafterin nicht eingreift, wenn diese die
Gesellschaftsanteile im Privatvermögen gehalten hat.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine als Einzelunternehmerin tätige natürliche Person, war zugleich Alleingesellschafterin
einer GmbH, zu deren Vermögen 2 Grundstücke gehörten. Die GmbH-Anteile hatte die Klägerin nicht
in ihrer Bilanz ausgewiesen. Aufgrund einer Verschmelzung ging das gesamte Vermögen der GmbH
einschließlich der Grundstücke auf die Klägerin über. Das Finanzamt setzte im Hinblick auf diesen
Vorgang Grunderwerbsteuer fest. Demgegenüber begehrte die Klägerin die Anwendung der
grunderwerbsteuerlichen Vergünstigung.
Entscheidung
Das Gericht wies die Klage ab. Zwar werde Grunderwerbsteuer für Umwandlungsvorgänge, zu denen
auch die Verschmelzung gehöre, gemäß § 6a GrEStG nicht erhoben. Die weitere gesetzliche
Voraussetzung, dass an dem Vorgang ein "herrschendes Unternehmen" und eine hiervon "abhängige
Gesellschaft" beteiligt sein müssen, erfülle die Klägerin jedoch nicht, weil sie die Anteile an der GmbH
in ihrem Privatvermögen gehalten habe. Die Eigenschaft als herrschendes "Unternehmen" könnten nur
Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts erfüllen. Außerdem sei erforderlich, dass der Vorgang
unternehmerisches Vermögen betreffe. Insoweit schloss sich das Finanzgericht einer in der Literatur
weit verbreiteten Auffassung an.
Konsequenz
Die ferner in diesem Zusammenhang umstrittene Frage, ob das Konzernprivileg Anwendung findet,
wenn durch die Umwandlung der Konzernverbund endet, konnte das Gericht offen lassen und hat
wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH)
zugelassen.
7.
Kein Kindergeld mehr nach abgeschlossenem Erststudium
Kernaussage
Das Kindergeld wird in Deutschland im Regelfall als Steuervergütung nach dem
Einkommensteuergesetz gezahlt. Es beträgt in Deutschland seit Januar 2010 für das erste und zweite
Kind jeweils 184 EUR monatlich; anspruchsberechtigt sind grundsätzlich die Eltern. Hierzu hat das
Finanzgericht Düsseldorf kürzlich entschieden, dass für ein volljähriges Kind, welches sein Erststudium
mit dem Bachelor-Studium abgeschlossen hat und das während des Promotionsstudiums einer
Erwerbstätigkeit mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden nachgeht,
kein Kindergeld gezahlt wird. Die gesetzliche Bestimmung ist insoweit verfassungsgemäß.
Sachverhalt
Die Parteien stritten um die Gewährung von Kindergeld. Der Sohn des Klägers hatte sein
Bachelorstudium und seinen Masterstudiengang abgeschlossen und befand sich in einem als
Zweitstudium anzusehenden Promotionsstudium. Zusätzlich war er an der Universität als
wissenschaftlicher Assistent tätig. Diese Tätigkeit ist in Bayern auf die Hälfte der wöchentlichen
Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten (40,10 Stunden), d. h. auf 20,05 Stunden beschränkt. Mit der
Begründung, der Sohn des Klägers gehe nach abgeschlossenem Erststudium einer Beschäftigung mit
mehr als 20 Wochenstunden nach, versagte die Familienkasse die Gewährung des Kindergelds ab
2012. Hiergegen wandte sich der klagende Vater und argumentierte, das Gesetz spreche vom
"Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums". Das Wort "und" bedeute also,
dass eine Erwerbstätigkeit nur dann zur Versagung des Kindergeld führen könne, wenn das Kind
beides, d. h. eine Berufsausbildung und ein Studium beendet habe, was bei seinem Sohn aber nicht
vorliege.
Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf gab der Familienkasse Recht und bejahte den Wegfall des
Kindergeldanspruchs. Der Sohn des Klägers konnte ein abgeschlossenes Erststudium vorweisen und
arbeitete während des Zweit(Promotions)studiums regelmäßig – also nicht nur ausnahmsweise –
wöchentlich mehr als 20 Stunden als wissenschaftlicher Assistent. Das Einkommensteuergesetz stelle
6/25
ausdrücklich auf die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit ab, so die Richter. Dass diese regelmäßige
wöchentliche Arbeitszeit im konkreten Fall 20,05 Stunden betrug und folglich lediglich minimal über der
schädlichen Grenze von 20 Wochenstunden lag, rechtfertigte für das Finanzgericht keine andere
Beurteilung. Aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut folge, dass auch bei geringfügiger Überschreitung
der 20-Stunden-Grenze eine Abrundung nach unten nicht möglich sei: wähle der Gesetzgeber durch
Pauschalierung eine Grenze, sei diese von der Familienkasse zu beachten und könne nicht durch
Billigkeitsspielräume erweitert werden.
Konsequenz
Das Finanzgericht hält die Gesetzesbestimmung für verfassungsgemäß. Selbst wenn es aufgrund der
gesetzlichen Pauschalierung und Typisierung im Einzelfall zu steuersystematisch nicht gerechtfertigten
Zahlungen von Kindergeld kommen sollte, sei die damit verbundene Ungleichbehandlung durch den
Grundsatz der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt. Das besondere Pech des Klägers war hier,
dass sein Sohn in Bayern studierte, denn hätte der Sachverhalt in einem anderen Bundesland gespielt,
in dem die tarifliche Wochenarbeitszeit genau oder weniger als 40 Stunden beträgt, wäre dem Kläger
das Kindergeld gewährt worden.
8.
Mautpflichtige Straße als kürzeste Verbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
Kernproblem
Für die Aufwendungen des Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (ab 2014: erster
Tätigkeitsstätte) gilt die Entfernungspauschale von 0,30 EUR je Entfernungskilometer. Für die
Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung maßgebend; eine andere Verbindung
kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer
regelmäßig für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt wird. Was auf deutschen Straßen
(noch) zur Ausnahme gehört, ist die Nutzung mautpflichtiger Straßen für die Wege zur Arbeit mit dem
Pkw. Inwieweit sich solche Strecken bei Ermittlung der Entfernungspauschale auswirken, war Thema
eines Rechtsstreits vor dem Finanzgericht (FG) Mecklenburg-Vorpommern.
Sachverhalt
Ein in Rostock wohnhafter Arbeitnehmer gab in seiner Einkommensteuererklärung für die Fahrten zur
Arbeit des ebenfalls in der Hansestadt ansässigen Arbeitgebers eine Entfernung von 22 km an. Das
Finanzamt berücksichtigte jedoch nur eine Entfernungspauschale von 11 km, die sich unter
Berücksichtigung der Nutzung des privatwirtschaftlich betriebenen und daher mautpflichtigen
Rostocker Warnowtunnels ergab. Der Arbeitnehmer argumentierte, dass zwar die kürzeste Verbindung
durch den Tunnel führe, aber bei Ermittlung der durch das Gesetz definierten "offensichtlich
verkehrsgünstigeren" auch die von ihm genutzte "kostengünstigere" Straßenverbindung
Berücksichtigung finden müsse. Denn die Nutzung der Umwegstrecke sei erheblich kostengünstiger,
als die Tunnelgebühr von täglich 4,50 EUR. Das Finanzamt lehnte den Einspruch ab.
Entscheidung
Auch das Finanzgericht wies die Klage des Arbeitnehmers als unbegründet ab, weil die kürzeste
Straßenverbindung ungeachtet dessen maßgebend bliebe, ob diese über eine mautpflichtige Straße
führe. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) setze eine verkehrsgünstigere Strecke
entweder eine Zeitersparnis oder andere Besonderheiten (z. B. lange Wartezeiten oder ungünstige
Ampelschaltungen) voraus. Eine Gleichsetzung der kostengünstigeren Verbindung lehnten die
Finanzrichter ebenso ab wie eine Berücksichtigung des Umstands, dass der Tunnel nach Auffassung
des Arbeitnehmers keine öffentliche Straße im eigentlichen Sinne darstelle. Weil auch keine
Mautgebühren angefallen waren, konnten die Richter offen lassen, ob sich solche Aufwendungen
neben der Entfernungspauschale ausgewirkt hätten.
Konsequenz
Die praktische Ausführung des vorgenannten Streitfalls dürfte sich noch in Grenzen halten. Sofern
man davon betroffen ist, sollten Verfahren offen gehalten werden, denn der Rechtsstreit ist wegen
grundsätzlicher Bedeutung nun beim BFH anhängig geworden. Dagegen dürfen sich Gebührenzahler
von Tunneln und mautpflichtigen Straßen wenig Hoffnung auf weitere Werbungskosten machen, denn
diese sind nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht neben der Entfernungspauschale zu
berücksichtigen.
7/25
9.
Veräußerungskosten bei Spekulationsgewinn nicht vollumfänglich abziehbar
Kernproblem
Die Spekulationsfrist für den Verkauf von Grundstücken des Privatvermögens wurde zu Beginn des
Jahres 1999 von 10 auf 2 Jahre vermindert, woraufhin das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die
rückwirkende Verlängerung als teilweise verfassungswidrig eingestuft hat. In der Folge müssen
Steuerpflichtige, die ein Grundstück mehr als 2 Jahre vor der Gesetzesverkündung am 31.3.1999
erworben und innerhalb der neuen 10-jährigen Spekulationsfrist nach diesem Datum wieder veräußert
haben, ihren Spekulationsgewinn nur insoweit versteuern, wie er auf den Zeitraum nach dem
31.3.1999 entfällt. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat zur Erleichterung einer Aufteilung eine
Verwaltungsanweisung erlassen, in der grundsätzlich von einer zeitanteiligen Aufteilung des
Wertzuwachses während der Besitzzeit ausgegangen werden kann. Abweichend hiervon ist auch eine
Aufteilung
nach
tatsächlichen Wertverhältnissen
möglich.
Zur
Berücksichtigung
von
Veräußerungskosten bemerkt das BMF in seinem Schreiben ausdrücklich, dass es einer anteiligen
Zuordnung der Veräußerungskosten nicht bedarf. Im Umkehrschluss kann das bedeuten, dass die
Werbungskosten in voller Höhe abzugsfähig sind, auch wenn das z. B. wegen geringer Besitzzeit im
Zeitraum der Steuerpflicht zu einem steuerlichen Verlust führt (der tatsächlich nicht entstanden ist). Ob
das sein kann, war Streitgegenstand eines Verfahrens vor dem Finanzgericht (FG) Köln.
Sachverhalt
Eine Grundstücks-GbR erzielte im Jahr 2000 beim Verkauf eines 1991 erworbenen Grundstücks vor
Abzug von Kosten einen Spekulationsgewinn von 60.000 DM, von dem 6.000 DM steuerpflichtig
waren. Die Veräußerungskosten für Makler, Vorfälligkeitsgebühr und Grundbuch von 20.000 DM zog
das Finanzamt anteilig mit 2.000 DM ab und ermittelte einen steuerpflichtigen Spekulationsgewinn von
4.000 DM. Die GbR dagegen bezog sich im Klageverfahren vor dem FG auf die
Verwaltungsanweisung und begehrte den vollen Ansatz der Kosten und damit einen Verlust von
14.000 DM.
Entscheidung
Das FG vertrat die Auffassung des Finanzamts mit der Folge einer quotalen Aufteilung der
Veräußerungskosten. Der Meinung der Grundstücksgesellschaft wollte sich das Gericht nicht
anschließen, weil dies im Ergebnis die Umdeutung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
in eine Subventionsregel zur Folge gehabt hätte. Ein Anspruch darauf ließe sich aber weder aus dem
Urteil noch dem daraufhin ergangenen BMF-Schreiben herleiten. Zudem verwiesen die Richter in ihrer
Begründung auf das Korrespondenzprinzip bei der Abgrenzung von Ausgaben, die teilweise mit
steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.
Konsequenz
Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache durch das FG zugelassen. Wenn
diese beim BFH anhängig wird, sollten betroffene Steuerpflichtige die Verfahren offenhalten,
wenngleich eine andere Entscheidung aus München eher überraschen würde.
10.
Offenbare Unrichtigkeit: von Amts wegen zu berichtigen?
Kernaussage
Erstellt ein Steuerpflichtiger seine Umsatzsteuererklärung vollständige und normgemäß und wird
dementsprechend erklärungsgemäß veranlagt, kann es passieren, dass der Steuerpflichtige vergisst,
seine geleisteten Umsatzsteuerzahlungen in der Einnahmeüberschussrechnung als Betriebsausgaben
abzuziehen. Übernimmt das Finanzamt im Rahmen der Veranlagung dieses Versäumnis, stellt dies
eine von Amts wegen zu korrigierende offenbare Unrichtigkeit dar.
Sachverhalt
Ein Steuerpflichtiger versäumte in seinen Einnahmeüberschussrechnungen, die zuvor in den
jeweiligen
Umsatzsteuererklärungen
angegebenen
und
erklärungsgemäß
veranlagten
Umsatzsteuervorauszahlen als Betriebsausgabe abzuziehen. Hingegen wies er die Vorsteuerbeträge
vollständig und zutreffend auf der Einnahmeseite aus. Das Finanzamt übernahm seine erklärten
Einkünfte und erließ auf dieser Grundlage Bescheide, die bestandskräftig wurden. Als der
Steuerpflichtige eine Änderung nach den Bestimmungen der Abgabenordnung (AO) beantragte, wies
das Finanzamt seinen Antrag wegen Unanwendbarkeit dieser Rechtnorm und gleichzeitiger
8/25
Bestandskraft der Einkommensteuerbescheide zurück. Vor dem Finanzgericht unterlag der
Steuerpflichtige ebenfalls und ging bis zum Bundesfinanzhof (BFH).
Entscheidung
Vor dem BFH hatte der Steuerpflichtige schließlich Erfolg. Die Richter hoben das Urteil auf und
verwiesen die Klage an das Finanzgericht zurück. Eine offenbare Unrichtigkeit kann seitens des
Klägers (als Übernahmefehler des Finanzamts) oder seitens des zuständigen Finanzamts auftreten
und liegt nach der Abgabenordung, wenn sie für jeden unvoreingenommenen Dritten eindeutig und
klar erkennbar ist. Auslegungs- oder Verständnisfehler werden von der Norm ausgeschlossen. Ein
solcher Fehler liegt im obigen Fall aber keineswegs vor, da der Steuerpflichtige die
Umsatzsteuererklärung sinngemäß und zutreffend erklärte. Das Finanzamt setze die
Umsatzsteuererklärungen regelmäßig mit den entsprechenden Umsatzsteuerzahlungen fest, sodass
hier eine mangelnde Sachaufklärung ausgeschlossen werden musste.
Konsequenz
Offenbare Unrichtigkeiten können auch nach eingetretener Bestandskraft der Bescheide geändert
werden und sind bei berechtigtem Interesse der Beteiligten zu berichtigen. Der BFH sah hier bei den
Angaben des Steuerpflichtigen ein mechanisches Versehen als gegeben an, welche sich das
Finanzamt zu eigen gemacht hatte. Folglich blieb die Änderung als notwendige Konsequenz.
11.
Nettolohnvereinbarung: ESt-Nachzahlung nicht auf Bruttobetrag hochzurechnen
Kernaussage
Trifft ein Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber eine Nettolohnvereinbarung, so ist eine
Einkommensteuernachzahlung durch den Arbeitgeber nicht auf einen Bruttobetrag hochzurechnen.
Denn durch die arbeitgeberseitige Nachzahlung fließt dem steuerpflichtigen Arbeitnehmer lediglich ein
Bruttoarbeitslohn in eben dieser Höhe zu.
Sachverhalt
Der Kläger, ein japanischer Staatsangehöriger, war aufgrund einer Entsendungsvereinbarung als
Angestellter in Deutschland tätig. Er traf mit seinem Arbeitgeber eine Nettolohnvereinbarung. Danach
zahlte dieser den Nettolohn aus und übernahm die darauf anfallenden Steuern. Im Rahmen von
Veranlagungen anfallende Einkommensteuererstattungen wurden vom beklagten Finanzamt an den
Arbeitgeber abgeführt. Kam es zu Nachzahlungen, wurden diese vom Arbeitgeber erbracht. Zwischen
den Beteiligten kam es in der Folgezeit zum Streit darüber, ob die als Arbeitslohn zu erfassenden
Einkommensteuernachzahlungen durch den Arbeitgeber den Brutto- oder Nettolohn des Klägers
erhöhen. Mit seiner Klage wendete sich der Kläger gegen die Handhabung des Finanzamts, das den
Nachzahlungsbetrag auf einen Bruttolohn hochrechnete.
Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf hat der Klage stattgegeben. Nach der Rechtsprechung sei ein
Einkommensteuererstattungsanspruch,
den
der
Arbeitnehmer
im
Rahmen
einer
Nettolohnvereinbarung an seinen Arbeitgeber abgetreten habe, im Rahmen des Lohnsteuereinbehalts
nur durch einen Abzug vom laufenden Bruttoarbeitslohn und nicht durch Verminderung des laufenden
Nettolohns zu berücksichtigen. Denn bei den Steuererstattungen handele es sich um Rückzahlungen
von überzahltem Arbeitslohn. Diese Grundsätze seien auf den Streitfall übertragbar. Bei Bestehen
einer Nettolohnvereinbarung, die sich – wie im Streitfall – ausschließlich auf die Übernahme der
Lohnsteuer auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehe, sei es nicht zulässig, auf die vom
Arbeitgeber getragene Lohnsteuer, die bereits Teil des Bruttoarbeitslohns sei, nochmals eine Steuer
zu berechnen. Denn die an die Finanzverwaltung abgeführte Lohnsteuer stelle keinen Sachbezug dar,
für den noch zusätzlich Lohnsteuer zu erheben sei, sondern sie sei bereits Teil des der Besteuerung
unterliegenden Bruttoarbeitslohns.
Konsequenz
Das letzte Wort wird nun vermutlich der Bundesfinanzhof (BFH) haben; die Düsseldorfer Finanzrichter
ließen die die Revision zu.
12.
Entschädigung bei überlanger Verfahrensdauer bei Finanzgericht
Kernaussage
Der Bundesfinanzhof
(BFH)
hat
einen
groben
Zeitrahmen
für
die
Dauer
eines
9/25
Finanzgerichtsverfahrens festgesetzt. Im Falle der Nichteinhaltung sind Entschädigungsansprüche
möglich. Hiervon ausgenommen sind Verfahren mit wesentlich abweichender Bearbeitungsintensität.
Von einer angemessenen Verfahrensdauer wird ausgegangen, wenn das Gericht 2 Jahre nach der
Klage mit Maßnahmen beginnt, die bei den anhängigen Gerichtsverfahren zu einer endgültigen
Entscheidung führen.
Sachverhalt
Der im Inland ansässige und unbeschränkt steuerpflichtige Kläger bezog für seine 3 Kinder den vollen
Kindergeldbetrag. Die Kinder lebten mit seiner Ehefrau im gemeinsamen Haus in Nordirland. Der
ebenfalls unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehefrau wurde das deutsche Kindergeld infolge
Ihres Umzuges nach Nordirland gestrichen. Hiergegen klagte der Ehemann. Sowohl er als auch seine
Gattin seien unbeschränkt steuerpflichtig, würden im Inland zusammen veranlagt und erhielten keine
anderen Gelder von irländischen Behörden. Nach 8 Jahren und 9 Monaten wurde über dieses
Verfahren entschieden. Die Vermögensnachteile während dieser Zeit führten bei den Eheleuten zu
finanziellen Einbußen und erheblichen Überziehungszinsen. Der Steuerpflichtiger erhob
Entschädigungsklage wegen unangemessener Dauer des Gerichtsverfahrens.
Entscheidung
Der BFH hat dem Entschädigungsanspruch zugestimmt. Die Gerichte sollen innerhalb von 2 Jahren
nach Eingang der Klage mit Maßnahmen, die zur Entscheidung bei den jeweiligen Verfahren führen,
beginnen. Fortan dürfen keine nennenswerten Unterbrechungen seitens des Gerichts stattfinden,
sofern die aktive Phase des gerichtlichen Handelns bereits begonnen hat. Im aktuellen Fall wurde die
Verhandlung vielfach wegen eines erneuten Wechsels des zuständigen Berichterstatters
unterbrochen. Eine Generalisierung der Gesamtverfahrensdauer ist indes nicht möglich.
Finanzgerichtsverfahren unterscheiden sich dafür zu stark in ihrem Schwierigkeitsgrad und der
verbundenen Bearbeitungsintensität.
Konsequenz
Abweichend von Sonderfällen können Steuerpflichtige von einer angemessenen Verfahrensdauer
ausgehen, wenn die 2-Jahres-Frist zur Bearbeitung eingehalten wird. Voraussetzung für
Entschädigungsklagen ist stets eine vorausgehende so genannte Verzögerungsrüge.
13.
Schweizer Erbe bekommt den gleichen Freibetrag wie deutscher Erbe
Kernaussage
Das Finanzgericht Düsseldorf hat aktuell entschieden, dass ein in der Schweiz lebender Erbe, der nur
hinsichtlich eines in Deutschland belegenen Grundstücks (beschränkt) erbschaftsteuerpflichtig ist,
Anspruch auf denselben Freibetrag hat, wie ein Erbe, der in Deutschland wohnt und deshalb
unbeschränkt steuerpflichtig ist.
Sachverhalt
Der Kläger ist Schweizer Staatsangehöriger. Seine Ehefrau war ebenfalls Schweizerin. Beide hatten
ihren Wohnsitz in der Schweiz. Die Ehefrau des Klägers verstarb im Jahr 2009. Sie wurde von dem
Kläger allein beerbt. Die Ehefrau war Eigentümerin eines in Deutschland belegenen Grundstücks
gewesen; darüber hinaus war sie Inhaberin von Konten bei Banken in Deutschland und in der
Schweiz. Das Finanzamt setzte gegen den Kläger Erbschaftsteuer nur für das in Deutschland
belegene Grundstück fest. Dabei berücksichtigte es einen Freibetrag von 2.000 EUR, der nach dem
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz für beschränkt Steuerpflichtige vorgesehen ist. Für
unbeschränkt steuerpflichtige überlebende Ehegatten gilt ein Freibetrag von 500.000 EUR. Gegen die
Festsetzung des niedrigeren Freibetrags wehrte sich der Kläger.
Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf legte dem Europäischen Gerichtshof die Frage vor, ob die gesetzlich
vorgesehene Ungleichbehandlung des beschränkt steuerpflichtigen Klägers im Vergleich zu
unbeschränkt Steuerpflichtigen mit der Kapitalverkehrsfreiheit zu vereinbaren ist. Diese Frage hat der
Europäische Gerichtshof mit Urteil vom Oktober 2013 verneint. Darüber hinaus hat er entschieden,
dass sich auch ein Staatsangehöriger eines Drittstaates – wie hier der Schweiz – auf die durch das
europäische Recht garantierte Kapitalverkehrsfreiheit berufen kann. Auf Grund dieser Entscheidung
hat das Finanzgericht Düsseldorf der Klage des Schweizer Klägers stattgegeben.
10/25
Konsequenz
Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wurde nicht zugelassen, da die erheblichen Rechtsfragen
durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs hinreichend geklärt wurden.
14.
Rücknahme von Anträgen auf Aufteilung der Steuerschuld
Kernaussage
Aufteilungsanträge stellen ein unwiederholbares und unwiderrufliches verwaltungsrechtliches
Gestaltungsrecht zur Beschränkung der Vollstreckung dar. Ein gestellter Antrag kann nur vor Erlass
des Aufteilungsbescheids zurückgenommen werden.
Sachverhalt
Ein in Trennung lebendes Ehepaar gab eine gemeinsame Steuererklärung mit Antrag auf
Zusammenveranlagung ab. Das Finanzamt erließ den Steuerbescheid, aus dem sich eine
Nachforderung in Höhe von 1.100 EUR ergab. Gegen die Festsetzung der Einkommensteuer legten
die Steuerpflichtigen keinen Rechtsbehelf ein. Der Ehemann beantragte nach Erteilung des Bescheids
die Aufteilung der Steuerschuld. Das Finanzamt erließ daraufhin einen Aufteilungsbescheid, wonach
dem Steuerpflichtigen eine Steuerschuld in Höhe von 2.500 EUR und seiner Gattin eine Erstattung in
Höhe von 1.400 EUR zuzurechnen waren. Der Steuerpflichtige legte gegen diesen Bescheid
Einspruch ein und nahm gleichzeitig den Aufteilungsantrag zurück.
Entscheidung
Den eingelegten Rechtsbehelf wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Auch die anschließende
Klage vor dem Finanzgericht Niedersachsen war erfolglos. Zu Recht habe das Finanzamt eine
Aufhebung des Aufteilungsbescheids abgelehnt. Unter welchen Voraussetzungen ein
Aufteilungsbescheid geändert werden kann, sei abschließend in der Abgabenordnung (hier: § 280 Abs.
1 AO) geregelt. Hierbei handele es sich gegenüber den weiteren Vorschriften (§§ 130 ff. AO und §§
172 ff. AO) um eine speziellere Vorschrift. Dies bedeute, dass ein Aufteilungsbescheid ausschließlich
nach § 280 Abs. 1 AO berichtigt werden könne. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt gewesen, da
der Bescheid weder auf unrichtigen Angaben beruht, noch sich die rückständige Steuer nach Erteilung
des Bescheids geändert hätte. Dem Finanzamt war auch keine offenbare Unrichtigkeit (§ 129 AO)
unterlaufen. Die Möglichkeit der Antragsrücknahme sei in den Vorschriften über die Aufteilung der
Steuerschuld schlichtweg nicht vorgesehen.
Konsequenz
Das Antragswahlrecht ist nach einmaliger Ausübung verwirkt. Steuerpflichtige sollten daher vor
Stellung eines Antrags sehr genau prüfen, ob dadurch die gewünschten steuerlichen Folgen eintreten.
Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wurde zugelassen, da bislang ungeklärt ist, ob ein Antrag
auf Beschränkung der Vollstreckung §§ 268 ff. AO) nach Ergehen des Aufteilungsbescheids
zurückgenommen werden kann.
15.
KSt-Befreiung für Abgabe von Zytostatika durch Krankenhausapotheke
Kernaussage
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Sommer 2013 entschieden, dass die Abgabe von Medikamenten
zur Krebsbehandlung (sog. Zytostatika) durch eine Krankenhausapotheke zur sofortigen ambulanten
Verabreichung an Patienten von der Körperschaftsteuer befreit ist, wenn das Krankenhaus, von dem
die Apotheke betrieben wird, ein gemeinnütziger Zweckbetrieb ist. Die Steuerbefreiung erstreckt sich
auch auf die Gewerbesteuer, wie sich aus einem weiteren Urteil vom selben Tag ergibt.
Sachverhalt
Bei einem gemeinnützigen Krankenhaus ist die Steuerbefreiung nicht auf die unmittelbare ärztliche
und pflegerische Betätigung begrenzt. Sie erstreckt sich vielmehr auf alle typischerweise von einem
Krankenhaus gegenüber seinen Patienten erbrachten Leistungen. Steuerfrei sind hiernach jedenfalls
alle Einkünfte aus Tätigkeiten, die den Krankenhäusern gesetzlich zur Sicherstellung ihres
Versorgungsauftrags übertragen sind und für die der Sozialversicherungsträger als Kostenträger für
seine Versicherten deshalb grundsätzlich eintreten muss.
Entscheidung
Ob die Krankenhausapotheke zu öffentlichen Apotheken in Wettbewerb tritt, ist für den Umfang der
Steuerbefreiung nach deutschem Recht ohne Belang. Der BFH hat aber darauf hingewiesen, dass das
11/25
Gemeinnützigkeitsrecht aufgrund der Wettbewerbsrelevanz beihilferechtlichen Bedenken unterliegt.
Diese Bedenken erlaubten dem BFH in dem entschiedenen Fall zwar nicht, die gesetzlich
vorgesehene Steuerbefreiung zu verweigern. Der BFH hat jedoch klar zum Ausdruck gebracht, dass
die EU-Kommission berufen wäre, die Steuerbefreiungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht
zu prüfen und den Gesetzgeber ggf. zu einer Anpassung der deutschen Rechtslage aufzufordern.
Konsequenz
Der Entscheidung kann keine Aussage zu der vergleichbaren umsatzsteuerrechtlichen Problematik
entnommen werden. Der BFH hat in dem dazu anhängigen Revisionsverfahren das Verfahren
ausgesetzt und die Frage der Steuerbefreiung dem Gerichtshof der Europäischen Union zur
Vorabentscheidung vorgelegt. Der Ausgang jenes Verfahrens bleibt insoweit abzuwarten.
16.
Fristlose Kündigung: darf bei Streit um Lohn die Arbeit verweigert werden?
Kernaussage
Wer sich beharrlich weigert, seine Arbeit auszuführen, weil er denkt, er sei nicht ausreichend vergütet,
riskiert eine fristlose Kündigung. Auch ein Irrtum schützt hier nicht vor der Kündigung. Das hat das
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein kürzlich entschieden.
Sachverhalt
Der 49-jährige Kläger war bei der beklagten Arbeitgeberin seit gut einem Jahr als Bodenleger
beschäftigt. Für bestimmte Bodenverlegearbeiten war ein Akkordsatz vereinbart, ansonsten ein
Stundenlohn von 12 EUR. Der Kläger sollte in 40 nahezu identischen Häusern im Akkord Bodenbelag
verlegen. Dabei musste er vorbereitend – wie üblich – auch den Belag in die einzelnen Häuser
transportieren, den Untergrund reinigen sowie den Belag zu- und Dämmstreifen abschneiden. Nach 2
Tagen Arbeit rechnete er sich seinen Durchschnittsstundenlohn aus und kam auf einen Betrag von
7,86 EUR brutto. Daraufhin forderte er vom Geschäftsführer einen adäquaten Stundenlohn für diese
Baustellen oder aber einen anderen Einsatzort. Dieser lehnte beides ab und forderte den Kläger in
mehreren Gesprächen eindringlich auf, die zugewiesene Arbeit auszuführen. Zuletzt drohte er ihm die
fristlose Kündigung an. Der Kläger hielt an seiner Verweigerungshaltung fest. Das Arbeitsverhältnis
wurde daraufhin fristlos gekündigt. Das erstinstanzliche Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage
statt. Dem Kläger habe noch die Möglichkeit gegeben werden müssen, seine Position zu überdenken
und zu überprüfen. Dem folgte das Landesarbeitsgericht nicht und hob die Entscheidung auf.
Entscheidung
Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass der Kläger die Arbeit nicht verweigern
durfte, weil zu Bodenverlegearbeiten unstreitig Zusammenhangsarbeiten gehörten. Daran ändere auch
eine möglicherweise unzureichende Vergütungsabrede nichts. Es galt die getroffene Vereinbarung.
Der Kläger musste daher erst einmal die zugewiesene Arbeit verrichten und durfte sie nicht
zurückhalten. Den Vergütungsstreit hätte er ggf. später nach Erhalt der Abrechnung führen müssen.
Dass sich der Kläger insoweit über ein Zurückbehaltungsrecht geirrt hat, war unbeachtlich. Das
Irrtumsrisiko trage der Arbeitnehmer. Wegen der Beharrlichkeit der Weigerung war hier die fristlose
Kündigung gerechtfertigt.
Konsequenz
Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht nicht zugelassen.
17.
Pflichten des Anwalts bei Überwachung von Validierungsfristen für Patente
Kernaussage
Durch allgemeine interne Anweisungen muss ein Rechtsanwalt sicherstellen, dass sein Büropersonal
nicht eigenmächtig im Fristenkalender eingetragene Fristen ändert oder löscht, was insbesondere für
den Fall gilt, dass eine außergewöhnliche Verfahrensgestaltung Anlass zur Prüfung gibt, ob die bereits
eingetragenen Fristen maßgeblich bleiben oder nicht. Diese für Rechtsmittelfristen entwickelten
Maßstäbe gelten auch für eine Frist zur Validierung eines Patents. Hierfür reicht es nicht aus, wenn der
Rechtsanwalt seine mit der Fristüberwachung betrauten Mitarbeiter der Kanzlei anweist, alle
erkennbaren Probleme und Fragen mit dem verantwortlichen Anwalt zu klären.
Sachverhalt
Die Inhaberin eines in der Verfahrenssprache Englisch erteilten europäischen Patents wurde mit
Schreiben vom 20.12.2006 vom Deutsche Patent- und Markenamt darauf hingewiesen, dass binnen 3
12/25
Monaten eine deutsche Übersetzung einzureichen und eine Veröffentlichungsgebühr in Höhe von
150,00 EUR zu entrichten sei. Das Patentamt stellte mit Bescheid vom 19.9.2007 fest, dass die
Wirkungen des europäischen Patents für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang an nicht
eingetreten gelten, weil die genannten Erfordernisse nicht erfüllt worden waren. Daraufhin reichte die
Patentinhaberin am 26.11.2007 beim Patentamt eine deutsche Übersetzung der Patentschrift ein und
entrichtete die verlangte Gebühr. Sie beantragte außerdem die Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand. Der Antrag wurde vom Patentamt zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegten Rechtsmittel
blieben erfolglos.
Entscheidung
Es gelang der Patentinhaberin nicht, glaubhaft zu machen, dass die Frist ohne Verschulden ihrer
inländischen Vertreter versäumt worden war. Die Berechnung einfacher und in seinem Büro geläufiger
Fristen darf ein Rechts- oder Patentanwalt zwar einem gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten
und sorgfältig überwachten Mitarbeiter überlassen. Durch geeignete organisatorische Maßnahmen ist
jedoch sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Unerlässlich
sind in diesem Zusammenhang eindeutige Anweisungen an das Büropersonal, die Festlegung klarer
Zuständigkeiten und die zumindest stichprobenartige Kontrolle des Angestellten. Der Anwalt muss
durch allgemeine Anweisungen sicherstellen, dass sein Büropersonal nicht eigenmächtig im
Fristenkalender eingetragene Fristen ändert oder löscht. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass eine
außergewöhnliche Verfahrensgestaltung Anlass zur Prüfung gibt, ob die bereits eingetragenen Fristen
maßgeblich bleiben oder nicht. Diese für Rechtsmittelfristen entwickelten Maßstäbe gelten auch für
eine Frist zur Validierung eines Patents. Die Tatsache, dass es in patentrechtlichen Verfahren viele zu
beachtenden Fristen geben könne und ein Patentanwalt zahlreiche Patente betreue, rechtfertige keine
andere Beurteilung und keine Abmilderung der Sorgfaltspflichten, so das Patentgericht. Eine
Anweisung, alle erkennbaren Probleme und Fragen mit dem verantwortlichen Anwalt zu klären,
genüge diesen Anforderungen nicht. Es sei unklar, unter welchen Voraussetzungen eine Vorlage an
den Anwalt zwingend erforderlich sei. Damit werde dem mit der Überwachung der Fristen betrauten
Mitarbeiter ermöglicht, eine Frist ohne Rücksprache zu löschen, ohne Vorgabe klarer und im Einzelfall
zweifelsfrei zu beurteilender Kriterien. Angesichts der weitreichenden Folgen einer unberechtigten
Friststreichung, sei dies nicht ausreichend. Da der Umstand, dass es in der Kanzlei bisher zu keinem
Fristversäumnis trotz langjähriger und umfangreicher Tätigkeit gekommen war, keinen Beleg für eine
ausreichende Kanzleiorganisation darstellt, wurde er vom Gericht nicht berücksichtigt.
Konsequenz
Die Anforderungen der Rechtsprechung an organisatorische Maßnahmen, die sicherstellen, dass
Fristen durch Büropersonal zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden, sind sehr hoch. Bei der
Ausgestaltung der Maßnahmen ist insbesondere darauf zu achten, dass den mit der Fristenkontrolle
betrauten Mitarbeitern kein Ermessenspielraum eingeräumt wird, wann Fristen zu löschen sind.
18.
Finanzämter beginnen Anfang März 2014 mit der ESt-Veranlagung 2013
Beginn der Einkommensteuer-Veranlagung 2014
Anfang März 2014 starten die Finanzämter wie in den vergangenen Jahren mit der Veranlagung der
Einkommensteuer für das Jahr 2013. Arbeitgeber, Versicherungen und andere Institutionen müssen
bis dahin die für die Steuerberechnung benötigten Angaben an die Finanzverwaltung übermitteln.
Dazu zählen z. B. Lohnsteuerbescheinigungen, Beitragsdaten zur Kranken- und Pflegeversicherung
und zur Altersvorsorge sowie Rentenbezugsmitteilungen.
Elektronische Abgabe der Steuererklärung
Das Finanzamt empfiehlt, die Steuererklärung elektronisch abzugeben. Der Vorteil des Finanzamts
besteht dabei darin, dass es die Daten nicht mehr eingeben muss; dem Bürger ermöglicht ELSTER
einen bequemen und bei Authentifizierung im Internet auch einen papierlosen Zugang zu seinem
Finanzamt, ganz ohne Ausdruck, Formulare und Postversand.
Wegfall der Zusendung der Steuererklärungsvordrucke
Hinzuweisen ist darauf, dass Steuererklärungsvordrucke nicht mehr an die Bürger versendet werden.
Wie bisher stehen Vordrucke aber auf den Internetseiten des Bundesfinanzministeriums (BMF) zum
Download bereit und können in den Finanzämtern und in den meisten Bürgerbüros der Städte und
13/25
Gemeinden abgeholt werden. In Ausnahmefällen werden die Vordrucke auf telefonische Anfrage auch
zugesendet (z. B. bei gehbehinderten, sehr alten oder schwerkranken Menschen).
Bearbeitungsdauer
Zwischen 5 Wochen und 6 Monaten liegt die Bearbeitungsdauer von Steuererklärungen in der Regel,
je nach Komplexität des Steuerfalls und Vollständigkeit der Unterlagen kann es auch länger dauern
oder auch wesentlich schneller gehen.
19.
Verlängerung der Festsetzungsverjährung bei unrichtiger ESt-Erklärung
Kernaussage
Von Steuerberatern erstellte Einkommensteuererklärungen, die leichtfertig fehlerhaft sind, führen
weder für den Steuerberater noch für den Mandanten zu einer leichtfertigen Steuerverkürzung. Die
Festsetzungsfrist verlängert sich folglich nicht.
Sachverhalt
Ein Arzt hatte seinen Steuerberater mit der Erstellung seiner Gewinnermittlung und
Einkommensteuererklärung beauftragt. Aufgrund eines leichtfertigen Fehlers wurde der Verlust aus
einer Beteiligung des Arztes an einer Laborgemeinschaft sowohl in der Steuererklärung als auch der
Einkommensteuerfestsetzung jeweils doppelt berücksichtigt. Die Behörde setzte die Einkommensteuer
für 1996 im Mai 1998 erklärungsgemäß fest. Das Finanzamt stellte diesen Fehler im Jahr 2006 bei
einer Außenprüfung fest und erließ nach Ablauf der regulären Festsetzungsfrist einen geänderten
Einkommensteuerbescheid.
Entscheidung
Der BFH hat den Änderungsbescheid aufgehoben, da zum Zeitpunkt seines Erlasses die reguläre
Festsetzungsfrist von 4 Jahren bereits abgelaufen war. Die Voraussetzung der Verlängerung auf 5
Jahre wegen leichtfertiger Steuerverkürzung (§ 169 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 AO) hätten nicht vorgelegen.
Weder dem Steuerberater könne ein schuldhaftes Handeln vorgeworfen werden, da die Erklärung
durch den Steuerpflichtigen und nicht durch ihn selbst eingereicht wurde, noch dem Mandaten selbst.
Dieser war seiner Pflicht zur gewissenhaften und ihm zumutbaren Prüfung nachgekommen. Der Fehler
war auch nicht auf den ersten Blick erkennbar. Ein Steuerpflichtiger darf im Regelfall darauf vertrauen,
dass sein Steuerberater die Erklärung richtig und vollständig erstellt, wenn er alle Unterlagen
vollständig einreicht. Zur Prüfung aller Einzelheiten ist der Mandant nicht verpflichtet.
Konsequenz
Das leichtfertige Handeln des Steuerberaters kann dem Mandanten nicht nach straf- oder
steuerrechtlichen Grundsätzen zugerechnet werden. Die Aufgabenteilung zwischen Steuerpflichtigem
und Steuerberater kann sehr wohl dazu führen, dass die reguläre Festsetzungsfrist von 4 Jahren bei
objektiv unrichtigen Angaben weiterhin Bestand hat.
Unternehmer und Freiberufler
1.
Pauschbeträge für Sachentnahmen 2014
Kernaussage
Werden Wirtschaftsgüter aus dem Unternehmen für außerbetriebliche – in der Regel private – Zwecke
entnommen, so unterliegen diese Sachentnahmen regelmäßig der Ertrags- und Umsatzbesteuerung.
Zur Vereinfachung setzt das Bundesfinanzministerium (BMF) jährlich Pauschbeträge zur Ermittlung
der Höhe der Entnahmen fest.
Neue Verwaltungsanweisung
Die Pauschbeträge für das Jahr 2014 sind nun vom BMF veröffentlicht worden. Sie betreffen
Gewerbezweige, die Einzelhandel mit Nahrungsmitteln betreiben, z. B. Bäckereien, Gaststätten etc..
Konsequenz
Die Pauschbeträge stellen Nettowerte dar. Die Umsatzsteuer (7 % bzw. 19 %) ist auf Basis dieser
Werte zu ermitteln. Alternativ zum Ansatz der Pauschbeträge kommen nur Einzelaufzeichnungen in
Betracht. Eine Reduzierung der Pauschbeträge, z. B. wegen Urlaubs oder individueller
Essgewohnheiten, ist nicht möglich.
14/25
2.
Neues vom BMF zur organisatorischen Eingliederung bei Organschaften
Kernaussage
Ist ein Unternehmen finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein anderes Unternehmen
eingegliedert, so liegt eine Organschaft vor. Das eingegliederte Unternehmen (Organgesellschaft)
verliert umsatzsteuerlich seine Selbständigkeit. Der Organträger tritt dafür in die Stellung der
Organgesellschaft ein.
Rechtslage
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hatte in 2013 seine Rechtsauffassung hinsichtlich des Vorliegens
einer organisatorischen Eingliederung an die jüngste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH)
angepasst. Insbesondere für Organschaften, in denen die Geschäftsführungen von Organträger und gesellschaft nicht personenidentisch besetzt sind, war nun fraglich, ob diese weiterhin die
Voraussetzungen für die Annahme einer Organschaft erfüllen. Das BMF hatte den Unternehmen eine
Übergangsregelung bis zum 31.12.2013 eingeräumt, um sich auf die geänderte Rechtslage
einzustellen.
Neue Verwaltungsanweisung
Das BMF hat nun die zuvor genannte Frist auf den 31.12.2014 verlängert, um den Unternehmen
zusätzliche Zeit zu geben, um gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen umzusetzen.
Konsequenz
Bestehende Organschaften bzw. Unternehmensgruppen, die für eine Organschaft in Frage kommen,
sollten nun die voraussichtlich letzte Gelegenheit nutzen, um zu prüfen, ob sich Handlungsbedarf
ergibt. Dieser kann sowohl Maßnahmen mit dem Ziel betreffen, bestehende Organschaften zu retten,
als auch diese zu beenden. Letzteres kann z. B. durch die Bestellung eines
einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführers in der Organgesellschaft, der dem Leitungsgremium
des Organträgers nicht angehört, erreicht werden. Die betroffenen Unternehmen sollten nicht mehr
zögern, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, da die Umsetzung gegebenenfalls erforderlicher
Maßnahmen Zeit benötigt.
3.
Vorsteueraufteilung bei Grundstücken: BFH bestätigt Flächenschlüssel
Kernaussage
Werden Gegenstände, insbesondere Grundstücke, gemischt genutzt, so ist die bezogene Vorsteuer
nur insoweit abzugsfähig, als sie den Umsätzen zuzurechnen ist, die einen Vorsteuerabzug zulassen.
Sachverhalt
Bis zum 31.12.2003 konnte die Vorsteuer nach dem Umsatzschlüssel, dem Verhältnis der zum
Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze zum Gesamtumsatz, aufgeteilt werden. Mit Wirkung zum
1.1.2004 wurde das UStG (§ 15 Abs. 4 UStG) derart geändert, dass die Anwendung des
Umsatzschlüssels faktisch nicht mehr möglich war. Als Maßstab verblieb lediglich eine Aufteilung nach
qm (Flächenschlüssel). Strittig war bisher, ob diese Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar
ist, das den Umsatzschlüssel als Regelmaßstab vorsieht.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht die deutsche Regelung insoweit als richtlinienwidrig an, als sie
grundsätzlich eine wirtschaftliche Zurechnung der Vorsteuer fordert, anstelle einer Aufteilung nach
dem Gesamtumsatz des Unternehmens. Der BFH hält es aber für zulässig, der wirtschaftlichen
Zurechnung (Flächenschlüssel) den Vorrang vor dem Umsatzschlüssel für Vorsteuerbeträge
einzuräumen, die nach § 15a UStG berichtigungspflichtig sind.
Konsequenz
Das Urteil bestätigt die Auffassung der Finanzverwaltung nur hinsichtlich solcher Vorsteuerbeträge, die
der Korrektur nach § 15a UStG unterliegen, also z. B. Vorsteuern aus der Errichtung von Gebäuden.
Für Vorsteuerbeträge aus laufenden Kosten, die nicht hierunter fallen, verneint der BFH nicht nur den
Vorrang des Flächenschlüssels, sondern hält den Ansatz des Umsatzschlüssels für angemessen. Als
Bemessungsgrundlage stellt der BFH hierbei auf die Gesamtumsätze des Unternehmens ab und nicht,
wie in der Praxis üblich, auf die Umsätze des jeweiligen Objekts. Hinsichtlich der laufenden Kosten
wird daher zukünftig nicht nur die Finanzverwaltung umdenken müssen, sondern auch die
Unternehmer. Das gerade erst vom Bundesfinanzministerium (BMF) veröffentlichte umfangreiche
15/25
Schreiben zum Vorsteuerabzug ist damit zum Teil schon wieder überholt bzw. muss überarbeitet
werden. Betroffene Unternehmen sollten prüfen, ob sie von dem Urteil profitieren können bzw. welche
Risiken es ggf. auch für die Vergangenheit mit sich bringt.
4.
Bundesfinanzministerium: Neues zum Vorsteuerabzug
Kernaussage
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in 2011 grundlegende Urteile zum Vorsteuerabzug gefällt. Die Fälle
betrafen gemischt genutzte Immobilien bzw. Photovoltaikanlagen. In allen Fällen musste sich der BFH
mit der Frage beschäftigten, ob die Unternehmer die Objekte korrekt ihrem Unternehmensvermögen
zugeordnet hatten, was grundsätzliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist. Daneben
beinhalteten die Urteile wesentliche Aussagen zur Aufteilung der Vorsteuer bei Photovoltaikanlagen.
Eine grundlegende Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums (BMF) hierzu fehlte bisher; nun liegt
sie vor.
Neue Verwaltungsanweisung
Das BMF hat nun ein 62-seitiges Schreiben zum Vorsteuerabzug veröffentlicht und den
Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) entsprechend aktualisiert. Das Schreiben beschäftigt sich
mit folgenden Themen: Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Unternehmensvermögen, Ermittlung der
unternehmerischen
Mindestnutzung
(10
%),
Zuordnungsschlüssel,
Zuordnungsobjekt,
Prognosezeitraum und Zeitpunkt und Dokumentation der Zuordnung und ihre Auswirkung auf die
Besteuerung. Anhand von zahlreichen Beispielen wird die Auffassung des BMF dann im Einzelnen
dargestellt.
Konsequenz
Die Grundsätze des Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden, das BMF beanstandet es
jedoch nicht, wenn diese erst ab 2014 angewendet werden. Unternehmer und deren steuerliche
Berater müssen sich mit dem BMF-Schreiben auseinandersetzen, um eine korrekte Deklaration zu
gewährleisten. Allerdings ist zu beachten, dass der BFH gerade ein grundlegendes Urteil zur
Vorsteueraufteilung veröffentlicht hat, das voraussichtlich eine nochmalige Überarbeitung des
Schreibens erfordert. Betroffen ist hiervon die Aufteilung von Vorsteuern aus laufenden Kosten, die
keiner Korrektur nach § 15a UStG unterliegen. Diese muss nach Ansicht des BFH auf Basis der
Umsätze des gesamten Unternehmens erfolgen, während das BMF derzeit noch eine objektbezogene
Betrachtung fordert.
5.
Begründen Windkrafträder Zweigniederlassungen?
Kernaussage
Erbringt ein im Ausland ansässiges Unternehmen Werklieferungen oder sonstige Leistungen an ein in
Deutschland ansässiges Unternehmen, so schuldet das Unternehmen, das die Leistung empfängt, die
Umsatzsteuer hieraus. Dies klingt zunächst einfach, die ersten Probleme stellen sich in der Praxis aber
schon, wenn zu klären ist, ob der Leistende im Inland ansässig ist.
Sachverhalt
Die Klägerin mit Satzungssitz in Deutschland betrieb Windkraftanlagen in Deutschland. Die
Gesellschafter der Klägerin saßen in Dänemark. Die Klägerin hatte weder ein eigenes Büro noch
Personal. Die Geschäfte wurden von einer GmbH geführt, mit der ein Geschäftsbesorgungsvertrag
bestand. Deren Geschäftsanschrift war identisch mit der der Klägerin in Deutschland. Das Finanzamt
vertrat die Auffassung, dass die Klägerin nicht in Deutschland ansässig sei. Die Geschäftsleitung
befinde sich in Dänemark und unter der Geschäftsadresse firmiere die geschäftsführende GmbH.
Rechtsfolge war, dass nicht mehr die Klägerin Steuerschuldnerin war, sondern der Energieversorger,
der den Strom abnahm. Die Klägerin schuldete die Umsatzsteuer dennoch, da diese nun als
unberechtigt ausgewiesen behandelt wurde. Ebenso wurde der Klägerin der Vorsteuerabzug versagt,
da dieser im Rahmen des Vorsteuervergütungsverfahrens hätte geltend gemacht werden müssen. Die
Klägerin argumentierte dagegen, dass die Windkraftanlagen als inländische Zweigniederlassungen zu
werten seien. Dem widersprach das Finanzamt, da dies einen Mindestbestand an Personal erfordere,
der hier nicht gegeben sei.
Entscheidung
Das Finanzgericht Münster gab der Klägerin Recht. Demnach sind die Windkrafträder als
16/25
Zweigniederlassungen zu behandeln. Das Gericht verwies zur Begründung auf die unionsrechtlichen
Vorgaben. Diese fordern für die Annahme einer festen Niederlassung einen hinreichenden Grad an
Beständigkeit sowie eine Struktur, die es von der personellen und technischen Ausstattung her
ermöglicht, Dienstleistungen zu erbringen. Das Fehlen der personellen Ausstattung hielt das
Finanzgericht für unbeachtlich, da dies durch die überdurchschnittlich stark ausgeprägte sachliche
Ausstattung kompensiert werde.
Konsequenz
Ist die (Nicht-)Ansässigkeit eines Unternehmens zu prüfen, so sind die Vorgaben der
Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) zu beachten, die nicht identisch sind mit dem Begriff der
Betriebsstätte im Ertragsteuerrecht. Bestehende Zweifel sollten ausgeräumt werden, denn die Risiken,
die eine Fehlbeurteilung für beide Vertragspartner nach sich zieht, sind erheblich, wie der Fall zeigt.
6.
Wann unterliegt Abfall der Umsatzsteuer?
Kernaussage
Man kennt es vom Vorabend des Sperrmülls: Für die einen ist es Abfall, für die anderen hat es noch
einen Wert. Und genau da geht das Problem in der Umsatzsteuer los. Denn sobald werthaltiger Müll
entsorgt wird, kann dies Umsatzsteuer nach sich ziehen, sowohl für den Entsorger als auch für den
Entsorgenden. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun zu diesem Problem erneut Stellung
bezogen.
Neue Verwaltungsanweisung
Nach Ansicht des BMF stellt die Entsorgung des Abfalls durch den Entsorger eine sonstige Leistung
dar, wenn der Entsorgung eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Ist dem Abfall
zudem ein wirtschaftlicher Wert beizumessen (werthaltiger Abfall), liegt ein tauschähnlicher Umsatz vor
(Abfalllieferung gegen Entsorgungsleistung), wenn die Vertragspartner übereinstimmend davon
ausgehen, dass der überlassene Abfall die Höhe der Vergütung für dessen Entsorgung beeinflusst hat
oder umgekehrt. Das BMF grenzt den Begriff der "eigenständigen wirtschaftlichen Bedeutung" durch
Aufzählung von Beispielen ab, in denen der Entsorgung eine solche Bedeutung nicht zukommt. Ist
eine Entsorgungsleistung gegeben, so setzt die Annahme eines tauschähnlichen Umsatzes
entsprechende Vereinbarungen über den Wert des überlassenen Abfalls voraus.
Konsequenz
Das BMF hatte zuletzt in 2012 zu dieser Thematik Stellung genommen. Das jetzige Schreiben ist
nahezu identisch zum damaligen Schreiben. Die betroffenen Unternehmen sollten sich mit dem
Schreiben auseinandersetzen, da seine Grundsätze spätestens seit 2013 anzuwenden sind.
7.
Kleinunternehmer: Option zur Umsatzsteuer durch Umsatzsteuererklärung?
Kernaussage
Von Kleinunternehmern, die bestimmte Umsatzgrenzen nicht überschreiten, wird keine Umsatzsteuer
erhoben. Im Gegenzug dürfen sie auch keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Um diesen zu
erreichen, können sie zur Umsatzsteuer optieren, sind dann aber 5 Jahre hieran gebunden.
Sachverhalt
Der klagende Kleinunternehmer nahm irrtümlich an, dass er die maßgebliche Umsatzgrenze von
17.500 EUR überschritten habe und gab daraufhin eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Jahr
2006 ab. In dieser deklarierte er die Umsatzsteuer; die Zeilen mit den Angaben zur Besteuerung der
Kleinunternehmer füllte er dagegen nicht aus. Nachdem die Veranlagung des Jahres 2006
bestandskräftig geworden war, fiel dem Kläger der Irrtum auf. Er beantragte daraufhin, für die
Folgejahre wiederum als Kleinunternehmer behandelt zu werden, da die Abgabe einer UmsatzsteuerJahreserklärung keine Option zur Umsatzbesteuerung darstelle.
Entscheidung
Entgegen der Vorinstanz, vertritt der Bundesfinanzhof (BFH) die Ansicht, dass die Abgabe einer
Umsatzsteuer-Jahreserklärung mit darin enthaltener Berechnung der Umsatzsteuer als konkludente
Option zur Regelbesteuerung gewertet werden kann. Allerdings kommt es auf die Umstände des
Einzelfalles an, ob die Erklärung zweifelsfrei als Option zu verstehen ist. Verbleiben Zweifel, so muss
das Finanzamt diese durch Befragung des Kleinunternehmers ausräumen, ansonsten kann ein
Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung nicht angenommen werden.
17/25
Konsequenz
Der BFH hat den Fall an die Vorinstanz zurück verwiesen, da unklar war, ob das Finanzamt tatsächlich
die Umsatzsteuer-Jahreserklärung als Option werten durfte. Dem könnte entgegenstehen, dass das
Finanzamt auch ohne Option davon ausging, dass der Kläger in 2006 der Regelbesteuerung
unterliegen würde. Denn ein Aktenvermerk des Finanzamts wies darauf hin, dass der Kläger in 2005
die maßgebliche Umsatzgrenze überschritten habe, so dass in 2006 dem Kläger gar keine Option
mehr offen stehen würde. Sollte die Vorinstanz die Option bestätigen, so wird der Kläger 5 Jahre an
die Regelbesteuerung gebunden sein. Denn die Rücknahme der Option nach Bestandskraft des
Bescheids für 2006 ist wirkungslos. Dies gilt auch dann, wenn der Kläger diese nur irrtümlich erklärt
hat.
8.
Festsetzung von Verzögerungsgeld: Verhältnismäßigkeit bei Entschließungsermessen
Kernaussage
Ein so genanntes Verzögerungsgeld kann insbesondere dann festgesetzt werden, wenn
Steuerpflichtige ihrer Mitwirkungspflicht im Rahmen einer Betriebsprüfung nicht nachkommen oder ihre
Buchhaltung ohne Genehmigung ins Ausland verlegen. Das Verzögerungsgeld kann zwischen 2.500
EUR und 250.000 EUR betragen. Ein von einer Finanzbehörde festgesetztes Verzögerungsgeld in
Höhe von mindestens 2.500 EUR darf nach Ansicht des Finanzgerichts Schleswig-Holstein nur bei
Vorliegen mehrerer gewichtiger Gründe auferlegt werden. Andernfalls ist das Entschließungsermessen
zu Gunsten des Steuerpflichtigen auszuüben.
Sachverhalt
Im Rahmen einer Außenprüfung legte der Prüfer dem Steuerpflichtigen und seinem Steuerberater auf,
Unterlagen innerhalb von 14 Tagen zu beschaffen. Der Zeitrahmen erstreckte sich über den
Jahreswechsel und war wegen erhöhter Auslastung des Steuerberaters nebst Einspannung in die
Betriebsprüfung nicht einzuhalten. Dies teilte der Steuerberater unmittelbar mit, woraufhin er eine
Fristverlängerung von weiteren zwölf Tagen nebst Androhung eines Verzögerungsgeldes erhielt. Der
Steuerberater äußerte darüber in einem Antwortschreiben seine Verwunderung. Sowohl die Mitarbeiter
seines Büros als auch der Mandant selbst seien bislang stets höchst kooperativ gegenüber dem
Finanzamt gewesen und hätten ferner persönliche Unterstützung im Rahmen der Betriebsprüfung
angeboten. 9 Tage nach Verstreichen der endgültigen Frist des Prüfers reichte der Steuerberater die
angeforderten Unterlagen ein. Bereits 5 Tage zuvor setzte das Finanzamt ein Verzögerungsgeld in
Höhe von 2.500 EUR fest. Hiergegen klagte der Steuerberater und gewann.
Entscheidung
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei im Hinblick auf die beachtliche Sanktionsuntergrenze in
Höhe von 2.500 EUR nicht beachtet worden, urteilten die Richter. Im Streitfall seien zwar alle formellen
Voraussetzungen erfüllt gewesen, die Ausübung des Entschließungsermessen sei aber nicht
nachvollziehbar. Lediglich die Nichteinhaltung der Frist wurde als Begründung angeführt, was indes
nicht der verschärften gesetzlichen Begründungspflicht genügte. Nicht jeder Verspätungsfall
rechtfertige die Sanktion. Vielmehr sei zusätzlich auf eine Verletzung der Mitwirkungspflicht, die Dauer
der Fristüberschreitung, die Gründe und das Ausmaß der Pflichtverletzung/en sowie die
Beeinträchtigung der Außenprüfung abzustellen. Im Streitfall hätte das Finanzamt erläutern müssen,
warum es gerade hier durch die kurze Fristüberschreitung zu einer nicht hinnehmbaren Verzögerung
gekommen wäre.
Konsequenz
Verzögerungsgelder dürfen lediglich dann festgesetzt werden, wenn die Schwere der Schuld des
Steuerpflichtigen die Festsetzung in Höhe von mindestens 2.500 EUR rechtfertigt. Das Finanzamt
muss dies zudem begründen. Andernfalls kann sich der Steuerpflichtige bei zeitnaher Einreichung der
Unterlagen und nachvollziehbaren Verzögerungsgründen gegen die Festsetzung von
Verzögerungsgeldern wehren.
9.
Verdeckte Gewinnausschüttung ist keine Schenkung
Kernaussage
Mit aktuellem Urteil hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass der verbilligte Verkauf eines
18/25
Grundstücks durch eine GmbH an den Bruder eines Gesellschafters keine freigiebige Zuwendung der
Gesellschaft darstellt und dementsprechend keine Schenkungsteuer auslöst.
Sachverhalt
Der Kläger erwarb gegen Übernahme von Schulden 2 Grundstücke von einer GmbH, deren
Gesellschafter sein Bruder war. Das Finanzamt war der Ansicht, dass die Verkehrswerte der
Grundstücke höher als die übernommenen Schulden seien und nahm deshalb insoweit eine verdeckte
Gewinnausschüttung an. Zugleich ging es davon aus, dass der Kläger eine freigebige Zuwendung von
der GmbH erhalten habe und setzte Schenkungsteuer fest. Der Kläger machte demgegenüber geltend,
dass eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht zugleich als Schenkung behandelt werden könne.
Entscheidung
Die Richter teilten die Auffassung des Klägers und gaben der Klage statt. Die GmbH habe dem Kläger
nichts zugewendet. Im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern bzw. diesen
nahestehenden Personen könne es neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich
(offene und verdeckte) Gewinnausschüttungen oder Kapitalrückzahlungen geben. Für freigiebige
Zuwendungen (im Sinne von § 7 ErbStG) bleibe kein Raum, da Gewinnausschüttungen nicht freigiebig
erfolgten, sondern vielmehr auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhten.
Konsequenz
Das Finanzgericht folgte damit einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH). Im Hinblick
auf die gegenläufigen Verwaltungsanweisungen ließ es die Revision zu, so dass nun wieder der BFH
das letzte Wort hat.
10.
Steuerliche Änderungen bei gemeinnützigen Körperschaften 2014
Kernaussage
Das "Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts" vom 21.3.2013 soll den steuerbegünstigten Körperschaften
und den ehrenamtlich Tätigen die Arbeit erleichtern. Hierzu sollen die rechtlichen Rahmenbedingungen
entbürokratisiert und flexibilisiert werden. Ein Teil der Gesetzesänderungen tritt zum 1.1.2014 in Kraft.
Änderungen
Mit der Gesetzesänderung ist es einer gemeinnützigen Organisation nunmehr erlaubt, Überschüsse
aus der Vermögensverwaltung, Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben und bis zu 15 % der
sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel anderen steuerbegünstigten Körperschaften oder
juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Vermögensausstattung zuzuwenden. Voraussetzung
ist allerdings, dass die steuerbegünstigten Zwecke der beteiligten Körperschaften sich entsprechen.
Die Vorschriften zur Rücklagenbildung und Vermögensverwendung werden in einen neuen § 62 AO
zusammengefasst: In § 62 Abs. 1 Nr. 2 AO ist die Möglichkeit der Bildung einer
Wiederbeschaffungsrücklage für Wirtschaftsgüter, die zur Erlangung der steuerbegünstigten,
satzungsmäßigen Zwecke erforderlich sind, gesetzlich verankert worden. Die Bildung einer freien
Rücklage kann innerhalb der 2 nachfolgenden Jahre nachgeholt werden, wenn die Rücklage in einem
Jahr nicht ausgeschöpft werden konnte. In § 62 Abs. 2 AO ist erstmals festgelegt, in welchem
Zeitpunkt die Rücklagenbildung zu erfolgen hat. Durch den Verweis auf § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 AO
muss die Rücklagenbildung im Jahr des Zuflusses oder in den 2 darauffolgenden Jahren erfolgen. Die
Frist zur Bildung der so genannten Ansparrücklage von Stiftungen wird von 2 auf 3 Jahre verlängert.
Konsequenzen
Die Neuregelungen sind zu begrüßen. Sie ermöglichen den gemeinnützigen Organisationen einen
flexibleren zeitlichen Mitteleinsatz.
11.
Voraussetzungen einer organisatorischen Eingliederung
Kernaussage
Die umsatzsteuerliche Organschaft ist gekennzeichnet durch ein Über- und Unterordnungsverhältnis
der beteiligten Gesellschaften, nämlich der beherrschenden Gesellschaft (Organträger) und der
beherrschten juristischen Person (Organgesellschaft). Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen
Organschaft sind die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der
Organgesellschaft in den Organträger. In diesem Zusammenhang hat das Finanzgericht München nun
als weitere Voraussetzung festgelegt, dass der Organträger die Organgesellschaft durch die Art und
Weise der Geschäftsführung beherrschen muss.
19/25
Sachverhalt
Streitig ist, ob zwischen der Klägerin (eine Verwaltungs-GmbH) und einem Verein (e. V.) eine
umsatzsteuerliche Organschaft besteht und damit die Geschäftsführerleistungen der Klägerin nicht
umsatzsteuerbar sind. Die An der klagenden GmbH besaß ein Verein, der eine Kinderkrippe, einen
Kindergarten sowie eine Grund- und Hauptschule betrieb, 88 % der Anteile. Nach erfolgter
Anteilsübertragung wurde die GmbH zum Vorstand des Vereins gewählt. Die bisherigen 3 leitenden
Angestellten des Vereins wurden zu einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern der GmbH
bestellt. Nach der Vereinssatzung konnte der Vorstand nur aus wichtigem Grund durch Beschluss des
Verwaltungsrats und der Mitgliederversammlung abberufen werden. In einer Vereinbarung zwischen
dem Verein und der GmbH wurde festgehalten, dass für bestimmte Rechtsgeschäfte der GmbH eine
vorherige Zustimmung durch den Verwaltungsrat des Vereins nötig sei. Die vom Verein an die GmbH
gezahlte Vergütung für die Geschäftsführung wurde von der GmbH nicht der Umsatzsteuer
unterworfen, da wegen eines angenommenen Organschaftsverhältnisses von einem nicht steuerbaren
Innenumsatz ausgegangen wurde. Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung war das
Finanzamt allerdings der Meinung, dass es sich um steuerbare und steuerpflichtige Umsätze handle.
Eine Organschaft scheitere an der organisatorischen Eingliederung der GmbH in den Verein, da diese
die Geschäfte des Vereins eigenverantwortlich führe. Hiergegen wandte sich die GmbH und unterlag.
Entscheidung
Es fehlte hier an der organisatorischen Eingliederung. Diese besteht zwischen 2 Körperschaften
regelmäßig bei einer Personenidentität in den Geschäftsführungsorganen beider Gesellschaften.
Vorliegend verfügte der Verein im Hinblick auf die Geschäftsführerleistungen der GmbH nicht über
eine beherrschende Stellung und insbesondere nicht über die von der Rechtsprechung geforderte
besondere Einwirkungsmöglichkeit. Zwar bestand zwischen den Geschäftsführungsorganen der GmbH
und des Vereins eine Personenidentität, weil die 3 leitenden Vereins-Angestellten auch die
einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer der GmbH waren. Gleichwohl begründete diese
Konstellation keine organisatorische Eingliederung der GmbH, da der Verein hier seinen Willen gerade
nicht gegenüber der GmbH-Geschäftsführung durchsetzen konnte. Denn die GmbH war nach der
Vereinssatzung der einzelvertretungsberechtigte Vorstand des Vereins und konnte nur aus wichtigem
Grund abberufen werden. Damit bestand kein umfassendes Weisungsrecht des Vereins gegenüber
der Geschäftsführung der GmbH, da diese als geschäftsführendes Organ den Willen des Vereins
bildete und daher nicht gleichzeitig dessen Willen unterworfen sein konnte.
Konsequenz
Die Besonderheit des Streitfalls lag darin, dass der Wille des Vereins immer identisch mit dem Willen
der GmbH war, weshalb der Verein die GmbH durch die Art und Weise der Geschäftsführung gerade
nicht beherrschen konnte. Vielmehr war aus diesem Grunde auch nicht erkennbar, ob der Verein oder
die GmbH als herrschendes oder abhängiges Unternehmen anzusehen war. Das Urteil ist
rechtskräftig.
12.
Strom: Widerruf von Versorgererlaubnis ist keine Gewerbeuntersagung
Kernaussage
Auch wenn der Widerruf einer Versorgererlaubnis eine wesentliche Grundlage für die konkrete
Gewerbeausübung eines Stromversorgers betrifft, stellt dies keine Gewerbeuntersagung oder eine ihr
gleichzustellenden Maßnahme dar. So entschied im Sommer 2013 das Finanzgericht Hamburg.
Sachverhalt
Die Finanzrichter hatten über einen Eilantrag eines als Stromversorger tätigen Unternehmens zu
entscheiden: Das Hauptzollamt (HZA) hatte wegen Bedenken gegen die steuerliche Zuverlässigkeit
des Versorgers dessen Stromerzeugererlaubnis widerrufen. Mit dem Widerruf untersagte es die
Nutzung der Erlaubnis und forderte das Stromversorgerunternehmen zur unverzüglichen Rückgabe
der erteilten Erlaubnisscheine auf. Das Unternehmen legte hiergegen Einspruch ein, über den noch
nicht entschieden wurde, und beantragte die Aussetzung der Vollziehung der Widerrufsverfügung. Der
Antrag blieb erfolglos.
Entscheidung
Nach Ansicht des Finanzgerichts war der Widerruf bereits wegen Fehlens des Jahresabschlusses
2011 gerechtfertigt. Wegen wiederholter und massiver Verletzung der Anzeigepflichten bestünden
20/25
zudem Bedenken gegen die steuerliche Zuverlässigkeit des Versorgerunternehmens, vor allem habe
es das HZA weder über die Lieferung von Strom auch an Kunden ohne Erlaubnisschein informiert
noch über die erheblichen Erhöhungen der gelieferten Strommengen. Der Stromsteueranspruch sei
konkret gefährdet, zumal das Unternehmen hohe Steuerbeträge schulde und den Strom nicht
kostendeckend veräußere. Dass die Unternehmensgruppe, zu der das Versorgerunternehmen gehöre,
insgesamt Gewinne erziele, sei unerheblich. Vielmehr verstärke der Umstand, dass Aufwendungen
und Erträge in unterschiedlichen Gesellschaften anfielen, die Gefährdungsprognose. Schließlich führe
der Widerruf auch nicht zu einer unbilligen Härte; eine Existenzbedrohung war von dem Unternehmen
nicht hinreichend dargelegt worden.
Konsequenz
Die Vollziehung des Widerrufs war auch nicht infolge der Einspruchseinlegung gehemmt, so die
Richter. Zwar bestimmt die Abgabenordnung (AO), dass die Einlegung eines Einspruchs, der sich
gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung richtet, ausnahmsweise die
Vollziehung eines Bescheids hemmt. Indes ist der Widerruf einer Stromversorgererlaubnis keine
Gewerbeuntersagung, auch wenn der Verlust der Erlaubnis beim Betroffenen existenzbedrohende
Probleme verursachen kann. Letztlich ist die Tätigkeit eines Versorgers durch den Widerruf nur
insoweit betroffen, als ihm – zur Vermeidung einer Gefährdung der Steuerbelange – die Vorteile des
im Stromsteuergesetz geregelten Steueranmeldungssystems nicht mehr gewährt werden, und er
wieder zur sofortigen Steueranmeldung und -entrichtung verpflichtet ist. Zwischenzeitlich hat auch der
Bundesfinanzhof (BFH) dem Finanzgericht Recht gegeben.
13.
Steuerliche Trennung von nebeneinander ausgeübter gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit
Kernaussage
Gewerbliche (als Praxisbetreiber) und freiberufliche Tätigkeiten (als Behandelnder mit Mitarbeitern)
eines Krankengymnasten, die nebeneinander ausgeübt werden, sind steuerliche getrennt zu
behandeln, wenn dies nach dem Patientenstamm problemlos möglich ist oder der Tätigkeitsumfang
geschätzt werden kann.
Sachverhalt
Die Klägerin betreibt seit 2001 eine eigene Praxis für Krankengymnastik. Sie beschäftigte in den
Streitjahren jeweils 4 bis 5 festangestellte Mitarbeiter, die jeweils 20 bis 30 Wochenstunden tätig
waren. Im Jahr 2007 kam es in der Praxis zu einer erheblichen Auftragszunahme, die von der Klägerin
mit ihren angestellten Mitarbeitern alleine nicht zu bewältigen war, so dass die Klägerin in den
Streitjahren 2007 bis 2009 zusätzlich jeweils 3 bis 4 Honorarkräfte beschäftigte. Die Praxis verfügte in
den Streitjahren über 4 zugelassene Behandlungsräume, wovon ein Raum ausschließlich von der
Klägerin genutzt wurde. Das Finanzamt behandelte die gesamten Einkünfte der Klägerin aus ihrer
Praxis als gewerbliche Einkünfte. Es war der Ansicht, dass nach dem Umfang der Fremdleistungen –
Gesamtumsatz rd. 300.000 EUR; Aufwand für Honorarkräfte 100.000 EUR; Personalkosten über
50.000 EUR – keine eigenverantwortliche Tätigkeit der Klägerin mehr vorliege. Da somit weit über die
Hälfte der Leistungen nicht unmittelbar von der Klägerin erbracht würden, könne nicht mehr davon
gesprochen werden, dass sämtliche Leistungen den vom Bundesfinanzhof (BFH) geforderten "Stempel
der Persönlichkeit" der Klägerin trügen.
Entscheidung
Die hiergegen erhobene Klage war nur teilweise erfolgreich. Im Urteil führt das Finanzgericht Hamburg
aus, dass eine aufgrund eigener Fachkenntnisse eigenverantwortlich ausgeübte Tätigkeit eines
Krankengymnasten nur vorliege, wenn er – hinausgehend über Erstgespräch, gelegentliche Kontrollen
und Abrechnungskontrolle – bei jedem einzelnen Patienten auf die Behandlung Einfluss nehme und
dazu jeweils selbst zumindest die Anamnese und zwischenzeitliche Kontrollen durchführe. Allerdings
könne ein Krankengymnast nebeneinander sowohl eine gewerbliche (als Praxisinhaber) als auch und
eine freiberufliche Tätigkeit (als selbst Behandelnder) ausüben. Die Tätigkeiten seien steuerlich
getrennt zu behandeln, wenn eine Trennung z. B. nach den einzelnen behandelten Patienten ohne
besondere Schwierigkeiten möglich sei oder der Umfang der Tätigkeit anhand bekannter Daten
geschätzt werden könne. In dem entschiedenen Fall kam das Gericht unter Würdigung aller Umstände
zu dem Ergebnis, dass in den Streitjahren jeweils ein freiberuflicher Anteil von 25 % des
Gesamtgewinns als am wahrscheinlichsten anzunehmen sei.
21/25
Konsequenz
Gegen das Urteil des Finanzgericht Hamburg wurde Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt,
der nun das letzte Wort in dieser Sache hat.
14.
Entschädigungsanspruch bei Kündigung während Schwangerschaft
Kernfrage
Neben dem Mutterschutzgesetz sieht auch das Allgemeine Gelichbehandlungsgesetz (AGG)
besondere Schutzregelungen für Schwangere vor; diese sind insbesondere gegen Benachteiligungen
wegen der Schwangerschaft besonders geschützt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr
darüber zu befinden, ob der besondere Schutz des AGG einen selbständigen
Entschädigungsanspruch auslöst, wenn das Mutterschutzgesetz bereits vor einer Kündigung wegen
der Schwangerschaft schützt.
Sachverhalt
Die
schwangere
Klägerin
unterlag
wegen
Schwangerschaftskomplikationen
einem
Beschäftigungsverbot, das der Arbeitgeber – ein Kleinbetrieb – nicht akzeptieren wollte. Als bei der
Arbeitnehmerin festgestellt wurde, dass diese ihr Kind verloren hatte, kündigte der Arbeitgeber das
Arbeitsverhältnis noch am selben Tag. Gegen die Kündigung führte die Arbeitnehmerin eine
erfolgreiche
Kündigungsschutzklage.
Daneben
machte
sie
einen
auf
die
Diskriminierungsbestimmungen des AGG gestützten Entschädigungsanspruch geltend.
Entscheidung
Das BAG gab der Klägerin Recht. Unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der Kündigung sei hier
der Anwendungsbereich des AGG eröffnet, weil die Arbeitnehmerin offensichtlich wegen ihres
Geschlechts (der Schwangerschaft) benachteiligt worden sei. Diese zeige sich nicht nur daran, dass
der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis an dem Tag gekündigt habe, als er vom Verlust des Kindes
erfahren habe, sondern bereits vorher, als er das Beschäftigungsverbot missachten wollte.
Konsequenz
Die Entscheidung zeigt – hier an einem besonders deutlichen Fall – dass bei einer Benachteiligung
von
schwangeren
Arbeitnehmerinnen
die
Anwendung
des AGG
und
damit
ein
Schadensersatzanspruch in Geld neben den weiteren besonderen Schutzvorschriften für Schwangere
möglich ist.
15.
Erschwerte Kündigung bei HIV Infizierung
Rechtslage
Eine HIV-Infektion galt im Arbeitsrecht (bisher) als Krankheit. Kündigungen HIV-infizierter
Arbeitnehmer waren daher, jedenfalls wenn sie in der Probezeit ausgesprochen wurden,
vergleichsweise einfach möglich. Nach Ablauf der Probezeit war die Kündigung als krankheitsbedingte
Kündigung, insbesondere in sensiblen Arbeitsbereichen, ebenfalls möglich Das Bundesarbeitsgericht
(BAG) hat diese Möglichkeiten nunmehr wohl eindeutig eingeschränkt.
Sachverhalt
Der Arbeitnehmer war bei einem Pharmaunternehmen im so genannten Reinraum in der Produktion
von Arzneimitteln beschäftigt, die auch intravenös verabreicht werden. Im Rahmen einer
betriebsärztlichen Untersuchung in der Probezeit wurde die HIV-Infektion des Arbeitnehmers bekannt.
Der Arbeitgeber kündigte darauf in der Probezeit das Arbeitsverhältnis; und zwar auch deshalb weil ein
Verletzungsrisiko im Umgang mit Glas im Reinraum und eine anschließende Kontamination der
Arzneimittel nicht auszuschließen sei. Hiergegen wandte sich der Arbeitnehmer mit der Begründung,
diskriminiert zu werden.
Entscheidung
Das BAG gab dem Kläger zwar nicht endgültig Recht, sondern verwies die Sache zur erneuten
Verhandlung an die Vorinstanz zurück. In seiner Entscheidung setzte das BAG die HIV Infektion aber
mit einer Behinderung gleich und erschwerte damit die Kündigungsmöglichkeiten, weil die Kündigung,
insbesondere auch die Probezeitkündigung, unter Beachtung der Anti-Diskriminierungsgrundsätze zu
prüfen sei. Eine Kündigung alleine wegen der HIV-Infektion sei jedenfalls diskriminierend. Die
Zurückverweisung an die Vorinstanz erfolgte wegen der Beschäftigung im Reinraum. Denn
22/25
Arbeitgeber müssen kein Infektionsrisiko tragen; allerdings bleibt zu prüfen, ob es arbeitgeberseitige
Maßnahmen gegeben hätte, die dem Kläger eine Arbeit im Reinraum ermöglicht hätten.
Konsequenz
Das Gleichsetzen einer HIV-Infektion mit einer Schwerbehinderung im Sinne des Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) macht Kündigung wegen der HIV-Infektion in normalen
Arbeitsverhältnissen faktisch unmöglich. Etwas Anderes – und hierüber ist noch zu entscheiden – kann
dort gelten, wo sensible Arbeitsbereiche betroffen sind.
16.
Arbeitgeber muss nachgewiesene Überstunden vergüten
Kernaussage
Was geschieht, wenn der Chef die geleisteten Überstunden seines Arbeitnehmers anzweifelt und nicht
vergüten will, zeigt eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein aus dem Jahr
2012: Wer gerichtliche Hilfe in Anspruch nimmt, um eine Vergütung für Mehrarbeit durchzusetzen,
sollte genau dokumentiert haben, wann er wie lange gearbeitet hat.
Sachverhalt
Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der in einer Filiale des beklagten Arbeitgebers beschäftigt war und
Ausgleich für seine Mehrarbeit forderte. Der Arbeitgeber bestritt die Anzahl der Überstunden mit der
Begründung, wegen des weit verzweigten Filialnetzes könne er nicht die Angaben eines jeden
Mitarbeiters überprüfen. Das Gericht gab dem klagenden Arbeitnehmer Recht.
Entscheidung
Überstunden, die ein Mitarbeiter exakt angeben kann, muss der Arbeitgeber bezahlen oder mit Freizeit
ausgleichen; so die Richter. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Mitarbeiter die Überstunden
genau benennt. Zieht der Arbeitgeber diese Angaben in Zweifel, muss er nachweisen, dass keine
Überstunden angefallen sind. Die Begründung des Arbeitgebers, die Entfernung zur Filiale sei zu groß
gewesen, reichte den Richtern nicht. Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass er Informationen über
den Arbeitsablauf in den einzelnen Geschäftsstellen erhält.
Konsequenz
Bei Streit um die Anzahl von Überstunden kann der Arbeitgeber die geleistete Mehrarbeit nicht
pauschal bestreiten. Dennoch obliegt es grundsätzlich demjenigen, der die Bezahlung von
Überstunden fordert, diese auch zu belegen. Gegebenenfalls kann es daher sinnvoll sein, die
einzelnen Tätigkeiten mit Datum und Uhrzeit exakt schriftlich festzuhalten.
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1.
2014: Lohnsteuerliche Behandlung von unentgeltlichen oder verbilligten Mahlzeiten von
Arbeitnehmern
Kernproblem
Eine vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer während einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit
unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung gestellte "übliche" Mahlzeit stellt Arbeitslohn dar und wird mit
einem amtlichen Sachbezugswert besteuert. Die Mahlzeit ist dann vom Arbeitgeber veranlasst, wenn
er Tag und Ort der Mahlzeitengestellung bestimmt. Davon ist auszugehen, wenn die
Verpflegungskosten im Hinblick auf die beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit dienst- oder
arbeitsrechtlich erstattet werden und die Rechnung auf den Arbeitgeber ausgestellt ist. Der
Rechnungsausweis auf den Arbeitgeber ist im Fall einer sog. umsatzsteuerlichen
Kleinbetragsrechnung von bis zu 150 EUR entbehrlich, soweit diese dem Arbeitgeber im Original
vorliegt. Die für die Besteuerung maßgeblichen Beträge werden jährlich in der
Sozialversicherungsentgeltverordnung neu festgelegt.
Neues Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF)
Nach Mitteilung des BMF betragen die Sachbezugswerte für ab dem Kalenderjahr 2014 gewährte
"übliche" Mahlzeiten für ein Mittag- oder Abendessen jeweils 3 EUR (2013: 2,93 EUR) und ein
Frühstück 1,63 EUR (2013: 1,60 EUR). Die Üblichkeit einer Mahlzeit ist ab dem Jahr 2014 gesetzlich
geregelt. Hierfür gilt eine Höchstgrenze von 60 EUR; bis zum Jahr 2013 galt durch
Verwaltungsanweisung ein Betrag von bis zu 40 EUR noch als üblich. Die zur Mahlzeit
23/25
eingenommenen Getränke sind bei der Prüfung einzubeziehen. Mahlzeiten von über 60 EUR dürfen
nicht mit dem amtlichen Sachbezugswert angesetzt werden, denn hierbei unterstellt die
Finanzverwaltung ein "Belohnungsessen", das mit dem tatsächlichen Preis als Arbeitslohn angesetzt
wird.
Konsequenz
Die neuen Sachbezugswerte sind ab dem Jahr 2014 anzusetzen. Eine Besteuerung als Arbeitslohn
hat jedoch zu unterbleiben, wenn der Arbeitnehmer anlässlich einer beruflich veranlassten
Auswärtstätigkeit eine Verpflegungspauschale beanspruchen kann, z. B. bei Abwesenheit von mehr
als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte oder einer mehrtätigen
Auswärtstätigkeit mit Übernachtung. Im Gegenzug sind die Verpflegungspauschalen des
Arbeitnehmers entsprechend zu kürzen, und zwar für ein Mittag- oder Abendessen um jeweils 40 %
und ein Frühstück um 20 % der zustehenden Verpflegungspauschale. Nicht zum Arbeitslohn gehören
Mahlzeiten, die im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers abgegeben werden, z. B.
anlässlich einer geschäftlich veranlassten Bewirtung oder bei herkömmlichen Betriebsveranstaltungen.
2.
Ausgewogene Altersstruktur im Insolvenzverfahren: kein AGG-Verstoß
Kernaussage
Auch in der Insolvenz ist eine Kündigung nur dann wirksam, wenn die Sozialauswahl beachtet und der
Betriebsrat ordnungsgemäß beteiligt wurde. Die Sozialauswahl beschränkt sich auf die Kriterien Alter,
Betriebszugehörigkeit und Unterhaltsverpflichtungen und kann vom Arbeitsgericht auch nur auf grobe
Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sozialauswahl ist nur dann grob fehlerhaft, wenn sie jede
Ausgewogenheit vermissen lässt. Nach der ausdrücklichen insolvenzrechtlichen Regelung (125 Abs. 1
Nr. 2 InsO) ist die Sozialauswahl nicht grob fehlerhaft, wenn dadurch eine ausgewogene
Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird. Deshalb kann der Insolvenzverwalter insbesondere
solche Arbeitnehmer von der Kündigung ausnehmen, die er zur Erhaltung oder Schaffung einer
ausgewogenen Personalstruktur braucht. Diese im Insolvenzverfahren eröffnete Möglichkeit der
Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur durch Bildung von Altersgruppen verletzt das
unionsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung nicht; dies entschied aktuell das
Bundesarbeitsgericht (BAG).
Sachverhalt
Der 1960 geborene Kläger war bei dem Schuldnerunternehmen seit 1998 als Produktionsmitarbeiter
beschäftigt. Am 1.4.2011 wurde über das Vermögen des Unternehmens das Insolvenzverfahren
eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser schloss am selben Tag mit dem
Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste, auf der sich auch der Name des Klägers
befand. Die Sozialauswahl wurde nach Altersgruppen vorgenommen. In der von Kündigungen
ausgenommenen Altersgruppe 1 waren alle bis zu 44-jährigen Arbeitnehmer zusammengefasst. Das
Durchschnittsalter aller Arbeitnehmer lag bei 51 Jahren. Mit Schreiben vom 1.4.2011 kündigte der
beklagte Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.7.2011. Am 5.4.2011 ging
der Betrieb auf ein weiteres Unternehmen über. Mit seiner Klage wandte sich der Kläger gegen die
Kündigung und verlangt seine Weiterbeschäftigung bei dem übernehmenden Unternehmen. Er meinte,
die Sozialauswahl sei grob fehlerhaft.
Entscheidung
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat das BAG den
Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Unterinstanz zurückverwiesen. Die
Darlegungen des beklagten Insolvenzverwalters ließen nicht erkennen, dass die Schaffung einer
ausgewogenen Personalstruktur durch die vorgenommene Altersgruppenbildung sanierungsbedingt
erforderlich war. Die streitenden Parteien werden nun Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vortrags
haben, denn bei einer Sozialauswahl ohne Altersgruppenbildung wäre die Auswahl bezogen auf den
Kläger grob fehlerhaft.
Konsequenz
Die Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur durch Bildung von Altersgruppen ist
grundsätzlich durch das legitime Ziel der Sanierung eines insolventen Unternehmens gerechtfertigt.
Dennoch müssen die Arbeitsgerichte prüfen, ob die Altersgruppenbildung im konkreten
Interessenausgleich auch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gerechtfertigt ist.
24/25
Der kündigende Insolvenzverwalter ist darlegungs- und beweispflichtig für die sanierungsbedingte
Erforderlichkeit der Altersgruppenbildung.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
25/25
BS WESTDEUTSCHLAND GmbH
Wirtschaftsprüfung ▪ Steuerberatung
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
- Villa Bredeney Frankenstraße 348
45133 Essen
Telefon: 02 01/8 78 56-0
Telefax: 02 01/8 78 56-33 oder -49
InfoService unter: www.bswest.de
E-Mail: [email protected]
Steuer-Nr.: 5112/5784/0165
Erfolgreiche Teilnahme am
System der Qualitätskontrolle
der WP-Kammer
Prüfungsgesellschaft für
Qualitätskontrolle
Ihre Mandanteninformationen des Monats März 2014
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im
Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende
Sachverhalte zu überprüfen.
Bitte lesen Sie im Einzelnen:
Inhalt
Privatbereich
1.
Höhere Kosten für Führerscheinerwerb sind keine außergewöhnlichen Belastungen
2.
Fettabsaugung kann außergewöhnlich sein
3.
Nachträglicher Einbau einer Dachgaube begünstigte Handwerkerleistung?
4.
Steuerliche Förderung der privaten und betrieblichen Altersversorgung
5.
Auch für verheiratete Kinder gibt es Kindergeldanspruch
6.
BMF: Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei Vermietung
7.
Kosten für Erstausbildungsstudium sind nicht abziehbar
8.
Niedersächsisches Finanzgericht: Solidaritätszuschlaggesetz ist verfassungswidrig
9.
Umfang einer SCHUFA-Auskunft
10.
AIFM-Umsetzungsgesetz
11.
Einkommensteuerbescheid für Erblasser: Nichtigkeit bei unzutreffender Bezeichnung des
Rechtsnachfolgers
12.
Masseverbindlichkeit: Einkommensteuer auf Vermietung von zwangsverwalteten Grundbesitz
13.
Erbschaftsteuer: Teilweise Rückzahlung des gezahlten Einmalbeitrags für Rentenversicherung
14.
Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts nach Kündigung durch Mandanten
15.
"Teilweise" Aufgabe der Vermietungsabsicht bei langjährigem Leerstand
1/25
Unternehmer und Freiberufler
1.
Zur Umsatzbesteuerung der Verpflegung durch Schulfördervereine
2.
BFH: Bezahlung von Bußgeldern in der Regel Arbeitslohn
3.
Grunderwerbsteuer: Zur Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft
4.
Umsatzsteuer: Wenn die Auskunft des Finanzamtes zum Verhängnis wird
5.
Umsatzsteuerkorrektur bei Vereinbarung von Sicherungseinbehalten
6.
ESMA: Verbot von Leerverkäufen mit Unionsrecht vereinbar
7.
BMF regelt Umkehr der Steuerschuldnerschaft neu
8.
Vorsteuerabzug bei Verpachtung an Ehegatten
9.
Notdienstpauschale für Apotheken unterliegt nicht der Umsatzsteuer
10.
Anmeldung zur Insolvenztabelle: Anforderung an die Beschreibung des Rechtsgrunds der
vorsätzlich begangenen Handlung
11.
Zur Prognose drohender Zahlungsunfähigkeit
12.
Ist die pauschale Lohnsteuerpflicht des Arbeitgebers für Sonderleistungen an Pensionskassen
verfassungswidrig?
13.
Betriebsratswahlen 2014
14.
Entgeltumwandlung: Arbeitgeber muss nicht von sich aus auf Anspruch hinweisen
15.
Eingeschränkte Änderungsmöglichkeit des nachträglichen Lohnsteuerabzugs
16.
Erlass eines Zustimmungsvorbehalts: Zum Bereicherungsanspruch bei Abschluss eines
Überweisungsvertrag
17.
Lohnsteueranrufungsauskunft: Bindungswirkung gegenüber Arbeitnehmer
18.
Keine Befreiung von EEG-Umlage für Unternehmensteile
19.
Keine Entschädigung für "AGG-Hopper" bei diskriminierender Stellenanzeige
20.
AGG: Entschädigungsanspruch einer konfessionslosen Bewerberin
21.
Wie umfangreich muss eine Rechtsbehelfsbelehrung sein?
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1.
Geschäftsführer: Vortrag zu etwaigen stillen Reserven oder in Bilanz nicht abgebildeten Werten
2.
Aufrechnung zwischen Gehaltsansprüchen des Geschäftsführers und Haftungsansprüchen
Privatbereich
1.
Höhere Kosten für Führerscheinerwerb sind keine außergewöhnlichen Belastungen
Kernproblem
Die steuerliche Abzugsfähigkeit der Aufwendungen von Eltern behinderter Kinder als
außergewöhnliche Belastung ist mit Einschränkungen versehen. Der Behinderten-Pauschbetrag eines
Kindes kann auf die Eltern übertragen werden, wenn ihnen noch Kindergeld oder der Kinderfreibetrag
zusteht. Damit sind typisierend alle laufenden und mit der Behinderung zusammenhängenden
Mehraufwendungen abgegolten. Wenn daneben weitere unregelmäßige, atypische oder nur mittelbar
mit der Behinderung zusammenhängende Kosten anfallen, kann sich ein Abzug für nicht typisierte
außergewöhnliche Belastungen (unter Berücksichtigung der zumutbaren Eigenbelastung) ergeben.
"Besondere" Steuervorteile gegenüber Nichtbehinderten sind dabei aber nicht unbedingt zu erwarten,
wie der Streitfall des Finanzgerichts Köln zeigt.
2/25
Sachverhalt
Die Eltern eines bereits seit frühester Kindheit halbseitig gelähmten Sohnes (60 % Behinderung ohne
Merkzeichen) bezahlten diesem nach Volljährigkeit eine behindertengerechte Fahrschule zum Erwerb
des Pkw-Führerscheins. Zum Führen eines Fahrzeugs wurden laut ärztlichem und TÜV-Gutachten
diverse Umbaumaßnahmen für notwendig erklärt, welche die Eltern im Fahrzeug des Sohnes
veranlassten. In ihrer Steuererklärung beantragten die Eltern den behinderungsbedingten
Mehraufwand der Fahrausbildungskosten und die Umbaukosten als außergewöhnliche Belastungen.
Sie führten aus, dass die Aufwendungen notwendig gewesen seien, um dem Sohn die gleiche Mobilität
wie seinen Altersgenossen zu ermöglichen. Wegen des ländlichen Bereichs sei eine Nutzung
öffentlicher Verkehrsmittel nicht zielführend und ein Pkw nicht ersetzbar. Das Finanzamt lehnte den
Antrag ab, weil die Anerkennung zumindest eine Geh- oder Stehbehinderung voraussetze.
Entscheidung
Das Finanzgericht Köln wies die Klage der Eltern ab. Für die Richter war nicht entscheidend, dass der
Sohn wegen seines Wohnorts in ländlicher Umgebung auf die Fortbewegung mit einem Pkw
angewiesen sein könnte, sondern ob er aufgrund der Körperbehinderung zwangsläufig auf ein
Fahrzeug zur Fortbewegung angewiesen war. Denn nur diese kleine Gruppe könne nicht auf
öffentliche Verkehrsmittel ausweichen und sei anders als der überwiegende Teil der
Führerscheinerwerber nicht frei in ihrem Entschluss, die Fahrprüfung abzulegen. Dagegen sei die
Situation des Sohnes im Streitfall nicht wesentlich von anderen Personen gleichen Alters zu
unterscheiden und der Entschluss zum Erwerb der Fahrerlaubnis und damit einhergehend des
Umbaus als freiwillig zu bewerten.
Konsequenz
Das Urteil ist rechtskräftig. In ähnlichen Fällen ist ein Einspruch durchaus sinnvoll, wenn ein
Merkzeichen (z. B. außergewöhnliche Gehbehinderung - aG) vorliegt.
2.
Fettabsaugung kann außergewöhnlich sein
Kernproblem
Krankheitskosten sind als außergewöhnliche Belastungen bei der Einkommensteuer abzugsfähig,
soweit sie zwangsläufig sind und die zumutbare Eigenbelastung überschreiten. Die medizinische
Erforderlichkeit von Maßnahmen lässt sich dann schwer beurteilen, wenn diese nicht eindeutig nur der
Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen. Kosmetische Operationen können z. B. infolge
psychischer Erkrankung durchaus zwangsläufig sein. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat vor einigen
Jahren die Aufwendungen für eine operative Fettabsaugung und Behandlung herabgesunkener
Augenlider nicht anerkannt. Damals scheiterte der Abzug jedoch bereits an dem "formalisierten
Nachweisverlangen" durch amts- oder vertrauensärztliches Attest, das vor Beginn der Maßnahme
eingeholt werden musste. Mittlerweile kann eine Verordnung des Hausarztes ausreichen, so dass sich
die Gerichte zukünftig vielmehr mit dem Krankheitsbild auseinandersetzen müssen. Das muss aber
nicht von Nachteil sein, wie ein Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts (FG) zeigt.
Sachverhalt
Die 1968 geborene, 168 cm große und 63 kg schwere Steuerpflichtige klagte über Schwellung und
Schmerzen der unteren Extremitäten wegen eines Lip-/Lymphödems beider Beine. Ein Arzt empfahl
ihr die frühzeitige Behandlung zur Vermeidung von Folgeschäden. Allein die sportliche Betätigung
reichte dafür nicht aus, weil das zu Schmerzen in den Fettpolstern führte. Auch den Erfolg einer Diät
schloss der behandelnde Arzt wegen einer diagnostizierten Fettanlagestörung aus. Die heilende
Operation und Fettabsaugung kostete 5.500 EUR, deren Berücksichtigung das Finanzamt verweigerte.
Entscheidung
Das FG ließ den Abzug der Aufwendungen zu. Eine berücksichtigungsfähige Krankheit liegt nach
Auffassung der Richter dann vor, wenn es sich nicht um einen allenfalls als missliebigen
anzusehenden, sondern um einen anormalen Zustand handele, der einer medizinischen Behandlung
bedürfe. Liege eine Krankheit in diesem Sinne vor, entscheide allein der Steuerpflichtige, welche
Aufwendungen er für die Linderung seiner Krankheit tragen wolle. Berücksichtigungsfähig seien
allerdings nur medizinisch indizierte Aufwendungen, also diejenigen diagnostischen oder
therapeutischen Verfahren, deren Anwendung in einem Erkrankungsfall hinreichend gerechtfertigt sei.
3/25
Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin vor der Durchführung der Operation keine
Kostenübernahme der Versicherung geprüft habe.
Konsequenz
Das Urteil des FG ist rechtskräftig. Die sich wie ein ärztliches Gutachten lesende Urteilsbegründung
zeigt, dass sich im Einzelfall mithilfe der Diagnose eines Arztes des Vertrauens ein steuerlicher Vorteil
erreichen lässt. Der Amtsarzt ist nur noch in Einzelfällen Voraussetzung für den steuerlichen Abzug, z.
B. bei Kuren, Psychotherapie, allgemeinen Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens als
medizinische Hilfsmittel oder wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden.
3.
Nachträglicher Einbau einer Dachgaube begünstigte Handwerkerleistung?
Kernproblem
Die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und
Modernisierungsmaßnahmen wird mit einer Steuerermäßigung auf die Einkommensteuer von bis zu 20
% der Aufwendungen für Arbeitskosten, höchstens aber 1.200 EUR begünstigt. Handwerkliche
Tätigkeiten im Rahmen einer Neubaumaßnahme sind nach der Rechtsprechung nicht begünstigt. Es
stellt sich daher die Frage, was ein Neubau im Sinne der Steuerermäßigung ist und ob dafür bereits
eine geringfügige Erweiterung der Wohnfläche in einem bereits bestehenden Haushalt ausreicht.
Sachverhalt
Eheleute ließen im Dachgeschoss ihres Einfamilienhauses unter anderem eine Gaube mit Dämmung
und Isolationsglas in die Dachschräge einbauen. Dadurch ergab sich eine Wohnflächenerweiterung
von 2,40 qm, was einem Anteil von 2,7 % der gesamten Wohnfläche von 90 qm entsprach. Vor der
Umbaumaßnahme lag zwar keine beziehungsweise nur eine geringe Dämmung vor; das
Dachgeschoss wurde jedoch bereits bewohnt. Die Lohnkosten von circa 2.650 EUR machten die
Eheleute als Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen geltend. Das Finanzamt lehnte die
Berücksichtigung in vollem Umfang ab, weil Neubaumaßnahmen nicht begünstigt seien. Das
Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg musste über die Klage der Eheleute entscheiden.
Entscheidung
Das FG lehnte die Gewährung der Steuerermäßigung ebenfalls ab und sah die handwerkliche
Tätigkeit im Rahmen einer Neubaumaßnahme als erbracht an. Nach Auffassung des FG gelte das für
alle Maßnahmen im Zusammenhang mit einer Nutzflächen- oder Wohnflächenschaffung
beziehungsweise deren Erweiterung. Weil sich nach den eigenen Berechnungen der Hauseigentümer
durch die Herstellung der Dachgaube eine Wohnflächenerweiterung ergebe, liege trotz des geringen
Umfangs eine Neubaumaßnahme im Sinne der Rechtsprechung vor, die nicht begünstigt sei.
Konsequenz
Das rechtskräftige Urteil des FG steht im Widerspruch zu einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH),
das auch von der Finanzverwaltung angewendet wird, aber dessen Zusammenhang das FG im
Streitfall nicht erkennen wollte. Der BFH hatte Handwerkerleistungen im Zusammenhang mit der
erstmaligen Anlegung von Außenanlagen in einem bereits bestehenden Haushalt begünstigt. Auch das
Bundesfinanzministerium definiert in seinem aktuellen Anwendungsschreiben "alle Maßnahmen im
Zusammenhang mit der Errichtung eines Haushalts bis zu dessen Fertigstellung" als
Neubaumaßnahme. In vergleichbaren Fällen ist ein Einspruch anzuraten.
4.
Steuerliche Förderung der privaten und betrieblichen Altersversorgung
Kernproblem
Seit 2002 hat jeder Arbeitnehmer das Recht auf eine betriebliche Altersvorsorge. Der Arbeitnehmer
kann zum Beispiel einen Teil seines Bruttogehalts sparen. Dieser Teil des Gehalts wird ihm dann nicht
ausgezahlt, sondern ohne vorherige Steuer- und Sozialversicherungsabzüge zum Aufbau einer
betrieblichen Altersversorgung eingesetzt. Eine andere Form der Altersvorsorge ist die sogenannte
Riester-Rente. Diese wird vom Staat mit finanziellen Zuschüssen (Altersvorsorgezulagen) und
gegebenenfalls mit weiteren Steuerersparnissen (zusätzlicher Sonderausgabenabzug) gefördert. Die
Basisrente (auch Rürup-Rente genannt) steht als dritte Möglichkeit einer staatlich geförderten
Altersvorsorge zur Verfügung. Sie ist vergleichbar mit der gesetzlichen Rentenversicherung. Die
Beiträge werden für eine spätere monatliche Rente verwendet. Die Ansprüche aus dem Vertrag sind
an die versicherte Person gebunden und können nicht vererbt oder beliehen werden. Die Beiträge zu
4/25
einer Basisrente können gemeinsam mit eventuellen Zahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung,
zu landwirtschaftlichen Alterskassen oder zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen als
Sonderausgaben bei der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden. Dabei gelten
Höchstbeträge.
Gesetzliche Änderungen
Mit dem Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz hat der Gesetzgeber bei den Rahmenbedingungen der
privaten und betrieblichen Altersvorsorge Erleichterungen vorgenommen. Ab 2014 kann das in einem
privaten Riester-Vertrag aufgebaute Altersvorsorgevermögen flexibler für den Aufbau von selbst
genutztem Wohneigentum eingesetzt werden, zum Beispiel für die Umschuldung eines für die
Anschaffung oder Herstellung der Wohnimmobilie aufgenommenen Darlehens. Eine Entnahme ist ab
2014 ebenso förderunschädlich für die Finanzierung eines barrierereduzierenden Umbaus der eigenen
Wohnung möglich und ermöglicht es dem Anleger, seine selbst genutzte Wohnimmobilie altersgerecht
umzubauen. Neu ist auch, dass der Anleger nur einen Betrag von mindestens 3.000 EUR auf dem
Vertrag belassen muss, soweit er nur einen Teil des geförderten Altersvorsorgevermögens für die
selbst genutzte Immobilie einsetzen möchte. Der Rest kann entnommen werden.
Neues BMF-Schreiben
Das Bundesfinanzministerium hat sein letztes BMF-Schreiben zur privaten Altersvorsorge und
betrieblichen Altersversorgung aus dem Jahr 2013 aufgrund der gesetzlichen Änderungen überarbeitet
und wird es im Bundessteuerblatt veröffentlichen. Die wesentlichen Änderungen gelten mit Wirkung ab
dem 1.1.2014.
5.
Auch für verheiratete Kinder gibt es Kindergeldanspruch
Kernproblem
Für volljährige Kinder steht den Eltern Kindergeld zu, wenn sich die Kinder in Berufsausbildung
befinden und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Nach langjähriger Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) erlosch der Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind grundsätzlich mit
dessen Eheschließung, weil die Unterhaltsverpflichtung der Eltern infolge der Heirat und der
zivilrechtlich vorrangigen Verpflichtung des Ehegatten regelmäßig entfiel. Ein Anspruch auf Kindergeld
blieb nur erhalten, wenn die Einkünfte des Ehepartners für den vollständigen Unterhalt des Kindes
nicht ausreichten und das Kind auch nicht über ausreichende eigene Mittel verfügte (sogenannter
Mangelfall). Seit dem Jahr 2012 ist Kindergeld unabhängig von den eigenen Einkünften und Bezügen
des Kindes zu gewähren. An der Rechtsauffassung der Familienkassen hat sich aber in Bezug auf
verheiratete Kinder nichts geändert. Ob das rechtens ist, hat der BFH jetzt entschieden.
Sachverhalt
Im Streitjahr 2012 hatte der Vater für seine 21-jährige Tochter, die sich in Ausbildung befand,
Kindergeld beantragt. Die Tochter war seit dem Vorjahr verheiratet und bezog aus ihrer Ausbildung
Einkünfte von über 8.300 EUR. Der Vater hatte selbst keinen Unterhalt geleistet. Die Familienkasse
lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass sich die Tochter mit ihrem eigenen Einkommen und
dem Unterhaltsbeitrag des Ehemannes selbst unterhalten könne. Im Klageverfahren vor dem
Finanzgericht wurde dem Vater das Kindergeld zugesprochen, weil es seit dem Jahr 2012 nicht mehr
auf die Höhe des Einkommens und der Bezüge ankomme und damit auch der Unterhaltsanspruch
gegen den Ehemann unerheblich sei. Die Familienkasse ging in Revision.
Entscheidung
Der BFH hat dem Vater das Kindergeld zugesprochen. Nachdem bereits im Jahr 2010 das bis dahin
ungeschriebene Erfordernis einer "typischen Unterhaltssituation" (im Fall eines Kindes in
Vollzeiterwerb) durch den BFH aufgegeben wurde, könne nach Auffassung des Senats seit der
Gesetzesänderung mit Wirkung ab Januar 2012 nicht mehr an der früheren Rechtsprechung
festgehalten werden. Damit sei der sog. Mangelfallrechtsprechung die Grundlage entzogen. Der BFH
hat durch seine Entscheidung gegen die in der zentralen Dienstanweisung für die Familienkassen
niedergelegte Verwaltungsauffassung entschieden.
Konsequenz
Alle hiervon betroffenen Eltern sollten das Kindergeld rückwirkend ab Januar 2012 beantragen, soweit
5/25
das verfahrensrechtlich möglich und die übrigen Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Kindes
erfüllt sind. Ein gut verdienender Ehepartner ist dabei "unschädlich".
6.
BMF: Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei Vermietung
Kernproblem
Werden Erhaltungsaufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung mittels
Darlehen finanziert, sind die Schuldzinsen als Werbungskosten abzugsfähig. Der Bundesfinanzhof
(BFH) hatte im Jahr 2005 entschieden, dass der Zusammenhang mit der Einkunftsart auch nach einer
etwaigen Veräußerung des Objekts fortbestehe und die Zinsen als nachträgliche Werbungskosten
abziehbar bleiben. Im Unterschied zur Rechtsprechung bei Gewinneinkunftsarten galt das auch
unabhängig davon, ob der Veräußerungserlös zur Schuldentilgung ausgereicht hätte. An einer
unveränderten Anwendung der Grundsätze möchte das Bundesfinanzministerium (BMF) nicht mehr
festhalten, nachdem sich die Rechtsprechung des BFH durch Urteile der jüngsten Vergangenheit
geändert hat. Zum Zweck der steuerlichen Gleichbehandlung hat das BMF eine neue
Verwaltungsanweisung erlassen.
Neues BMF-Schreiben
Der
nachträgliche
Werbungskostenabzug
für
Schuldzinsen
bei
darlehensfinanzierten
Erhaltungsaufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung setzt nunmehr voraus,
dass nach Veräußerung des Mietobjekts der Veräußerungserlös nicht ausreicht, um die
Darlehensverbindlichkeit zu tilgen. Der durch die tatsächliche Verwendung des Darlehens zur
Finanzierung sofort abziehbarer Werbungskosten geschaffene Zusammenhang mit der Einkunftsart
Vermietung und Verpachtung bleibt zwar grundsätzlich nach Beendigung der Vermietungstätigkeit
bestehen. Wird der Veräußerungserlös aber nicht zur Tilgung dieses Darlehens verwendet, kann eine
daneben bestehende beziehungsweise neu entstehende relevante private Motivation für die
Beibehaltung
des
Darlehens
den
ursprünglich
gesetzten
wirtschaftlichen
Veranlassungszusammenhang überlagern und damit durchbrechen. Bestehen im Zusammenhang mit
dem veräußerten Mietobjekt mehrere Darlehensverbindlichkeiten, ist für die steuerliche Anerkennung
der Verwendung des Veräußerungserlöses zur Tilgung der Verbindlichkeiten - entsprechend der
Beurteilung durch einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmann - entscheidend, dass die
Darlehen nach Maßgabe der konkreten Vertragssituationen marktüblich und wirtschaftlich unter
Berücksichtigung der Zinskonditionen abgelöst werden.
Zeitliche Anwendung
Die neuen Rechtsgrundsätze sind erstmals anzuwenden auf entsprechende Schuldzinszahlungen,
wenn das obligatorische Veräußerungsgeschäft des Mietobjekts nach dem 31.12.2013 rechtswirksam
abgeschlossen ist. Wurde das obligatorische Veräußerungsgeschäft des Mietobjekts vor dem 1.1.2014
rechtswirksam abgeschlossen, bleibt das bisher angewandte Recht weiter auf entsprechende
Schuldzinszahlungen anwendbar.
7.
Kosten für Erstausbildungsstudium sind nicht abziehbar
Kernproblem
Nach heutiger Gesetzeslage sind die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige
Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, weder
Werbungskosten noch Betriebsausgaben. Eine Ausnahme gilt nur bei einem Zusammenhang mit
einem Dienstverhältnis, wie es zum Beispiel bei Beamtenanwärtern der Fall ist. Stattdessen wird bei
der Einkommensteuer ein Sonderausgabenabzug gewährt, der ab dem Jahr 2012 bis zu 6.000 EUR
(vorher 4.000 EUR) beträgt. Wenn jedoch im Ausbildungsjahr keine Einkünfte erzielt werden, läuft der
Abzug ins Leere, während eine steuerliche Einordnung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben
die Möglichkeit ließe, einen Verlustvortrag anzusammeln. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Jahr
2011 in Abweichung seiner bis dahin geltenden Rechtsprechung entschieden, dass auch Kosten für
ein Erststudium in voller Höhe als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein können. Der
Gesetzgeber konterte unmittelbar danach mit einer Gesetzesänderung und stellte die alte
Gesetzeslage wieder her. Eine Vielzahl ehemaliger Studenten hatte daraufhin Verlustfeststellungen
beantragt, weil sie eine verfassungswidrige Rückwirkung vermuteten.
6/25
Sachverhalt
Das Musterverfahren führte ein heutiger Rechtsanwalt, der im Wesentlichen die Kosten seiner
"Studentenbude" während des Jurastudiums für die Jahre 2004 und 2005 als vorweggenommene
Betriebsausgaben aus selbständiger Arbeit abziehen wollte. Nach der geänderten Rechtsprechung
des BFH beantragte er im Nachhinein die Feststellung von Verlustvorträgen, weil sein Jurastudium
final im Zusammenhang mit seiner inzwischen ausgeübten Berufstätigkeit als Rechtsanwalt gestanden
habe. Das Finanzamt lehnte den Antrag mit dem Beistand des Finanzgerichts ab, weil es die
Gesetzesänderung nur als Klarstellung ansah. Über das von dem Rechtsanwalt vorgeworfene
Rückwirkungsverbot musste jetzt der BFH in der Revision entscheiden.
Entscheidung
Der VIII. Senat des BFH erachtet die Neuregelung als verfassungsgemäß. Sie verstoße weder gegen
das Rückwirkungsverbot noch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes in dessen
Ausprägung durch das Prinzip der Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit. Der
Gesetzgeber habe nur das langjährige und auch bis 2011 vom BFH anerkannte grundsätzliche
Abzugsverbot für Kosten der beruflichen Erstausbildung nochmals bestätigt. Ein schutzbedürftiges
Vertrauen habe erst ab Veröffentlichung der Urteile im August 2011 vorliegen können, nicht aber in
den Streitjahren.
Konsequenz
Es ist nicht ausgeschlossen, dass gegen die Entscheidung Verfassungsbeschwerde beim
Bundesverfassungsgericht eingelegt wird. Solange sollte überlegt werden, Einsprüche weiterhin
offenzuhalten, zumal beim VI. Senat des BFH mehrere Verfahren in gleicher Sache anhängig sind.
8.
Niedersächsisches Finanzgericht: Solidaritätszuschlaggesetz ist verfassungswidrig
Kernaussage
Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) hält eine erneute Vorlage an das Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) bezüglich der Frage, ob das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 (SolZG) verfassungswidrig ist,
aufgrund neuer Argumente für geboten. Dasselbe Klageverfahren wurde bereits schon einmal
ausgesetzt und dem BVerfG vorgelegt. Dieses hat die Richtervorlage damals als unzulässig verworfen.
Sachverhalt
Streitig ist, ob der Solidaritätszuschlag, den das Finanzamt für das Jahr 2007 beim Kläger auf rund 940
EUR festgesetzt hat auf einer verfassungsmäßigen Grundlage, dem SolZG, beruht. Da der
Solidaritätszuschlag eine Ergänzungsabgabe darstellt, ist dieser nach Auffassung des Klägers nicht
dauerhaft zu erheben. Das FG legte dem BVerfG mit Beschluss vom 25.11.2009 die Rechtsfrage vor,
ob das SolZG gegen die Finanzverfassung und damit gegen das allgemeine Freiheitsrecht des
Steuerpflichtigen verstößt. Das BVerfG hat durch eine Kammerentscheidung die Unzulässigkeit der
ersten Vorlage festgestellt. Erneut versucht das FG eine Sachentscheidung des BVerfG zu erreichen.
Entscheidung
Das FG ist der Auffassung, der Solidaritätszuschlag verstoße gegen den allgemeinen
Gleichbehandlungsgrundsatz, da inländische Einkünfte sowohl untereinander (gewerbliche und nicht
gewerbliche Einkünfte), als auch im Vergleich zu ausländischen Einkünften ungleich behandelt
werden. So erfolgt eine (teilweise) Entlastung durch bestimmte Reduzierungen der
Bemessungsgrundlagen. Die Begünstigung gewerblicher Einkünfte war vom Gesetzgeber ausdrücklich
nicht gewollt. Die eingeschränkte Einbeziehung ausländischer Einkünfte wurde durch das BMF
bestätigt. Zudem verweist das FG auf die Rechtsstaatlichkeit des Besteuerungseingriffs als Teil der
verfassungsmäßigen Ordnung. Die Gesetzgebungs- beziehungsweise Gesetzfortführungskompetenz
für den Solidaritätszuschlag sei im Streitjahr 2007 nicht mehr gegeben, sodass der
Solidaritätszuschlag keine zulässige Ergänzungsabgabe darstellt. Ein Verstoß gegen das allgemeine
Freiheitsrecht des Steuerpflichtigen und gegen das Rechtsstaatsprinzip wird festgestellt. Ziel einer
Ergänzungsabgabe ist zudem die Deckung vorübergehender Bedarfsspitzen im Bundeshaushalt, was
mit gleichzeitigen Steuersenkungen, die in den letzten Jahren mehrfach zu verzeichnen waren,
unvereinbar ist.
Konsequenz
Es bleibt abzuwarten, ob das BVerfG in die Sachprüfung über die Verfassungswidrigkeit des
7/25
Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 einsteigt und die nicht von der Hand zu weisenden Argumente des
FG würdigen wird.
9.
Umfang einer SCHUFA-Auskunft
Kernaussage
Ein SCHUFA-Score stellt eine Prognose über das künftige Verhalten von Personengruppen dar, die
auf der Grundlage von statistisch-mathematischen Analyseverfahren berechnet wird. Es handelt sich
nicht um die Bewertung der Bonität eines konkreten Verbrauchers, sondern um die Einschätzung der
Kreditwürdigkeit einer Gruppe, der dieser Einzelne angehört. Die SCHUFA muss Verbrauchern keine
umfassende Auskunft zur Berechnung der Score-Werte geben. Eine Auskunftsverpflichtung besteht
nur darüber, welche personenbezogenen, kreditrelevanten Daten gespeichert sind und in die
Berechnung mit eingeflossen sind.
Sachverhalt
Die Beklagte, die Wirtschaftsauskunftei SCHUFA, sammelt und speichert personenbezogene Daten,
die für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit des Betroffenen relevant sein können. Dabei erstellt sie
sogenannte Score-Werte, die aussagen sollen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Betroffene seine
Verbindlichkeiten zukünftig erfüllen wird. Nach der gescheiterten Finanzierung eines Autokaufs wollte
die Klägerin von der Beklagten erfahren, wie die Bewertung ihrer Kreditwürdigkeit zustande gekommen
war und weshalb sie als nicht ausreichend kreditwürdig eingestuft wurde. Die Beklagte übersandte ihr
eine Bonitätsauskunft und eine "Datenübersicht nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)". Dies
genügte der Klägerin nicht, weshalb sie Auskunft über die Berechnung der einzelnen Score-Werte
verlangte. Die Klage wurde in allen 3 Instanzen im Wesentlichen abgewiesen.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) ist der Ansicht, dass die Beklagte lediglich zur Auskunft über die bei ihr
gespeicherten personenbezogenen Daten verpflichtet ist, die für das Scoring verwendet werden. Diese
Auskunft hat die Beklagte durch die an die Klägerin übermittelten Daten erfüllt. Sie hat der Klägerin
sämtliche zu ihrer Person gespeicherten Daten sowie die an Dritte übermittelten und aktuellen
Wahrscheinlichkeitswerte mitgeteilt. Ein darüber hinausgehender Auskunftsanspruch zu den
Elementen des Scoringverfahrens, wie Gewichtung und Angaben zu Vergleichsgruppen, besteht nicht.
Die Beklagte hat ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung dieser Berechnungsformel.
Konsequenz
Betroffene sollten ihren Auskunftsanspruch stets geltend machen. So können die konkreten Umstände
erkannt werden, die für die Ermittlung des Score-Werts relevant sind. Fehlerhafte Daten können
anderenfalls erhebliche Konsequenzen für die Kreditwürdigkeit des Einzelnen haben.
10.
AIFM-Umsetzungsgesetz
Kernaussage
Am 23.12.2013 wurde das AIFM-Umsetzungsgesetz (auch AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz) im
Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Hierdurch wurden das Investmentsteuergesetz und verschiedene
andere Steuergesetze geändert.
Gesetzeszweck
Das AIFM-Umsetzungsgesetz dient zum einen der Anpassung diverser steuerrechtlicher Regelungen insbesondere des Investmentsteuerrechts - und außersteuerrechtlicher Normen an das
Kapitalanlagegesetzbuch. Zum anderen wird mit einer Ergänzung des Investmentsteuergesetzes die
Einführung eines Pension-Asset-Pooling-Vehikels in Deutschland ermöglicht. Zudem werden in diesem
Gesetz verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen des Investmentsteuerrechts beseitigt.
Einzelne wichtige Änderungen
Aus steuerlicher Sicht sind insbesondere die veränderten bilanziellen Regelungen bei der Übertragung
von Pensionsverpflichtungen von Bedeutung. So soll nun unterbunden werden, dass unterbewerte
Pensionsverpflichtungen durch einen entgeltlichen Schuldbeitritt innerhalb von Konzernen gehoben
werden und damit Abzugspotential generiert wird ("Hebung stiller Lasten"). Daneben wurde das
sogenannte "Goldfinger-Modell" durch Änderungen beim Progressionsvorbehalt ausgebremst. Beim
Goldfinger-Modell gründet der Steuergestalter eine Personengesellschaft im Ausland. Die
ausländische Gesellschaft soll mit Gold handeln und gewerblich tätig sein. Zwischen Deutschland und
8/25
dem ausländischen Staat muss ein Doppelbesteuerungsabkommen bestehen, so dass das
Besteuerungsrecht der Einkünfte dem ausländischen Staat zugerechnet wird. In der Folge werden die
ausländischen Einkünfte nicht in Deutschland versteuert. Sie wirken sich aber auf den deutschen
Steuersatz aus (Progressionsvorbehalt). Dabei erhöhen ausländische Gewinne den Steuersatz.
Ausländische Verluste senken ihn (negativer Progressionsvorbehalt). Ein hoher ausländischer Verlust
kann den Steuersatz auf 0 %drücken, so dass die übrigen Einkünfte in Deutschland unversteuert
bleiben. Ein hoher ausländischer Gewinn erhöht den Steuersatz aber auf maximal 45 %. Ist der eigene
Steuersatz sehr hoch, wirkt sich eine weitere Steuersatzerhöhung kaum aus. Genau diesen Effekt
nutzt das Goldfinger-Modell: Im ersten Jahr sorgt ein hoher ausländischer Verlust dafür, dass die
deutschen Einkünfte nicht versteuert werden. Im nächsten Jahr verpufft der steuerlich nachteilige
Effekt der hohen ausländischen Einkünfte.
11.
Einkommensteuerbescheid für Erblasser: Nichtigkeit bei unzutreffender Bezeichnung des
Rechtsnachfolgers
Kernaussage
Steuerbescheide müssen, um wirksam zu werden, gegenüber dem zutreffenden Steuerpflichtigen
bekanntgegeben werden. Bestandteil des Steuerbescheides ist damit die zutreffende Bezeichnung des
Empfängers. Verstirbt der Steuerpflichtige, sind Steuerbescheide, die gegenüber ihm noch zu erlassen
sind, gegenüber den Rechtsnachfolgern (= die Erben) mit Rechtsnachfolgezusatz bekannt zu geben.
Das Finanzgericht Münster hatte jetzt darüber zu entscheiden, wie die zutreffende Bezeichnung des
Rechtsnachfolgers von Todes wegen zu erfolgen hat, damit der Steuerbescheid wirksam werden kann.
Sachverhalt
Im Rahmen eines Nachlassverfahrens war zunächst Nachlasspflegschaft angeordnet, weil die Erblage
unbekannt war. Die Finanzverwaltung gab einen ersten Einkommensteuerbescheid für den Erblasser
zunächst gegenüber dem Nachlasspfleger bekannt, der hiergegen Einspruch einlegte. Im Laufe des
Einspruchsverfahrens wurde ein Erbschein erteilt. Der Erblasser war von einer Erbengemeinschaft
beerbt worden. Einer der Erben gab eine Einkommensteuererklärung für den Erblasser über seine
Steuerberater ab. Der andere Erbe widersprach der Einkommensteuererklärung. Schlussendlich gab
die Finanzverwaltung geänderte Einkommensteuerbescheide sowohl gegenüber den Steuerberatern
des einen Erben als auch gegenüber dem anderen Erben bekannt. Die Einkommensteuerbescheide
wichen inhaltlich voneinander ab und benannten weder die einzelnen Mitglieder der
Erbengemeinschaft noch enthielten sie einen Hinweis auf eine Gesamtschuldnerschaft der Erben. Der
Kläger beantragte daraufhin die Feststellung, dass der geänderte Einkommensteuerbescheid nichtig
und damit unwirksam sei.
Entscheidung
Das Finanzgericht Münster gab dem Kläger Recht. Der Steuerbescheid sei deshalb nichtig, weil er an
offensichtlichen schweren Mängeln leide, die auch nicht durch Auslegung zu beheben seien. Hierfür
sei insbesondere entscheidend, dass der geänderte Einkommensteuerbescheid, unabhängig davon,
dass er an den falschen Empfänger gerichtet gewesen sei, nicht die Namen aller Erben bzw. aller
Mitglieder der Erbengemeinschaft enthalten habe. Dies lasse keine weitergehende Auslegung des
Bescheides zu. Die Entscheidung ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Das Revisionsverfahren ist beim
Bundesfinanzhof anhängig.
Konsequenz
In Fällen, in denen Steuerbescheide gegenüber einem Erblasser an dessen Erben bekannt zu geben
sind, bedeutet die Entscheidung aus unserer Sicht, dass diese nur dann wirksam werden können,
wenn mindestens alle Erben namentlich bzw. als Mitglieder einer Erbengemeinschaft zutreffend
benannt sind.
12.
Masseverbindlichkeit: Einkommensteuer auf Vermietung von zwangsverwalteten Grundbesitz
Kernaussage
Die Vermietungseinkünfte sind auch bei einer Zwangsverwaltung dem Eigentümer zuzurechnen. Läuft
gleichzeitig ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Eigentümers, so handelt es sich bei der
Einkommensteuer um eine Masseverbindlichkeit. Zwar sind die Einkünfte nicht durch Handlung des
9/25
Insolvenzverwalters, aber in sonstiger Weise durch die Verwaltung der Insolvenzmasse begründet
worden.
Sachverhalt
Der Kläger war Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners. In diesem befanden sich unter
anderem vermietete Grundstücke, die bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens unter
Zwangsverwaltung standen. Die Zwangsverwaltung wurde von einer Bank als Inhaberin von
Grundschulden auf den Grundstücken betrieben. Das beklagte Finanzamt setzte die Einkommensteuer
auch hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Masseverbindlichkeit gegenüber
dem Kläger fest. Hiergegen wehrt sich der Kläger, da die Mieteinnahmen nicht zu einer Mehrung der
Insolvenzmasse geführt hätten. Das Finanzgericht wies die Klage zwar ab. Die Revision zum
Bundesfinanzhof (BFH) wurde zugelassen.
Entscheidung
Die aus den Vermietungseinkünften resultierende Einkommensteuer stellt eine Masseverbindlichkeit
dar. Die Grundstücke sind Bestandteil der Insolvenzmasse, da sie dem Schuldner gehörten. Die
Zwangsverwaltung hat insofern keinen Einfluss auf die Eigentumsverhältnisse. Das Gesetz sieht
zudem nicht vor, dass eine Masseverbindlichkeit zwingend durch Handlung des Insolvenzverwalters
entsteht, vielmehr reicht aus, dass die Steuerverbindlichkeit ihre Ursache in einem zur Insolvenzmasse
gehörenden Gegenstand hat. Nicht erforderlich ist zudem, dass der Insolvenzmasse tatsächlich Werte
zufließen. Es reicht vielmehr aus, dass die Insolvenzmasse bereichert wird, indem sie von drohenden
Verpflichtungen gegenüber der Grundpfandgläubigerin entlastet wird. Demgegenüber ist das
insolvenzfreie Vermögen des Schuldners nicht bereichert worden, so dass eine Steuerfestsetzung ihm
gegenüber ausscheidet.
Konsequenz
Der Insolvenzverwalter hätte auch die Möglichkeit gehabt, die Grundstücke aus der Insolvenzmasse
freizugeben, wenn aufgrund der Höhe der Belastungen nicht mit einem Überschuss für die
Insolvenzmasse zu rechnen gewesen wäre. Im Rahmen der Revision wurde bereits ein Antrag auf
Prozesskostenhilfe eingelegt. Das Ergebnis bleibt abzuwarten.
13.
Erbschaftsteuer: Teilweise Rückzahlung des gezahlten Einmalbeitrags für Rentenversicherung
Kernaussage
Erhält ein Ehegatte vereinbarungsgemäß einen Teil des Einmalbeitrags, den er ursprünglich für eine
vom anderen Ehegatten abgeschlossene Rentenversicherung gezahlt hat, von dem
Versicherungsunternehmen aufgrund des Todesfalls erstattet, bevor die geleisteten Rentenzahlungen
die Höhe des Einmalbeitrags erreicht haben, unterliegt der Erstattungsbetrag nicht der
Erbschaftsteuer.
Sachverhalt
Die Ehefrau des Klägers schloss im Jahr 2003 einen Rentenversicherungsvertrag gegen einen
einmaligen Gesamtbeitrag von 150.000 EUR ab. Den Beitrag bezahlte der Kläger. Für den Fall, dass
die Ehefrau verstirbt, wurde vereinbart, dass die Versicherung den Differenzbetrag des gezahlten
Beitrags abzüglich der gezahlten Renten an den Kläger zurückzahlt. Im Jahr 2006 verstarb die
Ehefrau. Der Kläger war alleiniger Erbe. Das beklagte Finanzamt beurteilte den Differenzbetrag aus
der Versicherung als steuerpflichtigen Erwerb und unterwarf diesen der Erbschaftsteuer. Der Kläger ist
der Auffassung, die Zahlung stelle einen nicht steuerbaren Vermögensrückfall dar. Das Finanzgericht
wies die Klage ab. Der Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Kläger Recht.
Entscheidung
Bei dem Rentenversicherungsvertrag handelt es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter. Die
erbschaftsteuerliche Steuerbarkeit setzt jedoch voraus, dass die Zuwendung an den Dritten im
Verhältnis zum Erblasser alle objektiven und subjektiven Merkmale einer freigiebigen Zuwendung
aufweist. Entscheidend ist deshalb, ob eine Vermögensverschiebung vorliegt. Hinsichtlich des durch
den Tod der Ehefrau aufschiebend bedingten Rückzahlungsanspruchs fehlte es vorliegend an der
erforderlichen Vermögensverschiebung zwischen der Ehefrau und dem Kläger. Nicht die Ehefrau,
sondern der Kläger hatte den Versicherungsbeitrag gezahlt. Auf das Deckungsverhältnis zwischen
dem Versicherungsunternehmen und der Ehefrau kommt es nicht an. Der BFH teilt somit die aktuelle
10/25
Auffassung der Finanzverwaltung zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen Leistungen aus einer
Lebensversicherung beim Erwerb durch einen Bezugsberechtigten der Erbschaftsbesteuerung
unterliegen.
Konsequenz
Nach vorheriger Auffassung der Finanzverwaltung war für die erbschaftsteuerliche Beurteilung
entscheidend, ob der Prämienzahler von vornherein sowohl für den Erlebens- als auch für den
Todesfall unwiderruflich bezugsberechtigt war. Richtigerweise ist nun nur noch zu beurteilen, ob und
gegeben falls in welchem Umfang der Bezugsberechtigte die Versicherungsbeiträge geleistet hat.
14.
Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts nach Kündigung durch Mandanten
Kernaussage
Lehnt der Rechtsanwalt aufgrund der von ihm auftragsgemäß vorzunehmenden, inhaltlich zutreffenden
Rechtsprüfung die Begründung einer Berufung, die nach Kündigung des Mandats durch den
Mandanten von einem anderen Anwalt vorgenommen wird, ab, verliert er nicht seinen
Vergütungsanspruch.
Sachverhalt
In erster Instanz verlor der Mandant einen Regressprozess gegen einen Arbeitsrechtsanwalt.
Daraufhin beauftragte er den nun klagenden Rechtsanwalt (Kläger) mit der Vertretung im
Berufungsverfahren. Dieser legte Berufung ein und kam bei der anschließenden Prüfung der
Erfolgsaussichten zu dem Ergebnis, der Mandant werde die erforderlichen Nachweise im
Berufungsverfahren, um seinen Regressanspruch durchzusetzen, nicht erbringen können. Daraufhin
suchte der Mandant einen anderen Anwalt auf. In einem Telefonat zwischen dem Kläger und dem
anderen Anwalt sagte der Kläger, dass er die Berufung nicht begründen könne – aussichtslose Sachen
mache er nicht. Darauf teilte der andere Anwalt dem Kläger mit, er sei beauftragt, das Mandat zu
übernehmen und kündigte das Mandat des Klägers. Der andere Anwalt begründete dann die Berufung,
die einstimmig vom Oberlandesgericht zurückgewiesen wurde. Der Kläger macht nun seinen
Vergütungsanspruch für das Berufungsverfahren geltend. Nachdem er vor dem Amtsgericht (AG)
gewann und vor dem Landgericht unterlag ging er in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH).
Entscheidung
Der BGH hob das landgerichtliche Urteil auf und bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Der
Vergütungsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 628 Abs. 1 BGB, der regelt, inwieweit nach
fristloser Kündigung noch Vergütungsansprüche bestehen. Durch die Einlegung der Berufung sind die
vollen Gebühren entstanden. Der Anspruch reduziert sich, wenn der Anspruchsberechtigte durch
vertragswidriges Verhalten den Grund für die Kündigung gesetzt hat und der andere kein Interesse an
der bereits erbrachten Leistung hat. Vorliegend hat sich der klagende Anwalt korrekt verhalten. Sein
Hinweis entsprach der Prozesslage und die Empfehlung diente der Kostenminderung. Hiermit kam der
Kläger seinen mandatsbezogenen Verpflichtungen nach, zumal er einen ausdrücklichen Prüfauftrag
erhalten hatte. Ein Rechtsanwalt hat von der Durchführung eines erfolglosen Rechtsmittels ebenso
abzuraten wie von der Führung eines von vornherein aussichtslosen Rechtsstreits.
Konsequenz
Einem Rechtsanwalt ist als unabhängigem Organ der Rechtspflege nicht zuzumuten, wider besseren
Wissens eine aussichtslose Berufung zu begründen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob nicht schon bei
der Berufungseinlegung absehbar war, dass keine Erfolgsaussichten bestanden.
15.
"Teilweise" Aufgabe der Vermietungsabsicht bei langjährigem Leerstand
Kernproblem
Ist die dauerhafte Vermietung einer Wohnung beabsichtigt und fallen dafür vorher Aufwendungen an,
können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden. Der Abzug setzt jedoch
eine Einkünfteerzielungsabsicht voraus. Bleiben die Einnahmen über mehrere Jahre aus und werden
daraufhin fortlaufend Verluste geltend gemacht, zweifelt das Finanzamt häufig diese Absicht an und
unterstellt steuerlich eine Liebhaberei. Im vergangenen Jahr hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einer
Reihe von Urteilen langjährige Wohnungsleerstände untersucht und die Rechtsprechung verschärft.
Wenn einem Vermieter über einen längeren Zeitraum keine Vermietung gelingt, muss er seine
11/25
Vermietungsbemühungen nachweisbar intensivieren. Die Urteilsreihe des BFH wurde nunmehr
ergänzt um den Fall einer "teilweisen" Aufgabe der Vermietungsabsicht.
Sachverhalt
Eheleute hatten die OG-Wohnung ihres Zweifamilienhauses von 1991 bis 2002 dauerhaft vermietet.
Seitdem konnten sie das Objekt nur noch kurzfristig vermieten. Ein Zimmer der Wohnung war so
hergerichtet, dass es isoliert an Messebesucher und Wochenendheimfahrer vermietet werden konnte.
Die gesamte Wohnung wurde durch Annoncen in verschiedenen regionalen Zeitungen beworben,
jedoch im Streitjahr 2008 - ebenso wie in den Jahren 2003, 2005 und ab 2009 - nicht vermietet. Die
Ehefrau nutzte jedoch ein Zimmer im Streitjahr für ihre gewerbliche Tätigkeit und machte anteilige
Raumkosten als Betriebsausgabe geltend (jedoch nicht Zinsen und Abschreibungen). Alle anderen
Aufwendungen berücksichtigte das Finanzgericht (FG) als Werbungskosten, weil es die Bemühungen
der Vermieter als ernsthaft und nachhaltig ansah. Das Finanzamt bezweifelte das und ging in Revision.
Entscheidung
Der BFH hielt in seinem Urteil an dem Grundsatz fest, dass mit Einkünfteerzielungsabsicht
aufgewendete Werbungskosten auch in Leerstandszeiten abzugsfähig bleiben. Das gelte auch beim
Leerstand einzelner Räume innerhalb einer Wohnung, die vom Steuerpflichtigen im Übrigen
anderweitig genutzt werden. Dagegen sei von einer (teilweisen) Aufgabe der Vermietungsabsicht
auszugehen, wenn einzelne Räume der Wohnung nicht mehr zur Vermietung bereitgehalten werden,
sondern
in
einen
neuen
(selbst
steuerrechtlich
bedeutsamen)
Nutzungsund
Funktionszusammenhang stehen (hier mit gewerblicher Tätigkeit).
Konsequenz
Im zweiten Rechtsgang hat das FG zunächst zu prüfen, ob durch die Aufnahme der gewerblichen
Tätigkeit Schlussfolgerungen hinsichtlich der zur Vermietung bereitgehaltenen Räume zu ziehen sind.
Ist die Vermietungsabsicht nicht aufgegeben, kommt es zu einer Aufteilung der Aufwendungen. Bei der
Ermittlung der Vermietungseinkünfte sind grundsätzlich auch die Aufwendungen für die leerstehenden
Gemeinschaftsräume zu berücksichtigen.
Unternehmer und Freiberufler
1.
Zur Umsatzbesteuerung der Verpflegung durch Schulfördervereine
Einführung
Schulen werden häufig durch Fördervereine unterstützt. Diese kümmern sich zum Beispiel um die
Verpflegung der Schüler und Lehrer, um deren steuerliche Konsequenzen leider jedoch selten. Dabei
ist gerade dieser Bereich sehr komplex, je nach Konstellation kann die Verpflegung steuerfrei sein
oder aber auch der Umsatzsteuer mit 7 % beziehungsweise 19 % unterliegen.
Neue Verwaltungsanweisung
Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. weist zunächst darauf hin, dass nur 2 Fälle existieren, in
denen die Verpflegung durch einen Schulförderverein steuerfrei ist. Zum einen ist die Verpflegung
befreit, wenn der Verein auch Erziehungs- und Ausbildungsleistungen erbringt, zum anderen, wenn er
Mitglied eines Wohlfahrtverbandes ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist wie folgt zu
differenzieren: Die Verpflegung durch gemeinnützige Vereine kann unter bestimmten Voraussetzungen
als begünstigter Zweckbetrieb zu qualifizieren sein. Die Verpflegung unterliegt dann insgesamt der
Umsatzsteuer zu 7 %. In allen anderen Fällen gelten die allgemeinen Grundsätze. Liefert der Verein
lediglich das Essen, ist dies mit 7 % Umsatzsteuer abzurechnen. Ist die Verpflegung hingegen als
Dienstleistung zu qualifizieren, werden 19 % Umsatzsteuer fällig. Sofern der Schulträger die
Verpflegung bezuschusst, ist zwischen echten und unechten Zuschüssen zu unterscheiden. Nur echte
Zuschüsse sind nicht steuerbar. Ein jährlicher fixer Zuschuss ist nach Ansicht der OFD als echter
Zuschuss zu qualifizieren, ein Zuschuss pro Essen hingegen nicht.
Konsequenzen
Fördervereine, die in Schulen die Verpflegung organisieren, sollten anhand der Verfügung prüfen, ob
sie diese korrekt versteuern. Soweit sich Handlungsbedarf ergibt, bietet die Verfügung brauchbare
Hinweise, um die steuerliche Belastung legal zu mindern. So wird zum Beispiel aufgezeigt, wie durch
12/25
die Übernahme der Hausaufgabenbetreuung durch den Förderverein erreicht werden kann, dass die
Verpflegung steuerfrei ist. Auch weist die OFD nicht nur darauf hin, dass Voraussetzung für einen
begünstigten Zweckbetrieb eine entsprechend ausgestaltete Satzung ist, sondern bietet auch
Formulierungshilfen hierzu.
2.
BFH: Bezahlung von Bußgeldern in der Regel Arbeitslohn
Kernproblem
Die Übernahme von Geldbußen und Geldstrafen durch den Arbeitgeber steht seit einigen Jahren auf
dem steuerlichen Prüfstand. Dabei geht es um die Frage, ob hierin Arbeitslohn vorliegt, den der
Arbeitgeber nicht nur mit lohnsteuerlicher, sondern auch mit sozialversicherungsrechtlicher
Konsequenz in der Lohnabrechnung zu berücksichtigen hat. Hiervon betroffen sind insbesondere die
sich wachsender Konkurrenz stellenden Paketzusteller oder LKW-Fahrer, deren Anlieferung zur
Vermeidung von Lagerkosten "just in time" gefordert wird. Immer häufiger veranlasst der Arbeitgeber
seine Angestellten zum rechtswidrigen Verhalten und übernimmt dafür die Bußgelder. Der
Bundesfinanzhof (BFH) hat hierin in seinem Urteil aus dem Jahr 2004 ein überwiegend
eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers ohne lohnsteuerliche Konsequenzen gesehen, der für
seinen Paketzusteller die Verwarnungsgelder für das Parken im Halteverbot übernahm. Daran gab es
Kritik. Jetzt musste der BFH über einen LKW-Fahrer urteilen.
Sachverhalt
Eine internationale Spedition transportierte überwiegend Lebensmittel zu Supermärkten und war
Zulieferer für die Automobilindustrie. Die Lebensmitteldiscounter konnten bei einer Verspätung die
Annahme ablehnen, die Automobilindustrie sah eine Konventionalstrafe vor. Zur Vermeidung solcher
Folgen überschritten die Fahrer in Ausnahmefällen ihre Lenkzeiten und hielten Ruhezeiten nicht ein.
Die Bußgelder von bis zu 6.590 EUR übernahm die Spedition ohne lohnsteuerliche Konsequenz aus
überwiegend eigenbetrieblichem Interesse, wie sie anlässlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung
argumentierte. Das Finanzgericht Köln lehnte die Klage gegen den Nachforderungsbescheid des
Finanzamts ab, weil sich der Verstoß nach dessen Auffassung als erheblich erwies und nicht mit
einem einfachen Parkvergehen vergleichbar war. Die Spedition ging zum BFH.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Rechtsausführungen des Finanzgerichts. Nach Auffassung des Senats zählen
gegen die Rechtsordnung verstoßende und mit Bußgeldern belegte rechtswidrige Weisungen des
Arbeitgebers nicht zu notwendigen Begleiterscheinungen betriebsfunktionaler Zielsetzungen. An der
bisher vertretenen Auffassung, dass die Übernahme von Verwarnungsgeldern wegen Verletzung des
Halteverbots im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen kann, wird
nicht weiter festgehalten.
Konsequenz
Mit dieser Entscheidung dürfte auch das vorher vom BFH als nur "halb so schlimm" gewürdigte
Parkvergehen zukünftig bei Übernahme durch den Arbeitgeber zu Arbeitslohn führen. Hiervon
regelmäßig betroffene Arbeitgeber sollten sich auf Mehrbelastungen einstellen oder durch
Anrufungsauskunft beim Betriebsstättenfinanzamt für Klarheit sorgen.
3.
Grunderwerbsteuer: Zur Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft
Kernaussage
Bringen die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft (KG) ein ihnen gehörendes Grundstück in die
KG ein und wird die KG anschließend in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt, sind die
Voraussetzungen für die Nichterhebung der Grunderwerbsteuer für die Grundstückseinbringung nicht
erfüllt. Bei der Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft darf auch dann nicht anstelle des
Grundbesitzwerts der Buchwert angesetzt werden, wenn die Gesellschaft und das für die
Steuerfestsetzung zuständige Finanzamt (FA) dies vereinbaren.
Sachverhalt
Die klagende GmbH ist durch Umwandlungsbeschluss vom 30.8.2010 aus einer GmbH & Co. KG
hervorgegangen. Kommanditisten waren A und deren Kinder K1 und K2. Die Komplementär-GmbH
war nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligt. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 30.8.2010
verpflichten sich A und K1 ein ihnen als Miteigentümer gehörendes, an die KG vermietetes Grundstück
13/25
gegen Gewährung neuer Gesellschaftsrechte in die KG einzubringen. Anschließend wurde der
Umwandlungsbeschluss beurkundet. Auf Basis einer Einigung mit dem Finanzamt setzte dieses durch
Bescheid vom 1.3.2011 auf Basis des Buchwerts des Grundstücks von 120.000 EUR
Grunderwerbsteuer i. H. v. 4.200 EUR fest. Die GmbH klagte auf Nichterhebung der Steuer.
Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das Urteil auf und verwies
die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück. Der BFH bestätigte
die Feststellung des FG, dass durch Abschluss des Einbringungsvertrags vom 30.8.2010
Grunderwerbsteuer anfällt. Des Weiteren sind die Voraussetzungen der Nichterhebung der
Grunderwerbsteuer durch den nachfolgenden Umwandlungsvorgang nicht erfüllt. Jedoch darf
Bemessungsgrundlage für die Steuer nicht der Buchwert des Grundstücks sein. Die Voraussetzungen
für die Nichterhebung der Grunderwerbsteuer entfallen rückwirkend, da sich die Beteiligung am
Vermögen der Gesamthand innerhalb von 5 Jahren nach dem Grundstücksübergang vermindert hat.
Eine solche Verminderung tritt auch bei Umwandlung der Personengesellschaft in eine
Kapitalgesellschaft ein. Entscheidend ist die unmittelbare dingliche Mitberechtigung der Gesamthänder
am Gesellschaftsvermögen. Diese geht bei Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft verloren. Der
Buchwertansatz war hier unzulässig, da dieser nicht als vorläufiger Wertansatz gekennzeichnet wurde.
Konsequenz
Hier zeigen sich die Tücken des Grunderwerbsteuerrechts: Nach einer steuerfreien Übertragung
müssen die Verbleibensvorschriften (§§ 5, 6 GrEStG) überwacht und eingehalten werden.
4.
Umsatzsteuer: Wenn die Auskunft des Finanzamtes zum Verhängnis wird
Einführung
Der deutschen Umsatzsteuer unterliegen nur Leistungen, die im Inland steuerbar sind. Dies wiederum
setzt voraus, dass der Ort der Leistung im Inland liegt. Allerdings bereitet die Bestimmung des
Leistungsortes häufig massive Probleme. Selbst wenn aus deutscher Sicht das Problem gelöst
scheint, schließt dies nicht aus, dass sich Konflikte mit ausländischen Kunden ergeben, die eine
abweichende Rechtsansicht vertreten.
Sachverhalt
Die in Deutschland ansässige Klägerin hatte sich verpflichtet, mit der von ihr unterhaltenen
Fußballmannschaft Werbeleistungen für einen schweizer Tourismusverband durchzuführen. Die
Werbung wurde anlässlich von Sportveranstaltungen im heimischen Stadion erbracht. Nach Auskunft
des zuständigen Finanzamts sollten die Umsätze in Deutschland steuerbar sein. Die Klägerin rechnete
die erbrachten Leistungen daraufhin mit Ausweis von deutscher Umsatzsteuer ab (circa 40.000 EUR),
die in der Folgezeit bestandskräftig festgesetzt wurde. Der Tourismusverband zahlte zwar die
Nettoentgelte, nicht jedoch die Umsatzsteuer.
Entscheidung
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm stellt sich gegen die Aussage des Finanzamtes. Demnach ist die
erbrachte Leistung als Werbeleistung zu qualifizieren, die in der Schweiz der Umsatzsteuer unterliegt,
nicht jedoch in Deutschland.
Konsequenzen
Nicht nur für diesen Fall gilt, dass auch verbindliche Auskünfte des Finanzamts zwar für einen
gewissen Vertrauensschutz sorgen, dieser aber nichts nützt, wenn es vors Gericht geht. Dies gilt nicht
nur für die Finanzgerichte, sondern auch für die Zivilgerichte, wie das OLG ausdrücklich betont.
Gerade in der Umsatzsteuer ist, Tendenz zunehmend, zu beobachten, dass Urteile der Gerichte für die
Steuerpflichtigen böse enden, die sich alleine an der Auffassung der Finanzverwaltung orientiert
haben. Um sich diesem Risiko nicht unnötig auszusetzen, sollte daher bei Geschäften mit
Auslandsbezug im Zweifel die umsatzsteuerliche Behandlung immer im Vorfeld geklärt und mit dem
Vertragspartner abgestimmt werden. Ist dies nicht möglich, muss zumindest dafür Sorge getragen
werden, dass die Bescheide nicht bestandskräftig werden, um später gegebenenfalls noch Korrekturen
vornehmen zu können.
14/25
5.
Umsatzsteuerkorrektur bei Vereinbarung von Sicherungseinbehalten
Einführung
Die Liquidität von Unternehmen, die der Sollbesteuerung unterliegen, leidet häufig darunter, dass sie
die Umsatzsteuer schon ans Finanzamt abführen müssen, bevor sie diese vom Kunden erhalten
haben. Die im Gegensatz zur Istbesteuerung der Sollversteuerung immanente Vorfinanzierung der
Umsatzsteuer ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) zulässig, sofern Korrekturen einfach
möglich sind. In einem aktuellen Urteil zu Sicherungseinbehalten hat der BFH nun gezeigt, dass er
dies ernst meint.
Sachverhalt
Die Auftraggeber eines Bauunternehmers behielten 5 % bis 10 % der in Rechnung gestellten Beträge
als Sicherungseinbehalte für 2 bis 5 Jahre ein. Da der Bauunternehmer nicht in der Lage war
Bankbürgschaften vorzulegen, erhielt er auch nur die um die Sicherungseinbehalte reduzierten
Rechnungsbeträge von seinen Auftraggebern ausbezahlt. Strittig war nun, ob der Bauunternehmer
berechtigt war, nur den reduzierten Betrag der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Die Finanzverwaltung
vertrat die Ansicht, dass im Rahmen der Sollversteuerung der volle Rechnungsbetrag zu versteuern
sei, sofern keine konkreten Mängelrügen vorliegen würden.
Entscheidung
Der BFH sieht in der Vorfinanzierung der Umsatzsteuer für mehrere Jahre im Rahmen der
Sollversteuerung im Vergleich zur Istbesteuerung einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Hierzu kommt es aber nicht, da Entgelte, die für einen Zeitraum von 2 bis 5 Jahren nicht vereinnahmt
werden können, nach Ansicht des BFH uneinbringlich sind.
Konsequenzen
Wird ein mehrjähriger Sicherungseinbehalt nicht ausgezahlt, ist die entsprechende Forderung
zunächst zu 100 % einzubuchen. In Höhe des Einbehalts ist aber dann im gleichen
Voranmeldungszeitraum eine Korrektur der Umsatzsteuer vorzunehmen. Dies gilt jedoch nur für die
Fälle, in denen es dem Unternehmer nicht möglich war, eine Bankbürgschaft beizubringen. Dies sollte
dokumentiert werden. Zu beachten ist auch, dass die Korrektur nun auch zwingend im
Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung erfolgen muss. Spätere Korrekturen lässt der BFH
folgerichtig aus diesem Grunde nicht mehr zu. Für die betroffenen Unternehmen ist das Urteil mehr als
erfreulich, da gerade die Unternehmen, die keine Bankbürgschaft erhalten, regelmäßig auch nicht
besonders liquide sind.
6.
ESMA: Verbot von Leerverkäufen mit Unionsrecht vereinbar
Kernaussage
Die Befugnis der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) in dringlichen Fällen
einzugreifen, um Leerverkäufe zu regeln oder zu verbieten, ist mit dem Unionsrecht vereinbar.
Sachverhalt
Um zu verhindern, dass die Kurse von Finanzinstrumenten durch die Wirkung von Leerverkäufen
außer Kontrolle geraten, erließ die Europäische Union im Jahr 2012 aufgrund der Finanzmarktkrise
eine Verordnung zur Harmonisierung von Leerverkäufen. Hierbei werden Wertpapiere und sonstige
Vermögenswerte in der Erwartung eines Profits aus dem Kursrückgang verkauft, die im
Verkaufszeitpunkt nicht im Eigentum des Verkäufers stehen. Die Verordnung gibt der ESMA die
Möglichkeit des Erlasses verbindlicher Rechtsakte für die Finanzmärkte der Mitgliedsstaaten, um die
Stabilität und Funktionsweise des Finanzsystems in der Union sicherzustellen. Im Mai 2012 klagte das
Vereinigte Königreich beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) auf Nichtigerklärung von Art. 28 der
Verordnung.
Entscheidung
Der EuGH wies die Klage ab. Die der ESMA eingeräumten Befugnisse sind genau eingegrenzt und
basieren auf dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die ESMA ist nur
dann zum Handeln berechtigt, wenn eine grenzüberschreitende Bedrohung für die Finanzmärkte oder
die Stabilität des Finanzsystems der Europäischen Union besteht und die zuständigen nationalen
Behörden nicht ausreichend eingeschritten sind. Damit werden der ESMA keine Befugnisse durch die
Union übertragen, die dieser nicht zustehen. Hinzu kommt, dass die ESMA den Europäischen
15/25
Ausschuss für Systemrisiken konsultieren und die zuständigen nationalen Behörden über die
jeweiligen Maßnahmen unterrichten muss.
Konsequenz
Die Entscheidung des EuGH zeigt, dass die derzeitige Ausgestaltung der ESMA mit dem Europarecht
vereinbar ist. Die Klage der Briten, die sich gegen die Befugnisse der Europäischen Wertpapier- und
Marktaufsichtsbehörde, hatte keinen Erfolg.
7.
BMF regelt Umkehr der Steuerschuldnerschaft neu
Einführung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im letzten Jahr festgestellt, dass die konkrete Ausgestaltung der
Regelung zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen in wesentlichen Teilen nicht mit
dem EU-Recht vereinbar ist. Die betroffenen Bauunternehmen waren verunsichert, wie sie sich nun zu
verhalten haben. Auch war unklar, inwieweit das Urteil ähnliche Regelungen, zum Beispiel für
Gebäudereiniger, betrifft. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun hierzu Stellung bezogen.
Neue Verwaltungsanweisung
Das BMF folgt dem BFH. Empfänger von Bau- beziehungsweise Gebäudereinigungsleistungen sind
damit nur dann Steuerschuldner für diese Leistungen, wenn sie die bezogene Leistung selbst
unmittelbar zur Erbringung einer Bau- beziehungsweise Gebäudereinigungsleistung verwenden.
Konsequenzen
Nur in den genannten Fällen ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner. Es ist daher nunmehr ohne
Bedeutung, in welchem Umfang der die Bauleistung empfangende Unternehmer selbst Bauleistungen
erbringt. Die Vereinfachungsregelung, wonach sich die Vertragsparteien einvernehmlich bei Zweifeln
über die Rechtslage darauf einigen können, wer die Umsatzsteuer abzuführen hat, gilt nicht mehr für
Bauleistungen; für Gebäudereinigungsleistungen bleibt sie dagegen bestehen. Für Leistungen, die vor
Veröffentlichung des Schreibens ausgeführt wurden, wird es nicht beanstandet, wenn diese noch
einvernehmlich nach der alten, nunmehr überholten Rechtslage behandelt werden. Allerdings soll dem
leistenden Unternehmer kein Vertrauensschutz gewährt werden, wenn der Leistungsempfänger sich
im Nachhinein dann doch noch auf die neue Rechtslage beruft. Der leistende Unternehmer bleibt dann
auf der Umsatzsteuer sitzen, sofern er sie nicht mehr vom Leistungsempfänger erhält. Den leistenden
Unternehmern ist daher zu raten, sich nicht auf die Übergangsregelung einzulassen, sondern die
Umsatzsteuer einzufordern. Das BMF hat ein weiteres Schreiben zum Urteil des BFH angekündigt. Es
ist zu hoffen, dass in diesem die einseitig die leistenden Unternehmer belastende Übergangsregelung
revidiert wird. Auch ist unter anderem noch zu klären, wie Altfälle zu behandeln sind, in denen der
Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nicht einbehalten hat, weil er insgesamt Bauleistungen von
weniger als 10 % erbracht hat, obwohl diese unmittelbar für Bauleistungen verwendet wurden.
Insgesamt bietet das Schreiben erste Hinweise für die Praxis. Dennoch bestehen gerade für Altfälle
noch erhebliche Unsicherheiten und Risiken, so dass die betroffenen Unternehmen im Zweifel
steuerlichen Rat einholen sollten.
8.
Vorsteuerabzug bei Verpachtung an Ehegatten
Einführung
Nur derjenige, der eine Leistung empfängt ist zum Vorsteuerabzug hieraus berechtigt. Doch nicht
immer ist es einfach zu bestimmen, wer Leistungsempfänger ist.
Sachverhalt
Der Kläger betrieb eine Kfz-Werkstatt in gepachteten Räumlichkeiten. Der Pachtvertrag war allerdings
auf ihn und seine Ehefrau ausgestellt. Strittig war nun, ob dem Kläger der hälftige oder volle
Vorsteuerabzug zusteht. Der Kläger brachte vor, dass er allein die Pacht bezahle und auch die
Räumlichkeiten zu 100 % für sein Unternehmen nutze. Das Finanzamt hingegen orientierte sich am
Zivilrecht und sah den Kläger nur zu 50 % als Empfänger der Pachtleistung.
Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf folgte der Begründung des Finanzamtes und lehnte die Klage ab.
Konsequenzen
In den meisten Fällen sollte es möglich sein, den Vertrag so zu gestalten, dass der volle
16/25
Vorsteuerabzug möglich ist. Entweder pachtet der Unternehmer alleine die Räume oder die Eheleute
als Gemeinschaft, die dann diese wiederum an den Unternehmer verpachtet. Ist dies nicht möglich, so
bedeutet das Urteil aber noch nicht, dass der Vorsteuerabzug definitiv weg ist. Das FG hat bewusst die
Revision zugelassen, in der geklärt werden soll, ob in solchen Fällen, wie im Urteil, der zivilrechtlichen
Betrachtung der Vorrang einzuräumen ist. Entsprechende Fälle können daher unter Bezug auf dieses
Verfahren offen gehalten werden.
9.
Notdienstpauschale für Apotheken unterliegt nicht der Umsatzsteuer
Einführung
Mit Wirkung vom 1.8.2013 wurde eine Notdienstpauschale für Apotheken eingeführt. Apotheken
erhalten für Notdienste einen pauschalen Zuschuss aus einem Fond, der vom Deutschen
Apothekerverband e. V. errichtet wurde. Finanziert wird der Fond durch einen Festzuschlag (0,16 EUR
netto) auf bestimmte Arzneimittel. Unklar war aber bisher, ob die Finanzverwaltung die
Notdienstpauschale als echten, nicht steuerbaren Zuschuss qualifiziert oder als steuerpflichtiges
Entgelt.
Neue Verwaltungsanweisung
Das bayerische Landesamt für Steuern hat nun hierzu Stellung bezogen. Demnach stellt die
Notdienstpauschale einen echten Zuschuss dar und unterliegt damit nicht der Umsatzsteuer. Der
Festzuschlag zu den Arzneimitteln hingegen unterliegt als Entgelt für deren Lieferung der
Umsatzsteuer.
Konsequenzen
Die genannten Grundsätze sind ab dem 1.8.2013 anzuwenden. Die Apotheken sollten die
Notdienstpauschalen separat aufzeichnen, um eine korrekte Deklaration der Umsatzsteuer
sicherzustellen.
10.
Anmeldung zur Insolvenztabelle: Anforderung an die Beschreibung des Rechtsgrunds der
vorsätzlich begangenen Handlung
Kernaussage
Der Rechtsgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung muss in der Anmeldung zur Insolvenztabelle
so beschrieben werden, dass der aus ihm hergeleitete Anspruch in tatsächlicher Hinsicht zweifelsfrei
bestimmt ist und der Schuldner erkennen kann, welches Verhalten ihm vorgeworfen wird.
Sachverhalt
Über das Vermögen der Beklagten wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin meldete
Darlehensforderungen in Höhe von 570.000 EUR an. In der Spalte "Forderung aus vorsätzlich
begangener unerlaubter Handlung" machte die Klägerin hierbei ein Kreuz. Mit einem Schreiben
erläuterte sie ihre Anmeldung dahingehend, gegen den Beklagten werde wegen Kreditbetrugs
ermittelt, insbesondere wegen der Einreichung unrichtiger Bonitätsunterlagen, welche ihr zur
Ausreichung des beantragten Darlehens vorgelegt worden seien. Die Kreditakte sei beschlagnahmt
worden. Aus dem Klageverfahren gegen den Urkundsnotar ergebe sich, dass der Beklagte aus den
von der Klägerin ausgereichten Darlehen Kick-Back-Zahlungen in Höhe von 107.000 DM erhalten
habe. Die Darlehensforderung wurde zur Tabelle festgestellt. Der Beklagte widersprach jedoch. Die
Klägerin beantragte daraufhin festzustellen, dass ihre Forderungen über 570.000 EUR auf dem
Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruhten. Das Landgericht hatte der
Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hatte sie mangels ordnungsgemäßer Anmeldung als
unzulässig abgewiesen. Daraufhin ging die Klägerin in Revision vor den Bundesgerichtshof (BGH).
Entscheidung
Der BGH gab der Revision statt. Der Gläubiger hat bei der Anmeldung seiner Forderung diejenigen
Tatsachen anzugeben, aus denen sich ergibt, dass eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung
vorliegt. Der Schuldner soll frühzeitig einschätzen können, ob er sich im Hinblick auf die angemeldete,
nicht der Restschuldbefreiung unterfallende Forderung dem Insolvenzverfahren mit anschließender
Restschuldbefreiung überhaupt unterwerfen will. Dazu genügt es, wenn der Schuldner weiß, um
welche Forderung es geht und welches Verhalten ihm als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung
vorgeworfen wird. Da sein Widerspruch nicht begründet werden muss, muss ihm in dieser Phase noch
nicht die Möglichkeit gegeben werden, den Vortrag des Gläubigers gezielt anzugreifen.
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Konsequenz
Die Anforderungen bei der Anmeldung von Forderungen aus vorsätzlich unerlaubten Handlungen
dürfen nach dem BGH nicht überstrapaziert werden. Es ist nicht erforderlich, dass der
Deliktstatbestand gänzlich schlüssig dargelegt wird.
11.
Zur Prognose drohender Zahlungsunfähigkeit
Kernaussage
Im Rahmen der insolvenzrechtlichen Vorsatzanfechtung ist eine Prognose der drohenden
Zahlungsunfähigkeit anzustellen. Hierbei sind nicht nur Verbindlichkeiten aus einem Darlehen zu
berücksichtigen, wenn bereits eine Kündigung erfolgt und der Rückzahlungsanspruch auf einen
bestimmten zukünftigen Zeitpunkt fällig gestellt ist, sondern auch dann, wenn deren Fälligkeit im
Prognosezeitraum überwiegend wahrscheinlich ist.
Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem im Dezember 2003 eröffneten Insolvenzverfahren über das
Vermögen einer GmbH. Diese hatte bei der Beklagten, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR),
deren Gesellschafter im Wesentlichen mit denen der GmbH identisch sind, ein Gebäude gemietet. Die
Schuldnerin hatte von ihrer Bank einen Geschäftskredit in Höhe von 630.000 EUR und ein
Hypothekendarlehen in Höhe von 110.000 EUR in Anspruch genommen. Bereits im Dezember 2002
bat die Bank um weitere Sicherheiten und drohte Anfang Februar mit der Kündigung der Kredite. Mitte
Februar kam es zu einer Teilkündigung. Es folgte eine Stillhaltevereinbarung im März, die die
Schuldnerin hinsichtlich der vereinbarten Rückführung und Sicherheitenverstärkung nicht einhalten
konnte. Im Juni kündigte die Bank schließlich den gesamten Kredit. Der Kläger verlangt im Wege der
Vorsatzanfechtung die Rückzahlung der im Jahr 2003 gezahlten Mieten. Das Landgericht gab der
Klage statt. Das Berufungsgericht wies die Klage hinsichtlich der Mieten für Januar und Februar ab.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) sah die Klage im vollen Umfang als begründet an. Die dem Schuldner
bekannte drohende Zahlungsunfähigkeit stellt bereits ein starkes Beweisanzeichen für den
Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar. Zwar war der Kredit im Zeitpunkt der Mietzahlungen für
Januar und Februar noch nicht gekündigt, doch hatte die Bank dies bereits angekündigt. Im Rahmen
der zur erstellenden Prognose zur Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit muss dies mit
einbezogen werden. Die Darlehensverbindlichkeiten können mithin eine drohende Zahlungsunfähigkeit
begründen, wenn aufgrund gegebener Umstände überwiegend wahrscheinlich ist, dass eine
Fälligstellung im Prognosezeitraum erfolgt.
Konsequenz
Die Entscheidung des BGH könnte dazu führen, dass in einer Vielzahl von Fällen die Insolvenzreife
wegen
drohender
Zahlungsunfähigkeit
vorzulagern
ist.
Im
Hinblick
auf
mögliche
Insolvenzanfechtungstatbestände ist daher Vorsicht geboten.
12.
Ist die pauschale Lohnsteuerpflicht des Arbeitgebers für Sonderleistungen an Pensionskassen
verfassungswidrig?
Kernaussage
Sonderleistungen an Pensionskassen müssen nach Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom
Arbeitgeber
zwangsweise
pauschal
versteuert
und
selbst
getragen
werden.
Das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) klärt indessen, ob dies mit dem allgemeinen Gleichheitssatz
vereinbar ist.
Sachverhalt
Dem Kläger, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, wurden aufgrund seines Austritts aus der
Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) Gegenwertzahlungen zuzüglich der darauf
entfallenen Lohnsteuer auferlegt. Diese Gegenwertzahlungen wurden erhoben, weil der aus der
Pensionskasse ausscheidende Arbeitgeber künftig keine Umlagezahlungen an die Pensionskasse
leistet, diese jedoch die Betriebsrenten fortzuzahlen hat. Die Zahlungen unterliegen der pauschalen
Lohnsteuer, die vom Arbeitgeber als Schuldner zu übernehmen ist. Dies stellt einen besonderen Fall
der Lohnsteuer- bzw. der Einkommensteuerschuld dar. Zwar sieht das Gesetz auch in anderen Fällen
eine pauschale Lohnsteuer vor, beispielsweise bei Gewährung verbilligter Mahlzeiten. Dem
18/25
Arbeitgeber verbleibt hierbei jedoch ein Wahlrecht zwischen der Lohnsteuerpauschalierung und des
Lohnsteuerabzugs vom Arbeitslohn des Arbeitnehmers.
Vorlage an das Bundesverfassungsgericht
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat das BVerfG mit der Sachklärung beauftragt. Der Senat ist von einem
Verstoß der Pauschalierung der Lohnsteuer bei der Gegenwertzahlung mit dem Gleichheitssatz
überzeugt, weil der Arbeitgeber, abweichend von allen anderen im Einkommensteuerrecht geregelten
Fällen, verpflichtet wird, die Einkommensteuer für andere Personen zu tragen
Konsequenz
Hält das BVerfG die Pauschalierungspflicht für verfassungswidrig, müsste der Gesetzgeber einen
gleichheitsgemäßen Zustand durch Steuerfreiheit oder der Möglichkeit zur Überwälzung der
Steuerbelastung auf den Arbeitnehmer schaffen. Eine Entscheidung bleibt abzuwarten.
13.
Betriebsratswahlen 2014
Ausgangssituation
In Unternehmen mit Betriebsräten wird alle 4 Jahre im Zeitraum zwischen dem 1.
Mai der Betriebsrat gewählt; bei einigen Arbeitgebern stehen die Wahlen also
Zugleich gilt, dass Betriebsratswahlen und ihre Durchführung regelmäßig
Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts sind (BAG). Nachfolgend soll eine
Entscheidungen zu diesem Themenbereich Fehler vermeiden helfen:
März und dem 31.
unmittelbar bevor.
Gegenstand von
Auswahl aktueller
Entscheidungen
Die Größe eines Betriebsrates (= Anzahl der Mitglieder) wird durch Gesetz in Abhängigkeit von der
Anzahl der Beschäftigten vorgeschrieben. Dabei gilt es die Anzahl der Beschäftigten richtig zu
bestimmen. Bei der Bestimmung der Größe eines Betriebsrates sind im Betrieb beschäftigte
Leiharbeitnehmer wie "normale" Arbeitnehmer mitzuzählen (BAG, Beschluss v. 13.3.2013, 7 ABR
69/11). Ähnliches gilt, wenn Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in Privatunternehmen tätig sind;
auch die "öffentlich-rechtlichen" Arbeitnehmer zählen mit (BAG, Beschluss v. 15.12.2011, 7 ABR
65/10). Etwas anders verhält es sich bei Leiharbeitnehmern und "öffentlich-rechtlichen" Arbeitnehmern
im Hinblick auf die Wählbarkeit in den Betriebsrat: So können Leiharbeitnehmer nicht in den
Betriebsrat des Unternehmens gewählt werden, das sie entliehen hat (Bundesarbeitsgericht,
Beschluss v. 17.2.2010, 7 ABR 51/08). "Öffentlich-rechtliche Arbeitnehmer", die aufgrund einer
Personalgestellung bei einem Privatunternehmen tätig sind, sind dagegen in den Betriebsrat des
Privatunternehmens wählbar (BAG, Beschluss v. 15.8.2012, 7 ABR 34/11). Besteht ein Unternehmen
aus mehreren selbständigen Betriebsteilen, stellt sich - dann mit Auswirkung auf die Größe des
Betriebsrates und seiner richtigen Bestimmung -die Frage, ob die selbständigen Betriebsteile jeweils
eigene Betriebsräte bilden. Arbeitnehmern selbständiger Betriebsteile, die dem Grunde nach einen
eigenen Betriebsrat wählen könnten, steht das Recht zu, als Belegschaft die Teilnahme an der
Betriebsratswahl des Hauptbetriebes zu beschließen (BAG, Beschluss v. 17.9.2013, 1 ABR 21/12). Im
Rahmen der tatsächlichen Wahldurchführung gilt es, die ordentliche Stimmabgabe nachzuweisen.
Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein anderer Nachweis außer den gesetzlich
vorgesehenen Methoden, nämlich dem Festhalten eines Abgabevermerkes bei persönlicher Abgabe
des Stimmzettels in Anwesenheit des Wählenden, oder bei Briefwahl in öffentlicher Sitzung, nicht
zulässig ist (BAG, Beschluss v. 12.6.2013, 7 ABR 77/11) Mit Rücksicht auf das Recht des
Arbeitgebers, eine Betriebsratswahl abbrechen zu können, hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt,
dass dies nur dann zulässig ist, wenn die Wahl erkennbar nichtig ist, also an einem besonders
schweren Mangel leidet; die bloße Anfechtbarkeit der Wahl soll aber nicht ausreichen (BAG, Beschluss
v. 27.7.2011, 7 ABR 61/10).
14.
Entgeltumwandlung: Arbeitgeber muss nicht von sich aus auf Anspruch hinweisen
Kernaussage
Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf eine Betriebliche Altersversorgung; dem Arbeitsgeber steht
lediglich das Recht zu, zu bestimmen, in welcher Form die Betriebliche Altersversorgung gewährt wird.
Konkret kann ein Arbeitnehmer einen Teil seines Entgeltes in eine Betriebliche Altersversorgung
umwandeln. Mit anderen Worten, anstelle einer Entgeltzahlung, erfolgt eine Einzahlung in die gewählte
Form der Altersversorgung (zum Beispiel eine Direktversicherung). Das Bundesarbeitsgericht (BAG)
19/25
hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer über das Bestehen
dieses Anspruches aufklären muss.
Sachverhalt
Der Kläger hatte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses seinen Arbeitgeber auf Schadensersatz
verklagt, weil es der Arbeitgeber unterlassen habe, ihn auf die Möglichkeit des Aufbaus einer
Betrieblichen Altersversorgung durch Entgeltumwandlung hinzuweisen. Als Schaden machte er die
(kapitalisierte) entgangene Altersversorgung geltend.
Entscheidung
Das BAG wies die Klage ab. Die Gesetzeslage eröffne dem Arbeitnehmer zwar einen Anspruch auf
eine Betriebliche Altersversorgung in Form der Entgeltumwandlung, eine Hinweispflicht des
Arbeitgebers sei dem Gesetzeswortlaut aber nicht zu entnehmen. Eine solche Hinweispflicht könne
auch nicht über eine gegenüber dem Arbeitnehmer bestehende Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
konstruiert werden.
Konsequenz
Die Entscheidung bringt Rechtssicherheit. Es ist Aufgabe des Arbeitnehmers, sich über die
Möglichkeiten einer Betrieblichen Altersversorgung und damit die zusätzliche Absicherung des eigenen
Alters zu informieren und hierüber Entscheidungen zu treffen. Davon unabhängig bleibt es dabei, dass
der Arbeitgeber - wenn sich der Arbeitnehmer für eine Betriebliche Altersversorgung entschieden hat die Entgeltumwandlung vornehmen muss.
15.
Eingeschränkte Änderungsmöglichkeit des nachträglichen Lohnsteuerabzugs
Kernproblem
Die Änderung des Lohnsteuerabzugs durch den Arbeitgeber ist gesetzlich nur bis zur Übermittlung
oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung an den Arbeitnehmer zulässig. Danach kann der
Arbeitnehmer eine Berichtigung der Lohnsteuerbescheinigung nicht mehr verlangen, denn diese ist ein
Beweispapier über den Lohnsteuerabzug. Doch auch der Arbeitgeber kann ein eigenes Interesse an
einer Änderung haben. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im Jahr 2012 entschieden, dass vom
Arbeitnehmer veruntreute Beträge nicht zum Arbeitslohn rechnen und die Minderung einer unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Lohnsteuer-Anmeldung des Arbeitgebers noch möglich ist,
soweit die überhöhten Gehälter hierin versteuert waren. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat das
Urteil jetzt für allgemein anwendbar erklärt und mit einem Anwendungsschreiben versehen.
BMF-Schreiben
Das BMF hat zunächst den Unterschied hervorgehoben, dass nur solche Beträge nicht zum
Arbeitslohn gehören, die sich ein Arbeitnehmer unter eigenmächtiger Überschreitung seiner
Befugnisse ohne vertraglichen Anspruch selbst auf sein Konto überweist. Hingegen gehören
versehentliche Überweisungen des Arbeitgebers auch dann zum Arbeitslohn des Arbeitnehmers, wenn
sie der Arbeitgeber zurückfordern kann. Die Änderung einer materiell noch nicht bestandskräftigen
Lohnsteuer-Anmeldung oder Festsetzung will das BMF nach Ablauf des für die Anmeldung
maßgebenden Kalenderjahres zugunsten des Arbeitgebers nur für solche Fallgestaltungen zulassen,
die mit dem vom BFH entschiedenen Sachverhalt vergleichbar sind. Das ist nach Auffassung des BMF
der Fall, wenn sich der Arbeitnehmer die Beträge, für die Lohnsteuer einbehalten worden ist, ohne
vertraglichen Anspruch gegen den Willen des Arbeitgebers verschafft hat. Das Finanzamt soll dann
einem Änderungsantrag entsprechen, wenn der Arbeitgeber die bereits übermittelte oder ausgestellte
Lohnsteuerbescheinigung berichtigt und entsprechend kennzeichnet.
Konsequenz
Für vergleichbare offene Fälle kann ein begründeter Antrag beim Betriebsstätten-Finanzamt gestellt
werden. Das BMF weist in seinem Schreiben abschließend nochmals auf die Gefahren einer Haftung
des Arbeitgebers hin, soweit auf Grund der fehlerhaften Lohnsteuerbescheinigung Einkommensteuer
verkürzt wird. Das macht die Berichtigung unverzichtbar.
16.
Erlass eines Zustimmungsvorbehalts: Zum Bereicherungsanspruch bei Abschluss eines
Überweisungsvertrag
Kernaussage
In Fällen der vorläufigen Insolvenzverwaltung wird regelmäßig ein Zustimmungsvorbehalt angeordnet.
20/25
Verfügungen des Schuldners sind dann nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters wirksam.
Der Zustimmungsvorbehalt hindert den Schuldner nicht am Abschluss eines Überweisungsvertrages
mit der Bank. Vielmehr fehlt es an einer gültigen Tilgungsbestimmung, so dass der Insolvenzverwalter
die von der Bank an den Empfänger bewirkte Zahlung als rechtsgrundlose Leistung wegen
ungerechtfertigter Bereicherung heraus verlangen kann.
Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH. Diese hatte mit dem beklagten
Apotheker einen Vertrag über die Versorgung der von ihr betreuten Heimbewohner mit Arznei- und
Medizinprodukten abgeschlossen. Entsprechend einer Sammelrechnung zog die GmbH die
Einzelbeträge für die gelieferten Produkte bei den jeweiligen Heimbewohnern ein und wies sodann die
Hausbank zur Überweisung an den Beklagten an. Zu diesem Zeitpunkt war durch die Bestellung des
vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt eine Sicherungsmaßnahme getroffen
worden, wovon die Bank keine Kenntnis hatte. Die Klage auf Erstattung dieser Zahlung hatte vor dem
Berufungsgericht sowie vor dem Bundesgerichtshof (BGH) Erfolg.
Entscheidung
Bei der Überweisung entfaltet sich die bereicherungsrechtliche Leistungsbeziehung grundsätzlich in 2
Richtungen. Im Deckungsverhältnis erbringt die Bank an den anweisenden Kontoinhaber durch die
Ausführung der Überweisung eine Leistung. Der Kontoinhaber erbringt seinerseits den
Gutschriftbetrag im Valutaverhältnis an den Überweisungsempfänger. Führt die Bank in Unkenntnis
des Zustimmungsvorbehalts eine Überweisung aus, liegt im Verhältnis des Schuldners zu der Bank ein
wirksamer Überweisungsvertrag vor. Vorliegend wurde nur ein mitbestimmender vorläufiger Verwalter
eingesetzt, so dass der Schuldner grundsätzlich nicht in seiner Fähigkeit beschränkt ist,
Überweisungsverträge abzuschließen. Allerdings war der Schuldner nicht mehr berechtigt, im
Verhältnis zum Zahlungsempfänger eine wirksame Erfüllungszweckbestimmung zu treffen. Infolge
dessen entbehrt die in der Überweisung liegende Leistung eines Rechtsgrundes und kann vom
Insolvenzverwalter kondiziert werden.
Konsequenz
Eine Tilgungsbestimmung stellt letztlich nichts anderes als eine Verfügung dar, die der Schuldner nicht
ohne Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters erklären kann. Überweisungen im Rahmen der
vorläufigen Insolvenz sind mithin latent der Insolvenzanfechtung ausgesetzt.
17.
Lohnsteueranrufungsauskunft: Bindungswirkung gegenüber Arbeitnehmer
Kernaussage
Erteilt das Betriebsstättenfinanzamt dem Arbeitgeber eine Lohnsteueranrufungsauskunft, entfaltet
diese eine Bindungswirkung auch für dessen Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer kann damit selbst dann
nicht mehr in Anspruch genommen werden, wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer aufgrund einer
materiell unrichtigen Lohnsteueranrufungsauskunft einbehalten und abgeführt hat.
Sachverhalt
Der
Kläger
ist
Arbeitnehmer
einer
GmbH,
die
Mitglied
einer
städtischen
Zusatzversorgungskrankenkasse war und damit den Zweck verfolgte, ihren Mitarbeitern beim
Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis einen zusätzlichen Versorgungsanspruch zu verschaffen. Im
Rahmen eines Trägerwechsels wurden zum Ausgleich der mit der Übernahme verbundenen Nachteile
sogenannte Nachteilsausgleichszahlungen geleistet. Aufgrund eines Urteils des Bundesfinanzhofs
(BFH) aus dem Jahr 2005 stellten diese Zahlungen keinen Arbeitslohn dar. Im Rahmen einer
entsprechend erteilten Lohnsteueranrufungsauskunft korrigierte der Arbeitgeber die zu Unrecht
versteuerten Zahlungen. Später widerrief das Betriebsstättenfinanzamt seine Auskunft, weshalb das
Wohnsitzfinanzamt vom Arbeitnehmer die Lohnsteuer zurück forderte. Die Klage wurde vom
Finanzgericht abgewiesen. Der BFH gab dem Kläger Recht.
Entscheidung
Schuldner der Lohnsteuer ist der Arbeitnehmer. Zugleich haftet der Arbeitgeber für nicht einbehaltene
und nicht abgeführte Lohnsteuer. Soweit diese Haftung reicht, sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Gesamtschuldner. Allerdings kann der Arbeitnehmer als Schuldner der Lohnsteuer nur in Anspruch
genommen werden, wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig angemeldet hat. An
21/25
einer vorschriftswidrigen Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer fehlt es aber, wenn der
Arbeitgeber eine Anrufungsauskunft eingeholt hat und danach verfahren ist. Das gilt unabhängig
davon, ob die Anrufungsauskunft materiell richtig oder unrichtig ist. Ein Haftungstatbestand ist in
diesen Fällen nicht gegeben, denn die Finanzbehörden sind zwar nicht im Veranlagungsverfahren,
aber im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens und damit des Vorauszahlungsverfahrens auch
gegenüber dem Arbeitnehmer gebunden.
Konsequenz
Bestehen Zweifel, wie ein bestimmter lohnsteuerlicher Sachverhalt zu behandeln ist, kann der
Arbeitgeber eine Lohnsteueranrufungsauskunft an das Finanzamt stellen. Das bringt sowohl für den
Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer Rechtssicherheit, wie das BFH-Urteil verdeutlicht.
18.
Keine Befreiung von EEG-Umlage für Unternehmensteile
Kernaussage
Das Erneuerbare-Energien Gesetz (EEG) regelt, dass Betreiber von Windparks, Solar- und
Biogasanlagen über 20 Jahre hinweg feste Vergütungen für den von ihnen gelieferten Strom
bekommen. Mit der EEG-Umlage werden diese Kosten auf die Endverbraucher verteilt. Das Gesetz
befreit unter strengen Voraussetzungen produzierende Unternehmen mit hohem Stromverbrauch von
dieser Ökostrom-Umlage. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof stellt nunmehr klar, dass diese
Befreiung nicht für unselbständige Unternehmensbereiche beantragt werden kann.
Sachverhalt
2 Unternehmen klagten auf Befreiung von der Ökostrom-Umlage. In dem einen Fall begehrte ein
Unternehmen aus der Stahlbranche, dass eine Befreiung für eine Anlage für das Walzen von
Stahlplatten erteilt werde. Im zweiten Fall wollte ein Unternehmen, das Kunststoffverpackungen
herstellt, für einen Unternehmensteil eine Befreiung erhalten. Streitentscheidende Frage ist, ob ein
selbständiger Unternehmensteil vorliegt.
Entscheidung
Unternehmen des produzierenden Gewerbes können nicht nur als Ganzes eine Befreiung von der
EEG-Umlage beantragen. Auch einzelne energieintensive Unternehmensteile können ganz oder
teilweise von der Ökostrom-Umlage befreit werden. Voraussetzung ist nach dem EEG, dass der
Unternehmensteil rechtlich selbstständig seine Geschäfte führt und eine eigene Gewinn- und
Verlustrechnung vorlegt. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof entschied nunmehr, dass in den
beiden zu beurteilenden Fällen kein selbständiger Unternehmensteil vorliegt, so dass eine Befreiung
von der EEG-Umlage nicht erteilt werden kann. Es handelt sich lediglich um besonders stromintensive
Anlagenteile.
Konsequenz
Das Urteil konkretisiert den Begriff des "selbständigen Unternehmensteil" im Sinne des EEG. Die
Urteilsgründe bleiben noch abzuwarten, jedoch ist damit zu rechnen, dass eine Vielzahl von
Befreiungsanträgen nach diesem Urteil von dem zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und
Ausfuhrkontrolle (BAFA) zurückgewiesen wird.
19.
Keine Entschädigung für "AGG-Hopper" bei diskriminierender Stellenanzeige
Kernaussage
Werden Stellenausschreibungen diskriminierend vorgenommen (beispielsweise, weil man nach
Arbeitnehmern ab einem bestimmten Alter sucht), steht demjenigen Bewerber, der möglicherweise
diskriminierend nicht eingestellt worden ist (im Beispiel also jeder nicht eingestellte Bewerber unterhalb
der Altersgrenze), ein Entschädigungsanspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zu.
Grundvoraussetzung hierfür ist es aber, dass die Bewerbung ernsthaft gewesen ist. Im Fall eines
sogenannten AGG-Hoppers (= eine Person, die sich gezielt nur auf diskriminierende Bewerbungen
bewirbt), hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg jetzt zur Ernsthaftigkeit einer Bewerbung
geurteilt.
Sachverhalt
Ein älterer Rechtsanwalt hatte sich auf eine Stellenausschreibung beworben, die sich an
Berufsanfänger richtete, und den potentiellen Arbeitgeber, nachdem er nicht eingestellt worden war,
mit Klage auf eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung in Anspruch genommen. Dabei war
22/25
allerdings gerichtsbekannt, dass der Kläger bereits vorher in einer Vielzahl von Fällen gleich
vorgegangen war.
Entscheidung
Das Gericht wies die Klage ab. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass es auf die Frage, ob die
Stellenausschreibung diskriminierend erfolgt sei nicht ankomme, weil man bei einer Gesamtwürdigung
des Sachverhalts dazu kommen müsse, dass zu keinem Zeitpunkt ein ernsthaftes Interesse an der
Stelle vorgelegen habe; es handele sich um Rechtsmissbrauch. Insbesondere könne ein ernstes
Interesse deshalb ausgeschlossen werden, weil der Kläger bereits in einer Vielzahl von Fällen gleich
vorgegangen sei, Bewerbungen dabei kaum aussagekräftig waren und er sich auf eine Vielzahl von
Stellen in verschiedensten Rechtsgebieten beworben habe.
Konsequenz
Die Entscheidung wird man so verstehen können, dass bei sogenannten AGG-Hoppern ein
Entschädigungsanspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ausgeschlossen ist.
Problematisch - und hier liegt weiterhin die Gefahr für die Praxis - ist allerdings nachzuweisen, dass es
sich um einen AGG-Hopper handelt. Darüber hinaus ist ungeklärt, ab welcher Anzahl von
Bewerbungen beziehungsweise Klagen ein AGG-Hopping vorliegt.
20.
AGG: Entschädigungsanspruch einer konfessionslosen Bewerberin
Kernaussage
Das Arbeitsgericht Berlin hat einer nicht berücksichtigten Bewerberin um eine Stelle bei einem
kirchlichen Arbeitgeber eine Entschädigung in Höhe eines Bruttomonatsentgelts zugesprochen, weil
sie wegen ihrer fehlenden konfessionellen Bindung und damit aus Gründen der Religion benachteiligt
wurde.
Sachverhalt
Der Beklagte – ein Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) – schrieb eine Stelle für
einen Referenten/eine Referentin aus, um einen unabhängigen Bericht zur Umsetzung der
Antirassismuskonvention der Vereinten Nationen durch Deutschland erstellen zu lassen. In der
Stellenausschreibung wurden entsprechend den kirchlichen Bestimmungen die Mitgliedschaft in einer
evangelischen oder der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen angehörenden Kirche sowie die
Identifikation mit dem diakonischen Auftrag vorausgesetzt. Die Klägerin, die nicht Mitglied einer Kirche
ist, bewarb sich erfolglos um die Stelle; sie wurde nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Mit
ihrer Klage hat sie den Beklagten auf Zahlung einer Entschädigung wegen einer Benachteiligung nach
dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Anspruch genommen und bekam Recht.
Entscheidung
Das Berliner Arbeitsgericht hat eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer Religion angenommen
und den Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe eines Bruttomonatsgehalts verurteilt. Der
Beklagte dürfe eine Einstellung von einer Kirchenmitgliedschaft nur abhängig machen, wenn es sich
um eine "wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung" handele, so die
Richter. Dies könne in Bezug auf die hier fragliche Referententätigkeit nicht festgestellt werden. Das
Thema "Antirassismus" sei zwar auch nach "religiösen und diakonischen Wertvorstellungen" von
Bedeutung; eine Religionszugehörigkeit sei für die ausgeschriebene Tätigkeit jedoch nicht erforderlich.
Der Beklagte könne sich in Bezug auf die Besetzung der Stelle nicht auf das nach dem Grundgesetz
(GG) garantierte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen berufen; eine nach dem AGG zulässige
unterschiedliche Behandlung wegen der Religion liege nicht vor.
Konsequenz
Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Rechtsmittelfrist noch nicht abgelaufen; abzuwarten bleibt daher,
ob nun das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg den Fall auf den Tisch bekommt.
21.
Wie umfangreich muss eine Rechtsbehelfsbelehrung sein?
Kernaussage
Jedem schriftlichen Steuerbescheid ist eine Belehrung darüber beizufügen, welcher Rechtsbehelf
zulässig und binnen welcher Frist und bei welcher Behörde er einzulegen ist. Eine fehlende
Rechtsbehelfsbelehrung macht den Bescheid grundsätzlich nicht unwirksam, sondern bewirkt, dass
die Rechtsbehelfsfrist nicht zu laufen beginnt. Der Rechtsbehelf ist dann innerhalb eines Jahres
23/25
möglich. Hierzu entschied der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich, dass die Rechtsbehelfsbelehrung in
einem Steuerbescheid keinen Hinweis darauf enthalten muss, dass der Einspruch auch per E-Mail
eingelegt werden kann. Es reicht vielmehr aus, wenn sie hinsichtlich der Formerfordernisse für die
Einlegung eines Einspruchs den Gesetzeswortlaut der Abgabenordnung (AO) wiedergibt (hier:
"schriftlich").
Sachverhalt
Das Finanzamt hatte die Einkommensteuerbescheide des klagenden Steuerpflichtigen mit
Rechtsbehelfsbelehrungen versehen, die hinsichtlich der Form der Einspruchseinlegung den Wortlaut
der Abgabenordnung in der für die Streitjahre geltenden Fassung wiederholten. Der Kläger legte erst
einige Monate nach Bekanntgabe der Bescheide Einsprüche ein, die das Finanzamt wegen der
Verletzung der Einspruchsfrist von einem Monat als unzulässig verwarf. Der Kläger machte
demgegenüber geltend, die Rechtsbehelfsbelehrungen seien unvollständig gewesen, so dass die
Jahresfrist zum Tragen kommen müsse. Das Finanzgericht gab ihm Recht und meinte, den
Rechtsbehelfsbelehrungen hätte der Hinweis auf die Möglichkeit zur Einlegung eines Einspruchs per
E-Mail gefehlt.
Entscheidung
Dem ist der BFH nicht gefolgt. Er sieht die Rechtsbehelfsbelehrungen als vollständig an. Nach dem
Gesetz beginnt die Frist für die Einlegung eines Einspruchs zwar nur, wenn der Beteiligte über den
Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in
der für den Steuerbescheid verwendeten Form (schriftlich oder elektronisch) belehrt worden ist. Über
die Form des Einspruchs selbst sei hiernach nicht (zwingend) zu belehren. Allerdings müsse eine
Rechtsbehelfsbelehrung auch Angaben, die nicht zwingend vorgeschrieben seien, richtig, vollständig
und unmissverständlich darstellen. Das sei jedoch der Fall, wenn der Wortlaut der insoweit
maßgeblichen Vorschrift wiedergegeben werde.
Konsequenz
Rechtsbehelfsbelehrungen zu Steuerbescheiden müssen keinen Hinweis darauf enthalten, dass ein
Einspruch auch per E-Mail erhoben werden kann; es genügt, wenn mitgeteilt wird, dass die
Einspruchseinlegung schriftlich zu erfolgen hat. Der BFH hat mit dem aktuellen Urteil 2 frühere
Entscheidungen bestätigt.
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1.
Geschäftsführer: Vortrag zu etwaigen stillen Reserven oder in Bilanz nicht abgebildeten Werten
Kernaussage
Hat der Insolvenzverwalter durch Vorlage einer Handelsbilanz und den Vortrag, dass keine stillen
Reserven sowie keine aus der Bilanz nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind, die
Überschuldung einer GmbH dargelegt, genügt der wegen Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch
genommene Geschäftsführer seiner sekundären Darlegungslast nicht, wenn er lediglich von der
Handelsbilanz abweichende Werte behauptet. Der in Anspruch genommene Geschäftsführer hat
vielmehr substantiiert zu etwaigen stillen Reserven oder in der Bilanz nicht abgebildeten Werten
vorzutragen.
Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A-GmbH, die eine Modeboutique betrieb.
Die Beklagte war Geschäftsführerin der A-GmbH. Die Bilanz der A-GmbH wies einen durch
Eigenkapital nicht gedeckten Fehlbetrag aus. Nachdem die A-GmbH erstmals im August 2005 ihre
Miete nicht mehr bezahlen konnte, erhöhten sich bis August 2008 die unbezahlten
Mietverbindlichkeiten. Die Vermieterin kündigte daraufhin das Mietverhältnis fristlos. Der Kläger
behauptet, die A-GmbH sei spätestens seit 31.12.2007 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen
und verlangt von dem Geschäftsführer Schadensersatz. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Das Oberlandesgericht hob das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zurück. Hiergegen richtet sich
die Revision des Klägers zum Bundesgerichtshof (BGH).
24/25
Entscheidung
Der BGH hob die Vorentscheidung auf. Das Berufungsgericht hatte zu Unrecht einen Verfahrensfehler
angenommen. In der Sache zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Kläger nach
Vorlage der Handelsbilanz, aus der sich die Überschuldung ergab, seiner Darlegungslast durch den
Vortrag genügt habe, es seien keine stillen Reserven und auch keine sonstigen aus der Handelsbilanz
nicht ersichtlichen Vermögenswerte vorhanden gewesen. In dieser Situation ist es Sache des
beklagten Geschäftsführers, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vorzutragen, welche stillen
Reserven oder sonstigen für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz
nicht abgebildet sind. Hierzu reicht es nicht aus, lediglich von der Handelsbilanz abweichende Werte
zu behaupten. Der in Anspruch genommene Geschäftsführer hat vielmehr substantiiert zu stillen
Reserven oder sonstigen in der Handelsbilanz nicht abgebildeten Werten vorzutragen.
Konsequenz
Die Entscheidung zeigt in interessanter Weise die Anforderungen an die Darlegungslast bei einer
bilanziellen Überschuldung.
2.
Aufrechnung zwischen Gehaltsansprüchen des Geschäftsführers und Haftungsansprüchen
Kernaussage
Besteht vor Insolvenzeröffnung eine Aufrechnungslage zwischen rückständigen Gehaltsansprüchen
des Geschäftsführers und den Ansprüchen aus der Haftung des Geschäftsführers für Zahlungen nach
Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ist diese insolvenzrechtlich nicht geschützt. Insofern greift ein
Aufrechnungsverbot ein, weil der Geschäftsführer die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine
anfechtbare Rechtshandlung erworben hat.
Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH. Er nimmt den Beklagten, der
Geschäftsführer der GmbH war, auf Erstattung von Zahlungen der Schuldnerin im Monat vor
Insolvenzantragstellung in Anspruch. Der Beklagte verteidigt sich dahingehend, dass die GmbH nicht
zahlungsunfähig gewesen sei und er nicht schuldhaft gehandelt habe. Das Landgericht gab der Klage
statt. Im Berufungsverfahren erklärte der Beklagte die Aufrechnung gegen die Klageforderung mit
einem Teil seiner rückständigen Gehaltsforderungen, die in einem weiteren Verfahren durch Urteil als
Insolvenzforderung rechtskräftig festgestellt wurden. Von weiterem Verteidigungsvorbringen wurde
Abstand genommen. Wegen der Aufrechnung wurde die Klage nunmehr abgewiesen.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem Kläger Recht. Die bestehende Aufrechnungslage ist
insolvenzrechtlich nicht geschützt, weil ein Aufrechnungsverbot eingreift. Die erklärte Aufrechnung ist
insolvenzrechtlich unwirksam, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch
eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Vorliegend hat der Beklagte die Aufrechnungslage durch
verbotene Zahlungen in der Krise der GmbH herbeigeführt, die eine Benachteiligung der
Insolvenzgläubiger zur Folge hatten. Zwar führten die Zahlungen zu einem Haftungsanspruch der
Schuldnerin gegen den Beklagten, zugleich ermöglichten sie aber auch die Aufrechnung, ohne die der
Beklagte nur eine Insolvenzforderung hätte geltend machen können. Die Herstellung der
Aufrechnungslage durch den Beklagten führte zu einer inkongruenten Deckung.
Konsequenz
Die Frage, ob der Haftungsanspruch gegen den Geschäftsführer für verbotene Zahlungen generell die
Aufrechnung ausschließt, musste nicht mehr entschieden werden. Ein Geschäftsführer kann in der
Insolvenz der GmbH mit seinen rückständigen Gehaltsforderungen nicht gegen die Forderungen des
Insolvenzverwalters gegen ihn aufrechnen, wenn er die Aufrechnungslage durch verbotene Zahlungen
herbeigeführt hat.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
25/25
BS WESTDEUTSCHLAND GmbH
Wirtschaftsprüfung ▪ Steuerberatung
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
- Villa Bredeney Frankenstraße 348
45133 Essen
Telefon: 02 01/8 78 56-0
Telefax: 02 01/8 78 56-33 oder -49
InfoService unter: www.bswest.de
E-Mail: [email protected]
Steuer-Nr.: 5112/5784/0165
Erfolgreiche Teilnahme am
System der Qualitätskontrolle
der WP-Kammer
Prüfungsgesellschaft für
Qualitätskontrolle
Ihre Mandanteninformationen des Monats April 2014
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im
Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende
Sachverhalte zu überprüfen.
Bitte lesen Sie im Einzelnen:
Inhalt
Privatbereich
1.
Vermietung und Verpachtung: Zur Behandlung einer Vergleichszahlung nach Verletzung eines
Gebrauchsmusters
2.
Freiwillige Feuerwehren in Hamburg: Besteuerung von Einnahmen aus Festen
3.
Grunderwerbsteuerrecht: Einheitlicher Erwerbsgegenstand
4.
Zur Änderung einer Anrechnungsverfügung
5.
BGH: Elternunterhalt auch bei Kontaktabbruch
6.
Grunderwerbsteuer bei Grundstücksschenkung unter Auflage
7.
Sogenanntes "Treaty override" bei ausländischen Mitunternehmern - Verstoß gegen
Verfassungsrecht?
8.
Abfindung: Zusammenballung von Einkünften (Einkommensteuer)
9.
Immobilienfonds: Zur Anrechnung von Steuervorteilen auf den Schadensersatzanspruch eines
Anlegers
10.
Zur Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer
11.
Ablauf der Festsetzungsfrist: Hemmung durch Antrag des Steuerpflichtigen
12.
Bei grobem Verstoß gegen § 242 BGB keine Berufung auf Verjährung (Steuerberaterhaftung)
13.
Nicht absetzbar: Spende an den Papst
14.
Zur Gemeinnützigkeit von Turnierbridge
15.
Treaty override bei Einkünften von Piloten
16.
Insolvenzverfahren: Einstellung bei Restschuldbefreiung wegen Wegfall des Eröffnungsgrunds?
1/25
17.
Erstattungszinsen sind steuerbar
18.
Qualifizierter Mietspiegel: Voraussetzungen
19.
Häusliches Arbeitszimmer: Aufteilbarkeit der Kosten (Vorlage an Großen Senat)
20.
§ 35a EStG: Neues Anwendungsschreiben des BMF
21.
Sind Beerdigungskosten naher Angehöriger außergewöhnliche Belastungen?
22.
Kosten eines Verwaltungsrechtsstreits sind absetzbar
23.
Haftung eines Wirtschaftsprüfers wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Anlegern
24.
Teilnahme an Schiffskreuzfahrt: Bewertung des geldwerten Vorteils
Unternehmer und Freiberufler
1.
Neues zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen
2.
Neues zur Organschaft und zum Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften
3.
Vorsteuerabzug bei Betrug durch Lieferant
4.
Künstler und Umsatzsteuer
5.
Gewerbesteuermessbetrag: Gewerbesteuerpflicht durch Beteiligungserträge?
6.
Neue Frist für SEPA-Überweisung
7.
Liquidation der Gesellschaft: Zur Anwendung der Grundsätze der wirtschaftlichen Neugründung
8.
Echte Rückwirkung: Klarstellung durch Gesetzgeber kann verfassungswidrig sein
9.
Spirituelle Dienstleistungen: Kein Betriebsausgabenabzug
10.
Zu § 8a Abs. 1 Nr. 2 KStG a. F.: "Sonst gleichen Umstände"
11.
Verstoß gegen Berufsfreiheit bei Ausschluss von GmbH mit Doppelzulassung
12.
Erlass eines Feststellungsbescheids: Reicht bloßer Prüfungsauftrag aus?
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1.
Zur Geschäftsführerhaftung: Nicht abgeführte Lohnsteuer an das Finanzamt
Privatbereich
1.
Vermietung und Verpachtung: Zur Behandlung einer Vergleichszahlung nach Verletzung eines
Gebrauchsmusters
Kernproblem
Zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören auch Einnahmen aus zeitlich begrenzter
Überlassung von Rechten, insbesondere von schriftstellerischen, künstlerischen oder gewerblichen
Urheberrechten und Erfahrungen. Ob die Entschädigungszahlung für eine widerrechtliche Nutzung
eines Gebrauchsmusters auch eine ertragsteuerlich nicht steuerbare Zahlung für Schadensersatz
darstellen kann, hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden.
Sachverhalt
Die Ehefrau von zusammenveranlagten Ehegatten besaß ein geschütztes Gebrauchsmuster für eine
"Tragevorrichtung zum Ankoppeln an Fahrzeugen". Die ausschließliche Lizenz hieran übertrug sie im
Jahr 1999 an ihren Ehemann, der dann auch später im Jahr 2005 das Gebrauchsmuster erwarb. Eine
niederländische Firma hatte nach Auffassung der Eheleute über Jahre hinweg gegen das Recht
verstoßen und Heckträger produziert. Nach langjährigen Rechtsstreitigkeiten wurde im Jahr 2008
wegen der Verletzung von Rechten aus dem Gebrauchsmuster ein Vergleich geschlossen. Die in den
Jahren 2008 und 2009 zugeflossenen Vergleichszahlungen behandelte das Finanzamt als
steuerpflichtigen Ersatz für entgangene Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und
2/25
Verpachtung. Hiergegen klagten die Eheleute vor dem FG, weil es sich bei den Zahlungen um
Schadensersatz für die Verletzung von Persönlichkeitsrechten oder gesundheitlichen
Beeinträchtigungen handele. Dafür sprach nach deren Ansicht auch, dass die Vergleichszahlung
wesentlich höher war, als mögliche Lizenzentgelte.
Entscheidung
Das FG folgte der Ansicht des Finanzamts. Der Senat konnte nicht feststellen, dass die Zahlungen
unabhängig
von
der
Gebrauchsmusterverletzung
allein
oder
auch
wegen
einer
Persönlichkeitsverletzung beziehungsweise Gesundheitsbeeinträchtigung vereinbart wurden. Die
vergleichsweise gezahlten Beträge standen damit nach Auffassung des FG in einem unmittelbaren
Zusammenhang mit den durch die widerrechtliche Lizenznutzung entgangenen Einnahmen. Daher war
für die Richter auch unerheblich, dass sich nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ein anderer
Vergleichsbetrag ergeben hätte oder dieser, wie behauptet, ohne Einkunftserzielungsabsicht erlangt
wurde.
Konsequenz
Entscheidungserheblich dürfte gewesen sein, dass der Vergleich keine Regelungen zu nicht
steuerbaren Bestandteilen der Ausgleichszahlung enthielt. Die Revision wurde jedoch zugelassen und
ist bereits beim Bundesfinanzhof anhängig.
2.
Freiwillige Feuerwehren in Hamburg: Besteuerung von Einnahmen aus Festen
Kernaussage
Steuersubjekt ist diejenige natürliche Person, Körperschaft, Personenvereinigung oder
Vermögensmasse (z. B. Stiftung), die den Tatbestand erfüllt, an den ein bestimmtes Steuergesetz die
Steuerpflicht knüpft. Schwierig sind dabei die Fälle, in denen ein Steuersubjekt nicht bewusst, sondern
stillschweigend begründet worden ist.
Sachverhalt
Die Freiwillige Feuerwehr hat in den Streitjahren jeweils ein Osterfeuer veranstaltet. Der Erlös floss in
die Kameradschaftskasse. Das Finanzamt hat hierin die stillschweigende Gründung eines
nichtrechtsfähigen Vereins gesehen. Es hat entsprechende Steuerbescheide erlassen.
Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) Hamburg gab der Klage statt und hob die Steuerbescheide auf. Die
Durchführung des Osterfeuers ist als kulturelles und soziales Ereignis Bestandteil des hoheitlichen
Aufgabenbereiches einer Freiwilligen Feuerwehr. Zudem existiert eine Verordnung mit der
Verpflichtung, zur Pflege der Kameradschaft eine Kameradschaftskasse einzurichten.
Konsequenzen
Der Urteilstenor ist zu begrüßen. Andernfalls bergen viele Tätigkeiten die Gefahr, damit unwissentlich
ein eigenständiges Steuersubjekt begründet zu haben. Das letzte Wort hat gegebenenfalls der
Bundesfinanzhof.
3.
Grunderwerbsteuerrecht: Einheitlicher Erwerbsgegenstand
Kernaussage
Grunderwerbsteuer fällt nicht bereits an, wenn der Veräußerer eine umfangreiche Vorplanung
vornimmt. Der Erwerber übernimmt dann das Grundstück nicht im bebauten oder sanierten Zustand.
Hinzukommen muss für einen Grunderwerbsteueranfall, dass die auf der Veräußererseite handelnden
Personen auch zur Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks verpflichtet sind.
Sachverhalt
Mit notariellem Kaufangebot bot eine Erbengemeinschaft ein unbebautes Grundstück an. Gemäß der
Baubeschreibung eines Architekten sollte auf dem Grundstück ein Wohngebäude entstehen. Eine
Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der der Kläger beteiligt ist, kaufte das Grundstück. Das
Finanzamt (FA) gelangte auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen zu der Auffassung, die
Verträge zur Errichtung des Wohnhauses stünden im Zusammenhang mit dem
Grundstückskaufvertrag und seien daher als sogenanntes einheitliches Vertragswerk zu beurteilen.
Dementsprechend setzte das FA die Grunderwerbsteuer für den Kläger unter Einbeziehung seines
Anteils an den Baukosten auf 3.790 EUR fest, wobei nur 286 EUR auf das unbebaute Grundstück
3/25
entfielen. Hiergegen klagte der Kläger erfolglos vor dem Finanzgericht (FG). Anschließend ging er in
Revision zum Bundesfinanzhof (BFH).
Entscheidung
Der BFH gab der Klage statt. Zu Unrecht sind FA und FG davon ausgegangen, dass die anteiligen
Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind. Es
fehlt die dafür erforderliche Verpflichtung der Veräußererseite, das Grundstück körperlich zu
verändern. Ergibt sich aus Vereinbarungen, die mit dem Grundstückskauf in einem rechtlichen oder
zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des
Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der Erwerbsvorgang auf
diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand. Ein solcher einheitlicher Erwerbstatbestand ist auch
gegeben, wenn auf der Veräußererseite mehrere Personen aufgrund eines abgestimmten Verhaltens
auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrags als auch der Verträge, die der Bebauung des
Grundstücks dienen, hinwirken und diese zur Veränderung des körperlichen Zustands des
Grundstücks verpflichtet sind, woran es hier aber fehlt.
Konsequenz
Die Finanzämter konstruieren bei engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang gerne ein
sogenanntes einheitliches Vertragswerk. Hier sollte zur Vermeidung der Grunderwerbsteuer exakt
darauf geachtet werden, dass keine Verpflichtung der Veräußerer besteht.
4.
Zur Änderung einer Anrechnungsverfügung
Kernaussage
Werden durch einen die Festsetzung der Einkommensteuer ändernden Steuerbescheid die Einkünfte
in abweichender Weise erfasst und führt diese Änderung zu einer entsprechenden Änderung der
gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf die Einkommensteuer anzurechnenden Beträge, ist die
erforderliche Berichtigung einer früheren Anrechnungsverfügung durch eine neue mit dem
Steueränderungsbescheid verbundene Anrechnungsverfügung oder einen Abrechnungsbescheid
innerhalb der 5-jährigen Zahlungsverjährungsfrist vorzunehmen, die insoweit durch die Bekanntgabe
des Steueränderungsbescheids in Lauf gesetzt wird.
Sachverhalt
Nach einem im Jahr 2002 von dem für die X-GmbH & Co KG (KG) zuständigen (Feststellungs-)
Finanzamt (Feststellungs-FA) erlassenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung
von Besteuerungsgrundlagen hatte die Klägerin im Veranlagungszeitraum 2001 aus einer Beteiligung
an der KG gewerbliche Einkünfte erzielt; zugleich wurden auf die festzusetzende Steuer
anzurechnende Steuerabzugsbeträge (Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag) sowie anrechenbare
Körperschaftsteuer festgestellt. In der mit dem Steuerbescheid für 2001 verbundenen
Anrechnungsverfügung berücksichtigte das Finanzamt (FA) u. a. diese Beträge. In 2006 erhielt das FA
eine geänderte Mitteilung über die Besteuerungsgrundlagen 2001 vom Feststellungs-FA. Nach
Berücksichtigung dieser Änderungen im Steuerbescheid der Klägerin stellte sich heraus, dass
irrtümlich die Steuerabzugsbeträge und die Körperschaftssteuer nicht berücksichtigt worden waren.
Daraufhin änderte das FA die Anrechnungsverfügung. Hiergegen klagte die Klägerin erfolglos vor dem
Finanzgericht und ging in Revision.
Entscheidung
Die Revision vor dem Bundesfinanzhof blieb erfolglos. Zutreffend hat das FA die
Anrechnungsverfügung geändert. Der Änderung der Anrechnungsverfügung steht keine
Zahlungsverjährung entgegen. Die dem FA mitgeteilte Änderung der Besteuerungsgrundlagen durch
das Feststellungs-FA hat das FA innerhalb der Festsetzungsfrist umgesetzt. Auf die danach
erforderliche Änderung auch der mit dem Steuerbescheid verbundenen Anrechnungsverfügung findet
die Festsetzungs-Verjährungsvorschrift keine Anwendung, weil die Anrechnungsverfügung ein
Verwaltungsakt im Steuererhebungsverfahren ist, in dem es nur die 5-jährige Frist der
Zahlungsverjährung gibt. Diese Verjährungsfrist war nicht abgelaufen, als das FA die berichtigte
Anrechnungsverfügung erließ.
Konsequenz
Zutreffend konnte hier noch eine Änderung erfolgen, da dem Steuerbescheid eine dem
4/25
Grundlagenbescheid vergleichbare Wirkung für Anrechnungsverfügungen zukommt und für diese die
5-jährige Zahlungsverjährungsfrist gilt.
5.
BGH: Elternunterhalt auch bei Kontaktabbruch
Kernaussage
In gerader Linie verwandte Personen schulden einander gesetzlich Unterhalt. Der klassische Fall ist
der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen die Eltern. Aber auch die Eltern haben einen Anspruch auf
Unterhalt, der in Zeiten längerer Lebenserwartung und steigender Pflegekosten zunehmend an
Bedeutung erlangt. Denn, wenn die Eltern die Kosten ihrer Pflege nicht mehr selber aufbringen können
und der Sozialleistungsträger einspringen muss, kann dieser einen Anspruch auf Elternunterhalt auf
sich überleiten und gegenüber dem Kind in Abhängigkeit von dessen Leistungsfähigkeit geltend
machen. Bisher verhielt es sich dabei so, dass die Instanzgerichte den Unterhaltsanspruch aber
verwarfen, wenn das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern durch das Verhalten der Eltern zerrüttet
war. Dieser Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt einen Riegel vorgeschoben.
Sachverhalt
Der Sozialleistungsträger des Landes Bremen hatte einen Elternunterhaltsanspruch auf sich
übergeleitet und gegenüber dem Kind geltend gemacht. Das Kind hatte gegen den Anspruch
eingewendet, dass der Vater den Kontakt zum damals 17jährigen Kind vor 43 Jahren abgebrochen,
das Kind enterbt und nur noch abfällig über das Kind geredet habe.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof ließ dieses Verhalten des Vaters nicht mehr ausreichen, um den
Elternunterhaltsanspruch als verwirkt anzusehen. Maßgeblich sei nicht, dass der Vater durch sein
jahrzehntelanges Verhalten für die Zerrüttung der Familie gesorgt habe. Jedenfalls in der Lebensphase
bis zum 18. Lebensjahr, die eine besonders intensive, elterliche Betreuung erfordere, habe der Vater
im Wesentlichen seinen Elternpflichten genügt. Daher könne der Elternunterhaltsanspruch nicht
verwirkt sein.
Konsequenz
Die Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen. Im Ergebnis wird man davon ausgehen müssen,
dass der Elternunterhalt - abgesehen von ganz krassen Ausnahmefällen - unabhängig von den
familiären Verhältnissen nicht verwirkt wird. Dies kann gegebenenfalls sogar solche Fälle betreffen, in
denen sich in der Vergangenheit auf die bisherige Rechtsprechung zurückbezogen werden konnte.
6.
Grunderwerbsteuer bei Grundstücksschenkung unter Auflage
Kernaussage
Die schenkungsteuerliche Begrenzung des Jahreswerts einer Nutzung findet für Zwecke der
Grunderwerbsteuer keine Anwendung. Auflagen, die der Grunderwerbsteuer unterliegen, müssen
grunderwerbsteuerlich
folglich
nicht
nach
übereinstimmenden
Maßstäben
des
Schenkungsteuergesetzes berechnet werden.
Sachverhalt
Die Klägerin überließ dem B ein Wohngrundstück, der ihr ein unentgeltliches lebenslängliches
Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht einräumte. Der Jahreswert des Wohnungsrechts wurde mit 9.000
EUR beziffert. Bei der Bemessung der Schenkungsteuer wurden das Wohnungs- und
Mitbenutzungsrecht unter Berücksichtigung des für schenkungsteuerliche Zwecke geltenden
Maximaljahreswerts einer Nutzung mit 98.110 EUR erwerbsmindernd berücksichtigt. Das Finanzamt
ermittelte als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer indes einen Wert von 109.170 EUR
(9.000 EUR x 12,130) und berücksichtigte dabei gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 2 Bewertungsgesetz (BewG)
nicht die Begrenzung des Jahreswerts nach § 16 BewG. Der hiergegen eingereichten Klage folgte das
Finanzgericht mit der Begründung, bei der Bemessung der Grunderwerbsteuer sei der Kapitalwert nur
in der Höhe zu berücksichtigen, in der er bei der Schenkungssteuer bereicherungsmindernd
abgezogen würde (98.110 EUR). Hiergegen legte das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof ein.
Entscheidung
Im Revisionsverfahren folgten die Richter der Argumentation des Finanzamtes. Bei einer Schenkung
unter Nutzungs- oder Duldungsauflagen unterliegt die Auflage mit ihrem Wert der Grunderwerbsteuer.
Dieser Wert ermittele sich nach §§ 14 und 15 BewG. Die schenkungsteuerliche Beschränkung des
5/25
Jahreswerts gemäß § 16 BewG sei für Zwecke der Grunderwerbsteuer nicht anwendbar. Die
Festsetzung der Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer habe somit grundsätzlich unabhängig
voneinander zu erfolgen.
Konsequenz
Die Entscheidung steht im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 BewG
findet § 16 BewG auf die Grunderwerbsteuer keine Anwendung. Sie betrifft jedoch nur Fälle, in denen
keine sonstige Grunderwerbsteuerbefreiung eintritt. Die Einräumung von Nutzungsrechten durch den
Ehegatten oder den eingetragenen Lebenspartner des Übertragenden sowie Einräumungen an
Verwandte in gerader Linie unterliegen beispielsweise nicht der Grunderwerbsteuer.
7.
Sogenanntes "Treaty override" bei ausländischen Mitunternehmern - Verstoß gegen
Verfassungsrecht?
Kernaussage
Der Bundesfinanzhof (BFH) ist der Auffassung, dass die Regelungen in § 50d Abs. 10 EStG gegen
Völkerrecht verstoßen und deshalb wegen der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes auch
gegen Verfassungsrecht. Er legt dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) daher die Frage vor, ob der
Gesetzgeber durch ein sogenanntes Treaty override gegen Verfassungsrecht verstößt.
Sachverhalt
Strittig war die Besteuerung von Zinseinkünften eines italienischen Staatsbürgers, der atypisch still an
einer deutschen GmbH & Co. KG beteiligt war. Während der Kläger Art. 11 des DBA Italien - und damit
eine alleinige Besteuerung der Zinseinkünfte im Ansässigkeitsstaat - durchsetzten wollte, ging das
Finanzamt davon aus, dass die Zinsen über § 50d Abs. 10 EStG als gewerbliche Einkünfte in
Deutschland zu versteuern waren.
Ansicht des BFH
Der BFH führt zunächst aus, dass die Zinsen nach § 49 Abs. 1 Nr. 2a) EStG grundsätzlich in
Deutschland zu besteuern sind. Die Darlehensforderung sei in diesem Zusammenhang der
Betriebsstätte der deutschen GmbH & Co. KG zuzurechnen. Betriebsstättenlose Einkünfte aus
Gewerbebetrieb kann es nach Ansicht des BFH nicht geben. Er verweist hierbei auf die Neuregelung
durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRUmsG), wonach die Zuordnung bei der
Betriebsstätte erfolge, bei der die Vergütungen für den Gesellschafter in Abzug gebracht worden sind.
Gleichwohl hält der I. Senat die Regelung in § 50d Abs. 10 EStG für verfassungswidrig. Er begründet
dies mit einem Verstoß gegen Völkerrecht, welcher ohne tragfähige Gründe erfolge und den Kläger
damit in seinem subjektiven Grundrecht auf die Einhaltung der verfassungsmäßigen Ordnung
verletzte. Kritisch gesehen wird dabei insbesondere Folgendes: Durch die einseitige Umqualifizierung
kommt es gegebenenfalls zu einer Doppelbesteuerung, weil der ausländische Staat die betreffenden
Einkunftsquellen in vollem Umfang besteuert, ohne dass es zu einer Anrechnung der deutschen
Steuer kommt. Durch die rückwirkende Anwendung der mit dem AmtshilfeRUmsG geänderten
Regelungen kommt es zu einem Verstoß gegen das Rückwirkungsprinzip.
Konsequenzen
Der seit Jahren schwelende Streit zwischen Rechtsprechung und Finanzverwaltung beziehungsweise
Gesetzgeber wird nun auch für gewerbliche Einkünfte vor dem BVerfG ausgetragen. Steuerpflichtige
sollten entsprechende Steuerbescheide offenhalten.
8.
Abfindung: Zusammenballung von Einkünften (Einkommensteuer)
Kernproblem
Für außerordentliche Einkünfte kann ein ermäßigter Steuersatz bei Bemessung der Einkommensteuer
in Betracht kommen. Werden an einen Arbeitnehmer Abfindungen gezahlt, wird in ständiger
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzlich dann eine Außerordentlichkeit bejaht,
wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die
Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Das ist dann der Fall,
wenn die Abfindung in einem Veranlagungsjahr gezahlt wird und die entgehenden Einnahmen
übersteigt. Erhält der Arbeitnehmer weniger oder ebenso viel, wie er bei Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses erhalten hätte, besteht nach Auffassung des BFH für eine Ermäßigung des
Steuersatzes kein Anlass. Ob bei dieser Betrachtung immer nur Vorjahre heranzuziehen sind oder
6/25
inwieweit sich außergewöhnliche Ereignisse bei der Prognose auswirken, war Streitgegenstand beim
Niedersächsischen Finanzgericht (FG).
Sachverhalt
Ein Arbeitnehmer erkrankte im November 2010 dauerhaft und erhielt bis zum Bezug einer
Erwerbsunfähigkeitsrente im April 2012 Krankengeld. Im Mai 2011 kündigte sein Arbeitgeber das
Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen. Vor dem Arbeitsgericht einigte man sich auf eine
Abfindung von 50.000 EUR, die im Jahr 2012 zusammen mit noch nicht abgerechneten Reisekosten
von 5.166 EUR ausbezahlt wurde. Daneben wurden Kranken- und Arbeitslosengelder von 29.826 EUR
vereinnahmt. Das Finanzamt lehnte eine Steuerermäßigung ab, weil der Arbeitnehmer in den 3 Jahren
vor der Krankheit Einkünfte von durchschnittlich 96.155 EUR bezog und die Abfindung damit nach
Auffassung der Verwaltung keinen Progressionsnachteil nach sich zog. Der Arbeitnehmer sah die
Prognose des Finanzamts aufgrund seiner Krankheit als realitätsfern an und klagte vor dem FG.
Entscheidung
Die Finanzrichter gewährten die Steuerermäßigung. Für die Vergleichsbetrachtung der Einkünfte sei
maßgebend, was sich bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses voraussichtlich ergeben
hätte. Hierfür orientiere sich der BFH zwar grundsätzlich an dem Vorjahr. Dies gelte aber nur, solange
die Verhältnisse des Vorjahres auch diejenigen des Folgejahres mit großer Wahrscheinlichkeit
abbilden würden. Dagegen seien außergewöhnliche Ereignisse bei der Prognose zu berücksichtigen.
Diesen Grundsatz habe auch das Bundesfinanzministerium in seinem aktuellen BMF-Schreiben zu
Entlassungsentschädigungen aufgenommen. Folglich seien die Erkrankung des Steuerpflichtigen und
darauf beruhende niedrigere Einkünfte zu berücksichtigen.
Konsequenz
Obwohl das FG die Revision zugelassen hatte, ist das Urteil rechtskräftig geworden. Das lässt eine
allgemeine Anwendung durch die Verwaltung vermuten.
9.
Immobilienfonds: Zur Anrechnung von Steuervorteilen auf den Schadensersatzanspruch eines
Anlegers
Kernaussage
Auf einen Schadensersatzanspruch eines Anlegers gegen die Gründungsgesellschafter eines
Immobilienfonds sind Steuervorteile des Anlegers, die sich aus der Berücksichtigung von
Werbungskosten ergeben, grundsätzlich nicht schadensmindernd anzurechnen, weil die Ersatzleistung
im Umfang der zuvor geltend gemachten Werbungskosten zu versteuern ist. Das gilt auch für
Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz.
Sachverhalt
Der Kläger verlangt Schadensersatz aus Prospekthaftung. Er beteiligte sich im Jahr 1997 an dem
geschlossenen Immobilienfonds D-GmbH & Co. KG. Vor dem Landgericht gewann der Kläger mit
seiner Schadensersatzklage wegen Prospektmängeln, ihm wurden 34.000 EUR zugesprochen. In der
Berufung erhöhte das Oberlandesgericht den Schadensersatz auf 40.000 EUR, da es mit der
Beteiligung verbundene Steuervorteile nach dem Fördergebietsgesetz nicht schadensmindernd
anrechnete. Hiergegen ging die Beklagte in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH).
Entscheidung
Die Revision blieb erfolglos. Im Rahmen der Schadensberechnung sind vorteilhafte Umstände, die mit
dem schädigenden Ereignis in einem qualifizierten Zusammenhang stehen, zu berücksichtigen, soweit
ihre Anrechnung dem Sinn und Zweck des Schadensersatzes entspricht und weder den Geschädigten
unzumutbar belastet noch den Schädiger unbillig entlastet. Nach der Rechtsprechung des BGH
scheidet aber im Rahmen der Schätzung des Schadens eine Vorteilsanrechnung bezogen auf
Steuervorteile grundsätzlich dann aus, wenn die entsprechende Schadensersatzleistung ihrerseits der
Besteuerung unterworfen ist. Hierauf beruft sich die Revision aber nicht. Sie meint vielmehr, dass der
Kläger die Schadensersatzleistung der Beklagten im Umfang der hier streitigen Werbungskosten
bereits grundsätzlich nicht zu versteuern habe, weshalb sie anzurechnen sei. Dies stimmt jedoch nicht,
da hier die die Werbungskosten beziehungsweise Sonderabschreibungen nach dem
Fördergebietsgesetz ersetzenden Erstattungsbeiträge im Zuflussjahr zu versteuern sind, nämlich als
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
7/25
Konsequenz
Die Entscheidung zeigt 2 Dinge: Zum einen sind auch Schadensersatzleistungen für
Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz zu versteuern und dürfen deshalb nicht
schadensmindernd berücksichtigt werden. Zum anderen gilt allgemein der Grundsatz, dass nur dann
Steuervorteile auf den Schadensersatzanspruch angerechnet werden dürfen, wenn sie tatsächlich
eintreten und mit dem Zweck des Ersatzanspruchs deckungsgleich sind.
10.
Zur Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer
Kernaussage
Obsiegt der Kläger ausschließlich aufgrund der überlangen Verfahrensdauer, weil eine zu Gunsten des
Klägers wirkende Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu einem Zeitpunkt, in dem das
Verfahren bereits verzögert war, eingetreten ist, hat der Kläger keinen "Nachteil" erlitten. Er kann dann
keine Geldentschädigung beanspruchen.
Sachverhalt
Der Kläger gab in seiner Steuererklärung für das Jahr 2004 außergewöhnliche Belastungen in Form
von Kosten für einen zivilgerichtlichen Rechtsstreit an. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der
Kosten ab. Im Jahr 2005 erhob der Kläger Klage beim Finanzgericht (FG). Im Jahr 2010 wurde diese
abgewiesen. Zur Begründung wurde die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH)
angeführt, nach der bei Zivilprozesskosten eine Vermutung gegen die - bei außergewöhnlichen
Belastungen erforderliche - Zwangsläufigkeit spreche. Nach Aufhebung des Urteils durch den BFH und
Zurückverweisung an das FG, wurde die Klage im April 2011 erneut abgewiesen. Nach erneuter
Beschwerde obsiegte der Kläger vor dem BFH im Februar 2012. Der Kläger erhob daraufhin
Entschädigungsklage wegen überlanger Verfahrensdauer.
Entscheidung
Die Entschädigungsklage blieb erfolglos. Die überlange Verfahrensdauer hat dem Kläger gewichtige
Vorteile verschafft. Die Vermutung, dass bei einer überlangen Verfahrensdauer ein Nachteil entstehe,
ist widerlegt. Der Kläger hat den Rechtsstreit gerade deshalb gewonnen, weil er so lange gedauert hat.
Die Rechtsprechungsänderung erging erst im Jahr 2011. Wäre das Verfahren in angemessener Zeit
beendet worden, wäre die Klageabweisung - zu Ungunsten des Klägers - bei der
Rechtsprechungsänderung bereits rechtskräftig gewesen. Der Nachteil der überlangen
Verfahrensdauer ist damit ausnahmsweise durch die dem Kläger zu Gute kommende
Rechtsprechungsänderung kompensiert. Zwar kann theoretisch nicht ausgeschlossen werden, dass
der Kläger bei einer früheren Entscheidung des FG seinerseits die Rechtsprechungsänderung
herbeigeführt hätte, dies stellt aber eine nicht belegbare Hypothese dar.
Konsequenz
Nach der Gesetzesänderung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG sind Zivilprozesskosten ab dem Jahr 2013
grundsätzlich nicht mehr abziehbar. Für die Vorjahre kann sich jedoch bei erfolgter Geltendmachung
der Zivilprozesskosten auf die Rechtsprechungsänderung berufen werden. Die Entschädigung wegen
überlanger Verfahrensdauer kommt hier nicht in Frage, da - auch wenn der erste Rechtszug schon fast
5 Jahre dauerte - erst dadurch der Kläger obsiegte.
11.
Ablauf der Festsetzungsfrist: Hemmung durch Antrag des Steuerpflichtigen
Kernaussage
Soll der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3 AO gehemmt werden, ist ein Antrag des von
der Steuerfestsetzung betroffenen Steuerpflichtigen notwendig. Im Fall der Änderung eines
Grundlagenbescheids wird der Ablauf der 2-Jahres-Frist für die Anpassung des Folgebescheids nur
dann gehemmt, wenn der von dem Folgebescheid betroffene Steuerpflichtige selbst die Änderung des
Folgebescheids vor Ablauf der Frist beantragt.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, die an der A-Aktiengesellschaft (AG) beteiligt ist, die wiederum an der RAG beteiligt ist. Das Finanzamt (FA) setzte gegen die Klägerin Vermögenssteuer fest und
berücksichtigte dabei die Anteile an der A-AG. Aufgrund einer Klage der R-AG im Jahr 1999 änderte
das FA den gemeinen Wert der Anteile der R-AG. In der Folge wurde auch ein geänderter
Feststellungsbescheid über den Wert der Anteile der A-AG erlassen, nicht jedoch eine
8/25
Folgeanpassung bei
der Klägerin. Die Klägerin beantragte 2008 beim FA im
Vermögenssteuerbescheid die Änderungen aus dem gegenüber der R-AG ergangenen Urteil
umzusetzen. Das FA lehnte den Antrag ab, weil Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Einspruch
und Klage hiergegen blieben ohne Erfolg.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof bestätigte in der Revision die Entscheidung des Finanzgerichts. Soll der Ablauf
der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3 AO gehemmt werden, ist ein Antrag des von der
Steuerfestsetzung betroffenen Steuerpflichtigen notwendig. Im Fall der Änderung eines
Grundlagenbescheids wird der Ablauf der 2-Jahres-Frist für die Anpassung des Folgebescheids nur
dann gehemmt, wenn der von dem Folgebescheid betroffene Steuerpflichtige selbst die Änderung des
Folgebescheids vor Ablauf der Frist beantragt. Vorliegend fehlte es an einem entsprechenden Antrag.
Ein im Verfahren über einen Grundlagenbescheid gestellter Antrag auf Änderung der gesondert
festgestellten Besteuerungsgrundlagen kann nicht dahin ausgelegt werden, dass damit zugleich die
Änderung sämtlicher Folgebescheide zugunsten der jeweiligen Steuerpflichtigen beantragt wird.
Konsequenz
Die Vermögenssteuer ist Geschichte. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist an der Entscheidung jedoch
interessant, dass es, auch wenn das FA hier seiner Anpassungspflicht des Folgebescheids an einen
geänderten Grundlagenbescheid nicht nachgekommen ist, bei der 2-jährigen Antragspflicht des
Steuerpflichtigen verbleibt.
12.
Bei grobem Verstoß gegen § 242 BGB keine Berufung auf Verjährung (Steuerberaterhaftung)
Kernaussage
Hat ein Steuerberater durch Übersendung einer Abschrift eines auftragswidrig nicht eingelegten
Einspruchs den Anschein erweckt, der Bescheid sei nicht in Bestandskraft erwachsen, kann er sich bis
zur Aufdeckung seines Fehlers und des eingetretenen Schadens auch dann nicht auf die eingetretene
Verjährung des gegen ihn gerichteten Haftungsanspruchs berufen, wenn ihm ein vorsätzliches
Handeln nicht nachgewiesen werden kann.
Sachverhalt
Die Kläger beauftragten die Beklagte, Einspruch gegen einen Feststellungsbescheid einzulegen, mit
dem das Finanzamt (FA) einen Gewinn aufgrund einer Grundstücksveräußerung festgesetzt hatte. Die
Kläger erhielten eine Abschrift des Einspruchs. Mangels Versendung durch die Beklagte ging der
Einspruch nicht beim FA ein und das FA setzte die Einkommensteuer fest. Im Juli 2003 teilte die
Beklagte dann den Klägern mit, der Feststellungsbescheid sei nach einem Schreiben des Ministeriums
vorläufig;
bei
einer
günstigen
Entscheidung
des
Verfassungsgerichts
über
das
Steuerentlastungsgesetz werde er aufgehoben. Die Beklagte beantragte dann gegen die
Einkommensteuerbescheide die Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks. Diesen lehnte das FA ab, da
gegen den Feststellungsbescheid kein Einspruch eingelegt war. Hierüber informierte die Beklagte die
Kläger nicht. Im Juli 2010 erklärte das Verfassungsgericht das Steuerentlastungsgesetz im
maßgeblichen Punkt für verfassungswidrig. Im Jahr 2011 klagten die Kläger auf Schadensersatz. Das
Landgericht und das Oberlandesgericht wiesen die Klage ab, worauf die Kläger in Revision zum
Bundesgerichtshof (BGH) gingen.
Entscheidung
Vor dem BGH hatten die Kläger Erfolg. Die Beklagte kann sich nicht auf Verjährung berufen. Die
Vorgerichte hatten Verjährung angenommen, da seit Anspruchsentstehung 10 Jahre vergangen waren
und damit die damals geltende 3-jährige Verjährung ab Anspruchsentstehung als auch die weitere
Verjährungsfrist für Sekundäransprüche abgelaufen waren. Nach dem BGH kann sich die Beklagte
allerdings aus Treu und Glauben nicht auf Verjährung berufen. Denn auch ohne Arglist kann die
Berufung auf die Verjährung rechtsmissbräuchlich sein, wenn objektiv ein besonders grober Verstoß
vorliegt. Dieser lag hier in der Nichteinlegung des Einspruchs und zusätzlich darin, dass die Beklagte
später die Kläger bestärkte, dass der Bescheid nur vorläufig sei, was nicht stimmte.
Konsequenz
Der BGH erschwert durch die Entscheidung das Berufen auf die Verjährung bei Steuerberaterhaftung.
Es reicht ein unabsichtlicher, objektiv schwererer Verstoß. Zu achten ist jedoch darauf, dass der
9/25
Anspruch zeitnah nach dem Erkennen geltend gemacht werden muss, da er eine Ausnahme von der
Verjährung darstellt.
13.
Nicht absetzbar: Spende an den Papst
Kernproblem
Eine Spende ist nach deutschem Recht nur dann steuerlich abziehbar, wenn der Spendenempfänger
eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine öffentliche Dienststelle ist, die in einem
Mitgliedsstaat der EU oder in einem EWR-Staat gelegen ist. Wie genau das genommen werden muss,
erfuhr eine Steuerberatungs-GmbH, deren Geschäftsführer persönlich an das Oberhaupt der
katholischen Kirche spendete.
Sachverhalt
Der Geschäftsführer einer Steuerberatungs-GmbH hatte im Jahr 2007 anlässlich einer Generalaudienz
dem Papst Benedikt XVI. persönlich einen Scheck über 50.000 EUR übergeben, der zu Gunsten der
Vatikanbank eingelöst wurde. Hierfür erhielt die GmbH eine Spendenbescheinigung (nicht nach
amtlich vorgeschriebenen Muster), die als Aussteller den "Staatssekretär seiner Heiligkeit" und als
Ausstellungsort den Vatikan auswies. Die Spende sollte osteuropäischen Jugendlichen die Teilnahme
am Weltjugendtag 2008 in Sydney ermöglichen, was auch entsprechend bescheinigt wurde. Das
Finanzamt lehnte bei der Körperschaftsteuer-Veranlagung den beantragten Spendenabzug ab, weil es
nicht die katholische Kirche Deutschland, sondern den Vatikanstaat als Empfänger der Zuwendung
ansah. Hiergegen klagte die GmbH vor dem Finanzgericht (FG) Köln.
Entscheidung
Das FG Köln wies die Klage ab und folgte nicht dem Argument der Steuerberatungs-GmbH, wonach
eine deutsche Untergliederung der katholischen Kirche als Spendenempfänger anzusehen sei. Der
Spendenabzug setze die Zahlung an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine
öffentliche Dienststelle, die in einem Mitgliedsstaat der EU oder in einem EWR-Staat gelegen ist,
voraus. Das sei bei einer Spende unmittelbar an den Papst nicht der Fall. Denn als Empfänger der
Zuwendung kämen nur der Heilige Stuhl, der Vatikanstaat oder die katholische Weltkirche in Betracht,
die allesamt im Vatikan ansässig seien. Der Vatikan gehöre aber weder der EU noch dem
Europäischen Wirtschaftsraum an. Die Versagung des Spendenabzugs verstoße auch nicht gegen die
europarechtliche Regelung zur Kapitalverkehrssteuerfreiheit.
Konsequenz
Wer vermutet hat, die Spende an den Papst sei der sicherste Weg für einen Steuervorteil, der sieht
sich getäuscht. Die Richter lehnten auch den Betriebsausgabenabzug ab, der hier hilfsweise offensichtlich wegen einer Verbindung zum Mandantenstamm - beantragt wurde. Die mit der Spende
verbundene Hoffnung auf eine spätere Mandatierung durch deutsche Einrichtungen könne nur ein
klassischer betrieblicher Nebenanlass sein, meinte das FG Köln. Wegen grundsätzlicher Bedeutung
wurde jedoch die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen.
14.
Zur Gemeinnützigkeit von Turnierbridge
Kernproblem
Die Förderung des Sports (Schach gilt als Sport) ist eine gemeinnützige Tätigkeit. Aufgrund der
vielfältigen steuerlichen Privilegien für gemeinnützige Organisationen ist es bedeutsam, ob
beispielsweise Turnierbridge unter den Begriff des Sports im Sinne des Gemeinnützigkeitsrechts zu
subsumieren ist.
Sachverhalt
Ein eingetragener Verein ist Dachverband deutscher Bridge-Vereine. Seine Aufgaben sind die
Vertretung der Interessen des deutschen Sports auf nationaler und internationaler Ebene, die
Organisation und Reglementierung des nationalen und internationalen Sportbetriebs, die
Veranstaltung von Wettbewerben, die Öffentlichkeitsarbeit, das Unterrichts- und Turnierwesen sowie
die Verwaltung von Mitgliedsdaten. Fraglich ist, ob hiermit gemeinnützige Zwecke verfolgt werden.
Entscheidung
Nach Ansicht des Finanzgerichts Köln fördert der Verein nicht den Sport. Turnierbridge fällt nicht unter
den abschließenden Katalog des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 - 25 AO. Nach der Öffnungsklausel des § 52
Abs. 2 Satz 2 AO kann ein Zweck für gemeinnützig erklärt werden, wenn die Allgemeinheit auf
10/25
materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend selbstlos gefördert wird. Dies ist nach
Ansicht der Richter gegeben, da Turnierbridge erhebliche Ähnlichkeiten zum Schachsport aufweist.
Konsequenzen
Die Anwendung der Öffnungsklausel ist bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt. Verfahrensrechtlich
ist zudem ungeklärt, ob es sich um ein verwaltungsaktähnliches Verfahren oder um eine
Ermessensregelung handelt. Insoweit bleibt die Entscheidung des Bundesfinanzhofs abzuwarten.
15.
Treaty override bei Einkünften von Piloten
Kernaussage
In Deutschland ansässige Piloten, die für ausländische Fluggesellschaften tätig sind, werden mit den
hieraus bezogenen Vergütungen regelmäßig (bei Eingreifen einer Sonderregelung wie in Art. 15 Abs. 3
OECD-MA) im Ausland (hier Irland) besteuert. Soweit die Besteuerung im Quellenstaat nicht
vollumfänglich erfolgt, kommt es trotz § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG nicht zu einem Rückfall des
Besteuerungsrechts an Deutschland.
Sachverhalt
Strittig war die Besteuerung eines in Deutschland ansässigen Piloten einer irischen Fluggesellschaft.
Die Besteuerung seiner Vergütungen erfolgte zunächst gemäß XII Abs. 3 DBA ausschließlich in Irland.
Nachdem die Besteuerung in Irland nochmals zu seinen Gunsten dahingehend geändert worden war,
dass nur der auf Territorium Irlands entfallende Teil seiner Vergütungen besteuert wurde, sah das
Finanzamt die Möglichkeit, § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG anzuwenden. Das Finanzgericht und der
Bundesfinanzhof (BFH) traten dieser Ansicht entgegen.
Entscheidung
Der BFH lehnte eine Anwendung von § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG ab, weil die Vorschrift bereits dann nicht
mehr angewendet werden kann, wenn der ausländische Staat überhaupt eine Besteuerung der
Einkünfte vornimmt. In welchem Umfang die Besteuerung erfolgt, ist nicht entscheidend. Da der
Steuerpflichtige darlegen konnte, dass es zu einer Quellenbesteuerung in Irland gekommen ist, war §
50d Abs. 9 Nr. 2 EStG nicht anwendbar. Ebenso wenig ließ sich eine Besteuerung nach § 50d Abs. 8
EStG rechtfertigen. Wie der BFH ausdrücklich betont, reicht es auch insoweit aus, dass der
Steuerpflichtige entweder den Verzicht des ausländischen Staates auf eine Besteuerung oder deren
tatsächliche Entrichtung nachweist.
Konsequenzen
Sobald eine Besteuerung im Ausland erfolgt, greift die Regelung in § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG nicht. Der
BFH widerspricht damit der von der Finanzverwaltung vertretenen Rechtsansicht im BMF-Schreiben
vom 12.11.2008 (BStBl 2008 I S. 988).
16.
Insolvenzverfahren:
Eröffnungsgrunds?
Einstellung
bei
Restschuldbefreiung
wegen
Wegfall
des
Kernaussage
Wird dem Schuldner nach Abschluss der Wohlverhaltensphase Restschuldbefreiung erteilt, wandeln
sich die Insolvenzforderungen zu unvollkommenen Verbindlichkeiten, d. h. sie sind weiterhin erfüllbar,
aber deren Durchsetzbarkeit ist nicht mehr erzwingbar. Bei noch laufendem Insolvenzverfahren
begründet die Restschuldbefreiung nicht die Möglichkeit das Insolvenzverfahren wegen Wegfall des
Eröffnungsgrunds einzustellen. Zwar entfällt der Insolvenzbeschlag für den Neuerwerb ab dem
Zeitpunkt des Ablaufs der Wohlverhaltensphase. Hinsichtlich des zuvor in die Masse gefallenen
Vermögens ist jedoch das Insolvenzverfahren zu Ende zu führen.
Sachverhalt
Mit Beschluss von Mai 2004 wurde über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren
eröffnet und der weitere Beteiligte zum Insolvenzverwalter bestellt. Entsprechend der Entscheidung
des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 3.12.2009 erlangte der Schuldner nach Ende der Laufzeit der
Abtretungserklärung rechtskräftig Restschuldbefreiung. Das Insolvenzverfahren dauerte an. Der
Schuldner begehrt die Einstellung des Insolvenzverfahrens mit der Begründung, dass nach Erteilung
der Restschuldbefreiung der Insolvenzeröffnungsgrund weggefallen sei. Die hiergegen gerichtete
Rechtsbeschwerde blieb erfolglos.
11/25
Entscheidung
Die Einstellung des Insolvenzverfahrens ist zwar möglich, wenn keine (drohende) Zahlungsunfähigkeit
vorliegt, jedoch sind die im laufenden Insolvenzverfahren zur Tabelle angemeldeten und festgestellten
Insolvenzforderungen zu berücksichtigen. Durch die Restschuldbefreiung werden die
Insolvenzforderungen zu unvollkommenen Verbindlichkeiten und können somit bei der Feststellung
einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit für ein nach der Restschuldbefreiung zu eröffnendes
Insolvenzverfahren nicht berücksichtigt werden. Doch im laufenden Insolvenzverfahren sind sie
weiterhin zu berücksichtigen. Durch die Loslösung der Erteilung der Restschuldbefreiung von dem
Insolvenzverfahren sollen die Insolvenzgläubiger im laufenden Verfahren ihre Rechte nicht verlieren.
Bei Einstellung des Insolvenzverfahrens würde der Schuldner nämlich das Recht zurückerlangen, über
die Insolvenzmasse frei zu verfügen, während die Gläubiger ihre Forderungen nicht mehr durchsetzen
könnten. Hierdurch würde der Zweck des Insolvenzverfahrens, nämlich die gemeinschaftliche
Befriedigung der Gläubiger, verfehlt.
Konsequenz
Unabhängig von der Erteilung einer Restschuldbefreiung ist das laufende Insolvenzverfahren
fortzuführen.
17.
Erstattungszinsen sind steuerbar
Kernaussage
Die vom Finanzamt gezahlten Zinsen aufgrund von Einkommensteuererstattungen zählen zu den
Einnahmen aus Kapitalvermögen und unterliegen somit der Einkommensteuer. Dies gilt auch für Jahre
vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010.
Sachverhalt
Die verheirateten Kläger hatten 1995 eine zu hohe Einkommensteuernachzahlungen entrichtet, die sie
neben der Einkommensteuererstattung mit Zinsen zurück gezahlt bekamen. In dem das Streitjahr 2006
betreffenden Einkommensteuerbescheid wurden Zinsen in Höhe von 118.101 EUR als Einnahmen aus
Kapitalvermögen berücksichtigt. Die Kläger forderten daraufhin eine ermäßigte Besteuerung nach §
32a Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG der Erstattungszinsen, dem das Finanzamt nicht
nachkam.
Entscheidung
Sowohl das FG als auch der BFH kamen der darauf folgenden Klage nicht nach. Für eine Behandlung
der Erstattungszinsen als nicht steuerbar bleibe nach der Gesetzesänderung kein Raum mehr.
Systematische und verfassungsrechtliche Einwände, dass gezahlte Zinsen nicht als Sonderausgabe
abzugsfähig seien, wies das Gericht zurück. Erstattungszinsen gehörten daher gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7
Satz 1 und 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 zu den Einkünften aus
Kapitalvermögen. Die Vorschrift gilt für alle Fälle, in denen die Steuer im Zeitpunkt der
Gesetzesänderung noch nicht bestandskräftig festgesetzt war. Dies verstoße nach Auffassung des
Bundesfinanzhofs nicht gegen das Rückwirkungsverbot.
Konsequenz
Im Jahr 2010 hat der Bundesfinanzhof die Steuerbarkeit von Steuererstattungszinsen noch anders
gesehen. Vorliegend folgt das Gericht nun der Sichtweise der Finanzverwaltung für sämtliche
Bescheide, die im Zeitpunkt der Gesetzesänderung noch nicht bestandskräftig veranlagt waren. Da
von Steuererstattungszinsen keine Abgeltungsteuer einbehalten wird, sollte im Rahmen der
Erklärungserstellung nach Möglichkeit das Kontenabrufsystem der Finanzverwaltung genutzt werden,
um die endgültige Steuerschuld vorab korrekt berechnen zu können.
18.
Qualifizierter Mietspiegel: Voraussetzungen
Kernaussage
Im Falle des substantiierten Bestreitens des Vorliegens eines qualifizierten Mietspiegels, also dessen
Ausrichtung an anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen, hat das Gericht über das Vorliegen der
Voraussetzungen eines qualifizierten Mietspiegels Beweis zu erheben.
Sachverhalt
Die Beklagte ist Mieterin einer 3-Zimmer-Wohnung der Klägerin in Berlin, für die sie seit mindestens
Mai 2006 413,17 EUR Nettokaltmiete zahlt. Im Januar 2010 forderte die Klägerin die Beklagte zur
12/25
Zustimmung der Erhöhung der Nettokaltmiete ab April um 52,26 EUR auf 465,43 EUR auf. Die
Klägerin begründete ihr Erhöhungsverlangen unter Benennung von 6 Vergleichswohnungen und legte
ebenfalls Angaben für die Wohnung nach dem Berliner Mietspiegel 2009 bei. Die Beklagte stimmte der
Erhöhung der Nettokaltmiete nicht zu und wurde sodann durch die Klägerin auf Zustimmung zur
Mieterhöhung in Anspruch genommen. Die Klägerin war der Auffassung, dass der Mietspiegel 2009
der Stadt Berlin nicht nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden sei.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob die Entscheidungen der Vorgerichte auf und wies die Sache zur
erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück. Das Berufungsgericht hätte die ortsübliche
Vergleichsmiete nicht allein aufgrund der einem qualifizierten Mietspiegel zugeschriebenen Vermutung
feststellen dürfen. Der Tatrichter ist bei der Bestimmung der ortsüblichen Miete nicht an das
Begründungsmittel des Vermieters, hier also die Vergleichswohnungen, gebunden, sondern darf auch
die Daten eines ordnungsgemäßen Mietspiegels heranziehen. Ob ein Mietspiegel den Anforderungen
eines qualifizierten Mietspiegels entspricht und somit die Vermutungswirkung entfaltet, muss unstreitig,
offenkundig oder nachweislich sein. Zu prüfen ist dies auch, wenn der Mietspiegel als qualifizierter
Mietspiegel bezeichnet oder von der Gemeinde und/oder von den Interessenvertretern der Vermieter
und der Mieter als solcher anerkannt und veröffentlicht wurde. Das Gericht muss im Falle eines
substantiierten Bestreitens des Vorliegens der Voraussetzungen eines qualifizierten Mietspiegels
Beweis darüber erheben, ob der Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen
erstellt wurde.
Konsequenz
Die Bezeichnung als qualifizierter Mietspiegel gibt keinen Aufschluss darüber, ob dieser tatsächlich die
Anforderungen an einen solchen erfüllt.
19.
Häusliches Arbeitszimmer: Aufteilbarkeit der Kosten (Vorlage an Großen Senat)
Kernproblem
Der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) tritt nur zusammen, wenn er von einem Senat des BFH
angerufen wird. Dies ist vor allem der Fall, wenn der vorlegende Senat in einer Rechtsfrage von einer
Entscheidung eines anderen Senats abweichen will oder eine grundsätzliche Rechtsfrage zu klären ist.
Der 11 Mitglieder umfassende Große Senat ist nun zur Frage der Aufteilbarkeit der Kosten für ein
häusliches Arbeitszimmer angerufen worden.
Rechtslage
Nach bisheriger Rechtsprechung des BFH muss das Arbeitszimmer so gut wie ausschließlich
betrieblich oder beruflich genutzt werden, um die Aufwendungen zumindest anteilig (bis 1.250 EUR)
oder bei qualitativem Mittelpunkt auch vollständig anerkannt zu bekommen. Das lag in der
Vergangenheit am streng ausgelegten Aufteilungsverbot von gemischt veranlassten Aufwendungen.
Damit ist es aber nach einer bedeutenden Entscheidung des Großen Senats im Jahr 2009 vorbei, als
dieser gemischt veranlasste Reisekosten zu einer Messe nach Las Vegas anteilig zum Abzug als
Werbungskosten zuließ. Der BFH hatte sich damit weg von seinem früheren Aufteilungsverbot und hin
zu einem Aufteilungsgebot bewegt. Dass diese Entwicklung vor den Finanzgerichten (FG)nicht Halt
machen würde, konnte man bereits an einer Entscheidung des FG Köln erkennen, das sogar die
Kosten einer "Arbeitsecke" im Wohnzimmer zum Abzug zuließ. Bei anderen dem BFH vorliegenden
Fällen wurde ein normal eingerichtetes Arbeitszimmer nachweislich nur zu einem Bruchteil für die
Einkunftsart verwendet. Der IX. Senat nahm das jetzt zum Anlass für eine Anfrage an den Großen
Senat.
Sachverhalt
Der Vermieter zweier Mehrfamilienhäuser bewohnte ein Einfamilienhaus, in dem er ein mit
Schreibtisch, Büroschränken, Regalen sowie einem Computer ausgestattetes häusliches
Arbeitszimmer nutzte. Für die Verwaltung seiner vermieteten Immobilen hatte er das Arbeitszimmer
nachweislich zu 60 % genutzt. Der IX. Senat will der positiven Vorentscheidung des
Niedersächsischen FG folgen und die Aufwendungen zeitanteilig aufteilen, weil das Gesetz die nahezu
ausschließliche Nutzung nicht verlange. Dagegen haben der VIII. und der die "Arbeitsecke"
behandelnde X. Senat die Frage aufgeworfen, ob der Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers
13/25
nicht eine so gut wie ausschließliche Nutzung impliziere. Der IX. Senat misst der Vorlagefrage
grundsätzliche Bedeutung und große Breitenwirkung zu.
Konsequenz
Bis der Große Senat die Entscheidung getroffen hat, ob der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers
voraussetzt, dass der jeweilige Raum (nahezu) ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke
genutzt wird oder die Aufwendungen entsprechend der jeweiligen Nutzung aufgeteilt werden können,
sollten alle Verfahren offengehalten und zum Ruhen gebracht werden.
20.
§ 35a EStG: Neues Anwendungsschreiben des BMF
Kernproblem
Die Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und
Dienstleistungen sowie Handwerkerleistungen ist Bestandteil fast jeder Einkommensteuererklärung
geworden und hat in jüngster Vergangenheit den Bundesfinanzhof (BFH) beschäftigt. Dabei ging es
häufig um die Frage, was eine haushaltsnahe Tätigkeit ist oder wie weit der Haushalt reicht. Das
Bundesfinanzministerium (BMF) hatte zuletzt im Jahr 2010 ein Anwendungsschreiben veröffentlicht,
das jetzt komplett überarbeitet wurde und neuere Rechtsprechung des BFH enthält. Im Wesentlichen
gibt es folgende Neuerungen:
Heimbewohner ohne eigenen (abgeschlossenen) Haushalt
Begünstigt sind auch Aufwendungen, die wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden
Pflege erwachsen, soweit sie auf Dienstleistungen entfallen, die mit denen einer Hilfe im Haushalt
vergleichbar sind. Das können z. B. Aufwendungen sein für die Raumreinigung oder den
Wäscheservice am Unterbringungsort. Das Vorhandensein eines eigenen Haushalts im Heim oder am
Ort der dauernden Pflege ist in diesen Fällen nicht erforderlich. Nicht begünstigt sind die
Mietzahlungen für die Unterbringung, die Aufwendungen für den Hausmeister, den Gärtner sowie
sämtliche Handwerkerleistungen. Nicht mit einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind Pflege- und
Betreuungsleistungen.
Heimbewohner mit eigenen Haushalt
Aufwendungen für die Zubereitung von Mahlzeiten in der hauseigenen Küche einer solchen
Einrichtung und das Servieren der Speisen in dem zur Gemeinschaftsfläche rechnenden Speisesaal
sind ebenfalls als haushaltsnahe Dienstleistungen begünstigt. Nicht begünstigt ist die Zubereitung von
Mahlzeiten außer Haus einschließlich der Anlieferung, wie z. B. bei "Essen auf Rädern".
Abgrenzung zum nicht begünstigten Neubau
Wesentliches Merkmal ist, ob die jeweilige Maßnahme in einem vorhandenen Haushalt durchgeführt
wird. Auf die ertragsteuerliche Einordnung als Erhaltungs- oder Herstellungsaufwand kommt es nicht
an. Maßnahmen im Zusammenhang mit neuer Wohn- bzw. Nutzflächenschaffung in einem
vorhandenen Haushalt sind daher begünstigt. Das gilt auch dann, wenn der Gebrauchswert der
Immobilie dadurch erhöht wird. Nicht begünstigt sind alle Neubaumaßnahmen, die im Zusammenhang
mit der Errichtung eines Haushalts bis zu dessen Fertigstellung anfallen. Eine beispielhafte Aufzählung
enthält Anlage 1 zu dem neuen Anwendungsschreiben.
Gutachtertätigkeit
Die Tätigkeit eines Gutachters gehört weder zu den haushaltsnahen Dienstleistungen, noch handelt es
sich um eine Handwerkerleistung. Das gilt z. B. für Mess- oder Überprüfungsarbeiten, eine
Legionellenprüfung, Kontrolle von Aufzügen oder von Blitzschutzanlagen, die Feuerstättenschau des
Schornsteinfegers sowie andere technische Prüfdienste. Für die künftig ab 2014 nicht mehr
berücksichtigungsfähige Gutachtertätigkeit von Schornsteinfegern (Feuerstättenschau) ist eine
Nichtbeanstandungsregelung enthalten. Bis einschließlich 2013 können die Leistungen von
Schornsteinfegern insgesamt in einer Summe geltend gemacht werden. Ab 2014 ist aufzuteilen in
Kehr- und Prüfungsarbeiten.
Konsequenz
Das BMF-Schreiben ist grundsätzlich in allen offenen Fällen anzuwenden und enthält viele für die
Praxis hilfreiche Beispiele. Nichtsdestotrotz ist die Rechtsprechung zu verfolgen, denn es sind noch
14/25
Revisionsverfahren anhängig (z. B. Straßen- und Gehwegreinigung auf öffentlichem Grundstück oder
Müllabfuhr).
21.
Sind Beerdigungskosten naher Angehöriger außergewöhnliche Belastungen?
Kernproblem
Aufwendungen für die Beerdigung eines nahen Angehörigen sind grundsätzlich außergewöhnlich. Der
Abzug bei der Einkommensteuer als außergewöhnliche Belastung (agB) verlangt jedoch zusätzlich die
Zwangsläufigkeit des Aufwands aus rechtlichen, sittlichen oder tatsächlichen Gründen. Dagegen
scheidet ein Abzug der Beerdigungskosten von vornherein aus, wenn sie aus dem Nachlass bestritten
werden können. Die Grundsätze dieser ständigen Rechtsprechung sah ein Erbe für seinen Streitfall als
nicht erfüllt an, weil er seiner Meinung nach wesentlich mehr aufwendete, als er aus dem Nachlass
erhielt. Hierüber musste das Finanzgericht Münster entscheiden.
Sachverhalt
Der spätere Erbe hatte bereits im Jahr 1991 ein Zweifamilienhaus von seinen Eltern erhalten. In einem
Übergabevertrag verpflichtete er sich zur Übernahme einer Grundschuld von 85.000 DM, der
Einräumung eines Wohnrechts an einer Wohnung des Zweifamilienhauses (Jahreswert 6.430 DM)
sowie der Zahlung von 20.000 DM nach Übergabe. Daneben sollten die Eltern versorgt und nach
deren Tod die Kosten der Beerdigung und Instandhaltung der Grabstätte übernommen werden. Nach
dem Tod des letztversterbenden Elternteils sollten die beiden Geschwister mit jeweils 20.000 DM
gegen Erb- und Pflichtteilsverzicht abgefunden werden. Entsprechendes wurde in einem Erbvertrag
vereinbart, wobei den Geschwistern das komplette Spar-, Bar- und bewegliche Vermögen als
Vermächtnis zustand. Im Jahr 2010 trat der Erbfall ein. Die aufgewendeten Beerdigungskosten machte
der Erbe als außergewöhnliche Belastungen geltend und sah diese als zwangsläufig an, weil er den
Wert des unter Einräumung des Wohnrechts erhaltenen Zweifamilienhauses als wesentlich niedriger
ansah, als seine Abstandszahlungen, für die er Kredite aufnehmen musste. Das Finanzamt lehnte den
Antrag ab.
Entscheidung
Das FG Münster hat nicht zu einer Fortentwicklung des Rechts beigetragen und die Klage
abgewiesen. Zur Begründung führte man aus, dass die Verpflichtung zur Übernahme der
Beerdigungskosten keine persönliche Verpflichtung des Erben, sondern eine Nachlassverbindlichkeit
darstelle. Wenn der Erbe die Erbschaft annehme, so beruhe die Verpflichtung auf einem von ihm
selbst gesetzten Rechtsgrund und sei deshalb nicht zwangsläufig. Zudem stand nach Überzeugung
des Gerichts fest, dass der Erbe mit dem Zweifamilienhaus einen Gegenwert erhalten hatte, der über
den gesamten Verpflichtungen aus dem Übergabevertrag lag, denn ansonsten wäre der Vertrag nicht
oder nicht mit dem Inhalt geschlossen worden. Somit schied der Abzug selbst bei einer weiteren
Verpflichtung aus sittlichen Gründen als außergewöhnliche Belastung von vornherein aus.
Konsequenz
Eine Nichtzulassungsbeschwerde des Erben wurde durch den BFH zurückgewiesen. Das Urteil ist
damit rechtskräftig und deckt sich mit der bisherigen Rechtsprechung.
22.
Kosten eines Verwaltungsrechtsstreits sind absetzbar
Kernaussage
Das Finanzgericht Münster hat in einem aktuell veröffentlichten Urteil entschieden, dass auch
Aufwendungen für einen verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit bei der Steuerveranlagung als
außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
nicht mutwillig erfolgt und aus Sicht eines verständigen Dritten Aussicht auf Erfolg bietet. Das
Finanzgericht hat damit die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu den Kosten eines
Zivilverfahrens auf die Aufwendungen für ein Verwaltungsgerichtsverfahren übertragen.
Sachverhalt
Die Kläger waren ursprünglich gerichtlich gegen eine ihrem Nachbarn erteilte Baugenehmigung
vorgegangen, die sie für rechtswidrig hielten. Das Verwaltungsgericht teilte diese Auffassung, das
Oberverwaltungsgericht
war
jedoch
anderer
Meinung.
Das
hiergegen
vor
dem
Bundesverwaltungsgericht geführte Klageverfahren verloren die Kläger ebenfalls. Sie mussten daher
sämtliche Verfahrenskosten (Rechtsanwalts- und Gerichtskosten) in Höhe von rund 17.500 EUR
15/25
tragen. Diese Aufwendungen machten sie als außergewöhnliche Belastungen in ihrer
Einkommensteuererklärung für 2010 geltend. Das Finanzamt lehnte eine Berücksichtigung ab.
Hiergegen wandten sich die Kläger und bekamen Recht.
Entscheidung
Die Aufwendungen der Kläger für das verwaltungsgerichtliche Verfahren seien – so die Finanzrichter –
als zwangsläufig im Sinne des Einkommensteuergesetzes (§ 33 EStG) anzusehen. Dass die Kläger
zur Durchsetzung ihrer Auffassung gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen hätten, sei nicht mutwillig
gewesen. Ihre Klage habe, wie die erstinstanzliche Entscheidung zeige, auch Aussicht auf Erfolg
gehabt. Das Finanzgericht stellte zu dem noch klar, dass die im Jahr 2013 geschaffene gesetzliche
Neuregelung des § 33 Abs. 2 EStG, nach der Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreites
weitestgehend vom Abzug ausgeschlossen werden, im Streitfall keine Anwendung fand.
Konsequenz
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Finanzgericht die Revision zum BFH
zugelassen.
23.
Haftung eines Wirtschaftsprüfers wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Anlegern
Kernaussage
Experten (hier: Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer) haften für unrichtige Gutachten und Testate bei
besonders schwerwiegender Verletzung der den Experten treffenden Sorgfaltspflichten. Ebenso kann
eine Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Anlegern durch irreführende
Äußerungen über die Werthaltigkeit von Beteiligungen bei Vorträgen und Veranstaltungen mit
Vertriebsmitarbeitern begründet sein.
Sachverhalt
Eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft wurde gemeinsam mit ihrem
Geschäftsführer, einem Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer, wegen vorsätzlicher sittenwidriger
Schädigung von Anlegern in Anspruch genommen. Die Kläger hatten sich als atypisch stille
Gesellschafter an 2 Aktiengesellschaften beteiligt, die zu einer Unternehmensgruppe gehörten, für die
die Beklagten die Jahresabschlüsse prüften. Im Jahr 2005 gerieten die Gesellschaften in Insolvenz.
Die Kläger stützen ihre Schadensersatzforderungen auf inhaltlich falsche Behauptungen des
Rechtsanwalts
auf
Seminarveranstaltungen
vor
Vertriebsmitarbeitern,
wonach
die
Unternehmensgruppe über eine exzellente Eigenkapitalausstattung verfüge und ihre Aktien als "Blue
Chips" einzuordnen seien.
Entscheidung
Die Beklagten haften den Klägern aus vorsätzlich sittenwidriger Schädigung. Das Verhalten des
Rechtsanwalts und Wirtschaftsprüfers, der durch seinen Beruf ein besonderes Vertrauen
beanspruchte, ist als leichtfertig und gewissenlos einzustufen. Er stellte sich mit seinem
Expertenstatus in den Dienst der von ihm geprüften kapitalsuchenden Unternehmensgruppe und
lieferte den Vertriebsmitarbeitern irreführende Verkaufsargumente. Dadurch setzte er sich
rücksichtslos über die potentiellen Anlegerinteressen hinweg. In den Fällen der vorsätzlichen
sittenwidrigen Schädigung muss sich der Anleger von einer "ungewollten" Verpflichtung wieder
befreien können.
Konsequenz
Das Urteil stärkt den Schutz der Anleger, die sich auf ein hohes Maß an zutreffender und vollständiger
Information im Vorfeld einer Anlageentscheidung verlassen dürfen. Für den Fall, dass ein Experte
nachlässig oder gar durch Angaben ins Blaue hinein Auskünfte erteilt, sind wirkungsvolle Sanktionen
gegeben.
24.
Teilnahme an Schiffskreuzfahrt: Bewertung des geldwerten Vorteils
Kernproblem
Erhält ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber Einnahmen in Form von Sachbezügen, sind diese mit
dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen. Viele
Sachbezüge werden pauschal bewertet und bereits vom Gesetz vorgegeben (zum Beispiel PKW mit
der 1 %-Regel oder Mahlzeitengewährung), andere wiederum sind individuell zu ermitteln und
16/25
streitbefangen. So auch bei dem Mitarbeiter einer Reederei, der vergünstigte Kreuzfahrten unternahm
und mit dem Finanzamt nicht auf einen Nenner kam.
Sachverhalt
Der Angestellte einer Reederei erhielt kostenlose beziehungsweise stark verbilligte Reisen auf den zur
Unternehmensgruppe gehörigen oder bereederten Schiffen. Das Finanzamt ermittelte in einem
Steuerstrafverfahren insgesamt Sachbezüge von 56.375 EUR für 5 Kreuzfahrten, die der Angestellte
und seine Lebenspartnerin unternahmen. Die Bewertung erfolgte mit 96 % des Katalogpreises. Im
Einspruchsverfahren konnte der Angestellte einen Abschlag von 30 % erstreiten, weil die Reisen
seiner Auffassung nach beruflich mit veranlasst waren und im Übrigen nur unter dem Vorbehalt der
Verfügbarkeit nach Verwertung der Restplätze als Last-Minute-Kontingent zur Verfügung standen.
Darüber hinaus waren weitere Einschränkungen in Kauf zu nehmen, zum Beispiel bezüglich der
Auswahl des Bordrestaurants und der Teilnahme an Ausflügen und Fitnessprogrammen. Der
beantragte Rabattfreibetrag von 1.080 EUR wurde verwehrt, weil der Arbeitgeber nicht der
Reiseveranstalter war. Der Reedereimitarbeiter zog vor das Finanzgericht (FG) in Schleswig-Holstein.
Entscheidung
Das FG ist den Argumenten des Klägers zum Teil gefolgt und hat im Ergebnis einen Abschlag von 60
% des Katalogpreises gewährt. Entscheidend für den Bewertungszeitpunkt war nach Auffassung des
Gerichts der Zeitpunkt kurz vor oder zum Reiseantritt, denn bis dahin habe die tatsächliche
Unsicherheit der kurzfristigen Absage bestanden. Der Wert der Reiseleistung sei zu schätzen, da sie
nicht den Katalogleistungen entsprochen habe. Neben den bewertungsbeeinflussenden Faktoren im
Vergleich zu den normal zahlenden Gästen sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die
Mitarbeiterreisen als Teil einer Restplatzverwertung gesehen werden müssten. Den Rabattfreibetrag
gewährte aber auch das FG nicht, weil die Reiseleistung vom Reiseveranstalter und nicht der Reederei
erbracht wurde.
Konsequenz
Die Revision wurde nicht zugelassen. Der Fall zeigt die mögliche Bandbreite eines Sachbezugs auf.
Schätzungen des Finanzamts sollten nicht ohne weiteres hingenommen werden. Das gilt erst recht,
wenn es sich - wie hier - um ein Strafverfahren handelt. Das Finanzamt konnte wegen leichtfertiger
Steuerverkürzung 5 Jahre zurückgehen.
Unternehmer und Freiberufler
1.
Neues zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen
Einführung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte jüngst festgestellt, dass die deutschen Regelungen zur Umkehr der
Steuerschuldnerschaft in wesentlichen Teilen nicht mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechtes
vereinbar sind. Insbesondere für Bauträger hat dies zur Konsequenz, dass diese nicht (mehr)
Steuerschuldner für die an sie erbrachten Bauleistungen sind. Das Bundesfinanzministerium (BMF)
folgt mittlerweile dem BFH. Für die Praxis sind aber dennoch viele Fragen offen, zumal das BMF noch
ein weiteres Schreiben zu der Thematik angekündigt hat.
Neue Verwaltungsanweisung
Wie es weitergehen könnte, zeigt eine Information der Oberfinanzdirektion (OFD) NordrheinWestfalen. Demnach wird Bauträgern die Umsatzsteuer auch für die Vergangenheit erstattet, wenn sie
diese unter Berufung auf die geänderte Rechtslage geltend machen, sofern die entsprechenden
Veranlagungen noch zu ändern sind. Die Behandlung der Subunternehmer hingegen, die bisher im
Vertrauen auf die bisherige Verwaltungsauffassung netto gegenüber den Bauträgern abgerechnet
haben, wird noch vom BMF geprüft. Fraglich ist, ob diesen Vertrauensschutz für die Vergangenheit
gewährt wird, falls die Bauträger eine Korrektur beantragen. Bis zur Klärung dieser Frage soll jedoch
nicht gegen die betroffenen Subunternehmer vorgegangen werden.
Konsequenzen
Sowohl Bauträger als auch ihre Subunternehmer müssen prüfen wie nun vorzugehen ist. Für die
Vergangenheit können sich Bauträger die Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückholen. Dabei müssen
17/25
sie aber berücksichtigen, dass das Finanzamt in einem solchen Fall versuchen wird die Umsatzsteuer
vom Subunternehmer wiederzuholen, es sei denn das BMF ringt sich dazu durch, den
Subunternehmern Vertrauensschutz zu gewähren. Die Subunternehmer hingegen werden dann
versuchen, die Umsatzsteuer gegenüber dem Bauträger abzurechnen. Ob dies zivilrechtlich in allen
Fällen möglich sein wird, ist fraglich. Insbesondere Festpreisvereinbarungen dürften hier problematisch
sein. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Subunternehmer auf der Umsatzsteuer sitzen bleiben
und erheblichen wirtschaftlichen Schaden, bis hin zur Insolvenz, erleiden. Es ist daher zu hoffen, dass
das BMF den Subunternehmern entgegenkommt und diese nicht dafür abstraft, dass diese sich an die
Verwaltungsanweisungen gehalten haben. Wie es auch weiter gehen wird, die Betroffenen sollten auf
jeden Fall ihre nächsten Schritte mit ihren steuerlichen Beratern abstimmen, um kostspielige Fehler zu
vermeiden.
2.
Neues zur Organschaft und zum Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften
Einführung
Sowohl die Organschaft als auch der Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften sind regelmäßig
Gegenstand von Gerichtsverfahren. Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Europäischen
Gerichtshof (EuGH) 3 grundsätzliche Fragen vorgelegt, deren Beantwortung von erheblicher
Bedeutung sein wird.
Vorlagen des BFH
Die erste Frage betraf den Vorsteuerabzug einer Führungsholding. Diese hält nicht nur die
Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften, sondern erbringt auch entgeltliche Dienstleistungen an
die Töchter. Die Dienstleistungen berechtigen grundsätzlich zum Vorsteuerabzug, das reine Halten
von Beteiligungen hingegen nicht. Der BFH sieht hier die Notwendigkeit die Vorsteuern aus
Eingangsleistungen, die keinem der genannten Bereiche direkt zuzuordnen sind, aufzuteilen. Der
EuGH soll klären, welcher Maßstab dieser Aufteilung zugrunde zu legen ist. Mit der zweiten Frage
möchte der BFH klären, ob entgegen den Vorgaben des nationalen Umsatzsteuergesetzes (UStG)
auch Personengesellschaften Organgesellschaften sein können. Das nationale UStG sieht hier nur
juristische Personen als Organgesellschaften vor, während die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie
(MwStSystRL) insoweit keine Vorgaben enthält, was gegebenenfalls als Verstoß gegen das Gebot der
Rechtsformneutralität zu werten ist. Sollte der EuGH hierin einen Verstoß gegen das Unionsrecht
sehen, so soll er die dritte Frage klären, ob Holdinggesellschaften sich dann unmittelbar auf das
Unionsrecht berufen können.
Konsequenzen
Die Entscheidung des EuGH wird mit Spannung abzuwarten sein. Dies gilt insbesondere hinsichtlich
der Antwort des EuGH auf die zweite Frage. Sollte der EuGH die Ausweitung der Organschaft auf
Personengesellschaften als Organgesellschaften befürworten, so wird dies zu gravierenden
Änderungen führen. Unternehmen die von der Entscheidung des EuGH profitieren können, also
Holdinggesellschaften, die einen höheren Vorsteuerabzug für sich reklamieren oder für die ein
Einbezug einer Personengesellschaft als Organgesellschaft vorteilhaft wäre, sollten die
entsprechenden Veranlagungen offen halten.
3.
Vorsteuerabzug bei Betrug durch Lieferant
Einführung
Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) steht es dem Vorsteuerabzug nicht
entgegen, wenn der Lieferant zivilrechtlich nicht Eigentümer des gelieferten Gegenstandes war und
zudem noch beabsichtigte den Gegenstand in betrügerischer Absicht noch an andere Erwerber zu
"veräußern". Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist demnach nicht die zivilrechtliche Betrachtung,
sondern ob dem Erwerber der Liefergegenstand so übertragen worden ist, dass dieser faktisch wie ein
Eigentümer hierüber verfügen kann.
Neue Verwaltungsanweisung
Das Bundesfinanzministerium (BMF) folgt nun der Entscheidung des BFH.
Konsequenzen
Das BMF weist nun auf die Entscheidung des BFH im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) hin.
Dass dies aber nur widerwillig geschieht wird deutlich, wenn auch die ergänzenden Aussagen des
18/25
zugehörigen Schreibens aufmerksam gelesen werden. Demnach steht dem Vorsteuerabzug entgegen,
wenn der Abnehmer vom Betrug des Lieferanten wusste bzw. hiervon hätte wissen müssen. Dies
entspricht zwar den Aussagen des BFH, problematisch ist jedoch, dass die Beweislast hierfür den
Erwerber trifft, sobald die Finanzverwaltung "objektive" Umstände vorlegt, dass er dies hätte wissen
können. Der Erwerber muss dann nachweisen, dass er alle Maßnahmen ergriffen hat, um nicht in
einen Betrug einbezogen zu werden. Hierzu soll er dokumentieren, dass er sich über die
Unternehmereigenschaft
des
Lieferanten
versichert
hat.
Ebenso
sollen
die
Geräteidentifikationsnummern der Ware aufgezeichnet werden. Wer die Praxis kennt, muss
befürchten, dass ein Betriebsprüfer z. B. sehr schnell "objektive" Umstände findet, die zu einer Umkehr
der Beweislast führen. Gerade Unternehmer, die tatsächlich nicht wussten, dass sie in einen Betrug
involviert sind, dürften dann selten derartige Aufzeichnungen besitzen. Hier sollte dann auf die
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zurückgegriffen werden, die nur in
bestimmten Fällen Nachweise der Erwerber fordert, also weniger restriktiv ist, als die Vorstellungen der
deutschen Verwaltung.
4.
Künstler und Umsatzsteuer
Einführung
Die Erbringung kultureller Leistungen wird im Regelfall im Umsatzsteuergesetz (UStG) begünstigt, sei
es durch die Gewährung von Steuerbefreiungen oder des ermäßigten Steuersatzes (7 %). Allerdings
bedeutet dies nicht, dass bestimmte Tätigkeiten im Kulturbetrieb nicht auch dem Regelsteuersatz (19
%) unterliegen können. Details können hier den Ausschlag geben. Die Oberfinanzdirektion (OFD)
Frankfurt a. M. zeigt dies in einer aktuellen Verfügung auf.
Neue Verwaltungsanweisung
Die OFD gibt Hinweise zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Solisten, der Veranstaltung von
Theatervorführungen und Konzerten etc. Auf Leistungen von Dirigenten ist der ermäßigte Steuersatz
anzuwenden, sofern diese nicht befreit sind. Während u. a. Intendanten, Regisseure sowie
Tontechniker grundsätzlich dem allgemeinen Steuersatz unterliegen, ist bei Bühnen- und
Kostümbildnern neuerdings zu differenzieren: Erfolgt der Auftrag ein bestimmtes Bühnenbild oder
Kostüm zu entwerfen, so kommt der ermäßigte Steuersatz zum Zuge, weil dies als begünstigte
Übertragung eines Urheberrechtes angesehen wird. Erfolgt die Arbeit jedoch nach konkreten
Vorgaben, entfällt die Begünstigung. Die Leistungen von Artisten, Zauberern etc. sind ebenso
grundsätzlich dem Regelsteuersatz zu unterwerfen; Ausnahmen sind jedoch möglich. Die
Veranstaltung von Konzerten ist nur dann begünstigt, wenn durch weitere Leistungen, die in
Verbindung hiermit erbracht werden, der Charakter der Veranstaltung als Konzert nicht beeinträchtigt
wird. Dabei ist nur die Leistung des einzelnen Unternehmers zu betrachten, nicht hingegen die seines
Auftraggebers.
Konsequenzen
Künstler haben verständlicherweise ein Interesse daran, dass ihre Leistungen begünstigt besteuert
werden. Da die Begünstigung oftmals von "Kleinigkeiten" abhängt, ist eine genaue Prüfung
erforderlich, um steuerliche Risiken durch eine Fehlbeurteilung zu vermeiden. Die Verfügung kann
hierzu als Hilfe herangezogen werden.
5.
Gewerbesteuermessbetrag: Gewerbesteuerpflicht durch Beteiligungserträge?
Kernaussage
Trotz dauerhaftem Defizit kann der Betrieb eines Freibades durch Beteiligungserträge
körperschaftsteuerpflichtig werden. Gewinnerzielungsabsicht liegt auch dann vor, wenn zur
Verbesserung der Ertragslage Aktien in den Betrieb eingelegt werden, um Verluste aus
vorangegangenen Jahren mit zukünftigen Erträgen verrechnen zu können.
Sachverhalt
Das gemeindliche Freibad erwirtschaftete erhebliche Verluste. Um dieses Defizit auszugleichen, legte
die Klägerin Beteiligungen an 2 Körperschaften ein. Die Beteiligungen waren jeweils geringer als 15 %.
Der per Saldo entstandene Gewinn wurde durch das Finanzamt der Gewerbesteuer unterworfen.
Durch die geringe Beteiligungshöhe erfolgte keine Kürzung der Dividendenerträge für
gewerbesteuerliche Zwecke. Da durch die Einlage nach Ansicht des Finanzamts insgesamt
19/25
Gewinnerzielungsabsicht bestand, erfolgte die Feststellung eines Gewerbesteuermessbetrags. Die
Klägerin hielt dagegen, dass der Betrieb objektiv dauerhaft defizitär sei und daher auch durch die
Einlage von Beteiligungen, die im Rahmen der Vermögensverwaltung gehalten wurden, nicht geeignet
sei, einen steuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art zu begründen.
Entscheidung
Die gegen die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags erhobene Klage hatte vor dem
Finanzgericht (FG) Köln keinen Erfolg. Gewinnerzielungsabsicht liege auch dann vor, wenn zur
Verbesserung der Ertragslage Aktien in einen Betrieb eingelegt werden, um die in der Vergangenheit
erwirtschafteten Verluste mit künftigen Erträgen aus Dividenden verrechnen zu können. Mit Einlage
der Beteiligungen ändere sich die Ertragslage des Betriebs grundlegend. Zudem könnten die Anteile
gewillkürtes Betriebsvermögen darstellen. Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde die Revision vor
dem Bundesfinanzhof (BFH)zugelassen.
Konsequenz
Die Entscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH. Im Jahr 2006 hatte das FG
Düsseldorf noch gegenteilig mit der Begründung entschieden, die Einlage von Aktien stelle aus
betriebswirtschaftlicher Sicht keine geeignete Maßnahme zur Strukturverbesserung des originären
Betriebes dar. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH seine Meinung zu einem späteren Zeitpunkt den
Düsseldorfer Richtern anpasst.
6.
Neue Frist für SEPA-Überweisung
Kernaussage
Die Frist für die Umstellung von Lastschriften und Überweisungen auf das europäische SEPA-System
ist um 6 Monate verlängert worden. Banken und Zahlungsdienstleister dürfen daher innerhalb dieser
verlängerten Frist weiterhin Zahlungen bearbeiten, die nicht im SEPA-Format getätigt worden sind.
Hintergrund
SEPA steht für "Single Euro Payments Area", die Schaffung eines einheitlichen europäischen
Zahlungsverkehrsraum. In der im Jahr 2012 verabschiedeten SEPA-Verordnung war vorgesehen, dass
ab dem 1.2.2014 sämtliche Überweisungen und Lastschriften in Euro nur noch in einem Format
erfolgen sollten, als SEPA-Überweisungen und SEPA-Lastschriften. Statistiken zeigten jedoch, dass
ein reibungsloser Übergang zu SEPA vor allem bei kleineren und mittleren Unternehmen bis zu
diesem Termin nicht gewährleistet war. Auf Vorschlag der Europäischen Kommission stimmten
zunächst die EU-Regierungen und schließlich auch das EU-Parlament einer Verlängerung der
Umsetzungsfrist zu. Durch SEPA sollen Zahlungen in Euro innerhalb der Europäischen Union
schneller und kostengünstiger durchgeführt werden, in dem das kostenintensive Nebeneinander von
inländischen Zahlungsverkehrsprodukten und SEPA-Produkten entfällt.
Konsequenz
Die Umstellungsfrist ist zwar verlängert worden, jedoch haben insbesondere kleinere und mittlere
Unternehmen in dieser Zeit dafür Sorge zu tragen, alles Erforderliche für eine fristgerechte Umstellung
zu veranlassen. Denn ab dem 1.8.2014 dürfen Banken und Zahlungsdienstleister dann wohl endgültig
keine Zahlungen mehr bearbeiten, die nicht im SEPA-Format getätigt worden sind, sollte es nicht zu
einer weiteren Verlängerung der Frist kommen.
7.
Liquidation der
Neugründung
Gesellschaft:
Zur
Anwendung
der
Grundsätze
der
wirtschaftlichen
Kernaussage
Die Grundsätze der wirtschaftlichen Neugründung finden auch in der Liquidation der Gesellschaft
Anwendung. Dies führt zu erheblichen Haftungsrisiken, sofern die wirtschaftliche Neugründung nicht
gegenüber dem Registergericht offengelegt wird. Es besteht dann nämlich eine Unterbilanzhaftung,
bezogen auf die Deckungslücke zwischen Stammkapital und dem Vermögen im Zeitpunkt der
wirtschaftlichen Neugründung.
Sachverhalt
Im Juli 2002 wurde die GmbH durch den Ehemann der Beklagten mit einem Stammkapital von 25.000
EUR gegründet. Im Dezember 2004 wurde die Auflösung der Gesellschaft beschlossen, weshalb im
Jahr 2005 der Geschäftsbetrieb ruhte. Im März 2006 wurde die Fortsetzung der GmbH beschlossen
20/25
und die Geschäfte wurden wieder aufgenommen. Im Mai 2006 trat der Ehemann seinen
Geschäftsanteil an die Beklagte ab, die sodann in einer Gesellschafterversammlung die Änderung der
Firma der GmbH beschloss. Im Dezember 2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen
der GmbH eröffnet und der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Er ist der Auffassung, die
Beklagte hafte wegen fehlender Offenlegung einer wirtschaftlichen Neugründung für die Differenz
zwischen dem Stammkapital und dem im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung vorhandenem Vermögen.
Der Bundesgerichtshof hob die stattgebenden Entscheidungen der Untergerichte auf und verwies die
Sache zurück.
Entscheidung
Auch bei der Reaktivierung von Liquidationsgesellschaften besteht die Gefahr einer Umgehung der
Gründungsvorschriften. Entsprechend einer werbenden Gesellschaft kommt eine wirtschaftliche
Neugründung allerdings nur bei der Wiederbelebung einer inaktiven Liquidationsgesellschaft in
Betracht. Allein die Zweckänderung von der Abwicklungsgesellschaft hin zu einer werbenden
Gesellschaft ist als solche keine wirtschaftliche Neugründung. Werden während der Abwicklungsphase
noch nennenswerte Liquidationstätigkeiten wahrgenommen, die auf den Schluss der Liquidation
zusteuern, kann nicht von einem Gesellschaftsmantel ausgegangen werden. Auf ein nach außen
gerichteten Geschäftsbetrieb komme es insoweit nicht an. Eine Haftung besteht zudem nur im Falle
einer Unterbilanz im Zeitpunkt der Anmeldung der Fortsetzung der Gesellschaft zum Handelsregister.
Konsequenz
Bei der Verwendung des "Mantels" einer inaktiven Abwicklungsgesellschaft sind wie bei der
Wiederbelebung einer ehemals werbenden Gesellschaft die Gründungsvorschriften zu beachten. Stets
ist zu prüfen, ob die Gründungsvorschriften entsprechend Anwendung finden
8.
Echte Rückwirkung: Klarstellung durch Gesetzgeber kann verfassungswidrig sein
Kernaussage
Eine klarstellende Feststellung geltenden Rechts durch den Gesetzgeber kann dann eine unzulässige
echte Rückwirkung sein, wenn mit dem Gesetz eine in der Gerichtsbarkeit offene Auslegungsfrage
entschieden oder eine davon abweichende Auslegung ausgeschlossen wird.
Sachverhalt
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist eine Bank, die eine Beteiligung an einem Investmentfonds
gewinnmindernd abschrieb. Fraglich war die steuerliche Berücksichtigung der Teilwertabschreibung
auf Beteiligungen bei Kapitalanlagegesellschaften, denn im Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften
(KAGG) fehlte ein Verweis zum Abzugsverbot solcher Verluste im Körperschaftsteuerrecht. Hierauf
reagierte der Gesetzgeber im Jahr 2003, indem er rückwirkend bis einschließlich für das Jahr 2001 die
Anwendbarkeit auch für Kapitalanlagegesellschaften statuierte. In der Begründung des
Regierungsentwurfs heißt es, es handle sich nur um eine "redaktionelle Klarstellung". Diese Regelung
hielt das Finanzgericht als unzulässige echte Rückwirkung für verfassungswidrig und legte die Frage
dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vor.
Entscheidung
Die Änderung ist eine unzulässige echte Rückwirkung, weil sie sich auf schon abgelaufene
Veranlagungszeiträume auswirkt und in bereits entstandene Steuerschulden eingreift. Eine solche
Rückwirkung ist nur ausnahmsweise erlaubt, wenn kein schutzwürdiges Vertrauen des
Steuerpflichtigen in den Fortbestand der geltenden Rechtslage besteht. Dies kann dann der Fall sein,
wenn das geltende Recht erkennbar verfassungswidrig war oder so verworren und unklar war, dass
eine Klärung unmittelbar bevorstand. Unerheblich ist, dass der Gesetzgeber eine Änderung als
Klarstellung bezeichnet, denn die Auslegung des Rechts obliegt ausschließlich den Gerichten. Klärt
der Gesetzgeber eine Auslegungsfrage, so liegt darin eine Rechtsänderung, die sich an den strengen
Anforderungen belastender rückwirkender Rechtsänderungen messen lassen muss. Allein die
mangelnde Eindeutigkeit der Regelung erschüttert nicht das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ihren
Bestand. Die rückwirkende gesetzliche Regelung ist nichtig, so dass die Gerichte nach der alten
Rechtslage durch Auslegung zu entscheiden haben.
21/25
Konsequenz
Das BVerfG hat die Anforderungen für rückwirkende Klarstellungen durch den Gesetzgeber verschärft
und das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die bestehende Rechtslage formuliert.
9.
Spirituelle Dienstleistungen: Kein Betriebsausgabenabzug
Kernproblem
Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Dabei kann der
Steuerpflichtige frei entscheiden, welche Aufwendungen er für seinen Betrieb tätigen will. Die Höhe der
Aufwendungen, die Notwendigkeit, Üblichkeit und Zweckmäßigkeit sind für die Anerkennung
grundsätzlich ohne Bedeutung. Die Grenzen der betrieblichen Veranlassung liegen jedoch dort, wo
nach objektiver Betrachtung ein sachlicher Zusammenhang mit dem Betrieb nicht mehr begründet
werden kann. Das hat das Finanzgericht (FG) Münster auch für die Kontaktaufnahme zu Gott
angenommen.
Sachverhalt
Der in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (KG) betriebene Einzelhandel mit Uhren,
Edelmetallwaren und Schmuck beantragte den Betriebsausgabenabzug für Zahlungen an einen
spirituellen Dienstleister. Dieser habe nach den Ausführungen des Geschäftsführers in Zeiten
schlechter Umsatzzahlen Kontakt zu Gott aufgenommen, damit mehr Kunden ins Geschäft kämen. So
sei der geschäftliche Erfolg gerade in den Jahren der Wirtschaftskrise auf diese Leistungen
zurückzuführen, zumal die KG in den betroffenen Jahren so gut wie keine anderen Werbemaßnahmen
mehr durchgeführt habe. Zwar lasse sich die spirituelle Verbindung mit dem höchsten Gott kaum nach
Dauer oder Erfolg aufzeichnen; bei der Frage, ob die Aufwendungen objektiv geeignet seien, käme es
jedoch allein auf die Sicht des Steuerpflichtigen an. Das Finanzamt lehnte den Abzug aufgrund der
langjährigen Kontakte zwischen dem Geschäftsführer und dem spirituellen Dienstleister sowie der
damit verbundenen privaten (Mit-)Veranlassung ab.
Entscheidung
Das FG Münster wies die Klage der KG ab, weil ein objektiver Zusammenhang zwischen den
Dienstleistungen und den Umsatzsteigerungen nicht erkennbar sei. Im Unterschied zu
Werbemaßnahmen (z. B. Zeitungsinseraten oder TV-Spots) bestehe kein wissenschaftlich fundierter
und empirisch belegter Erfahrungssatz, dass der geschäftliche Erfolg eines Unternehmens durch die
Kontaktaufnahme mit einem spirituellen Wesen (z. B. Gott) beeinflusst werden könne. Entgegen der
Auffassung der KG sei dabei nicht allein die subjektive Überzeugung ihres Geschäftsführers
ausreichend. Auf die Frage einer etwaigen privaten (Mit-)Veranlassung komme es mangels objektiven
Zusammenhangs mit dem Betrieb nicht mehr an.
Konsequenz
Das FG hat die private Mitveranlassung wahrscheinlich bewusst umschifft,
Aufteilungsproblematik aus dem Weg zu gehen. Die Revision wurde nicht zugelassen.
10.
um
einer
Zu § 8a Abs. 1 Nr. 2 KStG a. F.: "Sonst gleichen Umstände"
Kernaussage
Die unechte Rückwirkung des § 8a Abs. 1 Nr. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der im Jahr 2004
geltenden Fassung (a. F.) ist verfassungsgemäß. Für die Jahre vor 2004 sind gelockerte
Nachweispflichten anzuwenden. Der Nachweis, dass ein Darlehen unter sonst gleichen Umständen
auch von einem fremden Dritten gewährt worden wäre, ist jedoch nicht bereits dadurch erbracht, dass
das Darlehen zu ähnlichen Bedingungen gegeben wurde, wie sie der Konzernmutter durch den Dritten
eingeräumt wurden.
Sachverhalt
Die Klägerin (F-Inc.) ist eine in den USA ansässige Kapitalgesellschaft, die über zahlreiche
Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in Europa schließlich mittelbar an einer in Deutschland
ansässigen doppelstöckigen Personengesellschaft beteiligt war. Im Jahr 2000 hatte die deutsche F-KG
zahlreiche konzerninterne Darlehen aufgenommen, um den Erwerb der ebenfalls deutschen FWP-KG
zu finanzieren, an der die Klägerin mittelbar zu 100 % beteiligt war. Darunter befand sich auch ein von
der F-Inc. weitergeleistetes Darlehen in Höhe von 77,4 Mio. EUR. Der F-Inc. wurde von einem
Bankenkonsortium ohne Sicherheiten ein Gesamtdarlehen in Höhe von 1,15 Mrd. US-Dollar gewährt.
22/25
Zwischen Klägerin und Finanzgericht war streitig, in welchem Umfang die Zinsen gemäß § 8a KStG a.
F. als Betriebsausgaben zu berücksichtigen waren. Die F-Inc. vertrat entgegen der Finanzverwaltung
die Auffassung, dass die Voraussetzungen des Fremdvergleichs erfüllt gewesen seien, da sie das
Darlehen "bei sonst gleichen Umständen auch von einem fremden Dritten erhalten" hätte. Gegen die
Ablehnung des Finanzamts wurde Klage vor dem Finanzgericht (FG) Köln eingereicht.
Entscheidung
Die Finanzrichter wiesen die Klage ab. Die Schuldzinsen seien nach § 8a KStG a. F. nicht
abzugsfähig. Wenngleich die F-Inc. der FWP-KG das mittelbar gewährte Darlehen unter Konditionen
gewährte, die den ihr selbst eingeräumten Modalitäten entsprachen, stelle dies keinen wirksamen
Fremdvergleich dar. Die Richter sahen bereits deshalb keine "sonst gleichen Umstände" gegeben, da
die Konzernmutter über ein sehr weit höheres Vermögen verfügte und die Darlehensgläubiger somit
von einer sehr unterschiedlichen Haftungsmasse ausgehen konnten. Zugleich verneinte das Gericht
das Vorliegen einer echten Rückwirkung für Jahre vor 2004, da durch bestimmte Konzernstrukturen
die Anwendbarkeit von § 8a KStG a. F. ins Leere lief. Wegen grundsätzlicher Bedeutung ließ das
Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof jedoch zu.
Konsequenz
Fremdvergleichsgrundsätze bei Rechtsbeziehungen innerhalb der Konzernstruktur sind nach der
Entscheidung der Kölner Richter nicht bereits dadurch erfüllt, weil der Konzernmutter entsprechende
Konditionen gewährt wurden. Es ist sicherzustellen, dass Nachweise hinsichtlich des
Fremdvergleichsgrundsatzes stets für die jeweils konkret betroffene Gesellschaft erbracht werden
können.
11.
Verstoß gegen Berufsfreiheit bei Ausschluss von GmbH mit Doppelzulassung
Kernaussage
Es verstößt gegen die Berufsfreiheit, einer GmbH, zu der sich Rechts- und Patentanwälte
zusammengeschlossen haben, die doppelte Zulassung als Rechts- und Patentanwaltsgesellschaft zu
verwehren. Die jeweiligen Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und
Patentanwaltsordnung (PAO) zur Anteils- und Stimmrechtsmehrheit sowie der Leitungsmacht und
Geschäftsführermehrheit zugunsten der namensgebenden Berufsgruppe sind verfassungswidrig und
nichtig.
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin, eine in Gründung befindliche GmbH, beantragte eine doppelte Zulassung als
Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgesellschaft. Gründer und Gesellschafter sind seit Anfang 2009 2
Patentanwälte und ein Rechtsanwalt, die zu gleichen Teilen am Stammkapital beteiligt und zudem
einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer sind. Die Zulassungsanträge wurden abgelehnt und auch
die Klage blieb in allen gerichtlichen Instanzen erfolglos.
Entscheidung
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hob die berufsgerichtlichen Entscheidungen auf und verwies
die Sachen zurück. Durch die angegriffenen Entscheidungen wird die Beschwerdeführerin in ihrem
Grundrecht auf Berufsfreiheit verletzt. Soweit es der Zulassung einer Berufsausübungsgesellschaft von
Rechts- und Patentanwälten als Rechtsanwaltsgesellschaft entgegensteht, wenn nicht die Anteils- und
Stimmrechtsmehrheit sowie die Leitungsmacht und Geschäftsführermehrheit den Rechtsanwälten
überlassen ist, sind die Regelungen der BRAO mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit unvereinbar und
nichtig. Gleiches gilt für die Regelungen der PAO, die den Vorrang der Patentanwälte regeln. Die
angegriffenen Vorschriften sind nicht erforderlich, um die berufliche Unabhängigkeit, die Sicherstellung
der beruflichen Qualifikationsanforderungen und die Verhinderung von Berufsrechtsverstößen zu
erreichen, da dies bereits durch gesetzlich geregelte Berufspflichten sichergestellt ist. Zudem sind
solche Übergriffe wegen des weitgehend übereinstimmenden Berufsrechts nicht zu befürchten.
Konsequenz
Das BVerfG hat Rechts- und Patentanwälten mehr Möglichkeiten der Zusammenarbeit eröffnet. Die
berufsrechtliche Bindung ist für die Sicherstellung der Unabhängigkeit, der Qualitätsanforderungen und
zur Verhinderung von Berufsrechtsverstößen ausreichend.
23/25
12.
Erlass eines Feststellungsbescheids: Reicht bloßer Prüfungsauftrag aus?
Kernaussage
Allein den für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzämtern obliegen Entscheidungskompetenzen,
ob Grundbesitzwerte festzustellen sind. Wird eine Entscheidung durch ein anderes Finanzamt
getroffen, ist der ergangene Bescheid rechtswidrig.
Sachverhalt
Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte die Betriebsprüfungsstelle eine Anfrage an die
Bewertungsstelle des beklagten Finanzamts, die die Grundbesitzwerte für Zwecke der Prüfung einer
ergangenen Schenkungsteuererklärung feststellen sollte. Diese Anfrage basiert auf einen
Prüfungsauftrag vom originär zuständigen Finanzamt für Erbschaft- und Schenkungsteuer zur
Aufklärung der zur Besteuerung maßgeblichen Verhältnisse. Das beklagte Finanzamt führte den
Auftrag durch und erließ einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzes für
Zwecke der Schenkungsteuer, wogegen der Steuerpflichtige Einspruch und letztlich Klage erhob. Das
Finanzgericht (FG) gab dem Kläger Recht, denn der Bescheid war rechtswidrig. Allerdings wurde
wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache Revision zum BFH zugelassen.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG ist das für die Festsetzung der Steuer zuständige Finanzamt nicht berechtigt,
die ihm originär zustehende Entscheidungskompetenz, ob ein Grundbesitzwert festzustellen sei, auf
ein anderes Finanzamt – hier der Betriebsprüfungsstelle des Lagefinanzamtes - zu übertragen, da es
sich um eine gesetzlich zugewiesene Zuständigkeit handelt. Allein das originär zuständige Finanzamt
hätte die Entscheidung treffen müssen, ob Grundbesitzwerte festzustellen sind. Anschließend hätte es
aufgrund dieser Entscheidung ein anderes Finanzamt mit der Durchführung beauftragen können.
Konsequenz
Kraft Gesetztes zugewiesene sachliche Zuständigkeiten sind nicht frei disponierbar. Auch nachträglich
ergangene Genehmigungen helfen nicht ab. Erlässt ein anderes, als das zuständige Lagefinanzamt,
einen Feststellungsbescheid, kann sich der Steuerpflichtige unter Bezugnahme auf das vorliegende
Urteil auf dessen Rechtswidrigkeit berufen.
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1.
Zur Geschäftsführerhaftung: Nicht abgeführte Lohnsteuer an das Finanzamt
Kernaussage
Das Prinzip der Gesamtverantwortung eines jeden gesetzlichen Vertreters verlangt zumindest eine
gewisse Überwachung der Geschäftsführung im Ganzen. Selbst bei Vorliegen einer klaren,
eindeutigen und schriftlichen Aufgabenverteilung unter den Geschäftsführern muss der nicht mit den
steuerlichen Angelegenheiten einer Gesellschaft betraute Geschäftsführer einschreiten, wenn die
Person des anderen Geschäftsführers oder die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft dies erfordern.
Sachverhalt
Der Kläger war zusammen mit dem H. Geschäftsführer einer GmbH. Im Jahr 2010 war für die
beschäftigten Arbeitnehmer für mehrere Monate keine Lohnsteuer an das Finanzamt (FA) abgeführt
worden. Nach erfolglosen Vollstreckungsmaßnahmen bei der GmbH nahm das FA den Kläger mit
einem Haftungsbescheid in Anspruch. Der Kläger legte gegen den Haftungsbescheid Einspruch ein
und machte geltend, dass nach einer internen Zuständigkeitsvereinbarung nur der H. für die
Erledigung steuerlicher Aufgaben zuständig gewesen sei. Er selbst sei seiner Überwachungspflicht
nachgekommen, indem er sich in regelmäßigen Abständen darüber informiert habe, dass die
steuerlichen Pflichten der Gesellschaft erfüllt worden seien. Nach erfolglosem Einspruch klagte der
Kläger.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Trotz der internen Aufgabenverteilung haftet hier der Kläger. Aus dem
Prinzip der Gesamtverantwortung folgt die Pflicht zu einer gewissen Überwachung etwaiger anderer
Geschäftsführer. Zwar kann durch eine interne Aufgabeverteilung die Verantwortlichkeit des einzelnen
Geschäftsführers beschränkt werden. Allerdings muss diese Aufgabeverteilung schriftlich fixiert sein,
24/25
was vorliegend nicht der Fall war. Aber selbst bei Vorliegen einer klaren schriftlichen
Aufgabenverteilung muss der nicht mit den steuerlichen Angelegenheiten einer Gesellschaft betraute
Geschäftsführer einschreiten, wenn die Person des anderen Geschäftsführers oder die wirtschaftliche
Lage der Gesellschaft dies erfordern. Dies gilt etwa in finanziellen Krisensituationen. Außerdem muss
er dafür sorgen, dass er im Fall des Eintritts einer solchen Krise rechtzeitig davon erfährt. Vorliegend
fehlte es an einem Einschreiten, konkret hätte der Kläger darauf hinwirken müssen, dass die Löhne
nur gekürzt ausgezahlt werden und die Lohnsteuer abgeführt werden kann.
Konsequenz
Durch die rechtskräftige Entscheidung wird die Haftungsbeschränkung durch Ressortverteilung extrem
eingeschränkt und die Geschäftsführerhaftung ausgeweitet.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
25/25
BS WESTDEUTSCHLAND GmbH
Wirtschaftsprüfung ▪ Steuerberatung
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
- Villa Bredeney Frankenstraße 348
45133 Essen
Telefon: 02 01/8 78 56-0
Telefax: 02 01/8 78 56-33 oder -49
InfoService unter: www.bswest.de
E-Mail: [email protected]
Steuer-Nr.: 5112/5784/0165
Erfolgreiche Teilnahme am
System der Qualitätskontrolle
der WP-Kammer
Ihre Mandanteninformationen des Monats Mai 2014
Prüfungsgesellschaft für
Qualitätskontrolle
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im
Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende
Sachverhalte zu überprüfen.
Bitte lesen Sie im Einzelnen:
Inhalt
Privatbereich
1.
Kindergeld: Sind eigene Einkünfte des verheirateten Kindes relevant?
2.
"Syndikusanwälte": Keine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht
3.
Krankheitsbedingte Unterbringung im Wohnstift
4.
Erwerb eines mit Erbbaurecht belasteten Grundstücks: Kein Bewertungsabschlag
5.
Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen im Ehegattentestament
6.
Schenkung: Anforderungen an den Widerruf wegen groben Undanks
7.
Kostenerstattung nur bei zwingend vorgeschalteten Vorverfahren
8.
Teilnahme an einer Fernsehshow: Preisgeld ist steuerpflichtig!
9.
Photovoltaikanlage auf Hausdach: Kein Teilabzug privater Gebäudekosten
10.
Kinderbetreuungskosten: Zur Abzugsmöglichkeit
11.
Zur Berücksichtigung von Abschreibungen beim Nichteigentümer
12.
Zur Geltendmachung von Fremdwährungsverlusten
13.
FACTA-Abkommen: BMF legt Verordnung zur Umsetzung vor
14.
Auslandsspende innerhalb der EU: Zur Abzugsmöglichkeit
15.
Neue Steuerbescheide in NRW
16.
Zum Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht bei einem sanierungsbedürftigen und teilweise
leerstehenden Mehrfamilienhaus
17.
"Zahnarztfrau": Zur steuerlichen Beurteilung einer selbstständigen Tätigkeit
18.
Zur Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung
19.
Rückverkauf von Genussrechten: Überschuss kann Arbeitslohn sein
1/25
20.
Steuer-CDs: Zur Verwertbarkeit im Strafverfahren
21.
Zum heimischen Telearbeitsplatz eines Steuerberaters (Einkommensteuer)
22.
Unzureichender Behindertenschutz durch Pflichtteilsstrafklausel
23.
Zum Pflegekindschaftsverhältnis beim Kindergeld
24.
Kosten von Nahrungsergänzungsmitteln: Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung?
Unternehmer und Freiberufler
1.
BMF zur Aufteilung der Vorsteuer bei Gemeinkosten
2.
Vorsteuerabzug: Verweis auf Geschäftsunterlagen in Rechnungen zulässig
3.
Neues zu Bauleistungen
4.
Zum Umfang des Gemeinschaftsgebietes i. S. d. UStG
5.
Verlustausgleichbeschränkung für Steuerstundungsmodelle
6.
Stromversorger: Keine Steuererstattung bei Insolvenz oder Tod des Stromkunden
7.
Geldwäschebekämpfung: EU-Parlament verabschiedet neuen Gesetzentwurf
8.
SchwarzArbG: Zur Übermittlungspflicht von Daten i. R. e. Prüfung
9.
Zum steuerbegünstigten Veräußerungs- oder Aufgabegewinn
10.
Untervertretung: Anforderungen an sittenwidrige Kollision
11.
Fehlender Aufsichtsratsbericht: Verfassungsbeschwerde gegen Ordnungsgeld erfolgreich
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1.
Pensionszusage: Verdeckte Gewinnausschüttung wegen vorzeitiger Kapitalabfindung
2.
Versorgungszusage: Pensionsalter von beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer
3.
Gesellschafter-Geschäftsführer
Rentenzahlung
einer
GmbH:
Zur
verdeckten
Gewinnausschüttung
durch
Privatbereich
1.
Kindergeld: Sind eigene Einkünfte des verheirateten Kindes relevant?
Kernproblem
Für volljährige Kinder steht den Eltern Kindergeld zu, wenn sich die Kinder in Berufsausbildung
befinden und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Nach langjähriger Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) erlosch der Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind grundsätzlich mit
dessen Eheschließung, weil die Unterhaltsverpflichtung der Eltern infolge der Heirat und der
zivilrechtlich vorrangigen Verpflichtung des Ehegatten regelmäßig entfiel. Ein Anspruch auf Kindergeld
blieb nur erhalten, wenn die Einkünfte des Ehepartners für den vollständigen Unterhalt des Kindes
nicht ausreichten und das Kind auch nicht über ausreichende eigene Mittel verfügte (sogenannter
Mangelfall). Seit dem Jahr 2012 ist Kindergeld stets unabhängig von den eigenen Einkünften und
Bezügen des Kindes zu gewähren, soweit sich das Kind in Erstausbildung oder einem Erststudium
befindet. An der Rechtsauffassung der Familienkassen hat sich aber in Bezug auf verheiratete Kinder
nichts geändert. Diesmal klagte eine Mutter, deren verheiratete Tochter über ausreichendes
Einkommen verfügte.
Sachverhalt
Für ihre 24-jährige Tochter beantragte eine Mutter im Jahr 2013 Kindergeld. Die Tochter war seit dem
Jahr 2010 verheiratet und absolvierte ein Erststudium der Rechtswissenschaften. Ihr Ehemann befand
sich in Ausbildung und erhielt ein geringes Schulgeld von jährlich ca. 3.000 EUR. Durch ein
Stipendium und eine Beschäftigung als Wissenschaftliche Hilfskraft standen der Tochter mehr als
2/25
10.000 EUR im Jahr zur Verfügung. Die Familienkasse lehnte die Auszahlung von Kindergeld ab, weil
sich die Tochter selbst unterhalten könne und ein Mangelfall nicht vorliege. Dagegen klagte die Mutter
vor dem Niedersächsischen Finanzgericht (FG), weil der grundsätzlich unterhaltsverpflichtete
Ehemann der Tochter nur über geringes Einkommen verfüge und damit ein Mangelfall vorläge. Eigene
Einkünfte und Bezüge der Tochter im Erststudium seien seit dem Jahr 2012 unerheblich.
Entscheidung
Das FG hat der Mutter das Kindergeld zugesprochen, aber die (bereits anhängige) Revision beim BFH
zugelassen. Da sich das Kind in Erstausbildung beziehungsweise dem Erststudium befinde, sei eine
Überprüfung der Einkünfte und Bezüge nach der Neufassung der Kindergeldregelung nicht mehr
erforderlich. Das müsse auch gelten, wenn das Kind bereits verheiratet sei, denn aus dem Wortlaut der
Regelung sei nicht zu entnehmen, dass der Familienstand zu berücksichtigen ist. Dem stehe auch die
Rechtsprechung des BFH zum "Mangelfall" nicht mehr entgegen, nachdem der Gesetzgeber in Kauf
genommen habe, dass auch für Kinder mit hohem eigenem Einkommen Kindergeld gezahlt werde. Die
einschlägigen Verwaltungsanweisungen der Familienkassen binden dagegen nur die Verwaltung, nicht
die Gerichte.
Konsequenz
Alle hiervon betroffenen Eltern sollten das Kindergeld rückwirkend ab Januar 2012 beantragen, soweit
das verfahrensrechtlich möglich ist. In einem ähnlichen Fall hat der BFH bereits entschieden, dass der
Mangelfallrechtsprechung die Grundlage entzogen sei.
2.
"Syndikusanwälte": Keine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht
Kernaussage
Abhängig beschäftigten "Syndikusanwälten" steht kein Befreiungsanspruch in der gesetzlichen
Rentenversicherung zu. Für diejenigen, die bereits von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht
zugunsten der berufsständischen Versorgungswerke befreit sind, soll sich aus Gründen des
Vertrauensschutzes nichts ändern.
Sachverhalt
Die Kläger der 3 Ausgangsverfahren hatten bei der beklagten Deutschen Rentenversicherung Bund
die Befreiung in der gesetzlichen Rentenversicherung beantragt. Die Anträge wurden abgelehnt, weil
die Kläger in ihren jeweiligen Beschäftigungen keine anwaltliche Tätigkeit ausübten. Die
Entscheidungen der Landessozialgerichte differierten: Das Landessozialgericht (LSG) NordrheinWestfalen vertrat die Auffassung, dass eine Befreiung im Falle eines Arbeitsverhältnisses mit einem
nichtanwaltlichen Arbeitgeber generell nicht möglich sei. Unterschiedlich urteilten die Senate des LSG
Baden-Württemberg, wonach die Befreiung möglich sein sollte, sofern die Beschäftigung weder die
Versagung oder Rücknahme der Anwaltszulassung noch ihren Widerruf rechtfertige oder aber
bezüglich der zu beurteilenden Tätigkeit die kumulative Erfüllung der Merkmale Rechtsberatung, entscheidung, -gestaltung und -vermittlung vorliegen müssen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat alle
3 Klagen abgewiesen.
Entscheidung
Die Regelungen des SGB VI verlangen für die Möglichkeit der Befreiung, dass der Betroffene durch
ein und dieselbe Tätigkeit gesetzlich zur Mitgliedschaft in 2 verschiedenen Versorgungseinrichtungen
gezwungen ist. Die Beschäftigung also die Versicherungspflicht in beiden Systemen auslöst. Diese
Voraussetzung ist nicht erfüllt. Die Tätigkeit als angestellter Mitarbeiter eines Unternehmens ist
wesensverschieden von der Tätigkeit des Rechtsanwalts. Unabhängiges Organ der Rechtspflege und
damit Rechtsanwälte sind die Unternehmensjuristen somit nur in ihrer freiberuflichen,
versicherungsfreien Tätigkeit außerhalb ihres Dienstverhältnisses.
Konsequenz
Wer bereits eine Befreiung erlangt hat, muss voraussichtlich nicht mit einer Aufhebung eben dieser
rechnen. Allerdings besteht der Vertrauensschutz nur, soweit es zu keiner Änderung des
Beschäftigungsverhältnisses kommt. Bei Änderungen von Anstellungsverträgen ist dies zu bedenken.
3.
Krankheitsbedingte Unterbringung im Wohnstift
Kernaussage
Die Kosten der krankheitsbedingten Unterbringung in einem Wohnstift sind insgesamt als
3/25
außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Dies gilt für die gesamten Aufwendungen, soweit diese
nicht außerhalb des üblichen Rahmens liegen.
Sachverhalt
Die pflegebedürftige Klägerin bewohnte ein Apartment mit einer Größe von rund 75 qm in einem
Seniorenwohnstift. Für die gesamten Unterbringungskosten, darin enthalten unter anderem eine
ganztägige Grundbetreuung, Therapieangebote, ständige Notrufbereitschaft, Versorgung sowie
Grundpflege, entrichtete sie ein Pauschalentgelt. Pflegeleistungen wurden hingegen aufgrund eines
gesonderten Vertrags abgerechnet. Die Klägerin machte die gesamten Kosten in ihrer
Einkommensteuererklärung geltend. Das Finanzamt folge dem Ansatz daraufhin nicht. Hiergegen
wurde Klage vor dem Finanzgericht (FG) eingereicht.
Entscheidung
Die Richter des FG folgten zunächst dem Finanzamt. Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) wurde das
Urteil jedoch aufgehoben und zwecks Feststellung der Üblichkeit der Apartmentgröße an das FG
zurück verwiesen. Nach Auffassung der höchsten Finanzrichter erwachsen sämtliche geltend
gemachten Kosten zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG und sind demzufolge als außergewöhnliche
Belastung abzugsfähig. Dies gelte sowohl für die Pflege- als auch für die pauschal berechneten
Unterbringungskosten. Die konkrete Höhe der abzugsfähigen Aufwendungen berechne sich anhand
der Gesamtkosten, soweit diese nicht unüblich sind, abzüglich der eintretenden Haushaltsersparnis.
Konsequenz
Sämtliche Kosten einer krankheitsbedingten Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung erwachsen
zwangsläufig und sind als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig. Die Thematik der
Abzugsfähigkeit derartiger Kosten wird in Zukunft stetig an Bedeutung gewinnen, da durch den
ratierlichen Anstieg der Rentenversteuerungsquote bis hin zur vollen Rentensteuerpflicht im Jahr 2040
mehr und mehr Rentner Einkommensteuer zu zahlen haben werden.
4.
Erwerb eines mit Erbbaurecht belasteten Grundstücks: Kein Bewertungsabschlag
Rechtslage
Mit einem Erbbaurecht belasteter Grundbesitz wird im Rahmen der Erbschaftsteuer mit dem
abgezinsten Bodenwert zuzüglich des kapitalisierten Erbbauzinses bewertet. Soweit der
erbbaurechtsbelastete Grundbesitz bebaut ist, kommt es zu einer Erhöhung dieser Bewertung um den
Gebäudewert, wenn das Gebäude bei Ende des Erbbaurechts mit einem Wert, der unter seinem
Verkehrswert liegt, oder gar nicht abgefunden wird. Das Finanzgericht Düsseldorf hatte nunmehr
darüber zu entscheiden, ob auf diesen Wert, wenn die Erbbauimmobilie vermietet ist, der
Bewertungsabschlag für Vermietungsobjekte im Rahmen der Erbschaftsteuer zu gewähren ist.
Sachverhalt
Der Kläger hatte vom Erblasser einen Anteil an einem mit einer Vermietungsimmobilie bebauten,
erbbaurechtsbelasteten
Grundstück
durch
Erbfall
erworben.
Im
Rahmen
der
Erbschaftsteuerveranlagung bewertete das Finanzamt den Grundbesitz nach den allgemeinen
Bewertungsregelungen für Erbbaurechte; ein Gebäudewert wurde nicht angesetzt, da das Gebäude
zum Verkehrswert bei Erbbaurechtsende abgefunden werden musste. Mit seiner Klage verfolgte der
Kläger das Ziel auf die Bewertung des Finanzamtes den Bewertungsabschlag für Vermietungsobjekte
zu erhalten.
Entscheidung
Die Klage wurde abgewiesen, die Revision zum Bundesfinanzhof aber zugelassen. Zur Begründung
stellt das Finanzgericht Düsseldorf darauf ab, dass der Kläger lediglich einen Anteil an dem mit dem
Erbbaurecht belasteten Grundstück erhalten habe. Hiervon sei die Immobilie, die aufgrund des
Erbbaurechts errichtet worden sei (aber nicht bzw. nicht in dieser Form hätte errichtet werden müssen,
weil der Erbbauberechtigte mit dem Erbbaurecht lediglich die Nutzung des Grundbesitzes erhalte), zu
trennen. Nur für die Wohnungsimmobilie werde aber der Bewertungsabschlag für Vermietungsobjekte
gewährt.
Konsequenz
Es bleibt zu abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof in der Sache entscheidet. Allerdings erscheint die
Entscheidung des Finanzgerichts zutreffend, denn der Kläger erwirbt hier tatsächlich nur einen Anteil
4/25
am Grundbesitz, nicht aber an der Immobilie; dies gilt jedenfalls dann, wenn Eigentum am Grundbesitz
und Stellung als Erbbauberechtigter, also "Immobilienbesitzer", auseinander fallen.
5.
Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen im Ehegattentestament
Rechtslage
Haben Ehegatten ein gemeinschaftliches Ehegattentestament errichtet und will einer der Ehegatten
seine letztwilligen Verfügungen widerrufen, ist dies nur unter besonderen formellen Voraussetzungen
möglich. So muss dem anderen Ehegatten mindestens eine Ausfertigung des notariell beglaubigten
Widerrufs zugestellt werden. Andernfalls kommt er - auch wenn die Ehegatten getrennt leben - nicht
von seinen letztwilligen Verfügungen frei. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte nunmehr darüber zu
entscheiden, ob die Zustellung der Ausfertigung des notariell beglaubigten Widerrufs nachgeholt
werden kann.
Sachverhalt
Ein Erblasser hatte im Jahre 1994 mit seiner Ehefrau ein gemeinschaftliches Ehegattentestament
errichtet, in dem sich die Ehegatten wechselseitig zu Erben eingesetzt hatten. Im Jahre 1997 trennten
sich die Ehegatten, ohne sich scheiden zu lassen. Im Jahre 2007 beurkundete der Erblasser seinen
Widerruf des gemeinschaftlichen Ehegattentestamentes vor einem Notar und stellte seiner Frau eine
beglaubigte Abschrift der Ausfertigung des Widerrufs über einen Gerichtsvollzieher zu. 5 Monate
später - der Erblasser war zwischenzeitlich verstorben und hatte ein neues Testament zugunsten
seiner Lebensgefährtin errichtet - ließ der beurkundende Notar der Ehefrau eine Ausfertigung des von
ihm beurkundeten Widerrufs zustellen.
Entscheidung
In dem Rechtsstreit zwischen der Ehefrau und der Lebensgefährtin hatte das Gericht über die
Wirksamkeit des Widerrufs zu entscheiden und entschied, dass der wirksame Widerruf einer
Erbeinsetzung durch wechselbezügliche Verfügungen in einem Ehegattentestament den Zugang der
Urschrift (= Original) oder einer Ausfertigung der notariell beurkundeten Widerrufserklärung
voraussetze. Der Zugang einer "geringeren" Form der Widerrufserklärung sei nicht ausreichend.
Darüber hinaus könne - jedenfalls im konkreten Fall - der Zugang der korrekten Form des Widerrufs
auch nicht nachgeholt werden; ein zeitlicher Abstand von 5 Monaten sei hierfür zu groß.
Konsequenz
Die Entscheidung mutet formalistisch an. Sie zeigt jedoch die Fallstricke, die in formalen Tatbeständen
des Erbrechts lauern. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil eine Korrektur dieser Tatbestände aus
Treu- und Glaubens-Erwägungen regelmäßig nicht in Betracht kommt.
6.
Schenkung: Anforderungen an den Widerruf wegen groben Undanks
Rechtslage
Schenkungen können, wenn der Beschenkte gegenüber dem Schenker groben Undank an den Tag
legt, widerrufen werden. Regelmäßig wird dieser angenommen, wenn der Beschenkte gegenüber dem
Schenker eine Straftat ausübt. Ausreichend ist aber, dass objektiv eine Verfehlung mit einer gewissen
Schwere und subjektiv eine undankbare Gesinnung des Beschenkten vorliegt. Der Bundesgerichtshof
hatte nunmehr Gelegenheit, die Grenzen des Undanks zu bestimmen.
Sachverhalt
Der Schenker hatte dem Beschenkten eine Immobilie gegen lebenslanges Wohnrecht übertragen.
Zugleich war der Beschenkte umfassend bevollmächtigt worden. Nach einer Erkrankung des
Schenkers war zunächst eine Kurzzeitpflege und anschließend die Rückkehr in die Immobilie
besprochen worden. Anstelle dessen brachte der Beschenkte den Schenker auf der Basis der ihm
erteilten Vollmachten dauerhaft in einer Pflegeeinrichtung für Demenzkranke unter. Hiergegen wehrte
sich der Schenker unter Zuhilfenahme von Bekannten. Der Beschenkte stieß ein Betreuungsverfahren
an und untersagte Dritten jeden Kontakt zum Schenker. Schließlich widerrief der Schenker die
Schenkung wegen groben Undanks und verlangte die Immobilie zurück. Die Klage wurde zuletzt durch
das Berufungsgericht abgewiesen, weil der Beschenkte aufgrund medizinischer Gutachten davon
ausgehen konnte, dass der Schenker geschäftsunfähig gewesen sein könnte.
Entscheidung
Diese Entscheidung wurde vom Bundesgerichtshof verworfen und die Sache zur erneuten
5/25
Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück verwiesen. Denn das
Berufungsgericht hat außer Acht gelassen, dass der Schenker - unabhängig von der Frage seiner
Geschäftsfähigkeit - erwarten durfte, dass sein Recht auf personelle Selbstbestimmung durch den
Beschenkten (und Bevollmächtigten) respektiert werde. Mit anderen Worten, das Berufungsgericht
wird klären müssen, ob es eine ausreichend schwere Verfehlung darstellt, wenn der Beschenkte
Betreuungs- und Pflegemaßnahmen im Vorfeld nicht mit dem Schenker bespricht und ob der
Beschenkte in schädlicher Gesinnung gehandelt hat.
Konsequenz
Die Entscheidung hat 2 Stoßrichtungen. Zum einen hindert die Geschäftsunfähigkeit des Schenkers
die Geltendmachung des Rückforderungsanspruches nicht automatisch. Zum anderen kann es in
Abhängigkeit der neuen Entscheidung des Berufungsgerichts dazu kommen, dass die Grenzen groben
Undanks in Pflegefragen verhältnismäßig früh einsetzen.
7.
Kostenerstattung nur bei zwingend vorgeschalteten Vorverfahren
Kernaussage
Die Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten für seine Tätigkeit in einem zwingend
vorgeschalteten Vorverfahren - wie dem Einspruchsverfahren - sind erstattungsfähig, wenn das
Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht ein
Steuer- oder Feststellungsbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, so kann der
Steuerpflichtige jederzeit bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist einen Änderungsantrag stellen, da der
Fall aufgrund des Vorbehalts in vollem Umfang offen ist. Dies ist allerdings kein zwingendes
Vorverfahren, weshalb die Kosten nicht erstattungsfähig sind.
Sachverhalt
Die Parteien erklärten in einem finanzgerichtlichen Verfahren die Hauptsache für erledigt. Dem
beklagten Finanzamt wurden die Kosten auferlegt, allerdings wurden die Kosten des
außergerichtlichen Verfahrens nicht für erstattungsfähig erklärt. Dem widersprach der
Prozessbevollmächtigte des Klägers. Er hatte vor Klageerhebung einen Antrag auf Aufhebung des
Vorläufigkeitsvermerks gestellt. Dies sei die gebotene kostengünstigste Möglichkeit gewesen, die
Bescheide innerhalb der verbleibenden Klagefrist zu überprüfen. Als Kosten des Vorverfahrens seien
auch diese Kosten zu erstatten, da sie der Vermeidung eines Rechtsstreits dienten. Das Finanzgericht
wies die Erinnerung zurück.
Entscheidung
Nur die Kosten für das dem gerichtlichen Verfahren vorausgegangene Vorverfahren sind im
finanzgerichtlichen Verfahren erstattungsfähig. Im Streitfall war dies das Einspruchsverfahren. Weil der
Prozessbevollmächtigte nicht im Einspruchsverfahren tätig wurde, konnte seine Zuziehung auch nicht
für notwendig erklärt werden. Von diesem Grundsatz kann im Rahmen der Kostenfestsetzung aus
Billigkeitsgründen nicht abgewichen werden.
Konsequenz
Insbesondere im Hinblick auf Massenverfahren werden Steuerbescheide in einem bestimmten Punkt
unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen. Ein Einspruch wird mangels Rechtsschutzbedürfnis
zurückgewiesen. Wird der Steuerpflichtige auf ein anderweitiges Verfahren verwiesen, erscheint es
nicht zwingend sachgerecht, die Kostenerstattung hierfür zu versagen.
8.
Teilnahme an einer Fernsehshow: Preisgeld ist steuerpflichtig!
Kernproblem
Wer bei einer Quizsendung wie "Wer wird Millionär" den Jackpot gewinnt, kann sich glücklich
schätzen, denn der Gewinn geht ohne das Handaufhalten des Fiskus auf das eigene Bankkonto über.
Gleiches gilt bei Lotto, Toto und Roulette, also bei reinen Glücksspielen. Dagegen kann schon beim
Pokern der Spaß vorbei sein. Das gilt zumindest seit dem vorletzten Jahr, denn da hat das
Finanzgericht (FG) Köln einem hauptberuflichen Flugpiloten, der sich in der Szene zum bekannten
Pokerspieler gemausert hatte, gewerbliche Einkünfte unterstellt, die er seiner "Geschicklichkeit" zu
verdanken habe - und nicht dem Glück. Hier hat der Bundesfinanzhof (BFH) das letzte Wort. Bereits
entschieden ist die Steuerpflicht von Gewinnen bei Fernsehsendungen wie "Big Brother" oder "Mein
großer, dicker, peinlicher Verlobter". Hier waren die Gewinne (im letztgenannten Fall von 250.000
6/25
EUR) als sonstige Einkünfte zu versteuern, weil der BFH eine "Leistung" des Kandidaten gegenüber
dem Produzenten oder Fernsehsender vermutet hat, für die das Preisgeld ein Entgelt ist. Das FG
Münster kommt jetzt beim Gewinner der Fernsehshow "Die Farm" zum gleichen Ergebnis.
Sachverhalt
Nach Medienberichten vereinnahmte der Sieger der RTL Reality-Show einen Betrag von 50.000 EUR.
Zudem gab es "Anwesenheitspauschalen" für den Gewinner und die 11 Mitstreiter, die bis zu 7
Wochen ohne Wasser und Strom auf einem abgelegenen und verlassenen Bauernhof in Norwegen
lebten. Dabei mussten sie sich ihre Nahrung durch Ackerbau und Viehhaltung selbst erwirtschaften. In
Ausscheidungsspielen wie Axtwerfen, Melken oder Tauziehen wurde ermittelt, wer den Bauernhof
verlassen musste. Dem Gewinner des letzten Spiels wurde vertraglich ein Projektgewinn zugesagt.
Das Finanzamt des "Farmers des Jahres" behandelte Siegprämie und Pauschale als sonstige
Einkünfte. Der bis dahin glückliche Gewinner sah dagegen die Einnahmen als stark zufallsabhängig
und wie Glücksspiele nicht steuerbar an; so hätten z. B. die Kandidaten beim Wettmelken nicht
beeinflussen können, ob die Kuh den Eimer umstößt. Ob das die Richter überzeugte?
Entscheidung
Das FG setzte noch einen drauf, denn neben Siegprämie und Pauschale waren auch Sachbezüge für
Unterkunft und Verpflegung zu versteuern. Dafür durften die für Norwegen geltenden
Verpflegungsmehraufwendungen angerechnet werden. Die Begründung gleicht dem "Big Brother"
Urteil des BFH: Die Einnahmen wurden als Gegenleistung für die Teilnahme an der Show, die ständige
Anwesenheit sowie der Überlassung der Verwertungsrechte am Bild- und Tonmaterial gewährt.
Dagegen war die Zufallskomponente zu vernachlässigen und der Gewinn eigener Kraft,
Geschicklichkeit und Wissen zu verdanken.
Konsequenz
Wer an solchen Fernsehformaten teilnimmt, muss die Steuerpflicht der Gewinne einplanen. Das
Thema ist höchstrichterlich geklärt, weshalb auch keine Revision vor dem BFH zugelassen wurde.
9.
Photovoltaikanlage auf Hausdach: Kein Teilabzug privater Gebäudekosten
Kernproblem
Wer eine Photovoltaikanlage mit Gewinnabsicht betreibt und Einnahmen aus der Einspeisung des
Stromes in das Netz generiert, erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Was den ertragsteuerlichen
Umgang mit gemischten Aufwendungen angeht, die mit dem Betrieb der Anlage unweigerlich
verbunden sind, ist bisher höchstrichterlich weitestgehend noch ungeklärt. Das Finanzgericht (FG)
München hat entschieden, dass die vor der Installation der Photovoltaikanlage angefallenen
Aufwendungen im Zusammenhang mit der Sanierung des Daches des im Übrigen privat genutzten
Gebäudes teilweise betrieblich veranlasster Erhaltungsaufwand sind. Rechtssicherheit ist allerdings
nicht eingetreten, denn der Bundesfinanzhof (BFH) muss das Urteil in der Revision prüfen. Das hat er
jetzt bereits in einem anderen Fall getan.
Sachverhalt
Ein Landwirt hatte auf dem Dach zweier Hallen jeweils eine Photovoltaikanlage installiert und den
erzeugten Strom in das öffentliche Netz eingespeist. Die Hallen überließ er zu einem geringen Mietzins
der Ehefrau, die darin eine Pferdepension betrieb und eine Mutterkuhherde hielt. Nachdem das
Finanzamt die Vermietung der beiden Hallen wegen Liebhaberei nicht anerkennen wollte, beantragte
der Landwirt die Minderung der gewerblich deklarierten Einspeisevergütungen um die durch den
Betrieb der Photovoltaikanlage veranlassten (anteiligen) Hallenkosten. Den Abzug als
Aufwandseinlage lehnten Finanzamt und Finanzgericht Köln jedoch ab.
Entscheidung
Der BFH verwehrte den Abzug der anteiligen Kosten als Betriebsausgabe mit der Begründung, dass
sich die Aufwendungen nicht nachvollziehbar zwischen der privaten Hallennutzung und der
gewerblichen Hallen(dach)nutzung aufteilen ließen. Die Richter bewerten die Photovoltaikanlage und
die Hallen als jeweils eigenständige Wirtschaftsgüter, die nicht (auch nicht teilweise) zum
Betriebsvermögen des Betriebs "Stromerzeugung" gehören. Das Dach diene gleichzeitig als
Fundament der Anlage und Schutz der Innenräume vor Witterungseinflüssen. Diese Funktionen seien
untrennbar miteinander verbunden und der jeweilige Funktionsteil nicht quantifizierbar. Auch die
7/25
umsatzsteuerlich zur Aufteilung von Vorsteuern zugelassene Aufteilung nach dem Verhältnis der
tatsächlich oder abstrakt erzielbaren Mieten für die Halle und der Dachfläche käme ertragsteuerlich
nicht in Betracht.
Konsequenz
Für die privaten Betreiber einer Solaranlage hat das Urteil die positive Konsequenz, dass das private
Wohnhaus nicht anteilig zum notwendigen Betriebsvermögen wird. Wer dennoch auf den Abzug der
Kosten aus ist, kann Verfahren mit Hinweis auf die Revision zum Urteil des FG München offenhalten.
10.
Kinderbetreuungskosten: Zur Abzugsmöglichkeit
Kernproblem
Kinderbetreuungskosten werden steuerlich grundsätzlich bis zum 14. Lebensjahr des Kindes mit bis zu
2/3 der Aufwendungen, höchstens jedoch 4.000 EUR je Kind, gefördert. Ab dem Jahr 2012 ist die
Unterscheidung zwischen erwerbsbedingten und privaten Betreuungskosten entfallen und ein Abzug
nur noch als Sonderausgaben möglich. Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer
Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen werden nicht gefördert. Vor dem Jahr
2012 galt im Fall zusammenlebender Ehegatten, dass beide Elternteile einer Erwerbstätigkeit
nachgehen mussten. War das nicht der Fall, blieb nur eine Förderung für Kinder im Alter zwischen 3
und 6 Jahren. An den Abzugsbeschränkungen gibt es Kritik, insbesondere beim Vorliegen einer
überdurchschnittlichen Kinderzahl in der Familie.
Sachverhalt
Die Eltern beantragten den Abzug von Kinderbetreuungskosten ihrer 3 Kleinkinder (1, 2 und 3 Jahre),
die sich aus Beiträgen für Kindergarten und Krabbelgruppe sowie ein beschäftigtes Au-Pair-Mädchen
zusammensetzten. Der Vater war selbständig, die Mutter ausgebildete Ärztin, jedoch nicht
erwerbstätig. Deswegen wurde der Abzug der Au-Pair-Kosten im Streitjahr 2008 anteilig für die unter
3-jährigen gekürzt. Die Eltern zogen mit dem Antrag des uneingeschränkten Abzugs über die durch
Gesetz zugelassene Möglichkeit vor Gericht.
Entscheidung
Die Eltern scheiterten mit ihrem Antrag beim Bundesfinanzhof (BFH), nachdem dieser die
Abzugsbeschränkungen als verfassungsgemäß eingeschätzt hatte. In ihrer Begründung wiesen die
Richter daraufhin, dass der BFH zwar in einem anderen Verfahren angedeutet habe, dass der
Gesetzgeber
bei
Ausgestaltung
der
Abzugstatbestände
möglicherweise
weitere
Zwangsläufigkeitsgründe hätte einbeziehen müssen. Das könne insbesondere dann gelten, wenn bei
Erwerbstätigkeit des einen Elternteils eine größere Zahl minderjähriger Kinder zu betreuen sei und dies
den Bedarf an Fremdbetreuung erfordere. Das sah der BFH aber im Streitfall bei 3 Kindern im Alter
von bis zu 3 Jahren als nicht gegeben an, zumal für das älteste der 3 Kinder ein Abzug der
Kinderbetreuungskosten verblieb. Zudem verwies der Senat auf andere ausgleichende sozialrechtliche
Maßnahmen des Gesetzgebers außerhalb des Steuerrechts (z. B. Bundeselterngeld- und
Elternzeitgesetz).
Konsequenz
Im vergleichbaren Fall einer Mutter, die wegen Schwangerschaft und Stillzeit keine Erwerbstätigkeit
ausübte, ist bereits eine Verfassungsbeschwerde anhängig. Auch die aktuelle Beurteilung des
Gerichts, nach der eine besondere Betreuungssituation bei 3 Kindern nicht vorliege, steht in der Kritik.
Daher ist zu empfehlen, Verfahren vor 2012 offen zu halten.
11.
Zur Berücksichtigung von Abschreibungen beim Nichteigentümer
Kernproblem
Wenn ein Selbständiger seine berufliche Tätigkeit in der eigenen Immobilie ausübt, werden die
betrieblich genutzten Räume zu notwendigem Betriebsvermögen. Im Fall einer Betriebsaufgabe oder
Veräußerung der Immobilie sind die darin enthaltenen stillen Reserven zu versteuern. Um diese
steuerlichen Folgen zu vermeiden, wird in der Praxis eine Immobilie häufig durch den Ehegatten des
Betriebsinhabers erworben, der diese dann an ihn weitervermietet. Wird das Mietverhältnis steuerlich
anerkannt, erzielt der vermietende Ehegatte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und kann
theoretisch nach Ablauf von 10 Jahren steuerfrei über seine Immobilie verfügen. Wird das
8/25
Mietverhältnis vom Finanzamt nach einem Fremdvergleich nicht anerkannt, besteht die Gefahr, dass
die Kosten als sogenannter Drittaufwand ins Leere laufen.
Sachverhalt
In dem typischen Ausgangsfall hatte die Ehefrau eine Immobilie an ihren Ehemann vermietet, der
hierin eine Praxis für Naturheilkunde betrieb. Zins- und Tilgungsleistungen des von der Ehefrau
aufgenommen Darlehens wurden von einem gemeinsamen Konto der Ehegatten geleistet, das
überwiegend von den Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit finanziert wurde. Das Mietverhältnis
wurde steuerlich nicht anerkannt, weil u. a. Nebenkosten nicht abgerechnet wurden und eine
vorgesehene Anpassung der vereinbarten Staffelmiete unterblieb. Das Finanzamt verweigerte auch
den Abzug von Abschreibungen und Finanzierungskosten beim Ehemann, weil die Ehegatten den
Aufwand gemeinsam getragen hätten und dann die Zurechnung der Aufwendungen der Entscheidung
der Ehegatten folge, getrennt Eigentum zu erwerben. Hiergegen wurde die Klage beim Finanzgericht
(FG) Düsseldorf anhängig.
Entscheidung
Das FG ließ den Abzug der Aufwendungen beim Ehemann zu und berief sich dabei auf die
Grundsatzentscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Jahr 1999. Die Berechtigung zur
Vornahme von Abschreibungen setze nicht das Eigentum am Wirtschaftsgut voraus, für das die
Aufwendungen getätigt wurden. Ausschlaggebend sei vielmehr, ob der Steuerpflichtige die
Aufwendungen selbst im betrieblichen Interesse trage, denn das Nettoprinzip gebiete den Abzug auch
dann, wenn und soweit die Aufwendungen auf in fremdem Eigentum stehende Wirtschaftsgüter
erbracht werden. Hieran hatte der Senat unabhängig von der schuldrechtlichen Zuordnung keinen
Zweifel, weil die Mittel aus den Einnahmen des Ehemanns stammten.
Konsequenz
Der Aufwand aus der Anschaffung wird bilanztechnisch wie ein materielles Wirtschaftsgut behandelt
und nach den für Gebäude geltenden Regeln abgeschrieben. Die Finanzverwaltung hat jedoch die
Revision beim BFH eingelegt.
12.
Zur Geltendmachung von Fremdwährungsverlusten
Kernaussage
Um Verluste aus der Veräußerung von Fremdwährung geltend zu machen, kommt es auf die
Anschaffungskosten und dem Veräußerungspreis im Zeitpunkt des Entstehens an. Ein Saldieren des
in ausländischer Währung errechneten Währungsgewinns/-verlusts zum Veräußerungszeitpunkt ist
nicht gestattet.
Sachverhalt
Im Januar 1998 erwarb die Klägerin für 1,088 Mrd. DM 600 Mio. US-$. Am gleichen Tag kaufte sie
4,85 Mio. Anteile an einem Fonds in US-$. Im Dezember 1998 wurden 2,94 Mio. Anteile des Fonds
verkauft und ein Nettoerlös von 380 Mio. US-$ erzielt. 310 Mio. US-$ wurden davon in das USGeschäft der Klägerin eingelegt und 70 Mio. US-$ im Januar 1999 in 117,6 Mio. DM eingetauscht. Die
Klägerin erklärte nun einen Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften von 9,4 Mio. DM. Der
Verlust ergibt sich aus den im Januar 1998 angeschafften 70 Mio. US-$ für 127 Mio. DM und dem
Rücktausch im Januar 1999 zu 117,6 Mio. DM. Das Finanzamt (FA) erkannte jedoch nur einen Verlust
von 91.326 DM an, da auf Dezember 1998 und nicht Januar 1998 abzustellen sei. Das Finanzgericht
(FG) wies die Klage ab.
Entscheidung
Die Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH) blieb ebenfalls erfolglos. Nach Ansicht des BFH
berechnete das FG den Wechselkursverlust zutreffend unter Zugrundelegung der Werte aus
Dezember 1998. Private Veräußerungsgeschäfte unterliegen, auch bei der Erzielung von Verlusten,
als sonstige Einkünfte der Einkommensteuer. Die Fremdwährung wurde angeschafft, indem sie gegen
die nationale Währung getauscht wurde. Ihr Verkauf erfolgte, indem sie gegen die nationale Währung
zurückgetauscht oder in eine andere Währung getauscht wurde. Fremdwährungsguthaben und
Fondsanteile stellen jeweils eigenständige Wirtschaftsgüter dar. Mit dem Kauf der 4,85 Mio. Anteile für
600 Mio. US-$ wurde der Kauf- und Verkaufsvorgang abgeschlossen. Im Dezember 1998 erwarb die
Klägerin 380 Mio. US-$ durch den Verkauf von Fondanteilen und tauschte einen Teil davon im Januar
9/25
in DM um. Für die Berechnung der Wechselkursverluste sind die Anschaffungskosten und der
Veräußerungspreis im Zeitpunkt ihres Entstehens, hier Dezember 1998 und Januar 1999, maßgeblich.
Konsequenz
Die Entscheidung überrascht nicht. Die Bewertungsmodalität entspricht der in vergleichbaren Fällen
ergangenen Rechtsprechung. Nach den fraglichen Normen, §§ 17 und 23 EStG, ist die Wertdifferenz
eines Wirtschaftsguts zwischen Anschaffung und Veräußerung maßgeblich. Daher ist zeitlich
zwingend auf das konkrete Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft abzustellen.
13.
FACTA-Abkommen: BMF legt Verordnung zur Umsetzung vor
Kernaussage
Finanzinstitute müssen Informationen über Kunden mit US-amerikanischen Steuerbezug offen legen.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat einen Referentenentwurf zur Umsetzung der Verpflichtungen
aus dem Abkommen zwischen Deutschland und den USA zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei
internationalen Sachverhalten und hinsichtlich der als Gesetz über die Steuerehrlichkeit bezüglich
Auslandskonten bekannten US-amerikanischen Informations- und Meldebestimmungen (FACTA-USAUmsetzungsverordnung) vorgelegt.
Verfahren
Die USA haben am 18.3.2010 das FACTA-Gesetz ("Foreign Account Tax Compliance Act") erlassen,
das Mitte 2014 angewendet werden soll. Seither ist eine stufenweise Einführung von FACTA erfolgt.
So haben beide Staaten am 31.5.2013 ein völkerrechtliches Abkommen unterzeichnet, zu dem es am
16.10.2013 ein Zustimmungsgesetz gab und das am 11.12.2013 in Kraft getreten ist. Das Abkommen
beinhaltet Verpflichtungen von Deutschland in Bezug auf die Beschaffung und den Austausch von in
dem Abkommen näher bestimmten Informationen. Jedoch standen der verankerten Verpflichtung der
Datenweitergabe insbesondere nationale datenschutzrechtliche Bedenken entgegen, weshalb durch
das AIFM-Steueranpassungs-Gesetz innerhalb der Abgabenordnung eine Ermächtigungsgrundlage
geschaffen wurde, auf deren Grundlage das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des
Bundesrates Rechtsverordnungen zur Erfüllung der Verpflichtungen aus derartigen Abkommen
erlassen kann. Diese Verordnungsermächtigung wird mit dem vorgelegten Entwurf ausgefüllt.
Hintergrund
Mit dem FACTA-Gesetz soll sichergestellt werden, dass US-Bürger Einkünfte, die sie unter
Einschaltung ausländischer Banken und anderer Finanzintermediäre (z. B. Investmentgesellschaften,
Fonds, Versicherungen, u. a.) erzielen, in den USA ordnungsgemäß erklären und versteuern. Das
Gesetz sieht vor, dass von Zahlungen aus Quellen in den USA an ausländische Finanzinstitutionen
(aus Sicht der USA) eine Quellensteuer von 30 % einbehalten wird, sofern die betreffende
Finanzinstitution keine Informationen über ihre US-Kunden an die US-Steuerbehörde übermittelt.
Konsequenz
Für die Finanzinstitute bedeutet FACTA ein erheblicher Mehraufwand, denn tatsächlich dürften nicht
nur amerikanische oder halb-amerikanische, sondern quasi alle Anleger betroffen sein. Denn die
gesamten Daten müssen durchgesehen werden, um die Pflichten zu erfüllen.
14.
Auslandsspende innerhalb der EU: Zur Abzugsmöglichkeit
Kernproblem
Europarechtlich ist es erforderlich, dass nicht nur Spenden an deutsche gemeinnützige
Organisationen, sondern auch an vergleichbare europäische Organisationen steuermindernde
Berücksichtigung finden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Spendenempfänger die deutschen
gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben erfüllt.
Sachverhalt
Die steuerpflichtige GmbH begehrte den Spendenabzug an eine im Register für juristische Personen
der Stadt Rom eingetragene Vereinigung. Der Satzungszweck besteht insbesondere in der Errichtung
eines Kirchengebäudes in Rom sowie in der Unterrichtung und Lehre der russisch-orthodoxen Religion
und der Förderung der russischen Kultur. Des Weiteren sieht die Satzung vor, dass die
Mitgliederversammlung im Zeitpunkt der Vereinsauflösung über die Verwendung des Vermögens zu
beschließen hat. Das Finanzamt berücksichtigte die Spende nicht; das Finanzgericht gab dagegen der
Klage statt.
10/25
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof verneinte den Spendenabzug bereits aus formeller Sicht. Nach seiner Ansicht
kann eine Auslandsspende nur dann anerkannt werden, wenn die Satzung des Empfängers den
deutschen gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen genügt. Im Streitfall ist das Gebot der
Vermögensbindung nicht erfüllt, da bei Vereinsauflösung die Mitgliederversammlung über die
Mittelverwendung beschließt; eine Mittelfehlverwendung ist insoweit nicht ausgeschlossen. Das Gebot
der
Vermögensbindung
verstößt
zudem
nicht
gegen
die
EU-rechtlich
garantierte
Kapitalverkehrsfreiheit.
Konsequenzen
Der Abzug von Spenden an eine ausländische gemeinnützige Körperschaft setzt voraus, dass diese
nach deutschem Recht gemeinnützig wäre, wenn sie inländische Einkünfte erzielen würde. Damit sind
die Hürden bei der praktischen Umsetzung - Erfüllen der spezifischen deutschen
gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen - sehr hoch.
15.
Neue Steuerbescheide in NRW
Ausgangslage
Für den Erlass der Einkommensteuerbescheide sind die Bundesländer verantwortlich. Ein
Steuerbescheid enthält neben den formalen Anforderungen unter anderem die Ermittlung der
Besteuerungsgrundlagen und in einem Leistungsgebot die Festsetzung der Einkommensteuerschuld.
Mit Erläuterungen zur Steuerschuld, die auch für einen Laien verständlich sind, hält sich der
Steuerbescheid weitestgehend zurück. Das Land Nordrhein-Westfalen möchte jetzt in Vorreiterstellung
gehen und das ändern. In einer Pressemitteilung hat das Finanzministerium NRW neue
Steuerbescheide angekündigt.
Neuerungen für den Steuerpflichtigen
In diesen neuen Steuerbescheiden erfahren die Bürger, welchen Betrag sie an Steuern zahlen und mit
wie viel Prozent ihr Bruttoeinkommen belastet wird. Außerdem teilt die Behörde mit, welche Abzüge
vom Bruttoeinkommen hierbei von der Finanzverwaltung insgesamt anerkannt werden. Die neuen
Bescheide erhalten Steuerpflichtige ab März 2014. Vorgesehen ist außerdem, dass Steuerpflichtige,
die ihre Erklärung auf elektronischem Weg und mit Registrierung bei den Finanzämtern einreichen,
bereits im kommenden Jahr für die Abgabe eine Fristverlängerung von 2 Monaten erhalten sollen. Für
diesen Zeitaufschub muss das erforderliche Authentifizierungsverfahren aber bis zum 31.5.2015
abgeschlossen sein.
Konsequenz
Der Finanzminister bezweckt mit seinem Ansinnen nach eigener Aussage eine "Aufklärung der Bürger"
und vermutet, dass das Ergebnis der tatsächlichen Steuerquote viele überraschen werde, denn die
tatsächliche Steuerlast sei weit geringer als die gefühlte Belastung. So würden die meisten
Beispielrechnungen zu Steuerabzügen den Spitzensatz von 42 % zu Grunde legen und viele Bürger
übernehmen diese Höchstbelastung fälschlicherweise für sich. Dabei müssten selbst Top-Verdiener
nur selten Steuersätze von mehr als 35 % zahlen. Was der Finanzminister hier jedoch verschweigt, ist
der Hinweis auf die Grenzsteuerbelastung, also wie hoch der letzte Euro des eigenen Einkommens
belastet wird. Denn die 42 % sind beim Ledigen bereits bei 52.882 EUR erreicht.
16.
Zum Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht bei einem sanierungsbedürftigen und teilweise
leerstehenden Mehrfamilienhaus
Kernproblem
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im vergangen Jahr entschieden, dass ein besonders lang andauernder
und strukturell bedingter Leerstand einer Wohnimmobilie auch nach vorheriger und auf Dauer
angelegter Vermietung zu einem Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht führen kann. Die neue
Sichtweise des BFH unterstützt das Ansinnen des Finanzamts, höhere Vermietungsverluste in den
Bereich der Liebhaberei zu verlagern. Wenn dann noch eine Untätigkeit des Vermieters oder andere
Umstände hinzutreten, ist der Verlust fast nicht mehr zu retten.
Sachverhalt
Der Eigentümer eines im Jahr 1900 errichteten Mehrfamilienhauses hatte die 2 gewerblichen Einheiten
des Erdgeschosses für die überwiegende Zeitspanne in den Streitjahren vermietet. Von den in den
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weiteren Geschossen befindlichen 7 Wohnungen waren 4 seit einigen Jahren leerstehend. Eine
Mieteinnahme konnte aber auch für die verbleibenden 3 Wohnungen nicht vereinnahmt werden,
nachdem das Amtsgericht im Klageverfahren eines Mieters eine Mietminderung auf 0 EUR wegen der
Unbewohnbarkeit durch Schimmel für angemessen hielt. In seinen Steuererklärungen für die Jahre
2006 und 2007 deklarierte der Vermieter neben der vereinnahmten Miete für das Erdgeschoss und
Nebenkosten der Wohnungen nur Werbungskosten für das gesamte Objekt, die zu erheblichen
Verlusten führten. Das Finanzamt erkannte nur die auf das Erdgeschoss entfallenden Kosten an und
konnte einen vorgefundenen Maklerauftrag zum Verkauf bei seiner Argumentation mit einbringen.
Zudem sah die Verwaltung in der Untätigkeit des Vermieters die Aufgabe der Vermietungsabsicht. Der
Vermieter stützte seine Argumentation auf die Kostenschätzung eines Architekten für Umbau und
Renovierung aus dem Jahr 2007 und die lange anhaltende Verhandlung des Maklers mit einem
potentiellen Mieter des Gesamtobjekts.
Entscheidung
Die Klage des Vermieters wurde abgewiesen. Zwar seien nach Auffassung des Finanzgerichts (FG)
Münster grundsätzlich auch vorweggenommene Werbungskosten für den Zeitraum eines Leerstands
abzugsfähig. Hierzu bedürfe es aber ernsthafter und intensiver Vermietungsbemühungen, für die der
Vermieter die Feststellungslast trage. Wegen des zum Teil seit über 3 Jahren anhaltenden Leerstands
und der fehlenden Grundmiete lag für die Richter die Schlussfolgerung nahe, dass die Wohnungen
unbewohnbar waren. Damit habe die Vermietungsabsicht bereits im Jahr 2006 nicht mehr vorgelegen.
Die Verhandlungen des Maklers im darauffolgenden Jahr reichten nach Ansicht des FG ebenso wenig
aus, wie die Kostenschätzung des Architekten, zumal sich daraus nicht erkennen ließe, für welche
Baumaßnahmen sie erstellt wurde.
Konsequenz
Anzeigenschaltungen, Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen zur Beseitigung der Feuchtigkeitsund Schimmelschäden sowie das Vorgehen gegen die Mieter wegen deren eigenen Verschulden
wären gegebenenfalls Möglichkeiten gewesen, um das Gericht zu einem anderen Urteil zu bewegen.
17.
"Zahnarztfrau": Zur steuerlichen Beurteilung einer selbstständigen Tätigkeit
Kernaussage
Die Frau eines Zahnarztes erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und keine
(gewerbesteuerpflichtigen) Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn sie in der Praxis ihres Ehemanns
auch die Verwaltung und Organisation übernimmt. Eine abweichende sozial- und arbeitsrechtliche
Einordnung hat keinen Einfluss auf die steuerliche Beurteilung.
Sachverhalt
Die gelernte Arzthelferin führte im Jahr 2006 ein Statusfeststellungsverfahren bei ihrer
Krankenversicherung durch. Infolgedessen wurde ihre Tätigkeit als nicht abhängiges,
sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis eingestuft. Folglich wurden die zu Unrecht
erhobenen
Sozialbeiträge
rückwirkend
erstattet.
Das
Finanzamt
übernahm
diese
sozialversicherungsrechtliche Einordnung des Dienstverhältnisses in der Folge für die Streitjahre 2007
und 2008 im Rahmen einer Betriebsprüfung und wertete die Einkünfte der Ehefrau als
gewerbesteuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Gegen die Einspruchsentscheidung des
Finanzamts wurde Klage vor dem Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz eingelegt.
Entscheidung
Die Richter folgten der Argumentation der Klägerin. Das FG entschied, dass die Ehefrau als
Arbeitnehmerin anzusehen sei und somit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erziele. Das
Steuerrecht betrachte den Arbeitnehmerbegriff eigenständig, so dass eine sozial- und arbeitsrechtliche
Einordnung keine steuerliche Bindungswirkung habe. Für ein Arbeitnehmerverhältnis sprach im
Urteilsfall die persönliche Abhängigkeit, feste Arbeitszeiten und Bezüge, Urlaubsanspruch sowie die
Weisungsgebundenheit. Die Hauptpflichten waren zudem in einem Arbeitsvertrag schriftlich festgelegt.
Weitestgehend flexible Arbeitszeiten stehen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zudem
grundsätzlich nicht entgegen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Konsequenz
Sozialversicherungsrechtliche Einordnungen von Arbeitsverhältnissen entfalten lediglich eine indizielle
12/25
Wirkung auf das Steuerrecht. Eine Bindungswirkung ist indes zu verneinen. Da im entschiedenen Fall
aufgrund der arbeitnehmertypischen Ausgestaltung des Dienstverhältnisses (insbesondere
Weisungsgebundenheit,
geregelte
Arbeitszeiten
und
Urlaubsanspruch)
Einkünfte
aus
nichtselbständiger Arbeit angenommen wurden, steht das Urteil im Einklang mit der ständigen
Rechtsprechung.
18.
Zur Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung
Kernproblem
Im Jahr 2011 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entgegen seiner bis dahin geltenden Rechtsprechung
entschieden, dass Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen (agB) zu berücksichtigen
sind, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung eine
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Finanzverwaltung hat danach
eingeräumt, für eine eindeutige, zuverlässige und rechtssichere Einschätzung der Erfolgsaussichten
eines Zivilprozesses beziehungsweise der Motive der Verfahrensbeteiligten keine Instrumente zur
Verfügung stellen zu können. Folglich hat sie das Urteil des BFH mit einem Nichtanwendungserlass
belegt und bis heute nichts an ihrer Haltung verändert, so dass weiterhin Verfahren bei den
Finanzgerichten (FG) anhängig werden - jetzt beim FG Düsseldorf.
Sachverhalt
Eheleute hatten nach Erwerb ihres selbstgenutzten Einfamilienhauses ein selbständiges
Beweisverfahren beim Amtsgericht angestrengt. Der gerichtlich bestellte Sachverständige stellte eine
nicht fachgerechte Abdichtung zur Nachbarwand durch den Bauträger fest. Die Schadensersatzklage
gegen den Bauträger blieb jedoch ohne Erfolg, da das Landgericht dem Ergebnis eines weiteren
Gutachtens folgte, das konstruktive Mängel des Gebäudes verneinte. Die Eheleute machten
Rechtsanwalts- und Gerichtskosten von über 15.000 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend,
deren Abzug das Finanzamt mangels existenziell notwendiger Aufwendungen mit Verweis auf den
Nichtanwendungserlass ablehnte.
Entscheidung
In diesem Fall schlug sich das FG auf die Seite der Steuerpflichtigen, ließ aber die Revision wegen der
Anhängigkeit zahlreicher ähnlicher Verfahren zu. Die Richter folgten den Argumenten des BFH und
kamen zu dem Ergebnis, dass die Zivilklage bereits deshalb hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten
habe, weil ein unabhängiger Gutachter im selbständigen Beweisverfahren zu dem Ergebnis gelangt
sei, dass das Gebäude vom Bauträger verursachte Mängel aufweise. Die Eheleute hätten nicht
voraussehen können, dass die Klage aufgrund des abweichenden Gutachtens letztlich keinen Erfolg
habe. Zudem sei die Finanzverwaltung durchaus in der Lage, die Erfolgsaussichten eines
Zivilprozesses summarisch zu prüfen. Dafür brauche der Erfolg nur ebenso wahrscheinlich wie der
Misserfolg zu sein. Zur Prüfung könne sie sich ihrer juristisch ausgebildeten Mitarbeiter oder externer
Sachverständiger bedienen.
Konsequenz
Die Revision beim BFH ist bereits eingelegt worden. Zurzeit kann nur empfohlen werden, jegliche
Zivilprozesskosten in der Steuererklärung geltend zu machen und das Verfahren offenzuhalten. Wie
das FG bestätigt hat, mindert die zumutbare Eigenbelastung den Abzug.
19.
Rückverkauf von Genussrechten: Überschuss kann Arbeitslohn sein
Kernproblem
Genussrechte sind schuldrechtliche Kapitalüberlassungsrechte ohne Mitgliedschaftsrechte an einer
Gesellschaft, die einkommensteuerrechtlich je nach der Intensität der Ausstattung mit
Vermögensrechten zwischen qualifizierten und einfachen Genussrechten unterschieden werden.
Qualifizierte Genussrechte sind steuerlich Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gleichzustellen, wenn
diese mit einem Recht am Gewinn als auch am Liquidationserlös verbunden sind. Dagegen war die
Veräußerung von einfachen Genussrechten vor Einführung der Abgeltungssteuer nach Ablauf der
Spekulationsfrist steuerfrei, wie der Bundesfinanzhof (BFH) im Jahr 2012 entschieden hat. Werden
jedoch einem Arbeitnehmer Genussrechte eingeräumt, kann bei Veräußerung steuerpflichtiger
Arbeitslohn vorliegen. Wann das der Fall ist, hat der BFH jetzt entschieden.
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Sachverhalt
Dem Geschäftsführer einer GmbH wurde im Jahr 2000 ein Genussrecht mit Nennwert gleich
Ausgabepreis von 20.000 DM eingeräumt. Das Recht gewährte keine Gesellschafterrechte und konnte
grundsätzlich nur an die GmbH veräußert oder übertragen werden. Gut 2 Jahre später wurde das
Ende des Genussrechtsverhältnisses auf den 31.12.2003 und ein Rückkaufswert von 1,6 Mio. EUR
vereinbart, der mit dem Ausscheiden des Geschäftsführers, spätestens am 14.1.2004, fällig werden
sollte. Der geänderte Vertrag sah im Fall der Kündigung des Anstellungsverhältnisses wegen
schuldhaften Verhaltens des Geschäftsführers die vorzeitige Beendigung und Rückzahlung des
eingesetzten Kapitals unter Wegfall sämtlicher Zahlungsansprüche vor. Die Zahlung erfolgte im Januar
2004, der Geschäftsführer schied im Juni aus. Das Finanzamt sah zunächst 1,6 Mio. EUR als
Arbeitslohn an, zog sodann jedoch den selbst ermittelten Wert des Genussrechts von über 1,1 Mio.
EUR ab. Den verbleibenden Betrag von 0,5 Mio. EUR wollte der ausgeschiedene Geschäftsführer im
Klageverfahren als steuerfreien Vermögenszuwachs durchfechten, was das Finanzgericht ablehnte.
Entscheidung
Der BFH beließ es bei dem Ergebnis des Finanzamts. Nach dessen Auffassung war der erzielte
Überschuss durch das Dienstverhältnis bei der GmbH veranlasst, weil sich der Wert des Genussrechts
nach der Übertragung nicht selbständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis entwickeln konnte. Eine
Verwertung war nur durch Veräußerung an die Arbeitgeberin möglich und die Höhe des
Rückkaufswerts hing vom Ende des Anstellungsverhältnisses ab. Der Vorteil des Rückkaufs war nicht
durch eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Sonderrechtsbeziehung veranlasst,
sondern die Höhe war vom Verhalten als Arbeitnehmer der GmbH abhängig und somit Belohnung für
die Leistung als Arbeitnehmer.
Konsequenz
Der geldwerte Vorteil ist als sonstiger Bezug nicht beim Versprechen der GmbH, sondern bei
Auszahlung im Jahr 2004 zugeflossen.
20.
Steuer-CDs: Zur Verwertbarkeit im Strafverfahren
Kernaussage
Da sich die Vorschriften zur Beweisverwertung ausschließlich an die staatlichen
Strafverfolgungsorgane richten, ist die rechtswidrige oder strafbare Erlangung eines Beweismittels
(Steuer-CD) durch einen Privaten, grundsätzlich verwertbar. Die Gerichte müssen allerdings das
Ausmaß und den Grad der staatlichen Beteiligung an der Erlangung der Daten überprüfen.
Sachverhalt
Das Land Rheinland-Pfalz hat im Jahr 2012 von einer Privatperson eine Steuerdaten-CD angekauft,
die zahlreiche Datensätze von Kunden einer Schweizer Bank enthielt, so auch von dem
Beschwerdeführer. Dieser wendet sich gegen die Verwertung der angekauften Steuerdaten-CD im
strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Gestützt auf die CD erließ das Amtsgericht Koblenz gegen den
Beschwerdeführer einen Durchsuchungsbeschluss wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und
ordnete die Beschlagnahme verschiedener Unterlagen an. Die gegen diese Beschlüsse erhobenen
Beschwerden blieben erfolglos. Gegen diese gerichtlichen Entscheidungen erhob der
Beschwerdeführer sodann Verfassungsbeschwerde und machte geltend, die Verwertung der CD
verletze ihn in seinem Recht auf ein faires Verfahren, in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht
sowie seinem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung.
Entscheidung
Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Selbst eine rechtswidrige Beweiserhebung führt nicht
ohne weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot. Allerdings gibt es auch im Strafverfahren keine
Wahrheitsermittlung um jeden Preis. Die verfassungsrechtliche Grenze ist zumindest dann
überschritten, wenn staatliche Stellen die Beweiserhebung allein an den engen Voraussetzungen
eines Beweisverwertungsverbots ausrichten. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass Informationen in
rechtswidriger oder strafbarer Weise gewonnen worden sind, so ist erforderlich, dass der Sachverhalt
der Informationserhebung hinreichend aufgeklärt wird. Die Gerichte haben die Strafbarkeit deutscher
Beamter zu prüfen. Die strafbare Erlangung eines Beweismittels durch eine Privatperson führt nur in
Ausnahmefällen zur Unverwertbarkeit des Beweismittels im Strafverfahren, denn das Handeln des
Privaten ist nicht der staatlichen Sphäre zuzurechnen.
14/25
Konsequenz
Die Entscheidung zeigt auch die Grenzen für die Ermittler auf. Vorliegend war der Informant nicht als
verlängerter Arm der Ermittlungsbehörden anzusehen, denn es gab keine behördliche Anstiftung. In
der Zukunft könnte aber eine solche Situation entstehen, bei der dann unter Umständen das Handeln
des Privaten der staatlichen Sphäre zuzurechnen wäre.
21.
Zum heimischen Telearbeitsplatz eines Steuerberaters (Einkommensteuer)
Kernaussage
Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer unterliegen lediglich dann nicht der Abzugsbeschränkung,
wenn die Einrichtung des Telearbeitsplatzes im betrieblichen Eigeninteresse des Arbeitgebers liegt
und der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich mehrere Tage in der Woche seine Arbeitsleistung an dem
häuslichen Telearbeitsplatz zu erbringen hat. Erfolgt die Arbeit hingegen ohne arbeitsvertragliche
Verpflichtung und wird der prägende Teil der Arbeitsleistung im Büro der Gesellschaft verrichtet, liegen
die Voraussetzung der Abzugsbeschränkung auf 1.250 EUR hingegen vor.
Sachverhalt
A und B sind selbständige Steuerberater und jeweils hälftig an einer Partnerschaftsgesellschaft
beteiligt. Die Gesellschaft hat ihren Geschäftssitz in einer als Praxisräume gestalteten
Eigentumswohnung. Dort befinden sich die Arbeitsplätze der Mitarbeiter und Büroräume der Partner.
Daneben nutzt A einen Raum in seiner Privatwohnung für die berufliche Tätigkeit. Der Raum ist mit
umfassender Literatur ausgestattet und verfügt über einen Telearbeitsplatz, von dem aus der Zugriff
auf das Netzwerk der Gesellschaft möglich ist. A beantragte den Abzug der Aufwendungen im
Rahmen von Sonderbetriebsausgaben als Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer, für das die
Abzugsbeschränkung von 1.250 EUR nicht eingreife. A berief sich dabei auf ein Urteil des
Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz. Das Finanzamt und nachfolgend das FG Düsseldorf sahen den
qualitativen Schwerpunkt der Betätigung des A in den Praxisräumen der Gesellschaft. Hiergegen
wurde Revision eingelegt und der unbeschränkte Kostenabzug beantragt.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof ließ die Revision mangels Divergenz nicht zu. Die Richter sahen den
vorliegenden Fall als nicht vergleichbar an. Ein unbeschränkter Kostenabzug komme nur dann in
Betracht, wenn die Einrichtung des Telearbeitsplatzes im betrieblichen Eigeninteresse des
Arbeitgebers liege und der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich mehrere Tage in der Woche seine
Arbeitsleistung an dem häuslichen Telearbeitsplatz zu erbringen habe. A hingegen konnte jederzeit die
gewöhnlichen Praxisräume der Gesellschaft für seine Tätigkeit nutzen. Das heimische Arbeitszimmer
stelle ebenso wenig den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit dar, da A die
wesentlichen Arbeiten eines Steuerberaters in den Praxisräumen erbringe. Hierzu zählen unter
anderem die Organisation, die Auftragsannahme, die Beratung der Mandanten, die Sichtung der
Tagespost sowie die Überwachung der Fristenkontrollbuches.
Konsequenz
Das Urteil bestätigt die ständige Rechtsprechung und die Verwaltungsauffassung. Das Urteil des FG
Rheinland-Pfalz war bereits deshalb nicht vergleichbar, da der Arbeitnehmer im dortigen Fall kraft
arbeitsvertraglicher Verpflichtung ein häusliches Arbeitszimmer nutzte und die Nutzung im
eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgte. In Fällen, in denen der qualitative Mittelpunkt
der Tätigkeit nicht im Arbeitszimmer liegt, sollte zudem stets die Voraussetzung des "anderen
Arbeitsplatzes" geprüft werden.
22.
Unzureichender Behindertenschutz durch Pflichtteilsstrafklausel
Rechtslage
Der Schutz des Vermögens, das ein Erblasser einem behinderten Erben, der Sozialleistungen bezieht,
zukommen lassen will, um dessen Lebensstellung über die reinen Sozialleistungen hinaus zu
verbessern, ist inzwischen anerkannt. Er wird sichergestellt durch sogenannte BehindertenTestamente. Allerdings gibt es, insbesondere dann, wenn Eltern zugunsten behinderter Kinder nicht
rechtzeitig handeln, Fallstricke, die dazu führen, dass Behinderten-Testamente ins Leere laufen. Einen
solchen Fall hatte das Oberlandesgericht Hamm zu entscheiden.
15/25
Sachverhalt
Ein Ehepaar hatte in den 70er Jahren ein erstes Ehegatten-Testament errichtet, in dem sie sich zu
wechselseitigen Erben im ersten Todesfall und die Kinder zu Schlusserben für den zweiten Todesfall
eingesetzt hatten. Zugleich hatten sie eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel vereinbart, wonach ein
Kind, das im ersten Todesfall seinen Pflichtteil geltend machte, auch im zweiten Todesfall auf den
Pflichtteil beschränkt war. Eines der Kinder war behindert und bezog Sozialleistungen. Nach dem Tode
des ersten Elternteils errichtete der zweite Elternteil ein sogenanntes Behindertentestament, ohne
dazu im ersten Testament ausdrücklich berechtigt gewesen zu sein. Nach dem Tode des zweiten
Elternteils machte der Sozialleistungsträger, der bereits nach dem ersten Todesfall den
Pflichtteilsanspruch für das behinderte Kind geltend gemacht hatte, erneut den Pflichtteil geltend.
Entscheidung
Das Gericht ließ die Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Tode des zweiten Elternteils zu. Da
das Behinderten-Testament ohne ausdrückliche Ermächtigung im ersten Testament aus den 70er
Jahren errichtet worden sei, habe das Ehegattentestament nach dem Todesfall des ersten Elternteils
Bindungswirkung erlangt. Das Behinderten-Testament konnte also gar nicht wirksam errichtet werden,
so dass der Sozialleistungsträger den zweiten Pflichtteilsanspruch auf sich überleiten und geltend
machen konnte.
Konsequenz
Die Entscheidung zeigt, dass Nachfolgeplanung zu einem frühen Zeitpunkt einsetzen muss. In der
Beratung muss zur Vermeidung von Haftungsrisiken geklärt sein, welche erbrechtlichen
Grundvoraussetzungen bestehen.
23.
Zum Pflegekindschaftsverhältnis beim Kindergeld
Kernaussage
Auch für ein 17 Jahre altes Pflegekind kann Kindergeldanspruch bestehen, wenn zwischen dem Kind
und dem Steuerpflichtigen ein familienähnliches, längerfristiges Band besteht, das Kind nicht zu
Erwerbszwecken aufgenommen wurde und ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr
gegeben ist. Ein solches Obhuts- und Pflegeverhältnis setzt die Möglichkeit der Ausübung
wesentlicher fürsorgender Aktivitäten voraus, welche aufgrund der Distanz zu der im Irak lebenden
Mutter und der spärlichen Telefonkontakte nicht gegeben ist.
Sachverhalt
Die Klägerin beantragte Kindergeld für ihre am 8.8.1995 geborene Nichte W. Die Klägerin wie auch
deren Nichte sind im Besitz der irakischen Staatsangehörigkeit. Die Klägerin war zwischen Mai 2010
und April 2013 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, die auch eine Erwerbstätigkeit gestattete. Die
Klägerin ist seit April 2013 im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Seit März 2013 ist die Klägerin
Vormund von W, die laut Meldebescheinigung seit September 2012 bei dieser wohnt. Seit November
2012 besucht W ein Berufskolleg. Ihr Vater verstarb 2002 und ihre Mutter, Schwester der Klägerin, lebt
im Irak und hat nur spärlichen Telefonkontakt zu ihrer Tochter. Die Familienkasse lehnte den Antrag
auf Kindergeld ab, da sie der Auffassung war, dass kurz vor Eintritt der Volljährigkeit grundsätzlich
keine familienähnliche Bindung begründet werden kann und somit kein Pflegekindschaftsverhältnis
vorliegt.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klage statt. Ein Pflegekind ist eine Person, mit der der Steuerpflichtige
durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist. Das Kind darf jedoch
nicht zu Erwerbszwecken aufgenommen worden sein und ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den
Eltern darf nicht mehr bestehen. Die Familienkasse verneint die Möglichkeit, bei bevorstehender
Volljährigkeit ein familienähnliches Band noch begründen zu können. Vorliegend bestand das
"Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsverhältnis" noch über 10 Monate, was ausreichend Zeit für die
Begründung eines solchen Bandes ließ. Zu den leiblichen Eltern bestand hingegen in diesem Zeitraum
kein Obhuts- und Pflegeverhältnis mehr. Der spärliche Telefonkontakt mit der Mutter reicht hierfür nicht
aus.
16/25
Konsequenz
Wesentlicher Betrachtungspunkt eines Pflegekindschaftsverhältnisses ist die Ausübung von Obhutsund Pflegeaktivitäten.
24.
Kosten von Nahrungsergänzungsmitteln: Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung?
Kernproblem
Krankheitskosten erwachsen dem Steuerpflichtigen grundsätzlich zwangsläufig, weil er sich ihnen aus
tatsächlichen Gründen nicht entziehen kann. Das rechtfertigt einen Abzug als außergewöhnliche
Belastung bei Ermittlung der Einkommensteuer, soweit die zumutbare Eigenbelastung überschritten
ist. Von einem Steuervorteil ausgenommen sind ausdrücklich die Aufwendungen für Diätverpflegung.
Das Abzugsverbot wurde 1974 eingeführt und unter anderem damit begründet, dass die
Steuerermäßigung bis dahin vielfach ungerechtfertigt in Anspruch genommen wurde, denn die
Einhaltung der Diät könne nicht nur zu einer Mehrbelastung, sondern auch zu Einsparungen führen.
Trotz des gesetzlichen Abzugsverbots werden Fälle an den Finanzgerichten anhängig, denn der
Begriff "Diät" ist nicht immer eindeutig.
Sachverhalt
Beim Finanzgericht Düsseldorf begehrte eine Klägerin den Aufwand für Nahrungsergänzungsmittel als
außergewöhnliche Belastung. In ihrer Einkommensteuererklärung hatte sie über Apotheken bezogene
Vitamine und andere Mikronährstoffe für verschiedene Präparate (z. B. Benfotiamin, Vitamin A und D,
Biotin, Vitamin B2 laktosefrei, Adenosylcobalamin, Kalzium und Vitamin D, Bio-C-Vitamin) geltend
gemacht. Der Klägerin wurde ärztlich bescheinigt, dass sie unter einer chronischen
Stoffwechselstörung leide, die keine medikamentöse Behandlung indiziere, sondern die laufende
Einnahme von Mikronährstoffen erforderlich mache. Das Finanzamt lehnte den Abzug mit Hinweis auf
das Abzugsverbot ab.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage zurück. Nach Auffassung der Richter gelte das gesetzliche
Abzugsverbot auch für den Fall, dass die Diätverpflegung nicht nur neben, sondern anstelle von
Medikamenten zur Linderung der Krankheit benötigt werde. Gleiche Rechtsfolge trete ein, wenn die
Diät aufgrund einer ärztlichen Verordnung unmittelbar als Therapie eingesetzt und damit
Medikamentencharakter habe. Die geltend gemachten Aufwendungen subsumierte das Gericht auch
als solche einer Diät, denn hierunter sei die auf die Bedürfnisse des Patienten und der Therapie der
Erkrankung abgestimmte Ernährung zu verstehen. Diese könne in der Einschränkung der gesamten
Ernährung, in der Vermeidung bestimmter Anteile oder in der Vermehrung aller oder bestimmter
Nahrungsanteile bestehen. Zu den Diäten gehörten auch an ständige Leiden (z. B. Zöliakie)
angepasste langzeitige Sonderdiäten, nicht nur kurzzeitig angewandte Einform- oder langfristig
angewandte Grunddiäten (z. B. Gicht und Zucker).
Konsequenz
Nahrungsergänzungsmittel
Abzugsverbot.
unterliegen
damit
trotz
ärztlicher
Verordnung
dem
gesetzlichen
Unternehmer und Freiberufler
1.
BMF zur Aufteilung der Vorsteuer bei Gemeinkosten
Einführung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte zuletzt Stellung zur Aufteilung der Vorsteuer bei Gemeinkosten
gezogen. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat diese Rechtsprechung nun übernommen.
Neue Verwaltungsanweisung
Das Schreiben des BMF betrifft die Vorsteueraufteilung der "allgemeinen Kosten des Unternehmens".
Dies sind die Kosten, die zwar keinem Umsatz unmittelbar zuzurechnen sind, dennoch aber im
Rahmen der Preiskalkulation berücksichtigt werden, also insbesondere die Gemeinkosten. Die
Aufteilung hat nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug zulassen, zu den
Gesamtumsätzen (Umsatzschlüssel) zu erfolgen. Hierbei sind die gesamten Umsätze des
Besteuerungszeitraumes, in der Regel dem Kalenderjahr entsprechend, zu berücksichtigen. Wird in
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den Voranmeldungen ein vorläufiger Aufteilungsschlüssel verwendet, so kann eine Korrektur der
Vorsteuer auf Basis des endgültigen Aufteilungsschlüssels in der Umsatzsteuerjahreserklärung
erfolgen.
Konsequenz
Die Auffassung des BMF wird in der Praxis die Aufteilung der Vorsteuerbeträge aus den
Gemeinkosten erleichtern, da der Aufteilungsschlüssel nicht für jeden Voranmeldungszeitraum neu zu
bestimmen ist.
2.
Vorsteuerabzug: Verweis auf Geschäftsunterlagen in Rechnungen zulässig
Rechtslage
Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist eine ordnungsgemäße Rechnung. In letzter Zeit häufen sich
die Fälle, in denen Unternehmen der Vorsteuerabzug versagt wird, weil die Beschreibung der
abgerechneten Leistung in der Rechnung unzureichend ist. Ein neues Urteil des Bundesfinanzhofs
(BFH) kann hier aber Abhilfe schaffen.
Sachverhalt
Strittig war der Vorsteuerabzug aus Rechnungen, die in der Leistungsbeschreibung auf die
"getroffenen Vereinbarungen" verwies, ohne diese näher zu erläutern. Die Finanzverwaltung und das
Finanzgericht in erster Instanz lehnten einen Vorsteuerabzug ab, da die Leistungsbeschreibung keine
Identifizierung der erbrachten Leistung ermögliche. Ein Verweis auf die getroffenen Vereinbarungen
reiche hierfür schon deshalb nicht aus, da die Vereinbarungen nicht den Rechnungen beigefügt waren.
Entscheidung
Der BFH erteilt der Finanzverwaltung eine klare Absage. Demnach ist es für den Vorsteuerabzug
ausreichend, wenn in der Rechnung auf andere Geschäftsunterlagen verwiesen wird, die die
Identifizierung der erbrachten Leistung ermöglichen. Bedingung hierfür ist lediglich, dass der Verweis
die entsprechenden Geschäftsunterlagen eindeutig bezeichnet; eine Beifügung der Unterlagen zur
Rechnung ist hingegen nicht erforderlich.
Konsequenz
Das Urteil des BFH ist nicht nur sachgerecht, sondern auch praxistauglich. Unternehmen, die
komplexe Leistungen erbringen, brauchen nunmehr keine umfangreichen, den Rahmen einer
normalen Rechnung sprengenden, Leistungsbeschreibungen in die Rechnungen aufzunehmen. Ein
einfacher, aber eindeutiger Verweis auf den zugehörigen Vertrag, Auftrag o. ä. reicht aus. Zu beachten
ist lediglich, dass die bezeichnete Unterlage sowohl dem Rechnungsaussteller, als auch dem
Leistungsempfänger vorliegen muss.
3.
Neues zu Bauleistungen
Rechtslage
Bauträger, Generalunternehmer und insbesondere Subunternehmer sind derzeit gefordert, auf die
jüngste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu Bauleistungen zu reagieren, auch wenn die
finale Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums (BMF) hierzu noch aussteht. Zahlreiche
Subunternehmer sind von der Insolvenz bedroht, sofern ihnen für die Vergangenheit kein
Vertrauensschutz gewährt wird. Doch auch für aktuelle Projekte ergeben sich durch die
Rechtsprechung Probleme. Denn es ist nicht mehr zulässig, dass die Vertragsparteien sich in strittigen
Fällen darauf einigen, ob der Subunternehmer eine Bauleistung erbracht hat oder nicht. Konflikte sind
hier vorprogrammiert, da die Abgrenzung nicht einfach ist, wie ein anhängiges Verfahren beim BFH
zeigt.
Sachverhalt
Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg hat dem BFH u. a. die Frage vorgelegt, ob die Installation
einer Betriebsvorrichtung als Bauleistung zu qualifizieren ist. Die Finanzverwaltung vertritt hier den
Standpunkt, dass Bauleistungen vorliegen, wenn Einrichtungsgegenstände fest mit dem Bauwerk
verbunden, große Maschinenanlagen aufgebaut bzw. Gegenstände aufwendig installiert werden
müssen. Das FG hingegen sieht nur dann eine Bauleistung als gegeben an, wenn sich hierdurch eine
Veränderung der Substanz des Bauwerkes ergibt. Den Auf- bzw. Einbau einer Betriebsvorrichtung
subsumiert das FG nicht hierunter.
18/25
Konsequenz
In der Praxis gab es bisher schon regelmäßig Streit darüber, ob die Installation einer Maschine als
Bauleistung zu werten ist. Konnten sich die Vertragsparteien früher noch hierüber einigen, so ist dies
aufgrund der Rechtsprechung des BFH nicht mehr möglich. Es ist daher erfreulich, dass der BFH
insoweit nun für Klarheit sorgen wird. Bis das Urteil ergangen ist, sollten die betroffenen Unternehmen,
über entsprechende Umsatzsteuerklauseln vertraglich sicher stellen, dass eine Korrektur der
Abrechnungen erfolgen kann, sollte der BFH zu einem anderen Ergebnis kommen, als von den
Vertragsparteien angenommen.
4.
Zum Umfang des Gemeinschaftsgebietes i. S. d. UStG
Einführung
Nach dem Beitritt Kroatiens gehören mittlerweile 28 Staaten der Europäischen Union an. Grundsätzlich
entspricht das Hoheitsgebiet dieser Staaten zwar dem Gemeinschaftsgebiet, es gibt allerdings auch
Ausnahmen. So gehören z. B. die Balearen und die Kanarischen Inseln zum spanischen
Hoheitsgebiet, aber nur die Balearen gelten als Gemeinschaftsgebiet, in dem die Umsatzsteuer
harmonisiert ist.
Neue Verwaltungsanweisung
Das Bundesfinanzministerium (BMF) weist in einem Schreiben auf die jüngsten Entwicklungen hin, die
das französische Staatsgebiet betreffen.
Konsequenz
Um eine korrekte umsatzsteuerliche Erfassung sicher zu stellen, sollten Unternehmen, die
Leistungsbeziehungen zu "exotischen" Gebieten der Staaten der Europäischen Union unterhalten,
prüfen, ob es sich hierbei um Gemeinschaftsgebiet oder Drittland handelt. Als Hilfe kann hier die nun
aktualisierte Liste in Abschn. 1.10 UStAE dienen.
5.
Verlustausgleichbeschränkung für Steuerstundungsmodelle
Kernaussage
Verluste aus der Beteiligung an sogenannten Steuerstundungsmodellen dürfen weder mit Einkünften
aus Gewerbebetrieb noch mit anderen Einkünften verrechnen werden. Ein Steuerstundungsmodell
liegt vor, wenn aufgrund modellhafter Gestaltungen durch Verluste steuerliche Vorteile erlangt werden
sollen. Die Regelung zu der Verlustausausgleichsbeschränkung ist hinreichend bestimmt und einer
Auslegung zugänglich.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Leasinggesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Die
Gesellschaftsgründung erfolgte im Jahr 2006 auf Basis eines "Konzeptpapiers zur Gründung einer
Leasinggesellschaft", auf dessen Grundlage bereits andere Kommanditgesellschaften gegründet
worden waren. Abweichend von den früheren Konzeptpapieren sieht der Prospekt der Klägerin keine
Nachsteuerbetrachtung für den Kommanditisten beziehungsweise keine Erläuterungen zu etwaigen
Steuerersparnissen vor. In ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr 2006 gab die Klägerin unter
Einbezug einer Ansparrücklage in Höhe von 114.000 EUR einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe
von 115.284 EUR an. Das Finanzamt versagte die Anerkennung der Ansparrücklage und stellte einen
Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 1.284 EUR fest. Die Einkünfte wurden in Höhe von 20.000
EUR der GmbH in Höhe von 21.284 EUR dem Beigeladenen zugerechnet. Das Finanzamt war der
Ansicht, es handele sich um ein Steuerstundungsmodell und stellte in gleicher Höhe einen
verrechenbaren Verlust fest. Das Finanzgericht und der Bundesfinanzhof gaben der Klägerin Recht.
Entscheidung
Im vorliegenden Fall liegt kein Steuerstundungsmodell vor. Dieses ist nur dann anzunehmen, wenn auf
Grund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden
sollen. Dies ist wiederum der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen durch das gebotene Konzept zumindest
in der Anfangsphase der Investition Verluste geboten werden, die mit übrigen Einkünften zu
verrechnen sind. Ob in der Sache ein Steuerstundungsmodell gegeben ist, ist im Wege einer
wertenden Gesamtbetrachtung zu ermitteln. Jedenfalls verstößt die Regelung zur
Verlustausgleichsbeschränkung für Steuerstundungsmodelle nicht gegen das Bestimmtheitsgebot, da
die Norm hinreichend klar formuliert und aufgrund dessen auslegbar ist.
19/25
Konsequenz
Ist aufgrund der modellhaften Gestaltung der Beteiligung davon auszugehen, dass die prognostizierten
Anfangsverluste 10 % des aufzubringenden Kapitals übersteigen, liegt ein Steuerstundungsmodell vor.
Das Urteil zeigt, dass sich dies Modell mit der entsprechenden Vertragsgestaltung vermeiden lässt.
6.
Stromversorger: Keine Steuererstattung bei Insolvenz oder Tod des Stromkunden
Kernaussage
Stromversorgungsunternehmen schulden die Stromsteuer auch dann, wenn sie aufgrund der
Zahlungsunfähigkeit ihrer Kunden den vereinbarten Kaufpreis nicht realisieren können und deshalb
selbst mit der im Kaufpreis enthaltenen Stromsteuer belastet werden. Ihnen kann die Steuer nicht aus
Billigkeitsgründen erlassen werden.
Sachverhalt
Ein regionales Energieversorgungsunternehmen für Strom, Gas und Wärme beantragte die Erstattung
von Stromsteuer mit der Begründung, die Stromsteuer habe nicht auf die Kunden abgewälzt werden
können, da diese entweder zahlungsunfähig oder verstorben seien. Seinen Anspruch stützte das
Unternehmen auf § 227 der Abgabenordnung, nach der eine Erstattung von Steuern aus
Billigkeitsgründen möglich ist. Das Hauptzollamt lehnte den Antrag ab. Die nach erfolglosem
Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht urteilte, dass dem
Energieversorgungsunternehmen weder aus sachlichen noch aus persönlichen Billigkeitsgründen ein
Erstattungsanspruch zusteht. Hiergegen legte das Energieversorgungsunternehmen Revision beim
Bundesfinanzhof (BFH) ein.
Entscheidung
Der BFH wies die hiergegen gerichtete Revision des Energieversorgungsunternehmens ab, da die
Voraussetzungen für einen Erlass der Stromsteuer aus Billigkeitsgründen nicht gegeben sind.
Ansprüche aus dem Schuldverhältnis können erlassen werden, wenn deren Einziehung nach der Lage
des einzelnen Falls aus sachlichen oder persönlichen Gründen unbillig wäre. Sachlich unbillig ist die
Erhebung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des
Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Steuererhebung unbillig erscheint.
Vorliegend handelt es sich nicht um einzelne Fälle, die den Wertungen des Gesetzgebers
zuwiderlaufen. Vielmehr hat der Gesetzgeber bewusst angeordnet, dass die Stromversorger das
Ausfallrisiko für die Stromsteuer tragen sollen. Im Übrigen können sie durch eine entsprechende
Preiskalkulation Vorsorge für Ausfälle treffen.
Konsequenz
Auch wenn der Endverbraucher die Stromsteuer tragen soll, ist es eine bewusste Entscheidung des
Gesetzgebers gewesen, dass die Stromversorger als Steuerschuldner für Ausfälle haften. Durch die
Entscheidung ist nicht mit einer Erhöhung der Strompreise zu rechnen, da auch bislang die
Ausfallrisiken in den Strompreis eingepreist werden.
7.
Geldwäschebekämpfung: EU-Parlament verabschiedet neuen Gesetzentwurf
Kernaussage
Die Endeigentümer von Unternehmen und Trusts sollen in öffentlichen EU-Registern erkennbar
gemacht werden. So steht es in den am 11.3.2014 vom EU-Parlament verabschiedeten
Rechtsvorschriften zur Geldwäschebekämpfung. Zusätzlich verlangen die vorgeschlagenen Regeln
von Banken, Rechnungsprüfern, Rechtsanwälten, Immobilienmaklern und Spielcasino-Betreibern mehr
Wachsamkeit bei verdächtigen Geldtransfers ihrer Kunden. Ziel ist, fragwürdige Geschäfte und
Steuerhinterziehung zu erschweren.
Neuerung
Das Parlament hat über den Gesetzentwurf in erster Lesung abgestimmt, um den bisher erreichten
Kompromiss für das nächste Parlament festzuhalten. Der Entwurf sieht vor, dass die wirtschaftlich
Berechtigten von Firmen und anderen Rechtsformen, wie zum Beispiel Trusts, Stiftungen oder
Holdings, in öffentlichen Zentralregistern erkennbar gemacht werden. Die Register wären miteinander
verbunden und "öffentlich zugänglich, wenn sich die Person, die Zugang zu den Informationen
beantragt, vorher über eine einfache Onlineregistrierung ausgewiesen hat". Es wurden im Entwurf
ergänzende Regelungen zum Datenschutz aufgenommen. Diese Regelungen bezwecken, dass nur
20/25
solche Angaben im Register enthalten sein müssen, die für die eindeutige Ermittlung des wirtschaftlich
Berechtigten erforderlich sind. Nach den vorgeschlagenen Regeln müssten Banken und
Finanzinstitutionen, aber auch Rechnungsprüfer, Rechtsanwälte, Buchhalter, Steuerberater und
Immobilienmakler verdächtige Geldtransfers ihrer Kunden wachsamer beobachten. Spielcasinos
wären ebenfalls betroffen, aber Glücksspieldienste mit geringerem Risiko könnten durch die
Mitgliedstaaten von den Vorschriften ausgenommen werden. Der vorliegende Richtlinienvorschlag
enthält einen risikogestützten Ansatz, durch den die Mitgliedstaaten die für sie bestehenden Risiken
von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung besser ermitteln, verstehen und mindern können.
Konsequenz
Durch die Europawahlen und der Neukonstituierung des EU-Parlaments muss abgewartet werden,
inwieweit tatsächlich neue gesetzliche Regelungen zur Geldwäschebekämpfung kommen. Der jetzige
Entwurf des Parlaments weist jedoch in die richtige Richtung für eine wirksame
Geldwäschebekämpfung.
8.
SchwarzArbG: Zur Übermittlungspflicht von Daten i. R. e. Prüfung
Kernaussage
Die Übermittlung von Daten im Rahmen einer Prüfung nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz
(SchwarzArbG) ist gegenwartsbezogen. Für die Sammlung und Übermittlung von Daten über einen
mehr oder minder langen künftigen Zeitraum fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Genossenschaft, die eine Funk- und Telefonzentrale zur Vermittlung von
Fahraufträgen an ihre Mitglieder betreibt. Das beklagte Hauptzollamt führte bei der Klägerin eine
Prüfung nach dem SchwarzArbG durch. Im Zuge der Prüfung konnten auch die elektronisch
gespeicherten Fahrerauftragsdaten eingesehen werden. Allerdings erfolgt eine Speicherung nur für
den Zeitraum von 6 Tagen, weshalb der Beklagte um regelmäßige und lückenlose Übersendung der
Daten bis auf Widerruf aufforderte. Im Rahmen des Klageverfahrens wurde dieser Zeitraum auf 3
Monate beschränkt. Die Klägerin ist der Auffassung, sie sei nicht Auftraggeber im Sinne des
SchwarzArbG. Zudem fehle eine gesetzliche Grundlage für die wöchentliche Übermittlung von Daten.
Entscheidung
Die Klägerin ist Auftraggeber nach den Regelungen des ScharzArbG, denn ihre Auftragsvermittlung
geht deutlich über eine unverbindliche Auftragsweitergabe hinaus. Allerdings ist die Aufforderung zur
Übermittlung von Daten, die zum Zeitpunkt der Prüfung in dem zur Mitwirkung verpflichteten
Unternehmen noch gar nicht vorhanden sind, rechtswidrig. Aus Sicht des Beklagten mag es zwar
wünschenswert sein, auf diese Weise vorbereitend Vergleichsdaten zu sammeln, die der Verifizierung
der Daten dienen sollen, die in nachfolgenden Betriebsprüfungen in den von der Klägerin
angeschlossenen Taxiunternehmen vorgefunden werden. Das ScharzArbG bietet für eine solche
Maßnahme jedoch keine Grundlage.
Konsequenz
Die Revision wurde zugelassen, da sowohl die Definition des Auftraggebers im Sinne des
SchwarzArbG als auch der Umfang seiner Mitwirkungspflichten zu konkretisieren sind.
9.
Zum steuerbegünstigten Veräußerungs- oder Aufgabegewinn
Kernaussage
Die Tatbestandsmerkmale für einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn setzen auch weiterhin
voraus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert oder in das Privatvermögen überführt
werden.
Sachverhalt
Der Kläger vermietete ein Grundstück an die A-GmbH im Rahmen einer Betriebsaufspaltung bis
Februar 2001. Das Grundstück sowie seine Beteiligung von 51 % waren notwendiges
Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens. An der B-GmbH hatte der Kläger ebenfalls eine 51 %
Beteiligung und aktivierte diese als gewillkürtes Betriebsvermögen. Die Beteiligung an der B-GmbH
ging im Januar 2001 in das Gesamthandsvermögen der C-Kommanditgesellschaft (KG) mit ein, bei der
der Kläger als Mitunternehmer beteiligt war. Die Übertragung erfolgte zum Buchwert. Die Anteile der AGmbH wurden veräußert, so dass mangels Vorliegen der personellen Verflechtung die
21/25
Betriebsaufspaltung zwingend beendet wurde. Infolgedessen wurde das Grundstück in das
Privatvermögen entnommen. Gemäß § 34 Abs. 3 EStG sollte der Gewinn aus der Betriebsaufgabe des
Einzelunternehmens nun zum ermäßigten Steuersatz versteuert werden. Das Finanzamt (FA) lehnte
dies ab. Aus veröffentlichten Unternehmensinformationen ging hervor, dass die B-GmbH für die
betrieblichen Zwecke der A-GmbH keine untergeordnete Rolle gespielt hatte und somit nicht alle
wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert oder entnommen worden seien. Das Finanzgericht (FG)
wies die hiergegen erhobene Klage ab.
Entscheidung
Die Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH) blieb ebenfalls erfolglos. Nach Ansicht des BFH war die
Entscheidung des FA, den Gewinn des Klägers aus der Veräußerung der Anteile an der A-GmbH und
der Beendigung der Betriebsaufspaltung, nicht mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern, nicht zu
beanstanden. Denn der Gewinn wurde im Rahmen einer Betriebsaufgabe erzielt, bei der nicht alle
stille Reserven bezogen auf die wesentlichen Betriebsgrundlagen aufgedeckt wurden. Für eine
begünstigte Betriebsaufgabe hätten die Anteile an der B-GmbH nicht zum Buchwert in das
Betriebsvermögen der C-KG übertragen werden dürfen.
Konsequenz
Die Entscheidung entspricht der ständigen Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung. Der Wegfall
einer der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung führt oftmals zu ungewollten Aufgabegewinnen.
In diesen Fällen sollte vorab geprüft werden, ob sich eine Aufdeckung der stillen Reserven vermeiden
lässt oder ob zumindest eine Versteuerung des Aufgabegewinns mit einem ermäßigten Steuersatz
erfolgen kann.
10.
Untervertretung: Anforderungen an sittenwidrige Kollision
Kernaussage
Handelt ein Vertreter zusammen mit dem Vertragsgegner zum Nachteil des Vertretenen, verstößt das
Geschäft gegen die guten Sitten und ist nichtig. Gleiches gilt, wenn der Vertreter einen arglosen
Untervertreter einschaltet oder er aufgrund seiner Vertretungsmacht einen weiteren, arglosen (Mit)Vertreter zu dem Geschäft veranlasst und so das Insichgeschäft verschleiert.
Sachverhalt
An der Beklagten zu 1, einer GmbH, waren ursprünglich beteiligt die Klägerin, deren mittlerweile
geschiedener Ehemann, als Beklagter zu 3, und eine schweizerische Aktiengesellschaft (AG), die
jedenfalls ein von der GmbH abhängiges Unternehmen ist. Im Zusammenhang mit der Trennung der
Eheleute übertrug der Beklagte zu 3 seine Anteile an der GmbH auf die AG. Nach Abberufung des
Beklagten zu 3 als Geschäftsführer informierte die Klägerin diesen und die AG hierüber und forderte
auf, keine weiteren Rechtsgeschäfte mehr vorzunehmen, insbesondere Anteilsübertragungen zu
unterlassen. Kurz darauf übertrug die AG ihre Anteile an der GmbH auf die Schwester (Beklagte zu 2)
des Beklagten zu 3. Sowohl die Beklagte zu 2 als auch die AG wurden von einer Rechtsanwältin
vertreten, die in derselben Kanzlei wie der Beklagte zu 3 tätig war. Auf Seiten der AG handelte diese
aufgrund einer Untervollmacht des Beklagten zu 3. Die Klägerin beantragt festzustellen, dass die
Beklagte zu 2 nicht Gesellschafterin der GmbH geworden ist. Das Landgericht gab der Klage statt, das
Berufungsgericht wies die Klage ab. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab im Grunde der Klägerin Recht.
Entscheidung
Unter Annahme des Vortrags der Klägerin, der Beklagte zu 3 habe seine Schwester als Erwerberin nur
vorgeschoben und auf Seiten der AG den Anteilskaufvertrag entworfen sowie die Rechtsanwältin
veranlasst, von der durch die AG erteilten Vollmacht Gebrauch zu machen, ist der Anteilskauf- und übertragungsvertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Es liegt ein Fall der sittenwidrigen Kollusion selbst
dann vor, wenn der Vertreter nicht selbst handelt, sondern einen arglosen Untervertreter einschaltet
oder aufgrund seiner Vertretungsmacht einen weiteren arglosen (Mit-) Vertreter zu dem Geschäft
veranlasst und so das Insichgeschäft verschleiert.
Konsequenz
Die Anforderungen an die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts sind sehr hoch. Drängt sich aber der
begründete Verdacht eines Treueverstoßes wie im vorliegenden Fall auf, können
Umgehungstatbestände die Sittenwidrigkeit richtigerweise nicht hindern.
22/25
11.
Fehlender Aufsichtsratsbericht: Verfassungsbeschwerde gegen Ordnungsgeld erfolgreich
Kernaussage
Haftungsbeschränkte Gesellschaften müssen im Bundesanzeiger ihre Jahresabschlüsse offenlegen.
Das Bundesamt für Justiz wacht über diese Verpflichtung und kann bei Verstößen Ordnungsgelder
festsetzen. Hat eine Gesellschaft keinen Aufsichtsrat eingerichtet und somit keinen Bericht des
Aufsichtsrats zusammen mit dem Jahresabschluss offengelegt, kann kein Ordnungsgeld wegen
unvollständiger Offenlegung verhängt werden. Der Ordnungswidrigkeitentatbestand erstreckt sich nur
auf Jahresabschlussunterlagen, die nachträglich noch erstellt werden können.
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin, eine GmbH, war nach dem Drittelbeteiligungsgesetz verpflichtet, einen
Aufsichtsrat zu bilden. Dieser hätte einen Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses verfassen
müssen, der zusammen mit dem Jahresabschluss im elektronischen Bundesanzeiger hätte
veröffentlicht werden müssen. Tatsächlich hat die GmbH keinen Aufsichtsrat eingerichtet. Das
Bundesamt für Justiz setzte wegen des Verstoßes gegen die Veröffentlichungspflicht ein
Ordnungsgeld in Höhe von 2.500 EUR fest und drohte weiteres Ordnungsgeld in Höhe von 5.000 EUR
an. Das Landgericht (LG) wies die hiergegen gerichtete Beschwerde zurück. Die hiergegen gerichtete
Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hob den Beschluss des
LG auf und verwies die Sache zurück.
Entscheidung
Das BVerfG hat die Ordnungsgeldentscheidung für rechtswidrig erklärt, weil ein Verstoß gegen das
grundgesetzliche Bestimmtheitsgebot vorliegt. Das Ordnungsgeld hat einen sanktionierenden und
erzwingenden Charakter. Vorliegend läuft die Beugefunktion ins Leere, denn mangels bestehenden
Aufsichtsrats kann eine Vorlage des Aufsichtsratsberichts nicht mehr rückwirkend nachgeholt werden.
Damit kann es nur noch um die Sanktionierung der Vergangenheit gehen, was so im Gesetz keinen
Ausdruck gefunden hat. Die GmbH war zwar zur Bildung eines Aufsichtsrats verpflichtet, eine
Sanktionierung ist aber weder im Drittelbeteiligungsgesetz noch im Aktiengesetz vorgesehen. Denn
um die Bildung eines Aufsichtsrats zu erzwingen, hat sich der Gesetzgeber auf die Durchführung eines
Statusverfahrens beschränkt.
Konsequenz
Dem fehlenden Aufsichtsrat vergleichbare Fälle sind kaum denkbar, denn die weiteren Bestandteile
zum Offenlegungsabschluss, sei es die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung, der Anhang, der
Lagebericht, die Entsprechenserklärung oder der Bestätigungsvermerk dürften auch nachträglich noch
zu erstellen sein.
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1.
Pensionszusage: Verdeckte Gewinnausschüttung wegen vorzeitiger Kapitalabfindung
Kernaussage
Die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) bei einer GmbH liegen vor, wenn
eine Pension entgegen der ursprünglichen Vereinbarung im Wege einer Einmalzahlung ausgezahlt
wird. Dies gilt auch dann für den gesamten Vorgang, wenn der Rückdeckungsanspruch mit der
Pensionsrückstellung saldiert wird und in Summe lediglich eine geringe Vermögensminderung vorliegt.
Sachverhalt
Die klagende GmbH hatte ihren beiden Gesellschafter-Geschäftsführern im August 1984 eine
Versorgungszusage erteilt, wonach sie eine einmalige Kapitalabfindung von 750.000 DM erhalten
sollten, wenn sie nach Vollendung des 60. Lebensjahr aus dem Dienst ausscheiden. Im Februar 1996
wurde die Kapitalabfindung aufgrund des gestiegenen Gehaltsniveaus auf 850.000 DM (434.598 EUR)
angepasst. Die Rückdeckungsversicherung (798.256 EUR) wurde zum 30.12.2005 fällig und der
Klägerin ausgezahlt. Im Januar 2006 wurde die Pension an den Geschäftsführer H geleistet, der sich
weiterhin im Dienst der Gesellschaft befand. Der Wert der Rückdeckungsversicherung wurde mit der
Pensionsrückstellung saldiert. Der darüber hinausgehende Betrag wurde gewinnerhöhend behandelt.
Die Kapitalabfindung an den Gesellschafter überstieg die gebildete Rückstellung um 130.299 EUR.
23/25
Der Betrag wurde gewinnmindernd behandelt. Das Finanzamt (FA) unterstellte insgesamt eine vGA,
da die Erhöhung der Kapitalabfindung von H um 100.000 EUR nicht mehr erdienbar gewesen sei und
die Auszahlung der Versorgungsleistung in einem Einmalbetrag auf dem Gesellschaftsverhältnis
beruhe. Zudem könne die für eine vGA notwendige Vermögensminderung nicht dadurch vermieden
werden, dass die Auflösungen der Rückdeckungsversicherung und der Pensionsrückstellung saldiert
werden. Die GmbH reichte hiergegen Klage ein. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt.
Die Revision des FA beim Bundesfinanzhof (BFH) war erfolgreich. Die Klage wurde abgewiesen und
das Urteil des FG insgesamt aufgehoben.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH ist die vorzeitige Auszahlung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.
Bei einem fremden Dritten wäre der Zeitpunkt der Auszahlung überprüft worden. Eine vGA liege dann
vor, wenn zeitgleich zur Kapitalabfindung die Pensionsrückstellung aufgelöst werde, da dann die
ursprünglich als Rentenzahlung vereinbarte Pension in einem Einmalbetrag abgelöst werde. Die
Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis sei auch dadurch gekennzeichnet, dass die Abfindung
vor Beendigung des Dienstverhältnisses erfolgte.
Konsequenz
Die Entscheidung der Richter beruht auf dem Grundsatz des Fremdvergleichs. Da ein ordentlicher und
gewissenhafter Kaufmann keine vorzeitige Auszahlung der Pension in einem Einmalbetrag geduldet
hätte, liegt insgesamt eine Veranlassung aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses vor. GesellschafterGeschäftsführer
sollten
zur
Vermeidung
einer
vGA
entsprechende
Klauseln
in
Pensionsvereinbarungen einbauen. So kann eine Kapitalabfindung zum (niedrigeren) Rückkaufswert
dem Fremdvergleich standhalten, wenn sie bereits zu Vertragsschluss vereinbart wurde. Sodann liegt
allerdings in Höhe des Auszahlungsbetrags steuerpflichtiger Arbeitslohn vor, für den eine
Tarifermäßigung Anwendung finden kann.
2.
Versorgungszusage: Pensionsalter von beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer
Kernaussage
Ein Mindestalter ist keine Voraussetzung für die Pensionszusage gegenüber dem beherrschenden
Gesellschafter-Geschäftsführer. Lediglich die Jahresbeträge vom Zeitpunkt des Diensteintritts bis zum
vorgesehenen Eintritt des Versorgungsfalls sind für die Berechnung des Teilwerts der
Pensionsrückstellung maßgeblich. Eine Änderung der Beteiligungshöhe und folglich vom
Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer zum Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer führt daher
zu keiner Korrektur des Mindestalters.
Sachverhalt
Die Klägerin erteilte ihrem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer A im Jahr 1987 eine
Pensionszusage i. H. v. 60 % seiner jährlichen Gesamtbezüge bei seinem Ausscheiden aus dem
Unternehmen mit Vollendung des 60. Lebensjahr. Im Jahr 2002 wurde A zum MehrheitsgesellschafterGeschäftsführer. Die Klägerin änderte daraufhin jedoch nicht die Grundlage der
Rückstellungsbewertung. Im Streitjahr 2005 wurden der Pensionsrückstellung einkommenswirksam
117.189 EUR zugeführt. Bei einem Pensionsalter von 65 Jahren hätte die Zuführung 60.601 EUR
betragen. Das Finanzamt (FA) vertrat in Änderungsbescheiden die Auffassung, dass von einem
Pensionsalter von 65 Jahren auszugehen sei und somit 461.213 EUR einkommenswirksam aufgelöst
werden müssten. Hiergegen wurde Klage erhoben.
Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) Köln gab der Klage überwiegend statt. Die Revision vor dem Bundesfinanzhof
(BFH) hatte keinen Erfolg. Eine Auflösung der Pensionsrückstellung zum 31.12. und ein Ansatz eines
höheren Pensionsalters komme nicht in Betracht, da der Gesellschafterwechsel das
Versorgungsversprechen nicht berührt und daher keinen Einfluss auf die Ermittlung des Teilwertes
habe. Nach der BFH-Rechtsprechung kann eine Pensionszusage den steuerlichen Gewinn nur
mindern, wenn die Voraussetzungen des § 6a EStG eingehalten wurden. Die Zuführung zu einer
Pensionsrückstellung kann aus steuerrechtlicher Sicht als eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)
gelten, wenn die Pensionsverpflichtung nicht nur durch das Dienstverhältnis, sondern auch durch das
Gesellschafterverhältnis begründet ist. Das FA machte diesbezüglich geltend, dass die Rückstellung
bereits dem Grunde nach aufgrund des falschen Renteneintrittsalters zu hoch gebildet worden sei, weil
24/25
sie nicht dem Pensionsalter von 65 Jahren entspreche. Damit sei die Pension gesellschaftsrechtlich
veranlasst. Ein Mindestpensionsalter ist jedoch weder Tatbestandsvoraussetzung des § 6a Abs. 1 und
2 EStG noch Gegenstand der Teilwertberechnung nach § 6a Abs. 3 Satz 1 EStG. Demnach ist die
Pensionszusage mit Vollendung des 60. Lebensjahrs für die Berechnung des Teilwerts maßgeblich
und eine vGA nicht anzunehmen.
Konsequenz
Das Urteil ist zu begrüßen, da es aufzeigt, dass die veränderte Gesellschafterstellung nicht zu einer
Anpassungsverpflichtung hinsichtlich der in der Vergangenheit vereinbarten Pensionszusage führt.
Gesellschafter-Geschäftsführer sollten jedoch unbedingt die weiteren Bedingungen für die steuerliche
Anerkennung von Pensionszusagen im Auge behalten. Diese sind beispielsweise die Angemessenheit
der Pensionsbezüge, der ausreichende Erdienungszeitraum zwischen Zusage und Versorgungseintritt
sowie die geforderte ratierliche Unverfallbarkeit
3.
Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH: Zur verdeckten Gewinnausschüttung durch
Rentenzahlung
Kernaussage
Steuerrechtlich ist nicht zu beanstanden, dass eine Pensionszusage nicht vom Ausscheiden des
Geschäftsführers aus dem Dienstverhältnis abhängig gemacht wird. Um eine (teilweise) verdeckte
Gewinnausschüttung (vGA) zu vermeiden, sollte der Geschäftsführer jedoch sein Einkommen aus der
fortbestehenden Tätigkeit auf die Versorgungsleistungen anrechnen lassen.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, die ihrem zur Hälfte beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer WJ im
Oktober 1991 eine Versorgungszusage erteilte, die mit Vollendung des 67. Lebensjahr im März 2000
eintreten sollte. WJ vereinbarte im Februar 2000 mit der GmbH, dass er ab März 2000 seine Tätigkeit
nur noch zu 20 % ausführen und dafür ein reduziertes Gehalt erhalten werde. Zugleich zahlte die
Klägerin ab März 2000 die vereinbarte Pension in ungekürzter Höhe. Das Finanzamt (FA) erkannte die
Pension dem Grunde nach an, da sich WJ ab März 2000 tatsächlich im Ruhestand befand und nur
noch im geringen Umfang tätig war. In Höhe des weiterhin gezahlten Gehalts nahm das FA jedoch
eine vGA an und forderte eine Anrechnung dieses Gehalts auf die Pensionsleistung.
Entscheidung
Während das Finanzgericht (FG) der Klägerin folgte, entschied der BFH im Revisionsverfahren zu
Gunsten des Fiskus. Durch die fortbestehende entgeltliche Tätigkeit trotz Zahlung der Pension
entstehe eine vGA. Die Vorinstanz sei richtigerweise davon ausgegangen, dass die
Versorgungszusage nicht von dem gänzlichen Ausscheiden des Begünstigten abhängig ist. Sie habe
jedoch übersehen, dass der Bezug einer Pension mit zeitgleichem Bezug eines laufenden
Geschäftsführergehalts den Anforderungen eines gewissenhaften und ordentlichen Geschäftsführers
widerspricht. Dieser hätte darauf bestanden, dass sein Einkommen auf die Pension angerechnet wird,
bis die Tätigkeit endgültig beendet ist. Als unschädlich solle jedoch gelten, dass neben der
Versorgungsleistung ein laufendes Gehalt aus anderen Dienstverhältnissen gezahlt oder eine andere
Funktion außerhalb des Dienstverhältnisses übernommen werde.
Konsequenz
Das Urteil stellt klar, dass Gesellschafter-Geschäftsführer nicht daran gehindert werden, ihrer Tätigkeit
auch nach vereinbartem Renteneintritt nachzugehen. Die vereinbarte Pension wird in diesen Fällen
steuerlich weiterhin anerkannt. Es sollte jedoch zur Vermeidung einer (teilweisen) vGA eine
Anrechnung des weiterhin erhaltenen Gehalts auf die Pensionszahlungen vereinbart werden.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
25/25
BS WESTDEUTSCHLAND GmbH
Wirtschaftsprüfung ▪ Steuerberatung
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
- Villa Bredeney Frankenstraße 348
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Telefon: 02 01/8 78 56-0
Telefax: 02 01/8 78 56-33 oder -49
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Steuer-Nr.: 5112/5784/0165
Erfolgreiche Teilnahme am
System der Qualitätskontrolle
der WP-Kammer
Prüfungsgesellschaft für
Qualitätskontrolle
Ihre Mandanteninformationen des Monats Juni 2014
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im
Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende
Sachverhalte zu überprüfen.
Bitte lesen Sie im Einzelnen:
Inhalt
Privatbereich
1.
"Cum-ex-Geschäfte": Wird Erwerber wirtschaftlicher Eigentümer?
2.
Nachabfindungsansprüche: Grunderwerbsteuerpflichtig?
3.
Vollstreckungsaufschubvoraussetzungen
4.
Pferdezucht und Liebhaberei
5.
Vorratsdatenspeicherung
6.
Rückwirkende Verlustabzugsneuregelung
7.
Schwerbehindertenausweis: Fortgeltung bei gerichtlicher Überprüfung?
8.
Kindergeld und Zweitwohnsitz
9.
GrEStG: Kann Erbengemeinschaft selbstständiger Rechtsträger sein?
10.
Wird Schlusserbe Ersatzerbe?
11.
Zur Bestimmbarkeit eines Personenkreises
12.
Beweisverwertungsverbote im Besteuerungsverfahren
13.
"In camera"-Verfahren: Kostenentscheidung?
14.
Zur Veröffentlichung von schwerwiegenden berufsrechtlichen Verfehlungen unter Namensnennung
15.
Zuwendungszeitpunkt eines Kontoguthabens (Schenkungsteuer)
16.
Zur Unwirksamkeit des Kündigungsausschlusses einer "Nettopolice"
17.
Die vorausgefüllte Steuererklärung
1/26
18.
Erbschaftsteuer: Zum Billigkeitserlass
19.
Begünstigtes Betriebsvermögen und Pflichtteilsverbindlichkeiten
Unternehmer und Freiberufler
1.
Private Nutzung des Dienstwagens: Reichweite des Anscheinsbeweis
2.
Steuersatz für eBooks und Online-Bibliotheken
3.
Steuerbefreiung für heilberufliche Tätigkeiten
4.
Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen: Neues vom BMF
5.
Ohne Leistungserbringung gibt es keinen Vorsteuerabzug aus Anzahlungen
6.
Warum Kaffee nicht begünstigt ist, Latte Macchiato aber ggf. doch
7.
Berufsrecht: Werbung mit Kurzbezeichnung
8.
Lohnabrechnung: Pflicht zur Prüfung der Sozialversicherungspflicht (Berufsrecht)
9.
Finalität ausländischer Betriebsstättenverluste
10.
Rechtsprechungsänderung: Zur Haftung bei Subventionsbetrug
11.
Schlachtwertansatz bei Zuchtsauen?
12.
Reiner Weinbaubetrieb: Durchschnittssatzgewinnermittlung?
13.
Investmentfonds und Steuerbefreiung
14.
Flashmob-Aktionen als Arbeitskampfmittel
15.
Gewerberaummiete: Schönheitsreparaturen
16.
Betriebsratsbeschlussfassung: Zur Heilung von Ladungsfehlern
17.
Zur Dienstwagenüberlassung
18.
Zur Charakterisierung von Anschaffungsdarlehen als Dauerschuld
19.
AGB bei Gewerberaummiete
Privatbereich
1.
"Cum-ex-Geschäfte": Wird Erwerber wirtschaftlicher Eigentümer?
Kernaussage
Mangels wirtschaftlichen Eigentums kann in bestimmten Konstellationen des sogenannten
"Dividendenstrippings" keine doppelte Anrechnung von Kapitalertragsteuer erfolgen.
Sachverhalt
Aktien eines börsennotierten Unternehmens wurden mit ("Cum") Dividendenanspruch von einem
ausländischen Broker im außerbörslichen Handel erworben. Die Lieferung der Aktien erfolgte nach
dem Dividendenstichtag ("ex"). Diese Gestaltung wurde gewählt, da die Gesellschaft zwischenzeitlich
eine Ausschüttung beschlossen hatte, die Auszahlung jedoch noch dem Alteigentümer zustand.
Infolgedessen erhielt der Erwerber (eine GmbH) eine Art Dividendenausgleichszahlung. Anschließend
wurden die Aktien zurückverkauft. Die das Depot verwaltende Bank bescheinigte dem Rechtsinhaber
(Dividendenempfänger) sowie auch dem Erwerber den Einbehalt von Kapitalertragsteuer. Im
entschiedenen Fall versagte das Finanzamt dem Erwerber die Anrechnung der Kapitalertragsteuer mit
der Begründung, er sei nie wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien geworden. Hiergegen klagte der
Erwerber. Das Finanzgericht (FG) Hamburg wies die Klage ab. Daraufhin legte der Erwerber Revision
beim Bundesfinanzhof (BFH) ein.
Entscheidung
Der BFH hat aufgrund der Umstände der Geschäftsabwicklung wirtschaftliches Eigentum und damit
2/26
die Anrechnungsmöglichkeit beim Erwerber verneint. Zum einen habe das Kreditinstitut den Erwerb
fremdfinanziert. Zum anderen habe der Erwerber die Wertpapiere lediglich im Rahmen einer
Wertpapierleihe gehalten. Des Weiteren habe der Erwerber das vollständige Marktpreisrisiko im
Rahmen eines Total Return Swaps auf das Kreditinstitut übertragen. In solchen Fällen sei er nicht in
der Lage, den Eigentümer aus seiner rechtlichen Stellung zu verdrängen. Mangels Kapitaleinkünften
könne somit keine Anrechnung erfolgen. Auf dieser Basis hat der BFH die Sache an das FG
zurückverwiesen, weil noch Ungewissheiten über die Höhe der festzusetzenden Körperschaftsteuer
bestanden.
Konsequenz
Die Gestaltungen des Dividendenstrippings sowie der Wertpapierleihe beschäftigen gleichermaßen
Gerichte und Finanzverwaltung. Mehrfach wurde vorher entschieden, dass das Dividendenstripping
rechtmäßig ist. Nun schoben die Gerichte der Gestaltung zumindest für den Fall des fehlenden
wirtschaftlichen Eigentums einen Riegel vor.
2.
Nachabfindungsansprüche: Grunderwerbsteuerpflichtig?
Kernaussage
Der Erhalt eines Grundstücks durch einen weichenden Erben vom Hoferben für einen Verzicht auf
Nachabfindungsansprüche nach § 13 HöfeO ist nicht grunderwerbsteuerfrei.
Sachverhalt
Im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertrugen Eltern ihren landwirtschaftlichen Betrieb, einen
Hof im Sinne der Höfeordnung (HöfeO), mit notariell beurkundetem Vertrag aus dem Jahr 1998
(Hofübergabevertrag) auf ihren Sohn S. Ihr zweites Kind, Tochter T, sollte eine Abfindung in Höhe von
16.000 DM erhalten. Mit dem Erhalt des Betrages von 16.000 DM vom Höfevermögen gemäß § 12
HöfeO erklärte sich T für abgefunden und verzichtete auf weitergehende Ansprüche. Außerdem
verzichtete sie auf Ansprüche gemäß § 13 HöfeO für den Fall, dass S bei Verkauf landwirtschaftlicher
Grundstücke mit dem Erlös landwirtschaftliche Ersatzflächen erwerben sollte. Vor dem Hintergrund,
dass S als Hoferbe plante, einen Teil des zum Hof gehörenden Landes zu Bebauungszwecken zu
veräußern bzw. Erbbaurechte daran zu bestellen, vereinbarten S und T eine weitere Regelung
hinsichtlich des Nachabfindungsanspruchs aus § 13 HöfeO mit Vertrag vom 26.3.2004
(Nachabfindungsvertrag). Nach diesem Vertrag stand T in dem Fall, dass die Grundstücke oder Teile
davon Baulandqualität erhalten sollten, ein Anspruch auf Übertragung eines Baugrundstücks zur
Größe von 1.000 qm nach eigener Wahl zu. Außerdem war in dem Vertrag geregelt, dass T mit Erhalt
des Baugrundstücks auf sämtliche weiteren Ansprüche gemäß § 13 HöfeO gegenüber dem Hoferben
verzichtet. Ein weiterer Vertrag wurde zwischen den Geschwistern am 29.6.2006 geschlossen. Darin
war geregelt, dass S eine noch abzuvermessende Teilfläche in der Größe von 1.000 qm lastenfrei an T
übertragen sollte. Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom 4.8.2006 gegenüber T Grunderwerbsteuer
fest. Der Bescheid wies als zu besteuernden Rechtsvorgang den Übertragungsvertrag vom 29.6.2006
aus. Der Einspruch der T gegen die Grunderwerbsteuerfestsetzung blieb erfolglos. Daraufhin erhob sie
Klage beim Finanzgericht Münster.
Entscheidung
Die Richter wiesen die Klage der T ab. Nach Ansicht der Richter war der Grunderwerbsteuerbescheid
rechtmäßig. Der Übertragungsvertrag vom 29.6.2006 unterliege der Grunderwerbsteuer. Erst durch
diesen Vertrag sei ein Anspruch der T auf Übereignung eines hinreichend konkretisierten Grundstücks
begründet worden, da die Parteien die Grenzen des künftigen Grundstücks erst in diesem Vertrag in
einer - der notariellen Urkunde beigefügten - Skizze eindeutig bezeichnet hatten. Entgegen der
Auffassung der Klägerin sei der Erwerbsvorgang nicht von der Grunderwerbsteuer befreit. Es lagen
weder die Voraussetzungen für eine Befreiung aufgrund eines Grundstückserwerb von Todes wegen
noch aufgrund einer Grundstücksschenkung unter Lebenden vor. Der in dem Nachabfindungsvertrag
erklärte Verzicht auf den Nachabfindungsanspruch aus § 13 HöfeO könne nicht als Verzicht auf einen
entstandenen Pflichtteilsanspruch angesehen werden. Denn T standen die Abfindungsansprüche nach
§§ 12, 13 HöfeO als weichende Miterbin zu und nicht als Pflichtteilsberechtigte. Der Verzicht auf den
Nachabfindungsanspruch aus § 13 HöfeO sei nicht als Ausschlagung einer Erbschaft oder eines
Vermächtnisses anzusehen. Der im Erbschaftsteuergesetz verwendete Begriff des Vermächtnisses
erfasse nur Zuwendungen durch Verfügung von Todes wegen, also rechtsgeschäftliche
3/26
Vermächtnisse. Der Anspruch aus § 13 HöfeO ist aber gesetzlicher Natur. An dieser Natur ändere sich
auch nichts dadurch, dass der Hof rechtsgeschäftlich, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge,
übertragen worden ist. Eine Grundstücksschenkung unter Lebenden liege ebenfalls nicht vor. In dem
von T erklärten Verzicht auf den Nachabfindungsanspruch nach § 13 HöfeO liege eine die
Freigebigkeit ausschließende Gegenleistung vor. Mangels Vertrag mit dem Erblasser, liege in dem
Verzicht kein Erbverzicht vor. Es liege auch kein Verzicht auf Zuwendungen nach § 2352 BGB vor, da
diese Vorschrift nur Zuwendungen erfasst, die ihre Grundlage in einer Verfügung von Todes wegen
haben, was hier jedoch nicht der Fall war. Auch die Voraussetzungen für eine Befreiung von der
Grunderwerbsteuer wegen Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstücks durch Miterben zur
Teilung des Nachlasses lagen nicht vor. Gegen die Entscheidung wurde Revision beim
Bundesfinanzhof (BFH)eingelegt.
Konsequenz
Im Hinblick auf die ausstehende Entscheidung des BFH sollten Betroffene ihre Bescheide offen halten.
3.
Vollstreckungsaufschubvoraussetzungen
Kernaussage
Soweit im Einzelfall die Vollstreckung eine unbillige Härte darstellt, kann die Vollstreckungsbehörde sie
einstweilen einstellen oder beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben. Ob dieses
Ermessen der Behörde im vorläufigen Rechtsverfahren auch dem Gericht zusteht, wenn keine
Ermessensreduzierung auf null vorliegt, ist umstritten. Das Finanzgericht geht von einem gerichtlichen
Interimsermessen aus.
Sachverhalt
Die Antragstellerin beantragt im Wege der einstweiligen Anordnung den Vollstreckungsaufschub. Sie
sei seit 25 Jahren selbständig tätig und in der Vergangenheit ihren steuerlichen Verpflichtungen
nachgekommen. Ende 2012 sei sie unverschuldet in eine finanzielle Schieflage geraten, weil Aufträge
nach Erbringung erheblicher Vorleistungen durch sie storniert worden seien. Daher konnte sie die
Ende 2012 fällig gewordenen Steuern nicht aufbringen. Die Antragstellerin rechnet jedoch in naher
Zukunft mit der Generierung von Aufträgen. Das Finanzamt betreibt die Vollstreckung wegen
Forderungen in Höhe von 41.000 EUR. Die Antragstellerin beantragt Vollstreckungsaufschub.
Entscheidung
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. Das Gericht kann eine einstweilige Anordnung zur
Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese
Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig ist, um wesentliche Nachteile
abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Da es
dem Gericht grundsätzlich verwehrt ist, anstelle der Verwaltung eine Ermessensentscheidung zu
treffen, bestehen lediglich in den Fällen der Ermessensreduzierung auf null keine Bedenken gegen
eine einstweilige Anordnung. Das Finanzgericht geht von der gerichtlichen Befugnis aus, im Rahmen
der einstweiligen Anordnung im Hinblick auf Billigkeitsentscheidungen wie Stundung, Erlass oder
Vollstreckung Interimsermessen auszuüben. Der zulässige Antrag war jedoch unbegründet, da die
weiteren Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vorlagen. Insbesondere
war eine kurzfristige Tilgung bei der Antragstellerin nicht zu erwarten. Vielmehr hatte sie lediglich zur
vagen Hoffnung auf die Erteilung lukrativer Aufträge vorgetragen.
Konsequenz
Um Vollstreckungsschutz zu erlangen, müssen der Höhe nach angemessene Raten angeboten
werden, um somit eine kurzfristige Tilgung der Steuerschulden zu dokumentieren. Der Antrag kann
auch im gerichtlichen Verfahren gestellt werden.
4.
Pferdezucht und Liebhaberei
Kernaussage
Eine nur mit 2 – 3 Zuchtstuten geführte Pferdezucht kann nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben
werden.
Sachverhalt
Der Kläger war in den Streitjahren nichtselbstständig tätig. Er erklärte erstmals im Jahr 2004
gegenüber dem Finanzamt (FA) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Pferdezucht im
4/26
Nebenerwerb). Der Kläger hielt zwischen 1 bis 3 Zuchtstuten und veräußerte in einzelnen Jahren
jeweils ein Fohlen. Teilweise wurden Fohlen aber auch tot geboren und es verendete auch mal eine
Zuchtstute. In den Jahren 2004 bis 2010 erklärte der Kläger pro Jahr jeweils Verluste zwischen ca.
9.000 EUR und 16.500 EUR. Für 2004 bis 2009 berücksichtigte das FA die Verluste nach § 165 Abs. 1
AO. Der Kläger teilte auf eine Anfrage zur Gewinnerzielungsabsicht mit, dass er vor Aufnahme der
Tätigkeit zwar keine Marktuntersuchung vorgenommen habe und er noch 2 Jahre lang mit Verlusten
rechne, danach aber Gewinne erwarte. Werbemaßnahmen seien nicht durchgeführt worden. Der
Tätigkeit widme er sich ca. 60 Stunden monatlich. Er gab am 21.9.2009 an, dass geplant sei, die Zucht
auf 4 Zuchtstuten zu erweitern. Die 6 vorhandenen Ställe würden dann für Pensionspferde genutzt. Im
Jahr 2004 sei eine Baugenehmigung für einen neuen Stall beantragt worden. Für das Wirtschaftsjahr
2009/2010 werde ein Gewinn von ca. 12.000 EUR erwartet. Nach dem Bau des Stalles sei mit einem
Gewinn von 18.000 EUR bis 20.000 EUR zu rechnen. Dass der Bauantrag abgelehnt worden war,
teilte der Kläger am 10.2.2012 mit. Daher fielen die Zusatzeinnahmen für Pensionspferde weg.
Außerdem seien 2 tragende Zuchtstuten seien verendet, eine habe verfohlt. Die Pferdezucht werde
zum 31.12.2010 aufgegeben. Durch Einkommensteuerbescheide aus 2012 erkannte das FA die
Verluste 2004 - 2010 nicht mehr an. Im dagegen eingelegten Einspruch trug der Kläger vor, er habe
die Land- und Forstwirtschaft beendet, als klar geworden sei, dass ein Überschuss nicht erzielt werde.
Den Einsprüchen für 2004 bis 2006 gab das FA statt, die Einsprüche für 2007 bis 2010 wies es
dagegen zurück.
Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) gab dem FA Recht. Es liege wegen fehlender
Gewinnerzielungsabsicht eine steuerlich nicht relevante Liebhaberei vor. Obwohl die Verluste sogar
noch stiegen, führte der Kläger den Betrieb unverändert fort. Nach Ansicht Richter konnte die
Pferdezucht des Klägers von vornherein keinen Totalgewinn abwerfen. Mangels einer objektiven
Gewinnerzielungsmöglichkeit hatte der Kläger auch keine Gewinnerzielungsabsicht. Zur Annahme
einer Gewinnerzielungsabsicht genüge nicht, dass theoretisch eine Gewinnchance bestand. Die in den
Jahren 2004 bis 2010 unterhaltene Pferdezucht führte insgesamt zu Verlusten von rund 70.000 EUR,
ohne dass diese durch mögliche stille Reserven ausgeglichen gewesen waren. Hinzu käme, dass die
Pferdezucht auch nicht nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen betrieben wurde. Die Verkäufe der
Fohlen erfolgten nicht auf Auktionen, sondern über Bekannte bzw. Inserate in Pferdezeitschriften. Die
erhofften hohen Preise für Fohlen entsprachen nicht einer realistischen Einschätzung der
Marktsituation. So könnten auf Fohlen-Auktionen erzielte Preise nicht als Vergleichspreise
herangezogen werden. Um wirtschaftlich mit Gewinn züchten zu können, werde die Pferdezucht auf
einer zu schmalen Basis betrieben. Bei der Pferdezucht komme die Qualität im Ganzen aus der
Quantität. Hohe Verkaufspreise seien regelmäßig nur zu erzielen, wenn aus einer genügend großen
Zahl von Fohlen die Besten ausgewählt werden können. Nur dann sei ein entsprechender Gewinn zu
erwarten. Dieser müsse nicht nur die beträchtlichen Aufzucht- und Ausbildungskosten der verkauften
Tiere decken, sondern züchterische Fehlschläge bei nicht abgesetzten Pferden ausgleichen. Bereits
vor 2004 wurden Pferde aus privaten Gründen gehalten. Der Plan, Pferde zu züchten, beruhe darauf,
dass die Tochter krankheitsbedingt nicht mehr Turniere reiten konnte, so dass – teilweise mit dem
vorhandenen Pferdebestand – eine Zucht aufgebaut werden sollte. Im vorliegenden Fall konnte nach
Ansicht des Gerichts auch nicht angenommen werden, dass der Kläger die fehlende
Gewinnerzielungsmöglichkeit verkannt hat. Spätestens ab dem Jahr 2007 sei ihm bewusst gewesen,
dass auf der bisherigen Basis ein Totalgewinn nicht zu erzielen sei. Soweit er ursprünglich geplant
habe, Pensionspferde in neu zu errichtenden Boxen aufzunehmen und damit die Verluste
auszugleichen, war dieser Plan jedenfalls mit der abschlägigen Bescheidung ihres Bauantrags
gescheitert. Bei einem Pferdezuchtbetrieb müsse mit Rückschlägen wie genetisch bedingten
Fehlzüchtungen oder Verletzungen bei der Fohlenaufzucht gerechnet werden. Außerdem müssten
erhebliche Tierarztkosten berücksichtigt werden. Es gelte auch hier, dass die Folgen einzelner
züchterischer Fehlschläge nur durch Quantität ausgeglichen werden können. Es sei nicht ersichtlich,
dass Maßnahmen ergriffen worden seien, um den Betrieb wirtschaftlicher zu führen. Vielmehr sei in
einigen Jahren sogar gänzlich darauf verzichtet worden, die Stuten decken zu lassen, um Kosten zu
sparen. Dadurch seien Einnahmen aus zu erwartenden Fohlen aber gerade nicht mehr zu erzielen.
5/26
Konsequenz
Die Entscheidung zeigt auf, welche Voraussetzungen zu erfüllen sind, um eine Pferdezucht nicht als
Liebhaberei, sondern mit Gewinnerzielungsabsicht zu betreiben.
5.
Vorratsdatenspeicherung
Kernaussage
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Daten für
ungültig erklärt. Sie beinhaltet nach Auffassung des EuGH einen Eingriff von großem Ausmaß und
besonderer Schwere in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz
personenbezogener Daten, der sich nicht auf das absolut Notwendige beschränkt.
Sachverhalt
Durch die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung sollten die diesbezüglichen Vorschriften innerhalb
der einzelnen Mitgliedsstaaten harmonisiert werden. Es sollte sichergestellt werden, dass die Daten
von Kommunikationsdiensten zur Verhütung, Ermittlung und Verfolgung schwerer Straftaten wie
organisierter Kriminalität und Terrorismus zur Verfügung stehen. Der österreichische
Verfassungsgerichtshof und der irische High Court riefen den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an,
um zu überprüfen, ob die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung gegen das Grundrecht auf Achtung
des Privatlebens sowie das Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten verstößt.
Entscheidung
Der EuGH erklärte die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für ungültig. Zunächst können aus den
auf Vorrat zu speichernden Daten sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben der Personen, deren
Daten gespeichert werden, gezogen werden, womit in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens
und des Schutzes personenbezogener Daten eingegriffen wird. Auch wenn die Zielsetzung
(Bekämpfung schwerer Kriminalität) dem Gemeinwohl dient, so wird hier doch unverhältnismäßig in die
Grundrechte der Unionsbürger eingegriffen. Notwendig ist, dass die Eingriffe auf Basis der Richtlinie
auf das Notwendigste beschränkt werden und zudem gewährleistet wird, dass eine missbräuchliche
Verwendung der Daten ausgeschlossen ist.
Konsequenz
Nachdem das Bundesverfassungsgericht das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung für
ungültig erklärt hatte, wollte der deutsche Gesetzgeber das nun ergangene EuGH-Urteil abwarten.
Auch wenn der Koalitionsvertrag eine Umsetzung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vorsieht,
so ist nun völlig offen, ob, wie und wann eine diesbezügliche Regelung in Deutschland erfolgt.
6.
Rückwirkende Verlustabzugsneuregelung
Kernaussage
Durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2010 wurde die Feststellung eines verbleibenden
Verlustvortrags neu gefasst und eine grundsätzliche Bindung an die der Einkommensteuerfestsetzung
zugrunde liegende Besteuerungsgrundlage festgeschrieben. Diese Neuregelung gilt erstmals für
Verluste, für die nach dem 13.12.2010 (Tag der Verkündung des Gesetzes) eine Erklärung zur
Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben wird. Für den Erlass eines
Verlustfeststellungsbescheids ist damit zwingend erforderlich, dass der Verlust in einer
Einkommensteuerfestsetzung festgestellt worden ist oder festgestellt werden könnte. Mangels einer
schützenswerten Vertrauensgrundlage ist hiermit keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung
verbunden.
Sachverhalt
Der Kläger, ein gelernter Flugzeugmechaniker, begehrte den Abzug von Kosten für den Lehrgang zum
Verkehrsflugzeugführer
als Werbungskosten.
Das Finanzamt ließ
jedoch
nur
den
Sonderausgabenabzug begrenzt auf 4.000 EUR zu und setzte die Steuer im
Einkommensteuerbescheid für 2008 auf 0 EUR fest. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Am
12.12.2011 erklärte der Kläger im Rahmen einer Erklärung zur gesonderten Feststellung des
verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2008 vorweggenommene Werbungskosten für die
Ausbildung zum Verkehrspiloten in Höhe von rund 26.000 EUR. Das Finanzamt lehnte die
Verlustfeststellung ab.
6/26
Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die begehrte Feststellung eines
verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer ist durch die Änderungen des JStG 2010
ausgeschlossen. Die gesetzliche Neuregelung, die für die Feststellung eines verbleibenden
Verlustvortrags
die
Berücksichtigung
der
Besteuerungsgrundlagen,
wie
sie
der
Einkommensteuerfestsetzung zugrunde liegen, verlangt, gilt erstmals für Verluste, für die die Erklärung
nach dem 13.12.2010 abgegeben wird. Eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung ist
mangels schützenswerter Vertrauensgrundlage nicht gegeben. Die Einkommensteuerfestsetzung des
Klägers war zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der Neuregelung noch nicht bestandskräftig,
so dass der Kläger eine für die Verlustfeststellung notwendige Änderung der im
Einkommensteuerbescheid zu Grunde gelegten Besteuerungsgrundlagen hätte herbeiführen können.
Die Neuregelung führt zudem im Wesentlichen zu dem gleichen Ergebnis wie die vormals herrschende
Rechtspraxis.
Konsequenz
Die zugelassene Revision zum Bundesfinanzhof wurde eingelegt. Betroffene sollten daher ergangene
Bescheide offen halten.
7.
Schwerbehindertenausweis: Fortgeltung bei gerichtlicher Überprüfung?
Kernaussage
Die Herabsetzung des Grades der Behinderung von 80 oder mehr auf weniger als 50 ist
einkommensteuerrechtlich ab dem im Bescheid genannten Zeitpunkt zu berücksichtigen, so dass
Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie Familienheimfahrten im Rahmen
einer doppelten Haushaltsführung ab diesem Zeitpunkt nur noch mit der Entfernungspauschale und
nicht mehr mit den tatsächlich entstandenen Kosten zu berücksichtigen sind.
Sachverhalt
Der Kläger wurde mit Bescheid von Mai 1994 als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung
von 80 anerkannt. Dieser Bescheid wurde durch den Bescheid aus Dezember 1999 aufgehoben, in
dem ein Grad der Behinderung von 20 festgestellt wurde. Den sozialgerichtlichen Rechtsweg hat der
Kläger erfolglos ausgeschöpft. In den Streitjahren bis zum Jahr 2007 war der Kläger weiterhin Inhaber
eines Schwerbehindertenausweises, in dem ein Grad der Behinderung von 80 ausgewiesen wurde. Im
Jahr 2005 erließ das beklagte Finanzamt (FA) geänderte Einkommensteuerbescheide, in denen es die
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nur noch im Rahmen der Entfernungspauschale und
nicht wie zuvor mit den tatsächlichen Kosten berücksichtigte. Im Rahmen der Klage ist der Kläger der
Ansicht, dass die Herabsetzung des Grades der Behinderung erst mit Abschluss des
Beschwerdeverfahrens vor dem Bundessozialgericht im Jahr 2007 bestandskräftig geworden ist.
Entscheidung
Die Klage sowie die Nichtzulassungsbeschwerde haben keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat
bereits hinreichend geklärt, dass trotz Fortgeltung des Schwerbehindertenausweises bis zur
Bestandskraft des Neufeststellungsbescheids einkommensteuerrechtlich der herabgesetzte Grad der
Behinderung ab der Neufeststellung zu berücksichtigen ist. Dem Feststellungsbescheid wird somit
Vorrang gewährt. Er bindet die Finanzbehörde. Der Vorrang der Neufeststellung beruht auf einer
steuerspezifischen Betrachtungsweise, die den Grundsatz der Besteuerung nach der finanziellen
Leistungsfähigkeit zugrunde legt. Behinderungsbedingt erhöhte Wegekosten sind damit ab dem
Zeitpunkt der rechtskräftigen Neufeststellung nicht mehr zu erwarten.
Konsequenz
Die über den Neufeststellungszeitpunkt hinausgehende Inanspruchnahme der tatsächlichen
Fahrtkosten ist nicht mit dem Gleichheitssatz vereinbar. Denn der Grund für die steuerliche
Begünstigung bei einem erheblichen Grad der Behinderung, nämlich die fehlende Möglichkeit zur
Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel, ist im Neufeststellungszeitpunkt tatsächlich entfallen.
8.
Kindergeld und Zweitwohnsitz
Kernproblem
Innerhalb der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) kann es
vorkommen, dass in mehreren Ländern zugleich ein gesetzlicher Anspruch auf Kindergeld entsteht.
7/26
Für diese Anwendungsfälle existiert die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der
Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige,
die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern. Hier gibt es Zuständigkeitsregelungen, die eine
Sicherung der Ansprüche gewähren oder Doppelberücksichtigung verhindern sollen. Wurde
Kindergeld in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig gewährt, führte das zum Wegfall der
Begünstigung im Inland. Hier hat sich jedoch die Rechtsprechung weiterentwickelt.
Sachverhalt
Ein deutscher Staatsangehöriger und Vater von 2 Töchtern bewohnte bereits seit 1977 eine
Einliegerwohnung seiner Eltern in Rheinland-Pfalz. Nachdem er im Jahr 2005 arbeitslos geworden
war, trat er im Jahr 2006 eine Beschäftigung in Prag an. Ehefrau und Kinder zogen mit um. Die
bisherige Wohnung wurde beibehalten und mit der Familie während des Urlaub und der Schulferien
umfangreich (und nicht mit einer Ferienwohnung vergleichbar) genutzt. Einige Jahre später verlangte
die Familienkasse das nach dem Umzug gezahlte Kindergeld zurück, weil kein Wohnsitz in
Deutschland vorläge. Die dagegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz
zurück. Nach dessen Ansicht hatte zwar ein Zweitwohnsitz in Deutschland vorgelegen; der Anspruch
auf Kindergeld sei aber ausgeschlossen, weil nach der VO Nr. 1408/71 das Recht des
Beschäftigungsstaates Tschechien gelte, obwohl der Vater dort nach eigener Aussage kein Kindergeld
erhalten habe. Der Vater zog vor den Bundesfinanzhof (BFH).
Entscheidung
Der BFH bestätigte zunächst die Wohnsitzentscheidung des FG, weil ein Wohnsitz weder den
überwiegenden Aufenthalt im Inland (z. B. nach der 183-Tage-Regelung) noch den Lebensmittelpunkt
voraussetze. Ob die VO Nr. 1408/71 überhaupt zur Anwendung kam, vermochte der Senat mangels
Feststellung des Versicherungsstatus des Vaters nicht zu entscheiden. Er stellte jedoch klar, dass
selbst für den Fall der Anwendbarkeit keine Sperrwirkung des Rechts des nicht zuständigen
Mitgliedstaats eintrete, folglich Ansprüche allein nach dem deutschen EStG zu beurteilen sind. An der
gegenteiligen Auffassung werde nach neuer Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht
mehr festgehalten.
Konsequenz
Im Ausland gewährte Ansprüche führen nach Auffassung des Senats nicht zu einer vollständigen
Versagung des deutschen Kindergelds, sind aber gegenzurechnen, so dass ein Differenz-Kindergeld
zur Auszahlung gelangt.
9.
GrEStG: Kann Erbengemeinschaft selbstständiger Rechtsträger sein?
Kernfrage
Eine Erbengemeinschaft ist zivilrechtlich nicht rechtsfähig. Sie stellt keine eigenständige
Rechtspersönlichkeit dar und ist somit auch nicht parteifähig, sondern handelt im Rechtssinn durch
ihre einzelnen Mitglieder entsprechend deren Erbanteile. Der Bundesfinanzhof hat diesen
zivilrechtlichen Grundsatz für Zwecke der Grunderwerbsteuer durchbrochen und die
Erbengemeinschaft wie eine Gesellschaft behandelt.
Sachverhalt
Eine Erbengemeinschaft bestehend aus 2 jeweils hälftig beteiligten Erben war Inhaberin einer 85
%igen Beteiligung an einer GmbH. Die GmbH wiederum hielt Grundbesitz. Durch verschiedene
gesellschaftsrechtliche Transaktionen - unter anderem eine Kapitalerhöhung, deren Konsequenzen
streitig geblieben sind - war die Erbengemeinschaft zuletzt Alleingesellschafter der
grundbesitzhaltenden GmbH geworden. Daraufhin setzte das Finanzamt gegen die
Erbengemeinschaft Grunderwerbsteuer fest. Hiergegen wandten sich die Erben mit der Begründung,
die Erbengemeinschaft sei nicht rechtsfähig, es sei darauf abzustellen, dass die GmbH Beteiligung den
Erben zuzurechnen sei.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof urteilte, dass die Erbengemeinschaft in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit
Erwerberin im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes sein könne. Das Erreichen der
Alleingesellschafterstellung bei der GmbH wiederum stelle in seiner wirtschaftlichen Bedeutung den
Erwerb von Grundbesitz dar. Erlangt eine Erbengemeinschaft mehr als 95 % der Anteile an einer
8/26
grundbesitzenden Gesellschaft, wird sie grunderwerbsteuerrechtlich ebenso behandelt, als habe sie
das Grundstück von der Gesellschaft erworben. Auf die Erbteile der Miterben sei nicht abzustellen,
weil die Erbengemeinschaft als einheitlicher Rechtsträger anzusehen sei. Wegen der auch in der
Revision noch streitigen Fragen um die Kapitalerhöhung wurde die Sache im Übrigen zur erneuten
Verhandlung an das Finanzgericht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurück verwiesen.
Konsequenz
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs durchbricht das zivilrechtliche Verständnis der
Erbengemeinschaft und ihrer Rechts- beziehungsweise Parteifähigkeit für Zwecke der
Grunderwerbsteuer. Hier muss die Erbengemeinschaft jetzt als einheitlicher Rechtsträger gesehen
werden; ein Abstellen auf einzelne Erbteile ist nicht (mehr) möglich.
10.
Wird Schlusserbe Ersatzerbe?
Kernfrage
Testamentarische Gestaltungen müssen umfassend ausgestaltet sein und alle denkbaren Alternativen
berücksichtigen. Enthalten Testamente Lücken, werden diese durch Auslegung geschlossen.
Regelmäßig ist die Auslegung ihrerseits aber nur aus dem Testament heraus möglich; das Ergebnis
der Auslegung muss im Testament zumindest angedeutet sein. Das Oberlandesgericht Hamm hatte
jetzt in einem Erbscheinverfahren darüber zu entscheiden, ob eine fehlende Ersatzerbeinsetzung
durch eine Schlusserbeinsetzung "ersetzt" werden kann.
Sachverhalt
Der Erblasser war in zweiter Ehe verheiratet und hatte mit seiner zweiten Frau ein Ehegattentestament
errichtet. Für den ersten Erbfall hatten sich die Ehegatten wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt. Zu
gemeinsamen Schlusserben hatten sie die Tochter des Erblassers aus erster Ehe sowie den Neffen
der Frau eingesetzt. Eine Ersatzerbeinsetzung fehlte in dem Testament ebenso wie weitere
Anhaltspunkte für eine etwaige Testamentsauslegung. Nach dem Tod des Erblassers schlug die Frau
das Erbe aus. Daraufhin beantragte die Tochter des Erblassers einen Alleinerbschein. Hiergegen
wandte sich der Neffe der Frau mit der Begründung, er sei wegen der Schlusserbeinsetzung, die als
Ersatzerbeinsetzung angesehen werden müsse, hälftiger Miterbe.
Entscheidung
Das Gericht wies den Antrag des Neffen ab. Die Schlusserbeinsetzung könne nicht in eine
Ersatzerbeinsetzung umgedeutet werden. Durch die Ausschlagung der Ehefrau stehe dieser kein
gesetzliches Erbrecht zu. Die testamentarisch geregelte Konstellation der Schlusserbeinsetzung liege
nach dem Erblasser nicht vor, weil er zuerst verstorben sei. Der Schlusserbeinsetzung liege
regelmäßig die Annahme zugrunde, dass der überlebende Ehegatte die Erbschaft auch annehme.
Schlägt der überlebende Ehegatte aber aus, dann erhält er die Verfügungsbefugnis über sein
Vermögen zurück. Für diesen Fall könne nicht angenommen werden, dass der Erblasser an seiner
Schlusserbeneinsetzung im Sinne einer wegen der Ausschlagung erforderlichen Ersatzerbeinsetzung
festhalten wolle. Denn die Tochter des Erblassers verliert durch die Ausschlagung die Aussicht Erbin
der überlebenden Ehefrau zu werden.
Konsequenz
Die Entscheidung zeigt die erforderliche Regelungsdichte einer testamentarischen Regelung; auch im
Hinblick auf unerwartete Handlungen des Erben. Ohne ausdrückliche Ersatzerbeinsetzung ist diese
regelmäßig wohl nicht durch Auslegung zu ersetzen.
11.
Zur Bestimmbarkeit eines Personenkreises
Rechtslage
Setzt ein Erblasser einen Erben ein, den er zugleich verpflichtet mit dem geerbten Vermögen einen
bestimmten Personenkreis zu fördern, stellt sich erbschaftsteuerlich die Frage, wer zur Erbschaftsteuer
herangezogen wird. Ist der Personenkreis dergestalt unbestimmt, dass kein konkreter Begünstigter zu
ermitteln ist, dann handelt es sich erbschaftsteuerlich um eine sogenannte Zweckzuwendung, die beim
unmittelbaren Erben der Erbschaftsteuer unterworfen wird. Ist der Kreis der Begünstigten bestimmbar,
werden diese zur Erbschaftsteuer herangezogen. Das Finanzgericht Münster hat zu den
Voraussetzungen der Annahme einer Zweckzuwendung entschieden, aber die Revision zum
Bundesfinanzhof ausdrücklich zugelassen.
9/26
Sachverhalt
Die Erblasserin hatte ihren ehemaligen Arbeitgeber zum Erben eingesetzt, diesem aber zur Auflage
gemacht, dass er mit dem geerbten Vermögen Arbeitnehmer unterstützen müsse, die in Not geraten
seien und die diese Not nicht durch andere Mittel, gleich von welcher Seite, lindern könnten. Das
Finanzamt sah hierin eine Zweckzuwendung an einen unbestimmten Personenkreis und zog den
Arbeitgeber zur Erbschaftsteuer heran. Dieser trug vor, die Auflage als Nachlassverbindlichkeit
abziehen zu können.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Auffassung des Finanzamtes Recht. Eine Zweckzuwendung sei
anzunehmen, wenn eine Zuwendung zweckgebunden erfolge und sich an einen unbestimmten
Personenkreis richte. Dabei sei der Personenkreis dann unbestimmt, wenn die begünstigten Personen
nur vage beschrieben und persönlich nicht ermittelbar seien. So verhalte es sich im vorliegenden Fall.
Insoweit sei es nicht ausreichend, dass der Personenkreis auf die Arbeitnehmer des Erben beschränkt
sei. Denn aus dieser Beschränkung könnten noch keine Rückschlüsse darauf gezogen werden, wer
letztendlich aus dem Personenkreis heraus begünstigt sein könnte.
Konsequenz
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Allerdings wird man nach ihr (einstweilen) annehmen
müssen, dass es zur Vermeidung einer Zweckzuwendung nicht ausreichend ist, einen begünstigten
Personenkreis zu beschreiben. Zusätzlich muss es auch dazu kommen, dass die letztendlich
begünstigten Personen über die Begünstigungsvoraussetzungen bestimmt werden können.
12.
Beweisverwertungsverbote im Besteuerungsverfahren
Kernaussage
Ein Verwertungsverbot folgt nicht aus einer möglichen Verwirklichung der Geheimnishehlerei durch die
Steuerbehörden. Beweismittel, die durch andere, auf rechtswidrige Weise verschaffte Beweismittel
mittelbar erlangt wurden, dürfen nur im Fall von qualifizierten grundrechtsrelevanten
Verfahrensverstößen oder bei in strafbarer Weise erlangten Erkenntnismitteln nicht verwertet werden.
Sachverhalt
Der Kläger hatte 1998 den überwiegenden Teil seines Forstes verkauft. Der Gesamtkaufpreis wurde
mit 4 Mio. DM angegeben. Nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens ergaben sich Anhaltspunkte
dafür, dass der Kläger neben dem beurkundeten Kaufpreis noch 800.000 DM in bar erhalten hatte. So
beinhaltete ein Vermerk einer Bank anlässlich der Gründung einer Stiftung, die Aussage, dass der
Verkauf des Forstbetriebes 4,8 Mio. DM erlöst hat. Zudem bestätigte der Käufer gegenüber der
Steuerfahndung eine Kaufpreiszahlung in dieser Höhe. Das Finanzamt erließ einen geänderten
Feststellungsbescheid für 1998 und erhöhte die dem Käufer gegenüber festgesetzte
Grunderwerbsteuer. Der Kläger macht ein qualifiziertes materielles Verwertungsverbot geltend und
klagte gegen den Steuerbescheid vor dem Finanzgericht (FG).
Entscheidung
Das FG wies die Klage ab. Ein unmittelbares oder mittelbares Verwertungsverbot folgt insbesondere
nicht aus einer möglichen Verwirklichung der Geheimnishehlerei. Nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) führt nicht jeglicher Verstoß gegen Form- und Ordnungsvorschriften
zwangsläufig zu einem Verwertungsverbot. Tatsachen sind lediglich dann schlechthin und ohne jede
Ausnahme unverwertbar, wenn die Ermittlung der Tatsachen einen verfassungsrechtlich geschützten
Bereich des Steuerpflichtigen verletzt oder wenn die Tatsachen in strafbarer Weise von der
Finanzbehörde erlangt worden sind. Nach diesen Grundsätzen erzeugen Beweisverwertungsverbote
grundsätzlich
auch
keine
Fernwirkung.
Mangels
qualifizierten
grundrechtsrelevanten
Verfahrensverstößen unterlagen weder der Vermerk der Bank noch die Aussage des Käufers einem
Verwertungsverbot. Weil der Ankauf von Daten nicht strafbar wäre, ergab sich auch kein
Verwertungsverbot aus einer möglichen behördlichen Straftat.
Konsequenz
Anders als in den USA ist es in Deutschland schwierig, aus Verfahrensfehlern Verwertungsverbote
abzuleiten, da in Deutschland Verfahrensfehler nicht das gesamte Verfahren "infizieren". Hier schied
ein Verwertungsverbot aus, da allenfalls marginale Verfahrensfehler vorlagen.
10/26
13.
"In camera"-Verfahren: Kostenentscheidung?
Kernaussage
Das Verfahren nach § 86 Abs. 3 FGO (sogenanntes in camera-Verfahren) ist jedenfalls dann ein
unselbständiges Zwischenverfahren ohne eigenständige Kostenentscheidung, wenn der Antrag nach §
86 Abs. 3 FGO erfolglos geblieben und/oder die im Rahmen des § 86 Abs. 3 FGO in Anspruch
genommene Behörde Beteiligte auch des Hauptsacheverfahrens ist.
Sachverhalt
Der Antragsteller beantragte in dem seine Geschäftsführerhaftung wegen Umsatzsteuer 2002 und
2003 betreffenden Klageverfahren beim Finanzgericht (FG) durch den Bundesfinanzhof (BFH)
festzustellen, dass die Weigerung der Vorlage des vollständigen Berichts zum Umsatzsteuerbetrug
aus 2011 durch das beklagte Finanzamt (FA) rechtswidrig war. Dieser Bericht, den das FG nicht
angefordert hatte, war ihm zusammen mit anderen Akten versehentlich übermittelt und auf
entsprechenden Hinweis des FA zurückgesandt worden. Dies erfolgte zugleich mit dem Hinweis an die
Beteiligten, dass der Bericht nicht Bestandteil der Akten sei, die das Gericht der Entscheidungsfindung
zugrunde legen würden.
Entscheidung
Der BFH wies den Antrag als unzulässig zurück. Nach § 86 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) sind
Behörden grundsätzlich zur Vorlage von Urkunden und Akten, zur Übermittlung elektronischer
Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Nach Abs. 2 der Vorschrift kann die Vorlage von Urkunden
oder Akten, die Übermittlung elektronischer Dokumente und die Erteilung von Auskünften verweigert
werden, wenn die Vorgänge aus bestimmten Gründen geheim gehalten werden müssen. Nach Abs. 3
der Vorschrift stellt der BFH auf Antrag eines Beteiligten in den Fällen der Abs. 1 und 2 ohne
mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder
Akten, die Übermittlung elektronischer Dokumente oder die Verweigerung der Erteilung von
Auskünften rechtmäßig ist. Vorliegend waren jedoch durch das FG gar keine Auskünfte oder
Unterlagen angefordert worden. Die Vorschrift ist auch nicht auf Fälle anzuwenden, in denen das FA
versehentlich übersandte Unterlagen zurückfordert. Eine Kostenentscheidung erfolgt infolge des
Antrags nicht, da es sich um ein unselbständiges Zwischenverfahren handelt, das keiner eigenen
Kostenentscheidung bedarf. Diese erfolgt mit der Hauptsache.
Konsequenz
Hinsichtlich der Kostenentscheidung hat sich die Rechtsprechung geändert. Bislang wurde der
Zwischenstreit nach § 86 Abs. 3 FGO als selbstständiges Nebenverfahren qualifiziert, so dass der
Beschluss eine Kostenentscheidung enthalten musste. Dies ist jetzt nicht mehr der Fall.
14.
Zur Veröffentlichung
Namensnennung
von
schwerwiegenden
berufsrechtlichen
Verfehlungen
unter
Kernaussage
Die richterlich angeordnete, nichtanonymisierte Veröffentlichung einer berufsgerichtlichen
Entscheidung, mit der besonders schwerwiegende berufsrechtliche Verfehlungen sanktioniert werden,
verstößt nicht gegen das Persönlichkeitsrecht.
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist niedergelassener Facharzt. Ihm wurde von der Ärztekammer vorgehalten,
gegenüber Privatpatienten Rechnungen erstellt zu haben, die nicht in Einklang mit der
Gebührenordnung für Ärzte stünden. Dabei ging es um die Abrechnung von "Sitzungen" ohne
persönliche Anwesenheit der Patienten in der Praxis. Die Verletzung der Berufspflichten stellte das
Berufsgericht in allen 4 zur Verhandlung stehenden Fällen fest. Es entzog dem Beschwerdeführer das
passive Berufswahlrecht und verhängte eine Geldbuße in Höhe von 25.000 EUR. Zudem ordnete das
Gericht an, dass das Urteil nach Rechtskraft im Ärzteblatt der zuständigen Ärztekammer unter voller
Namensnennung veröffentlicht werden darf. Das Landesberufungsgericht reduzierte die Geldbuße auf
20.000 EUR, bestätigte jedoch die weiteren Sanktionen. Gegen diese Entscheidungen legte der
Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde ein. Diese blieb erfolglos.
Entscheidung
Die Veröffentlichung der Verurteilung unter voller Namensnennung setze den Arzt zwar in der
11/26
Öffentlichkeit herab, jedoch hat die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse an einer solchen
Information. Es handelt sich um eine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage, da die Vorschrift
Fehlverhalten sanktionieren soll, welches das schützenswerte Vertrauen, das Angehörigen der
Heilberufe entgegengebracht wird, erschüttert oder zu erschüttern droht. Das Interesse der
Allgemeinheit, insbesondere der Gemeinschaft der Versicherten und der Kammerangehörigen, die ihr
Verhalten nach Kenntnis des Fehlverhaltens ausrichten können, rechtfertigt eine nicht anonymisierte
Veröffentlichung. Sofern es sich um die Veröffentlichung vereinzelter, herausgehobener Fälle handelt,
ist dies verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Verhältnismäßigkeit ist durch ausschließliche und
einmalige Veröffentlichung in einem berufsrechtlichen Medium gewahrt.
Konsequenz
In insgesamt 8 Landes - Heilberufekammergesetzen ist vorgesehen, dass die berufsrechtliche
Verurteilung eines Arztes mit einer Veröffentlichung des vollen Namens im Ärzteblatt einhergehen
kann. Ärzte haben also je nachdem, in welchem Bundesland sie praktizieren, mit unterschiedlichen
Konsequenzen durch ihre Verfehlungen zu rechnen.
15.
Zuwendungszeitpunkt eines Kontoguthabens (Schenkungsteuer)
Kernaussage
Eine Schenkung findet erst dann statt, wenn eine objektive Bereicherung des
Versprechensempfängers festzustellen ist. Die bloße Abgabe eines Schenkungsversprechens ist noch
keine freigebige Zuwendung.
Sachverhalt
Die Eltern des Klägers unterhielten bis Anfang 2004 bei 3 ausländischen Banken jeweils ein
Gemeinschaftskonto, über das beide Elternteile unabhängig voneinander verfügen konnten. Nach dem
Tod des Vaters, erbte die Mutter des Klägers das gesamte Vermögen. Das Guthaben der 3
Auslandskonten wurde nach dem Tod des Vaters auf ein jeweils neu eröffnetes Konto des Klägers bei
der jeweiligen Bank gutgeschrieben. Die Überweisungen erfolgten aufgrund von Aufträgen, die
ausschließlich von der Mutter des Klägers unterzeichnet waren. Die Ausstellungsdaten für die Aufträge
datieren auf einen Zeitpunkt zu Lebzeiten des Vaters. Schriftliche beziehungsweise notariell gefasste
Abreden gab es hierzu nicht. Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm das Vermögen bereits vor dem
Tod seines Vaters durch beide Elternteile zugewendet worden ist. Das beklagte Finanzamt ist der
Auffassung, dass das Vermögen nach dem Tod des Vaters vollständig auf die Mutter übergegangen ist
und diese allein im Anschluss die Schenkung an den Kläger tätigte. Entsprechend wurde
Schenkungsteuer festgesetzt.
Entscheidung
Die Klage vor dem Finanzgericht blieb erfolglos. Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Abgabe
eines Schenkungsversprechens stellt keine freigebige Zuwendung dar. Erst durch die Erfüllung des
Versprechens findet eine objektive Bereicherung des Versprechensempfängers statt. Nicht der Wille
der Beteiligten, sondern der tatsächliche Zeitpunkt der Vollziehung ist somit entscheidend. Wird die
Schenkung mittels Überweisung vollzogen, so findet mit Ausführung des Überweisungsauftrages die
tatsächliche Bereicherung des Zuwendungsempfängers und damit die Schenkung statt. Zu diesem
Zeitpunkt war der Vater des Klägers bereits verstorben, so dass das Vermögen zunächst auf die
Mutter des Klägers übergegangen war. Die Schenkung stammte somit ausschließlich aus dem
Vermögen der Mutter des Klägers. Innerfamiliäre Abreden können keine Vermögensmehrung beim
Kläger bewirken.
Konsequenz
Das Urteil verdeutlicht, dass eine Schenkung zu Lebzeiten des Erblassers vollständig vollzogen sein
muss. Im Fall der Zuwendung eines Kontoguthabens ist auf den Zeitpunkt der objektiven Bereicherung
zu achten.
16.
Zur Unwirksamkeit des Kündigungsausschlusses einer "Nettopolice"
Kernaussage
Die Vereinbarung der Unkündbarkeit einer Kostenausgleichsvereinbarung ("Nettopolice"), welche ein
Lebensversicherer zusammen mit dem Abschluss einer Lebens- und Rentenversicherung mit dem
Versicherungsnehmer vereinbart, ist unzulässig.
12/26
Sachverhalt
Die Klägerin, ein in Lichtenstein ansässiger Lebensversicherer, bot den Abschluss fondsgebundener
Rentenversicherungen an. Auf einem einheitlichen Formular wurden ein Versicherungsvertrag und
eine sogenannte Kostenausgleichsvereinbarung abgeschlossen. In der Kostenausgleichsvereinbarung
verpflichtet sich der Versicherungsnehmer einen bestimmten Betrag für Abschluss- und
Einrichtungskosten in 48 monatlichen Raten zu zahlen. In ihr ist bestimmt, dass die Auflösung des
Versicherungsvertrages nicht zur Beendigung der Kostenausgleichsvereinbarung führt und diese auch
nicht kündbar ist. Die Beklagte widerrief den Versicherungsvertrag und stellte sämtliche Zahlungen ein.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof entschied in der Revision, dass der Kündigungsausschluss unzulässig ist, da
er den Versicherungsnehmer nach den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen
unangemessen benachteiligt. Obwohl kein Verstoß gegen die rechtlichen Rückkaufswertvorgaben
vorliegt, kann eine Unkündbarkeit der Vereinbarung dazu führen, dass der Versicherungsnehmer mit
Verbindlichkeiten belastet wird, die über dem Rückkaufswert liegen. Während ein Abzug bei der
Verrechnung der Abschlusskosten mit den Prämien allenfalls dazu führen kann, dass der
Versicherungsnehmer keinen oder einen nur geringfügigen Rückkaufswert erhält, erhält er hier trotz
Kündigung der Versicherung nicht nur keinen Rückkaufswert, sondern er muss weitere Zahlungen an
den Versicherer leisten. Dies stellt eine unangemessene Benachteiligung dar. Konkret hatte der
Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag aufgrund des allgemeinen 30tägigen Widerrufsrechts
bei Lebensversicherungen widerrufen und damit auch der Kostenausgleichsvereinbarung die
Grundlage entzogen.
Konsequenz
Die Entscheidung setzt ein positives Signal für die Verbraucher. Renten- und Lebensversicherern wird
es erschwert, unabhängig von der Beendigung der Renten- und Lebensversicherung, beispielsweise
durch eine "unabhängige" Kostenausgleichsvereinbarung, die Provisions- und Abschlussgebühren zu
kassieren. Bei unüberlegt abgeschlossenen Verträgen sollte der Verbraucher das aus § 8 VVG
folgende Widerrufsrecht nutzen.
17.
Die vorausgefüllte Steuererklärung
Begriff
Die vorausgefüllte Steuererklärung ist ein kostenloses elektronisches Serviceangebot der
Steuerverwaltung. Es soll die Erstellung der Einkommensteuererklärung dadurch erleichtern, dass die
zu der Person bei der Steuerverwaltung gespeicherten Informationen angezeigt werden. Fehlerhafte
Angaben können damit bereits im Vorfeld durch eine Kontaktaufnahme beim Datenübermittler (z. B.
Arbeitgeber, Krankenversicherung) bereinigt werden.
Was wird gespeichert?
Folgende Informationen werden zunächst zur Verfügung gestellt: Vom Arbeitgeber bescheinigte
Lohnsteuerdaten, Bescheinigungen über den Bezug von Rentenleistungen, Beiträge zu Kranken- und
Pflegeversicherungen sowie Vorsorgeaufwendungen (z. B. Rürup- oder Riester-Verträge). Die Daten
sollen jeweils ab dem 28.2. zur Verfügung stehen (erstmals für 2012) und werden 4 Jahre zum
Datenabruf angeboten und nach Zeitablauf wieder gelöscht. Da die Steuerverwaltung keine Kenntnis
über die Anzahl und Vollständigkeit der an sie zu übermittelnden Daten hat (z. B.
Lohnsteuerbescheinigungen von mehreren Arbeitgebern zu einem Steuerfall), bleibt es auch bei
Nutzung der vorausgefüllten Steuererklärung Aufgabe des Steuerpflichtigen bzw. seines
Steuerberaters, die Daten der Steuererklärung auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen und
gegebenenfalls entsprechende Änderungen und Ergänzungen vorzunehmen. Die Einführung der
vorausgefüllten Steuererklärung wird daher nicht den Bedarf an steuerlicher Beratung verringern.
Anmeldung und Authentifizierung
Um die bei der Finanzverwaltung gespeicherten Daten abrufen zu können, muss sich der
Steuerpflichtige im ElsterOnlinePortal anmelden und authentifizieren. Darüber hinaus kann er auch
Dritte (z. B. seinen Steuerberater) bevollmächtigen, für ihn seine Daten einzusehen und bei Erstellung
der Steuererklärung zu verwenden. Zusätzlich ist für Steuerberater bei deren Kammern eine
Möglichkeit zur elektronischen Übermittlung der Vollmachtsdaten an die Finanzverwaltung eingerichtet
worden (Vollmachtsdatenbank). Mit einem amtlich vorgeschrieben Vollmachtsformular erteilt der
13/26
Mandant die Einwilligung zum Abruf seiner bei der Finanzverwaltung gespeicherten Steuerdaten.
Nachdem die Vollmachtsdaten von den Beratern an die Finanzverwaltung übermittelt wurden, erhalten
die entsprechenden Mandanten ein Informationsschreiben, in dem ihnen mitgeteilt wird, dass die
jeweilige Kanzlei die Bevollmächtigung zum Datenabruf gegenüber der Steuerverwaltung angezeigt
hat und sie der Erteilung der Berechtigung bis zu der datierten Frist widersprechen können.
Aussicht
Die Möglichkeit der Dateneinsicht erfordert Geduld, denn bei Nutzung der Vollmachtsdatenbank wird
der Berater frühestens nach 36 Tagen freigeschaltet. Die Daten können als Ausfüllhilfe im
Steuerformular verwendet werden. Der Name verspricht zurzeit mehr, als er hält.
18.
Erbschaftsteuer: Zum Billigkeitserlass
Kernaussage
Die Ablehnung einer abweichenden Steuerfestsetzung aus sachlichen oder persönlichen
Billigkeitsgründen ist obgleich des im Erbschaftsteuerrecht geltenden Stichtagsprinzips nicht
ermessensfehlerhaft, wenn die Erbschaftsteuer auf eine durch Vermächtnis zugewendeten Leibrente
entfällt, die wegen Insolvenz des verpflichteten Erben nicht mehr gezahlt wird.
Sachverhalt
Die Klägerin war Vermächtnisnehmerin nach ihrem verstorbenen Lebensgefährten. Erben und
Vermächtnisverpflichtete waren dessen Sohn und Tochter. Das Vermächtnis bestand aus einer
Einmalzahlung, zahlbar in 5 gleichen Jahresraten und aus einer monatlichen Leibrente. Das Finanzamt
(FA) setzte Erbschaftsteuer fest für Sachwerte und für die Rente in Form der beantragten
Jahresversteuerung. Aufgrund einer Überschuldung der Vermächtnisverpflichteten erfolgen keine
Rentenzahlungen mehr. Daher beantragte die Klägerin, ihr die entsprechende Erbschaftsteuer aus
Billigkeitsgründen zu erlassen. Das FA lehnte den Antrag ab. Hiergegen klagt die Klägerin vor dem
Finanzgericht (FG).
Entscheidung
Vor dem FG hatte die Klägerin ebenfalls keinen Erfolg. Ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen
kommt in Betracht, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines
Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass sie unbillig erscheint.
Dies setzt voraus, dass der Gesetzgeber die mit der Einziehung der Steuer verbundene Härte nicht
bewusst in Kauf genommen hat. Danach kommt ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht in
Betracht, da andernfalls das im Erbschaft- und Schenkungssteuerrecht geltende und vom Gesetzgeber
bewusst eingeführte Stichtagsprinzip unterlaufen würde. Das Stichtagsprinzip führt dazu, dass erst
nach dem Stichtag eintretende Entwicklungen, die den Umfang bzw. den Wert des empfangenen
Vermögens betreffen, für die Steuerfestsetzung nicht zu berücksichtigen sind. Daher kann die
nachträgliche Entreicherung der Vermächtnisverpflichteten hier nicht berücksichtigt werden.
Konsequenz
Es bleibt abzuwarten, ob das Urteil rechtskräftig wird. Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof
zugelassen. Dort stellt sich folgende Frage: Ist die festgesetzte Erbschaftsteuer für ein Vermächtnis,
für das die Jahresversteuerung nach § 23 Abs. 1 ErbStG gewählt wurde nach Vermögensverfall des
Vermächtnisverpflichteten wegen sachlicher oder persönlicher Billigkeitsgründe zu erlassen?
19.
Begünstigtes Betriebsvermögen und Pflichtteilsverbindlichkeiten
Rechtslage
Nachlassverbindlichkeiten sind im Rahmen der Erbschaftsteuer (zunächst) abzugsfähig. Gehört zum
Nachlass aber steuerbefreites Vermögen (z. B. Betriebsvermögen) und stehen die Verbindlichkeiten
mit dem erbschaftsteuerbefreiten Vermögen im Zusammenhang, dann sind diese Verbindlichkeiten nur
in dem Verhältnis abzugsfähig, das dem Verhältnis von erbschaftsteuerfreiem Vermögen zum
Gesamtnachlass entspricht. Vor diesem Hintergrund hatte das Finanzgericht Münster über die volle
oder lediglich anteilige Abzugsfähigkeit von Pflichtteilsansprüchen zu entscheiden.
Sachverhalt
Ein Erblasser hatte seine Kinder lediglich zu Nacherben eingesetzt. Daher machten die Kinder
gegenüber dem Vorerben ihre Pflichtteilsansprüche geltend. Da zum Nachlass steuerbefreites
Betriebsvermögen gehörte, berücksichtigte das Finanzamt die in vollem Umfang als
14/26
Nachlassverbindlichkeiten geltend gemachten Pflichtteilsansprüche anteilig. Hiergegen wandte sich
der Vorerbe mit der Begründung, dass die Pflichtteilsansprüche zwar aus dem gesamten Nachlass zu
berechnen seien, aber nicht im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betriebsvermögen stünden.
Entscheidung
Das Finanzgericht Münster gab dem Finanzamt Recht, ließ aber die Revision zum Bundesfinanzhof
zu. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Verbindlichkeiten und erbschaftsteuerbefreitem
Vermögen bestehe dann, wenn die Entstehung der Verbindlichkeit ursächlich und unmittelbar auf
Vorgängen beruhe, die das privilegierte Vermögen betreffen. Diese unmittelbare Verknüpfung liege
hier vor, da die wirtschaftliche Belastung des begünstigten Vermögens daraus resultiert, dass die Höhe
der Verbindlichkeit nach dem begünstigten Vermögen bemessen wurde. Die Verknüpfung der
Pflichtteilsverbindlichkeit mit der Erbschaft in ihrer Gesamtheit folge aus dem Charakter des
Pflichtteilsrechts.
Konsequenz
Die Entscheidung hätte, wenn der Bundesfinanzhof sie bestätigt, weitreichende Folgen. Denn aus der
Begründung folgt, dass der Pflichtteilsanspruch mit jedem einzelnen Nachlassbestandteil verknüpft ist.
Soweit im Rahmen der Erbschaftsteuer Privilegien für einzelne Nachlassbestandteile gewährt werden,
wäre die Verbindlichkeit aus einem Pflichtteilsanspruch also immer zu kürzen.
Unternehmer und Freiberufler
1.
Private Nutzung des Dienstwagens: Reichweite des Anscheinsbeweis
Kernproblem
Die Rechtsprechung zur Dienstwagenbesteuerung beim Arbeitnehmer hat im vergangenen Jahr
wesentliche Änderungen gebracht. Aufpassen müssen solche Arbeitnehmer, denen die Privatnutzung
des Dienstwagens eingeräumt wurde, hiervon aber keinen Gebrauch machen und davon ausgehen,
das hätte keine steuerliche Relevanz. Hier sagt der Bundesfinanzhof (BFH), dass allein die Möglichkeit
der Privatnutzung zu einem geldwerten Vorteil führt. Dagegen kann sich das Finanzamt nicht mehr
darauf berufen, dass der Beweis des ersten Anscheins immer für die Privatnutzung des Dienstwagens
spricht. Diese Fälle betrafen vor allen Dingen Gesellschafter-Geschäftsführer oder familienangehörige
Angestellte, denen zwar die Privatnutzung des Dienstwagens auf dem Papier untersagt war, hiervon
aber nach Vermutung des Finanzamts mangels Überwachung des Nutzungsverbots regelmäßig
Gebrauch machten.
Sachverhalt
Dem Sohn des Betriebsinhabers wurde ein Audi A6 Kombi zur dienstlichen Nutzung überlassen. Das
Kennzeichen trug die Initialen des Sohnes, der als Privatwagen einen Porsche 911 fuhr. Vertraglich
existierten lediglich ein über 20 Jahre alter Ausbildungsvertrag und eine Zusatzvereinbarung aus dem
Jahr 1995, in der das private Nutzungsverbot eines Dienstwagens geregelt wurde. Weitere Verträge
waren nach Auffassung des Vaters für den Sohn als künftigen Geschäftsinhaber nicht erforderlich. In
der Lohnsteuer-Außenprüfung 2007 bis 2009 warf der Prüfer die fehlende Überwachung des
Nutzungsverbots vor und setzte einen geldwerten Vorteil an. Der Vater argumentierte, die Einhaltung
des Verbots mit dem Blick aus dem Fenster überwacht zu haben. Einspruch und Klage blieben
erfolglos, die Revision wurde jedoch zugelassen.
Entscheidung
Der BFH sah die Revision als begründet an. Allein die Möglichkeit des Sohnes, als faktischer
Geschäftsführer über das Fahrzeug zu bestimmen und daraus auf eine private Nutzungsbefugnis zu
schließen, reiche nicht aus. Arbeitslohn liege nur insoweit vor, wie der Sohn zur Privatnutzung befugt
sei. Das Finanzgericht habe daher zu prüfen, ob die Erlaubnis dafür gegebenenfalls aufgrund
konkludent geschlossener Vereinbarung erfolgte. Zumindest reiche der Beweis des ersten Anscheins
oder die fehlende Überwachung in Ermangelung einer Kontrollinstanz nicht aus. Auch wenn wie im
Streitfall bei einer Zuwiderhandlung des Nutzungsverbots keine arbeits- oder strafrechtlichen
Konsequenzen zu erwarten seien, rechtfertige dies keinen steuerstrafrechtlichen Generalverdacht.
15/26
Konsequenz
In der Beratungspraxis wird man sich darauf einstellen müssen, dass sich der Lohnsteuerprüfer
verstärkt auf die Suche nach den Privatfahrten mit dem Dienstwagen machen wird.
2.
Steuersatz für eBooks und Online-Bibliotheken
Einführung
EBooks (elektronische Bücher) erfreuen sich zurzeit großer Beliebtheit. Umsatzsteuerlich hält sich der
Spaß jedoch in Grenzen.
Aktuelle Verwaltungsanweisung
Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. weist darauf hin, dass nur die Lieferung gedruckter
Bücher dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Die Überlassung von eBooks stellt hingegen in der
Regel überhaupt keine Lieferung dar, sofern diese, wie üblich, aus dem Internet heruntergeladen
werden. In diesem Fall handelt es sich um eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung,
die per se nicht begünstigt ist. Soweit die Überlassung allerdings zwischen Unternehmen erfolgt, z. B.
zwischen Verlag und Buchhändler, kann der Umsatz gegebenenfalls auch eine begünstigte
Übertragung eines Urheberrechtes darstellen. Nur wenn eBooks ausnahmsweise auf Datenträgern (z.
B. CD-Rom) bereitgestellt werden, kann dies als Lieferung angesehen werden. Ob hier, entgegen der
Auffassung der Finanzverwaltung, der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist, wird demnächst der
Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden. Die Nutzung von eLibrarys (elektronische Bibliotheken)
unterliegt dem Regelsteuersatz. Sofern Urheberrechte übertragen werden, vertritt die OFD die Ansicht,
dass es sich um unbeachtliche Nebenleistungen handelt. Allerdings ist hierzu ebenfalls ein Verfahren
anhängig, diesmal beim Bundesfinanzhof (BFH).
Konsequenzen
Die umsatzsteuerliche Erfassung von eBooks und eLibrarys ist nicht nur äußerst komplex, sondern
auch noch nicht endgültig geklärt. Betroffene Unternehmen können die Verfügung dazu nutzen, um zu
klären, als was ihre Umsätze zu qualifizieren sind. Sofern es sich um Umsätze handelt, deren
Erfassung Gegenstand des derzeit beim EuGH oder des beim BFH anhängigen Verfahrens ist, so
sollte in einem nächsten Schritt geprüft werden, ob es sich lohnt unter Berufung auf diese Verfahren,
gegen die Auffassung der Finanzverwaltung vorzugehen. Unabhängig davon muss die weitere
Rechtsentwicklung aufmerksam verfolgt werden.
3.
Steuerbefreiung für heilberufliche Tätigkeiten
Einführung
Ärzte, Heilpraktiker und andere im Umsatzsteuergesetz (UStG) explizit aufgeführte Heilberufe sind
steuerbefreit, sofern sie Leistungen erbringen, die der Behandlung von Krankheiten dienen, also ein
therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Allerdings kommt die Befreiung auch für weitere, nicht im
UStG aufgelistete Berufsgruppen in Betracht, wenn diese eine heilberufliche Tätigkeit ausüben, die
den explizit im UStG bezeichneten Berufen ähnlich ist. In der Praxis ist die Abgrenzung schwierig und
häufig Gegenstand der Rechtsprechung.
Neue Verwaltungsanweisung
Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. gibt in einer aktuellen Verfügung, ergänzend zum
Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE), einen Überblick über die Gesundheitsberufe, die eine
ähnliche heilberufliche Tätigkeit ausüben und solche, für die dies nicht zutrifft (z. B. Augenoptiker).
Sofern eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit ausgeübt wird, ist diese nach Ansicht der OFD jedoch nur
befreit, wenn sie aufgrund einer Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers oder im Rahmen einer
Vorsorge- bzw. Rehabilitationsmaßnahme erbracht wird.
Konsequenzen
Unternehmen, die in der Gesundheitsbranche tätig sind, können mit Hilfe der Verfügung klären, ob sie
eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit ausüben. Hinsichtlich des weiterhin nötigen Nachweises der
medizinischen Indikation der konkreten Behandlung ist jedoch derzeit umstritten, ob statt der von der
OFD geforderten ärztlichen Verordnung auch andere Nachweise, z. B. ein Gutachten, anzuerkennen
sind. Der Bundesfinanzhof (BFH) wird demnächst hierzu eine Entscheidung fällen. Sofern die
Befreiung also alleine aufgrund des fehlenden Nachweises versagt wird, ist zu prüfen, ob der
16/26
Nachweis in anderer Form erbracht werden kann und gegebenenfalls ein Rechtsbehelf einzulegen ist.
Die OFD lässt entsprechende Verfahren bis zur Entscheidung durch den BFH ruhen.
4.
Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen: Neues vom BMF
Einführung
Die jüngste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei
Bauleistungen hat für erhebliche Aufregung gesorgt. Insbesondere Subunternehmer fürchten nun um
ihre Existenz, sollte die Finanzverwaltung ihnen für die Vergangenheit keinen Vertrauensschutz
gewähren. Wie angekündigt, hat das Bundesfinanzministerium (BMF) nun erneut zu dieser
Problematik Stellung bezogen.
Neue Verwaltungsanweisung
Das BMF weist zunächst auf Folgendes hin: Der Leistungsempfänger kann den Nachweis, dass er
Steuerschuldner ist, durch eine schriftliche Bestätigung erbringen, in der er darauf hinweist, dass er die
bezogene Bauleistung seinerseits zur Erbringung einer Bauleistung verwendet. Die Bestätigung kann
im Werkvertrag oder separat unter Benennung des konkreten Bauvorhabens erfolgen. Organträger
sind dann Steuerschuldner für Bauleistungen, die an ein Unternehmen des Organkreises erbracht
werden, wenn der Organträger selbst oder eine Organgesellschaft die Bauleistung bezieht, um hiermit
selbst eine Bauleistung zu erbringen. Bauleistungen, die für den nichtunternehmerischen Bereich des
Leistungsempfängers (z. B. der privaten Immobilie) erbracht werden, sind grundsätzlich nicht mehr von
der Umkehr der Steuerschuldnerschaft betroffen. Zuletzt erläutert das BMF die Voraussetzungen zur
Inanspruchnahme der Übergangsregelung. Demnach können folgende Bauvorhaben, die vor dem
15.2.2014 begonnen wurden, noch nach der alten Rechtslage abgerechnet werden: Bei Fertigstellung
vor dem 15.2.2014 und bei Fertigstellung ab dem 15.2.2014, sofern Anzahlungen zuvor nach der alten
Rechtslage geleistet wurden. Das BMF gibt hierzu erläuternde Beispiele.
Konsequenzen
Leider gibt das BMF noch immer keine Antwort auf die für die Praxis entscheidende Frage: Gibt es
Vertrauensschutz für die Subunternehmer oder nicht. Im Gegenteil, durch die Neufassung der
Übergangsregelung wird es noch mehr Subunternehmern ermöglicht, noch nach der überholten
Rechtsauffassung abzurechnen. Dies mag gut gemeint sein, wird den Subunternehmern aber dann
gegebenenfalls zum Verhängnis, wenn ihnen kein Vertrauensschutz gewährt wird. Gerade
Subunternehmer sollten daher derzeit auf jeden Fall steuerlichen Rat einholen, bevor sie Bauvorhaben
abrechnen. Außerdem ist die Frage zu klären, ob die Rechnungen für abgeschlossene und schon
abgerechnete Bauvorhaben korrigiert werden sollten.
5.
Ohne Leistungserbringung gibt es keinen Vorsteuerabzug aus Anzahlungen
Kernfrage
Wer Anzahlungen leistet, kann hieraus grundsätzlich die Vorsteuer ziehen, sofern ihm hierzu eine
ordnungsgemäße Anzahlungsrechnung vorliegt. Nach Erbringung der Leistung wird die Anzahlung
dann im Rahmen der Schlussrechnung berücksichtigt. Der Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat nun
zu der Frage Stellung bezogen, was passiert, wenn die angezahlte Leistung niemals erbracht wird.
Sachverhalt
Ein bulgarisches Unternehmen leistete eine Anzahlung für eine Lieferung, die tatsächlich aber nie
erbracht wurde. Die zuständige Finanzverwaltung versagte den Vorsteuerabzug. Zur Begründung
verwies sie auf die Nicht-Erbringung der Leistung, aber auch darauf, dass der Umsatz der
Steuerhinterziehung gedient habe. Letztendlich landete der Fall beim EuGH. Dieser sollte über den
Vorsteuerabzug entscheiden, wobei er berücksichtigen musste, dass die Anzahlung nicht
zurückgezahlt wurde und der vermeintliche Lieferant unverändert zur Abführung der Umsatzsteuer
verpflichtet war.
Entscheidung
Der EuGH verweist zunächst darauf, dass dem Unternehmen der Vorsteuerabzug zum Zeitpunkt der
Zahlung nur dann verweigert werden könnte, wenn objektiv bewiesen wäre, dass das Unternehmen
hätte wissen müssen, dass der Umsatz Bestandteil eines Steuerbetruges ist. Allerdings verweist der
EuGH auch darauf, dass unabhängig von der Klärung der vorigen Frage durch das nationale Gericht,
der Vorsteuerabzug spätestens nach Ausbleiben der Leistung zu korrigieren ist. Dabei sei es
17/26
unerheblich, ob die Anzahlung zurückgezahlt wird oder ob der Lieferant unverändert zur Abführung der
Umsatzsteuer verpflichtet ist.
Konsequenzen
Es ist ganz einfach: Werden Anzahlungen geleistet, aber die zugehörige Leistung nicht erbracht, gibt
es keinen Vorsteuerabzug bzw. muss eine Korrektur des bis dato vorgenommen Vorsteuerabzuges
vorgenommen werden. Auf die Rückzahlung der Anzahlung durch den vermeintlichen Lieferanten oder
dessen Verpflichtung, die Umsatzsteuer weiterhin abzuführen, kommt es hierbei nicht an.
6.
Warum Kaffee nicht begünstigt ist, Latte Macchiato aber ggf. doch
Einführung
Die Differenzierung zwischen ermäßigtem und Regelsteuersatz ist regelmäßig Anlass für gerichtliche
Auseinandersetzungen. Ursache hierfür ist, dass die Unterscheidung häufig weder logischem Denken
zugänglich noch gerecht ist. Ein Paradebeispiel hierfür liefert eine aktuelle Verfügung der
Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M., die sich mit der Begünstigung für Kaffee auseinandersetzt.
Grund für die Verfügung ist, dass Unternehmer unter Berufung auf die Rechtsprechung zur
Abgrenzung von begünstigten Lebensmitteln zu nicht begünstigten Restaurationsleistungen, Kaffee
zum ermäßigten Steuersatz anbieten. Dies gilt wohl insbesondere für Kaffee der zur Mitnahme durch
den Kunden gedacht ist ("coffee-to-go"), da hier definitiv keine Restaurationsleistungen vorliegen.
Neue Verwaltungsanweisung
Die OFD verweist darauf, dass zubereiteter Kaffee jedoch nicht als begünstigtes Lebensmittel
angesehen wird, sondern lediglich Kaffeebohnen oder -pulver. Demnach unterliegt zubereiteter Kaffee,
als nichtalkoholisches Getränk, dem Regelsteuersatz. Dagegen kann ein Latte Macchiato als
Milchmischgetränk begünstigt sein, sofern der Milchanteil mindestens 75 % beträgt.
Konsequenzen
Wer glaubt er könnte dem Problem entgehen, in dem er Tee trinkt, irrt. Hier gelten die gleichen
Grundsätze. Begünstigt ist nur der "Rohstoff" nicht jedoch die zubereiteten Getränke. Dies soll selbst
dann gelten, wenn sich der Kunde das Getränk am Automaten aus Kaffeepulver mit heißem Wasser
selbst herstellen muss. Hier führt das Mischen von 2 für sich begünstigten Ingredienzien zur
Versagung der Begünstigung, also quasi "7 % und 7 % gleich 19 %". Wer jedoch unbedingt begünstigt
Kaffee trinken möchte, sollte darauf bestehen einen Latte Macchiato mit mindestens 75 % Milchanteil
zu erhalten, der dann aber nicht vor Ort getrunken werden darf. Wenn die Verfügung eines
verständlich aufzeigt, dann, dass die Abschaffung des ermäßigten Steuersatzes, die oft propagiert,
aber nie ernsthaft angegangen wurde, einen wesentlichen Beitrag zu einem einfacheren und
"gerechteren" Umsatzsteuerrecht leisten würde.
7.
Berufsrecht: Werbung mit Kurzbezeichnung
Kernaussage
Auch wenn Rechtsanwälten mittlerweile zahlreiche Rechtsformen für die gemeinschaftliche
Berufsausübung zur Verfügung stehen, hat der Verkehr die berechtigte Erwartung, dass sich die unter
einer einheitlichen Kurzbezeichnung auftretenden Berufsträger unter Aufgabe ihrer beruflichen und
unternehmerischen
Selbständigkeit
zu
gemeinschaftlicher
Berufsausübung
in
einer
haftungsrechtlichen Einheit verbunden haben. Eine Bürogemeinschaft oder Kooperation
unternehmerisch eigenständiger Berufsträger wird der Verkehr unter einer einheitlichen
Kurzbezeichnung nur bei hinreichend deutlichen Hinweisen erkennen.
Sachverhalt
Der beklagte Rechtsanwalt verwendete einen Briefbogen mit dem Titel "HM Rechtsanwälte
Wirtschaftsprüfer Steuerberater". In der Kanzlei arbeiten nur Rechtsanwälte. Klein stand unten auf dem
Briefbogen, dass mit den M. Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern kooperiert wird. Hiergegen klagte
ein anderer Anwalt und berief sich auf einen Wettbewerbsverstoß. Nachdem das Landgericht (LG) und
das Oberlandesgericht (OLG) die Klage abgewiesen hatten ging der Anwalt in Revision zum
Bundesgerichtshof (BGH).
Entscheidung
Der BGH hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und gab dem klagenden Anwalt Recht. Auch
wenn Rechtsanwälten mittlerweile zahlreiche Rechtsformen für die gemeinschaftliche Berufsausübung
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zur Verfügung stehen, hat der Verkehr die berechtigte Erwartung, dass sich die unter einer
einheitlichen Kurzbezeichnung auftretenden Berufsträger unter Aufgabe ihrer beruflichen und
unternehmerischen
Selbständigkeit
zu
gemeinschaftlicher
Berufsausübung
in
einer
haftungsrechtlichen Einheit verbunden haben. Eine Bürogemeinschaft oder Kooperation
unternehmerisch eigenständiger Berufsträger wird der Verkehr unter einer einheitlichen
Kurzbezeichnung nur bei hinreichend deutlichen Hinweisen erkennen. Da hier nicht der Eindruck einer
bloßen Kooperation sondern einer haftungsrechtlichen Einheit erweckt wird, liegt eine Irreführung vor,
die als wettbewerbswidrig einzustufen ist. Denn es haftet hier - anders als dem Anschein nach - nur
der Handelnde und nicht die Einheit.
Konsequenz
In letzter Zeit ist verstärkt zu beobachten, dass Briefköpfe von Berufskooperationen "aufgebläht"
werden. Hier sollte der Mandant kritisch prüfen, mit wem er es zu tun hat und ob die Angaben
stimmen.
8.
Lohnabrechnung: Pflicht zur Prüfung der Sozialversicherungspflicht (Berufsrecht)
Kernaussage
Ein Steuerberater ist gehalten, bei einem Beratungsmandat, das die Abrechnung von
Sozialversicherungsbeiträgen umfasst, auch die Frage zu klären, ob der GmbH-Fremdgeschäftsführer
in seiner Funktion einer sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung nachgeht oder er als
selbständig Tätiger von der Versicherungspflicht befreit ist.
Sachverhalt
Die Klägerin ist ein Zusammenschluss von Körperschaften zur Tourismusförderung. Der
Geschäftsführer der Klägerin war bei einer Vorgängergesellschaft versicherungsfrei. Bei der Klägerin
unterlag der Geschäftsführer bei außergewöhnlichen Geschäften der Kontrolle des Aufsichtsrats und
konnte nach seinem Anstellungsvertrag den Ort seiner Tätigkeit nicht frei bestimmen. Infolge einer
Betriebsprüfung wurde der Kläger als versicherungspflichtig eingestuft und gegenüber der Klägerin ein
Beitragsbescheid inklusive Säumniszuschlägen in Höhe von circa 68.000 EUR erlassen. Nach
erfolglosem Widerspruch klagte die Klägerin erfolglos vor dem Sozialgericht. Hiergegen ging die
Klägerin in Berufung vor das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg.
Entscheidung
Die Berufung blieb erfolglos. Zunächst war der Geschäftsführer nicht sozialversicherungsfrei. Er war
an der Klägerin nicht beteiligt und konnte nicht schalten und walten wie er wollte. Nach dem
Arbeitsvertrag war er nicht hinsichtlich des Orts der Arbeitsausführung frei und nach dem
Gesellschaftsvertrag wurde er vom Aufsichtsrat kontrolliert und überwacht. Soweit der steuerliche
Berater, der die Lohnabrechnungen besorgt hat, nicht geprüft hat, ob tatsächlich eine Befreiung von
der Sozialversicherungspflicht vorliegt, ist der Klägerin dieses Fehlverhalten zuzurechnen.
Konsequenz
Vorliegend wurde gegen die Pflicht verstoßen, die Sozialversicherungspflicht bei einem
Geschäftsführer zu prüfen. Aufgrund der einschneidenden Konsequenzen bei nachträglicher
Feststellung der Sozialversicherungspflicht und der Probleme des Regresses beim Angestellten sollte
im Zweifel das Statusfeststellungsverfahren durchgeführt werden.
9.
Finalität ausländischer Betriebsstättenverluste
Kernfrage
Die Entscheidung behandelt die Frage, wann finale Betriebsstättenverluste vorliegen, die
ausnahmsweise im Staat des Stammhauses steuerlich zu berücksichtigen sind, obwohl die
sogenannte Symmetriethese ansonsten eine ausschließliche Berücksichtigung im Quellenstaat
vorsieht.
Sachverhalt
Zwischen der Klägerin, einer deutschen GmbH, und dem Finanzamt (FA) war die Berücksichtigung
ausländischer Betriebsstättenverluste strittig, die die Klägerin durch ihre gewerbliche Tätigkeit in einer
belgischen Betriebsstätte erlitten hatte. Die Betriebsstätte wurde ohne Nutzbarmachung der im
Quellenstaat entstandenen Betriebsstättenverluste an eine belgische Kapitalgesellschaft veräußert.
19/26
Das Finanzgericht gab der Klage statt, die Revision des FA vor dem Bundesfinanzhof (BFH) blieb
erfolglos.
Entscheidung
Der BFH verweist auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof (EuGH), nach der
sogenannte finale Verluste in Deutschland trotz der prinzipiellen Freistellung ausnahmsweise
abzugsfähig sind, wenn sie im Quellenstaat definitiv nicht mehr verwertet werden können und
deswegen die unionsrechtlich verbürgte Niederlassungsfreiheit einzufordern ist. Ohne Bedeutung ist
nach Auffassung des Gerichts in diesem Zusammenhang, dass die streitgegenständlichen
Betriebstättenverluste danach womöglich bei einem neuerlichen Engagement der Klägerin in Belgien
in irgendeiner Weise - beispielsweise durch Wiedereröffnung einer Betriebstätte - steuerlich zukünftig
nutzbar wären, bzw. dass die Finalität durch einen "willkürlichen" Verkauf der Betriebstätte generiert
worden wäre. Im letzteren Fall ist zwar zu prüfen, ob ein Verstoß gegen den allgemeinen
abgabenrechtlichen Missbrauchsvorbehalt (§ 42 Abgabenordnung (AO)) vorliegt; jedoch ließ sich aus
dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt ableiten, dass für den Verkauf eindeutig
betriebswirtschaftliche Gründe sprachen.
Konsequenz
Durch den Verkauf einer verlustbehafteten Einkunftsquelle können finale Betriebsstättenverluste
entstehen, die eine Berücksichtigung im Stammhausstaat erforderlich machen. Von einem Missbrauch
kann dabei nur ausnahmsweise ausgegangen werden, soweit § 42 AO einschlägig ist.
10.
Rechtsprechungsänderung: Zur Haftung bei Subventionsbetrug
Kernaussage
Nach geänderter Rechtsprechung des III. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) wird im Falle der
Täterschaft oder Teilnahme an einem Subventionsbetrug keine Haftung aufgrund von
Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei ausgelöst.
Sachverhalt
Das Finanzamt nahm den Kläger in einem Bescheid wegen einer der GmbH zu Unrecht gewährten
Investitionszulage für das Jahr 1994 in Höhe von 520.000 DM (= 265.871 EUR) als Haftungsschuldner
in Anspruch. Der Kläger wurde in dieser Sache mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts
wegen Beihilfe zum Subventionsbetrug verurteilt.
Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage zurück. Der BFH hob die Vorentscheidung und den
Haftungsbescheid auf. Die Haftung des Klägers war – im Einklang mit der bisherigen
Senatsrechtsprechung – zu Unrecht angenommen worden. Der Senat hält an der Anwendbarkeit der
Haftungsnorm in Fällen, in denen sich eine Person als Gehilfe eines Subventionsbetrugs strafbar
gemacht hat, nicht fest. Die allgemeine Verweisung auf die Anwendung der Abgabenordnung (AO)
erlaubt es nicht, dass ein auf die "Erschleichung" einer Investitionszulage gerichtetes Verhalten als
Steuerhinterziehung zu behandeln ist. Die Investitionszulage ist weder eine Steuer, noch handelt es
sich um eine Steuervergütung. Auch durch den Verweis auf die Anwendung der
Steuervergütungsvorschriften der AO wird die Investitionszulage abgabenrechtlich nicht in eine
Steuervergütung
umqualifiziert.
Der
Verweis
dient
lediglich
der
Regelung
des
Investitionszulageverfahrens.
Die
Voraussetzungen
einer
analogen
Anwendung
der
Steuerhinterziehungs-Vorschrift lagen ebenfalls nicht vor. Ein gegebenenfalls verwirklichter deliktischer
Schadensersatzanspruch kann nicht durch einen Haftungsbescheid geltend gemacht werden.
Konsequenz
Eine steuerliche Haftung wegen der Täterschaft oder Teilnahme an einem Subventionsbetrug scheidet
nunmehr aus. Bestehen bleiben aber die weitreichenden strafrechtlichen Sanktionen. Darüber hinaus
können erhebliche zivilrechtliche Forderungen ausgelöst werden, welche in der Rückzahlung der
Fördermittel begründet sein können.
11.
Schlachtwertansatz bei Zuchtsauen?
Kernaussage
Für Tiere des Anlagevermögens, für die die Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs. 2 EStG in Anspruch
20/26
genommen wird, ist die Höhe der Gewinnminderung nicht durch einen zu erwartenden Schlachtwert
begrenzt, wenn sie vor ihrem Verkauf nicht extra aufgemästet werden.
Sachverhalt
Der Kläger ist Landwirt und betreibt einen Schweinezuchtbetrieb. Er ermittelt den Gewinn des
abweichenden Wirtschaftsjahres durch Betriebsvermögensvergleich. Die im Betrieb gehaltenen Sauen
werden zunächst zur Zucht eingesetzt. Lässt die Eignung der Sauen für Zuchtzwecke nach und wird
die Zucht mit ihnen unwirtschaftlich, werden sie unverzüglich nach dem Absetzen der Ferkel bzw. dem
Umrauschen der Schlachtung zugeführt. Der Kläger ergriff keine Maßnahmen zur Förderung der
Verkaufsfähigkeit oder der Steigerung des Verkaufswerts der entsprechenden Sauen. Die Tiere
wurden bis zur Schlachtung, die regelmäßig nur wenige Tage später erfolgte, auf herkömmliche Weise
gefüttert und versorgt. Der Landwirt bewertete in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr
(2003) zunächst den dem Anlagevermögen zugerechneten Schweinebestand mit den Richtwerten für
die Gruppenbewertung. Er unterteilte seine Schweine dabei nach dem jeweiligen Aufzuchtstadium in
Zuchteber, Ferkel, Jungsauen und Sauen; den Sauenbestand unterteilte er nochmals in Neuzugänge
und Zuchtsauen. Diejenigen Sauen, die im Laufe eines Jahres von Jungsauen zu Sauen versetzt
wurden, schrieb er im Jahr ihres Zugangs auf einen Erinnerungswert von 1 EUR ab. Bei einer für die
Jahre 1999 bis 2001 durchgeführten Betriebsprüfung nahm das Finanzamt (FA) eine Gewinnkorrektur
vor, indem es für die Zuchtsauen einen Schlachtwert von jeweils 150 EUR anstelle des
Erinnerungswerts von 1 EUR ansetzte. Der dagegen eingelegte Einspruch des Landwirts hatte keinen
Erfolg. Daraufhin erhob der Landwirt Klage beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht (FG), das
dem Kläger Recht gab. Die Revision des FA beim Bundesfinanzhof (BFH) blieb erfolglos.
Entscheidung
Der BFH gab dem Kläger Recht. Die Inanspruchnahme des § 6 Abs. 2 EStG bis auf einen
Erinnerungswert von jeweils 1 EUR in Höhe der vollen Herstellungskosten sei zulässig und der
Betriebsausgabenabzug nicht durch einen zu berücksichtigenden Schlachtwert im Sinne eines
Restwerts begrenzt. Eine kurzfristige Fütterung der Sauen vor dem Abverkauf führe zu keinem
Umwidmungsakt. Etwas anderes ergab sich nach dem BFH auch nicht daraus, dass der Schlachtwert
von 150 EUR pro Tier nicht wesentlich geringer ist als dessen Herstellungskosten von 180 EUR. Bei
Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die unter den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 2 EStG
fallen, sei ausgeschlossen, dass noch ein wesentlicher Restwert im Zeitpunkt der Umwidmung
existiert.
Konsequenz
Der BFH stellt in seinem Urteil klar, dass eine Umwidmung von Anlagevermögen in Umlaufvermögen
nicht gegeben ist, wenn Zuchtsauen lediglich aus Wirtschaftlichkeitsgründen aus dem Zuchtbetrieb
genommen werden und anschließend zeitnah der Schlachtung zugeführt werden. Eine kurzfristige
Fütterung habe nicht zur Folge, dass Wirtschaftsgüter anderer Marktgängigkeit entstanden sind.
12.
Reiner Weinbaubetrieb: Durchschnittssatzgewinnermittlung?
Kernaussage
Der Gewinn darf für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nur dann nach Durchschnittssätzen
ermittelt werden, wenn zu ihm selbst bewirtschaftete landwirtschaftliche Nutzflächen gehören. Für
Betriebe, deren Tätigkeit sich auf eine Sondernutzung (hier: Weinbau) beschränkt, ist der Gewinn
dagegen nach allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln.
Sachverhalt
Der Kläger betrieb im Nebenerwerb einen reinen Weinbaubetrieb auf 4,55 a Hof- und Gebäudefläche
(Eigentum) und 46,14 a zugepachtete Weinbaufläche. Er hatte im Veranlagungsverfahren Verluste aus
Land- und Forstwirtschaft im Rahmen einer Einnahme-Überschuss-Rechnung geltend gemacht. Das
Finanzamt hatte dagegen den Gewinn nach Durchschnittsätzen ermittelt, da seiner Ansicht nach kein
wirksamer (fristgerechter) Antrag auf andere Gewinnermittlung gestellt worden war. Das Finanzgericht
(FG) ging von einem wirksam gestellten Antrag aus und gab dem Kläger Recht.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte zwar die Berücksichtigung der Verluste, jedoch aus anderen
Gründen. Für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft darf der Gewinn nur dann nach
21/26
Durchschnittssätzen ermittelt werden, wenn zu ihm selbst bewirtschaftete landwirtschaftliche
Nutzflächen gehören. Die Durchschnittssatzgewinnermittlung ist damit solchen Kleinbetrieben nicht
gestattet, deren Tätigkeit sich auf eine Sondernutzung (im vorliegenden Fall Weinbau) beschränkt. Für
diese Betriebe gelten die allgemeinen Grundsätze, so dass der Gewinn mangels Buchführungspflicht
nach dem Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben zu ermitteln ist, sofern der
Steuerpflichtige nicht den Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG ausdrücklich wählt. Da
der Kläger nicht zur Führung von Büchern verpflichtet war und auch freiwillig keine Bücher geführt und
Abschlüsse aufgestellt hatte, waren die Einkünfte im Wege der Einnahmen-Überschussrechnung zu
ermitteln. Der Kläger hatte seine Einkünfte entsprechend ermittelt. Für die Entscheidung kam es daher
nicht darauf an, ob der Antrag auf Nichtanwendung der Durchschnittssatzgewinnermittlung rechtzeitig
gestellt worden war.
Konsequenz
Der BFH bestätigt mit dem Urteil seine bisherige Rechtsprechung.
13.
Investmentfonds und Steuerbefreiung
Kernaussage
Besteht zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittstaat eine wechselseitige Verpflichtung zur
Amtshilfe, können Dividenden nicht aufgrund von Steuerkontrolle der Steuerpflicht unterliegen. Die
nationalen Gerichte entscheiden, ob das jeweilige Informationsaustauschverfahren eine Überprüfung
des Investmentfonds gestattet.
Sachverhalt
Das polnische Körperschaftsteuergesetz sieht eine Steuerbefreiung für Investmentfonds vor, wenn
sich der Sitz der Gesellschaft in Polen befindet. Der Kläger, ein amerikanischer Investmentfonds mit
Beteiligungen an polnischen Gesellschaften, beantragte beim Finanzamt für die Jahre 2005 und 2006
die Erstattung der pauschalen Körperschaftsteuer von 15 %, die auf die Dividenden erhoben wurde.
Die Dividenden wurden von in Polen ansässigen Gesellschaften an den Fond gezahlt. Der Antrag
wurde abgelehnt. Darauf wurde Klage vor dem Verwaltungsgericht eingelegt. Das Gericht wandte sich
daraufhin an den EuGH mit der Bitte um Prüfung, ob die unterschiedliche steuerliche Behandlung von
Dividenden an polnische Empfänger sowie an Drittstaatenfonds das Unionsrecht verletze.
Entscheidung
Die unterschiedliche Behandlung von Steuerpflichtigen mit unterschiedlichen Wohnorten stelle eine
Ausnahme vom Grundprinzip des freien Kapitalverkehrs dar, so die Richter. Eine wirksame
Beschränkung sei nur zulässig, wenn die Überprüfung der Bedingungen für den Steuervorteil von
behördlichen Auskünften des Drittstaates abhinge und diese nicht durch vertragliche Verpflichtungen
zur Auskunftserteilung zu erhalten seien. Zwischen Polen und der USA bestehe eine solche
vertragliche Verpflichtung. Die nationalen Gerichte müssten daher entscheiden, ob das konkrete
Informationsaustauschverfahren eine geeignete Überprüfung durch die polnische Steuerbehörde
ermöglicht. Potenzielle Steuermindereinnahmen rechtfertigen nach Auffassung des Gerichts keine
derartige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit.
Konsequenz
Einschränkungen von Steuerbefreiungen, bei denen Steuerinländer und Steuerausländer
unterschiedlich behandelt werden, unterliegen strengen unionsrechtlichen Vorgaben. Eine
Benachteiligung von Steuerausländern kann nicht mit der Begründung von möglichen Steuerausfällen
begründet werden, wenn der Staat gleichzeitig geeignete Informationen über die tatsächliche
Besteuerung der Dividende erlangen kann.
14.
Flashmob-Aktionen als Arbeitskampfmittel
Rechtslage
Die Koalitionsfreiheit von Arbeitnehmern in Gewerkschaften und Arbeitgebern in Arbeitgeberverbänden
zur Bündelung und Durchsetzung ihrer jeweiligen Interessen ist verfassungsrechtlich geschützt. Mit
geschützt sind damit auch Arbeitskampfmaßnahmen, wie beispielsweise ein Streik, der stets in die
verfassungsrechtlich geschützte Position des anderen Seite eingreift. Das Bundesverfassungsgericht
hatte nunmehr Gelegenheit über den verfassungsrechtlichen Schutz einer modernen
Arbeitskampfmaßnahme, hier eines Flashmobs, zu entscheiden.
22/26
Sachverhalt
Die Gewerkschaft verdi hatte anlässlich eines Streiks im Einzelhandel zu einem Flashmob dergestalt
aufgerufen, dass in einem Supermarkt, in dem "Streikbrecher" arbeiteten, gezielt Kassen blockiert
werden sollten, unter anderem durch Kauf von Cent-Artikeln. Dem Aufruf folgten für eine Dauer von
einer knappen Stunde rund 50 Streikende. Der Arbeitgeberverband wollte, nachdem er in allen
arbeitsgerichtlichen Instanzen unterlegen war, durch das Bundesverfassungsgericht geklärt wissen,
dass die Durchführung von Flashmobs als Arbeitskampfmittel in die verfassungsrechtlich geschützte
Position der Arbeitgeber eingreift und zu unterlassen ist.
Entscheidung
Das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Wie bei
einem Streik stehe Arbeitgebern, beispielsweise über das Hausrecht oder kurzfristige
Betriebsschließungen, Gegenmaßnahmen gegen einen Flashmob zur Verfügung. Dies führe dazu,
dass die Gewerkschaften durch einen solchen Flashmob kein Übergewicht im Arbeitskampf erzielen.
Im Übrigen würden sich Flashmob-Aktionen als Arbeitskampfmittel nach den gleichen
Grundvoraussetzungen, insbesondere Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit, richten wie andere
Arbeitskampfmittel.
Konsequenz
Mit der Nichtannahmeentscheidung werden die arbeitsgerichtlichen Entscheidungen rechtskräftig.
Flashmobs sind als moderne Arbeitskampfmaßnahme, so lange sie verhältnismäßig bleiben, zulässig.
15.
Gewerberaummiete: Schönheitsreparaturen
Rechtslage
Mietvertragsklauseln zu Schönheitsreparaturen sind seit jeher sowohl in der Wohnraummiete als auch
in der Gewerbemiete umstritten. Dies gilt insbesondere deshalb, weil auf sie das Recht über
allgemeine Geschäftsbedingungen angewendet wird. Sie dürfen also insbesondere nicht überraschend
oder willkürlich sein. In den letzten Jahren hat sich eine verhältnismäßig klare Linie in der
Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturen entwickelt, die der Bundesgerichtshof jetzt weiter entwickelt
hat.
Sachverhalt
Streitig war folgende Mietvertragsklausel bei einem Gewerbeobjekt: "Der Mieter ist verpflichtet, die
Schönheitsreparaturen in einem angemessenen Turnus auszuführen. Im Hinblick auf das Gewerbe
des Mieters gehen die Parteien davon aus, dass alle 3 Jahre Renovierungsbedürftigkeit eintreten
kann. Bei Beendigung des Mietverhältnisses ist das Mietobjekt in bezugsfertigem Zustand zurück zu
geben." Insbesondere stand die Formulierung der Rückgabe in "bezugsfertigem Zustand" in Streit
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof kommt zu dem Ergebnis, dass die Klausel einer rechtlichen Überprüfung
standhält und wirksam ist. Da eine konkrete Frist fehle, sei die Klausel in sich nicht unangemessen. Da
die Durchführung der Schönheitsreparaturen zudem auch vom Bedarf abhängig gemacht werde, sei
sie insoweit nicht zu beanstanden. Auch die Formulierung des "bezugsfertigen Zustands" sei nicht zu
beanstanden, weil sie gerade keine vollständige Renovierung, sondern lediglich Rückgabe in einem
Zustand fordere, die es dem Vermieter möglich mache, das Mietobjekt nur in einem zum Einzug
geeigneten Zustand einem neuen Mieter zur Verfügung zu stellen.
Konsequenz
Die Entscheidung zeigt die Leitlinien für zulässige Schönheitsreparaturklauseln gut auf. Unzulässig
sind starre Fristen und Verpflichtungen unabhängig vom Benutzungsgrad. Hinzu kommt, dass wohl
auch Klauseln zulässig sind, wenn sie keinen endrenovierten Zustand festschreiben.
16.
Betriebsratsbeschlussfassung: Zur Heilung von Ladungsfehlern
Rechtslage
Das Betriebsverfassungsgesetz sieht formelle Einberufungsvoraussetzungen für das Abhalten von
Betriebsratssitzungen vor (beispielsweise Ladungsfristen). Werden diese formellen Voraussetzungen
nicht eingehalten, stellt sich die Frage, welche Folge dies für Beschlüsse des Betriebsrates hat. Bisher
führten Ladungsfehler zu deren Unwirksamkeit. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Rechtsprechung
23/26
nunmehr geändert und entschieden unter welchen Voraussetzungen formelle Einberufungsmängel
geheilt werden können.
Sachverhalt
Ein Vorbetriebsrat hatte unter Verstoß gegen formelle Einberufungsregelungen (es war keine
Tagesordnung mitgeteilt worden) eine Betriebsvereinbarung beschlossen, die der nachfolgende
Betriebsrat mit der Begründung gegenüber dem Arbeitgeber fristlos kündigte, die erste
Beschlussfassung sei rechtswidrig erfolgt, so dass der Erstbeschluss unwirksam gewesen sei.
Hiergegen klagte der Arbeitgeber auf Feststellung, dass die fristlose Kündigung unzulässig sei.
Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht gab seine bisherige Rechtsprechung auf. Zur Heilung eines Ladungsfehlers
sei es ausreichend, dass die beschlussfähig erschienenen Mitglieder des Betriebsrates einstimmig die
Änderung oder die Erstellung einer Tagesordnung beschließen. Die Anwesenheit aller
Betriebsratsmitglieder sei - entgegen der bisherigen Rechtsprechung - nicht mehr erforderlich. Die
bisherige Argumentation, dass alle Betriebsratsmitglieder die Gelegenheit haben müssten, an einer
Änderung der Tagesordnung mitzuwirken trage deshalb nicht (mehr), weil Ersatzbetriebsratsmitglieder
die Beschlussfähigkeit des Betriebsrates sicherstellten.
Konsequenz
Die Entscheidung stellt eine Änderung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dar. Sie führt
dazu, dass Ladungsfehler durch einen beschlussfähigen Betriebsrat durch einstimmigen Beschluss
behoben und geheilt werden können.
17.
Zur Dienstwagenüberlassung
Kernaussage
Kommt ein Finanzgericht (FG) zu dem Entschluss, dass mit einem PKW Privatfahrten durchgeführt
werden dürfen, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt umso mehr, wenn sich der
Kläger in seiner Argumentation darin beschränkt, die Schlussfolgerungen des FG zu bestreiten. Die
Untersagung einer privaten Nutzungsmöglichkeit ist explizit schriftlich zu vereinbaren.
Sachverhalt
Der Kläger war bei einer GmbH beschäftigt. Wenngleich ihm laut Arbeitsvertrag kein Fahrzeug
zustand, überließ ihm die Gesellschaft in den Jahren 2006 bis 2009 jeweils ein Fahrzeug der Marke
BMW. Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung wurde die private Nutzungsmöglichkeit sowohl für
allgemeine Privatfahrten als auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nachversteuert.
Der Prüfer gelangte zu der Erkenntnis, dass dem Kläger das Fahrzeug uneingeschränkt und kostenlos
auch zur privaten Nutzung überlassen wurde. Mangels Fahrtenbuch erfolgte die Versteuerung mittels 1
%-Regelung zuzüglich Pauschalberechnung für den Arbeitsweg. Gegen die geänderten
Einkommensteuerbescheide wurde Einspruch und schließlich Klage vor dem FG erhoben. Das FG
wies die Klage ab.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) folgte im Revisionsverfahren dem FG. Die Argumentation des Klägers
beschränkte sich vollends auf die tatsächlichen Feststellungen des FG. Nach Auffassung des BFH
hatte das FG die Gesamtumstände der PKW-Überlassung korrekt gewürdigt. Zwar habe es eine
mündliche Absprache gegeben, wonach Privatfahrten "in der Regel" zu unterlassen seien. Darin habe
das FG jedoch korrekterweise kein allgemeines Verbot für Privatfahrten gesehen.
Konsequenz
Das Urteil überrascht nicht. Der Anscheinsbeweis einer privaten Nutzung sollte durch eine eindeutige
schriftliche Fixierung eines Nutzungsverbots entkräftet werden. Darüber hinaus sollte die Einhaltung
des Nutzungsverbots regelmäßig überprüft werden.
18.
Zur Charakterisierung von Anschaffungsdarlehen als Dauerschuld
Kernaussage
Die Charakterisierung einer Verbindlichkeit als Dauerschuld erfolgt im Zeitpunkt des Eintretens in das
Schuldverhältnis und ist unabhängig von einer späteren Änderung des Gesellschaftszwecks und der
Umwidmung eines Grundstücks in Umlaufvermögen.
24/26
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), erwarb im Jahr 1996 mehrere Gebäude.
Zum 31.12.2004 und 31.12.2005 wies die GbR die Grundstücke im Anlagevermögen und die
Anschaffungsdarlehen als Verbindlichkeiten aus. Ein Gebäude wurde Ende 2004 abgerissen, um dort
8 Eigentumswohnungen zu errichten, die im Jahr 2005 verkauft wurden. Am 8.11.2004 schloss die
GbR einen Universalkreditvertrag mit der Sparkasse. Danach wurde zweckgebunden zur Errichtung
der 8 Eigentumswohnungen ein Bauzwischenkredit von 200.000 EUR aufgenommen und ein
Avalkredit über 2.583.000 EUR. Vertraglich geregelt wurde die Einrichtung eines Bauzwischenkontos
und eines Erlöskontos, über welches die Käufer den Kaufpreis zu entrichten hatten und welches dem
Ausgleich des Bauzwischenkontos durch die Sparkasse diente. Eine Vereinbarung über die Tilgung
der ursprünglichen Kredite enthielt der Vertrag nicht. Nach einer Betriebsprüfung für die Kalenderjahre
2003 bis 2005 erfolgte die Umqualifizierung des Grundstücks in Umlaufvermögen. In den geänderten
Bescheiden über den Gewerbesteuermessbetrag wurden die auf das Grundstück entfallenden Zinsen
weiterhin als Entgelte für Dauerschulden hinzurechnet. Hiergegen wurde Einspruch erhoben und
schließlich Klage eingereicht.
Entscheidung
Der Einspruch wurde abgelehnt und die entsprechende Klage zurückgewiesen. Die Einstufung als
Dauerschuld wird ausschließlich im Zeitpunkt der Kreditaufnahme bestimmt und ändert sich nicht
durch eine spätere Änderung des Gesellschaftszwecks und Umwidmung des Grundstücks. Ist der
Dauerschuldcharakter einmal festgestellt, ändert sich dies bis zum Erlöschen der Schuld nicht. Im
vorliegenden Fall wurden die Grundstücke zum dauerhaften Verbleib in der Gesellschaft angeschafft.
Eine Verkaufsabsicht lag nicht vor, so dass auch keine Verknüpfung dahingehend bestand, dass
spätere Erlöse ausschließlich zur Tilgung der Kredite dienten.
Konsequenz
Das Urteil erging zur mittlerweile überholten Gesetzeslage bis einschließlich Erhebungszeitraum 2007.
Seitdem werden sowohl kurzfristige als auch langfristige Finanzierungszinsen bei der Ermittlung des
Gewerbeertrags hinzugerechnet. Zur Altregelung gilt weiterhin, dass lediglich das Erlöschen der
Schuld die rechtliche Einordnung als Dauerschuld beenden kann.
19.
AGB bei Gewerberaummiete
Kernaussage
Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Vertragsparteien bei der Gewerberaummiete in
Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vereinbaren, dass der Vermieter im Anschluss an
Nebenkostenabrechnungen die Höhe der Nebenkostenvorauszahlungen durch einseitige Erklärung
anpassen darf. Die Ausübung dieses Anpassungsrechts unterliegt nicht dem Schriftformerfordernis.
Sachverhalt
Die Klägerin vermietete im März 2005 noch fertig zu stellende Büroräume und Parkplätze an die
Beklagte. Der Vertrag wurde befristet auf die Dauer von 5 Jahren, mit einmaliger Verlängerungsoption
um 5 Jahre. § 5 Ziffer 1 des Vertrags bestimmt, dass sich das aus einer Nebenkostenvorauszahlung
ergebende Guthaben unverzüglich gegenseitig auszugleichen sei. In diesen Fällen sowie bei einer
Erhöhung oder Senkung der Betriebskosten, dürfe seitens der Vermieterin der monatlich zu zahlende
Vorschuss entsprechend neu festgesetzt werden. Neben einer doppelten Schriftformklausel enthielt
der Vertrag auch eine Schriftformheilungsklausel. Anfang März 2009 kündigte die Beklagte das
Mietverhältnis "fristgerecht zum Ablauf des 30.9.2009". Die Klägerin machte mit ihrer Klage u. a. die
Restmieten bis einschließlich August 2010 geltend und gewann in den ersten beiden Instanzen. Die
Beklagte ging darauf in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH).
Entscheidung
Die Revision blieb erfolglos. § 5 des Mietvertrages begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die
Ausübung des Anpassungsrechts unterliegt nicht dem Schriftformerfordernis des § 550 Satz 1 BGB.
Nach dieser Norm gilt ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr nicht schriftlich abgeschlossen
wird, als für unbestimmte Zeit abgeschlossen. Da in der Ausübung des Anpassungsrechts kein
Verstoß gegen das Schriftformerfordernis vorlag, galt der auf längere Zeit als ein Jahr abgeschlossene
Gewerberaummietvertrag ab der Anpassung der Vorauszahlungshöhe nicht als für unbestimmte Zeit
abgeschlossen. Das Mietverhältnis wurde deshalb nicht durch Kündigung der Beklagten mit Ablauf des
25/26
30.9.2009 beendet. Da der Mietvertrag eine feste Laufzeit hatte, fehlte es an einem ordentlichen
Kündigungsrecht. Dem steht auch nicht der Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses entgegen,
einem späteren Grundstückserwerber Klarheit über die Bedingungen eines langfristigen Mietvertrags
zu verschaffen. Dieser Zweck kann auch in anderen Fallgestaltungen nicht umfassend gewährleistet
werden. Dem Schutzbedürfnis eines späteren Grundstückserwerbers ist dadurch Rechnung getragen,
dass ihn die Vertragsbestimmung darauf hinweist, dass eine die Vorauszahlungshöhe gegenüber der
Vertragsurkunde ändernde Festsetzung erfolgt sein kann.
Konsequenz
Der BGH bestätigt mit seiner Entscheidung seine Rechtsprechung hinsichtlich Sinn und Zweck des
Schriftformerfordernisses in § 550 Satz 1 BGB. Es reicht aus, dass der Erwerber durch eine
entsprechende Vertragsbestimmung hinreichend gewarnt ist, dass eine von der Vertragsurkunde
abweichende Regelung zwischen den Parteien getroffen worden sein kann.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
26/26
BS WESTDEUTSCHLAND GmbH
Wirtschaftsprüfung ▪ Steuerberatung
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
- Villa Bredeney Frankenstraße 348
45133 Essen
Telefon: 02 01/8 78 56-0
Telefax: 02 01/8 78 56-33 oder -49
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E-Mail: [email protected]
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Erfolgreiche Teilnahme am
System der Qualitätskontrolle
der WP-Kammer
Ihre Mandanteninformationen des Monats Juli 2014
Prüfungsgesellschaft für
Qualitätskontrolle
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im
Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende
Sachverhalte zu überprüfen.
Bitte lesen Sie im Einzelnen:
Inhalt
Privatbereich
1.
Einkommensteuer: Nachzahlungszinsen nach § 233a AO
2.
Xetra Gold Inhaberschuldverschreibungen
3.
Zinserträge aus Ehegattendarlehen
4.
Wer muss eBay-Verkäufe versteuern?
5.
Steuerbegünstigung trotz SM-Studio in Ferienwohnung
6.
Werbungskostenabzug für Strafverteidigerkosten?
7.
Abzug nachträglicher Schuldzinsen nach Veräußerung trotz Liebhaberei?
8.
Nahe Angehörige und Darlehensverträge
9.
Mietkaution: Zur Verwertung im laufenden Mietverhältnis
10.
AGB-Recht: Bearbeitungsentgelt für Privatkredite?
11.
Zur Abzugsmöglichkeit von Zivilprozesskosten
12.
Kindergeldbescheinigung auch für nachrangig Berechtigte?
13.
Selbstanzeige und Meldung der Banken wegen Verdachts auf Geldwäsche
14.
Regelmäßige Arbeitsstätte beim Ausbildungsverhältnis
15.
Zur Anwendbarkeit von § 16 BewG bei Erbschaft- und Schenkungsteuer
16.
Zuwendung: Rückforderung vom Lebensgefährten
17.
ErbSt: Bewertungsabschlag für Grundstücke im Zustand der Bebauung
18.
Zur Behandlung von krankheitsbedingten Aufwendungen für Treppenlift
19.
Zur Schadensersatzpflicht beim Grundstücksverkauf
20.
Gesellschafterdarlehen: Abgeltungsteuer für Zinsen?
1/25
21.
Unterstützung von Angehörigen im Ausland
22.
Berufstätige Kinder: Kein Anspruch auf Kindergeld?
23.
Nachverpfändung: Auslegung einer Eintragungsbewilligung
24.
Leasingvertrag: Zur Prozessführungsbefugnis
25.
Nutzung eines Dienstwagens: Zur Zuzahlung
26.
Zum Vorliegen einer Auswärtstätigkeit bei einem befristeten Arbeitsverhältnis
Unternehmer und Freiberufler
1.
Neues zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer
2.
Kfz-Nutzung und Umsatzsteuer
3.
Nachweis innergemeinschaftlicher Lieferungen mittels CMR-Frachtbrief
4.
Lohnsteuerabzug Dritter - Haftungsfragen
5.
Steuerliches Einlagekonto: Falsche Angabe in Feststellungserklärung
6.
Anwaltshaftung bei "Red Flag Due Diligence"
7.
Anwaltshaftung bei Legal Due Diligence
8.
Finanztransaktionssteuer: Klage gegen verstärkte Zusammenarbeit erfolglos
9.
Abzugsverbot der Gewerbesteuer
10.
BVerfG zu Richtervorlage des BFH zum Entfallen eines Verlustvortrags
11.
Kommunale Rettungsdienst-GmbH ist gemeinnützigkeitsfähig
12.
Kein Lohn für Schwarzarbeit
Privatbereich
1.
Einkommensteuer: Nachzahlungszinsen nach § 233a AO
Kernaussage
Nachzahlungszinsen nach § 233a Abgabenordnung (AO), die ein Gesellschafter zahlen muss, weil
eine Gesellschaft, an der er beteiligt ist, ein abweichendes Wirtschaftsjahr beansprucht, sind nicht im
Billigkeitswege zu erlassen. Die etwaigen Nachteile eines abweichenden Wirtschaftsjahres sind nicht
sachlich unbillig, sondern Ausfluss der Wahlrechtsausübung.
Sachverhalt
Der alleinige Kommanditist einer Kommanditgesellschaft und alleinige Anteilseigner der X-GmbH
veräußerte im November 2010 seine Anteile bzw. brachte sie in die Z-GmbH ein. Die Gesellschaften
hatten ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1.9. bis zum 31.8. eines Jahres. Aus
der Umstrukturierung resultierte ein der Einkommensteuer des Gesellschafters unterliegender Gewinn.
Durch das abweichende Wirtschaftsjahr bei den Gesellschaften wurde zunächst am 15.7.2011 ein
Einkommensteuerbescheid erlassen, der einen geschätzten Gewinnanteil enthielt. Später, am
24.9.2012, wurde nach Erlass der Feststellungbescheide ein geänderter Einkommensteuerbescheid
2010 erlassen, der den höheren Gewinn und dementsprechend eine Verzinsung der Nachzahlung
beinhaltete. Der Steuerpflichtige beantragte daraufhin den Erlass des Zinsbescheids wegen sachlicher
Unbilligkeit. Gegen die Ablehnung des Finanzamts erhob er Klage.
Entscheidung
Das Finanzgericht Schleswig-Holstein wies die Klage ab. Sachliche Unbilligkeit sei nicht gegeben, da
der Kläger einen Liquiditätsvorteil erzielt habe. Auch die Argumentation des Klägers, bei
überwiegenden Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gelte eine günstigere Verzinsungsregelung
von 23 statt 21 Monaten nach Entstehung der Steuer, konnte das Gericht nicht überzeugen. Denn bei
derartigen Einkünften ist ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr gesetzlich
2/25
vorgeschrieben. Bei Einkünften aus Gewerbebetrieb ist hierfür jedoch ein Wahlrecht erforderlich. Da
die Verzinsung somit auf der Wahlrechtsausübung basiere, stellt sie nach Auffassung des Gerichts
keine Ungleichbehandlung von verschiedenen Einkunftsarten dar.
Konsequenz
Bei der Ausübung des Wahlrechts zur Inanspruchnahme eines vom Kalenderjahr abweichenden
Wirtschaftsjahres müssen etwaige negative Folgen bei der Verzinsung in Kauf genommen werden.
Steuerpflichtige, die offenkundig in die Verzinsung laufen, können diese durch eine vorherige
Überweisung des Nachzahlungsbetrags vor Beginn des Zinslaufs an die Finanzkasse vermeiden.
2.
Xetra Gold Inhaberschuldverschreibungen
Kernaussage
Xetra Gold Inhaberschuldverschreibungen führen beim Einlösen nicht zu steuerbaren Einkünften aus
Kapitalvermögen.
Sachverhalt
Der Kläger erwarb Xetra Gold Inhaberschuldverschreibungen, die einen Anspruch auf Lieferung von
Gold verbriefen. Im Jahr 2011 ließ er sich dreimal Gold liefern. Die Bank legte die Ausübung der
Lieferansprüche als Einkünfte aus Kapitalvermögen (211.000 EUR) aus, wohingegen der Kläger die
Auffassung vertritt, es könne lediglich ein Veräußerungsgewinn gem. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG vorliegen,
sofern die Veräußerung des erhaltenen Goldes innerhalb der Jahresfrist erfolge. Gegen die
Einspruchsentscheidung wurde Klage vor dem Finanzgericht (FG) Münster erhoben.
Entscheidung
Das FG gab der Klage statt. Die Rückgabe der Inhaberschuldverschreibung führe lediglich zum
Untergang dieser und stelle keine Veräußerung dar. Weiterhin werde die Emittentin von ihrer
Leistungspflicht - Auslieferung des Goldes - befreit, so dass keine Kapitalforderung vorliege. Wegen
der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist die Revision zum Bundesfinanzhof vom
Finanzgericht zugelassen worden.
Konsequenz
Entsprechende Fälle sollten mit Rücksicht auf das anhängige Verfahren offen gehalten werden. Zu
beachten ist, dass das im Wege der Geltendmachung des Lieferrechts erhaltene Gold bei einer
anschließenden
Veräußerung
innerhalb
eines
Jahres
zu
einem
steuerpflichtigen
Veräußerungsgeschäft führt.
3.
Zinserträge aus Ehegattendarlehen
Kernaussage
Der Abgeltungssteuersatz von 25 % findet auf Zinserträge aus Ehegattendarlehen keine Anwendung.
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen seitens des Finanzgerichtes nicht.
Sachverhalt
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Ehemann
gewährte seiner Frau verschiedene verzinsliche Darlehen. Die Beteiligten streiten darüber, ob
Zinserträge aus diesen Ehegattendarlehen dem tariflichen Einkommensteuersatz, so der Beklagte,
oder dem Abgeltungssteuersatz von 25 %, so die Kläger, unterliegen.
Entscheidung
Das Finanzgericht Köln gab dem Beklagten Recht und wies die Klage ab. Der Abgeltungssteuersatz
finde auf vereinnahmte Schuldzinsen aus Ehegattendarlehen keine Anwendung, da sie solchen
Erträgen zuzurechnen sind, die durch nahe stehende Personen erzielt wurden. Zwar sei der der Begriff
der nahe stehenden Person bislang noch nicht gesetzlich definiert worden, nach der
Gesetzesbegründung wird ein Näheverhältnis angenommen, wenn einer der beteiligten Personen ein
eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat. Diese Definition hat
die Finanzverwaltung übernommen. Da beide Ehegatten an der Erzielung der Einkünfte des jeweils
anderen Ehegatten wirtschaftlich interessiert sind und sie zusätzlich von einer Steuerspreizung
profitieren, treffe die angeführte Definition doppelt zu. Ein besonderes Näheverhältnis ergebe sich bei
Eheleuten auch aus dem allgemeinen Sprachgebrauch. Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH)
wurde aber wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
3/25
Konsequenz
Zinseinkünfte aus Ehegattendarlehen zählen zu den Einkünften aus Näheverhältnissen und
unterliegen dem persönlichen Einkommensteuersatz des Steuerpflichtigen. Der BFH wird im
Revisionsverfahren zu klären haben, wie der Begriff der "nahe stehenden Person" im Sinne der
streitigen Norm auszulegen ist und ob diese Vorschrift verfassungsgemäß ist. Neben diesem
Verfahren sind noch weitere Revisionsverfahren beim BFH anhängig. Mit Berufung auf eines dieser
Verfahren sollte in entsprechenden Fällen Einspruch eingelegt werden.
4.
Wer muss eBay-Verkäufe versteuern?
Kernfrage
Wer beim Kiosk um die Ecke kauft, weiß mit wem er es zu tun hat. Bei Internetkäufen hingegen ist dies
selten eindeutig. Dies stellt auch den Fiskus vor das Problem, denjenigen zu bestimmen, der die
Umsätze erbringt.
Sachverhalt
Ein Ehepaar verkaufte "private" Gegenstände über eBay, die entweder einem der Ehegatten oder
ihnen gemeinsam gehörten. Hierzu bedienten sie sich eines auf den Ehemann angelegten
Nutzerkontos, das er unter einem Pseudonym (Nickname) betrieb. Im ersten Rechtsgang war zunächst
streitig, ob die vorgenommene Veräußerung einer Vielzahl von Gebrauchsgegenständen über "ebay"
der Umsatzsteuer unterliegt. Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied, dass diese Umsätze der
Umsatzsteuer unterlägen, da die Eheleute wie Händler agierten. Offen blieb allerdings noch die Frage,
wer von den Ehegatten (einzeln oder gemeinsam) diese Umsätze zu versteuern hatte. Das Finanzamt
hatte hier die Eheleute gemeinschaftlich als Steuerschuldner herangezogen. Die Sache wurde vom
BFH an das Finanzgericht Baden-Württemberg zurückverwiesen.
Entscheidung
Für das FG Baden-Württemberg ist hinsichtlich der Zurechnung der Umsätze allein entscheidend, wer
im Außenverhältnis als Verkäufer auftritt. Bei Verwendung eines "Nicknamens" sei dies derjenige, der
sich bei Eröffnung des eBay-Kontos diesen anonymen Nutzernamen hat zuteilen lassen. Der
Ehemann war daher alleine Schuldner der Umsatzsteuer.
Konsequenzen
Wer umfangreich über das Internet Verkäufe tätigt, muss zwei Dinge beachten: Tritt er wie ein Händler
auf, unterliegen seine Umsätze der Umsatzsteuer, sofern er die Grenze für Kleinunternehmer
überschreitet (17.500 EUR). Lässt er Verkäufe Dritter über sein Nutzerkonto zu, so muss er damit
rechnen, dass diese ihm zugerechnet werden. Dies ist zum einen von Bedeutung im Hinblick auf das
Erreichen der Kleinunternehmergrenze, zum anderen schuldet der Verkäufer dann auch die
Umsatzsteuer für Dritte. Auch wenn Verkäufe über das Internet selten die umsatzsteuerlich relevanten
Grenzen überschreiten, so können Verkäufer das Risiko der Umsatzsteuer zu unterliegen verringern,
in dem sie ihr Nutzerkonto ausschließlich für eigene Umsätze nutzen.
5.
Steuerbegünstigung trotz SM-Studio in Ferienwohnung
Kernfrage
Seit Einführung des ermäßigten Steuersatzes für Beherbergungsumsätze häufen sich die Verfahren,
die die Abgrenzung der Beherbergungsumsätze zu anderen, nicht begünstigten Umsätzen zum
Gegenstand haben; nicht immer geht es um Alltägliches.
Sachverhalt
Der Kläger vermietete eine Ferienwohnung (100 qm). 70 qm der Wohnung bestanden aus Wohn-,
Schlafzimmer, Küche und Bad. Die restlichen Räume (30 qm) waren für besondere Bedürfnisse
eingerichtet. Sie beinhalteten ein SM-Studio sowie ein "ärztliches Behandlungszimmer", das unter
anderem mit einem Gynäkologiestuhl eingerichtet war. Das Finanzamt unterwarf die
Vermietungsumsätze dem Regelsteuersatz, da nicht die Beherbergung im Vordergrund stehe, sondern
die Nutzung der Räume für sexuelle Praktiken. Es verwies diesbezüglich auf die Internetseite des
Klägers, die mit dem Slogan warb "Lust und Leidenschaft, Sinnlichkeit und Ekstase sowie Erotik und
Geborgenheit". Der Kläger verwies dagegen auf wissenschaftliche Studien, wonach der
Geschlechtsverkehr ca. 15 Minuten dauere, so dass seine Gäste selbst bei mehrmaligen Sex
4/25
genügend Zeit für die Nutzung der Wohnung hätten, zudem seien Hotelzimmer unstrittig begünstigt,
obwohl hier das Bett im Mittelpunkt stehe und ebenfalls häufig dem sexuellen Vergnügen diene.
Entscheidung
Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) vertrat die Ansicht, dass der überwiegende Teil der
Wohnung der Beherbergung diene. Die speziell eingerichteten Räume seien hierzu als
Nebenleistungen zu qualifizieren. Diese seien jedoch nicht begünstigt, da das Umsatzsteuergesetz
explizit nur die unmittelbar der Vermietung dienenden Umsätze begünstigt. Das FG teilte die Umsätze
des Klägers daher entsprechend den Flächen in 70 % begünstigte und 30 % nicht begünstigte
Umsätze auf.
Konsequenzen
Das Urteil dürfte sachgerecht sein. Zwar teilen Nebenleistungen in der Regel umsatzsteuerlich das
Schicksal der Hauptleistung, der Bundesfinanzhof hatte jedoch hinsichtlich der Frage, ob das
Frühstück in Hotels begünstigt zu besteuern sei, die Vermietungen von diesem Grundsatz
ausgenommen. Wichtig für die Praxis ist auch der Hinweis des FG, dass es lediglich darauf ankomme,
dass Räume vermietet werden. Ob und in welchem Umfang diese tatsächlich von den Mietern genutzt
werden sei unerheblich. Zu beachten ist aber, dass im vorliegenden Fall die Räumlichkeiten weder der
Prostitution dienten, noch der Kläger zusätzliche Dienstleistungen (z. B. Getränkeverkauf) über die
Vermietung hinaus erbrachte, was voraussichtlich schädlich für die Begünstigung gewesen wäre.
6.
Werbungskostenabzug für Strafverteidigerkosten?
Kernaussage
Kosten im Rahmen einer Strafverteidigung sind nur dann als Werbungskosten abziehbar, wenn diese
Kosten durch Handlungen ausgelöst wurden, die in einem objektiven Zusammenhang mit der
Berufsausübung des Steuerpflichtigen stehen. Die zur Last gelegte Handlung muss dabei
ausschließlich und unmittelbar aus der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus veranlasst sein.
Sachverhalt
Gegen den Kläger (Steuerberater) wurde ein Steuerstrafverfahren eingeleitet, da er unter anderem
Verkäufe von Aktienoptionsrechten, die gegenüber der Gesellschaft bestanden, in seiner
Einkommensteuererklärung nicht angegeben hatte. Das Verfahren wurde gegen Zahlung einer
Geldauflage nach § 153a Strafprozessordnung eingestellt. Die aus dem Strafverfahren resultierenden
Rechtsanwaltskosten und aufgewendeten Zinsen, die der Kläger in seiner Steuererklärung geltend
machen wollte, wurden vom Finanzamt nur zu 20 % anerkannt. Hiergegen klagte er vor dem
Finanzgericht Hessen.
Entscheidung
Das Finanzgericht lehnte die Klage mit der Begründung ab, dass eine Steuerhinterziehung durch
falsche Angaben in der Einkommensteuererklärung eines Steuerberaters in keinem Zusammenhang
mit seiner Berufstätigkeit steht. Die durch eine Strafverteidigung versuchte Vermeidung beruflicher
beziehungsweise berufsrechtlicher Konsequenzen und eines (zukünftigen) Einnahmeverlustes heile
diesen Mangel nicht. Strafverteidigerkosten im Rahmen der Verteidigung beim Vorwurf der
Hinterziehung von Betriebssteuern könnten ebenfalls nicht als Werbungskosten abgezogen werden,
wenn betriebliche Mittel privat vereinnahmt oder verwendet wurden und sich dadurch die betrieblichen
Steuern verringern. Darüber hinaus wurde auch der Abzug der Strafverteidigerkosten im Rahmen der
außergewöhnlichen Belastungen verneint, da die Kosten geringer als die zumutbare Belastung in
Höhe von 7 % des Gesamtbetrages der Einkünfte des Klägers waren.
Konsequenz
Strafverteidigerkosten müssen im direkten Zusammenhang mit der betrieblichen oder beruflichen
Tätigkeit stehen, um als Werbungskosten abziehbar zu sein. Zielt die Strafverteidigung lediglich auf die
Vermeidung berufsrechtlicher Konsequenzen ab, ist ein Werbungskostenabzug nicht zulässig. Das
Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers beim
Bundesfinanzhof anhängig ist.
7.
Abzug nachträglicher Schuldzinsen nach Veräußerung trotz Liebhaberei?
Kernproblem
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im Jahr 2012 zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
5/25
entschieden, dass Schuldzinsen aus der Anschaffung einer zur Vermietung bestimmten Immobilie
auch noch nach Veräußerung des Gebäudes als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden
können. Das gilt allerdings nur insoweit, wie der Veräußerungserlös nicht ausreicht, um das Darlehen
zu tilgen. Ob die Veräußerung als Spekulationsgeschäft einer Besteuerung unterlag, ist dabei
unerheblich, wie der BFH erst kürzlich klarstellte. Die neue Rechtsprechung hat der BFH jetzt in
Kombination zur Liebhaberei bei den Vermietungseinkünften erweitert.
Sachverhalt
Ein Arzt hatte ein mit einer Gaststätte und Pächterwohnung sowie 7 Ferienwohnungen bebautes
Grundstück erworben und hieraus negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre
2003 bis 2006 erzielt. Ursächlich dafür war die Insolvenz des Generalmieters im Jahr 2003. Hiernach
betrieb der Arzt mit mäßigem Erfolg die Vermietung in Eigenregie und parallel dazu eine Veräußerung,
was ihm erst im Jahr 2008 gelang. Bis dahin hatte er die Gaststätte in eine Wohnung umgewandelt
und dauerhaft vermietet sowie die Ferienwohnungen über die Kurverwaltung vermarktet. Das
Finanzamt unterstellte ab dem Jahr 2003 Liebhaberei. Davon ging auch das Finanzgericht (FG) aus,
erkannte aber die von dem Arzt gezahlten nachträglichen Schuldzinsen nach der neueren
Rechtsprechung des BFH als Werbungskosten an. Hiergegen legte die Verwaltung Revision ein.
Entscheidung
Der BFH schloss sich der Auffassung des FG nicht an und wies die Sache an dieses zurück, da die
Sache nicht spruchreif war. Ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von nachträglichen
Schuldzinsen mit früheren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist nach Auffassung der BFHRichter dann nicht mehr anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige zwar ursprünglich mit
Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt habe, die Absicht jedoch bereits vor der Veräußerung des
Immobilienobjekts aus anderen Gründen weggefallen sei. Dagegen sei der Wegfall der Absicht für das
Gesamtobjekt erneut zu überprüfen. Denn das Finanzamt und das FG hätten den Wegfall der Absicht
offensichtlich nicht objektbezogen für jede einzelne der Wohnungen beziehungsweise für die
Gaststätte geprüft. Wenn mehrere Objekte auf Grundlage verschiedener Rechtsverhältnisse vermietet
werden würden, sei jede Tätigkeit aber für sich zu beurteilen.
Konsequenz
Die zuletzt günstige Rechtsprechung des BFH zum Abzug nachträglicher Schuldzinsen hilft bei
Liebhaberei nicht weiter. Ob Liebhaberei jedoch überhaupt vorliegt, muss zumindest im Streitfall in
Bezug auf die Ferienwohnungen nach den Grundsätzen des BFH zur Vermietung in Eigenregie ohne
Selbstnutzung geprüft werden.
8.
Nahe Angehörige und Darlehensverträge
Kernaussage
Bei Darlehensverträgen zwischen Angehörigen sind die üblichen Vertragsgestaltungen zwischen
Darlehensnehmer und Kreditinstituten sowie die Vereinbarungen aus dem Bereich der Geldanlage
heranzuziehen, wenn das Interesse auf eine gut verzinsliche Geldanlage gerichtet ist.
Neuerung
Dienen Darlehensverträge zwischen Angehörigen nicht nur der zusätzlichen Aufnahme von
Finanzierungsmitteln außerhalb einer Bankfinanzierung, sondern auch dem Interesse an einer guten
Kapitalanlage, so sind als Vergleichsmaßstab nicht mehr nur die üblichen Vertragsgestaltungen
zwischen Darlehensnehmer und Kreditinstitut zu berücksichtigen. Laut einer Entscheidung des
Bundesfinanzhofs (BFH) können zusätzlich auch die Vereinbarungen im Geldanlagebereich
hinzugezogen werden. Mit dem aktuellen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) wird
das Schreiben des BMF zur steuerlichen Anerkennung von Darlehnsverträgen zwischen Angehörigen
aus dem Jahr 2010 entsprechend dieser Rechtsprechung abgeändert.
Konsequenz
Nach dem Urteil des BFH, welches nun die Finanzverwaltung auf alle offenen Fälle anwendet, kann
neben der fremdüblichen Vertragsgestaltung auch im Rahmen des Fremdvergleichs berücksichtigt
werden, welche Vereinbarungen im Anlagebereich üblich sind. Hierzu gehört auch das Stehenlassen
von Zinsen. Insgesamt erweitert sich im Vergleich zur bisherigen sehr strikten Ansicht der
6/25
Finanzverwaltung die Möglichkeit, spezifisch gestaltete Darlehensbeziehungen auch als fremdüblich
zu qualifizieren.
9.
Mietkaution: Zur Verwertung im laufenden Mietverhältnis
Kernaussage
Eine Vereinbarung, die dem Vermieter gestattet, während des laufenden Mietverhältnisses die Kaution
zur Verwertung streitiger Forderungen zu verwerten, ist unzulässig.
Sachverhalt
Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung des Beklagten. Vereinbarungsgemäß zahlte die Klägerin
1.400 EUR auf ein Kautionskonto. Eine Zusatzvereinbarung der Parteien zum Mietvertrag bestimmt:
"Der Vermieter kann sich wegen seiner fälligen Ansprüche bereits während des Mietverhältnisses aus
der Kaution befriedigen. Der Mieter ist in diesem Fall verpflichtet, die Kautionssumme wieder auf den
ursprünglichen Betrag zu erhöhen ..." Als die Klägerin später eine Minderung der Miete geltend
machte, ließ sich der Beklagte während des laufenden Mietverhältnisses das Kautionsguthaben
auszahlen. Die Klägerin verlangt, den Betrag wieder dem Kautionskonto gutzuschreiben und
insolvenzfest anzulegen. Das Amtsgericht hatte der Klage stattgegeben, das Landgericht hatte die
Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Gegen die Entscheidung legte der Beklagte Revision beim
Bundesgerichtshof ein.
Entscheidung
Die Revision blieb erfolglos. Die Richter entschieden, dass der Beklagte nicht berechtigt gewesen sei,
die Kaution während des laufenden Mietverhältnisses wegen der von der Klägerin bestrittenen
Mietforderungen in Anspruch zu nehmen. Das Vorgehen des Beklagten widerspreche dem
Treuhandcharakter der Mietkaution. Der Vermieter habe die ihm als Sicherheit überlassene
Geldsumme getrennt von seinem Vermögen anzulegen. Damit habe der Gesetzgeber sicherstellen
wollen, dass der Mieter die Kaution nach Beendigung des Mietverhältnisses auch bei Insolvenz des
Vermieters ungeschmälert zurückerhalte, soweit dem Vermieter keine gesicherten Ansprüche
zustehen. Diese Zielsetzung würde unterlaufen, wenn der Vermieter die Mietkaution bereits während
des laufenden Mietverhältnisses auch wegen streitiger Forderungen in Anspruch nehmen könnte. Die
hiervon zum Nachteil der Klägerin abweichende Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag sei deshalb
unwirksam.
Konsequenz
Der Entscheidung ist zuzustimmen. Die Kaution soll die Ansprüche des Vermieters bei Mietbeendigung
sichern - mehr nicht. Daher darf sie nicht zuvor verwendet werden.
10.
AGB-Recht: Bearbeitungsentgelt für Privatkredite?
Kernaussage
Vorformulierte Bestimmungen über ein Bearbeitungsentgelt in Darlehensverträgen zwischen einem
Kreditinstitut und einem Verbraucher sind unwirksam. Hiermit werden die Kosten für Tätigkeiten durch
die Kunden getragen, die die Bank in eigenem Interesse oder auf Grund bestehender Rechtspflichten
zu erbringen hat.
Sachverhalt
Im ersten Verfahren klagte ein Verbraucherschutzverein auf die Unwirksamkeit der im Preisaushang
der beklagten Bank für Privatkredite enthaltenen Klausel "Bearbeitungsentgelt einmalig 1 Prozent". In
einem weiteren Verfahren begehren die Kläger die Rückzahlung des von der beklagten Bank beim
Abschluss eines Verbraucherdarlehens berechneten Bearbeitungsentgelts. In der Vertragsmaske, über
die die Kläger im März 2012 den Online-Darlehensvertrag abschlossen, war ein automatisch
berechnetes und in das Vertragsformular eingesetztes Bearbeitungsentgelt in Höhe von 1.200 EUR
enthalten, welches für die Kapitalüberlassung geschuldet wurde. Das Entgelt sollte mitfinanziert
werden und somit Bestandteil des Kreditnennbetrages sein. Bei Auszahlung des Darlehens oder eines
ersten Darlehensbetrages ist das Entgelt fällig und wird in voller Höhe einbehalten.
Entscheidung
In beiden Verfahren wurden die Revisionen der beklagten Banken zurückgewiesen, da nach Ansicht
des Bundesgerichtshof (BGH) die Bestimmungen hinsichtlich der Bearbeitungsgebühren der AGBInhaltskontrolle nicht standhielten. Ausreichend für die Klassifizierung als AGB ist die Tatsache, dass
7/25
wiederholt anhand der Daten des individuellen Darlehensvertrages das Bearbeitungsentgelt errechnet
und in ein Leerfeld der Vertragsurkunde eingesetzt wird. Es handelt sich in beiden Fällen um der
Inhaltskontrolle zugängliche Preisnebenabreden, nicht jedoch um kontrollfreie Preisabreden. Zu Recht
sei von den Berufungsgerichten angenommen, dass das Bearbeitungsentgelt ein zusätzliches Entgelt
zur Abgeltung des Bearbeitungsaufwandes im Zusammenhang mit der Kreditgewährung und der
Auszahlung der Darlehensvaluta darstellt. Demnach sei das Bearbeitungsentgelt weder Entgelt der
Hauptleistung noch Entgelt für eine Sonderleistung. Allein der zu zahlende Zins stelle den
laufzeitabhängigen Preis für die Kapitalnutzung dar und sei somit das Entgelt für die Hauptleistung.
Konsequenz
Darlehensnehmer, die in der Vergangenheit ein solches Entgelt gezahlt haben, können gegenüber
ihrem Kreditinstitut einen Erstattungsanspruch haben, jedenfalls bei allen Darlehensverträgen, die seit
dem 1.1.2011 abgeschlossen worden sind.
11.
Zur Abzugsmöglichkeit von Zivilprozesskosten
Kernproblem
Im Jahr 2011 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entgegen seiner bis dahin geltenden Rechtsprechung
entschieden, dass Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen (agB) zu berücksichtigen
sind, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung eine
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Finanzverwaltung hat das
Urteil des BFH mit einem Nichtanwendungserlass belegt. Mit Wirkung vom 30.6.2013 wurde das EStG
dahingehend geändert, dass Prozesskosten nur dann als agB zu berücksichtigen sind, wenn es sich
um Aufwendungen handelt, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu
verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen
zu können. Für die Zeit davor häufen sich die Streitfälle vor den Finanzgerichten (FG), jetzt beim FG
Münster.
Sachverhalt
Eheleute wurden im Jahr 2000 geschieden und hatten in einem Ehevertrag die Lasten eines
gemeinsamen Hauses geregelt. Bei den Verhandlungen über die Auseinandersetzung des
Hauseigentums im Jahr 2007 konnten sich die Parteien hinsichtlich der vom geschiedenen Ehemann
geforderten Nutzungsentschädigung für das Bewohnen des Hauses durch seine frühere Ehefrau nicht
einigen, so dass diese verklagt wurde und ihrerseits Widerklage einlegte. In einem Vergleich vor dem
Amtsgericht im Jahr 2009 wurde ein zukünftiger Wohnwert festgelegt. Darüber hinaus wies das
Amtsgericht die Widerklage ab und verurteilte die Geschiedene auf eine Nutzungsentschädigung für
das Jahr 2008. Die hiergegen beim Oberlandesgericht eingelegte Berufung endete in einem weiteren
Vergleich. Den für das Jahr 2010 als agB von der Ehefrau beantragten Abzug der Gerichts- und
Rechtsanwaltskosten des Berufungsverfahrens von über 6.300 EUR versagte das Finanzamt mit
Bezug auf den Nichtanwendungserlass den Abzug.
Entscheidung
Das FG ließ den beantragten Abzug als agB zu, denn die neue gesetzliche Regelung entfalte für die
Vergangenheit keine Geltung. Der BFH verlange in seiner Rechtsprechung, dass die Kosten für den
Steuerpflichtigen unausweichlich seien und er sich nicht mutwillig oder leichtfertig auf einen Prozess
eingelassen habe. Demgemäß wären Zivilprozesskosten nicht unausweichlich, wenn die beabsichtigte
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aus Sicht eines verständigen Dritten keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg biete. Nach Auffassung des FG bestand für das Berufungsverfahren durchaus eine
hinreichende Erfolgsaussicht, die auch in dem Prozessvergleich realisiert wurde.
Konsequenz
Gegen das Urteil wurde die Revision zugelassen. Ähnliche Verfahren sind bereits beim BFH anhängig.
Zumindest für bis zum 29.6.2013 aufgewendete Zivilprozesskosten kann nur empfohlen werden,
Verfahren durch Rechtsbehelfe offenzuhalten.
12.
Kindergeldbescheinigung auch für nachrangig Berechtigte?
Kernproblem
Die Eltern sind grundsätzlich gemeinsam Anspruchsberechtigte des Kindergelds. Die Auszahlung
erfolgt jedoch nur an einen Berechtigten. Ist das Kind in den gemeinsamen Haushalt der Eltern
8/25
aufgenommen, bestimmen diese untereinander den Empfänger des Kindergelds. Ansonsten wird an
denjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Unabhängig von der
Auszahlung wird das Kindergeld bei der steuerlichen Günstigerprüfung zwischen Kindergeld und
Kinderfreibetrag grundsätzlich jeweils zur Hälfte bei beiden Eltern angerechnet. Bei einem intakten
Familienhaushalt spielt es eine weniger bedeutende Rolle, ob das Kindergeld an den Vater oder die
Mutter ausbezahlt wird. Hier können aber außersteuerliche Gründe, z. B. Gehaltszuschläge im
öffentlichen Dienst, die an den Bezug des Kindergelds geknüpft sind, den Ausschlag für die Wahl
geben. Insbesondere in Trennungs- und Scheidungsfällen hat das Kindergeld auch Auswirkung auf
Unterhaltsleistungen. Ob dann jeder Berechtigte Anspruch auf Auskünfte über das gezahlte Kindergeld
hat, war Anlass eines Rechtsstreits vor dem Bundesfinanzhof (BFH).
Sachverhalt
Ein Vater bezog für seine Tochter bis Januar 2009 Kindergeld. Ab Februar hob die Familienkasse die
Kindergeldfestsetzung auf, weil die geschiedene Ehefrau und Mutter als vorrangig Berechtigte den
Kindergeldantrag gestellt hatte. Weitere Auskünfte über Zeitpunkt und Höhe der Auszahlung an die
Mutter wollte die Familienkasse dem Vater nicht geben und berief sich auf das Steuergeheimnis.
Daraufhin beantragte der Vater die gesetzlich zulässige Kindergeldbescheinigung. Diese erteilt die
Familienkasse dem "Berechtigten" auf Antrag über das im Kalenderjahr ausgezahlte Kindergeld. Auch
das verweigerte die Familienkasse, weil ein solcher Antrag nur von der Kindsmutter als Berechtigte
gestellt werden könne. Der Klage des Vaters gab das Finanzgericht (FG) München statt. Über die
Revision musste der BFH entscheiden.
Entscheidung
Der BFH bejahte den Anspruch des Vaters. Nach Auffassung des Senats sei jedem Steuerpflichtigen,
der Anspruch auf Kindergeld habe, auf Antrag eine Kindergeldbescheinigung zu erteilen. Daher könne
auch
ein
sogenannter
nachrangig
Berechtigter,
dessen
Anspruch
gegenüber
der
Anspruchsberechtigung einer anderen Person zurücktrete, die Bescheinigung verlangen. Das
Steuergeheimnis stehe dem nicht entgegen, weil sich der Anspruch direkt aus dem Gesetz ergebe und
die Offenbarung damit ausdrücklich zugelassen sei.
Konsequenz
Weil die steuerliche Günstigerprüfung ab dem Jahr 1996 nur auf den abstrakten Kindergeldanspruch
abstellt, sind fast nur außersteuerliche Folgen der Entscheidung ersichtlich.
13.
Selbstanzeige und Meldung der Banken wegen Verdachts auf Geldwäsche
Kernaussage
Banken müssen bei Anforderung von Unterlagen zur Selbstanzeige eine Verdachtsmeldung an die
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) machen.
Neuerung
Kaum steht die Verschärfung der strafbefreienden Selbstanzeige fest, droht reuigen
Steuerhinterziehern Ungemach von Seiten der Banken. Es ist zu befürchten, dass bereits mit der
Anforderung von Besteuerungsgrundlagen bei deutschen Kreditinstituten die Steuerhinterziehung
entdeckt wird und deshalb die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige nicht mehr eintritt. Aufgrund
eines Rundschreibens der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist davon
auszugehen, dass deutsche Kreditinstitute bei Kenntnis über eine geplante oder durchgeführte
Selbstanzeige eine Verdachtsmeldung nach dem Geldwäschegesetz (GwG) abgeben. In ihrem
Rundschreiben vom 5.3.2014 hat die BaFin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Banken über eine
(geplante) Selbstanzeige eine Verdachtsmeldung zu erstatten haben, sofern die Möglichkeit besteht,
dass eine entsprechende Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der Geschäftsbeziehung oder
Vermögenswerten des Kunden steht. Da die Kreditinstitute dieses grundsätzlich nicht prüfen können
und generell zur genauen Prüfung nicht verpflichtet sind, werden diese im Zweifel immer gegen den
Kunden entscheiden und die (geplante) Selbstanzeige melden.
Konsequenz
Deutsche Kreditinstitute dürfen zur Vorbereitung einer Selbstanzeige nicht eingebunden werden.
Kunden sollten frühestens, wenn überhaupt, erst nach Abgabe einer Selbstanzeige mit ihrem
Bankberater hierüber sprechen. Da die Anforderung von Besteuerungsgrundlagen bei deutschen
9/25
Kreditinstituten mit großer Wahrscheinlichkeit eine Verdachtsmeldung an die Ermittlungsbehörden
auslöst, verbleibt in diesen Fällen lediglich die Abgabe einer Selbstanzeige mit geschätzten Werten.
14.
Regelmäßige Arbeitsstätte beim Ausbildungsverhältnis
Kernproblem
Ob ein Arbeitnehmer eine regelmäßige Arbeitsstätte (ab 2014: erste Tätigkeitsstätte) hat, kann
Anknüpfungspunkt für viele steuerliche Fragestellungen sein. Dies gilt z. B. für die Bemessung von
steuerlichen Sachbezügen bei der Überlassung eines Dienstwagens oder im Reisekostenrecht.
Gleichwohl sind Fälle ohne das Vorliegen einer Arbeitsstätte denkbar. Solche Arbeitnehmer haben
dann Dienstreisen und können unter anderem Verpflegungsmehraufwendungen für die ersten 3
Monate oder höhere Fahrtkosten geltend machen. Erst zuletzt hatte der Bundesfinanzhof (BFH) bei
einem auf 2 Jahre befristeten Zeitsoldaten und einem 3 Jahre abgeordneten Beamten die Fahrten als
Reisekosten eingestuft.
Sachverhalt
Im Streitfall ging es um die Fahrten eines Auszubildenden in den Ausbildungsbetrieb seines Vaters
sowie zur Berufsschule. Während das Finanzamt die Fahrten zur Berufsschule nach
Dienstreisegrundsätzen behandelte, setzte es die Fahrten in den Betrieb mit der
Entfernungspauschale an. In der Folge musste der Vater das im Jahr 2011 noch letztmalig
einkommensabhängig gewährte Kindergeld zurückzahlen. In der erfolgreichen Klage hatte sich das
Finanzgericht Rheinland-Pfalz von einer Entscheidung des BFH leiten lassen, der die
Fahrtaufwendungen eines FH-Studenten während der beiden praktischen Studiensemester als
Reisekosten gewertet hatte, und im Streitfall ebenso entschieden. Der BFH musste über die Revision
des Finanzamts entscheiden.
Entscheidung
Der 3. Senat des BFH würdigt die Fahrten von Auszubildenden zum Ausbildungsbetrieb als solche zur
regelmäßigen Arbeitsstätte. Das gelte zumindest für Ausbildungsdienstverhältnisse mit Bezug von
Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit, bei denen der Auszubildende dem Ausbildungsbetrieb
zugeordnet sei und diesen fortlaufend aufsuche, um dort seine für den Ausbildungszweck zentralen
Tätigkeiten zu erbringen. Allein der Umstand, dass ein Ausbildungsverhältnis regelmäßig zeitlich
befristet sei, reiche nicht aus, die Qualifikation als regelmäßige Arbeitsstätte zu versagen. Entgegen
der Vorentscheidung sei der Fall des Studenten nicht vergleichbar, weil dort die Hochschule
Mittelpunkt der Tätigkeit bliebe und zudem keine Einkünfte erzielt wurden.
Konsequenz
In Teilen der Literatur wird die Auffassung des 3. Senats in Zweifel gezogen, zumal sie zum Kindergeld
und in Divergenz zu den Entscheidungen des 6. Senats im Zusammenhang mit Fahrtaufwendungen
zur Universität bzw. während des Praxissemesters ergangen ist. Mit Hinweis auf ein weiteres
anhängiges Verfahren (Fahrtkosten bei dualer Ausbildung) wird empfohlen, Verfahren offenzuhalten,
auch um abzuwarten, ob Verfassungsbeschwerde eingelegt wird.
15.
Zur Anwendbarkeit von § 16 BewG bei Erbschaft- und Schenkungsteuer
Kernfrage
Um sicherzustellen, dass die standardisierten Bewertungsvorschriften des Bewertungsgesetzes für
Wirtschaftsgüter einerseits und dauerhafte Nutzungen (Nießbrauch, Wohnrecht usw.) andererseits
nicht dazu führen, dass der Kapitalwert der abzugsfähigen Nutzung höher sein kann als der Wert des
Wirtschaftsgutes selber, ist im Bewertungsgesetz eine Höchstbetragsbegrenzung vorgesehen. Der
Bundesfinanzhof hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob diese Bewertungsvorschrift auch auf
Erwerbe nach Inkrafttreten der Erbschaftsteuerreform anwendbar ist.
Sachverhalt
Geklagt hatte ein Erwerber, der Eigentum an einer Immobilie erworben hatte, an der ein lebenslanges
Wohnrecht bestellt war. In der Schenkungsteuererklärung wurden auf der Grundlage eines
Sachverständigengutachten ermittelte Werten angegeben; allerdings verzichtete der Erwerber darauf,
einen niedrigeren gemeinen Wert für das Objekt zu ermitteln und zu erklären. Das Finanzamt
begrenzte in seinem Schenkungsteuerbescheid die Abzugsfähigkeit der lebenslangen Nutzung auf der
Grundlage der bewertungsrechtlichen Begrenzungsvorschrift, in dem es den Grundbesitzwert durch
10/25
18,6 teilte und damit zu einem um rund die Hälfte geringeren Jahreswert der Nutzung gelangte als der
Sachverständige. Die hiergegen gerichtete Klage hatte zunächst Erfolg, wurde aber nunmehr durch
den Bundesfinanzhof abgewiesen.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof erklärt die bewertungsrechtliche Begrenzungsvorschrift zunächst auch für die
Rechtslage nach der Erbschaftsteuerreform für anwendbar, weil Sinn und Zweck der Norm sich nicht
geändert hätten. Dies gelte jedenfalls, wenn die Nutzung erst nach Ermittlung des Grundbesitzwertes
im Rahmen der vorgesehenen Bewertungsverfahren für Grundbesitz auf Ebene der Festsetzung der
Erbschaftsteuer zum Abzug gelange (Stichwort: Abzug von auf dem Wirtschaftsgut lastenden
Verbindlichkeiten mit ihrem Kapitalwert). Diese Vorgehensweise greife auch nicht in
verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen ein, weil es dem Steuerpflichtigen unbelassen sei,
die wertmindernde Nutzung bereits auf Bewertungsebene im Rahmen des Nachweises eines
niedrigeren gemeinen Wertes zu berücksichtigen, was aber im konkreten Fall nicht erfolgt war.
Konsequenz
Die Entscheidung macht deutlich, dass Bewertungsvorschriften, wenn bei der Bewertung abzugsfähige
Nutzungen eine Rolle spielen können, besonderes Augenmerk geschenkt werden muss. Insbesondere
sollte eine Vergleichsrechnung dahingehend erfolgen, ob mit dem Kapitalwert der Nutzung nicht ein
niedrigerer gemeiner Wert nachgewiesen werden kann. Auf Ebene der Steuerfestsetzung droht
jedenfalls die Begrenzung der Abzugsfähigkeit.
16.
Zuwendung: Rückforderung vom Lebensgefährten
Kernaussage
Eine Zuwendung ist auch dann als unbenannte Zuwendung einzuordnen, wenn sie den
Lebensgefährten erst für den Fall des Todes finanziell absichern soll, sofern in der zugrundeliegenden
Abrede gleichwohl zum Ausdruck kommt, dass die Solidarität der Parteien auch über den Tod des
Zuwendenden hinaus wirken und damit zugleich die Verbundenheit der Lebenspartner zu Lebzeiten
bekräftigen soll. Die Grundlage der Zuwendung fällt jedoch mit der Beendigung der nichtehelichen
Lebensgemeinschaft weg.
Sachverhalt
Der Kläger, Inhaber eines Sparbriefs in Höhe von 50.000 EUR mit Laufzeit bis Ende Oktober 2009,
lebte seit dem Jahr 2003 mit der Beklagten in nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Im Mai 2007
unternahmen die Parteien eine mehrmonatige gemeinsame Europareise. Kurz zuvor veranlasste der
Kläger die Aufteilung des Sparbriefs, wobei eines der neuen Papiere über einen Betrag von 25.000
EUR auf den Namen der Beklagten ausgestellt wurde. Anfang Oktober 2008 trennten sich die
Parteien. Mit der Klage verlangt der Kläger zunächst die Herausgabe des Sparbriefs und nach
Gutschrift des Geldbetrages auf einem Konto der Beklagten die Zahlung von 25.000 EUR nebst Zinsen
durch den Nachlassverwalter der zwischenzeitlich verstorbenen Beklagten.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Berufungsurteil auf und gab der Klage statt. Anders als das
Oberlandgericht war der BGH der Auffassung, dass die Ausstellung des Sparbriefs auf den Namen der
Beklagten nicht als Schenkung sondern als unbenannte Zuwendung unter Lebensgefährten
einzuordnen ist. Sie diente der Verwirklichung, Ausgestaltung und Erhaltung der nichtehelichen
Lebensgemeinschaft. In der zugrundeliegenden Abrede kam gleichwohl zum Ausdruck, dass die
Solidarität der Parteien auch über den Tod des Klägers hinaus wirken und damit zugleich die
Verbundenheit der Lebenspartner zu Lebzeiten bekräftigt werden sollte. Dafür spricht auch die
Tatsache, dass die Zuwendung die Beklagte erst für den Fall des Todes des Klägers finanziell
absichern sollte. Mit Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist auch der Grund für die
Zuwendung weggefallen, so dass der Kläger Anspruch auf Rückzahlung hat.
Konsequenz
Soll die Zuwendung die Lebens- und Versorgungsgemeinschaft erhalten und sichern, verfolgt der
Zuwendende auch eigennützige Zwecke; es handelt sich um keine Schenkung. Ausgleichsansprüche
können nach einer Trennung oder nach dem Tod desjenigen Lebensgefährten, der die Zuwendung
erhalten hat, entstehen.
11/25
17.
ErbSt: Bewertungsabschlag für Grundstücke im Zustand der Bebauung
Kernfrage
Für Grundstücke, die reine Vermietungsobjekte darstellen, gewährt das Erbschaftsteuergesetz in
seiner derzeitigen Fassung einen 10 %igen Bewertungsabschlag. Das Finanzgericht Düsseldorf hatte
nunmehr darüber zu befinden, ob die Gewährung dieses Bewertungsabschlags eine bereits
vorhandene Vermietung voraussetzt oder nicht.
Sachverhalt
Zwei Geschwister waren Miteigentümer einer von ihnen selbstgenutzten Immobilie. Daneben hatten
sie zwei weitere Grundstücke erworben und mit dem Bau von Einfamilienhäusern begonnen, die sie
nach Fertigstellung vermieten wollten. Vor Fertigstellung starb die Schwester und wurde vom Bruder
beerbt. Dieser vermietete alle drei Objekte und beantragte die Gewährung des Bewertungsabschlages
für Vermietungsobjekte im Rahmen der Erbschaftsteuer. Dies lehnte das Finanzamt unter anderem mit
der Begründung ab, Teil des Nachlasses seien nur Objekt im Zustand der Bebauung geworden.
Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf gab dem Bruder zu zwei Dritteln Recht. Der Gesetzeswortlaut verlange
für den Bewertungsabschlag bei Vermietungsobjekten gerade nicht deren Fertigstellung; entscheidend
sei alleine, dass im Zeitpunkt des Todes eine konkrete Vermietungsabsicht vorliege. Entsprechend sei
für die beiden noch nicht fertig gestellten Objekte, die die Geschwister gemeinsam vermieten wollten,
der Bewertungsabschlag zu gewähren, auch wenn noch keine Fertigstellung erfolgt und kein
Mietvertrag abgeschlossen gewesen sei. Für das im Todeszeitpunkt selbst genutzte Objekt, das auch
nicht vermietet werden sollte, könne der Bewertungsabschlag entsprechend nicht gewährt werden.
Konsequenz
Die Entscheidung ist positiv zu sehen, weil sie den Bewertungsabschlag nicht an die Fertigstellung
eines Objekts knüpft, also insbesondere in Fällen plötzlichen Versterbens hilft. Allerdings wird das
Bestehen einer konkreten Vermietungsabsicht regelmäßig eine Beweisbarkeitsfrage sei. Das
Finanzgericht hat konsequenterweise auch die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, so dass die
Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist.
18.
Zur Behandlung von krankheitsbedingten Aufwendungen für Treppenlift
Kernproblem
Krankheitskosten sind als außergewöhnliche Belastungen bei der Einkommensteuer abzugsfähig,
soweit sie zwangsläufig sind und die zumutbare Eigenbelastung überschreiten. Die Zwangsläufigkeit
von krankheitsbedingten Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder
Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu
beurteilen ist, hat der Steuerpflichtige durch ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des
medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche
Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachzuweisen. Das
formalisierte
Nachweisverlangen
betrifft
z.
B.
Kuren,
Psychotherapie,
allgemeine
Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens als medizinische Hilfsmittel oder wissenschaftlich nicht
anerkannten Behandlungsmethoden. Für andere Aufwendungen gilt der Grundsatz der freien
Beweiswürdigung.
Sachverhalt
Eheleute ließen sich wegen der Gehbehinderung des zwischenzeitlich verstorbenen Ehemanns einen
Treppenlift in ihr selbst genutztes Einfamilienhaus einbauen und machten beim Finanzamt die
Aufwendungen von über 18.000 EUR geltend. Hierzu legten sie ein Attest des Hausarztes vor, der
eine außergewöhnliche Gehbehinderung bescheinigte. Das Finanzamt lehnte den Abzug mit Verweis
auf das formalisierte Nachweisverlangen für medizinische Hilfsmittel ab. Einspruch und Klage blieben
erfolglos.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof wies den Fall an das Finanzgericht zurück. Der geforderte Nachweis sei nur in
den vom Gesetz abschließend aufgezählten Fällen zu erbringen, u. a. auch für
Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Hierunter fallen nach der Definition im
Sozialgesetzbuch V technische Hilfen, die getragen oder mit sich geführt werden können, um sich im
12/25
jeweiligen Umfeld zu bewegen, zurechtzufinden und die elementaren Grundbedürfnisse des täglichen
Lebens zu befriedigen. Darunter sei ein Treppenlift nicht zu subsumieren. Das Finanzgericht habe nun
die erforderlichen Feststellungen zur medizinischen Notwendigkeit für die Maßnahme nach dem
Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu treffen. Das Attest des Hausarztes sei dabei als
Parteivortrag zu würdigen und könne nicht als Nachweis gewertet werden. Da weder das Finanzamt
noch das Finanzgericht die erforderliche Sachkunde besäßen, sei gegebenenfalls ein
Sachverständigengutachten einzuholen.
Konsequenz
Bei pauschaler Ablehnung des Abzugs von Krankheitskosten durch das Finanzamt sollte kritisch
geprüft werden, ob das Nachweisverlangen überhaupt gefordert werden kann. Noch besser ist es, das
bereits vor Entstehung der Kosten zu tun, um gegebenenfalls die geforderten Voraussetzungen zu
erfüllen.
19.
Zur Schadensersatzpflicht beim Grundstücksverkauf
Kernaussage
Bei unverhältnismäßig hohen Mängelbeseitigungskosten ist der Schadensersatzanspruch des Käufers
eines Grundstücks gegen den Verkäufer auf den Ersatz des mangelbedingten Minderwerts des
Grundstücks beschränkt.
Sachverhalt
Die Klägerin kaufte von den beiden Beklagten ein mit einem Mietshaus bebautes Grundstück zu einem
Kaufpreis von 260.000 EUR. Nach dessen Übergabe stellte die Klägerin fest, dass das Gebäude mit
echtem Hausschwamm befallen ist. Das Landgericht erließ ein Grundurteil, wonach die Beklagten dem
Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet sind. Im anschließenden Betragsverfahren wurden die
Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 89.129,86 EUR sowie von 45.000 EUR als
Ausgleich des nach der Schwammsanierung verbleibenden merkantilen Minderwerts verurteilt. Ferner
wurde festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, auch den weitergehenden durch den
Hausschwamm hervorgerufenen Schaden zu ersetzen. Die Urteile sind rechtskräftig. Nach weiteren
Sanierungsmaßnahmen verlangt die Klägerin von den Beklagten 499.728,86 EUR. Ihre Klage ist in
den Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Nach Ansicht des Kammergerichts (KG) ist die Ersatzpflicht
der Beklagten nicht begrenzt. Bei der Prüfung, ob die Mängelbeseitigungskosten unverhältnismäßig
sind, sei nicht von dem Kaufpreis, sondern von dem Verkehrswert des mangelfreien Grundstücks
auszugehen. Dieser liege bei (mindestens) 600.000 EUR, während die Zahlungen, zu denen die
Beklagten bislang verurteilt worden sind, sich auf insgesamt 639.230,38 EUR beliefen und sie damit
nur ca. 6 % über dem Verkehrswert lägen. Hiergegen gingen die Beklagten in Revision.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob die Entscheidung des KG auf. Bei unverhältnismäßigen
Mangelbeseitigungskosten ist zum Schutz des Verkäufers der Schadensersatz auf den
mangelbedingten Minderwert der Kaufsache beschränkt. Bei Grundstücksverträgen kann davon
ausgegangen werden, dass Mangelbeseitigungskosten unverhältnismäßig sind, wenn sie entweder
den Verkehrswert des Grundstücks in mangelfreien Zustand oder 200 % des mangelbedingten
Minderwerts übersteigen.
Konsequenz
Zutreffend zieht der BGH eine Obergrenze für Mängelbeseitigungskosten ein. Problematisch ist, wenn
sich erst später herausstellt, dass die Kosten unverhältnismäßig sind. Entscheidend ist jedoch
grundsätzlich der Beginn der Mängelbeseitigung. Nur dann besteht keine Ersatzpflicht, wenn ein
wirtschaftlich denkender Käufer die Arbeiten auch unter Berücksichtigung der bereits angefallenen
Kosten nicht weiterführen würde.
20.
Gesellschafterdarlehen: Abgeltungsteuer für Zinsen?
Kernaussage
Zinsen aus Gesellschafterdarlehen unterliegen nicht der Abgeltungsteuer. Die Verfassungsmäßigkeit
dieser Ausnahmeregelung von der Abgeltungsteuer wurde erneut gerichtlich bestätigt.
Sachverhalt
Die Beteiligten stritten darüber, ob die Abgeltungssteuer auf Zinsen anzuwenden ist, die eine GmbH13/25
Gesellschafterin auf Darlehen erhält, die sie der GmbH eingeräumt hat. Im Bescheid über die
Einkommensteuer des Jahres 2009 wurden die Zinserträge aus dem Gesellschafterdarlehen als
Einnahmen aus Kapitalvermögen erfasst und der tariflichen Einkommensteuer unterworfen. Gegen
diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein und forderte eine Besteuerung der Erträge mit der
Abgeltungssteuer. Das Finanzamt wies den Einspruch zurück. Zur Begründung verwies es auf den
Ausnahmetatbestand von der Abgeltungssteuer, wonach Zinseinnahmen nicht der Abgeltungssteuer
zu unterwerfen sind, wenn die Zinsen von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner entrichtet
würden, der zu mindestens 10 % an der Gesellschaft beteiligt sei. Die Klägerin hielt einen Anteil von
50 % an der Gesellschaft.
Entscheidung
Die Münsteraner Finanzrichter folgten dem Finanzamt und bejahten die Verfassungsmäßigkeit der
Ausnahmeregelung. Insbesondere liege kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz
des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz vor. Alle Fälle, in denen Gesellschafter Einfluss auf die
Darlehensaufnahme von Gesellschaften haben, würden steuerlich gleich behandelt. Für die
unterschiedliche Behandlung von Darlehenszinsen, die an fremde Dritte und an Gesellschafter gezahlt
werden, gebe es sachliche Gründe, die die unterschiedlichen Rechtsfolgen rechtfertigten.
Konsequenz
Die Entscheidung überrascht nicht. Die Verfassungsmäßigkeit der Ausnahmetatbestände von der
Abgeltungssteuer war in anderen Entscheidungen bereits nicht bezweifelt worden. Das Finanzgericht
hat die Revision vor dem Bundesfinanzhof zugelassen.
21.
Unterstützung von Angehörigen im Ausland
Kernproblem
Werden bedürftige nahe Angehörige im Ausland unterstützt, kann ein steuerlicher Abzug als
außergewöhnliche Belastung in Betracht kommen, denn es ist nicht Voraussetzung, dass die
unterstützte Person unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Der im Inland geltende steuerliche
Höchstbetrag für die Unterstützung von zurzeit 8.354 EUR wird jedoch nach den Verhältnissen des
Wohnsitzstaates der unterstützten Person nach der Ländergruppeneinteilung der Finanzverwaltung
gekürzt. Der Abzug setzt eine gesetzliche Unterhaltspflicht voraus, die nach inländischen Maßstäben
zu bestimmen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) haben Personen im
arbeitsfähigen Alter die zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehenden Quellen,
insbesondere ihre Arbeitskraft, zunächst auszuschöpfen, um bedürftig zu sein. Die Finanzverwaltung
fordert das grundsätzlich bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs, was aber der Praxis nicht gerecht
wird, wie folgender Fall aufzeigt.
Sachverhalt
Eine Betriebswirtin unterstützte ihre in Russland lebende Mutter durch Bargeldübergaben und
Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung bei deren Besuch in Deutschland mit insgesamt 2.497
EUR. Die Mutter war 60 Jahre alt, bezog in Russland eine Rente von umgerechnet 2.173 EUR, und
musste selbst wiederum ihre in der Ukraine lebende eigene Mutter persönlich pflegen und stand
ganzjährig hierfür auf Abruf, wenn Engpässe bei deren Betreuung eintraten. Das passierte im Streitjahr
für 3 Monate. Das Finanzamt folgte der Verwaltungsauffassung, die unabhängig von den Verhältnissen
im Wohnsitzstaat eine Erwerbsobliegenheit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres voraussetzt, und
kürzte den beantragten Abzug. Lediglich für den Zeitraum der eigenen Pflegedienste sollten die
Voraussetzungen erfüllt sein, weil eine Erwerbstätigkeit dann nicht verlangt werden könne. Die
Betriebswirtin klagte beim Finanzgericht (FG) Köln.
Entscheidung
Die Richter sahen eine Bedürftigkeit als gegeben an und gewährten den Abzug im Wesentlichen. Zwar
könne nach der Rechtsprechung des BFH selbst bei Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung am
Wohnsitz nicht ohne nähere Ermittlungen geschlossen werden, die unterstützte Person habe trotz
Bemühens keine Arbeitsstätte gefunden. Die Anforderungen dürften allerdings nicht überspannt
werden. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts müssten die Einkünfte auch
objektiv erzielbar sein, was von den persönlichen Voraussetzungen wie z. B. Alter, beruflicher
Qualifikation, Erwerbsbiographie, Gesundheitszustand und dem Vorhandensein entsprechender
14/25
Arbeitsstellen abhinge. Der Senat hielt es bei lebensnaher Betrachtung für ausgeschlossen, dass ein
Arbeitgeber zu den geschilderten Bedingungen eine 60 Jahre alte Frau einstellen würde.
Konsequenz
Eine Kürzung des Abzugs wurde lediglich in Höhe der eigenen Einkünfte
Ländergruppenteilung (= 50 %) vorgenommen. Das FG hat die Revision zugelassen.
22.
nach
der
Berufstätige Kinder: Kein Anspruch auf Kindergeld?
Kernproblem
Der Gesetzgeber hat mit dem Steuervereinfachungsgesetz die Anspruchsvoraussetzungen für das
Kindergeld und den Kinderfreibetrag ab dem 1.1.2012 neu gefasst. Für volljährige Kinder in erstmaliger
Berufsausbildung oder Erststudium werden die Steuervergünstigungen unabhängig von deren
Einkünften und Bezügen gewährt. Dagegen kann ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen
Berufsausbildung oder des Erststudiums nur berücksichtigt werden, wenn es keiner Erwerbstätigkeit
nachgeht. Unschädlich bleibt nur eine Erwerbstätigkeit mit einer regelmäßigen wöchentlichen
Arbeitszeit von bis zu 20 Stunden, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein Minijob. Die
Verschlechterung der Gesetzeslage für berufsbegleitend studierende Kinder stand jetzt auf dem
Prüfstand beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG).
Sachverhalt
Eine Mutter erhielt für ihren Sohn bis einschließlich Dezember 2011 Kindergeld. Der Sohn hatte im
Juni 2008 seine Erstausbildung zum Bauzeichner beendet und wurde anschließend vom
Ausbildungsbetrieb übernommen. Nach einem Jahr Berufspraxis begann er im August 2009 mit einem
berufsbegleitenden Studium im Fachbereich Bautechnik/Tiefbau zum staatlich geprüften Techniker. Ab
Januar 2012 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung mit Verweis auf die
Vollzeitbeschäftigung und die eingetretene Gesetzesänderung auf. Die Mutter sah Ausbildung und
Studium als eine "Einheit" an und vermochte nicht einzusehen, dass "einer der nichts tue oder in der
Woche nur 20 Stunden arbeite, besser gestellt werde, als einer der bereit sei, die Strapazen einer
Fortbildung auf sich zu nehmen und zudem noch länger als 20 Stunden in der Woche zu arbeiten". Mit
einer geringeren Stundenzahl wäre der Sohn auf Harz IV angewiesen gewesen.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung die verfassungsrechtlichen
Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit nicht überschritten, die er an die Gewährung einer
Steuervergünstigung knüpfen kann. Die Einführung der Verwaltungsvereinfachung durch Verzicht auf
die Einkünfte- und Bezügegrenze habe nach der Gesetzesbegründung eine Änderung bei der
Berücksichtigung von Kindern mit einer nebenbei ausgeübten Erwerbstätigkeit erfordert. Danach
bestehe nach Abschluss der ersten Berufsausbildung oder eines Erststudiums die widerlegbare
Vermutung, dass das Kind in der Lage sei, sich selbst zu unterhalten. Die Vermutung könne durch die
im Gesetz genannten Voraussetzungen widerlegt werden. Das sieht der Senat als zulässig an, weil
das Kindergeld eine Steuervergütung darstellt und der Gesetzgeber nur gehalten ist,
einkommensteuerrechtlich das Familienexistenzminimum freizustellen.
Konsequenz
Das Urteil ist bereits bestandskräftig geworden. Betroffenen Kindern bleibt zu empfehlen, dafür eigene
Ausbildungskosten als Werbungskosten geltend zu machen.
23.
Nachverpfändung: Auslegung einer Eintragungsbewilligung
Kernaussage
Soll eine vor dem 20.8.2008 bestellte sofort fällige Grundschuld auf ein Grundstück erstreckt werden
und ist den Umständen zu entnehmen, dass die Grundschuld der Sicherung einer Geldforderung dient,
so ist die Eintragungsbewilligung regelmäßig dahingehend auszulegen, dass für das neu belastete
Grundstück die gesetzlichen Fälligkeitsvoraussetzungen gelten sollen. Das Grundbuchamt muss dies
von Amts wegen durch einen Klarstellungsvermerk kennzeichnen.
Sachverhalt
Die Beteiligte ist Inhaberin zweier Erbbaurechte. Diese sind jeweils mit einer im Jahr 1985 zugunsten
einer Bank bestellten und sofort fälligen Grundschuld belastet. Mit notarieller Erklärung aus November
2012 erstreckte die Beteiligte die Grundschulden unter Bezugnahme auf die jeweiligen
15/25
Bestellungsurkunden wechselseitig jeweils auf das andere Erbbaurecht. Das Grundbuchamt
verweigerte die Eintragung. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beteiligten.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) gab der Beteiligten Recht. Die vor dem 20.8.2008 bestellte
Sicherungsgrundschuld für eine Geldforderung ist sofort fällig, soweit sie das bereits belastete
Erbbaurecht betrifft. Dagegen setzt die Fälligkeit der Grundschuld hinsichtlich des nachbelasteten
Erbbaurechts aufgrund der Änderung der Rechtsvorschriften zwingend eine Kündigung unter
Einhaltung einer sechsmonatigen Frist voraus, sofern die Grundschulderstreckung ebenso eine
Geldforderung sichern soll. Muss das Grundbuchamt anhand der Umstände von einer Sicherung einer
Geldforderung ausgehen, ist anzunehmen, dass die Geltung der gesetzlichen Regelung beabsichtigt
ist. Denn es ist davon auszugehen, dass die Eintragungsbewilligung einen zulässigen Inhalt haben soll
und die Bezugnahme auf die ursprüngliche Bestellungsurkunde einschließlich der nicht mehr
zulässigen Fälligkeitsregelung nicht gewollt ist. Ist der Sicherungscharakter einer Grundschuld
ersichtlich oder soll eine Bank als Grundschuldgläubigerin eingetragen werden, ist davon auszugehen,
dass die Grundschuld eine Geldforderung sichert. Entsprechend ist die Eintragungsbewilligung
regelmäßig dahingehend auszulegen, dass für das neu belastete Grundstück die gesetzlichen
Fälligkeitsvoraussetzungen gelten sollen. Dies hat das Grundbuchamt von Amts wegen durch einen
Klarstellungsvermerk zu kennzeichnen
Konsequenz
Von zwingenden Schutzvorschriften zugunsten des Grundstückseigentümers sind nur für ihn günstige
Abweichungen, wie die Verlängerung der Kündigungsfrist für Gläubiger, möglich.
24.
Leasingvertrag: Zur Prozessführungsbefugnis
Kernaussage
Ein Leasingnehmer kann im Rahmen der leasingtypischen Abtretungskonstruktion vom Leasinggeber
wirksam ermächtigt werden, kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche aus dem Beschaffungsvertrag,
soweit sie ihm nicht abgetreten sind, im Wege einer gewillkürten Prozessstandschaft im eigenen
Namen mit dem Ziel einer Leistung an den Leasinggeber geltend zu machen. Allerdings endet diese
Befugnis, wenn der Ermächtigende seinerseits die Forderung abgetreten hat und diese Abtretung im
Zuge der ausgesprochenen Kündigung des Leasingvertrags offen gelegt wird.
Sachverhalt
Die Klägerin übernahm einen Leasingvertrag über diverse Fitnessgeräte. Die später beklagte
Lieferantin hatte nach Vorlage einer angeblich unterzeichneten Abnahmeerklärung von der
Leasinggeberin ihren Kaufpreis von 102.660 EUR erhalten, die Geräte tatsächlich aber nicht geliefert.
In den Leasingbedingungen fand sich eine Klausel, die im Falle der vorzeitigen Vertragsbeendigung
eine aufschiebend bedingte Rückabtretung vorsah und damit vorbehaltlich bereits eingeleiteter
Prozessführungsmaßnahmen erst in einer Zeit zum Tragen kam, in der der vertragliche
Leistungsaustausch und die Verpflichtung des Leasinggebers zur Gewährung des Mietgebrauchs
bereits ihr Ende gefunden hatten. Nachdem die Klägerin erfolglos bei der Beklagten eine Auslieferung
der Fitnessgeräte begehrt hatte, trat sie im Oktober 2008 vom Kaufvertrag zurück. Sie erhob im
Dezember 2011 Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises an die Leasinggeberin. Die Klage wurde vom
Landgericht abgewiesen, während das Oberlandesgericht ihr statt gab. Die Beklagte erhob daraufhin
Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH).
Entscheidung
Der BGH hob das Urteil des OLG auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und
Entscheidung an das OLG zurück. Gegen die Klausel bestanden keine durchgreifenden Bedenken. Es
entspricht der üblichen Praxis, die auch durch die Rechtsprechung des Senats gebilligt ist, dass der
Leasinggeber den Leasingnehmer durch eine Klauselgestaltung wirksam ermächtigen kann,
kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche aus dem Beschaffungsvertrag, soweit sie ihm nicht
abgetreten sind, im Wege einer gewillkürten Prozessstandschaft im eigenen Namen zur Leistung an
den Leasinggeber geltend zu machen. Diese Ermächtigung ist jedoch endlich, soweit der
Leasinggeber als Ermächtigender seinerseits die Forderung abgetreten hat und diese Abtretung
sodann offenlegt. Denn insoweit ist der bedeutsame Schutz des Prozessgegners wegen desselben
16/25
Streitgegenstandes nicht sowohl vom derzeitigen als auch vom ursprünglichen Forderungsinhaber
gerichtlich in Anspruch genommen zu werden, nicht mehr gewahrt.
Konsequenz
Die Entscheidung zeigt die Schwierigkeiten bei Ansprüchen im Leasing-Dreiecksverhältnis und die
Wichtigkeit der ordnungsgemäßen Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen, die oft der AGB-Kontrolle
unterliegen.
25.
Nutzung eines Dienstwagens: Zur Zuzahlung
Kernproblem
Die Überlassung eines Firmenfahrzeugs an einen Arbeitnehmer zur privaten Nutzung stellt einen
geldwerten Vorteil dar, dessen lohnsteuerliche Erfassung entweder nach der Fahrtenbuchmethode
oder typisierend nach der sog. 1 %-Regelung zuzüglich monatlich 0,03 % des Listenpreises für jeden
Entfernungskilometer für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erfolgt. Leistet der
Arbeitnehmer Zuzahlungen zu den Anschaffungskosten des Pkw, sind diese unabhängig von der
Berechnungsmethode steuerlich abzugsfähig (gegebenenfalls unter Verteilung auf die Nutzungsjahre).
Gleiches gilt für Leasingsonderzahlungen. Bei pauschalen Nutzungsentgelten vertreten
Rechtsprechung und Verwaltung noch unterschiedliche Auffassungen. Das gilt auch für den Fall, in
dem der steuerliche Sachbezug unter der Zuzahlung liegt und sich die Frage stellt, ob der
übersteigende Betrag als Werbungskosten abzugsfähig ist.
Sachverhalt
Einem Arbeitnehmer wurde ein VW Golf als Firmenwagen zur Verfügung gestellt. Hierfür musste er
eine vertraglich vereinbarte monatliche Zuzahlung leisten, die vom Beschäftigungsgrad des Nutzers
und dem Nettorechnungspreis abhängig war. Der Arbeitgeber ermittelte den geldwerten Vorteil nach
der 1 %-Regelung unter Abzug der Zuzahlung und versteuerte 7.193 EUR. In seiner
Einkommensteuerveranlagung beantragte der Arbeitnehmer die Ermittlung des geldwerten Vorteils
nach der Fahrtenbuchmethode (2.218 EUR) und wollte die Zuzahlung (4.214 EUR) komplett als
Werbungskosten abziehen. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Zuzahlungen nur bis zur
Höhe des geldwerten Vorteils abzugsfähig und der übersteigende Betrag (1.997 EUR) der privaten
Nutzung zuzurechnen sei. Die hiergegen gerichtete Klage wurde beim Finanzgericht (FG) BadenWürttemberg anhängig.
Entscheidung
Das FG ließ den Abzug der kompletten Zuzahlung als Werbungskosten zu. Zur Begründung führten
die Richter aus, dass die Zuzahlungen objektiv mit der Berufstätigkeit im Zusammenhang ständen und
subjektiv auch zur Förderung des Berufs verausgabt wurden. Kosten der privaten Lebensführung
schloss der Senat aus, weil sich die Zuzahlungen nicht nach dem Verhältnis der privaten zu den
beruflichen Fahrten richteten, sondern dem Beschäftigungsgrad. Zwar seien Zuzahlungen nach der
Rechtsprechung vom Sachbezugswert abzuziehen, weil es insoweit an einer Bereicherung fehle. Die
hierzu ergangenen Regelungen beträfen jedoch die "Einnahmen" und nicht die beim Senat streitige
Ausgabenseite.
Konsequenz
Die Finanzverwaltung hat bereits die vom FG zugelassene Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt.
Einsprüche des Arbeitnehmers sind bei gleichen Sachverhalten mit Hinweis auf ein Ruhen des
Verfahrens zu empfehlen.
26.
Zum Vorliegen einer Auswärtstätigkeit bei einem befristeten Arbeitsverhältnis
Kernproblem
Ob ein Arbeitnehmer eine regelmäßige Arbeitsstätte (ab 2014: erste Tätigkeitsstätte) hat, kann
Anknüpfungspunkt für viele steuerliche Fragestellungen sein. Dies gilt z. B. für die Bemessung von
steuerlichen Sachbezügen bei der Überlassung eines Dienstwagens oder im Reisekostenrecht.
Gleichwohl sind Fälle ohne das Vorliegen einer Arbeitsstätte denkbar. Das kann z. B. bei einer reinen
Reisetätigkeit oder einem großen Stadt-, Hafen- oder Waldgebiet der Fall sein, aber auch bei dem
Kehrbezirk des Schornsteinfegers oder einem Zeitungszustellbezirk. Solche Arbeitnehmer haben dann
Dienstreisen und können u. a. Verpflegungsmehraufwendungen für die ersten 3 Monate oder höhere
17/25
Fahrtkosten geltend machen. Bei Probe- oder befristeten Arbeitsverhältnissen besteht dagegen noch
keine einheitliche Rechtsprechung.
Sachverhalt
Ein Mechaniker hatte einen auf 1 Jahr befristeten Arbeitsvertrag mit 6 Monaten Probezeit
abgeschlossen. Die Entfernung von seiner Wohnung betrug 9 km. Das Arbeitsverhältnis wurde nach
Ablauf der Befristung nicht fortgesetzt. In seiner Steuererklärung beantragte der Mechaniker zunächst
für die Probezeit Verpflegungsmehraufwendungen und Fahrtkosten nach den tatsächlich gefahren
Kilometern, dann später im Klageverfahren auch noch Fahrtkosten für das gesamte Jahr. Er
begründete dies neben der Probezeit mit der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH),
der im Fall eines für 3 Jahre abgeordneten Beamten sowie eines 2 Jahre versetzten
Bundeswehrsoldaten Reisekosten angesetzt hatte. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab, weil eine
Auswärtstätigkeit eine bereits vorhandene Arbeits-/Tätigkeitsstätte voraussetze. Der Mechaniker klagte
vor dem Finanzgericht (FG) Köln.
Entscheidung
Das FG Köln hat eine Auswärtstätigkeit verneint. Zutreffend habe das Finanzamt den Arbeitsplatz als
regelmäßige Arbeitsstätte angesehen, denn die Auswärtstätigkeit setze in der Regel voraus, dass der
Arbeitnehmer vorübergehend beruflich außerhalb seiner Wohnung und seiner regelmäßigen
Arbeitsstätte tätig werde. Zwar habe es der BFH in seiner Rechtsprechung nicht ausgeschlossen, dass
andere Fälle denkbar seien und nach Literaturmeinung gelte das auch bei Probearbeitsverhältnissen.
Bei Sachverhalten wie dem Streitfall könne eine Auswärtstätigkeit aber nur in Erwägung gezogen
werden, wenn eine Kontrollüberlegung bei typisierender Betrachtung zu dem Ergebnis käme, dass ein
Familienumzug an den Tätigkeitsort nicht zuzumuten sei. Bei einer Entfernung von nur 9 km bliebe
hierfür kein Raum.
Konsequenz
Die Revision ist zugelassen und wurde bereits eingelegt. Betroffene Arbeitnehmer sollten ihre
Bescheide durch Einspruch offenhalten und das Ruhen des Verfahrens beantragen.
Unternehmer und Freiberufler
1.
Neues zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer
Einführung
Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) entsteht bei der Einfuhr von Waren aus Drittländern. Allerdings kann
Einfuhrumsatzsteuer auch festgesetzt werden, sofern Pflichten im Rahmen des Zollverfahrens verletzt
werden. Dies betrifft insbesondere Unternehmen der Logistikbranche, z. B. Lagerhalter.
Rechtslage
Voraussetzung für den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer war nach bisheriger
Rechtsauffassung, dass der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen möchte, im
Zeitpunkt der Einfuhr die Verfügungsmacht über die eingeführten Waren hat. Lagerhalter waren daher
bisher nicht berechtigt, Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen, die ihnen gegenüber aufgrund
von Pflichtverletzungen festgesetzt wird. Dieser Auffassung hat allerdings jüngst das Finanzgericht
Hamburg widersprochen und einem Lagerhalter den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer
gestattet.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun den Vorsteuerabzug durch den Lagerhalter abgelehnt. Zur
Begründung verweist er darauf, dass die fraglichen Abgabenbescheide aus dem Jahr 2008 stammten,
die Klage jedoch das Jahr 2009 betraf, da der Lagerhalter in diesem Jahr die Einfuhrumsatzsteuer im
Rahmen der Voranmeldungen geltend gemacht hatte. Ein Abzug der Einfuhrumsatzsteuer sei jedoch
nur im Jahr der Entstehung der entsprechenden Schuld möglich, das heißt im Jahr 2008 mit Ergehen
der Bescheide über die Einfuhrumsatzsteuer.
Konsequenzen
Auf die für die Praxis entscheidende Frage, ob Lagerhalter überhaupt berechtigt sind, die
Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen, geht der BFH nicht explizit ein. Allerdings scheint er
18/25
dies für möglich zu halten, da ansonsten die Ausführungen zum Zeitpunkt des Abzuges überflüssig
wären. Insofern ist der Fall zwar für den Unternehmer schlecht gelaufen, gegebenenfalls für die
Branche aber ein Erfolg, da es häufig um hohe Beträge geht (im Fall: zunächst ca. 2,8, später 1,8
Millionen EUR). Lagerhalter und andere betroffene Unternehmen der Logistikbranche sollten daher
unter Berufung auf das Urteil den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer beantragen, dies aber
der Finanzverwaltung gegenüber im Rahmen der Voranmeldungen auch offen legen. Der Abzug der
Einfuhrumsatzsteuer muss dann im richtigen Jahr beantragt werden, das heißt im Jahr des Ergehens
der jeweiligen Abgabenbescheide. Zu beachten ist hierbei, dass dem Zeitpunkt der Entrichtung der
Einfuhrumsatzsteuer aufgrund der jüngsten Rechtsprechung insoweit keine Bedeutung mehr zukommt.
2.
Kfz-Nutzung und Umsatzsteuer
Einführung
Wenn von Kfz-Nutzung die Rede ist, werden regelmäßig ertragsteuerliche Themen behandelt. Nur
wenigen ist bewusst, dass es gerade Fragen des Vorsteuerabzuges von Firmenwagen sowie deren
Umsatzbesteuerung in sich haben. Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat nun die zu
beachtenden Regelungen an die neuen Entwicklungen zum Vorsteuerabzug angepasst.
Neue Verwaltungsregelung
Auf 29 Seiten hat das BMF die Umsatzbesteuerung der Kfz-Nutzung durch Unternehmer (unter
anderem Vereine) als auch Arbeitnehmer dargestellt. Behandelt werden insbesondere die Zuordnung
zum Unternehmensvermögen, die unternehmerische Mindestnutzung (10 %), der Vorsteuerabzug bei
Anschaffung bzw. Miete oder Leasing und die Vorsteuerkorrekturen bei Änderungen des Umfangs der
unternehmerischen Nutzung. Die Grundsätze des Schreibens sind in allen offen Fällen anzuwenden.
Konsequenzen
Das Schreiben war überfällig, da die letzte grundlegende Stellungnahme des BMF aus dem Jahr 2004
stammte und nur wenigen bekannt war. Gerade Unternehmer, die Firmen-Kfz auch privat nutzen,
müssen sich mit dem Schreiben auseinandersetzen. Denn durch die private Mitbenutzung werden
diese Kfz nur zum Teil unternehmerisch genutzt, was einen vollständigen Vorsteuerabzug nur zulässt,
sofern der Unternehmer das Kfz dem Unternehmensvermögen zuordnet. Versäumt der Unternehmer
es, die Zuordnung gegenüber dem Finanzamt rechtzeitig offen zu legen, so riskiert er sogar den
vollständigen Verlust des Vorsteuerabzuges. Bei Zweit- oder Drittfahrzeugen von Einzelunternehmern
unterstellt das Finanzamt zudem, dass die unternehmerische Nutzung unter 10 % liegt, so dass ein
Vorsteuerabzug ausscheidet, sofern der Unternehmer nicht eine höhere unternehmerische Nutzung
nachweist. Zu beachten ist hierbei, dass im Gegensatz zum Ertragsteuerrecht die Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte der unternehmerischen Nutzung zuzurechnen sind. Das BMF lässt es
unverändert zu, dass die Höhe der Kfz-Nutzung umsatzsteuerlich durch Schätzung ermittelt werden
kann, was in der Praxis häufig übersehen wird, obwohl dies regelmäßig Vorteile bietet. Ebenso
relevant ist das Schreiben für Vereine und ähnliche Organisationen, die Kfz im ideellen Bereich nutzen.
Denn insofern scheidet ein Vorsteuerabzug aus, so dass die Vorsteuer aufzuteilen und zudem bei
Änderung der Nutzung in Folgejahren gegebenenfalls zu korrigieren ist. Das Schreiben gibt hierzu
zahlreiche Beispiele.
3.
Nachweis innergemeinschaftlicher Lieferungen mittels CMR-Frachtbrief
Einführung
Innergemeinschaftliche Lieferungen sind steuerfrei. Allerdings muss der liefernde Unternehmer
nachweisen, dass die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Scheitert dies, so ergeben sich für die
Lieferanten regelmäßig hohe Nachzahlungen.
Sachverhalt
Der Kläger verkaufte in den Jahren 2001 bis 2004 Haushaltswaren (Kochtopfsets, Messerblöcke etc.)
für ca. 6,7 Millionen EUR steuerfrei nach Italien. Die Steuerfahndung warf ihm dagegen vor,
"Billigartikel aus China importiert und über Straßenhändler international unter Vorspiegelung falscher
Standards" verkauft zu haben. Die angeblichen Lieferungen nach Italien hätten nur der Verschleierung
des unversteuerten Verkaufs gedient. Der Kläger wehrte sich hiergegen, in dem er versuchte die
Lieferungen unter anderem über CMR-Frachtbriefe, Mautgebühren sowie Bestätigungen des Kunden
nachzuweisen, da er die gesetzlich geforderten Belege nicht vorlegen konnte.
19/25
Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf lehnte die Klage ab, da der Kläger seinen Nachweispflichten nicht
nachgekommen ist. Die Anerkennung der CMR-Frachtbriefe scheitere unter anderem daran, dass
diese keinen Spediteur als Transporteur auswiesen, sondern den italienischen Empfänger. Ferner
fehle es an erforderlichen Ortsangaben. Das FG sah sich darüber hinaus nicht verpflichtet, durch
Vernehmung von Zeugen etc., selbst zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes beizutragen.
Konsequenzen
Der Fall betrifft zwar die Rechtslage vor Einführung der Gelangensbestätigung, ist aber auch aktuell
von Bedeutung. So kann zum einen durch CMR-Frachtbriefe auch derzeit noch in bestimmten Fällen
der Nachweis innergemeinschaftlicher Lieferungen erbracht werden. Zum anderen bezieht das FG zu
der Frage Stellung, inwieweit eine Steuerbefreiung aufgrund "objektiver Beweismittel" in Frage kommt,
wenn die gesetzlich geforderten Nachweise nicht vollständig erbracht werden. Das FG vertritt hierbei
die restriktive Ansicht, dass hierbei nur die bereits vorhandenen "objektiven Beweismittel" zu
berücksichtigen sind. Zusätzliche Ermittlungen, z. B. durch Befragung von Zeugen, lehnte das FG
dagegen ab. Um diesbezüglich auch eine höchstrichterliche Klärung herbeizuführen, hat das FG die
Revision zugelassen. Es bleibt zu hoffen, dass der Bundesfinanzhof nicht der Ansicht des FG folgt.
Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens sollte es in der Praxis natürlich erst gar nicht so weit
kommen. Unternehmen sollten daher prüfen, ob die Umstellung auf die neuen, spätestens zum
1.1.2014 geltenden Nachweispflichten für innergemeinschaftliche Lieferungen gelungen ist.
4.
Lohnsteuerabzug Dritter - Haftungsfragen
Kernproblem
Der Arbeitgeber haftet für die Lohnsteuer, die er bei der Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung
des Arbeitnehmers einzubehalten und abzuführen hat. Doch damit nicht genug: Er haftet auch dann,
wenn ein "Dritter" die lohnsteuerlichen Pflichten des Arbeitgebers trägt und dabei Fehler unterlaufen.
Ein "Dritter" ist z. B. die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK), die unter
anderem Abgeltungszahlungen für Urlaubsentschädigungen an die Arbeitnehmer in der Bauwirtschaft
leistet und dabei auch steuerliche Pflichten zu beachten hat. Ob die Haftung des Arbeitgebers auch
dann gerechtfertigt ist, wenn die ULAK auf einem von ihrem Finanzamt genehmigten Verzicht auf den
Lohnsteuereinbehalt handelt, war Anlass eines Verfahrens vor dem Bundesfinanzhof (BFH).
Sachverhalt
Arbeitgeber war ein ausländisches Unternehmen des Maurer- und Betonhandwerks, das in
Deutschland eine Zweigniederlassung betrieb und ausländische Arbeitnehmer auf inländische
Baustellen entsandte. Die ULAK zahlte den im Tarifvertrag festgelegten Urlaubsanspruch an solche
Arbeitnehmer ohne Lohnsteuer aus, die sich weniger als 183 Tage im Inland aufhielten. Hierbei berief
sie sich auf ein Schreiben ihres Betriebsstättenfinanzamts, das in diesen Fällen im Einvernehmen mit
dem Hessischen Finanzministerium ein Absehen vom Steuerabzug genehmigt hatte. Der Arbeitgeber
war durch die von der ULAK übersandten Übersichten über die ausbezahlten Urlaubsvergütungen
informiert. Anlässlich einer Lohnsteueraußenprüfung forderte das Finanzamt (offensichtlich unstreitig)
Lohnsteuern der unter die 183-Tage-Regelung fallenden Arbeitnehmer nach und nahm den
Arbeitgeber in Haftung. Dieser klagte gegen den Haftungsbescheid.
Entscheidung
Nachdem das Finanzgericht das falsche Finanzamt beim Erlass des Haftungsbescheids als ursächlich
für die Stattgabe der Klage ansah, hat auch der Bundesfinanzhof (BFH) materiell keinen Anlass für die
Haftung des Arbeitgebers gesehen. Denn nach der Entscheidung des BFH fehlt es an einer
vorschriftswidrigen Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer, wenn der Dritte beim
Lohnsteuerabzug
entsprechend
einer
Lohnsteueranrufungsauskunft
verfährt
oder
den
Lohnsteuerabzug nach den Vorgaben der zuständigen Finanzbehörden der Länder oder des Bundes
vornimmt. Da die ULAK aufgrund des Schreiben ihres Betriebsstättenfinanzamts, welches im
Einvernehmen mit dem Hessischen Finanzministerium gehandelt hatte, keine Lohnsteuer einbehielt,
habe die ULAK folglich den "Weisungen und Vorschriften" des Auftrag gebenden Finanzamts
Rechnung getragen und damit die Lohnsteuer vorschriftsmäßig einbehalten. Der Haftungstatbestand
sei in einem solchen Fall nicht erfüllt.
20/25
Konsequenz
Zahlungen an die ULAK führen in der Praxis häufig zu Verdruss bei Arbeitgebern der Baubranche. Ein
doppeltes Ärgernis konnte durch die Entscheidung des BFH abgewendet werden.
5.
Steuerliches Einlagekonto: Falsche Angabe in Feststellungserklärung
Kernaussage
Eine Berichtigung des bestandskräftig festgestellten Einlagekontos nach § 129 Abgabenordnung (AO)
ist nicht möglich, wenn das Finanzamt den in der Feststellungserklärung angegebenen Wert von 0
EUR korrekt übernommen hat. Nach § 129 AO kann das Finanzamt Schreibfehler, Rechenfehler und
ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit
berichtigen.
Sachverhalt
In den Streitjahren 2007 bis 2009 hat die Klägerin (eine GmbH) in ihren Erklärungen zur Feststellung
des steuerlichen Einlagekontos als Wert 0 EUR angegeben beziehungsweise das Feld freigelassen,
obwohl der Wert tatsächlich höher war. Das Finanzamt stellte das steuerliche Einlagekonto daraufhin
mit 0 EUR fest. Den Antrag der Klägerin auf Berichtigung der Bescheide nach § 129 AO aufgrund
eines Übernahmefehlers des Finanzamtes lehnte das Finanzamt ab.
Entscheidung
Das Finanzgericht Münster wies die Klage ab. Darüber hinaus wurde eine Revision nicht zugelassen.
Das Finanzgericht begründete sein Urteil damit, dass in diesem Fall keine offenbare Unrichtigkeit
vorliege. Der Finanzbeamte hätte auch mit den vorliegenden Bilanzen nicht erkennen können, dass die
Angaben falsch waren, da die ausgewiesenen Kapitalrücklagen nicht mit dem steuerlichen
Einlagenkonto übereinstimmten. Eine unrichtige Amtsermittlung sei keine offenbare Unrichtigkeit. Eine
Berichtigung der Bescheide nach anderen Vorschriften sei auch nicht zulässig, da dafür nachträglich
Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden müssen und den Steuerpflichtigen kein grobes
Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden treffen darf.
Konsequenz
Will eine Gesellschaft eine nicht steuerbare Einlagenrückgewähr durchführen, müssen die
entsprechenden Beträge zur Verfügung stehen. Dies wird im Bescheid zur gesonderten Feststellung
des steuerlichen Einlagekontos ausgewiesen. Lautet dieser Bescheid auf 0 EUR, ist eine steuerfreie
Einlagenrückgewähr nicht zulässig.
6.
Anwaltshaftung bei "Red Flag Due Diligence"
Kernaussage
Bei einer "Red Flag Due Diligence" schuldet der beratende Anwalt keine umfassende anwaltliche
Beratung, sondern lediglich solche Angaben, die "Deal Breaker" betreffen, also Punkte, die für die
Kaufentscheidung des Mandanten wesentlich sind.
Sachverhalt
Die Klägerin erwarb im Jahr 2006 die M.-Gruppe, die Tarifverträge mit der "Tarifgemeinschaft
Christliche Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen" (CGZP) geschlossen hatte.
Der Unternehmenskauf sollte von der Beklagten rechtlich begleitet werden. Hierzu beauftragte die
Klägerin die Beklagte mit einer sogenannten "Red Flag Due Diligence", die sich auf die wesentlichen
Aspekte beschränken sollte, die für die grundsätzliche Kaufentscheidung und die Wert- und
Ertragsbildung der Zielgesellschaften wichtig waren (sogenannte "Deal-Breaker"). Der Due-DiligenceReport enthielt keinen Hinweis dahin gehend, dass die Wirksamkeit der Tarifverträge, die zwischen der
M.-Gruppe und der CGZP abgeschlossen worden waren, aufgrund der möglicherweise nicht
bestehenden Tariffähigkeit der Gewerkschaft zweifelhaft war. Die Klägerin erwarb die M.-Gruppe von
der Verkäuferin zu einem Kaufpreis von 28 Millionen EUR mit nur sehr eingeschränkten Garantien. Im
Jahr 2009 sprach das Arbeitsgericht Berlin der CGZP die Tariffähigkeit ab, was durch die folgenden
Instanzen bestätigt wurde. Aufgrund der nichtigen Tarifverträge erhielt die M.-Gruppe Forderungen der
Deutschen Rentenversicherung in Höhe von 2.066.881,70 EUR. Die Klägerin klagte infolgedessen auf
Schadensersatz.
Entscheidung
Das Landgericht Düsseldorf wies die Klage ab. Bei einer "Red Flag Due Diligence" schulde der
21/25
beratende Anwalt keine umfassende anwaltliche Beratung, sondern lediglich solche Angaben, die
"Deal Breaker" betreffen, also Punkte, die für die Kaufentscheidung des Mandanten wesentlich sind.
Hierzu habe die Frage der Tariffähigkeit nicht gezählt, da zum Zeitpunkt der Transaktion viele
Unwägbarkeiten im Hinblick auf die Frage der Tariffähigkeit und die damit verbundenen
Nachzahlungsrisiken bestanden. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Tarifunfähigkeit festgestellt werden
würde, sei sehr gering gewesen, weshalb es sich nicht um einen Deal Breaker gehandelt habe.
Konsequenz
Das Urteil stellt das zweite Urteil innerhalb kurzer Zeit zur Haftung infolge einer Due Diligence dar.
Auch hier haftet die Kanzlei nicht wegen mangelhafter Due Diligence. Entscheidend ist zunächst der
konkrete Prüfungsmaßstab. Bei einer Red Flag Due Diligence ist folglich ein gröberer
Prüfungsmaßstab anzusetzen. Aufgrund des Werkvertragscharakters muss der Mandant Ergänzung
verlangen, wenn er nähere Prüfungen möchte. Andernfalls kann später kein Schadensersatz gefordert
werden.
7.
Anwaltshaftung bei Legal Due Diligence
Kernaussage
Der Rechtsanwalt kann nach einer Due Diligence nicht wegen unvollständiger Prüfung in Anspruch
genommen werden, wenn ihm die maßgeblichen Unterlagen nicht vorgelegt wurden und es sich nicht
um Unterlagen von herausgehobener Bedeutung handelt oder die vorgelegten Unterlagen konkreten
Anlass zu Nachfragen geben.
Sachverhalt
Die Klägerin beauftragte eine Legal Due Diligence über ein bebautes Grundstück. Hauptmieter des
Gebäudes war eine Anwaltskanzlei, organisiert in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft, die einen
Mietvertrag mit einer festen Laufzeit bis Ende 2012 hatte. Den Mietvertrag hatten seinerzeit nicht alle
Gesellschafter unterzeichnet. Die Mietverträge lagen bei der Prüfung vor. Die Klägerin kaufte das
Objekt noch Ende Dezember 2006. Der beauftragte Due-Diligence-Report enthielt keinen Hinweis auf
die Möglichkeit der vorzeitigen Kündigung des Mietvertrages. Im September 2009 kündigte die
Sozietät den Mietvertrag mit Verweis auf die fehlenden Unterschriften und zahlte ab April 2010 den
Mietzins nicht mehr. Die Wirksamkeit der Kündigung stellte das Landgericht Berlin fest. Die Klägerin
weist darauf hin, dass sie auf die nachträgliche Heilung des Formmangels vor Kaufvertragsabschluss
hätte drängen können, wenn der Due-Diligence-Report einen entsprechenden Hinweis enthalten hätte.
Entscheidung
Das Kammergericht wies die Klage ab. Der Rechtsanwalt kann nach einer Due Diligence nicht wegen
unvollständiger Prüfung in Anspruch genommen werden, wenn ihm die maßgeblichen Unterlagen nicht
vorgelegt worden sind und es sich nicht um Unterlagen von herausgehobener Bedeutung handelt oder
die vorgelegten Unterlagen konkreten Anlass zu Nachfragen geben. Mangels konkreter Informationen
hätte ein Hinweis des Anwalts auf eine möglicherweise unvollständige Unterzeichnung
notwendigerweise abstrakt bleiben müssen. Dies ist jedoch nicht Sinn und Zweck der Due Diligence.
Mangels konkreter Anhaltspunkte konnte der Hinweis daher unterbleiben.
Konsequenz
Durch die Entscheidung - eine der ersten zur Haftung infolge einer Due Diligence - wird ein
sachgerechter Haftungsmaßstab geschaffen. Der Mandant ist in der Pflicht, bei für ihn wichtigen
Punkten den allgemeinen Prüfungsauftrag einer Due Diligence zu konkretisieren.
8.
Finanztransaktionssteuer: Klage gegen verstärkte Zusammenarbeit erfolglos
Kernaussage
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wies die Klage des Vereinigten Königreichs gegen den
Beschluss über die Ermächtigung von elf Mitgliedstaaten zu einer verstärkten Zusammenarbeit im
Bereich der Transaktionssteuer ab.
Sachverhalt
Das Vereinigte Königreich erhob gegen den Beschluss des Rates vom 22.7.2013 Klage. Dieser
ermächtigt 11 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zur verstärkten Zusammenarbeit im Bereich
der Finanztransaktionssteuer. Als Begründung führte das Vereinigte Königreich in der Klage an, dass
infolge des Beschlusses eine Steuer eingeführt werden würde, die nicht mehr in der Hoheitsgewalt des
22/25
Staates liegen würde (Exterritorialität). Ferner entstünden sämtlichen nicht teilnehmenden
Mitgliedstaaten Kosten durch eine unausweichliche Zusammenarbeit von Verwaltungsbehörden und
Amtshilfen im Steuerbereich.
Entscheidung
Der EuGH wies die Klage mit Urteil vom 30.4.2014 ab. Er wies darauf hin, dass sich seine Kontrolle
auf die Gültigkeit der Ermächtigung zur verstärkten Zusammenarbeit beschränke. Die Ermächtigung
selbst sei vom Vereinigten Königreich aber gar nicht in Frage gestellt worden, sondern die Argumente
des Vereinigten Königreichs hätten sich auf Elemente einer möglichen zukünftigen
Finanztransaktionssteuer bezogen. Daher war die Klage zurückzuweisen. Der Beschluss habe sich
zudem auf die Begründung einer verstärkten Zusammenarbeit beschränkt. Die vom Vereinigten
Königreich angefochtenen Punkte zur zukünftigen Finanztransaktionssteuer und zu aufkommenden
Kosten seien aber gar keine Bestandteile des angefochtenen Beschlusses gewesen.
Konsequenz
Weitere Einwände können die Briten nur im Rahmen einer späteren Nichtigkeitsklage über einen
Rechtsakt zur Durchführung der genehmigten verstärkten Zusammenarbeit richten.
9.
Abzugsverbot der Gewerbesteuer
Kernaussage
Das Abzugsverbot der Gewerbesteuer von der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer ist
verfassungsgemäß. Die hiermit verbundene Einschränkung des objektiven Nettoprinzips bei
Kapitalgesellschaften verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot oder
die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes.
Sachverhalt
Seit der Unternehmensteuerreform 2008 ist die Gewerbesteuer keine Betriebsausgabe mehr und ist
infolgedessen bei der Ermittlung des zu versteuernden Gewinns nicht mehr gewinnmindernd zu
berücksichtigen. Die Klägerin, eine GmbH, betrieb im Streitjahr 2008 Tankstellen mit Shops und
Waschstraßen. In ihrer Körperschaftsteuererklärung berücksichtigte sie die Gewerbesteuer als
nichtabziehbare Aufwendungen. Das Finanzamt setzte die Ertragsteuern erklärungsgemäß fest.
Diesen Bescheid griff die Klägerin an. Sie ist der Ansicht, dass die mit dem
Unternehmensteuerreformgesetz 2008 eingeführte Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer im Rahmen
der Gewinnermittlung für die Körperschaftsteuer verfassungswidrig ist. Insbesondere bei
"pachtintensiven" Betrieben verstoße das Abzugsverbot gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und
gegen die Eigentumsgarantie. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Einschränkung des sogenannten objektiven Nettoprinzips bei
Kapitalgesellschaften, die mit dem Abzugsverbot verbunden ist, nicht gegen das verfassungsrechtliche
Gleichbehandlungsgebot verstößt, da sie im Gesamtzusammenhang mit den Steuerentlastungen
hinreichend sachlich zu begründen ist. Eine Ungleichbehandlung von pachtintensiven
Kapitalgesellschaften und pachtintensiven Personenunternehmen könne offen bleiben, da der
Gesetzgeber
aufgrund
des
verfassungsrechtlichen
Gleichheitssatzes
nicht
zu
einer
rechtsformneutralen Ausgestaltung der Besteuerungskonzepte verpflichtet sei. Auch ein Verstoß
gegen die verfassungsrechtlich gewährleistete Eigentumsgarantie liege nicht vor. Nach Auffassung
des Gerichts dürfte zwar der Schutzbereich betroffen sein, weil der Grundrechtsträger auch dann
geschützt werde, wenn Steuerpflichten an den Hinzuerwerb von Eigentum anknüpfen, jedoch handele
es sich aus den vorgenannten Gründen um eine zulässige Bestimmung der Schranken des
Eigentumsrechts.
Konsequenz
Unter Umständen ist bezüglich der Steuerbelastung bei pachtintensiven Betrieben die Wahl der
Rechtsform entscheidend.
10.
BVerfG zu Richtervorlage des BFH zum Entfallen eines Verlustvortrags
Kernaussage
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Unzulässigkeit einer Richtervorlage des
Bundesfinanzhofs (BFH) festgestellt. Das Verfahren der konkreten Normenkontrolle betrifft eine
23/25
Übergangsvorschrift
aus
dem
Körperschaftsteuergesetz
(KStG),
die
den
zeitlichen
Anwendungsbereich einer im Jahr 1997 verschärften Vorschrift zum Entfallen des Verlustvortrags beim
sogenannten Mantelkauf definiert.
Sachverhalt
Das KStG gewährt unter bestimmten Voraussetzungen Verluste aus dem laufenden Jahr in spätere
Jahre vorzutragen. Hierzu wird ein sogenannter "verbleibender Verlustvortrag" gesondert festgestellt.
Um der Veräußerung von Verlustvorträgen durch Übertragung von Geschäftsanteilen einer im
Wesentlichen vermögenslosen Kapitalgesellschaften entgegenzuwirken, war Voraussetzung unter
anderem die Beibehaltung der wirtschaftlichen Identität der Gesellschaft. Seit dem Jahr 1997 liegt
wirtschaftliche Identität insbesondere dann nicht vor, wenn mehr als die Hälfte der Anteile einer
Kapitalgesellschaft übertragen werden und die Gesellschaft mit überwiegend neuem
Betriebsvermögen fortgeführt wird. Die verschärfte Regelung gilt grundsätzlich erstmals für den
Veranlagungszeitraum 1997, ausnahmsweise aber erst für den Veranlagungszeitraum 1998, wenn der
Verlust der wirtschaftlichen Identität zwischen dem 1.1. und dem 5.8.1997 (Tag des
Gesetzesbeschlusses) eingetreten ist. Die Klägerin im Ausgangsverfahren ist eine GmbH, die bereits
vor dem 1.1.1997 ihre wirtschaftliche Identität verloren hatte.
Entscheidung
Der BFH war der Auffassung, dass die in der Übergangsvorschrift enthaltene Stichtagregelung nicht
mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vereinbar sei. Das BVerfG
hielt die Richtervorlage für unzulässig. Der Vorlagebeschluss entspreche nicht den
Begründungsanforderungen zur Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm. Er setze sich nicht
ausreichend mit der einschlägigen fach- und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung auseinander.
Zudem vernachlässige er die sich aufdrängende Frage, inwieweit das Interesse des Unternehmens an
einer tatsächlichen oder bestmöglichen Nutzung von Verlusten in späteren Veranlagungszeiträumen
überhaupt schutzwürdig sei. Die Übergangsregelung diene weniger dem Vertrauensschutz als
vielmehr der Abmilderung der wirtschaftlichen Konsequenzen der verschärfenden Regelung.
Konsequenz
Erneut stellte das BVerfG die Verfassungskonformität der Regelungen zum Entfallen des
Verlustvortrags fest und erteilte dem BFH eine klare Absage.
11.
Kommunale Rettungsdienst-GmbH ist gemeinnützigkeitsfähig
Kernaussage
Nach der Abgabenordnung (AO) verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit
darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu
fördern. Die Gemeinnützigkeit wird nicht grundsätzlich dadurch ausgeschlossen, dass eine
Körperschaft in die Erfüllung einer hoheitlichen Pflichtaufgabe der öffentlichen Hand eingeschaltet
wird. Offen ist jedoch, ob eine Eigengesellschaft der öffentlichen Hand, mit der sich diese über eine
GmbH privatwirtschaftlich betätigt, gemeinnützigkeitsfähig ist.
Sachverhalt
Eine kommunale GmbH betreibt einen Rettungsdienst als Eigengesellschaft eines Landkreises. Damit
ist sie in die Erfüllung hoheitlicher Pflichtaufgaben ihres Trägers eingebunden. Das beklagte Finanzamt
zweifelt an der Gemeinnützigkeit der GmbH und versagt die beantragte Steuerbefreiung, weil die
GmbH nicht freiwillig, sondern im Auftrag des eigentlich verpflichteten Landkreises tätig werde und
daher die "Opferwilligkeit" fehle. Gegen die erlassenen Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide
klagt die GmbH schließlich und gewinnt vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg. Gegen das Urteil
legte das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof ein.
Entscheidung
Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist ein Rettungsdienst, der Notfallrettung und Krankentransporte
zum Gegenstand hat und Rettungswachen betreibt, auch dann gemeinnützig, wenn er in der
Rechtsform einer GmbH organisiert ist und Gesellschafter ein Landkreis ist, dem diese Aufgaben
eigentlich obliegen. Zu den als gemeinnützig im steuerlichen Sinne anzusehenden Tätigkeiten gehört
unter anderem die Förderung der Rettung aus Lebensgefahr, so dass an der Gemeinnützigkeit der
Tätigkeit kein Zweifel besteht. Entscheidend ist, dass die Tätigkeit den Anforderungen, die an die
24/25
Gemeinnützigkeit gestellt werden, entspricht. Folglich ist die GmbH für die Leistungen, die sie
gegenüber ihrem Träger erbringt, angemessen zu vergüten.
Konsequenzen
Das Urteil trägt zur Rechtssicherheit bei. Nunmehr ist geklärt, dass Eigengesellschaften grundsätzlich
gemeinnützigkeitsfähig sind.
12.
Kein Lohn für Schwarzarbeit
Kernaussage
Ein Unternehmer, der bewusst ganz oder teilweise Schwarzarbeit vereinbart, kann für seine
Werkleistung keine Bezahlung verlangen. Durch den Verstoß gegen das gesetzliche Verbot zur
Schwarzarbeit kann er zudem keinen Anspruch auf Ausgleich der Bereicherung geltend machen.
Sachverhalt
Der beklagte Auftraggeber beauftragte die Klägerin mit der Ausführung der Elektroinstallationsarbeiten.
Vereinbart wurde ein Werklohn von 13.800 EUR einschließlich Umsatzsteuer sowie eine weitere
Barzahlung von 5.000 EUR, für die keine Rechnung gestellt werden sollte. Die Klägerin hat die
Arbeiten ausgeführt, der Beklagte hat die vereinbarten Beträge nur teilweise entrichtet. Der Klage auf
den restlichen Werklohn gab das Landgericht statt; das Oberlandesgericht (OLG) wies sie ab. Der
Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte das Urteil des OLG.
Entscheidung
Beide Parteien haben bewusst gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (SchwarzArbG)
verstoßen. Damit ist der gesamte Vertrag nichtig und ein vertraglicher Anspruch auf den Werklohn
ausgeschlossen. Darüber hinaus besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf Ausgleich der
Bereicherung, die darin besteht, dass der Beklagte die Werkleistung erhalten hat. Zwar kann ein
Unternehmer, der aufgrund eines nichtigen Vertrags Leistungen erbracht hat, von dem Besteller
grundsätzlich die Herausgabe dieser Leistungen verlangen und wenn dies nicht möglich ist,
Wertersatz. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Unternehmer mit seiner Leistung gegen ein gesetzliches
Verbot verstoßen hat. Die Durchsetzung der vom Gesetzgeber mit dem SchwarzArbG verfolgten Ziele,
die Schwarzarbeit effektiv einzudämmen, schließt eine Berufung auf Treu und Glauben aus.
Konsequenz
Nach diesem Urteil tragen Handwerker, die gegen das SchwarzArbG verstoßen, das volle Risiko dafür,
dass ihre Arbeit bezahlt wird. Demgegenüber trägt der Auftragnehmer das Risiko, dass er mit seinen
Mängelansprüchen ins Leere läuft.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
25/25
BS WESTDEUTSCHLAND GmbH
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Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
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Telefax: 02 01/8 78 56-33 oder -49
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Steuer-Nr.: 5112/5784/0165
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der WP-Kammer
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Ihre Mandanteninformationen des Monats August 2014
Sehr geehrte Damen und Herren,
dieser Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und
Wirtschaftsrecht des vergangenen Monats informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende
Sachverhalte zu überprüfen. Bitte lesen Sie im Einzelnen:
Inhalt
Privatbereich
1.
Kein Schuldzinsenabzug nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht
2.
Abzug nachträglicher Schuldzinsen als Werbungskosten
3.
Kindergeld in der Unternehmensphase bei "PreMaster-Programm"
4.
Einzelfragen zur Spendenhaftung geklärt
5.
Finanzamt darf bei Nachzahlungszinsen nicht übertreiben
6.
Bundesgerichtshof entscheidet: Kein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms
7.
Kündigung wegen Hinaustragens der Vermieterin ist unwirksam
8.
Untervermietung bei Auslandsaufenthalt erlaubt
9.
Fahrtkosten können für Behinderte zur Steuerfalle werden
10.
Häusliches Arbeitszimmer bei Poolarbeitsplatz
11.
Betreute Kinder sind unfallversichert
12.
Werbungskostenabzug für "umgekehrte Familienheimfahrten" zulässig
13.
Vorfälligkeitsentschädigung bei Immobilienverkauf: Kein Werbungskostenabzug
Unternehmer und Freiberufler
1.
Reverse-Charge-Verfahren: Neues zur Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen
2.
Ohne Leistungserbringung kein Vorsteuerabzug aus Anzahlungen
3.
Umsatzsteuersatz für eBooks und Online-Bibliotheken
4.
30 %ige Pauschsteuer für Geschenke ist keine Betriebsausgabe
5.
Nicht immer darf das Finanzamt Steuerbescheide nachträglich ändern
1/18
6.
Fahrtkosten bei Azubis: Keine Reisekosten für Fahrten zum Ausbildungsbetrieb
7.
Kirchlicher Arbeitgeber darf konfessionslose Bewerberin ablehnen
8.
Übersendung eines Steuerbescheids per Telefax
9.
Ruhezeiten: Nach sechs Stunden muss Pause sein
10.
Sind Probearbeit und Schnuppertage sozialversicherungspflichtig?
11.
Befreiung von der RV-Pflicht bei Minijobs und die Folgen
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1.
Dienstwagen: Pkw-Überlassung führt immer zu geldwertem Vorteil – auch bei geringem Gebrauch
Privatbereich
1.
Kein Schuldzinsenabzug nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht
Ein Abzug nachträglicher Schuldzinsen kommt nicht in Betracht,
Einkünfteerzielungsabsicht bereits vor Verkauf der Immobilie weggefallen ist.
wenn
die
Hintergrund
Der Kläger erwarb 1999 ein u. a. mit einer Gaststätte und mit 7 Ferienwohnungen bebautes
Grundstück, aus dem er in den Streitjahren 2003 bis 2006 (negative) Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung erzielte. Wegen mangelnder Rentabilität des Gesamtobjekts versuchte der Kläger –
parallel zu seinen Vermietungsbemühungen – ab Mai 2003, das Objekt zu veräußern, was letztlich
2008 gelang. Das Finanzamt ging davon aus, dass der Kläger seine Einkünfteerzielungsabsicht mit
Blick auf die seit 2003 unternommenen Verkaufsbemühungen aufgegeben habe und berücksichtigte
dementsprechend die vom Kläger in den Streitjahren ermittelten Einkünfte aus der Immobilie nicht.
Das Finanzgericht gab der Klage in diesem Punkt teilweise statt. Es ging zwar auch davon aus, dass
der Kläger seine Einkünfteerzielungsabsicht schon 2003 aufgegeben habe; unbeschadet dessen seien
die in den Streitjahren vom Kläger gezahlten "nachträglichen Schuldzinsen" aber nach den
Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung als Werbungskosten einkünftemindernd zu
berücksichtigen.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hob die Vorentscheidung auf und wies die Sache an das Finanzgericht zurück.
Dabei hob er hervor, dass ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von sog. "nachträglichen
Schuldzinsen" mit früheren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht anzunehmen sei, wenn
der Steuerpflichtige zwar ursprünglich mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat, seine Absicht zu
einer (weiteren) Einkünfteerzielung jedoch bereits vor der Veräußerung des Immobilienobjekts aus
anderen Gründen weggefallen ist.
2.
Abzug nachträglicher Schuldzinsen als Werbungskosten
Nachträgliche Schuldzinsen können auch im Fall einer nicht steuerbaren Veräußerung einer
vermieteten Immobilie grundsätzlich als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung
und Verpachtung abgezogen werden.
Hintergrund
Der Kläger war an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt, die im Jahr 1996 ein
Mehrfamilienhaus errichtete, welches nach Fertigstellung der Erzielung von Einkünften aus Vermietung
und Verpachtung diente. Die GbR veräußerte das Mehrfamilienhaus im Jahr 2007 – nach Ablauf der
einkommensteuerrechtlichen Veräußerungsfrist. Der Erlös aus der nicht steuerbaren Veräußerung der
Immobilie reichte nicht aus, um die im Zuge der Herstellung des Objekts aufgenommenen
Darlehensverbindlichkeiten vollständig auszugleichen. Das verbliebene Restdarlehen wurde daher
anteilig durch den Kläger getilgt. Hierfür musste er ein neues (Umschuldungs-)Darlehen aufnehmen;
die auf dieses Darlehen gezahlten Schuldzinsen machte der Kläger im Rahmen seiner
Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2009 und 2010 als (nachträgliche) Werbungskosten
bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.
2/18
Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Schuldzinsen nicht; das Finanzgericht gab dem
Kläger demgegenüber Recht.
Entscheidung
Die Entscheidung knüpft an ein älteres Urteil an, mit dem der Bundesfinanzhof den nachträglichen
Schuldzinsenabzug auch schon im Fall einer steuerbaren Veräußerung zugelassen hatte. In seiner
aktuellen Entscheidung erweitert der Bundesfinanzhof nunmehr die Möglichkeit des
Schuldzinsenabzugs: Ein solcher ist grundsätzlich auch nach einer nicht steuerbaren Veräußerung der
Immobilie möglich, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt
werden können. Voraussetzung ist dafür aber u. a., dass der Steuerpflichtige den aus der
Veräußerung der bislang vermieteten Immobilie erzielten Erlös – soweit nicht Tilgungshindernisse
entgegenstehen – stets und in vollem Umfang zur Ablösung des Anschaffungsdarlehens verwendet.
Auch auf Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen gezahlte Schuldzinsen erkennt der
Bundesfinanzhof grundsätzlich an, soweit die Valuta des Umschuldungsdarlehens nicht über den
abzulösenden Restdarlehensbetrag hinausgeht und die Umschuldung sich im Rahmen einer
marktüblichen Finanzierung – wozu regelmäßig auch eine vertraglich fixierte Tilgungsvereinbarung
gehört – bewegt.
3.
Kindergeld in der Unternehmensphase bei "PreMaster-Programm"
Eltern können für ihre Kinder auch für die Dauer der Unternehmensphase eines sog.
"PreMaster-Programms" grundsätzlich Kindergeld bekommen.
Hintergrund
Mit einem "PreMaster-Programm" unterstützen Unternehmen Absolventen von BachelorStudiengängen auf dem Weg zum Abschluss eines Master-Studiums. In der dem eigentlichen MasterStudium vorangehenden einjährigen sog. "Unternehmensphase" werden den angehenden Studenten
im Betrieb fachspezifische Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen vermittelt. Im Rahmen dieses
Trainings "on-the-job" werden sie im Unternehmen einer "Ankerabteilung" zugewiesen und von einem
persönlichen Mentor betreut. Die Teilnehmer sind verpflichtet, unmittelbar nach Abschluss der
Unternehmensphase ein Masterstudium aufzunehmen.
Im Streitfall hatte die beklagte Familienkasse diese Unternehmensphase wegen des vorangegangenen
Bachelorstudiums als Zweitausbildung und – wegen des von dem Unternehmen gezahlten erheblichen
Entgelts – als eine Erwerbstätigkeit angesehen, die einem Anspruch auf Kindergeld entgegenstehe.
Entscheidung
Dem ist das Finanzgericht nicht gefolgt. Es sieht in der Unternehmensphase ein sog.
Ausbildungsdienstverhältnis, weil es darauf ausgerichtet sei, die Zeit und die Arbeitskraft des
Teilnehmers in erster Linie für dessen Ausbildung und nicht für Erwerbszwecke innerhalb des
Unternehmens einzusetzen. Mit dieser Begründung hat das Gericht daher für diesen Zeitraum der
Klage eines Vaters auf Gewährung von Kindergeld für seine Tochter stattgegeben.
4.
Einzelfragen zur Spendenhaftung geklärt
Wer wann und in welcher Höhe für falsch ausgestellte Spendenbescheinigungen oder
zweckfremde Mittelverwendungen haftet, stellt die Oberfinanzdirektion Frankfurt mit Verfügung
vom 17.3.2014 dar. Besonderes Augenmerk legt die Oberfinanzdirektion dabei auf die
Bestimmung des Haftungsschuldners und den Vertrauensschutz beim Zuwendenden.
Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine falsche Spendenbescheinigung ausstellt oder die
zweckfremde Verwendung von Spendenmitteln veranlasst, haftet für die entgangene Steuer. Insoweit
wird also zwischen einer Aussteller- und einer Veranlasserhaftung unterschieden.
Welche Grundsätze bei der Haftungsinanspruchnahme gelten, hat die Oberfinanzdirektion Frankfurt
nun mit Verfügung vom 17.3.2014 dargestellt. Folgende Aspekte dieser Weisung sind hervorzuheben:
•
Der Ausstellerhaftung unterliegt grundsätzlich nur die betroffene Körperschaft, da
Zuwendungsbestätigungen ausdrücklich nur vom Empfänger ausgestellt werden dürfen.
Gegenüber einer natürlichen Person kann eine Ausstellerhaftung allenfalls dann eingreifen, wenn
diese außerhalb des ihr zugewiesenen Wirkungskreises gehandelt hat.
3/18
5.
•
In Fällen der Veranlasserhaftung muss ebenfalls vorrangig die Körperschaft in Haftung
genommen werden.
•
Eine natürliche Person ist als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen, wenn sie selbst
Zuwendungsempfänger ist und die unrichtigen Zuwendungsbestätigungen ausgestellt hat.
•
Im Fall von BGB-Gesellschaften und Gemeinschaften kommen als Haftungsschuldner zwar
grundsätzlich sämtliche Gesellschafter in Betracht, vorrangig soll aber die jeweils handelnde
Person in Anspruch genommen werden.
•
Bei der Haftungsprüfung muss stets übergeprüft werden, ob der Zuwendende gutgläubig war
(Kopplung des Haftungstatbestands an den Vertrauensschutz beim Zuwendenden).
•
Der Zuwendende darf darauf vertrauen, dass die ausgestellte Bestätigung richtig ist. Dies gilt
jedoch nicht, wenn er die Bestätigung durch unlautere Mittel oder falsche Angaben erwirkt hat,
ihm die Unrichtigkeit der Bestätigung bekannt war oder aufgrund einer groben Fahrlässigkeit
nicht bekannt war. Zudem darf der Zuwendende den Abzug der Spende nicht mehr in seiner
Steuererklärung beantragen, sobald der Aussteller ihm gegenüber die unrichtige
Zuwendungsbestätigung widerrufen hat (Entfall des Vertrauensschutzes).
•
Die entgangene Steuer, für die der Haftenden in Anspruch genommen wird, beträgt 30 % der
Zuwendungsbeträge. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, in welchem Umfang sich die
Spenden bei den Zuwendenden tatsächlich steuermindernd ausgewirkt haben.
•
Die Bemessungsgrundlage für die 30 %ige Haftungshöhe bilden in Fällen der Ausstellerhaftung
die Zuwendungen, die in unrichtigen Zuwendungsbestätigungen ausgewiesen wurden. In Fällen
der Veranlasserhaftung ist die Summe der fehlverwendeten Zuwendungen heranzuziehen.
•
Die Festsetzungsfrist für die Spendenhaftung ist an die Festsetzungsfrist gekoppelt, die für die
Körperschaftsteuer des Zuwendungsempfängers gilt.
•
Bevor ein Haftungsbescheid erteilt wird, müssen die Finanzbehörden dem Haftenden zunächst
rechtliches Gehör gewähren. Im Bescheid müssen sie später zudem die Gründe für die
getroffene Ermessensentscheidung darstellen.
Finanzamt darf bei Nachzahlungszinsen nicht übertreiben
Eheleute stehen immer wieder vor der Frage, wie sie ihre Einkünfte dem Finanzamt erklären
sollen: in einer gemeinsamen oder einer getrennten Einkommensteuererklärung? Je nach
Entwicklung der Einkommen sollten die Partner immer wieder prüfen, ob die gewählte
Veranlagungsform noch die richtige ist. Insbesondere wenn beide gewerblich aktiv sind,
empfiehlt sich eine genaue Prüfung, wie ein Streitfall vor dem Finanzgericht Münster zeigt.
Zum Hintergrund
Ein Ehepaar, das im Streitjahr 2006 mit einem Gewerbebetrieb sehr gut verdiente, hatte sich für eine
getrennte Veranlagung entschieden. Dabei wies der Ehemann keine Einnahmen aus dem
Gewerbebetrieb aus und musste dem entsprechend auch wenig Steuern zahlen. Bei einer
Betriebsprüfung im Jahr 2011 kam die Beteiligung jedoch ans Tageslicht mit der Folge, dass die
Gewinnzuweisung zwischen den Eheleuten neu aufgeteilt und eine satte Steuernachzahlung von
328.000 EUR fällig wurde. Erschwerend kamen Nachzahlungszinsen von 80.000 EUR hinzu.
Um diese finanzielle Belastung zu reduzieren, beantragte das Ehepaar den Wechsel in die
gemeinsame Veranlagung. Damit reduzierte sich die Einkommensteuernachzahlung auf 151.000 EUR.
Dennoch verlangte das Finanzamt Nachzahlungszinsen in unveränderter Höhe.
Nachdem das Finanzamt den Antrag auf Halbierung der Nachzahlungszinsen abgelehnt hatte, zogen
die Eheleute vor das Finanzgericht Münster mit der Begründung, dass nur auf die endgültig
festgesetzte Steuer von 151.000 EUR Zinsen berechnet werden dürften.
Finanzgericht: Entscheidung des Finanzamts rechtswidrig
So sah es auch das Finanzgericht Münster. Die Begründung der Richter: Einen Teil der Zinsen nicht
zu erlassen, sei ein Ermessensfehler und damit rechtswidrig. Zwar entspräche es der Gesetzeslage,
dass die Nachzahlungszinsen auf Grundlage der ursprünglichen Steuernachforderung zu berechnen
4/18
sind. Auch eine rückwirkende Umstellung auf eine Zusammenveranlagung habe keine Auswirkungen
für bereits festgesetzte Zinsen. Diese Regelung könne im Einzelfall jedoch nicht angemessen sein.
Daher muss das Finanzamt über den Antrag der Kläger neu entscheiden. Hierbei müsse es bei der
Berechnung der Zinsen deutlich machen, welchen Liquiditätsvorteil der Kläger gehabt habe. Des
Weiteren müsse sich das Finanzamt mit der Frage auseinandersetzen, ob der Wechsel in eine andere
Veranlagungsform eine Zinsfestsetzung erst ab der Kenntnis einer belastenden Feststellung auslöst.
Praxistipp
Die rechtlichen Grundlagen für Nachzahlungszinsen sind in § 233a der Abgabenordnung geregelt, der
auch Gegenstand dieses Rechtsstreits ist. Er gilt als eine schwierigsten Bestimmungen der gesamten
Abgabenordnung. Zwar ist der Ausgangsfall, dass die Nachverzinsung 15 Monate nach Ablauf des
Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist (§ 233a Abs. 2 AO), einsetzt, noch als relativ einfach
anzusehen. Den richtigen Zinsbetrag zu ermitteln, wenn die Steuerfestsetzung später geändert wird so
wie in diesem Fall, bereitet aber erhebliche Probleme.
Denn der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zufolge ist ein erstmaliger Antrag auf
Zusammenveranlagung zwar als ein Ereignis mit Rückwirkung anzusehen, das aber nach der
gesetzlichen Regelung in der Abgabeordnung keine Auswirkungen auf die Berechnung der
Zinsnachzahlung haben kann. Zweck der Bestimmung ist es lediglich, die Zinsvorteile, die der
Steuerzahler aufgrund der verspäteten Steuerzahlung hatte, abzuschöpfen oder auch Zinsnachteile zu
beseitigen. Im Streitfall hatte der Kläger indes keinen Zinsvorteil erlangt, sodass die Festsetzung der
Zinsen zumindest in der Höhe, wie sie vor dem Antrag auf Zusammenveranlagung berechnet wurde,
dem Sinn des Gesetzes widersprach. Die Entscheidung des Finanzgerichts ist daher plausibel, die
endgültige Berechnung aber weiterhin dem Finanzamt überlassen.
6.
Bundesgerichtshof entscheidet: Kein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms
Der Bundesgerichtshof hat endlich, aber nicht abschließend, entschieden, ob Radfahrern ohne
Schutzhelm bei Unfällen weniger Schadenersatz zugesprochen werden kann. Es ging um die
Frage, ob für Freizeitradler und Radler auf dem Weg zur Arbeit das Nichttragen eines Helms
eine Obliegenheitsverletzung darstellt und damit zu einer entsprechenden Mithaftungsquote
führt.
Geklagt hatte, mit Unterstützung des ADFC, eine Radfahrerin aus Schleswig-Holstein. Sie war 2011
auf dem Weg zur Arbeit schwer am Kopf verletzt worden.
Radfahrerin mit Autotür zu Fall gebracht
Eine Autofahrerin hatte am Straßenrand geparkt und unmittelbar vor der sich nähernden Radfahrerin
die Tür geöffnet. Die Radlerin prallte dagegen und stürzte. Von der Autofahrerin und deren
Versicherung verlangt sie Schadenersatz.
Oberlandesgericht entschied noch auf Mitverschulden
Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hatte der Klägerin ein Mitverschulden von 20 % angelastet,
weil sie keinen Schutzhelm getragen und damit Schutzmaßnahmen zu ihrer eigenen Sicherheit
unterlassen habe.
Der Bundesgerichtshof hat nun das Urteil aufgehoben und der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
Das Nichttragen eines Fahrradhelms führt nicht zu einer Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens.
Für Radfahrer ist Tragen eines Schutzhelms nicht Pflicht
Die Begründung des Bundesgerichtshofs
Für Radfahrer sei das Tragen eines Schutzhelms nicht vorgeschrieben.
•
Zwar könne einem Geschädigten auch ohne einen Verstoß gegen Vorschriften haftungsrechtlich
ein Mitverschulden anzulasten sein,
•
dazu müsse er aber diejenige Sorgfalt außer Acht lassen, die ein ordentlicher und verständiger
Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt.
Zu unvorsichtig? Nicht nach allgemeinem Verkehrsbewusstsein zum Unfallzeitpunkt
Ein solches Mitverschulden wäre hier laut Bundesgerichtshof zu bejahen, wenn das Tragen von
Schutzhelmen zur Unfallzeit nach allgemeinem Verkehrsbewusstsein zum eigenen Schutz erforderlich
5/18
und zumutbar gewesen wäre. Ein solches Verkehrsbewusstsein hat es jedoch zum Zeitpunkt des
Unfalls der Klägerin noch nicht gegeben.
Die allermeisten fahren "ohne"
So trugen nach repräsentativen Verkehrsbeobachtungen der Bundesanstalt für Straßenwesen im Jahr
2011 innerorts nur 11 % der Fahrradfahrer einen Schutzhelm.
Das reichte dem Bundesgerichtshof nicht, um den fehlenden Helm bei der Klägerin zu sanktionieren
und eine Kürzung des Schadensersatzes durch die Kfz-Haftpflicht der Autofahrerin abzunicken.
Hinweis
Inwieweit in Fällen sportlicher Betätigung des Radfahrers das Nichtragen eines Schutzhelms ein
Mitverschulden begründen kann, war nicht zu entscheiden. Das Oberlandesgericht betonte in seiner
Entscheidung, dass ein sportlich fahrender Radfahrer, der sich nicht lediglich von A nach B bewege,
sondern das Fahrrad auch als Sportgerät nutze, fahrlässig handle, wenn er ohne Helm fahre.
Merke
aber
auch:
Fahren
Weltgesundheitsorganisation.
7.
ohne
Helm
gefährdet
Ihre
Gesundheit!
warnt
die
Kündigung wegen Hinaustragens der Vermieterin ist unwirksam
Wehrt sich der Mieter gegen eine Verletzung seines Hausrechts durch die Vermieterin dadurch,
dass er die Vermieterin vor die Tür trägt, rechtfertigt dies nicht ohne weiteres die Kündigung
des Mietverhältnisses.
Hintergrund
Die Vermieterin eines Hauses verlangt vom Mieter nach einer fristlosten Kündigung die Räumung. Das
Mietverhältnis besteht seit Juli 2006.
Am 16.8.2012 suchte die Vermieterin den Mieter vereinbarungsgemäß auf, um Rauchwarnmelder im
Haus zu begutachten. Nachdem die Vermieterin gegen den Willen des Mieters versucht hatte, weitere
Zimmer zu betreten, kam es zu einer Auseinandersetzung. Der Mieter forderte die Vermieterin auf, das
Haus zu verlassen. Dem kam die Vermieterin nicht nach. Daraufhin umfasste der Mieter die
Vermieterin mit den Armen und trug sie aus dem Haus.
Aufgrund dieses Vorfalls kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich. Da
der Mieter die Kündigung nicht akzeptiert, klagt die Vermieterin auf Räumung.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof gibt dem Mieter Recht. Die Kündigung ist weder als fristlose noch als
ordentliche Kündigung wirksam.
Die Vertragsparteien hatten vereinbart, dass die Vermieterin (nur) die Räume mit den angebrachten
Rauchmeldern in Augenschein nehmen sollte. Zu einer weiteren eigenmächtigen Besichtigung war die
Vermieterin nicht berechtigt. Indem die Vermieterin gleichwohl gegen den Willen des Mieters eine
Besichtigung anderer Räume durchsetzen wollte und das Haus trotz Aufforderung des Vermieters
nicht verlassen hat, hat sie das Hausrecht des Mieters verletzt. Sie trägt deshalb zumindest eine
Mitschuld an dem nachfolgenden Geschehen.
Mitverschulden der Vermieterin
Angesichts der Gesamtumstände, insbesondere des vorangegangenen pflichtwidrigen Verhaltens der
Vermieterin, ist das mit der Kündigung beanstandete Verhalten des Mieters keine so gravierende
Pflichtverletzung, dass der Vermieterin nicht zugemutet werden könnte, das Mietverhältnis
fortzusetzen; dies selbst dann, wenn der Mieter die Grenzen erlaubter Notwehr geringfügig
überschritten haben sollte. Eine fristlose Kündigung war daher nicht gerechtfertigt.
Auch eine Vertragsverletzung von einem Gewicht, das ein berechtigtes Interesse der Vermieterin an
der Beendigung des Mietvertrags rechtfertigt, lag unter diesen Umständen nicht vor. Deshalb ging
auch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung ins Leere.
8.
Untervermietung bei Auslandsaufenthalt erlaubt
Ein längerer beruflicher Auslandsaufenthalt des Mieters begründet ein berechtigtes Interesse
daran, Teile der Wohnung unterzuvermieten. Verweigert der Vermieter die Erlaubnis zur
Untervermietung pflichtwidrig, muss er Schadensersatz leisten.
6/18
Hintergrund
Die Mieter einer Wohnung verlangen von der Vermieterin Schadensersatz, weil die Vermieterin einer
Untervermietung der Wohnung nicht zugestimmt hat.
Das Mietverhältnis über die Dreizimmerwohnung besteht seit 2001. Seit November 2010 halten sich
die Mieter in Kanada auf, weil einer von ihnen zum 1.1.2011 eine zeitlich befristete Tätigkeit in Ottawa
aufgenommen hat.
Im August 2010 unterrichteten die Mieter die Hausverwaltung von ihrer Absicht, die Wohnung mit
Ausnahme eines von ihnen weiter genutzten Zimmers ab dem 15.11.2010 voraussichtlich für zwei
Jahre an eine namentlich benannte Interessentin unterzuvermieten, weil sie sich in dieser Zeit aus
beruflichen Gründen regelmäßig im Ausland aufhalten würden.
Die Vermieterin verweigerte die Zustimmung zur Untervermietung. Daraufhin klagten die Mieter auf
Zustimmung. Das Amtsgericht verurteilte die Vermieterin im Oktober 2011, der Untervermietung bis
Ende 2012 zuzustimmen.
Die Mieter verlangen nun von der Vermieterin Zahlung entgangener Untermiete für den Zeitraum
15.11.2010 bis 30.10.2011 in Höhe von 7.475 EUR.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof gibt den Mietern Recht. Die Vermieterin muss Schadensersatz zahlen.
Die Mieter hatten einen Anspruch auf Gestattung der Untervermietung zweier Zimmer. Indem die
Vermieterin die Zustimmung zur Untervermietung verweigert hat, hat sie schuldhaft eine
mietvertragliche Pflicht verletzt und ist zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens in Form des
Mietausfalls verpflichtet.
Der Wunsch der Mieter, im Hinblick auf die befristete Arbeitstätigkeit eines der Mieter im Ausland von
berufsbedingt entstehenden Reise- und Wohnungskosten entlastet zu werden, stellt ein berechtigtes
Interesse zur Untervermietung eines Teils der Wohnung dar. Dem Anspruch auf Gestattung der
Untervermietung stand auch nicht entgegen, dass die Mieter nur ein Zimmer der Dreizimmerwohnung
von der Untervermietung ausnehmen und auch dieses während ihres Auslandsaufenthalts nur
gelegentlich zum Übernachten nutzen wollten.
Das Gesetz gibt weder vor, wie groß der beim Mieter verbleibende Teil der Wohnung sein muss, noch
trifft es eine Aussage, wie der Mieter diesen Rest nutzen muss. Es reicht aus, wenn der Mieter ein
Zimmer zurückbehält, um hierin Einrichtung zu lagern und/oder hierin gelegentlich zu übernachten.
Die Vermieterin kann sich bezüglich der verweigerten Zustimmung zur Untervermietung nicht auf einen
unverschuldeten Rechtsirrtum berufen. Die Frage, ob der Mieter in Fällen wie dem vorliegenden die
Erlaubnis zur Untervermietung beanspruchen kann, war zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt. Die
Vermieterin hätte aber in Erwägung ziehen müssen, dass sie der Untervermietung zustimmen muss.
Das Risiko eines Irrtums kann sie nicht auf die Mieter übertragen.
9.
Fahrtkosten können für Behinderte zur Steuerfalle werden
Setzt das Versorgungsamt per Bescheid den Grad der Behinderung herab, hat das steuerliche
Folgen für die Betroffenen. Denn das Finanzamt kann nachträglich die Absetzbarkeit der
Kosten für Fahrten zur Arbeit einschränken, wenn der Bescheid erst später rechtskräftig wird.
Hintergrund
Arbeitnehmer können die Fahrtkosten zum Arbeitsplatz über die Entfernungspauschale in ihrer
Steuererklärung geltend machen. Für Behinderte gibt es sogar eine erweiterte Abzugsmöglichkeit.
Denn bei einem Behinderungsgrad von mehr als 70 % können die Betroffenen entweder die
tatsächliche Höhe der Fahrtkosten oder die allgemeine Kilometerpauschale von 0,30 Cent ansetzen.
Glücklicherweise verbessert sich bei manchen Betroffenen der Gesundheitszustand. Damit sinkt aber
auch der Behinderungsgrad mit der Folge, dass sich auch die steuerliche Behandlung der Fahrtkosten
ändern kann, wie der aktuelle Streitfall zeigt.
Der Streitfall
Im Mai 1994 hatte das Versorgungsamt den Kläger per Bescheid als Schwerbehinderten mit einem
Behinderungsgrad von 80 % anerkannt. Diesen Bescheid hob das Amt jedoch im Dezember 1999 auf
7/18
und setzte den Behinderungsgrad auf 20 % herab. Da der Kläger diesen Bescheid gerichtlich anfocht,
blieb er in den Streitjahren von 2000 bis 2007 weiterhin Inhaber des ursprünglichen
Schwerbehindertenausweises. Folglich machte er in seinen Steuererklärungen weiterhin die
tatsächlichen Fahrtkosten geltend.
Im Januar 2007 wies das Bundessozialgericht die Klage des Behinderten jedoch in letzter Instanz
zurück. Folge: Das Finanzamt zog mit einem neuen Feststellungsbescheid für die steuerliche
Behandlung der Fahrkosten nach. Im Klartext: Es berücksichtigte für die Fahrten zum Arbeitsplatz
nicht die tatsächlichen Kosten, sondern nur die Entfernungspauschale.
Damit war der Kläger nicht einverstanden. Vor dem Finanzgericht begründete er seine Klage gegen
den Feststellungsbescheid damit, dass er bis Juni 2007 im Besitz eines gültigen
Schwerbehindertenausweises gewesen sei und damit auch die erhöhten Wegekosten geltend machen
konnte. Der abweichende Feststellungsbescheid vom Dezember 1999 stehe dem nicht entgegen, da
er erst nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundessozialgericht im Januar 2007
bestandskräftig geworden sei. Das Finanzgericht wies die Klage jedoch ab und ließ auch die Revision
zum Bundesfinanzhof nicht zu.
Bundesfinanzhof weist Beschwerde zurück
Auch die Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesfinanzhof, mit der der Kläger die Zulassung der
Revision erreichen wollte, war nicht erfolgreich. Die Richter verwiesen vielmehr auf die bisherige
Rechtsprechung. Trotz der Gültigkeit des Schwerbehindertenausweises bis zum bestandskräftigen
Abschluss des Verfahrens vor dem Bundessozialgericht sei korrekt gewesen, die
Einkommensteuerbescheide rückwirkend zu ändern, wenn wie im Streitfall der Behinderungsgrad
rückwirkend geändert wurde.
Die Richter des Bundesfinanzhofs machten klar, dass auch in diesem Fall der Grundsatz der
Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit Vorrang habe. Mit der rechtskräftigen Herabsetzung des
Behinderungsgrades sei es daher notwendig gewesen, die Fahrtkosten entsprechend steuerlich
anders zu behandeln.
Praxistipp
Der Hinweis des Bundesfinanzhofs auf den Grundsatz der Besteuerung der Leistungsfähigkeit mag
sehr formal klingen, dennoch werden Betroffene in solchen Fällen nicht an dieser Argumentation
vorbeikommen. Auch in Zukunft werden sich solche Streitfälle nicht vermeiden lassen. Betroffene
sollten daher in schwebenden Verfahren finanzielle Vorsorge treffen, damit sie nicht mit hohen
Steuernachzahlungen konfrontiert werden, wenn die Sozialgerichte entsprechende Bescheide Jahre
später für rechtskräftig erklären.
10.
Häusliches Arbeitszimmer bei Poolarbeitsplatz
Ein Poolarbeitsplatz steht neben dem häuslichen Arbeitszimmer nicht als anderer Arbeitsplatz
zur Verfügung, wenn er nicht in dem konkret erforderlichen Umfang genutzt werden kann.
Dem Betriebsprüfer P stand an seiner Dienststelle kein fester Arbeitsplatz, sondern lediglich ein
Poolarbeitsplatz im Verhältnis von 8 Prüfern zu 3 Arbeitsplätzen zur Verfügung. Die Prüfungen und
Schlussbesprechungen führte P regelmäßig in den Unternehmen durch. Die Vor- und Nacharbeiten
(Fallauswahl, Prüfungsvorbereitung, Fertigung der Prüfberichte usw.) erledigte er in seinem häuslichen
Arbeitszimmer. Den Poolarbeitsplatz nutzte er lediglich für das Abrufen von E-Mails und das Updaten
seines Rechners. Einen Antrag auf Zuweisung eines festen Arbeitsplatzes hatte P nicht gestellt.
Das Finanzamt versagte den Werbungskostenabzug mit der Begründung, P habe mit dem
Poolarbeitsplatz ein anderer Arbeitsplatz an der Dienststelle zur Verfügung gestanden. Ein anderer
Arbeitsplatz stehe dem Arbeitnehmer nur dann nicht zur Verfügung, wenn er auch auf Antrag keinen
ausreichenden Arbeitsplatz nutzen könne.
Das Finanzgericht vertrat eine großzügigere Auffassung und gab der Klage statt. Denn angesichts der
umfangreichen Büroarbeiten hätte A bei der Belegung der 3 dienstlichen Arbeitsplätze mit 8 Prüfern
nicht jederzeit auf einen für ihn nutzbaren Arbeitsplatz zugreifen können.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof gab ebenfalls dem Betriebsprüfer Recht.
8/18
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind – bis zur Grenze von 1.250 EUR – nur dann als
Werbungskosten abziehbar, wenn dem Arbeitnehmer kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
"Anderer Arbeitsplatz" ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten
geeignet ist. Auch ein Raum, den sich der Arbeitnehmer mit weiteren Personen teilt, z. B. in einem
Großraumbüro, kann daher ein anderer Arbeitsplatz sein. In diesem Sinne ist grundsätzlich auch ein
Poolarbeitsplatz als ein anderer Arbeitsplatz zu werten.
Der andere Arbeitsplatz steht allerdings nur dann für die berufliche Tätigkeit zur Verfügung, wenn er in
dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich genutzt
werden kann. Denn nur dann ist der Arbeitnehmer nicht auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen.
Ist das häusliche Arbeitszimmer dagegen notwendig, kann sich der Arbeitnehmer den Aufwendungen
nicht entziehen mit der Folge, dass das gesetzliche Abzugsverbot nach seinem Sinn und Zweck nicht
zum Tragen kommt.
Die Kosten sind jedoch nicht bereits dann abziehbar, wenn der Arbeitnehmer nicht jederzeit auf den
anderen Arbeitsplatz zugreifen kann. Deshalb kann auch ein Poolarbeitszimmer als Arbeitsplatz zur
Verfügung stehen, wenn nach den tatsächlichen Gegebenheiten, z. B. durch eine organisierte
Nutzungseinteilung, gewährleistet ist, dass der Arbeitnehmer seine berufliche Tätigkeit in dem konkret
erforderlichen Umfang dort erledigen kann.
Hiervon ausgehend bestätigt der Bundesfinanzhof die Auffassung des Finanzgerichts, dass P der
Poolarbeitsplatz nicht in dem zur Verrichtung seiner Innendienstarbeiten erforderlichen Umfang zur
Verfügung stand. Denn die 3 Schreibplätze reichten nicht aus, um alle Innendiensttätigkeiten zu
verrichten. Wegen der zu geringen Anzahl der Arbeitsplätze (3 Plätze für 8 Prüfer) war nicht
gewährleistet, dass P in zeitlicher Hinsicht seine gesamte Innendiensttätigkeit dort hätte erledigen
können.
Hinweis
Haben die Arbeitskollegen untereinander oder mit dem Arbeitgeber Absprachen über die
wechselseitige Nutzung der Poolarbeitsplätze getroffen und ist damit gewährleistet, dass der
Arbeitnehmer seinen konkreten Arbeiten nachkommen kann, steht ihm ein Arbeitsplatz zur Verfügung
mit der Folge, dass der Werbungskostenabzug ausgeschlossen ist.
Der Streitfall lässt daher an die Konstellation denken, dass alle 8 Betriebsprüfer im Wesentlichen von
zu Hause aus arbeiten und das Prüferzimmer im Amt praktisch nur zur Aufbewahrung von Akten usw.
genutzt wird. Auch wenn nicht alle Prüfer gleichzeitig dort arbeiten können, so wäre es wohl
lebensfremd anzunehmen, bei vorhandenen 3 Schreibtischen stehe dem einzelnen Prüfer kein
Arbeitsplatz im Amt zur Verfügung, wenn er ausnahmsweise – ggf. nach Absprache mit den Kollegen –
einmal dort Akten bearbeiten will.
11.
Betreute Kinder sind unfallversichert
In Tageseinrichtungen betreute Kinder sind gesetzlich unfallversichert. Nach einem Urteil des
Sozialgerichts Düsseldorf kommt es nicht darauf an, ob das Kind durch das Jugendamt
vermittelt worden ist und dieses (teilweise) die Betreuungskosten trägt. Voraussetzung ist nur,
dass die Tagesmutter eine behördliche Betreuungserlaubnis hat.
Geklagt hatte ein inzwischen 4-jähriges Kind aus Wuppertal, das sich während der Betreuung bei
seiner Tagesmutter mit heißem Tee den Arm verbrüht hatte. Mit der Tagesmutter hatte ein privater
Vertrag bestanden, die Betreuungskosten hatten die Eltern gezahlt. Das Kind hatte schwere
Verletzungen erlitten, die eine mehrtägige stationäre Behandlung und eine Hauttransplantation
erforderten.
Gesetzliche Unfallversicherung oder Haftpflicht?
Die Unfallkasse Nordrhein-Westfalen hatte einen Arbeitsunfall anerkannt mit der Folge, dass sämtliche
Behandlungskosten, auch die eventueller Folgeschäden, von der gesetzlichen Unfallversicherung
getragen werden müssen. Die Tagesmutter ist aus der Haftung entlassen. Da die Eltern des Klägers
jedoch einen Schmerzensgeldanspruch gegen die Tagesmutter durchsetzen wollten, hatten sie gegen
die Anerkennung eines Versicherungsfalles geklagt. Sie waren der Ansicht, dass die gesetzliche
Unfallversicherung nicht eingreife, sondern der Fall privatrechtlich abzuwickeln sei.
9/18
Kindertagespflege ist unfallversichert
Die Richter des Sozialgerichts Düsseldorf folgten dieser Argumentation nicht. Nach dem Wortlaut des
Sozialgesetzbuches, das die Kindertagespflege im Jahr 2005 der gesetzlichen Unfallversicherung
unterstellt habe, komme es nur darauf an, ob die Betreuungsperson eine behördliche Erlaubnis habe.
Eine andere Auslegung entspräche nicht dem Sinn und Zweck der Regelung. Diese wolle den
geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen Rechnung tragen und alle Kinder, die tagsüber von
geeigneten Personen betreut werden, unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stellen.
12.
Werbungskostenabzug für "umgekehrte Familienheimfahrten" zulässig
Fahrtkosten einer Ehefrau für Besuche ihres auf wechselnden Baustellen tätigen Ehemannes
können bei diesem als Werbungskosten abzugsfähig sein.
Hintergrund
Der Kläger ist als Monteur weltweit auf wechselnden Baustellen eingesetzt. Während eines Einsatzes
in den Niederlanden besuchte ihn seine Ehefrau an insgesamt 3 Wochenenden. Hierfür machte der
Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit einen Werbungskostenabzug geltend. Er
legte eine Bescheinigung seines Arbeitgebers vor, wonach die Anwesenheit des Klägers auf der
Baustelle auch an den Wochenenden aus produktionstechnischen Gründen erforderlich gewesen sei.
Das Finanzamt versagte den Abzug mit der Begründung, es handele sich um Kosten der privaten
Lebensführung.
Entscheidung
Dies sah der 12. Senat des Finanzgerichts Münster anders und gab der Klage statt. Die
Besuchsfahrten seien zwar sowohl privat als auch beruflich veranlasst, jedoch überwiege die
berufliche Veranlassung deutlich. Wäre der Kläger an den Wochenenden zum Familienwohnsitz
gefahren, hätte er die hierdurch entstandenen Kosten als Werbungskosten abziehen können. Da
solche Familienheimfahrten wegen dienstlicher Notwendigkeiten nicht möglich gewesen seien, müsse
dasselbe für die Besuchsfahrten der Ehefrau (sog. "umgekehrte Familienheimfahrten") gelten.
13.
Vorfälligkeitsentschädigung bei Immobilienverkauf: Kein Werbungskostenabzug
Eine Vorfälligkeitsentschädigung ist grundsätzlich nicht als Werbungskosten bei den
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Das hat der Bundesfinanzhof
entschieden.
Hintergrund
Die Klägerin veräußerte ein von ihr im Jahre 1999 erworbenes und seitdem vermietetes
Immobilienobjekt im Jahr 2010. Im Veräußerungsvertrag hatte sich die Klägerin zur lastenfreien
Übertragung des Grundstückes verpflichtet. Im Zuge der Ablösung einer Restschuld aus den zur
Finanzierung der Anschaffungskosten des Objekts aufgenommenen Darlehen hatte die Klägerin
Vorfälligkeitsentschädigungen zu leisten, die sie im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung als
Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machte. Das
Finanzamt berücksichtigte die Vorfälligkeitsentschädigungen nicht. Klage und Revision der Klägerin
hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Schuldzinsen, die mit Einkünften in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, zählen zu den
Werbungskosten. Der Begriff der Schuldzinsen umfasst auch eine zur vorzeitigen Ablösung eines
Darlehens gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung; denn diese ist Nutzungsentgelt für das auf die
verkürzte Laufzeit in Anspruch genommene Fremdkapital.
Im Streitfall konnte die Klägerin die geleisteten Vorfälligkeitsentschädigungen gleichwohl nicht bei ihren
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen; es fehlte insoweit an einem
wirtschaftlichen Zusammenhang (sog. Veranlassungszusammenhang) mit steuerbaren Einkünften.
Zwar beruht eine Vorfälligkeitsentschädigung auf dem ursprünglichen Darlehen, das mit Blick auf die
Finanzierung der Anschaffungskosten einer fremdvermieteten Immobilie aufgenommen wurde. Jedoch
ist das für die Annahme eines Veranlassungszusammenhangs maßgebliche "auslösende Moment"
nicht der seinerzeitige Abschluss des Darlehensvertrags, sondern gerade dessen vorzeitige Ablösung.
Diese mit der Darlehensgläubigerin vereinbarte Vertragsanpassung hat die Klägerin aber nur
vorgenommen, weil sie sich zur lastenfreien Veräußerung des Grundstücks verpflichtet hatte. Ein
10/18
wirtschaftlicher Zusammenhang besteht daher gerade nicht zwischen der Vorfälligkeitsentschädigung
und der vormaligen Vermietung der Immobilie, sondern zwischen der Vorfälligkeitsentschädigung und
der Veräußerung der Immobilie.
Unternehmer und Freiberufler
1.
Reverse-Charge-Verfahren: Neues zur Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen
Die jüngste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei
Bauleistungen hat für erhebliche Aufregung gesorgt. Insbesondere Subunternehmer fürchten
nun um ihre Existenz, sollte die Finanzverwaltung ihnen für die Vergangenheit keinen
Vertrauensschutz gewähren. Jetzt hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) erneut zu
dieser Problematik Stellung bezogen.
Das BMF weist zunächst auf Folgendes hin: Der Leistungsempfänger kann den Nachweis, dass er
Steuerschuldner ist, durch eine schriftliche Bestätigung erbringen, in der er darauf hinweist, dass er die
bezogene Bauleistung seinerseits zur Erbringung einer Bauleistung verwendet. Die Bestätigung kann
im Werkvertrag oder separat unter Benennung des konkreten Bauvorhabens erfolgen. Organträger
sind dann Steuerschuldner für Bauleistungen, die an ein Unternehmen des Organkreises erbracht
werden, wenn der Organträger selbst oder eine Organgesellschaft die Bauleistung bezieht, um hiermit
selbst eine Bauleistung zu erbringen. Bauleistungen, die für den nichtunternehmerischen Bereich des
Leistungsempfängers (z. B. der privaten Immobilie) erbracht werden, sind grundsätzlich nicht mehr von
der Umkehr der Steuerschuldnerschaft betroffen. Zuletzt erläutert das BMF die Voraussetzungen zur
Inanspruchnahme der Übergangsregelung. Demnach können folgende Bauvorhaben, die vor dem
15.2.2014 begonnen wurden, noch nach der alten Rechtslage abgerechnet werden: Bei Fertigstellung
vor dem 15.2.2014 und bei Fertigstellung ab dem 15.2.2014, wenn Anzahlungen zuvor nach der alten
Rechtslage geleistet wurden.
2.
Ohne Leistungserbringung kein Vorsteuerabzug aus Anzahlungen
Wer Anzahlungen leistet, kann hieraus grundsätzlich die Vorsteuer ziehen, wenn ihm eine
ordnungsgemäße Anzahlungsrechnung vorliegt. Nach Erbringung der Leistung wird die
Anzahlung im Rahmen der Schlussrechnung berücksichtigt. Der Europäische Gerichtshof hat
nun zu der Frage Stellung bezogen, was passiert, wenn die angezahlte Leistung niemals
erbracht wird.
Hintergrund
Ein bulgarisches Unternehmen leistete eine Anzahlung für eine Lieferung, die tatsächlich aber nie
erbracht wurde. Die zuständige Finanzverwaltung versagte den Vorsteuerabzug. Zur Begründung
verwies sie auf die Nicht-Erbringung der Leistung, aber auch darauf, dass der Umsatz der
Steuerhinterziehung gedient habe. Letztendlich landete der Fall beim Europäischen Gerichtshof.
Dieser sollte über den Vorsteuerabzug entscheiden, wobei er berücksichtigen musste, dass die
Anzahlung nicht zurückgezahlt wurde und der vermeintliche Lieferant unverändert zur Abführung der
Umsatzsteuer verpflichtet war.
Entscheidung
Der Europäische Gerichtshof verweist zunächst darauf, dass dem Unternehmen der Vorsteuerabzug
zum Zeitpunkt der Zahlung nur dann verweigert werden könnte, wenn objektiv bewiesen wäre, dass
das Unternehmen hätte wissen müssen, dass der Umsatz Bestandteil eines Steuerbetrugs ist.
Allerdings verweist der Europäische Gerichtshof auch darauf, dass unabhängig von der Klärung der
vorigen Frage durch das nationale Gericht, der Vorsteuerabzug spätestens nach Ausbleiben der
Leistung zu korrigieren ist. Dabei sei es unerheblich, ob die Anzahlung zurückgezahlt wird oder ob der
Lieferant unverändert zur Abführung der Umsatzsteuer verpflichtet ist.
3.
Umsatzsteuersatz für eBooks und Online-Bibliotheken
Nur die Lieferung gedruckter Bücher unterliegt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Die Darauf
weist die Oberfinanzdirektion Frankfurt hin.
11/18
Die Überlassung von eBooks stellt in der Regel überhaupt keine Lieferung dar, wenn diese, wie üblich,
aus dem Internet heruntergeladen werden. In diesem Fall handelt es sich um eine auf elektronischem
Weg erbrachte sonstige Leistung, die per se nicht begünstigt ist. Soweit die Überlassung allerdings
zwischen Unternehmen erfolgt, z. B. zwischen Verlag und Buchhändler, kann der Umsatz
gegebenenfalls auch eine begünstigte Übertragung eines Urheberrechtes darstellen. Nur wenn eBooks
ausnahmsweise auf Datenträgern (z. B. CD-ROM) bereitgestellt werden, kann dies als Lieferung
angesehen werden. Ob hier, entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung, der ermäßigte
Steuersatz anzuwenden ist, wird demnächst der Europäische Gerichtshof entscheiden.
Die Nutzung von eLibrarys (elektronische Bibliotheken) unterliegt dem Regelsteuersatz. Wenn
Urheberrechte übertragen werden, vertritt die Oberfinanzdirektion die Ansicht, dass es sich um
unbeachtliche Nebenleistungen handelt. Allerdings ist hierzu ebenfalls ein Verfahren anhängig,
diesmal beim Bundesfinanzhof.
4.
30 %ige Pauschsteuer für Geschenke ist keine Betriebsausgabe
Die 30 %ige Pauschsteuer, die für Geschenke an Nicht-Arbeitnehmer mit einem Wert über 35
EUR entrichtet wird, ist nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig. Das hat das Niedersächsische
Finanzgericht entschieden. Die Steuer ist vielmehr Teil des Geschenks und unterfällt ebenfalls
dem Abzugsverbot.
Hintergrund
Ein Konzertveranstalter verschenkte über mehrere Jahre Freikarten an nicht benannte Empfänger. Im
Rahmen einer Außenprüfung behandelte das Finanzamt einen Teil dieser Aufwendungen als nicht
abzugsfähige Betriebsausgabe (Geschenke an Nicht-Arbeitnehmer über 35 EUR). Der Veranstalter
entrichtete auf diese nachträglich erfassten Zuwendungen die 30 %ige Pauschsteuer gemäß
Einkommensteuergesetz. Strittig war nun, ob der Unternehmer diese Steuer als Betriebsausgaben
abziehen darf.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt die entrichtete Pauschsteuer zu Recht nicht als
Betriebsausgaben anerkannt hatte, da die Steuer – ebenso wie das Geschenk – unter das
Betriebsausgabenabzugsverbot fällt. Die Pauschsteuer ist ein Teil des (nicht abziehbaren) Geschenks,
da dem Beschenkten durch die Übernahme der Steuer ein weiterer Vorteil zugewandt wird.
5.
Nicht immer darf das Finanzamt Steuerbescheide nachträglich ändern
Das Finanzamt darf einen bestandskräftigen Steuerbescheid nicht zu Ungunsten des Klägers
unter Berücksichtigung höherer Betriebseinnahmen ändern, wenn bereits der Steuererklärung
Unterlagen beigefügt waren, aus denen die Höhe der Betriebseinnahmen ersichtlich war.
Hintergrund
Der Kläger ist Landwirt und nebenberuflich Aufsichtsratsmitglied einer Volksbank. In seiner
Einkommensteuererklärung gab er die Höhe seines Gewinns aus der Aufsichtsratstätigkeit mit 3.035
EUR an und fügte eine Bescheinigung der Volksbank über die Höhe der Einnahmen von 6.071 EUR
bei. Er fertigte aber weder eine Gewinnermittlung noch eine Anlage EÜR. Das Finanzamt setzte im
Steuerbescheid den erklärten Gewinn an. Nach Eintritt der Bestandskraft wurde dem Finanzamt mittels
einer Kontrollmitteilung die exakte Höhe der Aufsichtsratsvergütung des Klägers mitgeteilt, das
daraufhin einen geänderten Bescheid erließ und nunmehr einen Gewinn von 5.065 EUR
berücksichtigte. Der Kläger erhob nach erfolglosem Einspruch Klage beim Finanzgericht und begehrte
die Aufhebung des Änderungsbescheids.
Entscheidung
Das Finanzgericht Baden-Württemberg gab der Klage mit der Begründung statt, dass dem Finanzamt
die Höhe der Betriebseinnahmen nicht nachträglich bekannt geworden ist. Aufgrund der zusammen mit
der Steuererklärung vorgelegten Bankbescheinigung kannte das Finanzamt die Höhe der Einnahmen
aus der Aufsichtsratstätigkeit. Wenn demgegenüber ein deutlich niedrigerer Gewinn erklärt wird, ohne
dass eine Gewinnermittlung vorgelegt wird, hätte das Finanzamt Anlass zu weiteren Ermittlungen
gehabt. Wenn es zum Zeitpunkt des ersten Steuerbescheids diese Ermittlungen nicht anstellt, so ist es
nicht berechtigt, diesen Bescheid nach Eintritt der Bestandskraft zu Ungunsten des Klägers zu ändern.
Das Gericht hielt es für unbeachtlich, dass die Höhe der Betriebseinnahmen dem Finanzamt nicht auf
12/18
einem amtlichen Vordruck, sondern lediglich formlos durch Vorlage einer Bescheinigung der
Volksbank mitgeteilt worden ist.
6.
Fahrtkosten bei Azubis: Keine Reisekosten für Fahrten zum Ausbildungsbetrieb
Fahrtkosten zum Ausbildungsbetrieb können nur steuerfrei erstattet werden, wenn es sich
dabei um eine Auswärtstätigkeit handelt.
Auch bei Auszubildenden stellt sich die Frage, ob der Ausbildungsbetrieb ein fester Arbeitsplatz und
damit eine sog. erste Tätigkeitsstätte ist (früher: regelmäßige Arbeitsstätte). Wenn ja kann für die
Fahrten zum Betrieb nur die Entfernungspauschale angesetzt werden, Arbeitgebererstattungen sind
steuerpflichtig. Handelt es sich hingegen um eine Auswärtstätigkeit kann die Kilometerpauschale von
0,30 EUR für die Hin- und nochmals für die Rückfahrt als Werbungskosten angesetzt bzw. vom
Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden.
Ausbildungsbetrieb als regelmäßige Tätigkeitsstätte
In einem aktuellen Urteilsfall hat sich der Bundesfinanzhof (unter Berücksichtigung der Rechtslage bis
2013) mit dieser Thematik beschäftigt.
Nach seinem Urteil stellte der Ausbildungsbetrieb eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers dar,
der der Azubi durch seinen Ausbildungsvertrag zugeordnet ist und in der er über einen längeren
Zeitraum - jedenfalls für die gesamte Dauer seines Ausbildungsverhältnisses – fortdauernd und immer
wieder seine durch den Ausbildungscharakter geprägte berufliche Leistung gegenüber seinem
Arbeitgeber zu erbringen hatte. Die Ausbildung im Ausbildungsbetrieb bildete auch den Kern des
gesamten Ausbildungsverhältnisses, sodass sich der Ausbildungsbetrieb als ortsgebundener
Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit darstellte.
Steuerliches Reisekostenrecht 2014
Eine solche dauerhafte Zuordnung zum Ausbildungsbetrieb, wie sie im Urteilsfall und wohl auch in den
meisten anderen Ausbildungsverhältnissen vorgenommen wird, führt im ab 2014 geltenden Recht
ebenfalls zu einer ersten Tätigkeitsstätte im Betrieb. Fahrtkostenerstattungen sind damit
steuerpflichtig.
Praxistipp
Will der Arbeitgeber den Auszubildenden trotzdem eine Vergünstigung zukommen lassen, kommt eine
Lohnsteuerpauschalierung mit 15 % bis zur Höhe der Entfernungspauschale und eine eventuelle
Übernahme der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber in Betracht.
Das geht zwar auch für Zuschüsse zu öffentlichen Verkehrsmitteln, hier könnte aber die steuerfreie
Gewährung eines Jobtickets im Rahmen der 44 EUR-Freigrenze für Sachbezüge die günstigere
Alternative sein.
7.
Kirchlicher Arbeitgeber darf konfessionslose Bewerberin ablehnen
Ein kirchlicher Arbeitgeber darf die Besetzung einer Referentenstelle von der Mitgliedschaft in
der christlichen Kirche abhängig machen. Er ist nicht verpflichtet, an eine unberücksichtigte
konfessionslose Bewerberin eine Entschädigung zu zahlen, hat das Landesarbeitsgericht
Berlin-Brandenburg entschieden.
Hintergrund
Der Beklagte – ein Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) – schrieb eine Stelle für
einen Referenten/eine Referentin aus, um einen unabhängigen Bericht zur Umsetzung der
Antirassismus-Konvention der Vereinten Nationen durch Deutschland erstellen zu lassen.
In der Stellenausschreibung wurden entsprechend den kirchlichen Bestimmungen die Mitgliedschaft in
einer evangelischen oder der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen angehörenden Kirche sowie die
Identifikation mit dem diakonischen Auftrag vorausgesetzt.
Die Klägerin, die nicht Mitglied einer Kirche ist, bewarb sich erfolglos um die Stelle; sie wurde zu einem
Vorstellungsgespräch nicht eingeladen. Mit ihrer Klage hat sie den Beklagten auf Zahlung einer
Entschädigung wegen einer Benachteiligung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
in Anspruch genommen.
13/18
Beschränkung auf konfessionsgebundene Mitarbeiter erlaubt
Die Klägerin wurde nicht zu Unrecht wegen ihrer Religion benachteiligt, ihr steht daher keine
Entschädigung zu, urteilte das Landesarbeitsgericht. Eine Ungleichbehandlung der Klägerin ist im
Hinblick auf das verfassungsrechtliche Selbstbestimmungsrecht der Kirchen gerechtfertigt.
Dem stehen europarechtliche Bestimmungen nicht entgegen; vielmehr wird der Status, den Kirchen in
den Mitgliedsstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, durch die Union geachtet. Es ist nicht
zu beanstanden, dass der Beklagte für die ausgeschriebene Referententätigkeit eine Identifikation mit
ihm fordert, die nach außen durch die Kirchenmitgliedschaft dokumentiert wird; deshalb darf er
konfessionslose Bewerber unberücksichtigt lassen. Ob die Klägerin die weiteren Anforderungen der
Stellenausschreibung erfüllte, kann dahinstehen.
8.
Übersendung eines Steuerbescheids per Telefax
Die gesetzlich gebotene Schriftform für behördliche und gerichtliche Entscheidungen wird auch
durch Übersendung per Telefax gewahrt.
Hintergrund
Der Streit ging um die Frage, ob die Übersendung eines Einkommensteuerbescheids per Telefax die
Festsetzungsverjährung unterbricht.
Die 4-jährige Festsetzungsfrist für die Veranlagung der Steuerpflichtigen X zur Einkommensteuer 2003
lief regulär mit Ablauf des Kalenderjahrs 2008 ab, da sie ihre Einkommensteuererklärung 2003 in 2004
eingereicht hatte. Das Finanzamt übersandte den aufgrund der Erklärung ergangenen
Einkommensteuerbescheid vom 30.12.2008 ausweislich des Telefaxjournals am 30.12.2008 per
Telefax an das Büro der Steuerberaterin der X. Dagegen legte X Einspruch ein mit der Begründung,
wegen nicht rechtzeitiger Bekanntgabe des Bescheids sei zum 31.12.2008 Festsetzungsverjährung
eingetreten. Denn nach der 3-Tages-Fiktion gelte ein elektronisch übermittelter Bescheid erst 3 Tage
nach der Absendung als bekannt gegeben.
Das Finanzamt entgegnete, die Festsetzungsfrist sei gewahrt, da der Bescheid noch vor Fristablauf
den Bereich des Finanzamts verlassen habe und der X tatsächlich zugegangen sei. Die dagegen
erhobene Klage wies das Finanzgericht als unbegründet ab.
Entscheidung
Ebenso wie das Finanzgericht hält auch der Bundesfinanzhof den Verjährungseinwand für
unbegründet und wies die Revision zurück.
Der Bescheid ist formwirksam und ordnungsgemäß bekannt gegeben worden. Der Bundesfinanzhof
verweist dazu auf die ständige Rechtsprechung, nach der die Schriftform auch durch Übersendung per
Telefax gewahrt ist. Denn ein Telefax gewährleistet gleichermaßen den mit dem Gebot der
Schriftlichkeit verfolgten Zweck, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben
werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden können.
Wichtig ist der Hinweis des Bundesfinanzhofs, dass die Übersendung per Telefax nicht als
Übersendung eines elektronischen Verwaltungsakts anzusehen ist, für den eine qualifizierte
elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz erforderlich wäre. Denn der Bundesfinanzhof vertritt
die Auffassung, dass die Neuregelungen über den elektronischen Rechtsverkehr die Wirksamkeit der
Bekanntgabe behördlicher oder gerichtlicher Entscheidungen per Telefax nicht berühren. Die
Bekanntgabe des Bescheids am 30.12.2008 per Telefax war somit ohne qualifizierte Signatur wirksam.
Mit dem gefaxten Einkommensteuerbescheid hat das Finanzamt daher den Ablauf der
Festsetzungsfrist gehemmt. Denn die Frist ist immer gewahrt, wenn der Bescheid vor Fristablauf den
Bereich des Finanzamts – mit seinem Wissen und Wollen – verlassen hat und dem Adressaten
tatsächlich (wenn auch erst nach Ablauf der Frist) zugegangen ist. Auf die mit der Revision
aufgeworfene Frage, ob die 3-Tage-Fiktion im Telefax-Verfahren anwendbar ist, kam es im Streitfall
nicht an, da für die Fristhemmung der Zeitpunkt, zu dem der Bescheid das Finanzamt verlassen hat,
entscheidend ist, nicht der Zeitpunkt des Zugangs.
14/18
9.
Ruhezeiten: Nach sechs Stunden muss Pause sein
Viele Arbeitnehmer verzichten auf regelmäßige Pausen am Arbeitsplatz. Dennoch sind sie aus
Gründen des Arbeitsschutzes Pflicht. Insbesondere Jugendliche müssen in besonderem Maße
geschützt werden. Wie der Arbeitnehmer seine Pause verbringt, ist allerdings seine Sache.
Insgesamt jeder fünfte Arbeitnehmer nutzt seine Pausenzeiten im Job nicht voll aus. Das belegt eine
Studie zu den Pausenzeiten im Auftrag von Verdi, die vor kurzem veröffentlicht wurde. Jeder zehnte
unterbricht die Arbeit sogar an vielen Tagen gar nicht.
Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmern aber während einer zusammenhängenden Arbeitszeit
Ruhepausen gewähren. Der Begriff der Ruhepause ist gesetzlich nicht definiert. Er wird allgemein
verstanden als im Interesse des Arbeitnehmers stehende Arbeitsunterbrechung, während der er nicht
zur Arbeitsleistung herangezogen werden darf und die er nach eigener Vorstellung verbringen kann.
Das Direktionsrecht liege beim Arbeitgeber. Er bestimmt, wann Mitarbeiter ihre Auszeit nehmen.
Allerdings muss er sich an die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes halten.
Die Ruhepausen betragen grundsätzlich bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden 30 Minuten und
bei einer Arbeitszeit von mehr als 9 Stunden 45 Minuten. Länger als 6 Stunden hintereinander dürfen
Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.
Wann Jugendliche Pause machen sollen
Im Voraus feststehende Ruhepausen von angemessener Dauer müssen allen Jugendlichen gewährt
werden. Als Ruhepause gilt nur eine Arbeitsunterbrechung von mindestens 15 Minuten. Die
Ruhepausen müssen bei einer Arbeitszeit von mehr als 4,5 bis zu 6 Stunden mindestens 30 Minuten
betragen, bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden mindestens 60 Minuten. Sie dürfen frühestens
1 Stunde nach Beginn und müssen spätestens 1 Stunde vor Ende der Arbeitszeit gewährt werden.
Länger als 4,5 Stunden dürfen Jugendliche nicht ohne Pause beschäftigt werden.
Die Pause muss in angemessener zeitlicher Lage gewährt werden, frühestens eine Stunde nach
Beginn der Arbeit und spätestens 1 Stunde vor deren Ende. Länger als 4,5 Stunden hintereinander
darf ein Jugendlicher nicht ohne Pause beschäftigt werden. An Berufsschultagen, an denen der
Jugendliche noch in betriebliche Ausbildungsmaßnahmen einbezogen werden darf, sind die 4,5
Stunden einschließlich der Pausen anzurechnen. Diese Mindestanforderungen an den Umfang der
Pausen müssen unter Umständen angemessen verlängert werden, wenn dies aufgrund der Belastung
durch die Tätigkeit oder mit Rücksicht auf die Gesundheit des Jugendlichen erforderlich ist.
Was Arbeitnehmer in der Pause machen, ist ihre Sache
Der Chef kann die Gestaltung der Mittagspause nicht vorschreiben.
Ob Arbeitnehmer in der Pause Sport treiben oder essen gehen, ist allein ihre Sache. Auch darf der
Arbeitgeber ihnen nicht untersagen, den Arbeitsplatz oder das Betriebsgelände zu verlassen. Macht er
es dennoch, können Beschäftigte sich an den Betriebsrat wenden. Es ist allein die Entscheidung der
Arbeitnehmer, wie sie ihre freie Zeit verbringen wollen.
Einen gesetzlichen Anspruch auf eine Raucherpause gibt es jedoch nicht. Wer ab und an vor die Tür
treten möchte, um zu rauchen, muss das mit dem Arbeitgeber im Einzelfall aushandeln.
10.
Sind Probearbeit und Schnuppertage sozialversicherungspflichtig?
Stellenbewerber arbeiten immer häufiger ein paar Tage im künftigen Betrieb, um diesen
zunächst kennenzulernen. Ist das Probearbeit oder sind das Schnuppertage, wie ein sog.
Einfühlungsverhältnis oft genannt wird? Tritt Versicherungspflicht ein und fallen hierfür
Beiträge an?
Die Probearbeitsverhältnisse sind von Anfang an auf echte Arbeitsverhältnisse ausgerichtet. Der
Bewerber übernimmt auf Anweisung des Firmenchefs betriebliche Arbeiten. Der Arbeit Leistende ist in
den Betrieb eingegliedert und untersteht dem Weisungsrecht des Betriebes. Die Arbeit wird bezahlt.
Die Beschäftigung unterscheidet sich inhaltlich also nicht von den Beschäftigungen der übrigen
Arbeitnehmer. Deshalb tritt für diese Zeit der Probebeschäftigung Sozialversicherungspflicht nach den
allgemein gültigen Regelungen ein.
15/18
Keine Versicherungspflicht von Schnuppertagen
Schnuppertage in einem Betrieb sind wie folgt gekennzeichnet: Der Arbeitgeber weist dem
Schnupperkandidaten keine betrieblichen Arbeiten zu, die dieser alleine und selbstständig erledigt. Die
Arbeitsleistung erfolgt rein freiwillig. Bestimmte Arbeitszeiten müssen nicht eingehalten werden.
Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf Bezahlung. Ein Arbeitsverhältnis liegt unter diesen
Umständen nicht vor. Aufgrund der Schnuppertage tritt auch keine Sozialversicherungspflicht ein.
Zahlen die Arbeitgeber ausnahmsweise doch eine Entschädigung für den Zeitaufwand, ist folgendes
wichtig: In einer Vereinbarung ist eindeutig zu formulieren, dass es sich nicht um eine Vergütung für
die geleistete Arbeit handelt.
Unfallversicherung bei Einfühlungsverhältnis
Bei Probearbeitsverhältnissen wie oben dargestellt ist eine Absicherung über die zuständige
Berufsgenossenschaft kein Problem. Der Unfallversicherungsschutz bei Einfühlungsverhältnissen
besteht allerdings nur, wenn der Bewerber Leistungsempfänger der Bundesagentur für Arbeit ist und
die Schnupperphase auf Veranlassung der Arbeitsverwaltung durchgeführt wird.
Sofortmeldung bei Probearbeit und Schnupperarbeit
Eine Sofortmeldung ist ungeachtet der Bezeichnung und unbeachtlich der Zahlung eines
Arbeitsentgelts abzugeben, wenn im Rahmen des Probearbeits- oder Schnupperarbeitsverhältnisses
eine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht werden soll. Bei den sog. "Einfühlungsverhältnissen" wird
dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gegeben, die betrieblichen Gegebenheiten kennenzulernen. Soweit
dabei keine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht wird, ist keine Sofortmeldung abzugeben.
Haftpflichtversicherung bei Schnupperarbeit
Soweit der Schnupperkandidat Verursacher eines Schadens im Betrieb ist, ist dessen private
Haftpflichtversicherung zuständig. Bei Zweifeln sollte sich der Arbeitgeber im Vorfeld schriftlich
bestätigen lassen, dass der Bewerber über eine solche Haftpflichtversicherung verfügt.
Lohnsteuerliche Behandlung
Erhält der Bewerber für seine Tätigkeit im Betrieb eine Vergütung, stellt diese Arbeitslohn dar, für die
der Arbeitgeber grundsätzlich Lohnsteuer, Kirchensteuer sowie den Solidaritätszuschlag einbehalten
und abführen muss.
Ist der Bewerber unbeschränkt steuerpflichtig, erfolgt der Lohnsteuerabzug nach seinen persönlichen
Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM).
Für beschränkt steuerpflichtige Personen werden in 2014 noch keine ELStAM bereitgestellt. In diesem
Fall muss der Bewerber eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug bei dem für den
Arbeitgeber zuständigen Betriebsstättenfinanzamt beantragen und dem Arbeitgeber vorlegen.
11.
Befreiung von der RV-Pflicht bei Minijobs und die Folgen
Minijobber können sich von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Eine Befreiung hat
neben der Beitragsersparnis aber auch Folgen, die zunächst vielleicht nicht bedacht werden.
Deshalb ist es wichtig zu wissen, in welcher Weise und wie lange die Befreiung wirkt.
Der Minijobber verzichtet mit der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht (RV-Pflicht) auch auf
den Erwerb vollwertiger Leistungsansprüche in der Rentenversicherung. Unter Umständen kommt
diese Erkenntnis aber zu spät, wenn der Minijobber Leistungen beim Rentenversicherungsträger
beantragt. Diese werden durch den Rentenversicherungsträger – mangels Pflichtbeitragszahlung –
abgelehnt. Dann ist es jedoch zu spät. Einen Weg zurück gibt es nicht, solange die Befreiung wirkt.
Dauer der Befreiungswirkung für Minijobs
Die vom Arbeitnehmer beantragte Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gilt für die gesamte
Dauer des Minijobs. Sie kann nicht widerrufen werden. Bei Arbeitnehmern mit mehreren Minijobs und
einem regelmäßigen Gesamt-Arbeitsentgelt bis 450 EUR im Monat kann die Befreiung von der RVPflicht nur einheitlich erklärt werden. Somit wirkt der einem Arbeitgeber gegenüber ausgehändigte
Befreiungsantrag zugleich für alle zeitgleich ausgeübten Minijobs, also auch für später hintretende
Minijobs. In solchen Fällen verliert der Befreiungsantrag erst dann seine Wirkung, wenn der letzte
Minijob, für den die Befreiung gilt, beendet wird.
16/18
Beispiele 1:
Minijob A: 1.2.2013 bis 31.3.2014
Minijob B: 1.3.2014
Fristgerechte Befreiung beantragt ab 1.2.2013
Befreiungswirkung für Minijob: A: 1.2.2013 bis 31.3.2014
B: 1.3.2014 bis a. w.
Beispiele 2:
Minijob A: 1.2.2013 bis 31.3.2014
Minijob B: 1.4.2014
Fristgerechte Befreiung beantragt ab 1.2.2013
Befreiungswirkung für Minijob: A: 1.2.2013 bis 31.3.2014
Beispiel 3:
Minijob A: 1.2.2013 bis a. w.
Minijob B: 1.8.2013 bis 31.12.2013
Fristgerechte Befreiung beantragt ab 1.8.2013
Befreiungswirkung für Minijob: A: 1.8.2013 bis a. w.
B: 1.8.2013 bis 31.12.2013
Minijobs: Befreiung von der RV wirkt bei Beschäftigungsunterbrechung fort
Nachdem ein Minijob beendet wurde, tritt bei Neuaufnahme eines Minijobs grds. zunächst wieder RVPflicht ein. Von der RV-Pflicht kann sich der Arbeitnehmer auf Antrag befreien lassen. Dies gilt jedoch
nicht, wenn der neue Minijob innerhalb von 2 Monaten bei demselben Arbeitgeber aufgenommen wird.
In diesen Fällen wird (widerlegbar) vermutet, dass es sich immer noch um dieselbe Beschäftigung
handelt, in der die Befreiung von der RV-Pflicht erfolgt ist. Für diesen Sachverhalt verliert die Befreiung
nicht ihre Wirkung und muss auch nicht erneut erklärt werden.
Unbezahlter Urlaub und Arbeitsunfähigkeit von Minijobbern
Darüber hinaus gelten Minijobs nicht als beendet, wenn sie nur deshalb abgemeldet werden, weil sie
länger als einen Monat ohne Entgeltzahlung (z. B. bei mehr als 6-wöchiger Arbeitsunfähigkeit oder
unbezahltem Urlaub) unterbrochen werden (Meldegrund "34"). In diesen Fällen endet die Wirkung der
Befreiung von der RV-Pflicht nicht, weil das Arbeitsverhältnis weiter besteht und die
sozialversicherungsrechtliche Beschäftigung nach der Unterbrechung mit dem Tag der
Arbeitsaufnahme wieder vom Arbeitgeber angemeldet wird (Meldegrund "13").
Neuer Befreiungsantrag von Minijobbern bei Betriebsübergang
Ein Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB begründet aus Sicht der Sozialversicherung eine
neue Beschäftigung zum neuen Inhaber des Betriebes. Die alte Beschäftigung wird grds. mit dem Tag
vor dem Betriebsübergang zur Sozialversicherung abgemeldet und die neue Beschäftigung ab dem
Tag des Betriebsübergangs unter einer neuen Betriebsnummer angemeldet. Wenn die Befreiung von
der Rentenversicherungspflicht in einem Minijob gewünscht wird, der bereits vor dem
Betriebsübergang zum alten Inhaber bestand, ist diese vom Arbeitnehmer (ggf. erneut) zu beantragen.
Dabei ist es unerheblich, dass beim Betriebsübergang formal kein neuer Arbeitsvertrag geschlossen
wird.
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1.
Dienstwagen: Pkw-Überlassung führt immer zu geldwertem Vorteil – auch bei geringem
Gebrauch
Wird ein Dienstwagen für die Privatnutzung unentgeltlich oder verbilligt überlassen, führt dies
zu einem lohnsteuerlichen Vorteil. Das gilt unabhängig davon, in welchem Umfang der
Arbeitnehmer den Pkw tatsächlich privat nutzt. Der Bundesfinanzhof hat dies erneut bestätigt.
17/18
Der Fall
Im aktuellen Urteilsfall war der Ansatz eines geldwerten Vorteils wegen der privaten Nutzung eines
Firmenwagens für einen Gesellschafter-Geschäftsführer streitig. Die GmbH überließ dem Kläger im
Streitzeitraum für betriebliche Zwecke jeweils ein Fahrzeug.
Bei einer Lohnsteuer-Außenprüfung kam das Finanzamt zu der Auffassung, das Fahrzeug habe auch
für die Privatnutzung uneingeschränkt und kostenlos zur Verfügung gestanden. Der monatliche
Sachbezug sei mit monatlich 1 % des Bruttolistenpreises anzunehmen. Zusätzlich sei der geldwerte
Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit monatlich 0,03 % des Bruttolistenpreises
je Entfernungskilometer zu erfassen.
Privatnutzung konnte nicht widerlegt werden
Sowohl beim Finanzgericht wie jetzt auch beim Bundesfinanzhof ist die dagegen gerichtete Klage
gescheitert. Der Geschäftsführer hatte zeitweise zwar ein Fahrtenbuch geführt und dies im
Klageverfahren auch vorgelegt, es war jedoch nicht ordnungsgemäß und unvollständig.
Freiwilliger Verzicht auf Privatnutzung nicht ausreichend
Nicht anerkannt haben die Gerichte auch das Vorbringen des Klägers, er habe zunächst mit seinem
Mitgeschäftsführer vereinbart, dass eine Eintragung in das Fahrtenbuch erfolgen solle, wenn das von
der GmbH überlassene Fahrzeug privat genutzt werde. Dann habe er sich aber entschieden, keine
Privatfahrten zu machen, weil ihm dies steuerlich zu ungünstig erschienen sei.
Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs wird hierdurch kein Verbot zur Privatnutzung zum Ausdruck
gebracht, sondern vielmehr die freiwillige Entscheidung, von der eingeräumten Möglichkeit der
Privatnutzung keinen Gebrauch zu machen. Diese Absprache stellt kein generelles privates
Nutzungsverbot dar, sondern die Erlaubnis für eine zumindest gelegentliche Privatnutzung.
Hinweis
Der Bundesfinanzhof bestätigt damit seine Rechtsprechung aus 2013:
•
Wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung erlaubt, ist ein geldwerter Vorteil zu versteuern. Er kann
entweder per Fahrtenbuch oder – falls dies nicht vorliegt oder nicht ordnungsgemäß ist – nach
der 1 %-Regelung versteuert werden. Ein Gegenbeweis oder ein Nachweis einer geringeren
Nutzung mit anderen Belegen ist hier nicht möglich.
•
Davon abzugrenzen sind jedoch die Fälle, in denen die Privatnutzung untersagt ist. Ein ernst
gemeintes Privatnutzungsverbot für den Firmenwagen wird regelmäßig anerkannt.
•
Diese Rechtsauffassung hat inzwischen auch die Finanzverwaltung übernommen.
Praxistipp für Wenignutzer
Für Wenigfahrer können steuerliche Nachteile nur durch die Führung eines Fahrtenbuchs vermieden
werden. Das kann aber nicht nachträglich erstellt werden, sondern muss fortlaufend geführt werden
und sollte insgesamt folgende Angaben enthalten:
•
Datum und Kilometerstand zu Beginn und Ende jeder einzelnen Auswärtstätigkeit;
•
Reiseziel und Reiseroute;
•
Reisezweck und aufgesuchte Geschäftspartner;
•
Nachweis der privaten Fahrten.
Sie haben noch Fragen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wir beraten Sie gerne.
Mit freundlichen Grüßen
18/18
BS WESTDEUTSCHLAND GmbH
Wirtschaftsprüfung ▪ Steuerberatung
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
- Villa Bredeney Frankenstraße 348
45133 Essen
Telefon: 02 01/8 78 56-0
Telefax: 02 01/8 78 56-33 oder -49
InfoService unter: www.bswest.de
E-Mail: [email protected]
Steuer-Nr.: 5112/5784/0165
Erfolgreiche Teilnahme am
System der Qualitätskontrolle
der WP-Kammer
Ihre Mandanteninformationen des Monats September 2014
Prüfungsgesellschaft für
Qualitätskontrolle
Sehr geehrte Damen und Herren,
dieser Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und
Wirtschaftsrecht des vergangenen Monats informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende
Sachverhalte zu überprüfen. Bitte lesen Sie im Einzelnen:
Bitte lesen Sie im Einzelnen:
Inhalt
Privatbereich
1.
Gehwegreinigung als haushaltsnahe Dienstleistung begünstigt
2.
Kosten für heileurythmische Behandlungen als außergewöhnliche Belastung
3.
Werbungskostenabzug für "umgekehrte Familienheimfahrten"
4.
Unterstützung von Angehörigen im Ausland
5.
Erbschaftsteuer ist keine Nachlassverbindlichkeit
6.
Reisekosten bei Auszubildenden: Regelmäßige Arbeitsstätte bei dualen Ausbildungsgängen
7.
Arbeitszimmer: Kann die Anmietung durch den Arbeitgeber eine Alternative sein?
8.
Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer bei nicht nutzbarem "Amtszimmer"
9.
Entfernungspauschale: Nutzung verschiedener öffentlicher Verkehrsmittel
10.
Herstellung eines Hausanschlusses ist steuerbegünstigte Handwerkerleistung
11.
Mietrecht: Hecke wird mit Einpflanzen Grundstücksbestandteil
12.
Anzüge eines Rechtsanwalts sind keine typische Berufskleidung
13.
Einkommensteuerliche Behandlung von Preisgeldern im Fokus
14.
Rettungsschwimmer der DLRG: Übungsleiterpauschale anwendbar
15.
Ausflüge kleiner Betriebseinheiten sind nicht unfallversichert
16.
Kindergeld trotz Wegfalls der Meldung als Arbeitsuchender
Unternehmer und Freiberufler
1.
Kfz-Nutzung und Umsatzsteuer
2.
Elektro- und Hybridelektrofahrzeuge: Abschläge auf privaten Nutzungswert
1/24
3.
Anwendung des Umsatzschlüssels bei gemischt genutzten Gebäuden
4.
Praxiserwerb: Kassenzulassung als nicht abschreibbares Einzelwirtschaftsgut
5.
Abschreibung für Pächtereinbauten
6.
Kein unterjähriger Wechsel zur Fahrtenbuchmethode
7.
Kein Werbungskostenabzug für Arbeitsecke in 1-Zimmer-Apartment
8.
Umsatzsteuerliche Behandlung der Überlassung von Fahrrädern an Arbeitnehmer
9.
Wie elektronische Kontoauszüge aufzubewahren sind
10.
Muss eine Anrufungsauskunft richtig sein?
11.
Minijobs und Minderjährige: Das ist bei der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht zu
beachten
12.
Wer Überstunden duldet, muss auch bezahlen
13.
Reisekosten 2014: Wann Fahrten zu Baustellen Reisekosten sind
14.
Aufbewahrung: Wie lange dürfen Bewerberdaten gespeichert werden?
15.
Steuerbescheid per Fax: 3-Tages-Fiktion gilt nicht
16.
Private Firmenwagennutzung bei einem Steuerberater
17.
Auswirkungen des Mindestlohns auf Minijobs
18.
Mehrwertsteuer auf elektronische Dienstleistungen neu geregelt
19.
Reisekosten bei Erkrankung auf einer Dienstreise
20.
Prüfungsumfang einer Lohnsteueraußenprüfung: Ausweitung auf umsatzsteuerliche Fragen
unzulässig
Privatbereich
1.
Gehwegreinigung als haushaltsnahe Dienstleistung begünstigt
Auch die Inanspruchnahme von Dienstleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze erbracht
werden, kann als haushaltsnahe Dienstleistung begünstigt sein.
Hintergrund
Zu entscheiden war, ob Kosten der Schneeräumung auf öffentlichen Gehwegen entlang der
Grundstücksgrenze als haushaltsnahe Dienstleistung steuerbegünstigt sind. Die Entscheidung betrifft
die Gesetzesfassung für das Streitjahr 2008. Die entscheidende Voraussetzung, dass es sich um "die
Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen" handelt, gilt jedoch nach wie vor ebenso nach der
gegenwärtigen Fassung des Einkommensteuergesetzes.
Eheleute beauftragten eine Firma mit der Schneeräumung der in öffentlichem Eigentum stehenden
Straßenfront entlang des von ihnen bewohnten Grundstücks. Hierfür entstanden ihnen Kosten von 143
EUR, die sie als Aufwendungen für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen geltend
machten. Das Finanzamt versagte den Abzug unter Hinweis auf das Anwendungsschreiben des
Bundesfinanzministeriums zu § 35a EStG. Danach sind Dienstleistungen (z. B. Straßen- und
Gehwegreinigung, Winterdienst), soweit sie auf öffentlichem Gelände durchgeführt werden, nicht
begünstigt.
Das Finanzgericht bejaht demgegenüber einen engen Zusammenhang mit dem Haushalt und gab der
Klage statt.
Entscheidung
Mit dem Finanzgericht vertritt auch der Bundesfinanzhof eine großzügigere Auffassung und wies die
Revision des Finanzamts zurück. Eine "haushaltsnahe Dienstleistung" muss eine hinreichende Nähe
zur Haushaltsführung aufweisen bzw. muss damit im Zusammenhang stehen. Dazu gehören
2/24
hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder
entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen.
Die Dienstleistung muss im räumlichen Bereich des Haushalts geleistet werden. Dieser umfasst
zunächst neben der Wohnung auch das dazu gehörende Grundstück. Der Begriff "im Haushalt" ist
aber nicht nur räumlich, sondern – darüber hinaus – auch funktional auszulegen. Die Grenzen des
Haushalts werden daher nicht ausnahmslos durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Deshalb sind
auch Tätigkeiten, die jenseits der Grundstücksgrenzen auf fremdem, z. B. öffentlichem Grund geleistet
werden und in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und
dem Haushalt dienen, begünstigt. Dazu gehören auch die Reinigung von Straßen und Gehwegen
sowie der Winterdienst. Das gilt insbesondere dann, wenn der Eigentümer oder Mieter dazu
verpflichtet ist. Solche Dienstleistungen sind notwendiger Annex zur Haushaltsführung. Sie sind
deshalb nicht nur anteilig, soweit sie auf Privatgelände anfallen, sondern in vollem Umfang begünstigt.
2.
Kosten für heileurythmische Behandlungen als außergewöhnliche Belastung
Die Zwangsläufigkeit der Kosten einer heileurythmischen Behandlung kann durch die
Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachgewiesen werden; ein amtsärztliches Attest
ist nicht erforderlich.
Hintergrund
Eine an Rückenschmerzen leidende Patientin machte für 2009 u. a. Aufwendungen für 36
heileurythmische Behandlungen (je 45 Minuten zu 45 EUR) als außergewöhnliche Belastungen
geltend. Sie legte dazu ärztliche Verordnungen eines Arztes für Allgemeinmedizin vor, auf denen
jeweils "12 x Heileurythmie" verordnet wird und als Diagnose Bandscheibenvorfall sowie chronisch
wiederkehrendes Syndrom der Lendenwirbelsäule vermerkt ist.
Das Finanzamt versagte den Abzug mit der Begründung, die Zwangsläufigkeit hätte durch ein
vorheriges Gutachten des Amtsarztes oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung
(MDK) nachgewiesen werden müssen. Das Finanzgericht vertritt dagegen einen großzügigeren
Standpunkt und gab der Klage statt.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof ist mit dem Finanzgericht der Auffassung, dass ein vorheriges amtsärztliches
Gutachten oder eine Bescheinigung des MDK nicht vorgelegt werden muss. Die Verordnung eines
Arztes oder Heilpraktikers, die auch nachgereicht werden kann, genügt. Die Revision des Finanzamts
wurde daher zurückgewiesen.
Der Bundesfinanzhof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Krankheitskosten aus
tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Für den Nachweis der Zwangsläufigkeit
krankheitsbedingter Aufwendungen gelten jedoch besondere Anforderungen. Für Arznei-, Heil- und
Hilfsmittel ist die Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers vorzulegen. In den weiteren
abschließend geregelten Katalogfällen der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung ist der
Nachweis der Zwangsläufigkeit durch ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des
medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche
Bescheinigung des MDK zu führen. Dieser qualifizierte Nachweis gilt insbesondere für wissenschaftlich
nicht anerkannte Behandlungsmethoden.
Anknüpfend an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts führt der Bundesfinanzhof aus, dass es
sich bei Homöopathie, Anthroposophie (mit dem Heilmittel "Heileurythmie") und Phytotherapie nicht
um wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden handelt. Der qualifizierte Nachweis durch
ein vorheriges Attest des Amtsarztes oder des MDK ist daher nicht erforderlich. Die Verordnung eines
Arztes oder Heilpraktikers ist ausreichend. Sie ist aber auch erforderlich. Denn die Heileurythmie ist ein
Heilmittel.
3.
Werbungskostenabzug für "umgekehrte Familienheimfahrten"
Fahrtkosten einer Ehefrau für Besuche ihres auf wechselnden Baustellen tätigen Ehemannes
können bei diesem als Werbungskosten abzugsfähig sein.
Hintergrund
Der Kläger ist als Monteur weltweit auf wechselnden Baustellen eingesetzt. Während eines Einsatzes
3/24
in den Niederlanden besuchte ihn seine Ehefrau an insgesamt 3 Wochenenden. Hierfür machte der
Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit einen Werbungskostenabzug geltend. Er
legte eine Bescheinigung seines Arbeitgebers vor, wonach die Anwesenheit des Klägers auf der
Baustelle auch an den Wochenenden aus produktionstechnischen Gründen erforderlich gewesen sei.
Das Finanzamt versagte den Abzug mit der Begründung, es handele sich um Kosten der privaten
Lebensführung.
Entscheidung
Dies sah der 12. Senat des Finanzgerichts Münster anders und gab der Klage statt. Die
Besuchsfahrten seien zwar sowohl privat als auch beruflich veranlasst, jedoch überwiege die
berufliche Veranlassung deutlich. Wäre der Kläger an den Wochenenden zum Familienwohnsitz
gefahren, hätte er die hierdurch entstandenen Kosten als Werbungskosten abziehen können. Da
solche Familienheimfahrten wegen dienstlicher Notwendigkeiten nicht möglich gewesen seien, müsse
dasselbe für die Besuchsfahrten der Ehefrau (sog. "umgekehrte Familienheimfahrten") gelten.
4.
Unterstützung von Angehörigen im Ausland
Das Finanzgericht Köln stellt fest, dass für die Beurteilung der Frage, ob die Angehörigen im
Ausland eine Erwerbsobliegenheit trifft, auch die Lebensumstände im Ausland hinsichtlich
Altersgrenze, Krankheit oder Behinderung heranzuziehen sind.
Hintergrund
Eine Betriebswirtin unterstützte ihre in Russland lebende Mutter durch Bargeldübergaben und
Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung bei deren Besuch in Deutschland mit insgesamt 2.497
EUR. Die Mutter war 60 Jahre alt, bezog in Russland eine Rente von umgerechnet 2.173 EUR jährlich,
und musste selbst wiederum ihre in der Ukraine lebende eigene Mutter persönlich pflegen und stand
ganzjährig hierfür auf Abruf, wenn Engpässe bei deren Betreuung eintraten. Das passierte im Streitjahr
für 3 Monate. Das Finanzamt folgte der Verwaltungsauffassung, die unabhängig von den Verhältnissen
im Wohnsitzstaat eine Erwerbsobliegenheit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres voraussetzt, und
kürzte den beantragten Abzug. Lediglich für den Zeitraum der eigenen Pflegedienste sollten die
Voraussetzungen erfüllt sein, weil eine Erwerbstätigkeit dann nicht verlangt werden könne. Die
Betriebswirtin klagte beim Finanzgericht Köln.
Entscheidung
Die Richter sahen eine Bedürftigkeit als gegeben an und gewährten den Abzug im Wesentlichen. Zwar
könne nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs selbst bei Arbeitslosigkeit und
Unterbeschäftigung am Wohnsitz nicht ohne nähere Ermittlungen geschlossen werden, die
unterstützte Person habe trotz Bemühens keine Arbeitsstätte gefunden. Die Anforderungen dürften
allerdings nicht überspannt werden. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
müssten die Einkünfte auch objektiv erzielbar sein, was von den persönlichen Voraussetzungen wie z.
B. Alter, beruflicher Qualifikation, Erwerbsbiographie, Gesundheitszustand und dem Vorhandensein
entsprechender Arbeitsstellen abhinge. Der Senat hielt es bei lebensnaher Betrachtung für
ausgeschlossen, dass ein Arbeitgeber zu den geschilderten Bedingungen eine 60 Jahre alte Frau
einstellen würde. Eine Kürzung des Abzugs wurde lediglich in Höhe der eigenen Einkünfte nach der
Ländergruppenteilung (= 50 %) vorgenommen.
5.
Erbschaftsteuer ist keine Nachlassverbindlichkeit
Das
Finanzamt
darf
die
Erbschaftsteuer
im
Insolvenzverfahren
Feststellungsbescheid als Nachlassverbindlichkeit geltend machen.
nicht
durch
Hintergrund
Der Erblasser war von seiner Tochter und seiner Lebensgefährtin je zur Hälfte beerbt worden.
Nachdem die Lebensgefährtin ihren Erbteil auf die Tochter des Erblassers übertragen hatte, wurde das
Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Das Finanzamt
erließ gegenüber dem Kläger einen Feststellungsbescheid, mit dem es die gegenüber der Tochter
bereits bestandskräftig festgesetzte Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit geltend machte.
Hiergegen wandte der Kläger ein, dass der Nachlass nach der Erbauseinandersetzung nicht mehr für
Steuerverbindlichkeiten der Erben hafte.
4/24
Entscheidung
Seine Klage hatte Erfolg. Der Senat führt aus, dass ein Feststellungsbescheid nur in Bezug auf
Insolvenzforderungen erlassen werden dürfe. In einem Nachlassinsolvenzverfahren resultierten solche
aus Nachlassverbindlichkeiten. Dies seien allerdings nur vom Erblasser herrührende Schulden oder
Verbindlichkeiten, die den Erben als solchen treffen. Die Erbschaftsteuer stelle demgegenüber eine
Eigenschuld des Erben dar, weil sie der Höhe nach an das persönliche Verwandtschaftsverhältnis des
Erben zum Erblasser anknüpfe und das Gesetz ausdrücklich den Erben als Steuerschuldner
bestimme. Auch unter dem Gesichtspunkt der Haftung scheide eine Qualifizierung der Erbschaftsteuer
als Nachlassverbindlichkeit aus, da eine Haftung des Nachlasses für die Erbschaftsteuer nur bis zur
Erbauseinandersetzung in Betracht komme. Diese sei aber bereits vor Eröffnung des
Nachlassinsolvenzverfahrens erfolgt.
6.
Reisekosten bei Auszubildenden: Regelmäßige Arbeitsstätte bei dualen Ausbildungsgängen
Nicht nur der Ausbildungsbetrieb, sondern auch eine Berufsfachschule, deren Träger der
Arbeitgeber ist und die sich auf demselben Gelände befindet, kann regelmäßige Arbeitsstätte
sein.
Hintergrund
Die Klägerin befand sich in einem dualen Berufsausbildungsverhältnis. Der praktische Teil der
Ausbildung fand in den Räumen eines Klinikums statt, mit dem der Ausbildungsvertrag geschlossen
wurde. Der theoretische Teil der Ausbildung wurde in einer Berufsfachschule vermittelt. Diese befand
sich schräg gegenüber den Klinikgebäuden auf der anderen Seite der Straße in ca. 200 Meter
Entfernung. Darüber hinaus nahm die Auszubildende noch an einer Lerngemeinschaft teil, die im
Wohnheim des Klinikums durchgeführt wurde, das sich in derselben Straße wie das Klinikum befindet.
Berufsfachschule als regelmäßige Arbeitsstätte
Eine vom Mitarbeiter besuchte arbeitgeberfremde Bildungseinrichtung stellt nach der Rechtsprechung
keine regelmäßige Arbeitsstätte dar. Besucht ein Auszubildender im Rahmen eines
Ausbildungsdienstverhältnisses aber eine Berufsfachschule, deren Träger sein Arbeitgeber ist, ist nach
dem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs nicht nur der Ausbildungsbetrieb, sondern auch die
Berufsfachschule eine regelmäßige Arbeitsstätte.
Im Urteilsfall befand sich die Berufsfachschule innerhalb eines größeren, räumlich geschlossenen
Klinikgeländes. Sie war daher auch keine weitere Tätigkeitsstätte, sondern zusammen mit der Klinik
der ortsgebundene Mittelpunkt der Tätigkeit.
Fahrtkosten nur in Höhe der Entfernungspauschale
In der Folge können Fahrtkosten bei der Steuererklärung für die Fahrten zum Ausbildungsbetrieb und
zur Berufsfachschule nur mit der Entfernungspauschale von 0,30 EUR je Entfernungskilometer geltend
gemacht werden und vom Arbeitgeber nicht steuerfrei erstattet werden.
Lerngemeinschaft ist keine Arbeitsstätte
Für die Lerngemeinschaft hat der Bundesfinanzhof jedoch eine Arbeitsstätte verneint, weil es sich nicht
um eine Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsverhältnisses handelt. Die Lerngemeinschaften fanden
außerhalb des Arbeitgeber-Direktionsrechts statt. Für diese Fahrten können die tatsächlichen
Fahrtkosten angesetzt werden.
Was sich aufgrund des neuen Reisekostenrechts ab 2014 ändert
Ab 2014 ist die regelmäßige Arbeitsstätte durch den Begriff der ersten Tätigkeitsstätte abgelöst
worden. Sie bestimmt sich vorrangig nach der Zuordnung durch den Arbeitgeber. Im Urteilsfall war die
Klägerin durch ihren Ausbildungsvertrag dem Ausbildungsbetrieb zugeordnet.
Es lagen aber sowohl der Ausbildungsbetrieb, wie die Berufsfachschule und der Ort der
Lerngemeinschaft auf dem gleichen Gelände. Das Klinikgelände insgesamt dürfte damit auch 2014 die
erste Tätigkeitsstätte darstellen. Die Fahrten dorthin – egal ob zum Ausbildungsbetrieb oder zur
Berufsfachschule – sind somit weiterhin nicht begünstigt.
Auch wenn die Lerngemeinschaft ebenfalls auf diesem Gelände stattfindet, handelt es sich
unverändert um eine zwar beruflich veranlasste, aber außerhalb des Dienstverhältnisses
5/24
durchgeführte Veranstaltung. Insoweit dürfte ein Abzug der tatsächlichen Fahrtkosten in der
Steuererklärung weiterhin möglich sein.
7.
Arbeitszimmer: Kann die Anmietung durch den Arbeitgeber eine Alternative sein?
Die Voraussetzungen für den Abzug eines häuslichen Arbeitszimmers sind hoch. Als
Alternative könnte eine Anmietung des Home-Office durch den Arbeitgeber in Betracht
kommen. Wir sagen Ihnen was zu beachten ist und welche Risiken lauern.
Variante A: Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer dürfen Arbeitnehmer nur dann in
voller Höhe steuerlich geltend machen, wenn das Zimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen
Betätigung bildet. Das kommt aber nur in vergleichsweise seltenen Ausnahmefällen in Betracht,
beispielsweise für Mitarbeiter, die ihre Tätigkeit (fast) ausschließlich zu Hause ausüben.
Variante B: Liegt der Mittelpunkt hingegen im Außendienst oder in der Firma, sind die Aufwendungen
normalerweise nicht abzugsfähig. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn kein anderer Arbeitsplatz in
der Firma zur Verfügung steht. Dann sind die Aufwendungen bis zur Höhe von 1.250 EUR pro Jahr
abziehbar.
Variante B gilt auch bei Poolarbeitsplatz
Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass diese Möglichkeit auch bei einem Poolarbeitsplatz
in Betracht kommen kann, wenn sich viele Mitarbeiter wenige Poolplätze teilen müssen. Andererseits
hat die Rechtsprechung in einem aktuellen Urteil einen heimischen Telearbeitsplatz abgelehnt, wenn
auch an Heimarbeitstagen ein Arbeitsplatz in der Firma zur Verfügung steht.
Gestaltungsspielräume nutzen
In beiden Fällen hat der Arbeitgeber einen gewissen Gestaltungsspielraum. Steht Mitarbeitern nicht an
allen Tagen ein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung, steigen die Chancen für die
Arbeitszimmeranerkennung.
Variante C: Anmietung durch Arbeitgeber
Um das Problem des häuslichen Arbeitszimmers zu umgehen, kann der Arbeitgeber alternativ ein Büro
in der Wohnung oder im Haus des Mitarbeiters anmieten. Bei der steuerlichen Beurteilung gibt es dann
2 Möglichkeiten:
•
Erkennt die Verwaltung das Mietverhältnis an, erzielt der Arbeitnehmer Einkünfte aus Vermietung
und Verpachtung. Die Mietzahlungen muss er zwar versteuern, kann aber im Gegenzug alle
Ausgaben abziehen, die im Zusammenhang mit dem Raum stehen. Oft kommt dabei sogar
insgesamt ein Verlust heraus, den der Mitarbeiter im Rahmen seiner Steuererklärung mit
anderen Einkünften verrechnen kann. Ob die Voraussetzungen für ein Arbeitszimmer erfüllt sind,
spielt keine Rolle mehr.
•
Glaubt die Finanzverwaltung hingegen, dass die Anmietung in erster Linie den Interessen des
Mitarbeiters dient, sind die Einnahmen als Arbeitslohn zu erfassen. Die Kosten für das Zimmer
bleiben steuerlich nicht abzugsfähig.
Worauf es ankommt
Die Anerkennung des Mietverhältnisses setzt voraus, dass das Arbeitszimmer vorrangig im
betrieblichen Interesse des Arbeitgebers genutzt wird. Die Ausgestaltung der Mietvereinbarung sowie
die tatsächliche Nutzung des angemieteten Raums müssen maßgeblich und objektiv nachvollziehbar
von den Bedürfnissen des Arbeitgebers geprägt sein.
Für
das
Vorliegen
eines
überwiegenden
Verwaltungsauffassung z. B. folgende Indizien:
betrieblichen
Interesses
sprechen
nach
•
es fehlen geeignete Arbeitsplätze im Betrieb;
•
der Arbeitgeber hat für andere Mitarbeiter des Betriebs, die über keine geeignete Wohnung
verfügen, Arbeitsräume bei Dritten angemietet;
•
es wurde eine ausdrückliche, schriftliche Vereinbarung über die Bedingungen der Nutzung des
überlassenen Raums abgeschlossen.
6/24
Ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers wird insbesondere bei Heimarbeitern
und in den Fällen der Telearbeit sowie bei Außendienstmitarbeitern anzuerkennen sein.
8.
Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer bei nicht nutzbarem "Amtszimmer"
Die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers sind z. B. dann abziehbar, wenn kein anderer
Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Ein "anderer Arbeitsplatz" steht aber erst dann zur
Verfügung, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Arbeitsplatz tatsächlich zugewiesen
hat.
Hintergrund
Einem Pfarrer war eine im Obergeschoss des Pfarrhauses gelegene Wohnung für Wohnzwecke
überlassen worden. Für einen Raum in dieser Wohnung machte er Aufwendungen für ein häusliches
Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, ihm
habe im Erdgeschoss ein sog. Amtszimmer als Arbeitszimmer zur Verfügung gestanden. Neben
diesem als Abstellraum genutzten Amtszimmer befanden sich im Erdgeschoss außerdem das von
Sekretärinnen genutzte Pfarrbüro, ein Konferenzraum sowie Registratur- und Archivräume.
Das Finanzgericht wies die Klage mit der Begründung ab, der Pfarrer habe über die Nutzung der
Räume entscheiden können und somit die Möglichkeit gehabt, ein Zimmer für sich als Arbeitszimmer
zu reservieren.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof geht zunächst mit dem Finanzgericht davon aus, dass dem Pfarrer das
Amtszimmer als dienstliches Arbeitszimmer zur Verfügung stand. Das Finanzgericht hat jedoch nicht
festgestellt, ob dieser Raum tatsächlich zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet war, was vom
Pfarrer bestritten wurde.
Sodann weist der Bundesfinanzhof den Einwand des Finanzgerichts zurück, der Pfarrer hätte sich ein
anderes Zimmer als Arbeitszimmer reservieren können. Denn zum einen hat der Arbeitgeber das
Amtszimmer (Abstellraum) und nicht andere Räume tatsächlich zur Verfügung gestellt. Zum anderen
hat der Arbeitnehmer das Direktionsrecht des Arbeitgebers zu beachten. Ein anderer Arbeitsplatz steht
daher nur dann zur Verfügung, wenn der Arbeitgeber entsprechend verfügt hat.
9.
Entfernungspauschale: Nutzung verschiedener öffentlicher Verkehrsmittel
Legt der Arbeitnehmer die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowohl mit dem eigenen
Pkw als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück, ist die insgesamt anzusetzende
Entfernungspauschale teilstreckenbezogen zu ermitteln. Teilstrecken, die mit verschiedenen
öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden, sind dabei als eine Teilstrecke anzusehen.
Hintergrund
Im Streitfall ist der Kläger zunächst mit dem Pkw 5 km zum Bahnhof und danach mit der Deutschen
Bahn zum Hauptbahnhof des Beschäftigungsorts sowie anschließend mit der U-Bahn zur Arbeitsstätte
gefahren. In seiner Steuererklärung machte er geltend, dass es sich um 3 Teilstrecken handele, und
damit die U-Bahn-Fahrten mit den tatsächlichen Kosten anzusetzen seien. Das Finanzamt vertrat
jedoch die Auffassung, dass es sich lediglich um 2 Teilstrecken – nämlich Fahrt zum Bahnhof mit dem
Pkw (1. Teilstrecke) und Fahrt mit der Deutschen Bahn und der U-Bahn (2. Teilstrecke) handele, mit
der Folge, dass durch die Begrenzung auf 4.500 EUR die tatsächlichen Kosten für die U-Bahn nicht
zusätzlich angesetzt werden konnten.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Nach Auffassung des
Finanzgerichts können im Streitfall insgesamt lediglich 2 Teilstrecken Berücksichtigung finden. Hierbei
handelt es sich zunächst um jene Teilstrecke von der Wohnung des Klägers zum Hauptbahnhof,
welche dieser mit seinem privaten Pkw zurückgelegt hat. Die 2. Teilstrecke bildet sodann jene vom
Hauptbahnhof bis zur Arbeitsstätte, welche der Kläger mit öffentlichen Verkehrsmitteln – und zwar mit
der Deutschen Bahn und der U-Bahn – zurückgelegt hat.
Dass die Teilstrecke vom Hauptbahnhof am Arbeitsort zur Arbeitsstätte nicht weiter unterteilt werden
kann und dementsprechend für das letzte Teilstück, welches der Kläger mit der U-Bahn zurückgelegt
hat, kein gesondertes Wahlrecht zwischen dem Ansatz der Entfernungspauschale und dem Ansatz der
7/24
tatsächlichen Kosten besteht, folgt nach Auffassung des Finanzgerichts aus dem Wortlaut des
Einkommensteuergesetzes. Der Gesetzgeber verwendet für das Tatbestandsmerkmal "für die
Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel” den Plural. Dementsprechend kann unter dieses
Tatbestandsmerkmal die Benutzung mehrerer unterschiedlicher öffentlicher Verkehrsmittel subsumiert
werden. Wäre die Auffassung des Klägers zutreffend, hätte der Gesetzgeber in der Art formuliert, dass
Aufwendungen "für die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels” angesetzt werden können,
soweit sie den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen.
10.
Herstellung eines Hausanschlusses ist steuerbegünstigte Handwerkerleistung
Auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf
fremdem Grund erbracht werden, kann steuerbegünstigt sein.
Hintergrund
Streitig war, ob und in welchem Umfang auch die auf das öffentliche Straßenland vor dem Grundstück
entfallenden Aufwendungen für den Anschluss eines Grundstücks an die zentrale
Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung durch den zuständigen Zweckverband als
Handwerkerleistungen steuerbegünstigt sind. Die Entscheidung betrifft die für das Streitjahr 2007
geltende Regelung. Danach sind "Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und
Modernisierungsmaßnahmen, die in einem inländischen Haushalt … erbracht werden" begünstigt.
Diese Voraussetzungen gelten ebenso nach der gegenwärtigen Regelung.
Eheleute hatten 2001 ein Grundstück erworben und darauf in 2002 ein Einfamilienhaus errichtet. Das
Haus wurde zunächst durch einen Brunnen mit Trinkwasser versorgt. Das Abwasser wurde über eine
Grube entsorgt. Ab 2005 schloss der zuständige Zweckverband das Grundstück an die zentrale
Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung an. Für die Herstellung der Hausanschlüsse setzte
der Zweckverband in 2007 Kostenersatzbeträge fest, die das Finanzamt, da die Eheleute keine Belege
vorgelegt hatten, nicht als steuerbegünstigte Handwerkerleistungen anerkannte.
Das Finanzgericht gab der Klage, mit der Belege nachgereicht wurden, hinsichtlich des geschätzten
Anteils der Arbeitskosten statt, und zwar auch insoweit, als die Kosten die Arbeiten auf öffentlichem
Straßenland vor dem Grundstück betreffen.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof ist mit dem Finanzgericht ebenfalls der Auffassung, dass die auf die
Anschlussarbeiten entfallenden Kosten insgesamt, also auch soweit sie auf die jenseits der
Grundstücksgrenze erbrachten Leistungen entfallen, begünstigt sind. Die Revision des Finanzamts
wurde daher zurückgewiesen.
Die Handwerkerleistung muss "in" einem Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Daraus wird
geschlossen, dass nur Tätigkeiten, die in der privaten Wohnung bzw. dem Haus nebst Zubehör und
Garten geleistet werden, begünstigt sind, nicht aber Tätigkeiten, die "für" den Haushalt erbracht
werden. Dieses enge Verständnis greift nach Auffassung des Bundesfinanzhofs jedoch zu kurz. Denn
der Begriff "im Haushalt" ist räumlich-funktional auszulegen. Deshalb werden die Grenzen des
Haushalts nicht ausnahmslos durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Vielmehr kann auch die
Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, z. B.
öffentlichem Grund erbracht werden, begünstigt sein. Es muss sich allerdings um Leistungen handeln,
die in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem
Haushalt dienen. Diese Voraussetzungen sind bei einem Hausanschluss, der den Haushalt mit den
notwendigen Leistungen der Daseinsvorsorge versorgt, gegeben.
Die im Streitfall aufgewandten Kosten für den Hausanschluss sind daher in Höhe der geschätzten
Arbeitskosten nicht nur anteilig, soweit sie auf das Privatgelände entfallen, sondern in vollem Umfang
begünstigt.
11.
Mietrecht: Hecke wird mit Einpflanzen Grundstücksbestandteil
Setzt ein Mieter auf dem gemieteten Grundstück Pflanzen, die nach einigen Jahren nicht mehr
ohne Weiteres versetzt werden können, werden diese mit dem Einpflanzen wesentlicher
Grundstücksbestandteil und gehen in das Eigentum des Vermieters über.
8/24
Hintergrund
Der ehemalige Mieter eines Grundstücks verlangt vom Vermieter Schadensersatz wegen der
Beschädigung einer Thuja-Hecke. Der Mieter hatte die Hecke während der Mietzeit auf dem
Grundstück als Sichtschutz gepflanzt.
Der Mieter behauptet, der Vermieter habe die Hecke beschädigt. Hierin sieht er eine Verletzung seines
Eigentums und verlangt deshalb Schadensersatz.
Entscheidung
Der Mieter kann vom Vermieter keinen Schadensersatz wegen Eigentumsverletzung verlangen, denn
die Hecke stand zum Zeitpunkt der behaupteten Schädigungshandlung nicht in seinem Eigentum.
Die Thuja-Pflanzen sind mit dem Einpflanzen wesentliche Bestandteile des Grundstücks geworden
und damit in das Eigentum des Vermieters als Grundstückseigentümer übergegangen. Der Mieter
konnte nicht nachweisen, dass die Pflanzen nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und
Boden verbunden worden und dadurch als sog. Scheinbestandteile des Grundstücks in seinem
Eigentum verblieben wären.
Für die Frage, ob eine mit einem Grundstück verbundene Sache dessen wesentlicher Bestandteil oder
nur ein Scheinbestandteil wird, kommt es entscheidend auf den Willen desjenigen an, der die
Verbindung mit dem Grundstück hergestellt hat. Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt, in dem die
Verbindung hergestellt wurde.
Grundsätzlich gilt zugunsten des Mieters eine Vermutung, dass die Verbindung von ihm eingebrachter
Anlagen regelmäßig nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt. Für Pflanzen kann dies nur
eingeschränkt gelten, weil diese nach einigen Jahren nur noch unter Schwierigkeiten zu entfernen
sind. Das Umpflanzen von Gehölzen ist dann nur mit großem Aufwand und von einem Fachmann
durchführbar und birgt auch dann noch das Risiko, dass sie am neuen Standort nicht wieder
anwachsen.
12.
Anzüge eines Rechtsanwalts sind keine typische Berufskleidung
Sachverhalt
Ein angestellter Rechtsanwalt einer internationalen Wirtschaftsrechtssozietät erwarb mehrere Anzüge,
Hemden, Hosen und Schuhe und machte die Kosten hierfür als typische Berufskleidung in seiner
Einkommensteuererklärung geltend. Das Finanzamt versagte den Werbungskostenabzug jedoch und
verwies darauf, dass die Kleidungsstücke nicht zu einer (abziehbaren) typischen Berufskleidung
gehörten.
Entscheidung
Das Finanzgericht Hamburg lehnte einen Werbungskostenabzug ebenfalls ab und erklärte, dass
Kosten für bürgerliche Kleidung grundsätzlich Kosten der Lebensführung darstellen, deren steuerlicher
Abzug selbst dann nicht möglich ist, wenn die Kleidungsstücke unzweifelhaft ausschließlich im Beruf
getragen werden. Ein Kostenabzug für Kleidung ist bereits dann ausgeschlossen, wenn die private
Benutzung möglich und üblich ist.
Die Kleidungsstücke im Streitfall waren nicht der (abziehbaren) typischen Berufskleidung zuzurechnen,
sondern zählten zur allgemeinen Herrenmode, die auch bei besonderen privaten Anlässen getragen
werden kann. Eine private Nutzungsmöglichkeit konnte nicht so gut wie ausgeschlossen werden,
sodass ein Kostenabzug nicht in Betracht kam.
13.
Einkommensteuerliche Behandlung von Preisgeldern im Fokus
Wann unterliegen Preisgelder der Einkommensteuer? Zentrale Voraussetzung hierfür ist, dass
sie untrennbar mit einer einkommensteuerlichen Einkunftsart zusammenhängen.
Wann Preisgelder der Einkommensteuer unterliegen und wann sie steuerfrei bezogen werden können,
hat die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main mit Verfügung vom 14.5.2014 dargelegt. Folgende
Aspekte der Weisung sind besonders hervorzuheben:
•
Preisgelder sind steuerpflichtig, wenn sie in einem untrennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang
mit einer Einkunftsart des Einkommensteuergesetzes stehen; dies ist anzunehmen, wenn die
Preisverleihung wirtschaftlich den Charakter eines leistungsbezogenen Entgelts hat und sowohl
9/24
Ziel als auch Folge der ausgeübten Tätigkeit ist (z. B. bei Ideenwettbewerben von Architekten).
Diese Fallgestaltung ist anzunehmen, wenn der Preisträger ein besonderes Werk geschaffen
oder eine besondere Leistung erbracht hat, um den Preis zu erzielen.
•
Steuerpflichtige Preisgelder sind ferner gegeben, wenn es sich um eine werbewirksame
Auszeichnung im Rahmen von betriebs- oder berufsbezogenen Ausstellungen handelt oder um
Geldpreise mit Zuschusscharakter, die vom Preisträger im Rahmen seiner beruflichen oder
betrieblichen Tätigkeit verwendet werden müssen (z. B. zweckgebundene Filmpreise zur
Herstellung neuer Filme).
•
Preisgelder sind hingegen steuerfrei, wenn der Preis ein Lebenswerk oder Gesamtschaffen
würdigt, die Persönlichkeit des Preisträgers ehrt, eine persönliche Grundhaltung auszeichnet
oder eine Vorbildfunktion herausstellt. In diesen Fällen besteht kein Zusammenhang mit einer
Einkunftsart.
Ob ein Preis mit einer Einkunftsart zusammenhängt oder der privaten (nicht steuerbaren) Sphäre
zuzurechnen ist, muss anhand der Ausschreibungsbedingungen des Preises und den Zielen
entschieden werden, die der Preisverleihung zugrunde liegen.
14.
Rettungsschwimmer der DLRG: Übungsleiterpauschale anwendbar
Rettungsschwimmer der DLRG stehen in keinem steuerlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnis
und erzielen sonstige Einkünfte. Die Übungsleiterpauschale von 2.400 EUR ist anwendbar.
Kein Arbeitsverhältnis
Rettungsschwimmer stehen in keinem steuerlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnis mit ihren
Einsatzgemeinden, da sie ihnen gegenüber weder ihre Arbeitskraft schulden (keine direkte vertragliche
Vereinbarung) noch von den Gemeinden ausgewählt werden. Auch besteht kein Arbeitsverhältnis
zwischen der DLRG und den Rettungsschwimmern, da letztere keinen Arbeitserfolg gegenüber einem
Arbeitgeber erbringen, sondern die Satzungsziele der DLRG freiwillig verwirklichen. Sie müssen sich
zudem für den Krankheitsfall selbst versichern und werden von der DLRG nicht rechtlich belangt, wenn
sie ihrem Dienst fernbleiben – beides spricht gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses.
Einordnung als sonstige Einkünfte
Die Einkünfte der Rettungsschwimmer stellen stattdessen sonstige Einkünfte aus Leistungen dar, für
die eine Freigrenze von 256 EUR pro Jahr gilt. Zudem unterliegen die Einnahmen in vollem Umfang
der Übungsleiterpauschale von derzeit 2.400 EUR pro Jahr, da auch von der DLRG erbrachte
Sofortmaßnahmen gegenüber Verunglückten unter die gesetzlich begünstigte "Pflege alter, kranker
oder behinderter Menschen" fallen. Die bezogenen Vergütungen müssen nicht auf Einsatz- und
Bereitschaftszeiten der Rettungsschwimmer aufgeteilt werden, sondern fallen komplett unter die
Pauschale.
15.
Ausflüge kleiner Betriebseinheiten sind nicht unfallversichert
Die Unfallversicherung für Arbeitnehmer umfasst auch betriebliche Veranstaltungen, wenn
diese allen Beschäftigten des Unternehmens offenstehen. Ein betrieblicher Ausflug einer
kleinen Gruppe von Mitarbeitern ist dagegen nicht versichert, hat das Hessische
Landessozialgericht entschieden.
Hintergrund
Eine Angestellte der Deutschen Rentenversicherung Hessen arbeitet in einer Dienststelle in
Nordhessen. Zusätzlich zum Weihnachtsumtrunk der gesamten Dienstelle mit 230 Mitarbeitern war es
den Unterabteilungen gestattet, eigene Weihnachtsfeiern während der Dienstzeit zu organisieren. Die
Abteilung der Klägerin führte eine Wanderung durch, an welcher 10 der insgesamt 13 Personen
teilnahmen. Bei diesem Ausflug stürzte die Frau und verletzte sich an Ellenbogen und Handgelenk.
Die Berufsgenossenschaft lehnte eine Anerkennung als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, dass die
Veranstaltung nicht allen Betriebsangehörigen offen gestanden habe.
Unfallversichert, wenn alle Beschäftigten teilnehmen können
Die Darmstädter Richter gaben der Berufsgenossenschaft Recht. Ist die Teilnahme an einer
betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung freiwillig, kann sie dennoch der versicherten Tätigkeit
zugerechnet werden, weil solche Veranstaltungen den Zusammenhalt in der Belegschaft und mit der
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Unternehmensführung zu fördern geeignet sind. Diese Ausweitung des Versicherungsschutzes durch
die Rechtsprechung sei eng zu begrenzen. Voraussetzung sei daher, dass die Veranstaltung von der
Unternehmensleitung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung angesehen werde und allen
Beschäftigten offen stehe. Bei großen Betrieben könne an die Stelle des Gesamtbetriebes eine
einzelne Abteilung treten.
Bei kleinen Abteilungen nochmal prüfen!
Bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen mit etwa 2.350 Beschäftigten wäre dies die örtliche
Dienststelle der Klägerin mit ca. 230 Beschäftigten, nicht aber eine kleine Unterabteilung mit lediglich
13 Mitarbeitern. Zudem wiesen die Richter darauf hin, dass mit der Wahl einer Aktivität, die von
vornherein nur für einen eng begrenzten Personenkreis umsetzbar sei, kein Unfallversicherungsschutz
herbeigeführt werden könne.
16.
Kindergeld trotz Wegfalls der Meldung als Arbeitsuchender
Stellt die Arbeitsagentur die Vermittlung mangels einer Pflichtverletzung des Kindes zu Unrecht
ein, besteht die Meldung als Arbeitsuchender unbefristet fort.
Hintergrund
Zu entscheiden war, ob der 20-jährige Sohn als arbeitsuchendes Kind für das Kindergeld zu
berücksichtigen ist.
Der Sohn war seit April 2009 bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet. Letztmals im August
2009 setzte er sich mit der Agentur in Verbindung. Anfang Dezember nahm er einen Termin bei der
Agentur ohne Angabe von Gründen nicht wahr. Die von der Agentur versandte Mitteilung, sie
beabsichtige, die Arbeitsvermittlung einzustellen, blieb unbeantwortet. Darauf fertigte die Agentur unter
dem 5.1.2010 eine Verfügung, mit der sie die Arbeitsvermittlung einstellte. Mit Wirkung vom 11.1.2010
meldete sie den Sohn aus der Arbeitsvermittlung ab.
Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom November 2010 ab Februar 2010
auf, weil der Sohn bei der Agentur nicht mehr als arbeitsuchendes Kind gemeldet sei. Zugleich forderte
sie den Vater auf, das für den Streitzeitraum gewährte Kindergeld zu erstatten.
Das Finanzgericht gab der Klage mit der Begründung statt, der Vater bestreite den Zugang der
Einstellungsverfügung, die damit nicht wirksam bekannt gegeben worden sei. Der Status als
arbeitssuchend sei daher nicht entfallen.
Entscheidung
Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts besteht allein wegen des Fehlens einer wirksam
bekanntgegebenen Einstellungsverfügung die Meldung als Arbeitsuchender nicht zeitlich unbefristet
fort. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob das Kind die ihm obliegenden Pflichten nicht erfüllt hat, ohne
dafür einen wichtigen Grund zu haben. Führt diese Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Agentur die
Vermittlung zu Recht eingestellt hat, entfällt der Kindergeldanspruch mit Ablauf des Monats, in dem
das arbeitsuchende Kind von der Agentur aus der Vermittlung abgemeldet wurde. Sollte die Agentur
die Vermittlung hingegen zu Unrecht eingestellt haben, bestehen die Meldung und damit der
Kindergeldanspruch zeitlich unbefristet fort.
Die Pflicht zur Vermittlung des Arbeitsuchenden ist – anders als früher – nicht mehr auf 3 Monate
beschränkt; sie besteht grundsätzlich unbefristet fort. Die Agentur kann allerdings die Vermittlung
einstellen, wenn der Arbeitsuchende seine Pflichten – Einreichung von Unterlagen, Einhaltung der der
Eingliederungsvereinbarung oder der ihm durch Verwaltungsakt auferlegten Eigenbemühungen – ohne
wichtigen Grund nicht erfüllt. Als "Sanktion" sieht das Gesetz für diesen Fall eine "Vermittlungssperre"
für 12 Wochen vor. Entscheidend für den Fortbestand der Arbeitsuchendmeldung ist daher, ob das
Kind eine entsprechende Pflichtverletzung begangen hat.
Der Bundesfinanzhof betont, dass – anders als früher – nicht mehr bei jeglicher mangelnder
Mitwirkung die Vermittlung eingestellt werden kann. Nunmehr ist erforderlich, dass einer der gesetzlich
genannten
Fälle
(mangelnde
Einreichung
von
Unterlagen,
Verstoß
gegen
die
Eingliederungsvereinbarung oder die auferlegten Eigenbemühungen) vorliegt. Damit berechtigt nicht
mehr jede Terminversäumnis zur Einstellung der Vermittlung, sondern nur, wenn z. B. die Pflicht zum
Erscheinen in der Eingliederungsvereinbarung festgelegt ist.
11/24
Unternehmer und Freiberufler
1.
Kfz-Nutzung und Umsatzsteuer
Wenn von Kfz-Nutzung die Rede ist, werden regelmäßig ertragsteuerliche Themen behandelt.
Doch auch gerade Fragen des Vorsteuerabzugs von Firmenwagen sowie deren
Umsatzbesteuerung haben es in sich. Das Bundesfinanzministerium hat nun die zu
beachtenden Regelungen an die neuen Entwicklungen zum Vorsteuerabzug angepasst.
Auf 29 Seiten hat das Bundesfinanzministerium die Umsatzbesteuerung der Kfz-Nutzung durch
Unternehmer (u. a. auch Vereine) als auch Arbeitnehmer dargestellt. Behandelt werden insbesondere
die Zuordnung zum Unternehmensvermögen, die unternehmerische Mindestnutzung von 10 %, der
Vorsteuerabzug bei Anschaffung bzw. Miete oder Leasing und die Vorsteuerkorrekturen bei
Änderungen des Umfangs der unternehmerischen Nutzung. Die Grundsätze des Schreibens sind in
allen offen Fällen anzuwenden.
Hinweis
Das
Schreiben
war
überfällig,
da
die
letzte
grundlegende
Stellungnahme
des
Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 2004 stammte. Gerade Unternehmer, die Firmen-Kfz auch
privat nutzen, müssen sich mit dem Schreiben auseinandersetzen. Denn durch die private
Mitbenutzung werden diese Kfz nur zum Teil unternehmerisch genutzt, was einen vollständigen
Vorsteuerabzug nur zulässt, wenn der Unternehmer das Kfz dem Unternehmensvermögen zuordnet.
Versäumt der Unternehmer es, die Zuordnung gegenüber dem Finanzamt rechtzeitig offen zu legen,
so riskiert er sogar den vollständigen Verlust des Vorsteuerabzugs. Bei Zweit- oder Drittfahrzeugen
von Einzelunternehmern unterstellt das Finanzamt zudem, dass die unternehmerische Nutzung unter
10 % liegt, sodass ein Vorsteuerabzug ausscheidet, wenn der Unternehmer nicht eine höhere
unternehmerische Nutzung nachweist. Zu beachten ist hierbei, dass im Gegensatz zum
Ertragsteuerrecht die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte der unternehmerischen Nutzung
zuzurechnen sind. Das Bundesfinanzministerium lässt es unverändert zu, dass die Höhe der KfzNutzung umsatzsteuerlich durch Schätzung ermittelt werden kann, was in der Praxis häufig übersehen
wird, obwohl dies regelmäßig Vorteile bietet. Ebenso relevant ist das Schreiben für Vereine und
ähnliche Organisationen, die Kfz im ideellen Bereich nutzen. Denn insoweit scheidet ein
Vorsteuerabzug aus, sodass die Vorsteuer aufzuteilen und zudem bei Änderung der Nutzung in
Folgejahren gegebenenfalls zu korrigieren ist. Das Schreiben gibt hierzu zahlreiche Beispiele.
2.
Elektro- und Hybridelektrofahrzeuge: Abschläge auf privaten Nutzungswert
Um die Elektromobilität zu fördern, hat der Gesetzgeber neue steuerliche Regelungen für
betriebliche Elektro- und Hybridelektrofahrzeuge geschaffen. Steuerentlastend wirkt sich dies
bei privaten Fahrten, Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte sowie
Familienheimfahrten aus. Das Bundesfinanzministerium hat sich nun in einem ausführlichen
Schreiben mit dem neuen Regelwerk befasst.
Wer sich für den Kauf eines Elektro- oder Hybridelektrofahrzeugs entscheidet, muss derzeit noch
einen höheren Preis zahlen als beim Kauf eines herkömmlichen Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor.
Aufgrund des höheren Listenpreises war der Kauf solcher Fahrzeuge für den betrieblichen Bereich
bislang steuerlich eher unattraktiv, da die private Nutzungsversteuerung höher ausfiel.
Der Gesetzgeber ist diesem Wettbewerbsnachteil entgegengetreten und hat einen Nachteilsausgleich
für Elektro- und Hybridelektrofahrzeuge festgeschrieben. Demnach dürfen die Kosten für das
Batteriesystem künftig pauschal aus der steuerlichen Bemessungsgrundlage für die private
Nutzungsentnahme herausgerechnet werden. Das Bundesfinanzministerium hat nun die
Verwaltungsstandpunkte zur Thematik dargelegt.
Das Schreiben enthält u. a. eine Definition von Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen, für die die
steuerliche Begünstigung greift. Außerdem wird anhand von Beispielen erläutert, wie der
Nachteilsausgleich konkret berechnet wird und welche Besonderheiten z. B. bei geleasten
Batteriesystemen bzw. Fahrzeugen oder in Fällen einer Kostendeckelung gelten.
12/24
Das Bundesfinanzministerium weist auch darauf hin, dass die Neuregelungen zum Nachteilsausgleich
bereits seit dem 1.1.2013 anwendbar sind. Es werden allerdings nur Fahrzeuge begünstigt, die vor
dem 1.1.2023 angeschafft, geleast oder überlassen werden.
3.
Anwendung des Umsatzschlüssels bei gemischt genutzten Gebäuden
Die Vorsteuer ist bei gemischt genutzten Gebäuden regelmäßig nach dem Flächenschlüssel
und nur bei erheblichen Unterschieden in der Ausstattung der verschiedenen Zwecken
dienenden Räume nach dem (objektbezogenen) Umsatzschlüssel aufzuteilen.
Hintergrund
Zu entscheiden war, ob die Vorsteuern auf Eingangsleistungen zur Herstellung eines gemischt
genutzten Gebäudes nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze aufgeteilt werden können. A
errichtete ein gemischt genutztes Gebäude. Das Erdgeschoss vermietete sie umsatzsteuerpflichtig an
Gewerbetreibende, das Obergeschoss umsatzsteuerfrei an private Mieter. Die auf die
Herstellungskosten entfallenden und nicht direkt zuzuordnenden Vorsteuerbeträge teilte sie nach dem
Umsatzschlüssel auf. Das Finanzamt nahm dagegen die Aufteilung entsprechend dem steuerpflichtig
vermieteten Flächenanteil vor (Flächenschlüssel).
Das Finanzgericht gab der Klage statt. Es entschied, A sei zur Aufteilung nach dem Umsatzschlüssel
berechtigt. Soweit nach der deutschen Regelung die Anwendung des Umsatzschlüssels
ausgeschlossen sei, stehe die Norm nicht mit dem Unionsrecht in Einklang.
Entscheidung
Das Unionsrecht gibt für den Regelfall die Aufteilung nach dem Verhältnis der gesamten Umsätze vor.
Der nationale Gesetzgeber kann jedoch die Aufteilung nach der Zuordnung eines Teils der
Gegenstände oder Dienstleistungen gestatten. Die deutsche Vorschrift geht von der "wirtschaftlichen
Zurechnung" aus. Ausgehend vom Unionsrecht ist die Zuordnung daher – entgegen früherer
Rechtsprechung – nicht gegenstandsbezogen zu verstehen, sondern in dem Sinne, dass auch die
Aufteilung nach dem gesamtunternehmensbezogenen Umsatzschlüssel zulässig ist. Das
Umsatzsteuergesetz geht allerdings insoweit über die unionsrechtliche Ermächtigung hinaus, als der
Umsatzschüssel nur dann anwendbar ist, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung "möglich" ist.
Diese Regelung legt der Bundesfinanzhof unionsrechtskonform dahin aus, dass der Umsatzschlüssel
nur dann vorrangig ist, wenn keine andere "präzisere wirtschaftliche Zuordnung möglich" ist.
Als andere wirtschaftliche Zuordnung ermöglicht bei einem gemischt genutzten Gebäude der
objektbezogene Flächenschlüssel in der Regel eine genauere Bestimmung des Verhältnisses als der
Umsatzschlüssel. Der Flächenschlüssel schließt daher bei einem gemischt genutzten Gebäude als die
im Regelfall präzisere Zurechnung den Umsatzschlüssel aus, und zwar sowohl den
gesamtunternehmensbezogenen als auch den objektbezogenen.
Der Flächenschlüssel findet aber dann keine Anwendung, wenn die Ausstattung der Räumlichkeiten,
die verschiedenen Zwecken dienen (z. B. wegen der Raumhöhe, der Dicke der Wände und Decken
oder in Bezug auf die Innenausstattung) erhebliche Unterschiede aufweist. Denn in solchen Fällen
kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Eingangsbezüge gleichmäßig auf die Fläche
verteilen, sodass der Flächenschlüssel nicht die genauere Aufteilung ergibt. Ist hier keine präzisere
wirtschaftliche Zurechnung durch den Flächenschlüssel möglich, gilt der Umsatzschlüssel, und zwar,
um das Verhältnis "möglichst präzise" zu berechnen, der objektbezogene Umsatzschlüssel.
4.
Praxiserwerb: Kassenzulassung als nicht abschreibbares Einzelwirtschaftsgut
Wird bei Erwerb einer Einzelpraxis diese zwar nicht in den bisherigen Räumen fortgeführt,
sondern in unmittelbarer Nähe in anderen Räumen, kommt es dem Erwerber jedoch vorwiegend
auf die Kassenzulassung an, ist der gezahlte Betrag diesem nicht abschreibbaren immateriellen
Wirtschaftsgut und nicht etwa dem Praxiswert zuzurechnen.
Hintergrund
Eine Facharzt-Sozietät erwarb die Einzelpraxis eines Berufskollegen (Radiologe). Sie übernahm weder
die Berufsräume noch die weitgehend abgenutzte Praxiseinrichtung und nur einen Teil des Personals,
wohl aber das Patientenarchiv. Der Kaufpreis war nur bei Übertragung der Kassenzulassung zu
zahlen. Der Verkäufer wurde für Privatpatienten weiterhin in einem fachlich eingegrenzten Bereich tätig
13/24
(Knochendichtemessung). Während die Sozietät den Kauf eines abschreibbaren Praxiswerts annahm,
wollte das Finanzamt den Erwerb eines nicht abschreibbaren immateriellen Wirtschaftsguts
"Kassenzulassung" annehmen.
Entscheidung
Das Finanzgericht schloss sich der Deutung des Finanzamts an. Seine Argumentation läuft darauf
hinaus, dass der Erwerber keine bestehende Praxis erwerben wollte. Er sei lediglich an der
Kassenzulassung interessiert gewesen. Das zeige auch die Bemessung des Kaufpreises.
5.
Abschreibung für Pächtereinbauten
Die Herstellungskosten für Pächterein- und -umbauten sind nach den Grundsätzen der
Gebäudeabschreibung abzuschreiben. Auch ein entschädigungsloser Übergang der Ein- und
Umbauten bei Pachtende rechtfertigt keine Abschreibung auf die tatsächlich kürzere
Pachtdauer.
Hintergrund
Die Klägerin pachtete Ende 2002 für die Dauer von 17 Jahren ein sanierungsbedürftiges
Wohngebäude (Gutshaus), auf dem u. a. eine Pension entstehen sollte. Vereinbart war weiter, dass
mit Vertragsablauf alle Pächtereinbauten entsprechend vorhandener Restwerte gegen Entgelt an den
Verpächter übergehen sollten.
In den Jahren 2003 und 2004 errichtete die Klägerin in dem Gebäude auf eigene Kosten u. a. 4
Ferienwohnungen und 8 Gästezimmer und schrieb diese entsprechend der Pachtdauer ab. Das
Finanzamt vertrat indes die Auffassung, dass es sich bei der von der Klägerin durchgeführten
Komplettsanierung des Gutshauses um sog. Mieterum- und -einbauten handelt, die nach den
Grundsätzen der Gebäudeabschreibung abzuschreiben seien und nicht nach der tatsächlichen
(kürzeren) Pachtdauer.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass sich die Abschreibung der von der Klägerin getragenen
Herstellungskosten nach Gebäudegrundsätzen richtet und im Streitfall eine kürzere
Abschreibungsdauer bezogen auf den Zeitraum der Nutzung nicht in Betracht kommt.
Anstelle der zeitbezogenen Absetzungen können unter bestimmten Voraussetzungen zwar die der
tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes entsprechenden Abschreibungen vorgenommen
werden. Hieraus kann aber nicht hergeleitet werden, dass die Herstellungskosten für Mietereinbauten
abweichend von den für dieses Gebäude maßgebenden Abschreibungs-Sätzen nach der mutmaßlich
kürzeren Dauer des Pachtverhältnisses abgesetzt werden können. Denn das Einkommensteuergesetz
stellt ausdrücklich auf die voraussichtliche (tatsächliche) Nutzungsdauer des Gebäudes und nicht auf
eine davon abweichende kürzere Dauer des Miet-, Pacht- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses ab.
6.
Kein unterjähriger Wechsel zur Fahrtenbuchmethode
Die Fahrtenbuchmethode ist nur dann zugrunde zu legen, wenn der Mitarbeiter ein Fahrtenbuch
für das gesamte Jahr führt. Ein unterjähriger Wechsel von der 1 %-Regelung zur
Fahrtenbuchmethode ist nach einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs nicht zulässig.
Hintergrund
Die Fahrtenbuchmethode gründet auf dem Zusammenspiel der Gesamtfahrleistung durch die im
Fahrtenbuch selbst vollständig dokumentierten Strecken einerseits und einer vollständigen
Bemessungsgrundlage dafür andererseits, nämlich dem Ansatz der durch das Kraftfahrzeug
insgesamt entstehenden Aufwendungen.
Angesichts dieser Voraussetzungen kann der Arbeitnehmer nur dann statt der 1 %-Regelung die
Fahrtenbuchmethode wählen, wenn er das Fahrtenbuch mindestens für den gesamten
Veranlagungszeitraum führt, in dem er das Fahrzeug nutzt.
Die Entscheidung
Mit seinem Urteil bestätigt der Bundesfinanzhof die überwiegende Meinung in Literatur und
Verwaltung. Allein schon aus Praktikabilitätsgesichtspunkten scheide ein unterjähriger
Methodenwechsel angesichts der aufzuteilenden Fixkosten aus.
14/24
Der Bundesfinanzhof weist ferner darauf hin, dass seiner Rechtsauffassung die monatliche
Ausgestaltung der Listenpreisregelung nicht entgegensteht. Dort werden jeweils auf den
Kalendermonat bezogene Werte zugrunde gelegt, indem die 1 %-Regelung für jeden Kalendermonat 1
% des inländischen Listenpreises ansetzt und die 0,03 %-Regelung jeweils einen auf den
Kalendermonat bezogenen Wertzuschlag normiert. Der Monatsbezug regelt jedoch lediglich den
Zuflusszeitpunkt des Nutzungsvorteils.
7.
Kein Werbungskostenabzug für Arbeitsecke in 1-Zimmer-Apartment
Aufwendungen für ein Arbeitszimmer können für eine nicht abgeschlossene Arbeitsecke in
einem 1-Zimmer-Apartment auch dann nicht als Werbungskosten abgezogen werden, wenn das
Apartment aus beruflichen Gründen angemietet wurde. Entscheidend ist, dass der Raum auch
zum Wohnen dient.
Hintergrund
Die von der Klägerin für eine Arbeitsecke in dem aus beruflichen Gründen angemieteten 1-ZimmerApartment geltend gemachten Kosten hat das Finanzamt nicht als Werbungskosten anerkannt, da die
nicht nur geringfügige private Mitbenutzung der Abziehbarkeit auch nur eines Teiles der
Aufwendungen entgegenstehe. Die in einem ansonsten privat genutzten Raum eingerichtete
Arbeitsecke oder der mittels Raumteiler abgetrennte Arbeitsbereich könnten steuerlich nicht als
häusliches Arbeitszimmer anerkannt werden. Mit ihrer Klage trägt die Klägerin vor, für beide Streitjahre
seien jeweils 1.225 EUR für das häusliche Arbeitszimmer als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Es
sei ungerecht, dass jemand, der sich kein abgetrenntes Arbeitszimmer leisten könne, zu allem Übel die
Kosten nicht als Werbungskosten absetzen dürfe.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat entschieden, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer weder
alternativ noch anteilig bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb oder selbstständiger Tätigkeit der
Klägerin berücksichtigungsfähig sind. Dem Abzug als Betriebsausgaben steht eine aufgrund der
objektiven Gegebenheiten mögliche und von der Klägerin auch so dargestellte private Nutzung des 1Zimmer-Apartments entgegen. Das Finanzamt versagt daher unter Anwendung des Aufteilungs- und
Abzugsverbot für gemischte Aufwendungen zutreffend eine Berücksichtigung der auf das
Arbeitszimmer entfallenden Kosten bei den Einkünften der Klägerin.
8.
Umsatzsteuerliche Behandlung der Überlassung von Fahrrädern an Arbeitnehmer
Immer mehr Unternehmen überlassen ihren Arbeitnehmern (Elektro-)Fahrräder zur privaten
Nutzung. Zur ertragsteuerlichen Behandlung dieses geldwerten Vorteils hat die
Finanzverwaltung schon Ende 2012 Stellung genommen. Aber was gilt umsatzsteuerlich?
Hintergrund
Ein Unternehmer kauft oder least (Elektro-)Fahrräder, die er seinen Arbeitnehmern zur Nutzung
unentgeltlich überlässt. Die Arbeitnehmer nutzen diese Fahrräder ausschließlich privat (zum Teil auch
für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte). Eine Nutzung für unternehmerische Fahrten liegt
nicht vor.
Fragestellung
Hat der Unternehmer aus der Anschaffung bzw. dem Leasing einen Vorsteuerabzug und wie ist die
Nutzungsüberlassung umsatzsteuerrechtlich zu behandeln? Wie ist zu verfahren, wenn das (Elektro-)
Fahrrad dem Arbeitnehmer geschenkt wird?
Stellungnahme
Ertragsteuerrechtlich liegt in diesen Fällen ein zum Arbeitslohn gehörender geldwerter Vorteil vor.
Hierbei ist als monatlicher Durchschnittswert der privaten Nutzung (einschließlich Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte) 1 % der auf volle 100 EUR abgerundeten unverbindlichen
Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des
Fahrrads einschließlich der Umsatzsteuer festgesetzt.
Umsatzsteuerrechtlich liegt bei dieser unentgeltlichen Überlassung ein Leistungsaustausch vor. Die
Gegenleistung der Arbeitnehmer besteht in der anteiligen Arbeitsleistung. Der Arbeitgeber hat die
15/24
Überlassung als Umsatz zu versteuern. Folglich hat er aus der Anschaffung bzw. dem Leasing auch
den vollen Vorsteuerabzug.
Die Besteuerung der Überlassung erfolgt nach den Grundsätzen des tauschähnlichen Umsatzes. Aus
Vereinfachungsgründen wird von der Verwaltung zwar nicht beanstandet, wenn anstelle der Ausgaben
von den lohnsteuerlichen Werten ausgegangen wird. Dies gilt jedoch nur bei Überlassung von
Fahrzeugen, nicht dagegen von (Elektro-)Fahrrädern. Deshalb ist der Wert anhand der Gesamtkosten
des Arbeitgebers für die Überlassung des Fahrrads zu bestimmen.
Kein Vorsteuerabzug bei Schenkung
Sollte der Unternehmer ein (Elektro-)Fahrrad dem Arbeitnehmer schenken, so könnte die Anschaffung
bzw. das Leasing nicht dem Unternehmensvermögen zugeordnet und folglich kein Vorsteuerabzug
geltend gemacht werden. Die Besteuerung eines Umsatzes entfällt in diesen Fällen.
9.
Wie elektronische Kontoauszüge aufzubewahren sind
Im Online-Banking-Verfahren erhalten Kunden von ihrer Bank häufig nur noch Kontoauszüge in
elektronischer Form. Der bloße Ausdruck dieser Dokumente bei Kunden mit Gewinneinkünften
genügt allerdings nicht den steuerlichen Anforderungen. Vielmehr muss auch das originär
digitale Dokument aufbewahrt werden.
Die guten alten Papierkontoauszüge gehören bei vielen Bankkunden mittlerweile der Vergangenheit
an; seit ihrer Teilnahme am Online-Banking-Verfahren erhalten sie ihre Kontoauszugsdaten häufig nur
noch in elektronischer Form. Die Banken übermitteln die Daten häufig in Bilddateiformaten (z. B. im
TIF- oder PDF-Format) oder in maschinell auswertbarer Form (z. B. als CSV-Datei).
Das Bayerische Landesamt für Steuern erklärt, wie diese elektronischen Kontoauszugsdaten
aufzubewahren sind. Folgende Aspekte sind hervorzuheben:
•
Elektronisch übermittelte Kontoauszüge sind aufbewahrungspflichtig, da sie originär digitale
Dokumente sind. Es genügt allerdings nicht, wenn der Steuerpflichtige (mit Gewinneinkünften)
die elektronischen Kontoauszüge lediglich ausdruckt und anschließend die digitale
Ausgangsdatei löscht.
•
Der Ausdruck eines elektronischen Kontoauszugs ist beweisrechtlich nicht den originären
Papierkontoauszügen gleichgestellt, sondern stellt lediglich eine Kopie des elektronischen
Kontoauszugs dar.
•
Bücher und sonst erforderliche Aufzeichnungen dürfen auch auf Datenträgern geführt werden.
Die Form der Buchführung, das angewandte Verfahren und die maschinelle Weiterverarbeitung
von Kontoauszugsdaten müssen aber den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und
ordnungsmäßiger datenverarbeitungsgestützter Buchführungssysteme entsprechen.
•
Wenn Bücher und Aufzeichnungen auf Datenträgern geführt werden, muss der Steuerpflichtige
sicherstellen, dass die Daten während der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar sind und
unverzüglich lesbar gemacht werden können.
•
Die System- und Verfahrensdokumentation muss erkennen lassen, auf welche Weise
elektronische Kontoauszüge aufbewahrt, archiviert und weiterverarbeitet werden.
•
Das Datenverarbeitungsverfahren muss sicherstellen, dass alle erfassten Datenbestände nicht
nachträglich unterdrückt oder ohne Kenntlichmachung überschrieben, gelöscht, geändert oder
verfälscht werden können. Bei originär digitalen Dokumenten muss sichergestellt sein, dass eine
Bearbeitung während des Übertragungsvorgangs ausgeschlossen ist.
•
Wenn Kontoumsatzdaten in auswertbaren Formaten (z. B. als XLS- oder CSV-Datei) an den
Kunden übermittelt werden, muss sichergestellt sein, dass die empfangenden Daten
durchgängig unveränderbar sind. Eine Aufbewahrung von XLS- oder CSV-Dateien ist daher nicht
ausreichend, wenn die Kontoinformationen in digitaler Form übermittelt werden, sie aber
änderbar oder unterdrückbar sind.
•
Alternativ zu den dargestellten Anforderungen kann der Steuerpflichtige seine Kontoauszüge
auch beim Kreditinstitut vorhalten lassen (mit jederzeitiger Zugriffsmöglichkeit während der
Aufbewahrungsfrist).
16/24
10.
Muss eine Anrufungsauskunft richtig sein?
Das Betriebsstättenfinanzamt muss auf Anfrage darüber Auskunft geben, ob und inwieweit im
einzelnen Fall die Lohnsteuervorschriften anzuwenden sind. Einen Anspruch auf einen
bestimmten, rechtmäßigen Inhalt gibt es allerdings nicht.
In einem aktuellen Urteilsfall ging es um den Regelungsgehalt einer Lohnsteueranrufungsauskunft.
Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs erhält der Arbeitgeber dabei Auskunft, wie die
Finanzbehörde den dargestellten Sachverhalt gegenwärtig beurteilt. Der Arbeitgeber hat aber keinen
Anspruch auf einen bestimmten, rechtmäßigen Inhalt.
Anrufungsauskunft dient dazu, Konflikte zu vermeiden
Das Finanzamt, in dessen Bezirk die lohnsteuerliche Betriebsstätte des Arbeitgebers liegt, hat auf
Anfrage eines Beteiligten (Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) darüber Auskunft zu geben, ob und
inwieweit im einzelnen Fall die Vorschriften über die Lohnsteuer anzuwenden sind (sog.
lohnsteuerliche Anrufungsauskunft). Ziel ist, bereits im Vorfeld Konflikte zwischen dem Arbeitgeber und
dem Finanzamt zu vermeiden.
Arbeitgeber klagt gegen Entscheidung des Finanzamts – zu Unrecht
Im Urteilsfall war die Anerkennung des sog. Zeitwertkontenmodells bei Organen einer
Kapitalgesellschaft (z. B. Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft oder Geschäftsführer einer
GmbH) zu beurteilen. Das Finanzamt erteilte unter Hinweis auf die Verwaltungsregelungen u. a. die
Auskunft, ein Zeitwertkonto könne grundsätzlich für alle Mitarbeiter eingerichtet werden.
Bei Arbeitnehmern, die zugleich als Organ einer Körperschaft bestellt seien, führe aber die Gutschrift
auf dem Zeitwertkonto zum Zufluss von Arbeitslohn. Damit war der Arbeitgeber nicht einverstanden
und hat den Klageweg beschritten.
Zu Unrecht, wie der Bundesfinanzhof nun entscheiden hat. Die Rechtsfrage der Zeitwertkonten bei
Gesellschaftsorganen ist nach Meinung des Bundesfinanzhofs noch nicht abschließend geklärt. Daher
sei die vom Finanzamt erteilte Auskunft nicht evident unzutreffend und damit im Klageweg gegen die
Anrufungsauskunft nicht änderbar.
Wen bindet die Anrufungsauskunft?
Der Regelungsgehalt einer Lohnsteueranrufungsauskunft erschöpft sich darin, wie die Finanzbehörde
einen ihr zur Prüfung gestellten typischerweise hypothetischen Sachverhalt im Hinblick auf die
Verpflichtung zum Lohnsteuerabzug gegenwärtig beurteilt. Das Lohnsteuerabzugsverfahren ist nur ein
Vorauszahlungsverfahren mit vorläufigem Charakter. Dabei wird der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die
Lohnsteuer entsprechend der ihm erteilten Auskunft zu berechnen und abzuführen!
Erforderlich ist laut Bundesfinanzhof, dass das Finanzamt keine Auskunft erteilt, die offensichtlich nicht
mit dem Gesetz oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Einklang steht - soweit sie von der
Finanzverwaltung angewandt wird, d. h. kein sog. Nichtanwendungserlass besteht.
11.
Minijobs und Minderjährige: Das ist bei der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht zu
beachten
Minijobs sind zur Aufbesserung des Taschengelds bei Schülern beliebt. Da die
Altersversorgung zu diesem Zeitpunkt noch kein Thema ist, werden sie in der Regel auch die
Befreiung von der Rentenversicherungspflicht beantragen. Hier gilt für Arbeitgeber bei
Minderjährigen besondere Aufmerksamkeit.
Hintergrund
Anträge auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht können nur von geschäftsfähigen Personen
rechtswirksam gestellt werden. Die Geschäftsfähigkeit richtet sich nach zivilrechtlichen Bestimmungen.
Schüler vor Vollendung ihres 18. Lebensjahrs sind eingeschränkt geschäftsfähig. Für einen
rechtwirksamen Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ist daher die Zustimmung
des gesetzlichen Vertreters erforderlich.
Beginn der Befreiung bei rechtwirksamen Anträgen
Nur Befreiungsanträge für minderjährige Arbeitnehmer in Minijobs, die vom gesetzlichen Vertreter
unterschrieben werden, sind rechtswirksam. Die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wirkt in
diesen Fällen grundsätzlich ab Beginn des Kalendermonats, in dem der Antrag beim Arbeitgeber
17/24
eingeht, frühestens ab Beschäftigungsbeginn. Dies setzt aber voraus, dass der Arbeitgeber der
Minijob-Zentrale die Befreiung bis zur nächsten Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6
Wochen (42 Kalendertage) nach Eingang des Befreiungsantrags, anzeigt. Wird die Frist versäumt,
beginnt die Befreiung erst nach Ablauf des Kalendermonats, der dem Kalendermonat des Eingangs
der Meldung bei der Minijob-Zentrale folgt. In der Folge sind für einen längeren Zeitraum
Pflichtbeiträge zu zahlen, als es vom Arbeitnehmer beabsichtigt war.
Beginn der Befreiung bei rechtunwirksamen Anträgen
Anträge auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht, die nur vom minderjährigen Arbeitnehmer
unterschrieben worden sind, sind rechtsunwirksam. In diesem Fall bleibt der Arbeitnehmer in dem
Minijob rentenversicherungspflichtig, bis der Antrag mit Unterschrift der Eltern rechtswirksam
nachgeholt wurde.
Spezielle Kontrollen durch die Sozialversicherungsträger sind unwahrscheinlich
Minderjährige stehen quasi in allen Lebensbereichen unter einem besonderen gesetzlichen Schutz
und haben eingeschränkte Rechte und Pflichten. Insoweit kommt der Sozialversicherung keine
besondere Bedeutung zu. Grundsätzlich wird also unterstellt, dass Arbeitgeber im Umgang mit
minderjährigen Arbeitnehmern, und dies fängt schon beim Arbeitsvertrag an, besondere Sorgfalt
walten lassen.
Umgang in der Praxis
In der Praxis sieht es so aus, dass Arbeitgeber den Antrag auf Befreiung von der
Rentenversicherungspflicht zu den Entgeltunterlagen nehmen und der Minijob-Zentrale den Eingang
mit der Meldung zur Sozialversicherung anzeigen. Die Minijob-Zentrale kann dem Befreiungsantrag
widersprechen. Dies tut sie vorrangig dann, wenn die Befreiung vom Arbeitgeber nicht fristgerecht
angezeigt wurde. Hierbei wird generell unterstellt, dass ein rechtswirksam gestellter Befreiungsantrag
vorliegt.
Der Betriebsprüfdienst der Rentenversicherung kann Einsicht in die Entgeltunterlagen nehmen. Es ist
aber nicht anzunehmen, dass bei Minderjährigen zukünftig ein besonderes Augenmerk darauf liegt, ob
der Antrag vom gesetzlichen Vertreter unterschrieben worden ist.
Risiko vermeiden und neues Antragsformular nutzen
Arbeitgeber sollten aber trotzdem kein Risiko eingehen und bei Minderjährigen immer das
Einverständnis des gesetzlichen Vertreters einholen. Das Formular für den Antrag auf Befreiung von
der Rentenversicherungspflicht wurde angepasst. Es enthält jetzt den Hinweis auf die Unterschrift der
Eltern bei Minderjährigen.
12.
Wer Überstunden duldet, muss auch bezahlen
Duldet ein Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer Überstunden erbringt, muss er diese
Arbeitsleistung auch bezahlen, so das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern.
Hintergrund
In dem Fall, der dem Urteil zugrunde lag, hatte eine Altenpflegerin regelmäßig Überstunden geleistet.
Die Frau war vom 15.11.2010 bis 29.1.2012 als Altenpflegerin beschäftigt. Das monatliche
Bruttoentgelt betrug 1.300 EUR bei einer monatlichen Arbeitszeit von 130 Stunden. Nach der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses verklagte die Altenpflegerin ihren Arbeitgeber auf die Bezahlung
von 152,5 noch nicht vergütete Überstunden.
Überstunden der Altenpflegerin wurden in Dienstplänen festgehalten
Die Klägerin legte im Einzelnen dar, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten sie über die
übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hatte. Sie absolvierte täglich Touren, auf denen sie Hausbesuche
ausführte. Die Arbeitsstunden ergaben sich aus den Dienstplänen und Tourenplänen, die dem
Arbeitgeber vorlagen.
Aus den Tourenplänen waren die Überstunden zu erkennen. Sie wurden wöchentlich abgerechnet und
in die Dienstpläne übernommen. Daher war es dem Arbeitgeber jederzeit möglich, exakt zu prüfen,
inwieweit die behaupteten Überstunden tatsächlich geleistet worden waren.
18/24
Gericht: Überstunden wurden geduldet und sind zu vergüten
Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern hat der Arbeitgeber die
Überstunden geduldet. Die Duldung von Überstunden bedeutet, dass der Arbeitgeber in Kenntnis einer
Überstundenleistung diese hinnimmt und keine Vorkehrungen trifft, die Leistung von Überstunden in
Zukunft zu unterbinden, er also nicht gegen die Leistung von Überstunden einschreitet und sie
vielmehr weiterhin entgegennimmt.
Deshalb gingen die Richter davon aus, dass der beklagte Arbeitgeber von den geleisteten
Überstunden spätestens zum Ende des jeweiligen Monats Kenntnis gehabt hat. Eine Darlegung,
welche Maßnahmen er zur Unterbindung der von ihm nicht gewollten Überstunden ergriffen hat, ist
nicht ersichtlich. Somit ist von einer Duldung auszugehen und die Überstunden müssen vergütet
werden.
13.
Reisekosten 2014: Wann Fahrten zu Baustellen Reisekosten sind
Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs sind Bauausführungen oder Montagen keine
regelmäßigen Arbeitsstätten. Und was gilt ab 2014?
Hintergrund
Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs handelt es sich bei Baustellen um vorübergehende und nicht
um dauerhafte Tätigkeitsstätten. Welche infrastrukturellen Gegebenheiten der Arbeitgeber an der
Baustelle vorhält – möglich wäre eine Betriebsstätte oder Geschäftseinrichtung – ist deshalb
unerheblich. Ein steuerfreier Reisekostenersatz ist damit möglich. Das Urteil betrifft die Rechtslage bis
2013.
Geänderte Rechtslage ab 2014
Seit Jahresbeginn gilt nun aber das neue Reisekostenrecht. Als eine der wichtigsten Änderungen ist
der bisherige Begriff der "regelmäßigen Arbeitsstätte" durch die Bezeichnung "erste Tätigkeitsstätte"
ersetzt worden. Eine Baustelle kann – muss aber nicht – zur ersten Tätigkeitsstätte werden. Dafür
sorgen 2 Änderungen in den sog. Tatbestandmerkmalen:
• Zwar muss die Tätigkeit weiterhin auf Dauer angelegt sein. Davon geht die Finanzverwaltung aber u.
a. bei einer voraussichtlichen Tätigkeit von mehr als 48 Monaten (Prognose) aus. Zumindest für Großund Langzeitbaustellen kommt eine Überschreitung dieser Grenze in Betracht.
• Zudem ist der Begriff der Tätigkeitsstätte deutlich ausgeweitet worden. Bisher kamen nur ortsfeste
Einrichtungen beim eigenen Arbeitgeber in Betracht. Ab 2014 sind auch alle ortsfesten Einrichtungen
eines Dritten als erste Tätigkeitsstätte denkbar. Baustellen können zu den ortsfesten Einrichtungen
gehören, soweit die Arbeiten in oder an einem Gebäude durchgeführt werden. Das betrifft z. B. die
Gewerke der Elektriker, Trockenbauer, Bodenleger und Maler. Z. B. Tiefbauarbeiten finden aber nicht
in einer ortsfesten Einrichtung statt.
Erfüllt die Baustelle alle vorgenannten Voraussetzungen, könnte sie 2014 vom Finanzamt
zwangsweise als erste Tätigkeitsstätte angesehen werden. Die Folge wäre die Steuerpflicht von
Reisekostenerstattungen. Fahrtkosten könnten in der Steuererklärung nur noch in Höhe der
Entfernungspauschale geltend gemacht werden.
14.
Aufbewahrung: Wie lange dürfen Bewerberdaten gespeichert werden?
Bewerbungsunterlagen kommen per Post oder E-Mail ins Haus. Der Empfänger bewahrt die
Bewerbungen auf, bis er sich für einen Kandidaten entschieden hat. Und dann? Bei den
meisten Unternehmen sind die personenbezogenen Daten von Bewerbern auch dann noch
gespeichert, wenn sie für den ursprünglichen Zweck nicht mehr gebraucht werden. Doch das
ist rechtlich nicht zulässig.
Im Bundesdatenschutzgesetz ist klar geregelt, dass personenbezogene Daten von Unternehmen nur
befristet aufbewahrt werden dürfen. Danach müssen sie vernichtet bzw. gelöscht werden. Wenn also
eine Stelle nicht besetzt werden kann oder der Kandidat ungeeignet ist, fällt der Zweck
"Stellenbesetzung" weg und die Daten sind zu löschen.
Aufbewahrungsfrist von Bewerbungen liegt bei ca. 3 Monaten
Eine gerechtfertigte Aufbewahrungsfrist liegt bei ca. 3 Monaten. In diesem Zeitraum hat das
Unternehmen ausreichend Gelegenheit, ein Bewerbungsverfahren ordnungsgemäß durchzuführen.
19/24
Damit sind nicht nur die Auswahlgespräche gemeint. Der Zeitraum schließt auch eine mögliche Klage
gegen das Unternehmen, etwa wegen Diskriminierungsvorwürfen, ein. Denn für eine entsprechende
Klageerhebung besteht eine Frist von 2 Monaten.
Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnisse sind zu löschen bzw. zu vernichten
Ist die Frist abgelaufen, sind alle Bewerberdaten zu löschen, d. h., die Daten müssen unkenntlich
gemacht werden und dürfen nach ihrer Löschung nicht mehr existieren. Anschreiben, Lebenslauf,
Zeugnisse etc. sind aus den E-Mail-Verwaltungsprogrammen zu löschen bzw. Papierunterlagen im
Reißwolf zu vernichten.
Längere Aufbewahrung von Bewerbungen muss schriftlich vereinbart werden
Will ein Unternehmen die Bewerbungsunterlagen länger aufbewahren, muss der Bewerber seine
Einwilligung dazu geben. Dies kann z. B. dadurch erfolgen, dass ein Bewerber in seinem Anschreiben
mitteilt, dass seine Daten für einen möglichen späteren Kontakt gespeichert werden dürfen.
Möchte das Unternehmen sich die Möglichkeit offen halten, später erneut auf den Bewerber
zukommen zu können, um ihm eine andere Stelle anzubieten, muss das Unternehmen schriftlich um
die Einwilligung dazu beim Bewerber nachfragen.
15.
Steuerbescheid per Fax: 3-Tages-Fiktion gilt nicht
Ein Einkommensteuerbescheid, den das Finanzamt per Fax an den Steuerzahler sendet, gilt als
am gleichen Tag zugestellt. Die 3-Tages-Fiktion wie bei digitalen Bescheiden greift nicht.
Hintergrund
4 Jahre Zeit haben Finanzämter, um nach Eingang einer Einkommensteuererklärung die endgültige
Steuerschuld festzusetzen. Schafft es das Finanzamt aus welchen Gründen auch immer nicht, verjährt
die Festsetzung nach Ablauf dieser 4-Jahresfrist.
Ob die Verjährung greift oder nicht, war auch der Zankapfel in einem besonderen Rechtsstreit
zwischen einem Steuerzahler und dem Finanzamt, der abschließend vor dem Bundesfinanzhof
verhandelt werden musste. Der Auseinandersetzung lag folgende Vorgeschichte zugrunde: Der Kläger
hatte im Jahr 2004 ordnungsgemäß seine Steuererklärung für das Vorjahr abgegeben. Der endgültige
Steuerbescheid ließ aber bis zum 30.12.2008 auf sich warten, ehe er genau an diesem letzten Tag der
Festsetzungsfrist per Fax beim Steuerberater des Mandanten einging.
Gilt die Festsetzungsverjährung oder nicht?
Dagegen legte der Steuerzahler umgehend Einspruch ein mit der Begründung, dass die
Festsetzungsverjährung eingetreten sei, weil der Bescheid nicht rechtzeitig zum 31.12.2008 zugestellt
geworden sei. Die Begründung: Nach der Abgabenordnung gelte ein elektronisch übermittelter
Bescheid erst 3 Tage nach der Absendung als dem Adressaten zugestellt. Im Fachjargon spricht man
von der 3-Tages-Fiktion. Auf diese Begründung ließ sich das Finanzamt aber nicht ein und wies den
Einspruch mit dem Hinweis zurück, dass die Festsetzungsfrist gewahrt sei. Denn der Bescheid habe
noch vor Fristablauf das Finanzamt verlassen und sei dem Steuerzahler tatsächlich zugegangen.
Gerichte: 3-Tages-Fiktion greift nicht
Sowohl das Finanzgericht als auch der Bundesfinanzhof stärkten dem Finanzamt den Rücken. Der
Bescheid sei ordnungsgemäß bekannt gegeben worden, heißt es im Urteil des Bundesfinanzhofs. Er
verweist dazu auf die ständige Rechtsprechung, nach der die Schriftform auch durch Übersendung per
Telefax gewahrt sei. Denn ein Fax erfülle die gleichen Anforderungen wie ein Schriftstück und sei
daher auch kein elektronischer Verwaltungsakt, für den eine qualifizierte elektronische Signatur nach
dem Signaturgesetz erforderlich sei. Darüber hinaus berührten auch die Neuregelungen über den
elektronischen Rechtsverkehr nicht die Wirksamkeit behördlicher oder gerichtlicher Entscheidungen,
die per Fax übermittelt werden. Das gelte damit auch für den Bescheid vom 30.12.2008.
Damit hat das Finanzamt die Frist gewahrt, nach der Bescheid vor Fristablauf den Bereich des
Finanzamt verlassen haben und dem Adressaten zugegangen sein muss. Auch die Tatsache, dass der
Steuerzahler im vorliegenden Streitfall den Bescheid erst nach Ablauf der Frist erhalten hatte, ändere
daran nichts.
20/24
16.
Private Firmenwagennutzung bei einem Steuerberater
Der Ansatz einer privaten Nutzungsentnahme für einen betrieblichen Pkw lässt sich nicht mit
dem bloßen Argument abwenden, dass eine Privatnutzung nicht stattgefunden hat. In seiner
Entscheidung wandte das Hessische Finanzgericht die Regeln zum sog. Anscheinsbeweis an.
Hintergrund
Ein selbstständiger Steuerberater setzte für einen betrieblichen Pkw keine private Nutzungsentnahme
an; gegenüber dem Finanzamt erklärte er, dass er den Wagen nicht privat genutzt habe. Das Amt ging
jedoch von einer privaten (Mit-)Nutzung aus und erhöhte den Gewinn des Steuerberaters daher um
einen privaten Nutzungsvorteil, den es nach der 1 %-Regelung ermittelte.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass das Amt zu Recht eine Nutzungsentnahme angesetzt hatte. Die 1
%-Regelung ist eine grob typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung, die grundsätzlich
nur durch einen substanziierten Nachweis der privat veranlassten Kosten nach der
Fahrtenbuchmethode abgewendet werden kann.
Der Beweis des ersten Anscheins spricht regelmäßig dafür, dass zu privaten Zwecken überlassene
Firmenwagen auch tatsächlich privat genutzt werden. Der Steuerpflichtige kann diese Vermutung
jedoch durch den Gegenbeweis entkräften bzw. erschüttern. Die bloße Behauptung, dass eine
Privatnutzung nicht stattgefunden habe, genügt hierzu jedoch nicht. Auch kann der Steuerpflichtige die
pauschale Nutzungsversteuerung nicht mit dem Argument abwenden, dass das Finanzamt das
Vorliegen einer Nutzungsentnahme beweisen muss; vielmehr trifft ihn eine erhöhte Mitwirkungspflicht.
Der Steuerberater im Streitfall konnte den Beweis des ersten Anscheins nicht entkräften, da er die
Privatnutzung lediglich bestritten hatte. Aus einer vorgelegten Aufstellung über die betrieblichen
Fahrten des Vorjahrs ließen sich zudem keine Rückschlüsse auf die private Nutzung des aktuellen
Jahrs ziehen. Das Finanzgericht folgte auch nicht dem Einwand des Beraters, dass er in einem
Fahrtenbuch keine Mandantenangaben machen dürfe, da er zur Verschwiegenheit verpflichtet sei. Das
Gericht erklärte, dass ein Steuerberater nicht gegen berufsrechtliche oder strafrechtliche Normen
verstößt, wenn er Mandantenangaben in einem Fahrtenbuch macht.
17.
Auswirkungen des Mindestlohns auf Minijobs
Unabhängig davon, ob Arbeitnehmer ihren Vergütungsanspruch nach dem Mindestlohngesetz
geltend machen oder nicht: Für jeden Tag der Arbeitsleistung besteht ein Anspruch auf 8,50
EUR
pro
Stunde.
Damit
verbunden
sind
auch
Beitragsansprüche
der
Sozialversicherungsträger. Daher müssen Minijobs ab 1.1.2015 auf den Prüfstand!
Zunächst gilt die Einführung eines Mindestlohns von 8,50 EUR zum 1.1.2015 als dauerhafte
Veränderung in den Verhältnissen einer geringfügigen Beschäftigung. Grundsätzlich müssen die
Vorgaben dazu von allen Arbeitgebern beachtet werden. Die Geringfügigkeits-Richtlinien sehen für
diesen Fall zwingend eine Neubeurteilung bestehender Minijobs vor. Insoweit ist jeder Arbeitgeber
verpflichtet, die versicherungsrechtliche Beurteilung seiner Minijobber zum 1.1.2015 zu prüfen.
Rückwirkender Eintritt von Versicherungs- und Beitragspflicht
Gehen Arbeitgeber bei der Prüfung der Geringfügigkeitsgrenze von einem Entgelt unterhalb des
Mindestlohnniveaus aus, tritt rückwirkend Sozialversicherungspflicht ein, wenn sich im Nachhinein
ergibt, dass bei Zugrundelegen eines Stundenlohns von 8,50 EUR kein 450 EUR-Minijob bestand.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber vorsätzlich, fahrlässig oder in gutem Glauben
gehandelt hat. Es liegt das Entstehungsprinzip zugrunde. Es besagt, dass die Beitragsansprüche
bereits dann bestehen, wenn der Anspruch auf das Arbeitsentgelt entstanden ist. Dies gilt ebenso für
die versicherungsrechtliche Beurteilung.
Nach Prüfung Beitragsnachforderungen und Säumniszuschläge
Fälle dieser Art werden von den Rentenversicherungsträgern beanstandet und führen ggf. zu
erheblichen Beitragsnachforderungen sowie Säumniszuschlägen. Vor allem bleiben sie nicht
unentdeckt. Der Grund: Arbeitgeber müssen bei der Übermittlung von Meldungen zur
Sozialversicherung nicht nur das beitragspflichtige Arbeitsentgelt, sondern auch die dem Entgelt
zugrunde liegenden Arbeitsstunden angeben.
21/24
18.
Mehrwertsteuer auf elektronische Dienstleistungen neu geregelt
Kauft ein Kunde in Deutschland bei einem Händler im europäischen Ausland z. B. ein e-Book,
fällt künftig die Umsatzsteuer in Deutschland an und nicht mehr im Heimatstaat des Anbieters.
Der Bundesrat hat am 11.7.2014 dieser ab 1.1.2015 geltenden Neuregelung zugestimmt und damit
eine europäische Vorgabe umgesetzt. Für die betroffenen Unternehmen wird zeitgleich eine
Vereinfachung im Verfahren durch den sog. Mini-One-Stop-Shop (MOSS) eingeführt.
Die Neuregelung
Telekommunikations-, Rundfunk-, Fernseh- und auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen
an private Kunden innerhalb der Europäischen Union werden bisher in dem Staat mit Umsatzsteuer
belegt, in dem das Unternehmen ansässig ist, das die Dienstleistung erbringt. Dies gilt z. B. auch für
die großen Anbieter von Musik, e-Books, Apps und Filmen zum Download im Internet. Ab dem
nächsten Jahr sind diese Umsätze in Deutschland zu versteuern, wenn der Kunde in Deutschland
wohnt. Die Neuregelung ist im Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt
Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften enthalten.
Grundsätzlich umsatzsteuerliche Erfassung in Deutschland erforderlich
Unternehmer, die solche Leistungen erbringen, müssen sich daher grundsätzlich in Deutschland
umsatzsteuerlich erfassen lassen und hier ihren Melde- und Erklärungspflichten nachkommen.
Alternativ können sie aber auch die neue Verfahrenserleichterung des "Mini-One-Stop-Shop" (MOSS)
in Anspruch nehmen. Diese Verfahrenserleichterung gilt ab 1.1.2015 in allen Mitgliedstaaten der
Europäischen Union. Ab 2015 können Unternehmen in Deutschland ihre in den übrigen
Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgeführten Umsätze mit Telekommunikations-, Rundfunk-,
Fernseh- und auf elektronischem Weg erbrachten Dienstleistungen zentral über das Bundeszentralamt
für Steuern auf elektronischem Weg erklären und die Steuer insgesamt entrichten.
19.
Reisekosten bei Erkrankung auf einer Dienstreise
Wie ist im Fall einer Erkrankung auf einer Dienstreise mit den steuerlichen Spesen zu
verfahren? In Rechtsprechung und Literatur finden sich nur wenige Hinweise.
Tritt ein Mitarbeiter eine Dienstreise wegen Krankheit erst gar nicht an, können keine steuerfreien
Spesen gewährt werden. Bei verspätetem Beginn der Dienstreise bzw. vorzeitiger Rückkehr entfällt
zumindest für diese Tage die steuerfreie Arbeitgebererstattung von Verpflegungspauschalen und
Übernachtungskosten.
"Berufliche Veranlassung" als Indiz
Schwieriger wird es, wenn ein Mitarbeiter auf einer mehrtägigen Dienstreise zwischendurch erkrankt
und die Reise später fortführt. Z. B. bei akuten Magenbeschwerden könnte eine Fortsetzung der Reise
nach einem oder mehreren Tagen möglich sein. Das steuerliche Reisekostenrecht stellt auf die
berufliche Veranlassung einer Dienstreise bzw. Auswärtstätigkeit ab. Ob die Krankheits-Zwischentage
beruflich veranlasst sind, ist nicht abschließend geklärt.
Ein Hinweis findet sich bei der sog. 183 Tage-Regelung in Auslandsfällen: Alle Krankheitstage zählen
bei einer Anwesenheit im Tätigkeitsstaat zur Auslandstätigkeit, also wie Arbeitstage. Demnach könnten
auch während der Krankheitstage auf Reisen weiterhin Verpflegungspauschalen und
Übernachtungskosten steuerfrei erstattet werden.
An Fahrtkosten und/oder Flugkosten ändert sich in den vorstehenden Fällen regelmäßig wenig, sodass
eine steuerfreie Erstattung weiterhin problemfrei möglich ist.
Steuerfreie Erstattung der Krankheitskosten
Wichtig ist aber darüber hinaus die Behandlung der Krankheitskosten. Im Inland werden diese
regelmäßig von der Krankenkasse übernommen. Schwieriger wird es im Ausland:
Erkrankt ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer auf einer Dienstreise, kann der Arbeitnehmer
von seinem Arbeitgeber die Erstattung höherer Kosten für die Auslandsbehandlung verlangen. Der
Arbeitgeber hat die Differenz zwischen Auslands- und Inlandskrankheitskosten wegen der von ihm
veranlassten Entsendung seines Arbeitnehmers ins Ausland zu tragen. Diese Erstattung bleibt steuerund beitragsfrei.
22/24
Besonders akut wird das Problem, wenn der Mitarbeiter auf der Reise in ein Krankenhaus muss.
Selbstverständlich kann der Arbeitgeber auch hier Krankheits-Mehrkosten erstatten.
Kein Spesenanspruch bei Krankenhausaufenthalt
Kritisch wird es aber mit dem Spesenanspruch im Krankenhaus. Eine Rechtsverordnung zum
Bundesreisekostengesetz regelt, dass bei Aufnahme in ein Krankenhaus für volle Tage des
Krankenhausaufenthaltes kein Tagegeld und kein Übernachtungsgeld gewährt werden. Die Vorschrift
gilt zwar nur im öffentlichen Dienst, es spricht jedoch viel dafür, auch in der privaten Wirtschaft
entsprechend zu verfahren.
20.
Prüfungsumfang einer Lohnsteueraußenprüfung: Ausweitung auf umsatzsteuerliche Fragen
unzulässig
Die Lohnsteueraußenprüfung muss schriftlich angeordnet werden. Hierzu übersendet das
Betriebsstättenfinanzamt dem Arbeitgeber eine Prüfungsanordnung. Es ist unzulässig diese
Prüfungsanordnung von vornherein auch auf die Umsatzsteuer zu erstrecken.
Eine Prüfungsanordnung über eine Lohnsteueraußenprüfung darf sich nicht von vornherein auch auf
die Umsatzsteuer erstrecken, so das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in einem aktuellen Urteilsfall.
Finanzamt weitete Prüfungsumfang auf Umsatzsteuer aus
Die Klägerin ist eine GmbH, die mehrere Betriebsstätten hatte. Das zuständige
Betriebsstättenfinanzamt ordnete eine Lohnsteueraußenprüfung bei einer der Betriebsstätten an.
Gegenstand der Prüfung sollte laut Prüfungsanordnung unter anderem auch die Umsatzsteuer für
Sachzuwendungen und der Vorsteuerabzug aus Reisekosten der Arbeitnehmer sein. Die Klägerin
legte gegen die Prüfungsanordnung Einspruch ein, den sie damit begründete, dass sich die
Lohnsteueraußenprüfung nicht auf Fragen der Umsatzsteuer erstrecken dürfe. Für die Umsatzsteuer
sei nämlich das Finanzamt am Hauptsitz der GmbH zuständig und nicht das Betriebsstättenfinanzamt.
Das Finanzamt widersprach dem. Es führte aus, zwischen lohnsteuerlich relevanten Fragestellungen
und der Umsatzsteuer bestehe regelmäßig ein Zusammenhang, sodass hier eine Überprüfung der
Umsatzsteuerfragen gerechtfertigt sei. Nach ergehen einer Einspruchsentscheidung erhob die GmbH
Klage vor dem Finanzgericht.
Finanzgericht folgt Auffassung des Klägers
Die Klage hatte Erfolg, da das Finanzgericht ebenfalls zu der Ansicht gelangte, dass die
Prüfungsanordnung insoweit rechtswidrig sei, wie sie sich auf die Umsatzsteuer erstrecke.
Rechtsgrundlage für den Erlass der Prüfungsanordnung seien die §§ 193 ff. der Abgabenordnung, die
für die Lohnsteueraußenprüfung in Teilbereichen durch § 42f Einkommensteuergesetz modifiziert
werden würden.
Demnach seien Gegenstand einer Lohnsteueraußenprüfung die sich im Zusammenhang mit der
Lohnsteuer ergebenden Pflichten. Zudem dürften auch solche Steuern geprüft werden, die im
Zusammenhang mit der Lohnsteuer stünden. Dies gelte indes nicht für die Umsatzsteuer, da für diese
keine solche Annexzuständigkeit bestünde. Demgemäß dürfe ein örtlich unzuständiges Finanzamt
nicht von vornherein Umsatzsteuerfragen mit in die Prüfung einbeziehen.
Kontrollmitteilung anlässlich Außenprüfung zulässig
Wenn allerdings im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung Feststellungen getroffen werden würden,
die für andere Steuerarten, insbesondere die Umsatzsteuer, relevant seien, sei das Finanzamt nicht
gehindert, diese Feststellungen dem zuständigen Finanzamt mitzuteilen.
Einbeziehung von Annexsteuern zulässig
Es ist nach dem Wortlaut der Bestimmung unstreitig, dass sich eine Lohnsteueraußenprüfung auf die
Prüfung der im Zusammenhang mit der Lohnsteuer stehenden Pflichten erstreckt. Darüber hinaus ist
anerkannt, dass sich die Prüfung auch auf solche Steuern erstrecken kann, die im einen unmittelbaren
Zusammenhang mit der Lohnsteuer stehen. Dies betrifft insbesondere die Kirchensteuer und den
Solidaritätszuschlag sowie die Arbeitnehmersparzulage.
In Hinblick auf die Umsatzsteuer ist dem hier beklagten Finanzamt zugute zu halten, dass oftmals ein
enger Zusammenhang zwischen lohnsteuerlichen und umsatzsteuerlichen Fragen besteht, sodass es
durchaus nicht abwegig erscheint, einzelne umsatzsteuerliche Fragen im Rahmen einer
23/24
Lohnsteueraußenprüfung zu prüfen. Allerdings ist der Anwendungsrahmen des § 42f
Einkommensteuergesetz klar gesetzlich definiert, sodass für eine Überprüfung der Umsatzsteuer kein
Raum besteht. Hierfür stehen andere gesetzliche Möglichkeiten für die Finanzverwaltung zur
Verfügung. Insoweit ist das Urteil zutreffend.
Sie haben noch Fragen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wir beraten Sie gerne.
Mit freundlichen Grüßen
24/24
BS WESTDEUTSCHLAND GmbH
Wirtschaftsprüfung ▪ Steuerberatung
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
- Villa Bredeney Frankenstraße 348
45133 Essen
Telefon: 02 01/8 78 56-0
Telefax: 02 01/8 78 56-33 oder -49
InfoService unter: www.bswest.de
E-Mail: [email protected]
Steuer-Nr.: 5112/5784/0165
Ihre Mandanteninformationen des Monats Oktober 2014
Erfolgreiche Teilnahme am
System der Qualitätskontrolle
der WP-Kammer
Sehr geehrte Damen und Herren,
Prüfungsgesellschaft für
Qualitätskontrolle
dieser Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und
Wirtschaftsrecht des vergangenen Monats informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende
Sachverhalte zu überprüfen. Bitte lesen Sie im Einzelnen:
Bitte lesen Sie im Einzelnen:
Inhalt
Privatbereich
1.
Erbschaftsteuer: Grundstück im Zustand der Bebauung
2.
Darlehen unter Angehörigen: Abgeltungsteuersatz auf Kapitalerträge?
3.
Kindergeld und Job: 20-Stunden Grenze gilt nicht immer
4.
Häusliches Arbeitszimmer zu Fortbildungszwecken
5.
Bagatellkündigungen sind unwirksam
6.
Pokergewinne unterliegen der Umsatzsteuer
7.
Kindergeldanspruch für behinderte Kinder ab 2012
8.
Private Nutzung eines betrieblichen Tablets ist steuerpflichtig
9.
Mieter muss Fotografieren in der Wohnung nicht dulden
10.
Keine Steuerbefreiung bei letztwilliger Zuwendung eines Wohnrechts
11.
Falsche Rechtsbehelfsbelehrung bei Kindergeldrückforderungsbescheiden
12.
Ehrenamtliche Stellvertreter: Wann die Aufwandsentschädigung steuerfrei bleibt, wann nicht
13.
An der Stechuhr mehrfach getrickst - fristlose Kündigung
Unternehmer und Freiberufler
1.
Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden
2.
Nachträgliche Konkretisierung unzureichender Sammelbezeichnungen
3.
Kein Arbeitslohn bei Rabattgewährung durch Dritte
4.
Fahrergestellung als Lohn
5.
Ferrari eines Freiberuflers
6.
Bekanntgabe im Ferrari-Fax-Verfahren
7.
Zusatzbeitrag für Krankenkassen: Finanzreform erleichtert die Entgeltabrechnung
1/21
8.
Mieter kann gefährliches Wespennest sofort entfernen lassen
9.
Rechnungen über nicht erbrachte Leistungen
10.
Auch Minijobber haben Urlaubsanspruch
11.
Beginn der Einspruchsfrist: Wann der Einwurf in den Briefkasten nicht genügt
12.
Abzugsverbot für Bestechungsgelder und damit zusammenhängende Aufwendungen
13.
Steuerstundung auch möglich, wenn Geld da ist
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1.
Gewerbesteuerkürzung bei der Beteiligung an einer Grundstücks-GbR
Privatbereich
1.
Erbschaftsteuer: Grundstück im Zustand der Bebauung
Die Erbschaftsteuerermäßigung ist auch zu gewähren, wenn beim Tod des Erblassers zwar
noch kein Mietvertrag abgeschlossen worden ist, aber der Erblasser zu diesem Stichtag seine
konkrete Vermietungsabsicht selbst noch mit Beginn der Bebauung ins Werk gesetzt hat.
Hintergrund
Die Erblasserin und der Kläger erwarben 2011 die Grundstücke Y und Z zu je ½ Anteil. Auf diesen
sollten zur Vermietung vorgesehene Einfamilienhäuser errichtet werden. Die Erblasserin verstarb in
2012 und wurde vom Kläger allein beerbt. Die Einfamilienhäuser wurden im Februar 2013 fertiggestellt
und alsdann zeitnah vermietet.
Der Kläger begehrte für die Hausgrundstücke Y und Z die Steuerermäßigung mit der Begründung,
dass die Erblasserin die Vermietung der zu errichtenden Einfamilienhäuser unmittelbar nach deren
Fertigstellung geplant habe. Es habe sich deshalb um Grundstücke im Zustand der Bebauung
gehandelt, die hätten vermietet werden sollen.
Das Finanzamt gewährte die Steuerbefreiung nicht, weil die fraglichen Grundstücke im Zeitpunkt des
Todes der Erblasserin tatsächlich (noch) nicht vermietet waren.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat dem Kläger Recht gegeben und entschieden, dass die Hausgrundstücke zu
Wohnzwecken vermietet wurden, wie dies das Erbschaftsteuergesetz erfordert.
Zwar seien die Mietverträge erst nach dem Tod der Erblasserin und nach der Fertigstellung der
Objekte abgeschlossen worden. Für die Steuerermäßigung sei jedoch nicht Voraussetzung, dass
bereits der Erblasser selbst einen Mietvertrag abgeschlossen haben muss. Maßgebend sei nur, dass
das Grundstück jedenfalls letztlich vom Erwerber zu Wohnzwecken vermietet werde.
Die Steuerermäßigung sei nicht nur zu gewähren, wenn im Zeitpunkt der Steuerentstehung bereits ein
Mietvertrag abgeschlossen worden ist. Auf dieses formale Kriterium könne es schon deshalb nicht
ankommen, weil der Zeitpunkt des Abschlusses eines Mietvertrags mitunter von Zufälligkeiten
abhänge und als solcher nichts an einer bereits teilweise realisierten Absicht des Erblassers ändern
könne, das noch fertig zu stellende Gebäude zu vermieten.
2.
Darlehen unter Angehörigen: Abgeltungsteuersatz auf Kapitalerträge?
Die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes für Einkünfte aus Kapitalvermögen ist nicht
deshalb ausgeschlossen, weil Gläubiger und Schuldner Angehörige sind.
Hintergrund
Die Eheleute schlossen mit ihrem Sohn und ihren beiden volljährigen Enkeln Verträge über die
Gewährung festverzinslicher Darlehen in Höhe von insgesamt 860.000 EUR. Die (unbesicherten)
Darlehen dienten der Anschaffung fremdvermieteter Objekte durch die Darlehensnehmer. Eine
Vereinbarung über eine Vorfälligkeitsentschädigung wurde nicht getroffen. Aus den Darlehen erzielten
die Eheleute im Streitjahr 2009 Kapitalerträge von rund 29.000 EUR.
2/21
Das Finanzamt erfasste die Zinsen als der tariflichen Einkommensteuer unterliegende Kapitalerträge.
Die Klage, mit der die Eheleute die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes von 25 % geltend
machten, wurde vom Finanzgericht mit dem Hinweis auf den Gesetzeswortlaut zurückgewiesen.
Danach ist der Abgeltungsteuersatz ausgeschlossen, wenn Gläubiger und Schuldner "einander
nahestehende Personen" sind.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof vertritt einen großzügigeren Standpunkt und gab der Klage statt.
Zunächst führt der Bundesfinanzhof aus, dass die Darlehen nach den Maßstäben des Fremdvergleichs
anzuerkennen und der Besteuerung zugrunde zu legen sind, auch wenn sie nicht besichert waren und
keine Vorfälligkeitsregelung vereinbart war. Denn die schriftlich fixierten Verträge waren tatsächlich
gewollt und wurden abredegemäß durchgeführt.
Sodann legt der Bundesfinanzhof dar, dass die Eheleute als Gläubiger einerseits und der Sohn sowie
die Enkel als Schuldner andererseits – entgegen der Auffassung des Finanzamts – keine "einander
nahestehende Personen" im Sinne der gesetzlichen Regelung sind. Die weite Auslegung, dass
darunter alle Personen fallen sollen, die zueinander in einer engen Beziehung stehen, widerspricht
dem aus der Gesetzesbegründung ersichtlichen Willen des Gesetzgebers. Danach soll ein
Näheverhältnis nur dann vorliegen, wenn auf eine der Vertragsparteien ein beherrschender oder
außerhalb der Geschäftsbeziehung liegender Einfluss ausgeübt werden kann oder ein eigenes
wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen besteht. Ein – wie im Streitfall –
lediglich aus der Familienzugehörigkeit abgeleitetes persönliches Interesse genügt nicht.
Diese
enge
Auslegung
des
Ausschlusstatbestands "Näheverhältnis"
ist
auch
aus
verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Gegen die Ungleichbehandlung der Einkünfte aus
Kapitalvermögen gegenüber anderen Einkunftsarten, die nach dem progressiven Tarif besteuert
werden, bestehen zwar keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn der Gesetzgeber ist nicht daran
gehindert, die Erwerbsgrundlage "Finanzkapital" dadurch zu erfassen, dass alle Kapitaleinkünfte an
der Quelle besteuert und mit einer Definitivsteuer belastet werden. Es würde jedoch zu einer
Diskriminierung der Familie führen, wenn der Ausschluss des gesonderten Tarifs an bestimmte enge
familienrechtliche Beziehungen geknüpft würde und – anders als bei fremden Dritten – auch dann
eintreten würde, wenn der Darlehensvertrag einem Fremdvergleich standhält. Dies gilt auch dann,
wenn aufgrund des Steuersatzgefälles die Entlastung des Darlehensnehmers durch den
Schuldzinsenabzug höher ist als die steuerliche Belastung des Darlehensgebers und sich somit ein
Gesamtbelastungsvorteil ergibt. Denn Ehe und Familie begründen bei der Einkünfteermittlung keine
Vermögensgemeinschaft.
3.
Kindergeld und Job: 20-Stunden Grenze gilt nicht immer
Ein Auszubildender, der ein duales Studium absolviert, hat nach einer Entscheidung des
Finanzgerichts Münster Anspruch auf Kindergeld, auch wenn er nebenher mehr als 20 Stunden
in der Woche arbeitet.
Hintergrund
Ob Eltern für ihre Kinder nach Vollendung des 18. Geburtstags noch Kindergeld erhalten, hängt von
unterschiedlichen Voraussetzungen ab. So haben volljährige Kinder, die bereits über eine Ausbildung
verfügen oder sich in einer weiteren Ausbildung oder in der Übergangszeit zwischen 2 Ausbildungen
befinden, nur dann einen Anspruch, wenn der Nebenjob folgende Bedingungen erfüllt:
•
Es handelt sich um Einkommen aus einem Ausbildungsverhältnis.
•
Es handelt sich um Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung (Minijob).
•
Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit überschreitet 20 Stunden nicht.
Der Fall
Genau um den dritten Punkt ging es im Streitfall. Der Sohn des Klägers hatte nach seinem Abitur mit
einer Berufsausbildung zum Industriekaufmann begonnen. Entsprechend der Stellenausschreibung
nahm er parallel dazu ein Bachelor-Studium im Studiengang "Business Administration" an einer dualen
Hochschule auf, das er nach bestandener Prüfung zum Industriekaufmann fortsetzte. Daneben
arbeitete er 24 Stunden wöchentlich in seinem Ausbildungsbetrieb.
3/21
Den Antrag auf Weiterzahlung des Kindergelds nach Abschluss der Prüfung zum Industriekaufmann
lehnte die Familienkasse indes ab. Begründung: Das Studium sei nicht begünstigt, weil der Sohn des
Klägers eine Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden pro Woche ausübe.
Klage vor dem Finanzgericht erfolgreich
Dieser Begründung folgte das Finanzgericht Münster aber nicht. Der Student habe zwar seine
erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen. Das Studium sei jedoch trotz des Umfangs der
Beschäftigung von mehr als 20 Stunden pro Woche begünstigt, weil es sich hierbei um ein
Ausbildungsverhältnis handele. Dies ergebe sich aus den Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber und
aus der Verzahnung der Tätigkeit mit dem Studium. Entsprechend der Stellenausschreibung könne der
Sohn mit dem Abschluss "Industriekaufmann" noch nicht als endgültig ausgebildet betrachtet werden.
4.
Häusliches Arbeitszimmer zu Fortbildungszwecken
Der Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmers zu Fortbildungszwecken kann
ungeachtet der Verfügbarkeit eines dienstlichen Arbeitsplatzes nur in Betracht kommen, wenn
eine arbeitsvertraglich bestimmte Pflicht zur Fortbildung mit dem gleichzeitigen Verbot des
Arbeitgebers zur Fortbildung am dienstlichen Arbeitsplatz verbunden ist.
Sachverhalt
Die von dem Kläger geltend gemachten Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, welches er
zu Fortbildungszwecken genutzt hat, hat das Finanzamt nicht als Werbungskosten anerkannt, da das
Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung des Klägers bildete. Nach
erfolglosem Einspruchsverfahren machte der Kläger mit seiner Klage geltend, dass er das
Arbeitszimmer zu Fortbildungszwecken nutze. Er sei als Angestellter in der Steuerabteilung seines
Arbeitgebers tätig, weshalb er sich regelmäßig im steuerlichen Bereich fortbilden müsse. Hierfür bleibe
ihm während seiner wöchentlichen Arbeitszeit von 42-50 Stunden weder ausreichend Zeit noch finde
er hierfür die nötige Ruhe. Da ihm sein Arbeitsplatz aber nur von Montag bis Freitag zur Verfügung
stehe, bilde er sich am Wochenende in seinem häuslichen Arbeitszimmer fort.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat den Abzug der Kosten für das Arbeitszimmer abgelehnt, da dem Kläger für die
berufliche Tätigkeit sein Büroarbeitsplatz zur Verfügung stand, den er im konkret erforderlichen
Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Die Notwendigkeit,
sich mit aktueller Rechtsprechung und Literatur auf dem Gebiet des Steuerrechts vertraut zu machen,
ist nach der Überzeugung des Gerichts mit der täglichen Bearbeitung steuerlicher Fragestellungen
zeitlich und sachlich untrennbar verwoben. Mit einer solchen Tätigkeit geht zweifellos ein Lerneffekt
einher, der den Begriff "Fortbildung" verdient. Der Kläger hatte außerdem die Möglichkeit, die von ihm
für erforderlich erachtete Fortbildung auch vor oder nach der regelmäßigen Arbeitszeit in seinem Büro
vorzunehmen, zumal das Bürogebäude montags bis freitags von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr, mithin 80
Stunden wöchentlich geöffnet war. Damit wären dem Kläger arbeitstäglich etwa 6 Stunden verblieben,
in denen er sein Büro hätte nutzen können.
5.
Bagatellkündigungen sind unwirksam
Die Fälle häufen sich. Ob der Biss in eine Frikadelle, die Mitnahme von Essensresten oder der
Wertbon von 1,30 EUR – Arbeitgeber reagieren in solchen Fällen zunehmend häufiger mit
sofortiger Kündigung. Die Gerichte haben inzwischen eine Bagatellgrenze gezogen.
Hintergrund
Im aktuellen Fall ging es um ein Krabbenbrötchen. Eine Mitarbeiterin von Karstadt, die in der
Feinkostabteilung beschäftigt war, konnte im August 2013 dem Anblick eines appetitlichen
Krabbenbrötchens nicht dauerhaft widerstehen. Kurzerhand nahm sie die mit Nordseekrabbensalat
belegte Brötchenhälfte und biss hinein. Ihr Vorgesetzter hatte sie bei ihrem verbotenen Tun
beobachtet. Dieser drohte zunächst mit Entlassung, kündigte sodann fristlos und sprach wenig später
auch die fristgerechte Kündigung aus.
Mitarbeiterin wehrt sich
Die Mitarbeiterin hielt die sofortige Kündigung für ein kleinkariertes Verhalten ihres Chefs und wehrte
sich vor dem Arbeitsgericht. Dieses gab ihr ebenso wie das zweitinstanzlich mit der Sache befasste
4/21
Landesarbeitsgericht Recht. Das Landesarbeitsgericht wies zunächst darauf hin, dass die Kündigung
eines Arbeitsverhältnisses die einschneidendste aller denkbaren Reaktionen für den Arbeitnehmer sei.
Arbeitgeber muss mildere Mittel in Betracht ziehen
Nach Auffassung der Landesarbeitsrichter darf ein Arbeitgeber die sofortige Kündigung als Ultima
Ratio nur dann aussprechen, wenn kein angemessenes, milderes Mittel zur Ahndung eines Verstoßes
zur Verfügung steht. Dieser Grundsatz gelte bei einem rechtswidrigen Verhalten des Arbeitnehmers
jedenfalls dann, wenn es sich bei dem angerichteten Schaden um einen Bagatellschaden handle.
Vertrauensverhältnis nicht grundlegend zerstört
Das Argument des Arbeitgebers, dass durch ein rechtswidriges Verhalten mit strafrechtlichem
Charakter das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber endgültig zerstört sei,
ließen die Richter nicht gelten. Die Höhe eines Schadens könne bei der Bewertung eines
Fehlverhaltens nicht außer Betracht bleiben, auch wenn durch das Fehlverhalten eine Straftat
verwirklicht würde. Zu den Arbeitgeberpflichten gehöre es in einem solchen Fall angemessen, d. h.
unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu reagieren.
Zunächst Abmahnung erforderlich
Danach habe der Arbeitgeber zu prüfen, welche Handlungsoptionen zur Ahndung des Fehlverhaltens
des Arbeitnehmers in Betracht kämen. Bei einer Schadenshöhe in der Größenordnung von wenigen
Euro sei es für den Arbeitgeber regelmäßig zumutbar, zunächst eine Abmahnung für das
Fehlverhalten des Arbeitnehmers zu erteilen. Die Abmahnung sei grundsätzlich ein geeignetes
Instrument zur Wahrung der Interessen des Arbeitgebers an einer Einhaltung der arbeitsrechtlichen
Vorschriften. Auf diese Weise werde dem Arbeitnehmer sein Fehlverhalten nochmals eindringlich vor
Augen geführt. Im Wiederholungsfall müsse der Arbeitnehmer allerdings dann mit einer endgültigen
Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechnen. Die Kündigungsschutzklage der Karstadt-Mitarbeiterin
hatte somit Erfolg.
Rechtsprechung zu Bagatellfällen inzwischen gefestigt
Mit seiner Entscheidung folgte das Landesarbeitsgericht dem höchstrichterlich vom
Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall "Emmely". In einer Grundsatzentscheidung hatte das
Bundesarbeitsgericht über den Fall einer Kassiererin zu befinden, die Wertbons im Wert von 1,30 EUR
eingelöst hatte, die der vorgesetzte Filialleiter ihr angeblich zur Verwahrung gegeben hatte. In seiner
viel beachteten Entscheidung entschied das Bundesarbeitsgericht – in Abweichung von den
Vorinstanzen –, dass bei der langjährigen Mitarbeiterin, die sich bisher nichts hatte zu Schulden
kommen lassen, eine sofortige Kündigung unverhältnismäßig sei, da der angerichtete Schaden von
1,30 EUR in keiner angemessen Relation zum scharfen Schwert einer sofortigen Kündigung stünde.
Auch in diesem Fall hätte der Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung erteilen müssen.
6.
Pokergewinne unterliegen der Umsatzsteuer
Ein professioneller Pokerspieler kann mit seinen Gewinnen der Umsatzsteuer unterliegen. Dies
hat der 15. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden.
Hintergrund
Der Kläger nahm über einen Zeitraum von mindestens 9 Jahren an Pokerturnieren, Cash-Games
sowie an Internetveranstaltungen teil. Neben den Preisgeldern erzielte er keine weiteren Einnahmen,
nachdem er bei seinem Arbeitgeber unbezahlten Urlaub genommen hatte. Die Preisgelder gab er in
seinen Steuererklärungen nicht an. Nachdem insbesondere durch ein Internet-Interview des Klägers
bekannt geworden war, dass er an zahlreichen Turnieren teilgenommen hatte, führte das Finanzamt
eine Betriebsprüfung durch und schätzte die Umsätze des Klägers auf Grundlage der Bareinzahlungen
auf seinem Konto. Hiergegen wandte sich der Kläger, weil er nach seiner Ansicht kein Berufsspieler
sei, sondern vielmehr nicht steuerbare Spielgewinne erzielt habe.
Entscheidung
Das Gericht folgte dem nicht und wies die Klage ab. Der Kläger hat durch die Teilnahme an den
Turnieren sonstige Leistungen erbracht und dabei Einnahmen erzielen wollen. Nach den
Gesamtumständen ist er auch als Unternehmer anzusehen. Hierfür spricht, dass der Kläger über einen
längeren Zeitraum in regelmäßigen Abständen an jährlich 5 bis 8 Pokerturnieren und darüber hinaus
an Cash-Games und Internetveranstaltungen teilgenommen hat. Dabei hat er sich zum einen wie ein
5/21
Profi und nicht wie ein Freizeitspieler verhalten, was sich zum einen an der Unterbeteiligung anderer
Spieler zur Erhöhung der Gewinnchancen zeigt. Zum anderen sprechen hierfür auch die Aufgabe der
Berufstätigkeit sowie der Umstand, dass der Kläger umfangreiche Reisen in Kauf genommen hat. Da
er sein Unternehmen vom Inland aus betrieben hat, unterliegen auch die im Ausland erzielten Gewinne
der Umsatzsteuer. Das Finanzamt ist deshalb zur Schätzung der Umsätze befugt gewesen, weil der
Kläger seinen Aufzeichnungs- und Erklärungspflichten nicht nachgekommen ist.
7.
Kindergeldanspruch für behinderte Kinder ab 2012
Auch nach Wegfall der Einkommensgrenze besteht ein Kindergeldanspruch ab 2012 für
behinderte Kinder nur dann, wenn das behinderte Kind nicht in der Lage ist, sich selbst zu
unterhalten.
Bei behinderten Kindern wirkt sich ab 2012 die vorhandene Fähigkeit zum Selbstunterhalt
kindergeldschädlich aus. Für die Berechnungen des Grundbedarfs ist anstelle der bisherigen
Einkommensgrenze nunmehr der Grundfreibetrag des § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG in Ansatz zu
bringen.
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten um Kindergeld für den seelisch behinderten Sohn der Klägerin. Dieser hat seit
2007 einen Grad der Behinderung von 70, bezieht seit 2002 eine Rente wegen voller
Erwerbsunfähigkeit und lebt in einem eigenen Haushalt. Die Familienkasse berechnete den Bedarf und
die verfügbaren Mittel des Sohns und hob die Kindergeldfestsetzung ab 1.9.2012 auf, da der Sohn
durch eigene verfügbare finanzielle Mittel in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 die Einkünfte- oder
Bezügegrenze entfallen sei, sodass Kindergeld unabhängig von den eigenen Einkünften des Sohns zu
gewähren sei.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat entschieden, dass der Sohn der Klägerin in der Lage ist, sich selbst zu
unterhalten. Ein Kind ist dann imstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es über eine wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit verfügt, die zur Bestreitung seines gesamten notwendigen Lebensunterhalts
ausreicht. Der gesamte existenzielle Lebensbedarf des behinderten Kinds setzt sich dabei
typischerweise aus dem allgemeinen Lebensbedarf (Grundbedarf) und dem individuellen
behinderungsbedingten Mehrbedarf zusammen. Für den Streitzeitraum 2012 ist der Grundbedarf mit
8.004 EUR zu bemessen. Hinzu kommt ein individueller behinderungsbedingter Mehraufwand. Erbringt
der Steuerpflichtige keinen Einzelnachweis, kann der jeweils maßgebliche Behinderten-Pauschbetrag
als Anhalt für den betreffenden Mehrbedarf dienen. Verfügt das behinderte Kind über ausreichende
eigene finanzielle Mittel, besteht für zusätzliche Aufwendungen der Eltern grundsätzlich keine
Notwendigkeit.
8.
Private Nutzung eines betrieblichen Tablets ist steuerpflichtig
Darf ein selbstständiger kommunaler Mandatsträger einen ihm überlassenen Tablet-PC auch
privat nutzen, entsteht steuerpflichtiger Sachbezug. Doch diese Vorteilsbesteuerung lässt sich
vereinfachen oder sogar vermeiden – auch für einen Arbeitnehmer.
Wird einem kommunalen Mandatsträger einer Gebietskörperschaft, der Einkünfte aus selbstständiger
Arbeit erzielt, ein Tablet-PC auch für private Zwecke überlassen, wird hierdurch ein steuerpflichtiger
Sachbezug ausgelöst. Nach einem Erlass des Finanzministeriums Mecklenburg-Vorpommern muss
der Mandatsträger den Sachbezug als Betriebseinnahme versteuern. Die Steuerbefreiung für
Aufwandsentschädigungen aus öffentlichen Kassen ist nach Auffassung des Finanzministeriums nicht
anwendbar, da der Vorteil keine Aufwandsentschädigung im Sinne dieser Vorschrift darstellt.
Vereinfachungsregelung zur Vorteilsermittlung
Aus Vereinfachungsgründen ist es zulässig von einer jeweils hälftigen privaten und beruflichen
Nutzung des Tablets auszugehen. Dementsprechend müssen die anfallenden Kosten für das Gerät
aufgeteilt werden. Der zu versteuernde geldwerte Vorteil errechnet sich beispielhaft wie folgt:
•
Durchschnittliche monatliche Kosten für Datenflat,
•
Gerätezuschlag und Einmalkosten 36,29 EUR
6/21
•
hiervon 50 % 18,00 EUR
•
jährlich zu versteuernder geldwerter Vorteil 216,00 EUR
Ausweg aus der Vorteilsversteuerung
Das Finanzministeriums zeigt auch auf, wann eine private Nutzungsversteuerung unterbleiben kann:
Wird das Tablet im ganz überwiegendem Interesse der Gebietskörperschaft überlassen und ist die
Privatnutzung nicht erlaubt, muss der Mandatsträger keine zusätzlichen Betriebseinnahmen aufgrund
der Überlassung versteuern. Ein solches ganz überwiegendes Interesse der Körperschaft ist
anzunehmen, wenn sie ein digitales Informationssystem betreibt und dem Mandatsträger die
Sitzungsunterlagen digital zur Verfügung stellt.
Privatnutzung durch Arbeitnehmer wäre steuerbefreit
Würde es sich bei dem Mandatsträger um einen Arbeitnehmer handeln, wäre die Privatnutzung
steuerbefreit.
Die Steuerbefreiung für Arbeitnehmer umfasst unter anderem die private Nutzung des betrieblichen
Internetzugangs, betrieblicher PC, Notebooks oder Tablets oder auch die Überlassung von
betrieblicher Anwendungssoftware zur privaten Nutzung.
Wo und wann die Privatnutzung stattfindet ist hierbei grundsätzlich unbedeutend. Genauso wenig, wie
das Verhältnis der privaten zur beruflichen Nutzung.
9.
Mieter muss Fotografieren in der Wohnung nicht dulden
Der Mieter einer Wohnung muss es nicht dulden, dass der Vermieter Fotos in der Wohnung
macht, um diese in eine Anzeige im Internet einzustellen.
Hintergrund
Die Eigentümerin einer Wohnung beabsichtigt, diese zu verkaufen. Die Eigentumswohnung ist
vermietet. Die Eigentümerin möchte in der Wohnung Fotos machen, um diese für ein Exposé und eine
Anzeige im Internet zu verwenden. Der Mieter lehnt das Fotografieren seiner Wohnräume ab.
Die Eigentümerin meint, ohne Bilder aus der Wohnung sei es ihr nicht möglich, die Wohnung in
zeitgemäßer Weise zu verkaufen.
Entscheidung
Der Mieter muss es nicht dulden, dass die Eigentümerin Fotos in der Wohnung macht.
Duldungspflichten des Mieters sind mit Ausnahme von der Modernisierung nicht gesetzlich normiert.
Ein Duldungsanspruch kann sich allein aus § 535 BGB ergeben. Bei den Duldungspflichten sind die
Rechte und Interessen der Vertragsparteien zu berücksichtigen und in einen angemessenen Ausgleich
zu bringen.
Auf der einen Seite steht das Eigentumsrecht der Vermieterin. Hierzu gehört auch das Recht der
Veräußerung. Auf der anderen Seite stehen das Besitzrecht des Mieters, sein allgemeines
Persönlichkeitsrecht und das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung. Diese Interessen sind
gegeneinander abzuwägen.
Bei der Abwägung ist zu berücksichtigen, dass die Vermieterin den unmittelbaren Besitz an der
Wohnung durch die Vermietung freiwillig aufgegeben hat. Außerdem ist der Eingriff in die Privatsphäre
des Mieters durch die Veröffentlichung von Bildern im Internet nicht unerheblich. Bilder aus der
Wohnung erlauben einen Einblick in die grundrechtlich geschützte Wohnung des Mieters und seiner
Familie, obgleich hierin gerade der grundrechtlich geschützte Rückzugsraum zu sehen ist.
Wohnung ist auch ohne Bilder verkäuflich
Demgegenüber weist der Eingriff in das Verwertungsrecht eine geringere Intensität auf. Auch wenn
heute viele Wohnungen im Internet angeboten werden, ist eine Wohnung nicht deshalb fast
unverkäuflich, wenn diese nicht mit Bildern im Internet inseriert wird. Auch im Internet werden
Wohnungen nur mit Außenansichten und Grundrissen angeboten. Schließlich ist es nach wie vor
üblich, dass Wohnungen in Zeitungen oder bei Maklern und nicht im Internet inseriert werden. Hinzu
kam noch, dass es nach eigenen Angaben der Vermieterin schon Interessenten für die Wohnung gab.
Insgesamt haben hier die Interessen des Mieters Vorrang. Denn dieser würde durch die Fertigung und
insbesondere Veröffentlichung der Fotos in seiner Privatsphäre nicht unerheblich betroffen, während
7/21
die Vermieterin lediglich geringfügig in ihrem Eigentum eingeschränkt wird. Ob die Abwägung anders
zu treffen wäre, wenn die Fotos lediglich für ein auf Papier in kleiner Stückzahl gedrucktes Exposé
gefertigt werden sollten, kann hier dahinstehen.
Die Besichtigung der Wohnung durch Kaufinteressenten muss der Mieter hingegen dulden.
10.
Keine Steuerbefreiung bei letztwilliger Zuwendung eines Wohnrechts
Ein steuerbegünstigter Erwerb eines Familienheims liegt nur vor, wenn der länger lebende
Ehegatte endgültig zivilrechtlich Eigentum erwirbt.
Hintergrund
A wurde von ihrem Ehemann E neben dessen beiden Kindern aus erster Ehe zu einem Drittel als
Miterbin eingesetzt. Zum Nachlass gehörte ein mit einem Zweifamilienhaus bebautes Grundstück.
Entsprechend den testamentarischen Verfügungen des E wurde das Eigentum jeweils zur Hälfte an
die beiden Kinder übertragen und der A unentgeltlich ein lebenslanges, dinglich gesichertes
Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht an der in dem Haus befindlichen Wohnung eingeräumt, die die
Eheleute gemeinsam bewohnt hatten.
Das Finanzamt ging bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer davon aus, die Steuerbefreiung für
Familienheime sei auf den Erwerb von bloßen Wohnungsrechten nicht anwendbar. Die Regelung
setze voraus, dass der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner das "Eigentum oder Miteigentum"
an der Immobilie erwerbe. Das Finanzamt bezog daher den Kapitalwert des der A eingeräumten
Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts in die Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs ein. Dem folgte
das Finanzgericht unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut und wies die Klage ab.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof ist ebenfalls der Auffassung, dass ein von der Erbschaftsteuer befreiter Erwerb
eines Familienwohnheims von Todes wegen nur vorliegt, wenn der länger lebende Ehegatte endgültig
zivilrechtlich Eigentum oder Miteigentum an der Immobilie erwirbt. Die letztwillige Zuwendung eines
Wohnrechts ist nicht begünstigt.
Der Bundesfinanzhof verweist auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut. Dass A die Wohnung weiterhin
nutzt, ist unerheblich. Eine Auslegung gegen den Gesetzeswortlaut lehnt der Bundesfinanzhof ab.
Denn nach dem Gesetzeszweck soll nur derjenige in den Genuss der Steuerbefreiung kommen, der
endgültig das Eigentum erhält. Das folgt auch aus der Vorschrift, die den Wegfall der Steuerbefreiung
für den Fall vorsieht, dass der überlebende Ehegatte das Familienheim aufgrund einer Verfügung des
Erblassers auf einen Dritten oder im Rahmen der Nachlassteilung auf einen Miterben überträgt.
11.
Falsche Rechtsbehelfsbelehrung bei Kindergeldrückforderungsbescheiden
Bescheide der Bundesagentur für Arbeit (BA) über die Rückforderung von Kindergeld können
bis zu einem Jahr nach ihrer Bekanntgabe angefochten werden. In 2 Entscheidungen begründet
das Finanzgericht Köln die Verlängerung der einmonatigen Einspruchsfrist mit der Verwendung
einer irreführenden Rechtsbehelfsbelehrung.
In beiden Verfahren hob die BA wegen fehlender Nachweise die Kindergeldfestsetzungen rückwirkend
auf und forderte jeweils ca. 6.000 EUR Kindergeld zurück. Die Kindergeldempfänger reichten die
fehlenden Nachweise erst nach Ablauf der einmonatigen Einspruchsfrist ein. Die BA wies die
Einsprüche wegen des Versäumens der Einspruchsfrist als unzulässig zurück.
Das Finanzgericht gab den hiergegen erhobenen Klagen nunmehr im Wesentlichen statt. Die von der
BA verwendeten Rechtsbehelfsbelehrungen seien irreführend. Insbesondere der nach der eigentlichen
Belehrung über die einmonatige Einspruchsfrist folgende Hinweis "Wenn Sie mit der aufgeführten
Forderung grundsätzlich nicht einverstanden sind, wenden Sie sich bitte an die zuständige
Familienkasse" erwecke den Eindruck, dass unabhängig von der fristgebundenen
Einspruchseinlegung die Möglichkeit bestehe, sich auch nach Ablauf der Einspruchsfrist bei der BA
gegen den Bescheid zu wenden. Damit setze die Rechtsbehelfsbelehrung die Einspruchsfrist nicht in
Gang und der Einspruch könne innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe der Bescheide eingelegt
werden.
8/21
12.
Ehrenamtliche Stellvertreter: Wann die Aufwandsentschädigung steuerfrei bleibt, wann nicht
Steuerrechtlich gehören Aufwandsentschädigungen zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Im
öffentlichen Dienst können sie in bestimmtem Umfang steuerfrei gewährt werden. Ein neuer
Erlass des Finanzministeriums Baden-Württembergs fasst geltende Besteuerungsgrundsätze
zusammen.
Der Erlass des Finanzministeriums zeigt die Besteuerungsgrundsätze für ehrenamtliche
Bürgermeister, hauptamtliche Ortsvorsteher und Gemeinderäte, die zum ersten Stellvertreter des
Bürgermeisters bestellt sind, auf. Die folgenden Aspekte der Weisung sind besonders hervorzuheben.
Gemeinderäte als erster Stellvertreter
Ist in einer Gemeinde kein Beigeordneter als Vertreter des Bürgermeisters bestellt, wird der
Bürgermeister im Verhinderungsfall durch ein Mitglied des Gemeinderats vertreten. Das
Finanzministerium weist darauf hin, dass gezahlte Aufwandsentschädigungen für die Tätigkeit als
Gemeinderat und erster Stellvertreter in diesem Fall insoweit steuerfrei bleiben, wie sie dem für
Fraktionsvorsitzende entsprechend der Gemeindegröße maßgebenden Höchstbetrag entsprechen.
Die entsprechenden Höchstbeträge können dem Erlass des Finanzministeriums Baden-Württemberg
vom 21.1.2014 entnommen werden.
Ausnahme: Stellvertreter zugleich Fraktionsvorsitzender
Etwas anderes gilt, wenn der erste Stellvertreter des Bürgermeisters zugleich Fraktionsvorsitzender ist:
In diesem Fall sind die bezogenen Entschädigungen für die Tätigkeit als Gemeinderat, erster
Stellvertreter und Fraktionsvorsitzender zusammenzurechnen; vom Gesamtbetrag bleibt dann der
oben erwähnte Höchstbetrag steuerfrei.
Das Finanzministerium weist darauf hin, dass dem Amtsträger
Reisekostenvergütungen nach § 3 Nr. 13 EStG gezahlt werden können.
daneben
steuerfreie
Steuerpflichtiger Teil der Aufwandsentschädigung
Soweit die gezahlte Aufwandsentschädigung den steuerfreien Höchstbetrag übersteigt, liegt
lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Die Lohnsteuer darauf darf pauschaliert werden, wenn die
gesetzlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.
Übertragbares Abzugsvolumen
Wenn der Amtsträger seinen steuerfreien Höchstbetrag für die Tätigkeit als Gemeinderat nicht voll
ausgeschöpft hat, kann er das verbleibende Abzugsvolumen auf die Entschädigungen übertragen, die
er als erster Stellvertreter des Bürgermeisters erhalten hat.
Werbungskostenabzug
Das Finanzministerium weist darauf hin, dass durch den Erhalt der steuerfreien
Aufwandsentschädigungen grundsätzlich sämtliche beruflich veranlassten Aufwendungen der
Stellvertretertätigkeit abgegolten sind (z. B. Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer, Mitgliedsbeiträge,
beruflich veranlasste Fahrtkosten). In der Regel kann der erste Stellvertreter des Bürgermeisters also
keine zusätzlichen Werbungskosten für seine Tätigkeit geltend machen.
Eine Ausnahme ist jedoch möglich: Wenn er dem Finanzamt nachweist, dass sein beruflicher Aufwand
höher ist als die steuerfrei belassene Aufwandsentschädigung, kann er zumindest den übersteigenden
Teil als Werbungskosten abziehen.
Hauptamtliche Ortsvorsteher
Aufwandsentschädigungen von hauptamtlichen Ortsvorstehern sind bis zur Höhe des Betrags
steuerfrei, der bei einem ehrenamtlichen Bürgermeister (mit entsprechender Einwohnerzahl) steuerfrei
bleiben würde. Neben den steuerfreien Aufwandsentschädigungen dürfen auch hauptamtlichen
Ortsvorstehern Reisekosten steuerfrei nach § 3 Nr. 13 EStG erstattet werden.
Hauptamtliche Beamte als Ortsvorsteher
Für Ortschaften mit einer örtlichen Verwaltung kann die Hauptsatzung bestimmen, dass ein
Gemeindebeamter zum Ortsvorsteher bestellt wird.
9/21
Aufwandsentschädigungen, die diesen Personen zukommen, dürfen bis zu einer Höhe von 200 EUR
pro Monat steuerfrei belassen werden. Auch in diesen Fällen dürfen parallel steuerfreie
Reisekostenvergütungen nach § 3 Nr. 13 EStG gezahlt werden.
Steuerpflichtiger Teil der Aufwandsentschädigung
Soweit die steuerfreien Höchstbeträge überschritten werden, müssen die Aufwandsentschädigungen
dem Lohnsteuerabzug unterworfen werden (= steuerpflichtiger Arbeitslohn).
Werbungskostenabzug
Auch bei hauptamtlichen Ortsvorstehern sind durch den Erhalt der steuerfreien
Aufwandsentschädigung grundsätzlich sämtliche beruflich veranlassten Aufwendungen der Tätigkeit
abgegolten, sodass in der Regel kein Werbungskostenabzug eröffnet ist. Allerdings kann auch der
hauptamtliche Ortsvorsteher dem Finanzamt nachweisen, dass sein beruflicher Aufwand höher war als
die steuerfrei belassene Aufwandsentschädigung, sodass er den übersteigenden Teil als
Werbungskosten abziehen kann.
Ehrenamtliche Bürgermeister
Die von ehrenamtlichen Bürgermeistern bezogenen Aufwandsentschädigungen nach dem
Aufwandsentschädigungsgesetz dürfen in Höhe von einem Drittel, mindestens mit 200 EUR pro Monat
steuerfrei belassen werden. Als Höchstgrenze der Steuerbefreiung gilt jedoch der Betrag, der bei
einem hauptamtlichen Bürgermeister mit entsprechender Gemeindegröße steuerfrei belassen werden
würde. Dabei ist von der höchstmöglichen Dienstaufwandsentschädigung eines hauptamtlichen
Bürgermeisters auszugehen. Eine steuerfreie Reisekostenerstattung ist auch bei ehrenamtlichen
Bürgermeistern möglich.
Steuerpflichtiger Teil der Aufwandsentschädigung
Der Teil der Aufwandsentschädigung, der den steuerfreien Höchstbetrag übersteigt, unterliegt dem
Lohnsteuerabzug (= steuerpflichtiger Arbeitslohn).
Werbungskostenabzug
Auch bei ehrenamtlichen Bürgermeistern sind grundsätzlich sämtliche beruflich veranlassten
Aufwendungen der Tätigkeit durch den Erhalt der steuerfreien Aufwandsentschädigung abgegolten
(kein Werbungskostenabzug). Auch sie können dem Finanzamt jedoch nachweisen, dass ihr
beruflicher Aufwand höher war als die steuerfrei belassene Aufwandsentschädigung – und dann den
übersteigenden Teil als Werbungskosten abziehen.
13.
An der Stechuhr mehrfach getrickst – fristlose Kündigung
Arbeitszeitbetrug ist kein Kavaliersdelikt: Nach Tricksereien an der Stechuhr hat ein Mitarbeiter
einer Großmetzgerei trotz 25-jähriger Beschäftigung eine wirksame fristlose Kündigung
erhalten. Das verlorene Vertrauen des Arbeitgebers wiegt schwerer als die Dauer der
Betriebszugehörigkeit.
Ein langjähriger Mitarbeiter erschlich sich in 1,5 Monaten die Bezahlung von insgesamt 3,5 Stunden
Pausenzeit, indem er den Chip der Zeiterfassung mit seiner Geldbörse und der Hand verdeckte.
Fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs gerechtfertigt.
Das Arbeitsgericht als Vorinstanz sowie das Landesarbeitsgericht hielten die fristlose Kündigung
wegen Arbeitszeitbetrugs für gerechtfertigt. Laut Landesarbeitsgericht gibt das Gerät bei richtiger
Benutzung einen Piepton ab. Ein Versehen des Klägers sei ausgeschlossen, hieß es.
Längere Zeit und in beträchtlichem Umfang getäuscht
Es lag auch nicht etwa ein einmaliges Augenblicksversagen vor. Der Kläger hatte vielmehr über
längere Zeit hinweg in beträchtlichem Umfang über die erbrachte Arbeitszeit zu täuschen versucht.
Sein auf Heimlichkeit angelegtes, vorsätzliches und systematisches Fehlverhalten wiege daher
besonders schwer. Eine Hinnahme durch die Arbeitgeberin sei daher – auch für den Kläger erkennbar
– ausgeschlossen.
Gerät oft defekt
Der Einwand, dass das Zeiterfassungssystem immer wieder defekt war, half auch nicht weiter –
erheblich sei nicht, ob das Zeiterfassungssystem "immer wieder" defekt war, sondern ob dies am
Tattag so war.
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Trotz langer Beschäftigungsdauer: Ade
Auch die langjährige Arbeit im Betrieb konnte die Stelle des Mannes nicht retten. Das verlorene
Vertrauen des Arbeitgebers wiege schwerer, befand das Gericht und angesichts der Schwere der
Pflichtverletzung war es nicht zumutbar, den Kläger auch nur bis zum Ablauf der recht langen
ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.
Unternehmer und Freiberufler
1.
Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden
Sind die Vorsteuern, die die Anschaffung/Herstellung betreffen, zunächst den
Ausgangsumsätzen zuzuordnen und lediglich die danach verbleibenden Vorsteuern nach
einem Flächen- oder Umsatzschlüssel aufzuteilen?
Hintergrund
Streitig waren die Aufteilung der Vorsteuerbeträge sowie die Berichtigung des Vorsteuerabzugs.
Eine Grundstücksgemeinschaft (GbR) begann 1999 mit dem Abriss des bisherigen Gebäudes und
2001 mit dem Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses, das teils steuerfrei, teils steuerpflichtig
vermietet wurde. Die abziehbaren Vorsteuern ermittelte sie nach dem Verhältnis der voraussichtlichen
steuerpflichtigen zu den steuerfreien Ausgangsumsätzen (objektbezogener Umsatzschlüssel). Wegen
von der Planung abweichender Nutzung erklärte die GbR in der Umsatzsteuererklärung 2004 (zu ihren
Lasten) einen Vorsteuerberichtigungsbetrag, den sie ebenfalls auf der Grundlage des
objektbezogenen Umsatzschlüssels errechnete.
Das Finanzamt legte dagegen bei der Vorsteueraufteilung und der Vorsteuerberichtigung den – für die
GbR ungünstigeren – Flächenschlüssel zugrunde und forderte die seit Beginn der Bauarbeiten (1999)
abgezogenen Vorsteuern zum Teil zurück. Das Finanzgericht gab der Klage teilweise statt.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof legt dem Europäischen Gerichtshof mehrere Fragen zur Vorsteueraufteilung bei
Eingangsleistungen für ein gemischt genutztes Gebäude sowie zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs
vor.
Seit 2004 ist die Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel nur noch zulässig, wenn keine andere
wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Mit der Vorlage soll geklärt werden, ob die Vorsteuern auf
Eingangsleistungen, die die Anschaffung/Herstellung des Gebäudes betreffen, zunächst den
Ausgangsumsätzen zugeordnet werden müssen und lediglich die danach verbleibenden Vorsteuern
nach einem (weniger präzisen) Flächen- oder Umsatzschlüssel aufzuteilen sind. Ferner ist zu klären,
ob dies entsprechend auch für Vorsteuerbeträge aus den laufenden Kosten (Nutzung, Erhaltung oder
Unterhaltung) eines gemischt genutzten Gebäudes gilt. Das war in dem Urteil des Europäischen
Gerichtshofs offen geblieben.
Für die Vorsteuerberichtigung stellt sich die Frage, ob eine Änderung der Verhältnisse unionsrechtlich
auch dann vorliegt, wenn der Unternehmer die Vorsteuern zulässigerweise nach dem Umsatzschlüssel
aufgeteilt hat und Deutschland mit der Gesetzesänderung nachträglich einen anderen vorrangigen
Aufteilungsschlüssel vorschreibt. Wird diese Frage bejaht, stellt sich die weitere Frage, ob die
Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einer Vorsteuerberichtigung zu Lasten
des Unternehmers entgegenstehen.
2.
Nachträgliche Konkretisierung unzureichender Sammelbezeichnungen
Sowohl der Buch- als auch der Belegnachweis als Voraussetzungen für eine steuerfreie
Ausfuhrlieferung können hinsichtlich unklarer bzw. unvollständiger Angaben noch nachträglich
bis zur mündlichen Verhandlung beim Finanzgericht präzisiert bzw. ergänzt werden, wenn eine
Gefährdung des Steueraufkommens und eine Beeinträchtigung der Steuererhebung
ausgeschlossen sind.
Hintergrund
Der Kläger exportierte in größerem Umfang geringwertige Gebrauchtgegenstände nach der Ukraine
und Russland. In den Ausgangsrechnungen und den Ausfuhrbelegen wurden teilweise nur
11/21
Sammelbezeichnungen verwendet, z. B. Lederware Dupont, Gürtel Dupont oder Kugelschreiber
Montegrappa. Als Rechnungsbetrag wurde nur eine Gesamtsumme angeführt, aus der der Wert der
einzelnen veräußerten Gegenstände nicht ersichtlich war.
Damit war in zahlreichen Fällen die handelsübliche Bezeichnung der ausgeführten Gegenstände nicht
hinreichend konkret angegeben. Das Finanzamt versagte die Steuerbefreiung, obwohl der Kläger den
erforderlichen Nachweis durch später erstellte Anlagen zu den einzelnen Rechnungen nachträglich
erbracht bzw. ergänzt hatte.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass die genannten Exportlieferungen des Klägers umsatzsteuerfrei
sind. Sowohl der Buch- als auch der Belegnachweis als Voraussetzungen für eine steuerfreie
Ausfuhrlieferung können hinsichtlich unklarer bzw. unvollständiger Angaben noch nachträglich bis zur
mündlichen Verhandlung beim Finanzgericht präzisiert bzw. ergänzt werden, wenn eine Gefährdung
des Steueraufkommens und eine Beeinträchtigung der Steuererhebung ausgeschlossen sind. Daher
waren im Streitfall nach Auffassung des Finanzgerichts die ursprünglichen Mängel durch die spätere
Erstellung von Anlagen zu den einzelnen Rechnungen zulässig korrigiert worden. Für die Angabe der
handelsüblichen Bezeichnung ist nach Auffassung des Finanzgerichts die Aufführung von
Artikelnummern nicht zwingend erforderlich.
Im Streitfall erfolgte die Ausfuhrversendung durch eine Spedition. Zwar fehlte die insoweit als
Ausfuhrnachweis vorgesehene "Spediteursbescheinigung". Jedoch ist für den Nachweis des
Gelangens in das Drittland auch das Exemplar Nr. 3 der Einheitspapiere ausreichend, wenn diese
jeweils mit einem Ausfuhrvermerk der Ausgangszollstelle versehen sind. Das Zollverfahren erfolgt
inzwischen in der Regel elektronisch (sog. ATLAS-Verfahren).
3.
Kein Arbeitslohn bei Rabattgewährung durch Dritte
Werden Rabatte sowohl Arbeitnehmern von Geschäftspartnern als auch einem weiteren
Personenkreis eingeräumt, liegt kein Arbeitslohn vor.
Hintergrund
Zu entscheiden war, ob eine Aktiengesellschaft (AG) für Lohnsteuer auf Rabatte haftet, die ihren
Mitarbeitern von Dritten beim Abschluss von Versicherungsverträgen eingeräumt wurden. Die
Arbeitnehmer der AG erhielten von 2 Versicherungsunternehmen X und Z Produkte zu verbilligten
Tarifen. Auf dieses Angebot wurden sie im Personalhandbuch der AG hingewiesen. Die AG unterwarft
die gewährten Tarifvorteile nicht dem Lohnsteuerabzug. Zwischen der AG und den
Versicherungsunternehmen bestanden keine Vereinbarungen über die Rabatte. Die von Z gewährten
Rabatte standen Mitarbeitern aller deutschen Versicherungsunternehmen offen. Die Rabatte der X
wurden aktiven und pensionierten Mitarbeitern der inländischen X-Gesellschaften sowie Beschäftigten
bestimmter anderer Unternehmen gewährt.
Das Finanzamt war der Auffassung, bei den Rabatten handele es sich um Lohnzahlungen durch Dritte
und nahm die AG für Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer 2001 bis 2004 in Höhe von
rund 175.000 EUR in Haftung. Dem folgte das Finanzgericht. Denn über die Verweisung auf das
Personalhandbuch seien die Tarifvorteile Gegenstand des Arbeitsvertrags gewesen.
Entscheidung
Nach ständiger Rechtsprechung kann ausnahmsweise auch bei der Zuwendung eines Dritten
Arbeitslohn anzunehmen sein, wenn sie ein Entgelt "für" eine Leistung darstellt, die der Arbeitnehmer
im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt. Die Leistung des Dritten muss
sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellen und im
Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen. Dagegen liegt kein Arbeitslohn vor, wenn die
Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis
beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird.
Daher sind Rabatte, die der Arbeitgeber nicht nur seinen Arbeitnehmern, sondern auch fremden
Dritten üblicherweise einräumt, kein Arbeitslohn. Soweit und in der Höhe, als Preisnachlässe auch im
normalen Geschäftsverkehr unter fremden Dritten erzielt werden, spricht nichts dafür, dass diese
Rabatte, wenn sie auch Arbeitnehmern eingeräumt werden, als Vorteil für deren Beschäftigung
gewährt werden. Das gilt erst recht, wenn es um von Dritten gewährte Preisnachlässe geht.
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Arbeitslohn liegt dann nur vor, wenn die Vorteile nicht auf dem eigenwirtschaftlichen Interesse des
Dritten gründen, sondern die für den Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung entgelten sollen.
Das Finanzgericht hat den Entlohnungscharakter einzig daran festgemacht, dass die Tarifvorteile
Gegenstand des Arbeitsvertrags gewesen seien. Dass Dritte auf ihre Leistungen Rabatte einräumen,
lässt jedoch nicht den Schluss auf eine zusätzliche Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der
Arbeitskraft zu. Entscheidend ist, ob die Zuwendung des Dritten eine Prämie oder Belohnung für eine
Leistung ist, die der Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber erbringt.
Daran fehlt es hier. Vielmehr sicherten sich die Dritten – die Versicherungsunternehmen X und Z –
durch die Rabatte aus eigenwirtschaftlichen Gründen einen leicht zugänglichen und aufgrund der
niedrigen Marketing- und Vertriebskosten attraktiven Kundenkreis.
4.
Fahrergestellung als Lohn
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass die Chauffeurüberlassung für Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte – ab 1.1.2014 erster Tätigkeitsstätte – als geldwerter
lohnsteuerlicher Vorteil zu erfassen ist. Die Finanzverwaltung hat sich in einem ausführlichen
Schreiben mit dieser Rechtsprechung befasst.
Der geldwerte lohnsteuerliche Vorteil aus der Fahrergestellung bemisst sich grundsätzlich nach dem
um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort. Dieser Wert kann, muss
aber nicht den zeitanteiligen Personalkosten des Arbeitgebers entsprechen.
Verwaltungsseitig wird es aus Vereinfachungsgründen nicht beanstandet, wenn der geldwerte Vorteil
aus einer Fahrergestellung wie folgt ermittelt wird:
•
Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für Fahrten zwischen Wohnung und erster
Tätigkeitsstätte ein Kraftfahrzeug mit Fahrer zur Verfügung, ist der für diese Fahrten durch eine
Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten ermittelte Nutzungswert des Kraftfahrzeugs um 50 %
zu erhöhen. Für die zweite und jede weitere Familienheimfahrt anlässlich einer doppelten
Haushaltsführung erhöht sich der auf die einzelne Familienheimfahrt entfallende Nutzungswert
nur dann um 50 %, wenn für diese Fahrt ein Fahrer in Anspruch genommen worden ist.
•
Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für andere Privatfahrten ein Kraftfahrzeug mit Fahrer
zur Verfügung, ist der entsprechende private Nutzungswert des Kraftfahrzeugs wie folgt zu
erhöhen:
•
a)
um 50 %, wenn der Fahrer überwiegend in Anspruch genommen wird,
b)
um 40 %, wenn der Arbeitnehmer das Kraftfahrzeug häufig selbst steuert,
c)
um 25 %, wenn der Arbeitnehmer das Kraftfahrzeug weit überwiegend selbst steuert.
Wird der pauschal anzusetzende Nutzungswert auf die Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs
begrenzt, ist der anzusetzende Nutzungswert um 50 % zu erhöhen, wenn das Kraftfahrzeug mit
Fahrer zur Verfügung gestellt worden ist.
Der Arbeitgeber kann im Lohnsteuerabzugsverfahren den geldwerten Vorteil ansetzen. Diese Wahl
kann er im Kalenderjahr für Privatfahrten, für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte
sowie für Familienheimfahrten insgesamt nur einheitlich ausüben.
Der Arbeitnehmer kann den geldwerten Vorteil aus der Fahrergestellung im Rahmen seiner
Einkommensteuerveranlagung abweichend von dem Ansatz des Arbeitgebers bewerten und
gegenüber dem Finanzamt nachweisen. Diese Wahl kann er im Kalenderjahr für Privatfahrten, für
Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie für Familienheimfahrten insgesamt nur
einheitlich ausüben.
Eine abweichende Bewertung setzt voraus, dass der im Lohnsteuerabzugsverfahren angesetzte
Vorteil sowie die Grundlagen für die Berechnung des geldwerten Vorteils nachgewiesen werden (z. B.
durch eine formlose Mitteilung des Arbeitgebers).
5.
Ferrari eines Freiberuflers
Die Kosten eines Sportwagens sind nicht abziehbar, soweit ein ordentlicher
gewissenhafter Unternehmer die Aufwendungen nicht auf sich genommen hätte.
und
13/21
Der Fall
A betreibt eine Kleintierarztpraxis. Er erzielte in 2005 bis 2007 bei Umsätzen von rund 800.000 EUR
Gewinne zwischen 200.000 EUR und 350.000 EUR. Als betriebliches Fahrzeug hielt er einen VW
Multivan, dessen Privatanteil nach der 1 %-Regelung angesetzt wurde. Ab Oktober 2005 leaste er
einen Ferrari Spider (ein Sportwagen mit 400 PS). Nach dem Fahrtenbuch betrug die
Gesamtfahrleistung in 2005 550 km. Davon betrafen 104 km einen Kollegenbesuch, die übrigen
Fahrten dienten der Unterhaltung des Fahrzeugs (Überführung, Tanken, Reifenwechsel). In 2006 fuhr
A rund 3.800 km und in 2007 rund 2.400 km. Davon entfielen rund 3.500 km bzw. 2.100 km auf
betriebliche Fahrten, und zwar zu 9 bzw. 5 Fortbildungsveranstaltungen und zu einem Gerichtstermin.
A ermittelte für 2005 rund 28.000 EUR, für 2006 rund 36.000 EUR und für 2007 rund 34.000 EUR
Gesamtkosten und machte den betrieblichen Anteil als Betriebsausgabe geltend.
Das Finanzamt ließ für die betrieblichen Fahrten pauschal nur 1 EUR je km zum Abzug zu. Das
Finanzgericht zeigte sich generöser und erhöhte den angemessenen Teil der Fahrzeugkosten auf 2
EUR je km.
Entscheidung
Auch der Bundesfinanzhof ist der Auffassung, dass die Betriebsausgaben für den Ferrari auf einen
angemessenen Betrag zu reduzieren sind.
Der Bundesfinanzhof führt zunächst aus, dass der Ferrari dem (gewillkürten oder notwendigen)
Betriebsvermögen zuzuordnen ist. Denn ein geleastes Fahrzeug kann zum Betriebsvermögen
gehören, wenn die Grundmietzeit – wie hier – 36 Monate beträgt oder wenn es zu mehr als 50 %
betrieblich genutzt wird. Damit stellen die auf die betrieblichen Fahrten entfallenden Aufwendungen
Betriebsausgaben dar.
Der Betriebsausgabenabzug ist jedoch für Aufwendungen, die "die Lebensführung ... berühren",
eingeschränkt, "soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind".
Zweck der Regelung ist es, unangemessenen betrieblichen Repräsentationsaufwand nicht
gewinnmindernd zu berücksichtigen. Dabei geht die Rechtsprechung davon aus, dass die
Lebensführung auch bei rein betrieblicher Veranlassung berührt ist, wenn die Aufwendungen durch die
persönlichen Motive, wie dies bei der Beschaffung eines Luxusfahrzeugs dar Fall ist, mitveranlasst
sind. Ob solche Aufwendungen unangemessen sind, beurteilt sich sodann danach, ob ein ordentlicher
und gewissenhafter Unternehmer angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen
ebenfalls auf sich genommen hätte.
In die Angemessenheitsprüfung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen, vor allem Größe,
Umsatz und Gewinn des Unternehmens sowie die Bedeutung der Repräsentation für den
Geschäftserfolg. Dementsprechend ist die Anschaffung eines teuren und schnellen Wagens nicht stets
unangemessen. Im Streitfall spricht jedoch für die Unangemessenheit einerseits der absolut geringe
betriebliche Nutzungsumfang (in 3 Jahren nur 20 Tage) sowie die Beschränkung der wenigen Fahrten
auf Reisen zu Fortbildungen und Gerichtsterminen ohne Einsatz in der berufstypischen tierärztlichen
Tätigkeit und andererseits der hohe Repräsentations- sowie Affektionswert eines Luxussportwagens.
Maßstab für die Angemessenheit ist die Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Unternehmers in
vergleichbarer Situation. Der Bundesfinanzhof bestätigt den vom Finanzgericht zugrunde gelegten
Wert von 2 EUR je km als sachgerecht. Das entspricht aufwendigeren Modellen der Oberklasse
(BMW, Mercedes).
6.
Bekanntgabe im Ferrari-Fax-Verfahren
Die Bekanntgabe eines Bescheids durch Telefax ist erst mit dem Ausdruck durch das
Empfangsgerät wirksam.
Hintergrund
Die Entscheidung hat nichts mit dem PS-starken Superflitzer aus Italien zu tun. Es geht hier um das
sog. Ferrari-Fax-Verfahren der Finanzverwaltung. Dabei schickt der Sachbearbeiter des Finanzamts
eine E-Mail mit einer angehängten Datei, die den Text des zu faxenden Schreibens (wie im Streitfall
die Einspruchsentscheidung) enthält, über das Intranet der Finanzverwaltung an deren
Rechenzentrum. Das Rechenzentrum wandelt die Textdatei in ein Telefax um und sendet es über das
14/21
Telefonnetz mittels Tonsignalen an die angegebene Nummer. Die E-Mail wird nicht mit einer
elektronischen Signatur versehen. Liegt das Zeichnungsrecht beim Sachgebietsleiter, muss dieser den
Steuerfall an seinem Computer freigeben, bevor die E-Mail verschickt werden kann.
Der Fall
Im Streitfall hatte A (ein Steuerberater) gegen mehrere Bescheide Einspruch eingelegt. Das Finanzamt
wies den Einspruch mit einer zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom 17.9.2008 zurück.
Entsprechend
dem
Ferrari-Fax-Verfahren
veranlasste
es
die
Übersendung
der
Einspruchsentscheidung über das Rechenzentrum. Bei dem Telefaxgerät des A handelte es sich um
ein Multifunktionsgerät, das neben dem Empfang und Versenden von Faxen als Drucker, Scanner und
Kopierer genutzt wird.
Auf eine Mahnung des Finanzamts wegen nichtgezahlter Steuern machte A geltend, das Telefax mit
der Einspruchsentscheidung sei im Gerät seines Büros nicht eingegangen. Das damals genutzte Gerät
habe eingehende Telefaxe automatisch ausgedruckt. Er habe jedoch, wie sich auch aus seinem
Posteingangsbuch
ergebe,
keinen
entsprechenden
Ausdruck
vorgefunden.
Die
Einspruchsentscheidung sei daher nicht wirksam bekanntgeben worden. A erhob am 20.11.2008
Klage und trug vor, mangels Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung sei die Klage nicht verfristet.
Das Finanzgericht stellte durch Zwischenurteil die Zulässigkeit der Klage fest. Dagegen richtete sich
die Revision des Finanzamts.
Entscheidung
Auch der Bundesfinanzhof geht von der Zulässigkeit der Klage aus.
Der Bundesfinanzhof führt zunächst aus, dass die gesetzlich gebotene Schriftform auch durch die
Übersendung per Telefax (Computerfax oder Funkfax) gewahrt ist. Es handelt sich dabei nicht um
einen elektronischen Verwaltungsakt, sodass für die Wirksamkeit keine elektronische Signatur
erforderlich ist. Das gilt auch für die Übersendung im Ferrari-Fax-Verfahren.
Sodann stellt der Bundesfinanzhof klar, dass die wirksame Bekanntgabe eines Bescheids (hier:
Einspruchsentscheidung) durch Telefax erst mit dem Ausdruck durch das empfangende Telefaxgerät
vorliegt. Nach dem Vortrag des A und den Feststellungen des Finanzgerichts ist jedoch der bei dem
Gerät des A vorgesehene automatische Ausdruck tatsächlich nicht erfolgt. Die einmonatige Frist zur
Klageerhebung wurde daher nicht in Lauf gesetzt und die Klage ist nicht verfristet.
7.
Zusatzbeitrag für Krankenkassen: Finanzreform erleichtert die Entgeltabrechnung
Die Krankenkassen werden ab 2015 individuelle Zusatzbeitragssätze erheben. Kündigt ein
Mitglied die Kasse, ist der Versicherte während der Kündigungsfrist – anders als bisher – nicht
vor der Zahlung des Zusatzbeitrags geschützt. Diese Änderung erleichtert die
Entgeltabrechnung wesentlich.
Derzeit gilt: Kündigt der Arbeitnehmer die Mitgliedschaft bei seiner Krankenkasse, weil diese erstmalig
einen Zusatzbeitrag erhebt, muss während der zweimonatigen Kündigungsfrist der Zusatzbeitrag nicht
bezahlt werden. Dies gilt auch, wenn die Krankenkasse einen bestehenden Zusatzbeitrag erhöht.
Beide Regelungen sind im Rahmen der Finanzreform abgeschafft worden.
Zusatzbeiträge über die Entgeltzahlung
Die Zusatzbeiträge werden künftig nicht mehr vom Mitglied an die Krankenkasse gezahlt, sondern
direkt von der beitragspflichtigen Einnahme einbehalten. So sieht es das GKV-Finanzstruktur- und
Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz (GKV-FQWG) vor. Im so genannten Quellenabzugsverfahren
haben Arbeitgeber ab dem 1.1.2015 bei der Abrechnung der Entgelte die Zusatzbeiträge mit dem
originären Krankenversicherungs-Beitrag einzubehalten und an die Krankenkasse abzuführen.
Erleichterung für die Entgeltabrechnung
Würde auch weiterhin eine Kündigung bewirken, dass während der Kündigungsfrist der erstmalige
oder erhöhte Zusatzbeitrag nicht zu zahlen wäre, hätte dies fatale Folgen für die Entgeltabrechnung.
Bei jeder Veränderung des Zusatzbeitragssatzes müsste überprüft werden, welcher Arbeitnehmer
seine Mitgliedschaft gekündigt hat. Abhängig davon wären unterschiedliche Zusatzbeitragssätze zu
berücksichtigen.
15/21
Dies wollte man den abrechnenden Stellen nicht antun und hat sich von den bisher geltenden
Ausnahmeregelungen getrennt. Erhebt oder erhöht die Krankenkasse ab kommendem Jahr einen
Zusatzbeitrag, ist dieser ungeachtet einer Kündigung ab dem Inkrafttreten einzubehalten und
abzuführen.
Bindungsfrist ist hinfällig bei Kündigung wegen Zusatzbeitrag
Diese konsequente Gangart gilt auch, wenn Arbeitnehmer vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch
machen. Wählt der Arbeitnehmer eine Krankenkasse, ist er 18 Monate an diese Wahl gebunden.
Erhebt jedoch die Krankenkasse erstmals einen Zusatzbeitrag oder erhöht diesen, kann die
Mitgliedschaft bis zum Ablauf des Monats gekündigt werden, in dem der (erhöhte) Zusatzbeitrag
erstmals erhoben wird. Aber auch da gilt: Zahlung des Zusatzbeitrags während der Kündigungsfrist.
Zusatzbeitrag führt zu Mitteilungspflichten der Krankenkassen
Auch die Krankenkassen müssen sich härteren Spielregeln unterwerfen. Künftig ist jedes Mitglied
spätestens einen Monat vor Erhebung oder Erhöhung des Zusatzbeitrags schriftlich darüber zu
informieren, dass ein (Sonder-)Kündigungsrecht besteht. In diesem Schreiben muss ferner auf die
Übersicht des GKV-Spitzenverbandes hingewiesen werden, der künftig im Internet alle
Zusatzbeitragssätze der Krankenkassen abbilden wird.
Regelung bei Überschreitung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes
Obgleich der Gesetzgeber mit der Finanzreform eigentlich vom reinen Preis-Wettbewerb weg wollte,
haben die Krankenkassen in dem Schreiben darüber hinaus auf die Möglichkeit hinzuweisen, in eine
günstigere Krankenkasse zu wechseln, wenn der festgelegte Zusatzbeitragssatz den
durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz übersteigt. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag wird vom GKVSchätzerkreis ermittelt und vom Bundesgesundheitsministerium im Bundesanzeiger jeweils zum 1.11.
für das Folgejahr bekannt gegeben.
8.
Mieter kann gefährliches Wespennest sofort entfernen lassen
Geht von einem Wespennest eine akute Gefahr für den Mieter aus, darf dieser es sofort
entfernen lassen. Der Vermieter muss die Kosten erstatten.
Hintergrund
Die Mieter einer Wohnung verlangen vom Vermieter den Ersatz von Kosten für die Beseitigung eines
Wespennestes.
Im Sommer 2013 bemerkten die Mieter, dass im Balkonbereich viele Wespen flogen und entdeckten
ein Wespennest. Sie versuchten, den Vermieter telefonisch zu erreichen, allerdings erfolglos.
Daraufhin verständigten die Mieter die Feuerwehr. Diese entfernte das Wespennest aus dem
Rollladenkasten.
Die Mieter verlangen vom Vermieter Erstattung der Kosten, die für den Einsatz der Feuerwehr zur
Entfernung des Wespennestes angefallen sind. Die umgehende Entfernung des Wespennestes sei
erforderlich gewesen, um ihr Kleinkind vor Wespenstichen zu schützen. Außerdem bestehe bei einem
der Mieter eine Allergieproblematik. Der Vermieter meint, die Sache sei nicht dringlich gewesen,
sodass die Mieter hätten abwarten können, bis sie ihn erreichen.
Entscheidung
Der Vermieter muss den Mietern die Kosten für die Entfernung des Wespennestes erstatten. Dies
ergibt sich aus § 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB. Demnach kann der Mieter einen Mangel selbst beseitigen
und die hierfür erforderlichen Kosten ersetzt verlangen, wenn die umgehende Mangelbeseitigung zur
Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der Mietsache notwendig ist.
Angesichts der Besonderheiten des Einzelfalls sah das Gericht diese Voraussetzungen als gegeben
an, auch wenn es sich um eine Entscheidung im Grenzbereich handle. Aus einer Ex-Post-Sicht wäre
es den Mietern zwar zumutbar gewesen, zu warten, bis die den Vermieter erreichen. Aus der hier
maßgeblichen Ex-Ante-Sicht der Mieter, die am konkreten Tag mit einem derartigen Schwarm Wespen
konfrontiert wurden, war es aber nachvollziehbar, die Beseitigung der Wespen zu veranlassen,
nachdem sie den Vermieter nicht erreicht hatten.
16/21
9.
Rechnungen über nicht erbrachte Leistungen
Eine abgerechnete, aber tatsächlich nicht erbrachte
Rechnungsempfänger nicht zum Vorsteuerabzug und nicht zum
gibt kein Korrespondenzprinzip, wonach die Besteuerung beim
derjenigen beim Zahlenden übereinstimmen muss, vielmehr ist
Beteiligten gesondert zu prüfen.
Leistung berechtigt den
Betriebsausgabenabzug. Es
Empfänger der Zahlung mit
die Besteuerung bei jedem
Sachverhalt
Der als Versicherungsvertreter sowie Unternehmensberater tätige Kläger hat nach Auffassung des
Finanzamts Betriebsausgaben und Vorsteuerbeträge aus Scheinrechnungen für Schulungsleistungen
von beauftragten Subunternehmern abgezogen. Deshalb erhöhte das Finanzamt die Einkünfte aus
Gewerbebetrieb und den Gewerbesteuermessbetrag und kürzte den Vorsteuerabzug. Die angeblich
von dem Kläger beauftragte B-GmbH war weder im Handelsregister eingetragen noch beim Finanzamt
steuerlich geführt. Die Subunternehmer E-GmbH und F-Schulungsunternehmen hatten bei den
zuständigen Finanzämtern keine Einnahmen erklärt.
Dagegen wies der Kläger darauf hin, dass bezüglich des F-Schulungsunternehmens das Finanzamt
auf seine Nachfrage keine Bedenken gegen die geltend gemachten Vorsteuerbeträge hatte und dass
bezüglich der E-GmbH das Finanzamt mitgeteilt habe, dass die E-GmbH veranlagt worden sei. Auch
seien die abgerechneten Leistungen wirklich erbracht worden. Die durch Förderzuschüsse geförderten
Unternehmer und ihre Mitarbeiter hätten die ordnungsgemäße Durchführung der Schulungen
bescheinigt.
Entscheidung
Nach Auffassung des Finanzgerichts genügt es für den Betriebsausgabenabzug nicht, dass die
Leistung anstatt vom Empfänger des Entgelts von einem Dritten erbracht wurde; insoweit fehle es an
einer im Betrieb begründeten Leistungsbeziehung. Deshalb reicht allein die Tatsache, dass eine
Leistung dem Betrieb in Rechnung gestellt wird, für die Annahme der betrieblichen Veranlassung nicht
aus. Die Leistung muss auch tatsächlich vom Rechnungsaussteller erbracht worden sein. An dieser
Voraussetzung fehlt es im Streitfall.
Zudem gibt es kein Korrespondenzprinzip, wonach die Besteuerung beim Empfänger der Zahlung mit
derjenigen beim Zahlenden übereinstimmen muss, vielmehr ist die Besteuerung bei jedem Beteiligten
gesondert zu prüfen.
Das Finanzgericht ging davon aus, dass die abgerechneten Leistungen ganz oder teilweise nicht
erbracht worden sind. Deshalb sah sich das Finanzgericht auch nicht in der Lage, einen Teil der
Aufwendungen im Wege der Schätzung zu berücksichtigen.
Entsprechendes gilt für den Vorsteuerabzug. Da der Vorsteuerabzug mangels nachgewiesener
Leistung ausscheide, komme es auf die Frage, ob es sich bei den Schulungsunternehmen um
Scheinunternehmer handelte, nicht an. Die vom Kläger vorgelegten "Auskunftsersuchen" der
geförderten Unternehmer hielt das Finanzgericht daher nicht für entscheidungserheblich.
10.
Auch Minijobber haben Urlaubsanspruch
Ferienzeit heißt auch Urlaubszeit für die Unternehmen. Das gilt natürlich nicht nur für
Vollzeitkräfte. Ebenso Aushilfen wie z. B. 450 EUR-Beschäftigte haben einen Urlaubsanspruch –
mit denselben kniffligen Fragen, die auch bei anderen Teilzeitbeschäftigten entstehen.
Der Gesetzgeber hat es in § 2 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) klar zum Ausdruck
gebracht: Die geringfügige Beschäftigung ist eine Sonderform des Teilzeitarbeitsverhältnisses.
Insoweit bestehen für diese Arbeitnehmer überwiegend dieselben Rechte und Pflichten wie für
Vollzeitbeschäftigte. Unabhängig davon also, wie geringfügig Beschäftigte sozialversicherungsrechtlich
zu behandeln sind (als geringfügig entlohnte oder als kurzfristig Beschäftigte): Rein arbeitsrechtlich
stehen ihnen grundsätzlich genauso Urlaubstage oder z. B. auch Entgeltfortzahlung zu.
Urlaubsanspruch auch für Minijobber
Wie lange Minijobber im Jahr Urlaub machen können, das kann – ebenso wie bei anderen
Teilzeitarbeitsverhältnissen – in Einzelfällen schwierig zu berechnen sein. Auch die Höhe des
17/21
Urlaubsentgelts sowie die des zusätzlich vom Arbeitgeber etwa versprochenen Urlaubsgelds bieten
immer wieder Anlass für Auseinandersetzungen zwischen Teilzeitbeschäftigten und Arbeitgeber.
Grob zusammengefasst ist zunächst zu unterscheiden zwischen Teilzeitbeschäftigten, die an den
gleichen Wochentagen vor Ort sind wie Ihre Vollzeitkollegen (jedoch weniger pro Tag arbeiten) und
jenen Mitarbeitern, die an weniger Arbeitstagen innerhalb einer Woche tätig sind.
Gleiche Wochenarbeitstage, gleiche Urlaubstage
Im ersten Fall stehen bei Teilzeitbeschäftigten, also auch bei Minijobbern, gleich viele Urlaubtage auf
der Habenseite wie bei den Vollzeitbeschäftigten. Der Unterschied wirkt sich im Urlaubsentgelt aus,
das sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der vergangenen 13 Wochen vor
Urlaubsbeginn bemisst.
Arbeiten Teilzeitbeschäftigte regelmäßig an weniger Wochentagen, so ist die Zahl der Urlaubstage
entsprechend zu verringern. Das Verhältnis entspricht jenem, in dem die tatsächlichen
Beschäftigungstage zu den Werktagen des Kalenderjahres stehen. Bei einem Erholungsurlaub von 25
Tagen im Jahr und einer 5-Tage-Woche im Betrieb, besteht bei 3 regelmäßigen Wochenarbeitstagen
z. B. ein Urlaubsanspruch von 15 Tagen (25 Urlaubstage/5 Wochenarbeitstage x 3 regelmäßige
Arbeitstage).
Urlaub auch mit Teilzeitkräften abstimmen
Auch Teilzeitkräfte sind auf Urlaub in der Ferienzeit angewiesen, sodass sich häufig die
Urlaubswünsche verschiedener Mitarbeiter überschneiden. Einigen sich die Mitarbeiter nicht, so kann
der Arbeitgeber Urlaubswünsche von Mitarbeitern ablehnen, wenn diese den Planungen der Kollegen
entgegenstehen, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen. Es besteht jedoch kein
genereller Vorrang der Arbeitnehmer mit betreuungs- oder schulpflichtigen Kindern. Letztlich ist immer
im Einzelfall abzuwägen. Eventuell kann auch eine Betriebsvereinbarung sinnvoll sein, die die
Grundsätze zur Urlaubsgewährung regelt.
11.
Beginn der Einspruchsfrist: Wann der Einwurf in den Briefkasten nicht genügt
Wann gilt ein Finanzgerichtsurteil als zugestellt, wenn auf dem Brief das Datum der Zustellung
nicht vermerkt ist? Eine Streitfrage, die sogar die Senate des Bundesfinanzhofs spaltete. Der
Große Senat hat nun entschieden.
Die Einspruchsfristen im Steuerrecht haben ihre Tücken, insbesondere dann, wenn noch Feiertage zu
berücksichtigen sind. Das bereitete in einer aktuellen Auseinandersetzung auch dem Bundesfinanzhof
einiges Kopfzerbrechen.
Der Streitfall
In dem Streit hatte das Finanzgericht eine Klage abgewiesen, aber zur Revision zugelassen. Der
Zusteller hatte den Brief mit dem Urteil am Vormittag des 24.12.2008 in den Briefkasten der
bevollmächtigten Rechtsanwaltssozietät eingesteckt. Dabei vergaß er allerdings, auf dem
Briefumschlag den gesetzlich vorgeschriebenen Vermerk über das Datum der Zustellung anzubringen.
Als die Kanzlei nach den Weihnachtsfeiertagen am 29.12.2008 wieder öffnete, fanden die Mitarbeiter
den undatierten Brief vor. Der bevollmächtigte Anwalt ging daher von einer Zustellung an jenem Tag
aus und legte entsprechend Revision ein, die beim Bundesfinanzhof am 27.1.2009 einging.
Der zuständige VIII. Senat des Bundesfinanzhofs hielt die Revision jedoch für verspätet, weil die
Monatsfrist schon am 24.12.2008 (Heiligabend) begonnen habe. Begründung: Auch am Heiligabend
könne davon ausgegangen werden, dass Postsendungen, die bis mittags eingeworfen werden, beim
Adressaten landen. Allerdings hatten andere Senate des Bundesfinanzhofs schon die Auffassung
vertreten, dass ein solcher Brief erst dann als zugegangen gelten kann, wenn der Empfänger ihn
nachweislich in Händen hält. Nach dieser Interpretation wäre die Frist beim Eingang des
Revisionsschreibens am 27. Januar 2009 noch nicht abgelaufen gewesen.
Großer Senat entscheidet großzügig
Wegen der unterschiedlichen Auffassungen innerhalb der Senate musste der Fall zur Klärung an den
Großen Senat. Der legte die Fristenregelung großzügiger aus als die Kollegen vom VIII. Senat. Die
Richter hoben dabei auf den Unterschied zwischen Zugang und Zustellung ab. So sei nach dem BGB
für eine Willenserklärung der Zugang erforderlich. Das sei der Fall, wenn diese Willenserklärung in den
18/21
Bereich des Empfängers, also zum Beispiel in seinen Briefkasten, gelangt ist. Bei einer Zustellung
liege der Fall jedoch anders, betonten sie. Sind nämlich zwingende Zustellungsvorschriften nicht
eingehalten worden, gilt die Willenserklärung erst zu dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das
Schriftstück dem Empfänger "tatsächlich zugegangen" ist. Denn eine vorschriftswidrige Zustellung
solle erst dann eine Frist auslösen, wenn der Empfänger tatsächlich und nicht nur potenziell Kenntnis
genommen hat. Daher habe derjenige das Risiko einer misslungenen Zustellung zu tragen, der mit der
Zustellung fristgebundene Rechtsfolgen auslösen wolle. Daher muss der VIII. Senat nun in der
Revision im eigentlichen Streitfall entscheiden.
12.
Abzugsverbot für Bestechungsgelder und damit zusammenhängende Aufwendungen
Das Abzugsverbot umfasst auch die Kosten des Strafverfahrens und den Verfall von
Wertersatz, wenn das Strafgericht bei der Bemessung des Verfallsbetrags die
Ertragsteuerbelastung berücksichtigt hat.
Hintergrund
Dem komplizierten Sachverhalt liegt folgende Konstellation zugrunde: K betrieb die Planung und
Einrichtung von Kfz-Werkstätten. X war Angestellter eines Automobilkonzerns (A), der die
Niederlassungen und Vertragshändler bei der Werkstattausrüstung und Auftragsvergabe beriet. K
vereinbarte mit X bzw. dessen Ehefrau, Beträge aus seinen Aufträgen für A-Niederlassungen und Vertragshändler an die X-GmbH abzuführen. Deren Alleingesellschafterin war Frau X. Geschäftsführer
war der Sohn der Eheleute X. Der Unternehmensgegenstand der X-GmbH war mit dem des K
identisch. Die Zahlungen dienten einerseits dazu, K bei der Auftragsvergabe durch X zu bevorzugen;
andererseits sollte auch die X-GmbH von Bemühungen um Aufträge des A abgehalten werden.
In 2007 wurde K vom Landgericht wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr zu einer – zur
Bewährung ausgesetzten – Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt. Das Landgericht ging davon aus,
die Hälfte der Zahlungen habe dazu gedient, X zu einer Bevorzugung des K bei der Auftragsvergabe
zu veranlassen (Bestechung im geschäftlichen Verkehr). Bei der anderen Hälfte habe es sich um eine
– nicht strafbare – Wettbewerbsabsprache gehandelt, um die X-GmbH von einem stärkeren
Markteintritt abzuhalten. Das Landgericht ordnete ferner den Verfall von Wertersatz an.
Nach Ergehen des Strafurteils berücksichtigte das Finanzamt von den Zahlungen der Jahre 1999 und
2000 an die X-GmbH (rund 400.000 DM) lediglich 50 % (betreffend die Wettbewerbsabsprache) als
Betriebsausgaben. Ferner lehnte das Finanzamt den Antrag des K, für 2003 und 2005 Rückstellungen
für den Verfallsbetrag (210.000 EUR) und für die Kosten des Strafverfahrens (70.000 EUR) zu bilden,
ab. Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht ab.
Entscheidung
Auch die Revision wurde zurückgewiesen.
Mit den Zahlungen an die X-GmbH hat K – unabhängig davon, ob die Beträge letztlich bei X gelandet
sind – durch Bestechung einem Dritten einen Vorteil dafür gewährt, dass X ihn bei der
Auftragsvergabe bevorzugte. Das Bestechungsgeld ist nicht abziehbar. Unter dieses Abzugsverbot
fallen als "mit der Zuwendung von Vorteilen zusammenhängende Aufwendungen" auch die Kosten des
Strafverfahrens. Auch wenn K nur mit der Hälfte der Zuwendungen den Straftatbestand verwirklicht
hat, ist gleichwohl der Gesamtbetrag der Kosten des Strafverfahrens nicht abziehbar. Denn die Höhe
der Strafverfahrenskosten wurde nicht davon beeinflusst, dass nur die Hälfte der Zahlungen unter den
Bestechungsvorwurf fiel.
Der Bundesfinanzhof lehnt auch eine Rückstellungsbildung für die Beträge, die K als Verfall des
Wertersatzes zu zahlen hatte, ab. Auch insoweit handelt es sich um "mit der Zuwendung von Vorteilen
zusammenhängende Aufwendungen". Im wirtschaftlichen Ergebnis handelt es sich um die
Rückzahlung erzielter – und versteuerter – Betriebseinnahmen. Allerdings darf es nicht zu einer
Belastungskumulation und einer Über-Abschöpfung kommen. Es ist daher zu prüfen, ob bei der
Bemessung des Verfallsbetrags die Ertragsteuerbelastung mindernd berücksichtigt worden ist. Ist dies
nicht der Fall, darf im Besteuerungsverfahren das Betriebsausgabenabzugsverbot nicht angewandt
werden. Das Landgericht hatte allerdings im Strafurteil die Ertragsteuerbelastung berücksichtigt,
sodass das Abzugsverbot im Streitfall nicht zu einer verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung führte.
19/21
13.
Steuerstundung auch möglich, wenn Geld da ist
Finanzämter müssen eine Stundung von Steuernachzahlungen auch dann gewähren, wenn der
Steuerpflichtige zwar zahlen kann, aber dann nicht in der Lage wäre, kurz- oder mittelfristig
fälligen privaten oder beruflichen Zahlungspflichten nachzukommen.
Eine Situation, die bei Selbstständigen immer wieder vorkommt: Die Geschäfte
sehr gut, aber der Unternehmer vergisst, entsprechend dem zu erwartenden
Einkommensteuervorauszahlung zu erhöhen oder eine entsprechende
Steuernachzahlung zu bilden. Flattert dann der Steuerbescheid ins Haus, folgt
weil das Finanzamt eine drastische Nachzahlung fordert.
laufen in einem Jahr
höheren Gewinn die
Rücklage für eine
das böse Erwachen,
Steuernachzahlung von mehr als 25.000 EUR
So war es auch in einem aktuellen Streitfall. Ein Selbstständiger, der offenbar ein erfolgreiches Jahr
2009 hinter sich hatte, erhielt im Februar 2012 den Einkommensteuerbescheid 2009, in dem das
Finanzamt eine Einkommensteuernachzahlung sowie eine nachträgliche Vorauszahlung für das vierte
Quartal 2011 von insgesamt 25.000 EUR festgesetzt hatte. Er beantragte deshalb eine Stundung
gegen Ratenzahlung, da er wegen verschiedener Gründe zur Zahlung nicht in der Lage sei.
Daraufhin flatterte ihm ein Fragebogen des Finanzamts zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnissen ins Haus. Außerdem wollte das Finanzamt wissen, warum es nicht möglich sei, dass er
einen Kredit aufnimmt. Die Antworten konnten das Finanzamt nicht überzeugen. Es lehnte den
Stundungsantrag mit der Begründung ab, dass die vorgebrachten Gründe persönlicher Natur seien,
weil sie sich aus den persönlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Selbstständigen ergäben. Für
eine Stundung aus persönlichen Gründen sei aber keine Bedürftigkeit erkennbar, da noch liquide Mittel
und ein Wertpapierdepot vorhanden seien. Gleichwohl
sah
das Finanzamt von
Vollstreckungsmaßnahmen ab, wenn der Steuerschuldner die Raten weiter zahle. Dagegen legte der
Selbstständige Einspruch mit der Begründung ein, dass entgegen der Auffassung der
Finanzverwaltung sehr wohl persönliche Stundungsgründe vorlägen.
Finanzamt muss über Stundung neu entscheiden
Nachdem das Finanzamt den Einspruch zurückgewiesen hatte, landete der Fall vor dem Sächsischen
Finanzgericht. Immerhin hat die Klage dahingehend Erfolg, dass das Gericht die Finanzverwaltung
dazu verpflichtete, einen neuen Bescheid zum Stundungsantrag zu erlassen. Denn die
Abgabenordnung erlaube dem Finanzamt, Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder
teilweise zu stunden, wenn ein sofortiger Einzug eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten
würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet sei.
Beide Voraussetzungen pflegen sich regelmäßig ganz oder teilweise gegenseitig auszuschließen,
sodass eine Abwägung erforderlich sei. An dieser Stelle, so das Finanzgericht, habe die
Finanzverwaltung ihren Ermessenspielraum nicht richtig genutzt. Insbesondere habe die
Finanzverwaltung verkannt, dass Zahlungsschwierigkeiten und damit eine erhebliche Härte nicht erst
entstehen, wenn keine oder nicht ausreichend liquide Mittel vorhanden sind. Sie könnten bereits dann
vorliegen, wenn vorhandene Mittel zwar für die Zahlung der Steuerschuld ausreichen, dann jedoch
private oder berufliche Verbindlichkeiten nicht mehr beglichen werden könnten, wie es im Streitfall sei.
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1.
Gewerbesteuerkürzung bei der Beteiligung an einer Grundstücks-GbR
Das Halten einer Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen
Rechts, ohne dass dies zu weiteren Erträgen führt, ist für die Gewerbesteuerkürzung
unschädlich.
Hintergrund
Eine GmbH & Co. KG (KG) war an 4 Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt, welche
grundstücksverwaltende Immobiliengesellschaften waren und Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung erzielten. Diese Einkünfte wurden auf der Ebene der KG in Einkünfte aus
Gewerbebetrieb umqualifiziert. Die KG betrachtete die GbR-Beteiligungen als unschädlich für die sog.
20/21
erweiterte Gewerbesteuerkürzung. Das Finanzamt ging jedoch davon aus, dass es sich bei der KG um
eine Beteiligungsgesellschaft handelt und versagte die Kürzung des Gewerbeertrags.
Entscheidung
Das sieht das Finanzgericht anders und gibt der Klage der KG statt. Denn das Halten einer Beteiligung
an einer vermögensverwaltenden Grundstücks-GbR durch eine gewerblich geprägte KG schließt die
erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nicht aus. Entscheidend war der Umstand, dass die KG für die
Übernahme der Geschäftsführung bei der GbR kein Entgelt erhielt und auch keine anderen
schädlichen Nebentätigkeiten ausgeübt worden sind. Da die Kürzungsvorschrift aber auf Erträge
abstellt, ist eine weitere Tätigkeit als solche nicht schädlich, solange hieraus keine Erträge zufließen.
Auch sei für die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nicht auf das zivilrechtliche Eigentum an den
Grundstücken abzustellen. Vielmehr ist hierfür ebenfalls die ertragsteuerliche Zurechnung der
Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen der KG relevant. Damit beschränkt sich die Tätigkeit der KG
auf die Verwaltung eigener Grundstücke.
Sie haben noch Fragen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wir beraten Sie gerne.
Mit freundlichen Grüßen
21/21
BS WESTDEUTSCHLAND GmbH
Wirtschaftsprüfung ▪ Steuerberatung
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
- Villa Bredeney Frankenstraße 348
45133 Essen
Telefon: 02 01/8 78 56-0
Telefax: 02 01/8 78 56-33 oder -49
InfoService unter: www.bswest.de
E-Mail: [email protected]
Steuer-Nr.: 5112/5784/0165
Ihre Mandanteninformationen des Monats November 2014
Erfolgreiche Teilnahme am
System der Qualitätskontrolle
der WP-Kammer
Prüfungsgesellschaft für
Qualitätskontrolle
Sehr geehrte Damen und Herren,
dieser Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht des vergangenen Monats informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte
zu überprüfen. Bitte lesen Sie im Einzelnen:
Inhalt
Privatbereich
1.
Abgeltungsteuer: Kapitalerträge unter Angehörigen
2.
Verlust einer Darlehensforderung
3.
Kein Splittingtarif für (noch) nicht eingetragene Lebenspartner
4.
Auch Schneeschippen fällt unter haushaltsnahe Dienstleistungen
5.
Eigentümer können Stellplätze zugelassenen Fahrzeugen vorbehalten
6.
Einspruch durch einfache E-Mail ist unwirksam
7.
Der gesetzliche Zinssatz von 6 % pro Jahr ist nicht verfassungswidrig
8.
Grundstückskosten für einen behindertengerechten Neubau sind nicht abziehbar
9.
Mieter muss Arbeiten tagsüber dulden
10.
Kindergeld für die nicht verheiratete Tochter mit eigenem Kind
11.
Erfassung von Ausgleichzahlungen zwischen ehemaligen Eheleuten
12.
Vorauszahlung von Zahnbehandlungskosten als Gestaltungsmissbrauch
13.
Wann können Eltern oder Ehegatten Schenkungen wegen Notbedarfs zurückfordern?
14.
Riester-Verträge sind in der Regel pfändbar
Unternehmer und Freiberufler
1.
Kirchensteuerabzug zur Kapitalertragsteuer ab 2015
2.
Neues zum Reverse-Charge-Verfahren
3.
Voraussetzungen für Teilwertabschreibung bzw. Wertaufholung
-1-
4.
Parkplatzüberlassung bei Hotelübernachtung
5.
Steuerliche Grundsätze zur Bürgschaftsübernahme
6.
Benachteiligung wegen des Geschlechts bei der Bewerbung?
7.
Elektronische Kontoauszüge werden als Buchungsbeleg anerkannt
8.
E-Mail, Telefon- und Faxnummer gehören in die Widerrufsbelehrung
9.
Investitionsabzugsbetrag: Nachträglicher Ansatz für ein anderes angeschafftes Wirtschaftsgut ist
möglich
10.
Kein Gewerbesteuererlass bei gewerblicher Zwischenvermietung
11.
Wann verfolgt der Vermieter eine Einkunftserzielungsabsicht?
12.
Organisationsverschulden schließt Wiedereinsetzung aus
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1.
Firmenwagen: Bemessung der anteiligen Kosten bei Leasingsonderzahlung
Privatbereich
1. Abgeltungsteuer: Kapitalerträge unter Angehörigen
Die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes für Einkünfte aus Kapitalvermögen ist nicht deshalb ausgeschlossen,
weil Gläubiger und Schuldner Angehörige sind.
Hintergrund
Die Eheleute schlossen mit ihrem Sohn und ihren beiden volljährigen Enkeln Verträge über die Gewährung festverzinslicher Darlehen in Höhe von insgesamt 860.000 EUR. Die (unbesicherten) Darlehen dienten der Anschaffung fremdvermieteter Objekte durch die Darlehensnehmer. Eine Vereinbarung über eine Vorfälligkeitsentschädigung wurde
nicht getroffen. Aus den Darlehen erzielten die Eheleute im Streitjahr 2009 Kapitalerträge von rund 29.000 EUR.
Das Finanzamt erfasste die Zinsen als der tariflichen Einkommensteuer unterliegende Kapitalerträge. Die Klage, mit
der die Eheleute die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes von 25 % geltend machten, wurde vom Finanzgericht mit
dem Hinweis auf den Gesetzeswortlaut zurückgewiesen. Danach ist der Abgeltungsteuersatz ausgeschlossen, wenn
Gläubiger und Schuldner "einander nahestehende Personen" sind.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof vertritt einen großzügigeren Standpunkt und gab der Klage statt. Zunächst führt der Bundesfinanzhof aus, dass die Darlehen nach den Maßstäben des Fremdvergleichs anzuerkennen und der Besteuerung zugrunde zu legen sind.
Sodann legt der Bundesfinanzhof dar, dass die Eheleute als Gläubiger einerseits und der Sohn sowie die Enkel als
Schuldner andererseits – entgegen der Auffassung des Finanzamts – keine "einander nahestehende Personen" i. S. d.
gesetzlichen Regelung sind. Die weite Auslegung, dass darunter alle Personen fallen sollen, die zueinander in einer
engen Beziehung stehen, widerspricht dem Willen des Gesetzgebers. Danach soll ein Näheverhältnis nur dann vorliegen, wenn auf eine der Vertragsparteien ein beherrschender oder außerhalb der Geschäftsbeziehung liegender Einfluss ausgeübt werden kann oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen
besteht. Ein – wie im Streitfall – lediglich aus der Familienzugehörigkeit abgeleitetes persönliches Interesse genügt
nicht.
-2-
Diese enge Auslegung des Ausschlusstatbestands "Näheverhältnis" ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Gegen die Ungleichbehandlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen gegenüber anderen Einkunftsarten, die nach
dem progressiven Tarif besteuert werden, bestehen zwar keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Es würde jedoch zu
einer Diskriminierung der Familie führen, wenn der Ausschluss des gesonderten Tarifs an bestimmte enge familienrechtliche Beziehungen geknüpft würde und – anders als bei fremden Dritten – auch dann eintreten würde, wenn der
Darlehensvertrag einem Fremdvergleich standhält. Dies gilt auch dann, wenn aufgrund des Steuersatzgefälles die
Entlastung des Darlehensnehmers durch den Schuldzinsenabzug höher ist als die steuerliche Belastung des Darlehensgebers und sich somit ein Gesamtbelastungsvorteil ergibt.
2. Verlust einer Darlehensforderung
Der Verlust einer aus einer Gehaltsumwandlung entstandenen Darlehensforderung kann insoweit zu Werbungskosten führen, als der Arbeitnehmer ansonsten keine Entlohnung erhalten hätte.
Hintergrund
A war Arbeitnehmer der Firma H. Wegen finanzieller Schwierigkeiten der H mussten die Arbeitnehmer aufgrund einer
mit dem Betriebsrat geschlossenen Vereinbarung sog. Invest-Überstunden leisten. Eine Auszahlung des Überstundenguthabens war ausgeschlossen. Die Arbeitnehmer hatten nur die Möglichkeit, das Guthaben in Genussrechtskapital –
eine Gewinnbeteiligung ohne gesellschaftsrechtliche Mitgliedschaftsrechte – umzuwandeln oder einen Arbeitszeitausgleich durchzuführen. A war ein Arbeitszeitausgleich wegen seiner zeitlichen Einbindung nicht möglich. Er wandelte daher im März 2004 134 Invest-Überstunden in Genussrechtskapital um und versteuerte einen Bruttoarbeitslohn
von 3.915 EUR, für den ihm netto ein Genussrechtskapital von 2.491 EUR gutgeschrieben wurde.
In 2007 wurde über das Vermögen der H das Insolvenzverfahren eröffnet. Bereits in 2007 stand für A erkennbar fest,
dass auf seine Genussrechtsforderung keine Zahlung erfolgen wird. Bei der Einkommensteuerveranlagung 2007 erklärte A den Verlust des Genussrechtskapitals vergeblich als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. Das Finanzgericht gab der Klage, mit der A den Kapitalverlust von 2.491 EUR geltend machte, statt.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts zurück.
Gewährt ein Arbeitnehmer ein Darlehen, um Zinsen zu erwirtschaften, stehen regelmäßig die Einkünfte aus Kapitalvermögen im Vordergrund. Geht in einem solchen Fall die Darlehensvaluta verloren, ist der Verlust des Kapitals grundsätzlich nicht abziehbar. Der Verlust kann jedoch als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger
Arbeit berücksichtigt werden, wenn der Arbeitnehmer das Risiko des Darlehensverlusts aus beruflichen Gründen bewusst auf sich genommen hat und daher die Nutzung des Kapitals zur Erzielung von Zinseinkünften in den Hintergrund
rückt.
Entscheidend dafür, was für die Darlehensgewährung im Vordergrund steht, sind die Gesamtumstände des Falls. Hier
stand die Sicherung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit im Vordergrund. Denn A hätte, wenn er der Umwandlung des Überstundenguthabens nicht zugestimmt hätte, keine Entlohnung für die unbezahlt geleisteten Überstunden erhalten und seinen Arbeitsplatz erheblich gefährdet.
3. Kein Splittingtarif für (noch) nicht eingetragene Lebenspartner
Die Partner einer Lebensgemeinschaft können für Jahre, in denen das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) noch
nicht in Kraft war, keine Zusammenveranlagung wählen.
Hintergrund
A lebte seit 1997 mit C in einer Lebensgemeinschaft. In 1999 schlossen A und C einen notariell beurkundeten "Partnerschaftsvertrag" aufgrund dessen A an C Unterhalt zu leisten hatte.
A wurde für das Streitjahr 2000 vom Finanzamt einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Dabei berücksichtigte das
Finanzamt die Unterhaltszahlungen an C mit dem seinerzeitigen Höchstbetrag von 13.500 DM. Mit der Klage beantragte A die Zusammenveranlagung mit C und hilfsweise, die Unterhaltszahlungen mit 40.000 DM als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Das Finanzgericht wies die Klage ab.
-3-
Während des anschließenden Revisionsverfahrens erging die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit des Ausschlusses eingetragener Lebenspartner vom Ehegattensplitting. A meinte, die Grundsätze
dieser Entscheidung müssten auch für ihn gelten. Denn er habe, da das LPartG erst zum 1.8.2001 in Kraft getreten sei,
im Streitjahr 2000 noch keine Partnerschaft eingehen können. Mit dem 1999 geschlossenen notariellen Partnerschaftsvertrag habe er die stärkst mögliche Bindung gewählt.
Entscheidung
Als Reaktion auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde in 2013 das Einkommensteuergesetz dahin
ergänzt, dass die Regelungen zu Ehegatten auch auf Lebenspartnerschaften anzuwenden sind. Dies gilt rückwirkend in
allen Fällen, in denen – wie im Streitfall – die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig wurde. Das Gesetz spricht
zwar lediglich von Lebenspartnern/Lebenspartnerschaften und nicht von Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Das bedeutet jedoch nicht, dass Partner einer Lebensgemeinschaft, die keine Partner im Sinne des LPartG
sind, in den Genuss der Vorteile kommen können, die vor der Neuregelung allein Ehegatten vorbehalten waren. Denn
für das Bundesverfassungsgericht war ausschlaggebend, dass wegen der durch das LPartG ab 2001 bestehenden Möglichkeit gleichgeschlechtlich orientierter Menschen, eine Lebenspartnerschaft einzugehen, solche Partnerschaften sich
herkömmlichen Ehen angenähert hätten. Vor Einführung des LPartG war somit auch aus der Sicht des Bundesverfassungsgerichts eine steuerliche Ungleichbehandlung von Ehegatten einerseits und zusammenlebenden homosexuellen
Paaren andererseits nicht zu beanstanden.
Der Bundesfinanzhof wies die Revision daher zurück. Auch der Hilfsantrag, höhere Unterhaltsaufwendungen zu berücksichtigen, blieb ohne Erfolg.
4. Auch Schneeschippen fällt unter haushaltsnahe Dienstleistungen
Die Kosten für eine Schneeräumung auf öffentlichen Gehwegen entlang einer Grundstücksgrenze fallen nicht unter
steuerbegünstigte haushaltsnahe Dienstleistungen, meint die Finanzverwaltung. Der Bundesfinanzhof sieht das
anders.
Hintergrund
Mit der Steuerbegünstigung für haushaltsnahe Dienstleistungen hat der Gesetzgeber Steuerpflichtigen die Möglichkeit
eröffnet, 20 % der Lohnkosten von Dienstleistern, die bei Arbeiten im und um den Haushalt anfallen, von der Steuer
abziehen können. Der Höchstbetrag des Abzugs liegt bei 4.000 EUR pro Jahr. Im Streitfall, der die gesetzliche Regelung
im Jahr 2008 betraf, hatte ein Ehepaar eine Firma beauftrag, den Schnee auf der öffentlichen Straßenfront entlang
ihres Grundstücks zu räumen. Dabei entstanden Kosten von 143 EUR, die das Paar als haushaltsnahe Dienstleistung
geltend machte. Das Finanzamt lehnte den Abzug unter Hinweis auf das Anwendungsschreiben des Bundesfinanzministeriums ab. Danach sind Dienstleistungen wie die Straßen- und Gehwegreinigung oder der Winterdienst auf öffentlichem Gelände nicht begünstigt.
Gerichte: Begriff Haushalt darf nicht zu eng ausgelegt werden
Schon in der ersten Instanz vor dem Finanzgericht hatte das Ehepaar Erfolg mit seiner Klage. Denn das Gericht bejahte
anders als das Finanzamt den Zusammenhang mit dem Haushalt und gab der Klage statt. Auch der Bundesfinanzhof
vertrat eine großzügigere Auffassung und wies die Revision des Finanzamts zurück. Der Begründung zufolge müsse
eine "haushaltsnahe Dienstleistung" eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen oder damit im Zusammenhang stehen. Dazu gehören hauswirtschaftliche Arbeiten, die Mitglieder des Haushalts oder Beschäftigte erledigt
und die in regelmäßigen Abständen anfallen.
Die Dienstleistung müsse außerdem im räumlichen Bereich des Haushalts geleistet werden. Dazu gehören zunächst
die Wohnung und das Grundstück. Der Begriff "im Haushalt" dürfe aber nicht nur räumlich, sondern müsse auch funktional ausgelegt werden, heißt es in dem Urteil weiter. Denn die Grenzen eines Haushalts werden nicht nur durch die
Grenzen des Grundstücks abgesteckt. Vielmehr müssten auch Tätigkeiten auf fremdem Grund, die in unmittelbarem
räumlichem Zusammenhang zum Haushalt stehen, berücksichtig werden. Dazu gehörten die Reinigung von Straßen
und Gehwegen sowie der Winterdienst. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs gilt das insbesondere dann, wenn der
Eigentümer oder Mieter dazu verpflichtet ist. Derartige Aufwendungen sind daher nicht nur anteilig für das Privatgelände, sondern in vollem Umfang begünstigt.
Der Bundesfinanzhof wies schließlich noch auf den eigentlichen Grund für die Einführung der Steuerbegünstigung hin:
die Bekämpfung der Schwarzarbeit. Auch dies spreche für eine nicht zu enge Gesetzesauslegung, denn Grundstücksei-4-
gentümer und Dienstleister könnten sonst vereinbaren, dass nur die Schneeräumung auf dem Grundstück korrekt
abgerechnet und die Reinigung des Gehwegs "schwarz" bezahlt werde.
5. Eigentümer können Stellplätze zugelassenen Fahrzeugen vorbehalten
Eine Regelung, dass auf den gemeinschaftlichen Stellplätzen einer Wohnungseigentumsanlage nur angemeldete
Fahrzeuge parken dürfen, entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.
Hintergrund
Ein Wohnungseigentümer wendet sich mit einer Anfechtungsklage gegen mehrere Beschlüsse, die die Eigentümer in
einer Eigentümerversammlung gefasst haben.
Die Eigentümer fassten unter anderem den Beschluss, dass auf den gemeinschaftlichen Stellplätzen nur angemeldete
Pkw abgestellt werden dürfen. Anhänger sowie Wohnwagen dürfen dem Beschluss zufolge dort längstens für 14 Tage
geparkt werden.
Ein Wohnungseigentümer hat gegen den Beschluss Anfechtungsklage erhoben. Der Beschluss führe dazu, dass einzelne Eigentümer privilegiert würden, während andere faktisch von der Mitbenutzung ausgeschlossen würden. Dies sei
hier der Fall, weil er auf einem der Stellplätze ein Wohnmobil abstellen wolle, das im Winter abgemeldet sei.
Entscheidung
Die Anfechtungsklage hat keinen Erfolg. Die beschlossene Nutzungsregelung, dass auf den Stellplätzen nur angemeldete Fahrzeuge abgestellt werden dürfen, entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.
Die gemeinschaftlichen Stellplätze sind nicht nur den Wohnungseigentümern, sondern auch Dritten zugänglich, wie
etwa den Fahrzeugen der städtischen Reinigungsbetriebe, Postfahrzeugen oder Fahrzeugen von Besuchern. Auch
wenn es sich nicht um eine öffentliche Fläche im Rechtssinne handelt, ist es daher geboten, dafür zu sorgen, dass dort
nur zugelassene Fahrzeuge stehen, damit bei Schadensfällen eine Pflichtversicherung eintritt, jedenfalls dann, wenn
die Fahrzeuge bewegt werden.
Ebenfalls ist es nicht zu beanstanden, dass Anhänger, Wohnwagen usw. nicht länger als 14 Tage auf den Stellplätzen
abgestellt werden dürfen. Die Stellplätze sind keine Dauerparkeranlage, sondern müssen allen Wohnungseigentümern
gleichmäßig zur Verfügung stehen. Dementsprechend ist auch zu gewährleisten, dass die Eigentümer im Wechsel dort
parken können.
Die beschlossene Regelung stellt keine Privilegierung anderer Eigentümer dar. Vielmehr stellte die bisherige Praxis,
dass der Kläger ein nicht angemeldetes Wohnmobil abstellte, eine Privilegierung des Klägers dar. Dadurch wurde von
ihm nämlich praktisch ein Dauernutzungsrecht ausgeübt. Dies müssen die anderen Eigentümer, die die Stellplätze
auch nutzen wollen, nicht hinnehmen. Die Regelung ist daher nicht zu beanstanden.
6. Einspruch durch einfache E-Mail ist unwirksam
Mit einer einfachen E-Mail kann der Bescheid einer Behörde nicht wirksam angefochten werden. Betroffene müssen damit rechnen, dass der Bescheid, gegen den sie sich wenden wollen, deshalb mangels wirksamer Anfechtung
zu ihren Ungunsten bestandskräftig wird.
Hintergrund
Im Streitfall hatte die Mutter eines volljährigen Kindes gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Familienkasse lediglich mit einfacher E-Mail Einspruch eingelegt. Die Familienkasse wertete die einfache E-Mail zwar als
wirksamen Einspruch, wies diesen Einspruch jedoch in der Sache als unbegründet zurück.
Entscheidung
Die hiergegen erhobene Klage der Mutter hatte keinen Erfolg. Das Hessische Finanzgericht entschied, dass der mit der
einfachen E-Mail angegriffene Bescheid – entgegen der übereinstimmenden Auffassung der Klägerin und der Familienkasse – bereits mangels wirksamer Anfechtung bestandskräftig geworden ist. Denn ein lediglich mittels einfacher E-
-5-
Mail eingelegter Einspruch genüge den gesetzlichen Erfordernissen nicht. Eine Entscheidung zu der Frage, ob der Bescheid inhaltlich rechtmäßig war, sei deshalb nicht mehr zu treffen.
Im Einzelnen hat das Hessische Finanzgericht darauf hingewiesen, dass eine elektronische Einspruchseinlegung zwingend mit einer sog. qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen sei. Hierdurch werde
sichergestellt, dass die besonderen Zwecke der bisher üblichen Schriftform im Zeitpunkt der Rechtsbehelfseinlegung
auch im modernen elektronischen Rechtsverkehr erfüllt werden. Nur durch die qualifizierte elektronische Signatur
könne gewährleistet werden, dass der E-Mail neben dem Inhalt der Erklärung auch die Person, von der sie stammt,
hinreichend zuverlässig entnommen werden könne. Außerdem werde sichergestellt, dass es sich hierbei nicht nur um
einen Entwurf handele, sondern dass die E-Mail mit dem Wissen und dem Willen des Betroffenen der Behörde zugeleitet worden sei. Dies werde auch durch die gesetzlichen Regelungen des ab dem 1.8.2013 in Kraft getretenen sog. EGovernment-Gesetzes belegt. Denn der Gesetzgeber habe dort bewusst auf die Versendung elektronischer Dokumente nach dem De-Mail-Gesetz und eben nicht auf die allgemein gebräuchliche E-Mail-Kommunikation zurückgegriffen.
Schließlich könne sich die Klägerin nicht darauf stützen, dass Finanzbehörden und Familienkassen in der Praxis bisher
auch einfache E-Mails als formwirksamen Einspruch angesehen hätten. Denn der Verwaltung stehe es aufgrund des
Prinzips der Gewaltenteilung nicht zu, mittels Richtlinien (hier: des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung) die
gesetzlichen Formerfordernisse außer Kraft zu setzen. Weil im konkreten Streitfall seit der Einspruchseinlegung durch
einfache E-Mail mehr als ein Jahr vergangen war, könne sich die Klägerin schließlich auch nicht auf mangelndes Verschulden im Rahmen eines sog. Widereinsetzungsantrags berufen.
7. Der gesetzliche Zinssatz von 6 % pro Jahr ist nicht verfassungswidrig
Der Bundesfinanzhof hält den gesetzlichen Zinssatz von 6 % pro Jahr nicht für verfassungswidrig und sieht deshalb
von einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ab.
Hintergrund
Zu entscheiden war, ob der typisierte gesetzliche Zinssatz von 0,5 % pro Monat (= 6 % pro Jahr) für Aussetzungszinsen
noch verfassungsgemäß ist.
Eheleute veräußerten im April 2002 eine im November 1996 erworbene Eigentumswohnung. Im Einkommensteuerbescheid 2002 unterwarf das Finanzamt den Veräußerungsgewinn von rund 62.000 EUR der Einkommensteuer. Mit
ihrem Einspruch beriefen sich die Eheleute auf die Verfassungswidrigkeit der rückwirkenden Verlängerung der Spekulationsfrist. Auf ihren Antrag gewährte das Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung in Höhe der auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuer (rund 30.000 EUR).
Nach Ergehen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in 2010, dass die Verlängerung der Spekulationsfrist
von 2 auf 10 Jahre teilweise verfassungswidrig und nichtig ist, behandelte das Finanzamt nur noch einen Teil (rund
34.000 EUR) des Veräußerungsgewinns als steuerpflichtig und setzte die Einkommensteuer entsprechend niedriger
fest. Die Aussetzung der Vollziehung wurde aufgehoben. Für den Zeitraum der Aussetzung (11.11.2004 bis 21.3.2011 =
76 Monate) setzte das Finanzamt im März 2011 die strittigen Aussetzungszinsen in der gesetzlichen Höhe (0,5 % pro
Monat) mit 6.023 EUR fest.
Die dagegen gerichtete Klage, mit der die Eheleute vortrugen, es habe sich mittlerweile ein Niedrigzinsniveau stabilisiert, wies das Finanzgericht mit der Begründung ab, dem Gesetzgeber stehe eine gewisse Beobachtungszeit zu, bevor
eine Anpassung an geänderte Verhältnisse notwendig werde.
Entscheidung
Auch vor dem Bundesfinanzhof war den Eheleuten kein Erfolg beschieden. Der Bundesfinanzhof verneint – jedenfalls
für den Streitzeitraum bis März 2011 – verfassungsrechtliche Bedenken gegen den typisierten Zinssatz. Er lehnte daher eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ab und wies die Revision zurück.
Zunächst verweist der Bundesfinanzhof auf den weitreichenden Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers im Bereich
des Steuerrechts. Um das Massenverfahren praktikabel zu handhaben, sind Typisierungen und Vereinfachungen unerlässlich. Zwar lag der Effektivzinssatz für Einlagen privater Haushalte deutlich unter dem gesetzlichen Zinssatz. Für den
Vergleich ist jedoch auch der Darlehenszinssatz (Finanzierung von Steuernachzahlungen) heranzuziehen. Bei dem
Vergleich mit diesem Zinssatz hält sich der gesetzliche Satz (6 % pro Jahr) noch in einem angemessenen Rahmen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Forderungen des Finanzamts regelmäßig nicht besichert sind, sodass der (höhere) Zinssatz für unbesicherte Darlehen heranzuziehen wäre.
-6-
Sodann betont der Bundesfinanzhof, dass sich der Marktzins erst nach dem streitgegenständlichen Verzinsungszeitraum (März 2011) auf relativ niedrigem Niveau stabilisiert hat. Der Bundesfinanzhof hatte daher im Streitfall nicht zu
entscheiden, ob sich die wirtschaftlichen Verhältnisse für die Folgezeit so entscheidend geändert haben, dass die gesetzgeberische Entscheidung durch neue, im Zeitpunkt des Gesetzeserlasses noch nicht abzusehende Entwicklungen
entscheidend in Frage gestellt wird.
8. Grundstückskosten für einen behindertengerechten Neubau sind nicht abziehbar
Bei der Errichtung eines behindertengerechten Bungalows sind auch die auf die zusätzliche Grundstücksfläche entfallenden Anschaffungskosten nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Hintergrund
Die Eheleute X errichteten in 2009/2010 einen Bungalow. Die Ehefrau leidet an Multipler Sklerose und ist schwerbehindert (Grad der Behinderung 80). Aufgrund der behinderungsbedingten Anforderungen an die Wohnfläche entschlossen sie sich für die eingeschossige Bauweise. Diese erforderte im Vergleich zu einer mehrgeschossigen Bauweise
aufgrund des Bebauungsplans den Erwerb einer um 152 qm größeren Grundstücksfläche. Dadurch ergaben sich
Mehrkosten für den Baugrund von rund 13.000 EUR.
Die Eheleute machten diese Mehrkosten vergeblich als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzgericht vertrat einen großzügigeren Standpunkt und gab der Klage statt. Es ging davon aus, die behindertengerechte Gestaltung
(Wendeflächen für den Rollstuhl, breitere Türen, größerer Sanitärbereich usw.) habe eine um 46 qm größere Grundfläche erfordert mit der Folge, dass die Eheleute aufgrund der Bauvorschriften (Grundflächenzahl) zur Anschaffung
eines größeren Baugrundstücks gezwungen gewesen seien.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof widerspricht dem Finanzgericht. Das Finanzgerichtsurteil wurde auf die Revision des Finanzamts
aufgehoben. Die Klage wurde abgewiesen.
Der Bundesfinanzhof bekräftigt zunächst den Grundsatz, dass die Mehraufwendungen für die behinderungsgerechte
Gestaltung des Wohnumfelds regelmäßig zwangsläufig erwachsen. Das gilt auch für behinderungsbedingte Mehrkosten für einen Umbau oder Neubau. Denn eine schwerwiegende Behinderung begründet eine tatsächliche Zwangslage,
die eine behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds unausweichlich macht.
Anders ist es jedoch bei den Anschaffungskosten für ein Grundstück. Hier fehlt es an der Zwangsläufigkeit. Das gilt
selbst dann, wenn der Betreffende infolge Krankheit oder Unfall in seiner bisherigen Wohnung oder in seinem bisherigen Haus nicht weiterhin wohnen kann. Denn die Anschaffungskosten für ein Grundstück weisen zunächst keinen
Bezug zur Krankheit oder Behinderung auf, da sie einem Gesunden ebenfalls entstanden wären.
Dies gilt auch für die Mehrkosten für ein größeres Grundstück, das erforderlich ist, um die persönlichen Wohnvorstellungen behinderten- oder krankheitsgerecht zu verwirklichen. Denn dieser Mehraufwand ist – anders als behinderungsbedingte bauliche Maßnahmen – nicht in erster Linie der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern Folge
des frei gewählten Wohnflächenbedarfs. Der Aufwand wird von der Abgeltungswirkung des Grundfreibetrags erfasst
und kann nicht nochmals als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.
9. Mieter muss Arbeiten tagsüber dulden
Die Pflicht des Mieters, Instandsetzungs- oder Modernisierungsarbeiten in der Wohnung zu dulden, bezieht sich
zeitlich auf die üblichen Arbeitszeiten an Werktagen. Dabei muss der Vermieter auf die Belange des Mieters Rücksicht nehmen.
Hintergrund
Der Vermieter einer Wohnung verlangt vom Mieter, den Austausch vorhandener Heizkostenverteiler sowie Wasserzähler gegen Geräte auf der Basis von Funktechnik zu dulden. Die Arbeiten sollen tagsüber an einem Werktag stattfinden.
-7-
Der Mieter lehnt eine Ausführung der Arbeiten vor 18 Uhr ab, da er berufstätig ist.
Entscheidung
Der Mieter muss den Austausch der Heizkostenverteiler und der Zähler an einem Werktag zwischen 10 und 13 Uhr
oder 15 bis 18 Uhr nach vorheriger schriftlicher Ankündigung mit einer Frist von 2 Wochen dulden.
Beim Austausch der Geräte handelt es sich um eine Bagatellmaßnahme, die keiner detaillierten Ankündigung bedurfte.
Der Vermieter ist nicht gehalten, für Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten ausschließlich die Terminwünsche des Mieters zu beachten. Die Duldungspflicht des Mieters bezieht sich in zeitlicher Hinsicht auf die üblichen Arbeitszeiten an Werktagen. Zwar muss der Vermieter auf die Belange des Mieters Rücksicht nehmen. Hier war aber
nicht erkennbar, warum es dem Mieter nicht möglich sein soll, die relativ kurz dauernden Arbeiten tagsüber ausführen
zu lassen. Der pauschale Hinweis des Mieters, er sei berufstätig, reicht nicht aus. Auch war nicht ersichtlich, wieso es
dem Mieter unzumutbar sein soll, dem Vermieter den Zugang zu der Wohnung zu ermöglichen oder einen Dritten
damit zu beauftragen.
10.Kindergeld für die nicht verheiratete Tochter mit eigenem Kind
Ab 2012 ist der Unterhaltsanspruch, der der nicht verheirateten Tochter gegen den Vater ihres Kindes zusteht, für
den Kindergeldanspruch ohne Bedeutung.
Hintergrund
X ist Vater einer Tochter (T), für die er Kindergeld bezog. T ist Mutter eines 2010 geborenen Kindes. Sie befand sich in
einer Berufsausbildung.
Die Familienkasse hob gegenüber V die Festsetzung des Kindergelds für T ab Januar 2013 auf, weil nicht mehr die
Eltern gegenüber T unterhaltspflichtig seien, sondern der Vater des Kindes.
Das Finanzgericht gab der Klage mit der Begründung statt, nach der Rechtslage ab 2012 komme es auf etwaige Unterhaltsansprüche gegen den Vater des Kindes nicht mehr an.
Entscheidung
Ebenso wie das Finanzgericht ist auch der Bundesfinanzhof der Auffassung, dass der Unterhaltsanspruch, der T gegen
den Vater ihres Kindes zusteht, für die Kindergeldberechtigung des X ohne Bedeutung ist. Damit steht X für die in 1992
geborene (über 18-jährige, noch nicht 25 Jahre alte) T Kindergeld zu, da sie sich in Berufsausbildung befand und noch
keine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium abgeschlossen hatte.
Der Bundesfinanzhof beruft sich auf den Gesetzeswortlaut. Danach ist ab 2012 die Höhe der Einkünfte und Bezüge des
Kindes – im Gegensatz zu der bis Ende 2011 geltenden Rechtslage – ohne Bedeutung. Der Bundesfinanzhof hatte bereits in einem früheren Urteil unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass die Verheiratung
eines Kindes der kindergeldrechtlichen Berücksichtigung nicht entgegensteht, weil dafür keine typische Unterhaltssituation vorausgesetzt wird. Der Unterhaltsanspruch eines verheirateten Kindes gegenüber seinem Ehegatten wirkt
sich auf den Kindergeldanspruch nicht aus. Wie der Bundesfinanzhof in dem aktuellen Fall nun entschieden hat, gilt
Entsprechendes auch für den Unterhaltsanspruch einer nicht verheirateten Tochter gegen den Vater ihres Kindes.
11.Erfassung von Ausgleichzahlungen zwischen ehemaligen Eheleuten
Fließen zwischen ehemaligen Eheleuten zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs Ausgleichszahlungen, sind diese
Zahlungen beim Empfänger steuerlich nicht zu erfassen.
Hintergrund
Die Klägerin ist seit dem Jahr 2006 in zweiter Ehe wieder verheiratet und wurde in den Streitjahren 2006 und 2007 mit
ihrem zweiten Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Im Zuge des Scheidungsverfahrens bez. der im Jahr 1994 geschlossenen ersten Ehe hatte die Klägerin mit ihrem ehemaligen, ersten Ehemann im Februar 2006 zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs eine notariell beurkundete und
-8-
vom Familiengericht genehmigte Ausgleichsvereinbarung getroffen. Nach dieser Vereinbarung übertrug der ehemalige Ehemann im Jahr 2006 an die Klägerin einen Bausparvertrag mit einem Wert von ca. 30.000 EUR und zahlte einen
Geldbetrag in Höhe von 5.000 EUR. In den Jahren 2007 bis 2010 waren nach der Vereinbarung vom Februar 2006
zugunsten der Klägerin durch den ehemaligen Ehemann zudem weitere Zahlungen in Höhe von 32.000 EUR (2007),
23.000 EUR (2008) und jeweils 20.000 EUR (2009 und 2010) zu erbringen.
Während das Finanzamt den zwischen den ehemaligen Eheleuten vereinbarten und durchgeführten finanziellen Ausgleich in den Jahren 2006 und 2007 zu Lasten der Klägerin als sonstige Einkünfte in Form von wiederkehrenden Bezügen der Besteuerung unterwarf, stellte sich die Klägerin auf den Standpunkt, dass die Ausgleichzahlungen mangels
Rechtsgrundlage nicht steuerbar sind.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Das Hessische Finanzgericht entschied, dass die von der Klägerin erhaltenen Ausgleichzahlungen keiner Einkunftsart zuzuordnen sind. Entschädigungen seien zu verneinen, weil die Klägerin durch den Verzicht
auf den Versorgungsausgleich nicht auf zukünftige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit verzichtet habe. Bei den
Ausgleichszahlungen handele es sich auch nicht um den Ersatz für Renteneinkünfte sondern vielmehr um Ersatzleistungen für Verluste oder Wertminderungen im nicht steuerverhafteten Privatvermögen. Solche Ersatzleistungen unterlägen aber nicht dem Anwendungsbereich des Einkommensteuergesetzes und könnten damit auch nicht der Einkommensteuer unterliegen. Schließlich habe die Klägerin als ausgleichsberechtigter Ehegatte mit dem Verzicht auf
den Versorgungsausgleich gegen Abfindung einen Vermögenswert – nämlich das Recht auf Bildung einer Versorgungsanwartschaft – in seiner Substanz endgültig aufgegeben. Dabei handele es sich um einen veräußerungsähnlichen
Vorgang, der auch nicht der Besteuerung unterliege.
12.Vorauszahlung von Zahnbehandlungskosten als Gestaltungsmissbrauch
Die Vorauszahlung der gesamten Kosten einer sich über mehrere Jahre erstreckenden Zahnbehandlung zum Zwecke
des Abzugs der Gesamtkosten im Zahlungsjahr als außergewöhnliche Belastung kann gestaltungsmissbräuchlich
sein.
Hintergrund
Streitig war, ob im Streitjahr 2009 vorausbezahlte Kosten einer Zahnbehandlung in Höhe von 45.000 EUR in diesem
Jahr als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind. Die Behandlung erstreckte sich über 2 Jahre. Die Zahlung erfolgt nicht aufgrund einer Festkostenvereinbarung, sondern als Vorauszahlung auf die anfallenden Gesamtkosten,
bevor der größte Teil der Behandlung sowie die erforderlichen prothetischen Maßnahmen durchgeführt wurden. Der
Steuerpflichtige erhielt im Streitjahr von seinem früheren Arbeitgeber eine Abfindung in Höhe von 250.000 EUR für
die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2008.
Das Finanzamt sah in der Geltendmachung des vorausgezahlten Betrags einen Gestaltungsmissbrauch und berücksichtigte im Schätzwege lediglich die Kosten, die in 2009 auf bereits angefallene Zahnbehandlungen entfielen.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage des Steuerpflichtigen ab. Zwangsläufig entstandene Krankheitskosten sind grundsätzlich im Veranlagungszeitraum der Verausgabung, vermindert um zu erwartende Ermäßigungen, zu berücksichtigen.
Ein zum Abzug im Jahr der Verausgabung in voller Höhe berechtigender Zahlungsabfluss liegt jedoch dann nicht vor,
wenn zum Steuerabzug berechtigende Kosten ohne wirtschaftlich vernünftigen Grund vorausgezahlt werden, weil die
Vorauszahlung in diesem Fall einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten darstellt.
Im Streitfall lag kein wirtschaftlich vernünftiger außersteuerrechtlicher Grund dafür vor, dass der Steuerpflichtige die
gesamten Kosten der sich über einen Zeitraum von fast 2 Jahren erstreckenden Zahnbehandlung bereits bei Beginn
der Behandlung im Dezember 2009 vorausbezahlt hat. Einzig verbleibender Grund für die Vorauszahlung im Dezember
2009 war daher die Erzielung eines maximalen Steuervorteils, der sich vor allem daraus ergab, dass der Steuerpflichtige wegen der im Streitjahr erhaltenen Abfindung in Höhe von 250.000 EUR einer hohen Steuerprogression unterlag.
Entsprechend war daher als außergewöhnliche Belastung nur der Teil der Kosten der Zahnbehandlung im Streitjahr
abzugsfähig ist, der im Fall einer angemessenen Gestaltung entstanden wäre.
-9-
13.Wann können Eltern oder Ehegatten Schenkungen wegen Notbedarfs zurückfordern?
Schenkungen, auch im Rahmen vorweggenommener Erbfolge, sind für alle Beteiligten riskant, soweit es um eine
umfassende Vermögensübertragung geht. Der Schenker riskiert die finanzielle Abhängigkeit vom Ehepartner und
den Kindern, schlimmstenfalls Altersarmut. Wann kann in einem solchen Fall die Schenkung wiederrufen werden?
Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt selbst zu
bestreiten, kann er von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks fordern.
Gesetzliches Rückforderungsrecht
Der Anspruch auf Rückgewähr des Geschenks wegen Notbedarfs setzt nur voraus, dass die Schenkung vollzogen ist
und die schenkende Person nach Abschluss des Schenkungsvertrags nicht in der Lage ist, ihren angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Es kommt nicht darauf an, ob der Notbedarf vor oder nach Vollziehung der Schenkung entstanden
ist. Eine Rückforderung kommt auch bei gemischter Schenkung in Betracht.
Das Rückforderungsrecht besteht gegenüber jedem Beschenkten, unabhängig vom Verwandtschaftsgrad.
Abwendung der Herausgabe des Geschenks
Der Beschenkte kann die Herausgabe des Geschenks durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abwenden. Der Rückforderungsanspruch ist auf die regelmäßig wiederkehrenden Leistungen zur Bedarfsdeckung beschränkt.
Wann ist der Rückforderungsanspruch ausgeschlossen?
Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenks ist aber ausgeschlossen, soweit der Beschenkte bei Berücksichtigung
seiner sonstigen Verpflichtungen (gegenwärtig) außerstande ist, das Geschenk herauszugeben, ohne dass sein standesmäßiger Unterhalt oder die Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten gefährdet wird.
Rückforderung eines Grundstücks
Macht der verarmte Schenker den Rückforderungsanspruch bezüglich eines Rechts an einem Grundstück geltend,
kann der Beschenkte seiner auf Zahlung entsprechend der Bedürftigkeit des Schenkers gerichteten Zahlungspflicht
dadurch entgehen, dass er die Rückübertragung des Geschenks anbietet.
Nach Ablauf der 10-Jahres-Frist ist eine Rückforderung nicht mehr möglich
Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenks ist ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Eintritts der Bedürftigkeit des
Schenkers seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes 10 Jahre verstrichen sind.
Die 10-Jahres-Frist beginnt mit Vollzug der Schenkung zu laufen. Wird ein Grundstück ohne Gegenleistung übertragen,
ist dies bereits dann der Fall, wenn der Beschenkte auf der Basis eines formgerechten Schenkungsvertrags und der
Auflassung einen Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung beim Grundbuchamt gestellt hat.
Nur wenn eine notariell Rückforderungsklauseln zugunsten des Schenkers vereinbart worden sind, ist das Rückforderungsrecht nicht auf 10 Jahre beschränkt.
14.Riester-Verträge sind in der Regel pfändbar
Finanzhäuser vermitteln in der Regel, das in Riester-Verträgen angesparte Vermögen sei nicht pfändbar. Das Gegenteil ist richtig, wie ein Urteil des Amtsgerichts München belegt. Sämtliches Vermögen in Riester-Verträgen, soweit
es auf Beiträgen beruht, die (noch) nicht gefördert wurden, kann jederzeit gepfändet werden.
Das Amtsgericht München schließt dies aus dem Wortlaut des Einkommensteuergesetzes, wo nicht von förderfähigen,
sondern nur von geförderten Beiträgen gesprochen wird. Bei den nicht geförderten Beiträgen handelt es sich dem
Amtsgericht München zufolge nicht nur um solche Beiträge, die von Anfang als nicht förderfähige Überzahlungen
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vertraglich vereinbart wurden, sondern auch um sämtliche Beiträge, für die eine Förderung zum Pfändungszeitpunkt
tatsächlich noch nicht erfolgt ist.
Förderfähigkeit von Beiträgen steht einer Pfändbarkeit bei Riester nicht entgegen
Weil wegen der Pfändbarkeit im Wortlaut der gesetzlichen Vorschriften nur auf die tatsächlich geförderten, aber nicht
die prinzipiell "förderfähigen" Beiträge und das daraus aufgebaute Vermögen abgestellt wird, ist das gesamte angesparte Riester-Kapital aus Beiträgen, für die noch keine Förderung geleistet wurde, pfändbar.
Die Pfändung erfolgt auch insoweit, als Antragsfristen noch nicht abgelaufen sind und die Förderung daher grundsätzlich noch möglich wäre. Dies gilt auch, wenn im Jahr Beiträge eingezahlt wurden, aber die Förderung noch nicht, sondern erst nach Ablauf des Jahresendes beantragt werden kann. Und auch, wenn die Förderung schon beantragt wurde, aber über den Förderantrag noch nicht entschieden wurde oder die Förderung noch nicht ausgezahlt wurde, ist
eine Pfändung möglich.
Kein Pfändungsschutz in unbegrenzter Höhe durch Verteilung auf mehrere Verträge
Kein Riester-Sparer kann sein Vermögen in unbegrenzter Höhe auf beliebig viele Riester-Verträge verteilen, und bei
jedem einzelnen Vertrag, wenn er entdeckt wird, jeweils noch eine Pfändung verhindern, indem er auf die gesetzliche
Fördermöglichkeit verweist. Der Gesetzgeber schützt nur die tatsächlich geförderten Beiträge und das daraus angesparte Riester-Kapital.
Der Insolvenzverwalter erhält oft das gesamte Riester-Vermögen aus überzahlten Beiträgen selbst für Jahre der Förderung zurück, dazu die Beiträge der Jahre, für die eine Förderung noch nicht beantragt beziehungsweise ausgezahlt
wurde, und die Beiträge des laufenden Jahres, für die noch gar kein Förderantrag gestellt werden konnte.
Der Riester-Sparer kann rechtzeitig den Riester-Vertrag ganz oder teilweise kündigen, soweit er für ihn keine Förderung erhalten hat, muss er dann eine solche nicht zurückzahlen.
Hinsichtlich des Rests muss der Gläubiger abwarten, ob der Vertrag irgendwann gekündigt wird, oder sich der Versicherungsnehmer das übliche 1/3 Teilkapital bei Rentenbeginn auszahlen lässt.
Er kann aber spätestens die Riester-Rente pfänden, wenn das Gesamteinkommen hoch genug ist, auch komplett.
Denn was vorher der Pfändung entgangen ist, kann als Rente gepfändet werden, soweit mit allem anderen Einkommen zusammen die unpfändbaren Beträge überschritten werden.
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Unternehmer und Freiberufler
1. Kirchensteuerabzug zur Kapitalertragsteuer ab 2015
Kirchensteuerabzugsverpflichtete müssen einmal jährlich im Zeitraum vom 1.9. bis 31.10. beim Bundeszentralamt
für Steuern (BZSt) anfragen, ob ihr Kunde oder Anteilseigner kirchensteuerpflichtig ist. Die Informationen zur Religionszugehörigkeit sind automatisiert abzufragen.
Erst damit wird der für jeden Kunden bzw. Anteilseigner zutreffende Einbehalt von Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer
ab Beginn des Jahres 2015 ermöglicht.
Zu den Kirchensteuerabzugsverpflichteten gehören u. a. Kreditinstitute, Versicherungen, Aktiengesellschaften, Genossenschaften und Kapitalgesellschaften.
Die Teilnahme an dem automatisierten Verfahren setzt zweierlei voraus: erstens die Registrierung und zweitens die
Zulassung zum Verfahren.
Seit Anfang Januar 2014 kann die Registrierung und Zulassung zum Verfahren über das BZStOnline-Portal beantragt
werden. Für die Sicherheit des Verfahrens ist eine eindeutige Authentifizierung unerlässlich. Dazu haben die zum Abruf der Daten zur Religionszugehörigkeit Berechtigten mehrere Verfahrensschritte mit jeweiligen Postlaufzeiten zu
durchlaufen.
Datenabfrage beim BZSt
Für die (Regel-)Abfrage sind das Geburtsdatum und die Steueridentifikationsnummer des Steuerpflichtigen erforderlich. Liegt die Steueridentifikationsnummer dem Abzugsverpflichteten nicht vor, kann auch diese beim BZSt (vorab
oder gleichzeitig mit der Regelabfrage) angefragt werden. Das Ergebnis der Regelabfrage ist für den Kirchensteuerabzug des Folgejahrs zugrunde zu legen.
Neben den Regelabfragen sind in bestimmten Fällen sog. Anlassabfragen möglich. Eine solche ist immer bei abzugspflichtigen Lebensversicherungserträgen erforderlich. Andere Kirchensteuerabzugsverpflichtete – insbesondere Kreditinstitute – haben die Möglichkeit, bei Neukunden oder auf Wunsch des Bestandskunden Anlassabfragen an das
BZSt zu richten. Der Zeitpunkt der Verwendung des erhaltenen Kirchensteuerabzugsmerkmals hängt von den innerbetrieblichen Abläufen des Kirchensteuerabzugsverpflichteten ab. Das auf diese Anlassabfrage erhaltene Kirchensteuerabzugsmerkmal ist solange zu verwenden, bis die Antwort des BZSt auf eine ggf. weitere Anlassabfrage in die innerbetrieblichen Abläufe des Kirchensteuerabzugsverpflichteten aufgenommen ist oder bis die Antwort auf eine Regelabfrage turnusgemäß zu verwenden ist.
Das abzugspflichtige Unternehmen kann die Datenabfrage entweder selbst vornehmen oder hierzu einen Dienstleister
(z. B. einen Steuerberater) beauftragen.
2. Neues zum Reverse-Charge-Verfahren
Die Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen steht seit Monaten im Fokus: Nachdem der Bundesfinanzhof die alte
Verwaltungsauffassung verworfen hatte, wurde diese zunächst angepasst. Jetzt wird die bisherige Regelung zum
1.10.2014 gesetzlich festgeschrieben und das Bundesfinanzministerium nimmt u. a. zum Thema Vertrauensschutz
für die Altfälle Stellung.
Neben den allgemeinen Grundsätzen, die sich aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ergeben, stellt die Finanzverwaltung noch einmal besonders heraus, dass die Beteiligten auch in den Altfällen (Leistungen bis zum
14.2.2014) – einvernehmlich – an der bisherigen Behandlung festhalten können. In diesen Fällen ergeben sich für alle
Beteiligten keine Konsequenzen aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.
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Beantragt der Leistungsempfänger aber die von ihm im Reverse-Charge-Verfahren berechnete und an das Finanzamt
abgeführte Umsatzsteuer, da er in den Altfällen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht Steuerschuldner
geworden sei, ist die Steuerfestsetzung gegenüber dem leistenden Unternehmer zu ändern, soweit nicht Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Die Finanzverwaltung geht inhaltlich nicht auf eventuelle Vertrauensschutztatbestände für den leistenden Unternehmer ein und wiederholt lediglich die Aussage, dass der Änderung der Steuerfestsetzung gegen den leistenden Unternehmer der Vertrauensschutz bei der Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden nicht entgegensteht.
3. Voraussetzungen für Teilwertabschreibung bzw. Wertaufholung
Das Bundesfinanzministerium hat die bisher in verschiedenen Schreiben enthaltenen Grundsätze zur Teilwertabschreibung zusammengefasst und in Teilbereichen auch geändert. Schwerpunkt ist die voraussichtlich dauernde
Wertminderung als Grundvoraussetzungen für eine Teilwertabschreibung. Enthalten sind auch Ausführungen zum
Wertaufholungsgebot.
Kern des neuen Schreibens ist die weitgehende Übernahme der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Teilwertabschreibung nach Kursschwankungen bei börsennotierten Aktien im Anlagevermögen und bei Investmentanteilen.
Hierzu hat die Finanzverwaltung insbesondere den Umfang des erforderlichen Kursverlusts einer Aktie von 40 % bzw.
25 % auf nur noch 5 % reduziert, ab welchem eine voraussichtlich dauernde Wertminderung angenommen werden
kann. Außerdem wird mit dem neuen Schreiben eine Vielzahl einzelner bisheriger Schreiben zusammengefasst. Zudem
kam es auf Intervention der Verbände gegenüber dem ursprünglichen Entwurf des Schreibens zu einigen Änderungen.
4. Parkplatzüberlassung bei Hotelübernachtung
Die Überlassung von Hotelzimmern stellt eine begünstigte Vermietung von Wohn- und Schlafräumen dar. Das Vorhalten von Parkplätzen, für die die Hotelgäste kein Entgelt entrichten müssen, ist als Nebenleistung zur Beherbergung zu beurteilen.
Hintergrund
Die Klägerin betrieb im Streitjahr 2010 ein Business Resort Hotel. Für die Hotelgäste standen 140 private PkwStellplätze sowie 10 Lkw-Stellplätze zur Verfügung. Ein gesondertes Entgelt für die Nutzung der Stellplätze wurde nicht
erhoben. Die vorgehaltenen Parkmöglichkeiten reichten bei voller Belegung des Hotels für die Hälfte der Hotelgäste.
Die mit dem Kraftfahrzeug angereisten Gäste durften freie Parkplätze belegen, ohne dass hierüber mit der Klägerin
eine Regelung getroffen wurde.
In der Umsatzsteuererklärung 2010 erklärte die Klägerin die Erlöse aus den Beherbergungsleistungen zum ermäßigten
Steuersatz. Die kalkulatorischen Kosten für Frühstück sowie für die Nutzung der Fitness- und Saunaeinrichtungen unterwarf die Klägerin dem Regelsteuersatz von 19 %. Die unentgeltliche Nutzungsmöglichkeit der privaten Parkplätze
hatte die Klägerin von den Übernachtungsleistungen nicht abgegrenzt. Das Finanzamt dagegen unterwarf die kalkulatorischen Kosten für die unentgeltliche Parkplatzüberlassung dem Regelsteuersatz.
Entscheidung
Für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden
bereithält, gilt der Steuersatz von 7 %. Dies gilt jedoch nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung
dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind.
Die unentgeltliche Überlassung der Parkplätze im Streitfall steht nach Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts im Zusammenhang mit der Übernachtung im Hotel und stelle daher eine Nebenleistung zur Beherbergung dar.
Es bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Nutzung der vorgehaltenen Stellplätze und der Übernachtungsleistung. Dies gelte jedenfalls dann, wenn wie im Streitfall, über die Inanspruchnahme eines Stellplatzes zwischen Hotelier und Gast keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wird und der Hotelier nicht prüft, ob der Gast mit
einem Kraftfahrzeug angereist ist.
Auch stehe für die Gäste die eigentliche Übernachtung im Vordergrund. Die Parkplatzüberlassung habe für sich gesehen keinen Wert und stelle lediglich eine Serviceleistung dar. Vielmehr ermögliche die Bereitstellung von Stellplätzen
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die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können. Daher sei das Angebot als wirtschaftlich einheitliche Leistung auch nicht künstlich aufzuspalten.
5. Steuerliche Grundsätze zur Bürgschaftsübernahme
Die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen stellt die steuerlichen Grundsätze dar, die bei Bürgschaftsübernahmen durch Kommanditisten zu beachten sind.
Übernimmt ein Kommanditist aus betrieblichen Gründen eine Bürgschaft für Verbindlichkeiten seiner KG, hat dieser
Vorgang keinen Einfluss auf die Höhe des laufenden Gewinns bzw. Verlusts der Gesellschaft; auch Sonderbetriebsausgaben des Kommanditisten werden hierdurch nicht ausgelöst.
Sofern die Inanspruchnahme des Kommanditisten aus der Bürgschaft droht oder bereits erfolgt ist, kann er nach der
BFH-Rechtsprechung in seiner Sonderbilanz keine Rückstellung bilden bzw. keine Verbindlichkeit einstellen. Zahlungen, die in Erfüllung einer Bürgschaftsverpflichtung geleistet werden, sind einkommensteuerlich als Kapitaleinlage zu
beurteilen. Diese Wertung gilt nicht nur, wenn
·
·
die Übernahme der Bürgschaft und die Zahlung der Bürgschaftssumme Beitragsleistungen des Kommanditisten darstellen, die auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhen und während des Bestehens der
Gesellschaft keinen Ersatzanspruch des Kommanditisten begründen, sondern auch wenn
dem Kommanditisten als Folge der Bürgschaftsleistung zivilrechtlich ein selbstständiger, noch nicht
erfüllter Ersatzanspruch gegenüber der KG oder den persönlichen haftenden Gesellschafter zusteht.
Die Verfügung der Oberfinanzdirektion enthält weitere Aussagen zur Verlustzurechnung bei negativem Kapitalkonto
und zur vorzeitigen Nachversteuerung des negativen Kapitalkontos eines Kommanditisten. Ebenso äußert sich die
Oberfinanzdirektion zum Wegfall des negativen Kapitalkontos bei Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe bzw.
Ausscheiden des Kommanditisten.
6. Benachteiligung wegen des Geschlechts bei der Bewerbung?
Werden Frauen im Bewerbungsverfahren nicht berücksichtigt, weil sie Kinder im Grundschulalter haben, stellt dies
eine Benachteiligung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes dar. Dieses Motiv muss aber eindeutig
festgestellt werden, so das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Fall.
Im Einstellungsverfahren dürfen Bewerber nicht aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt werden. Das betrifft nicht
nur unmittelbare, sondern auch mittelbare Benachteiligungen. Bei einer mittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts kann die besondere Benachteiligung des einen Geschlechts durch ein dem Anschein nach neutrales Kriterium mit einem Verweis auf statistische Erhebungen dargelegt werden. Die herangezogene Statistik muss aussagekräftig, d. h. für die umstrittene Fallkonstellation gültig sein.
Hintergrund
Die Beklagte betreibt einen lokalen Radiosender und suchte im Frühjahr 2012 für eine Vollzeitstelle eine Buchhaltungskraft mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung. Die Klägerin bewarb sich auf diese Stelle im April 2012, im
beigefügten Lebenslauf wies sie auf ihre Ausbildungen als Verwaltungsfachfrau und zur Bürokauffrau hin. Außerdem
gab sie dort an "Familienstand: verheiratet, ein Kind".
Anfang Mai 2012 erhielt die Klägerin eine Absage, auf dem zurückgesandten Lebenslauf war der Angabe zum Familienstand hinzugefügt "7 Jahre alt!", dies und die von der Klägerin stammende Angabe "ein Kind" war unterstrichen.
Die Klägerin sieht sich als Mutter eines schulpflichtigen Kindes, die eine Vollzeitbeschäftigung anstrebt, benachteiligt.
Die Notiz der Beklagten auf ihrem Lebenslauf spreche dafür, dass die Beklagte Vollzeittätigkeit und die Betreuung
eines 7-jährigen Kindes nicht oder nur schlecht für vereinbar halte. Die Beklagte hat eine Entschädigung wegen einer
Benachteiligung aufgrund des Geschlechts abgelehnt. Sie hat darauf verwiesen, eine junge verheiratete Frau eingestellt zu haben, die über eine höhere Qualifikation verfüge.
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Entscheidung
Die Revision der Beklagten, die vom Landesarbeitsgericht wegen mittelbarer Benachteiligung der Klägerin zu einer
Entschädigung in Höhe von 3.000 EUR verurteilt worden war, hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts
Erfolg.
Die vom Berufungsgericht herangezogene Statistik (Mikrozensus) für den Anteil von Ehefrauen mit Kind an der Gesamtzahl der Vollbeschäftigten lässt keine Aussagen für den Fall der Klägerin zu. Das Landesarbeitsgericht als Tatsachengericht wird aber zu prüfen haben, ob in dem Verhalten der Beklagten nicht eine unmittelbare Benachteiligung
der Klägerin als Frau zu sehen ist, was eine Auslegung des Vermerks auf dem zurückgesandten Lebenslauf erfordert.
7. Elektronische Kontoauszüge werden als Buchungsbeleg anerkannt
In Zeiten von Online-Banking sind elektronische Kontoauszüge mittlerweile an der Tagesordnung. Für Unternehmen
war die Frage nach deren steuerlichen Anerkennung aber bislang mit erheblichen (Rechts-)Unsicherheiten behaftet,
weshalb viele dem guten alten Papierkontoauszug den Vorzug gaben. Nun scheint sich die Finanzverwaltung aber
zu öffnen.
Das Bayerische Landesamt für Steuern hat sich bereits ausführlich zu den steuerlichen Anforderungen geäußert, die
an die Aufbewahrung von elektronischen Kontoauszügen gestellt werden. Demnach reicht der bloße Ausdruck von
elektronischen Auszügen bei Bankkunden mit Gewinneinkünften nicht aus, da dieser Ausdruck beweisrechtlich nicht
den originären Papierkontoauszügen gleichgestellt ist, sondern lediglich eine Kopie des elektronischen Kontoauszugs
darstellt. Nach der Weisung muss auch das originär digitale Dokument aufbewahrt werden. Das genutzte Datenverarbeitungsverfahren muss dabei sicherstellen, dass alle erfassten Datenbestände nicht nachträglich unterdrückt oder
ohne Kenntlichmachung überschrieben, gelöscht, geändert oder verfälscht werden können. Bei originär digitalen Dokumenten muss der Unternehmer gewährleisten, dass eine Bearbeitung während des Übertragungsvorgangs ausgeschlossen ist. Sofern Kontoumsatzdaten in auswertbaren Formaten (z. B. als xls- oder csv-Datei) übermittelt werden,
muss sichergestellt sein, dass die empfangenden Daten durchgängig unveränderbar sind. Eine Aufbewahrung von xlsoder csv-Dateien genügt daher häufig nicht den steuerlichen Anforderungen.
Eingabe der Deutschen Kreditwirtschaft
Unter maßgeblicher Initiative des Bankenverbands hat sich in der Vergangenheit die Deutsche Kreditwirtschaft (DK)
stark für die steuerliche Anerkennung des elektronischen Kontoauszugs eingesetzt. In einer Eingabe vom 1.4.2014 an
das Bundesfinanzministerium hatte sich die DK für die steuerliche Anerkennung von elektronischen Kontoauszügen im
PDF-Format ausgesprochen. Die Deutsche Kreditwirtschaft argumentiert dabei insbesondere mit folgender bestehender Diskrepanz:
·
·
Kontoauszüge, die eine Rechnung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sind: Kreditinstitute rechnen bestimmte
Leistungen gegenüber ihren Kunden regelmäßig durch die Ausstellung von Kontoauszügen ab. Diese Rechnungsstellung wird von der Finanzverwaltung bereits anerkannt, zudem ist es mittlerweile rechtssicher möglich, über
umsatzsteuerpflichtige Leistungen via elektronischem Kontoauszug abzurechnen, da die steuerlichen Anforderungen an die Übermittlung elektronischer Rechnungen deutlich herabgesetzt wurden.
Kontoauszüge, die keine Rechnung sind: Die Deutsche Kreditwirtschaft kritisiert, dass elektronische Kontoauszüge, die keine Rechnung sind und lediglich die laufende Geschäftsbeziehung abbilden, momentan noch höhere
steuerliche Anforderungen erfüllen müssen als Rechnungen. Es sei kein Grund ersichtlich, warum ein elektronisch
übermittelter Kontoauszug strenger gehandhabt wird als eine elektronisch übermittelte Rechnung. Daher müssten Kontoauszüge auch im PDF-Format versandt und archiviert werden dürfen.
Öffnung des Bundesfinanzministeriums
Mit Antwort vom 24.7.2014 führt das Bundesfinanzministerium aus, dass die obersten Finanzbehörden des Bundes
und der Länder beschlossen haben, ab sofort auch elektronische Kontoauszüge als Buchungsbeleg anzuerkennen,
wenn
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·
der Auszug beim Eingang vom Unternehmer auf seine Richtigkeit geprüft wird und
er dieses Vorgehen dokumentiert/protokolliert.
Explizit zu Kontoauszügen im PDF-Format äußert sich das Ministerium jedoch nicht.
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Das Bundesfinanzministerium weist aber darauf hin, dass die obersten Finanzbehörden anregen, dass Kreditinstitute
ihren Bankkunden für einen Zeitraum von 10 Jahren kostenlos eine Zweitschrift ihrer Kontoauszüge bereitstellen,
sodass im Rahmen von Betriebsprüfungen zu keinem Zeitpunkt die Gefahr besteht, dass fehlende Auszüge nicht nachgeliefert oder verdächtige Buchungsbelege nicht durch die Zweitschrift entkräftet werden können.
8. E-Mail, Telefon- und Faxnummer gehören in die Widerrufsbelehrung
Eine Widerrufsbelehrung, die weder Telefonnummer noch Faxnummer oder E-Mail-Adresse enthält, verstößt gegen
das Wettbewerbsrecht. Zu diesem Urteil kam das Landgericht Bochum. Eine Angabe dieser Kontaktdaten im Impressum war den Richtern nicht genug.
Hintergrund
Im vorliegenden Fall war die Betreiberin eines Onlineshops für Nahrungsergänzungsmittel die Beklagte. Ihre Widerrufsbelehrung forderte die Kunden dazu auf, ihre Widerrufserklärung mit dem beigefügten Formular (nicht unbedingt
vorgeschrieben), per Post, Telefax oder Brief an den Händler zu schicken. In der Belehrung selbst waren diese Kontaktangaben jedoch nicht enthalten; diese mussten die Kunden dem Impressum entnehmen.
Entscheidung
Eine Konkurrentin sah in diesem Vorgehen einen Verstoß gegen die neuen §§ 355, 356 BGB der EUVerbraucherrechte-Richtlinie, die am 13.6.2014 in Kraft getreten ist und somit einen Wettbewerbsverstoß. Das Landgericht Bochum gab der Klägerin Recht. Ohne Telefonnummer, Faxnummer oder E-Mail-Adresse sei die Widerrufsbelehrung unvollständig. Zwar könne eine Widerrufsbelehrung aufgrund der Neuregelung auch formlos erfolgen, die
Notwendigkeit dazu ergebe sich in diesem Fall jedoch aus der Muster-Widerrufsbelehrung, die der Gesetzgeber zur
Verfügung stellt. Schließlich heiße es in der Belehrung ausdrücklich, dass Name, Anschrift und soweit verfügbar auch
Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse angegeben werden sollen. Die Richter entschieden nun, dass
eine vollständige Widerrufsbelehrung die Nennung von Telefonnummer, Faxnummer und E-Mail-Adresse erfordere,
wenn diese verfügbar seien. Eine Angabe im Impressum allein reiche nicht aus.
9. Investitionsabzugsbetrag: Nachträglicher Ansatz für ein anderes angeschafftes
Wirtschaftsgut ist möglich
Um die Möglichkeit, einen Investitionsabzugsbetrag nachträglich geltend zu machen, geht es in einigen Urteilen der
Finanzgerichte. Aktuell geht es um die Versagung für ein bestimmtes Wirtschaftsgut und die nachträgliche Berücksichtigung eines Investitionsabzugsbetrags für ein anderes Wirtschaftsgut. Lesen Sie, wie die Richter argumentieren
und welcher Tipp für die Praxis daraus abgeleitet wird.
Hintergrund
Wird das Wirtschaftsgut, für das ein Investitionsabzugsbetrag gebildet worden ist, nicht bis zum Ende des 3. auf das
Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahrs angeschafft, dann gilt: Der Abzugsbetrag ist rückgängig zu
machen.
Für den Fall, dass der Gewinn des maßgebenden Wirtschaftsjahrs bereits einer Steuerfestsetzung oder einer gesonderten Feststellung zugrunde gelegt wurde, ist der entsprechende Steuer- oder Feststellungsbescheid zu ändern.
Fraglich ist: Kann der Steuerpflichtige nach Änderung des Bescheids einen Investitionsabzugsbetrag für ein anderes
begünstigtes Wirtschaftsgut, das er innerhalb des zulässigen Investitionszeitraums tatsächlich angeschafft, hat geltend
machen?
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Beispiel: Statt für einen Baggers soll der Investitionsabzugsbetrag für einen Lkw beantragt werden
A erzielt als Bauunternehmer Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In einer Anlage zu seinem Jahresabschluss 31.12.2010
machte er einen Investitionsabzugsbetrag für die geplante Anschaffung eines Baggers geltend:
·
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·
20.000 EUR
40 % von 50.000 EUR
Keine Anschaffung
Nachdem er bis zum 31.12.2013 keinen Bagger angeschafft hat, ändert das Finanzamt im Jahr 2014 den Einkommensteuerbescheid 2010 und erhöht den Gewinn um 20.000 EUR.
Gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 2010 legt A Einspruch ein. Er macht im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den Steuerbescheid einen Investitionsabzugsbetrag für einen Lkw geltend:
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·
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40 % von 50.000 EUR
20.000 EUR
Anschaffung im Jahr 2013
60.000 EUR
Das Sächsische Finanzgericht hat entschieden
Nach der Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrags wegen Nicht-Investition kann innerhalb des Änderungsrahmens nachträglich ein Investitionsabzugsbetrag für ein anderes begünstigtes Wirtschaftsgut geltend gemacht
werden. Dies unter der Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige dieses innerhalb des zulässigen Investitionszeitraums
tatsächlich angeschafft hat. Danach muss das Finanzamt den nachträglich geltend gemachten Investitionsabzugsbetrag für den Lkw anerkennen.
Das hat zur Folge: Der Änderungsbescheid 2010 wird aufgehoben und es bleibt bei der ursprünglich festgesetzten
Steuer.
Das Finanzgericht hat gegen sein Urteil keine Revision zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob das Finanzamt Nichtzulassungsbeschwerde einlegen wird. Einschlägige Fälle sollten offen gehalten und das weitere Verfahren beobachtet werden. Das Ruhen des Verfahrens sollte angeregt werden.
Das Niedersächsische Finanzgericht vertritt diese Ansicht
Wird zunächst der Abzug eines Investitionsabzugsbetrags für ein bestimmtes Wirtschaftsgut beantragt und wird dieser
Antrag wegen nicht fristgerechter Anschaffung nicht mehr aufrechterhalten, kann stattdessen ein Investitionsabzugsbetrag für ein zwischenzeitlich (fristgerecht) angeschafftes anderes Wirtschaftsgut allenfalls dann gebildet werden,
wenn seit der tatsächlichen Anschaffung weniger als 3 Jahre vergangen sind und die Anschaffung nicht erkennbar zur
Kompensation nachträglicher Einkommenserhöhungen dient.
10.Kein Gewerbesteuererlass bei gewerblicher Zwischenvermietung
Die Belastungen aus der Hinzurechnung der Mieten/Pachten für weitervermietete/-verpachtete Immobilien sind
Folge der Objektsteuer und rechtfertigen keinen Gewerbesteuererlass.
Hintergrund
Die X-GmbH pachtete von einem Dritten für zunächst 20 Jahre 2 Hotels. Diese betrieb die GmbH nicht selbst, sondern
überließ die Gebäude einem Unternehmer im Wege der Unterpacht zur Nutzung. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags berücksichtigte das Finanzamt u. a. Hinzurechnungen wegen geleisteter Pachtzahlungen und setzte entsprechend den Gewerbesteuer-Messbetrag und die Gewerbesteuer fest.
Den Antrag der GmbH, die Gewerbesteuer und Körperschaftsteuer aus Billigkeitsgründen teilweise zu erlassen, lehnte
das Finanzamt ab. Das Finanzgericht gab dagegen der Klage teilweise statt.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof widerspricht dem Finanzgericht. Er lehnt mit dem Finanzamt die Voraussetzungen für einen
Billigkeitserlass ab.
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Bei den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen der Miet- und Pachtzinsen handelt es sich der Sache nach um Betriebsausgabenabzugsbeschränkungen, die dazu führen können, dass bei einem niedrigen Gewinn oder einem Verlust
Gewerbesteuer zu zahlen ist, die den Gewinn aufzehrt oder im Verlustfall sogar die Vermögenssubstanz des Unternehmens angreift. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Belastungsfolge, die dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer entspricht. Damit entsprechen die Hinzurechnungen den gesetzgeberischen Wertungen und können
grundsätzlich keinen Erlass der Gewerbesteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen rechtfertigen. Dies gilt auch für die
durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 geschaffene Rechtslage.
Die Tätigkeit gewerblicher Zwischenvermieter als solche kann daher nicht zu einem Steuererlass wegen sachlicher
Unbilligkeit führen. Denn gewerbliche Zwischenvermieter unterscheiden sich im Kern nicht von anderen Betrieben,
die mit hohem Fremdkapitaleinsatz arbeiten und ertragsschwach sind. Die Ertragsschwäche dieser Unternehmen
beruht auf den speziellen Strukturen des jeweiligen Marktes und den dort herrschenden konjunkturellen Verhältnissen. Die aus der Kombination von Ertragsschwäche und Hinzurechnungshöhe resultierende Gewerbesteuerlast ist bei
der Objektsteuer unvermeidlich angelegt und daher nicht durch einen Billigkeitserlass zu korrigieren.
Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts sind bei gewerblichen Zwischenvermietern Billigkeitsmaßnahmen daher
nicht generell schon wegen der besonderen Art ihrer Geschäftstätigkeit, sondern nur nach Lage des einzelnen Falls zu
erwägen. Ein Erlass ist im Einzelfall geboten, wenn die Gewerbesteuer bei einer über mehrere Jahre dauernden Verlustperiode nicht aus dem Ertrag, sondern aus der Substanz geleistet werden muss und dies (im Zusammenwirken mit
anderen Steuerarten) zu existenzgefährdenden oder existenzvernichtenden Härten führt. Die Besteuerung ist aber
nicht unverhältnismäßig und verstößt nicht gegen die Eigentumsgarantie, wenn in einem einzelnen Jahr ein Verlust
oder nur ein geringer Gewinn erwirtschaftet wird und infolge der Hinzurechnungen trotz Verlusts Gewerbesteuer zu
zahlen ist oder die Zahllast den Gewinn übersteigt.
11.Wann verfolgt der Vermieter eine Einkunftserzielungsabsicht?
Verluste aus Vermietung und Verpachtung können steuerlich nur abgezogen werden, wenn der Vermieter eine
Einkunftserzielungsabsicht hat. Wann dieses Motiv vorliegt, hat das Bayerische Landesamt für Steuern in einem
ausführlichen Leitfaden dargestellt.
Vermieter verlustbringender Immobilien wollen den Fiskus in aller Regel an ihren Vermietungsverlusten beteiligen –
sie handeln dabei nach der Devise "geteiltes Leid ist halbes Leid". Allerdings gelingt ihnen ein steuerlicher Verlustabzug nur, wenn sie nachweislich die Absicht haben, nachhaltig und dauerhaft Gewinne bzw. Überschüsse mit ihrem
Mietobjekt zu erzielen. Fehlt ihnen diese Einkunftserzielungsabsicht, erkennen die Finanzbehörden die Vermietungsverluste nicht steuerlich an, sondern ordnet sie dem steuerlich irrelevanten Bereich der Liebhaberei zu. In der Praxis
ist das Merkmal der Einkunftserzielungsabsicht daher von zentraler Bedeutung.
Neuer Leitfaden zur Einkunftserzielungsabsicht
Das Bayerische Landesamt für Steuern (BayLfSt) hat nun in einem ausführlichen Leitfaden dargestellt, anhand welcher
Kriterien die Einkunftserzielungsabsicht geprüft wird, welche Rechtsprechungsgrundsätze dabei zu beachten sind und
wie Sonderfälle der Vermietung gehandhabt werden. Die Grundsätze gelten ab dem Veranlagungszeitraum 2012.
Wann ist die Einkunftserzielungsabsicht nicht zu prüfen?
Bei einer auf Dauer angelegten Vermietung von Wohnungen, aus der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
resultieren, ist grundsätzlich ohne weitere Prüfung davon auszugehen, dass der Vermieter eine Einkunftserzielungsabsicht hat (auch bei verbilligter Wohnraumüberlassung). Diese Vermutung gilt jedoch nicht bei der Vermietung von
Gewerbeobjekten und unbebauten Grundstücken.
Wer also z. B. mit der Vermietung einer Eigentumswohnung jahrelang nur rote Zahlen schreibt, kann seine Verluste
grundsätzlich ohne nähere Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht steuerlich abziehen, sofern die Vermietung auf
Dauer (= ohne Befristung) erfolgt.
Wann ist die Vermietung auf Dauer angelegt?
Eine auf Dauer angelegte Vermietung liegt vor, wenn die Vermietung nach den bei Vermietungsbeginn vorliegenden
Umständen keiner Befristung unterliegt. Hat sich ein Vermieter erst einmal endgültig zur dauerhaften Vermietung
entschlossen und veräußert er sein Objekt später bzw. nutzt es später selbst, so kann für die Dauer der Vermietung
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gleichwohl von einer Einkunftserzielungsabsicht ausgegangen werden, wenn der Verkauf bzw. die Selbstnutzung auf
einem neuen Entschluss beruht. Ein solcher steuerunschädlicher Motivwechsel kann z. B. bei Scheidung oder finanzieller Notlage vorliegen.
Was spricht gegen eine Einkunftserzielungsabsicht?
Folgende Beweisanzeichen sprechen gegen eine Einkunftserzielungsabsicht:
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·
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Es liegt nur eine vorübergehende (verlustbringende) Vermietung vor, z. B. bei Beteiligung an einem Mietkaufoder Bauherrenmodell mit Rückkaufangebot oder Verkaufsgarantie.
Der Vermieter bietet ein noch nicht vermietetes Grundstück gleichzeitig zum Verkauf an.
Es wird nur befristet vermietet (in Form eines Zeitmietvertrags).
Der Vermieter hat eine nur kurz laufende Fremdfinanzierung abgeschlossen.
Das Objekt wird nach Anschaffung/Herstellung zeitnah veräußert oder selbstgenutzt (in der Regel innerhalb von 5
Jahren).
Das Objekt wird außergewöhnlich lange renoviert (mehr als 5 Jahre).
Verfahrensrechtlicher "Zugriff"
Wenn die Finanzämter erst nachträglich feststellen, dass einem Vermieter die Einkunftserzielungsabsicht fehlt, kommt
eine Änderung der Steuerbescheide (= Verlustaberkennung) aufgrund neuer Tatsachen in Betracht.
Besonderheiten bei Ferienwohnungen
Bei der Vermietung von Ferienwohnungen wird eine Einkunftserzielungsabsicht auf Seiten des Vermieters unterstellt,
wenn er die Wohnung ausschließlich an Feriengäste vermietet bzw. vermieten will und keine Selbstnutzung vorliegt.
Eine ausschließliche Vermietung ist anzunehmen, wenn die Wohnung an mindestens 75 % der ortsüblichen Vermietungstage tatsächlich vermietet wird.
Bei vorbehaltener Selbstnutzung oder Vermietungstagen unterhalb der 75 %-Quote müssen die Finanzämter anhand
einer in die Zukunft gerichteten Überschussprognose prüfen, ob eine Einkunftserzielungsabsicht vorliegt.
Leerstehende Immobilien
Bei leerstehenden Immobilien sind die Finanzbehörden angehalten, stets in die Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht
einzusteigen. Für den Entschluss zur dauerhaften Vermietung spricht z. B., dass der Vermieter Vermietungsanzeigen
geschaltet oder einen Makler beauftragt hat. Gegen eine Einkunftserzielungsabsicht spricht, wenn der Vermieter trotz
anhaltend erfolgloser Mietersuche an seinen (überhöhten) Mietpreisvorstellungen festhält oder er das Objekt jahrelang renoviert.
Wie eine Überschussprognose aufzustellen ist
Wenn Beweisanzeichen gegen eine Einkunftserzielungsabsicht sprechen (z. B. befristete Vermietung), prüfen die Finanzämter anhand einer vom Vermieter zu erstellenden Überschussprognose, ob sich mit dem Mietobjekt überhaupt
einen Totalüberschuss erzielen lässt. In diese Berechnung fließen regelmäßig die voraussichtlich erzielbaren (steuerpflichtigen) Einnahmen und Werbungskosten der nächsten 30 Jahre ein. Bei einer befristeten Vermietung fällt der
Prognosezeitraum entsprechend kürzer aus.
Der Totalüberschuss darf vom Vermieter nicht durch die Einrechnung von Wertsteigerungen des Objekts oder zu erwartenden privaten Veräußerungsgewinnen "frisiert" werden.
Sonstige Inhalte
Das BayLfSt geht in seinem Leitfaden zudem auf Grundsätze zur verbilligten Überlassung von Wohnraum (66 %Grenze), die Vermietung von Luxuswohnungen, sowie Besonderheiten bei Gewerbeobjekten ein und gibt in der Anlage des Leitfadens eine Übersicht über Bundesfinanzhof-Urteile und Verwaltungsanweisungen zur Thematik.
- 19 -
12.Organisationsverschulden schließt Wiedereinsetzung aus
Wird bei einer Fristversäumnis ein (entschuldbares) Büroversehen geltend gemacht, ist zudem darzulegen, dass ein
Organisationsverschulden auszuschließen ist. Dazu gehört auch der Vortrag, auf welche Weise die Fristen überwacht werden.
Hintergrund
Zu entscheiden war, ob eine Steuerberatungsgesellschaft wegen verspäteter Einspruchseinlegung ein Schuldvorwurf
trifft.
Die Z-Steuerberatungsgesellschaft legte als Bevollmächtigte der Eheleute X gegen einen EinkommensteuerSchätzungsbescheid vom 22.2.2011 Einspruch ein, der erst am 28.3. zusammen mit der Einkommensteuer-Erklärung
beim Finanzamt einging. Nach Hinweis des Finanzamts auf den Ablauf der Einspruchsfrist bereits am 25.3. beantragte
Z Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Steuererklärung sei am 11.3. fertig gestellt worden. Da eine Vollziehungsaussetzung bei Schätzungsbescheiden nur bei Abgabe der Steuererklärung erfolge, sei das gleichzeitig erstellte
Einspruchsschreiben vom 11.3. auf die Steuererklärung geheftet worden. Die ansonsten zuverlässige Angestellte habe
den Einspruch an das Finanzamt faxen sollen. Dies sei jedoch unterblieben, da sie offenbar die Faxnummer nicht sofort zur Hand gehabt habe.
Das Finanzamt lehnte die Wiedereinsetzung wegen schuldhafter Fristversäumnis ab und verwarf den Einspruch als
unzulässig. Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage ab.
Mit der Revision wurde vorgetragen, die Mitarbeiterin sei durch eine konkrete Einzelanweisung beauftragt worden,
den Einspruch sofort an das Finanzamt zu faxen und die Frist im Postausgangsbuch erst nach Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des Sendeprotokolls zu streichen. Warum die sonst zuverlässige Mitarbeiterin dem nicht
nachgekommen sei, könne nicht nachvollzogen werden.
Entscheidung
Auch der Bundesfinanzhof verneint die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung.
Zu unterscheiden ist einerseits zwischen Organisationsmängeln, die einem Rechtsanwalt oder Steuerberater und dem
von ihnen Vertretenen als Verschulden zuzurechnen sind, und nicht zurechenbaren Büroversehen andererseits. Wird
– wie hier – ein nicht zurechenbares Büroversehen geltend gemacht, gehört zum schlüssigen Vortrag der Wiedereinsetzungsgründe auch die Darlegung, warum ein Organisationsverschulden auszuschließen ist. Es müssen also Organisationsmaßnahmen vorgetragen werden, die den konkreten Fehler als Büroversehen erkennen lassen.
Ein solcher Vortrag liegt im Streitfall nicht vor. Es fehlt an Ausführungen dazu, auf welche Weise die Fristen im Büro
der Z überwacht wurden, insbesondere an einer Darlegung, wann, wie und von wem nach der Büroorganisation bei
einem Telefax die Absendung dokumentiert wurde und welche Vorgaben und Belehrungen die Berufsträger innerhalb
der Z insoweit erteilt hatten. Der Wiedereinsetzungsantrag erklärt nicht, aus welchem Grund das Postausgangsbuch
das Einspruchsschreiben ausweist, obwohl es aus Versehen nicht gesendet worden sein soll. Die Dokumentation des
nicht erfolgten Postausgangs weist auf einen Organisationsmangel hin. Denn bei Übermittlung eines Schriftstücks per
Telefax darf die Frist erst gelöscht werden, wenn der Sendebericht vorliegt, der die Übermittlung belegt. Die Gründe,
warum im Streitfall anders verfahren wurde, sind nicht erkennbar.
- 20 -
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1. Firmenwagen: Bemessung der anteiligen Kosten bei Leasingsonderzahlung
Verteilt der bilanzierende Arbeitgeber eine Leasingsonderzahlung durch Bilden eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens auf die Laufzeit des Vertrags, sind die auf private Fahrten des Arbeitnehmers entfallenden Aufwendungen nur aus dem Teil der Leasingsonderzahlung zu berechnen, der sich bei dem Arbeitgeber in diesem Jahr gewinnmindernd auswirkt.
Hintergrund
Die GmbH hatte ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer einen geleasten Pkw auch zur privaten Nutzung überlassen.
Den Wert der Privatnutzung ermittelte sie anhand des Fahrtenbuchs als den entsprechenden Anteil an den bei ihr als
betrieblichen Aufwand gebuchten Kosten. Die vereinbarte Leasingsonderzahlung ging deshalb nur insoweit in die
anteiligen Kosten ein, als sie nicht im Wege eines Rechnungsabgrenzungspostens auf die folgenden Jahre zu verteilen
war. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Leasingsonderzahlung sei trotz dieser bilanzmäßigen Behandlung bei
der Ermittlung der anteiligen Kosten in voller Höhe anzusetzen.
Entscheidung
Das Finanzgericht sah in der Sonderzahlung ein vorausgezahltes Nutzungsentgelt. Der Wert der Pkw-Nutzung dürfe
nicht davon beeinflusst werden, ob der Arbeitgeber eine Leasingsonderzahlung vereinbare oder höhere laufende
Raten. Aufgrund ähnlicher Erwägungen habe der Bundesfinanzhof anstelle von Sonderabschreibungen die NormalAbschreibung angesetzt.
Sie haben noch Fragen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wir beraten Sie gerne.
Mit freundlichen Grüßen
- 21 -
BS WESTDEUTSCHLAND GmbH
Wirtschaftsprüfung ▪ Steuerberatung
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
- Villa Bredeney Frankenstraße 348
45133 Essen
Telefon: 02 01/8 78 56-0
Telefax: 02 01/8 78 56-33 oder -49
InfoService unter: www.bswest.de
E-Mail: [email protected]
Steuer-Nr.: 5112/5784/0165
Erfolgreiche Teilnahme am
System der Qualitätskontrolle
der WP-Kammer
Prüfungsgesellschaft für
Qualitätskontrolle
Ihre Mandanteninformation des Monats Dezember 2014
Sehr geehrte Damen und Herren,
dieser Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht des vergangenen Monats informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte
zu überprüfen. Bitte lesen Sie im Einzelnen:
Inhalt
Privatbereich
1.
Freiwillige Rentenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben
2.
Berechnung Arbeitslosengeld: Lohnsteuerklasse zu Beginn des Jahres maßgeblich
3.
Einzelner Wohnungseigentümer kann Sanierung des Gemeinschaftseigentums verlangen
4.
Wohnungseigentumsrecht: Bestehende Rauchwarnmelder müssen berücksichtigt werden
5.
Ehescheidungskosten nach wie vor steuerlich absetzbar
6.
Versicherungsschutz als Student endet mit 37 Jahren
7.
Übernahme fehlerhafter Lohndaten
8.
Behinderte Kinder: Kein Kindergeld bei eigenem Einkommen
9.
Steuerberater darf Einspruch nicht eigenmächtig zurücknehmen
10.
Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter neben der Promotion keine Ausbildung
11.
Trennungsunterhalt nach 10 Jahren Trennungszeit verwirkt
12.
Kein Werbungskostenabzug für nachträgliche Schuldzinsen bei Kapitaleinkünften
13.
Operationskosten als außergewöhnliche Belastung
Unternehmer und Freiberufler
1.
Wahlrechtsausübung bei Einbringung
2.
Berichtigung bei Fehlbeurteilung des Vorsteuerabzugs
-1-
3.
Investitionsabzugsbetrag: Berechnung der Betriebsgröße
4.
Lohnsteuer-Nachschau: Wenn das Finanzamt spontan vorbeischaut
5.
Amtliche AfA-Tabellen sind nur für das Finanzamt bindend
6.
Ausgleichszahlung für rechtswidrig geleistete Mehrarbeit ist Arbeitslohn
7.
Nachträgliche Berücksichtigung von Umsatzsteuerzahlungen als Betriebsausgaben ist möglich
8.
Geldwerter Vorteil: Übernommene Vereinsbeiträge gelten als Arbeitslohn
9.
Wann Alkohol eine Kündigung rechtfertigt
10.
Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb unterliegen nicht der Umsatzsteuer
11.
Kein Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt für zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer
12.
Vermieter darf Kamera-Attrappen anbringen
13.
Wertminderung eines Grundstücks als Werbungskosten
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1.
Verzicht auf Finanzplandarlehen bei Sanierungsgewinnen
2.
Private Pkw-Nutzung des Geschäftsführers: Tauschähnlicher Umsatz oder unentgeltliche Wertabgabe?
3.
Auflösungsvertrag: Wann gilt für eine Abfindung ein ermäßigter Steuersatz?
Privatbereich
1.
Freiwillige Rentenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben
Wer während eines Auslandseinsatzes steuerfreie (Progressions-)Einkünfte erzielt, kann seine gleichzeitig gezahlten
freiwilligen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nach einem neuen Urteil des Finanzgerichts Köln als Sonderausgaben abziehen.
Hintergrund
Ein Arbeitnehmer nahm zum 1.5.2011 eine Auslandstätigkeit in Aserbaidschan auf und erzielte deshalb fortan steuerfreie Einkünfte, die in Deutschland dem Progressionsvorbehalt unterlagen. Ebenfalls ab Mai 2011 leistete er freiwillige
Beiträge zur Rentenversicherung, die sich in 2011 auf insgesamt 6.000 EUR beliefen.
Das Finanzamt verwehrte dem Arbeitnehmer den Sonderausgabenabzug für diese Beiträge und begründete dies damit, dass Vorsorgeaufwendungen nicht abgezogen werden dürfen, wenn sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen.
Entscheidung
Das Finanzgericht erkannte die freiwilligen Zahlungen jedoch als Sonderausgaben an. Das Gericht führte aus, dass ein
unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen steuerfreien Einnahmen und Aufwendungen, der einen Sonderausgabenabzug ausschließt, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur gegeben ist, wenn beide Positionen durch dasselbe Ereignis veranlasst sind. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn der Bezug von steuerfreien Einnahmen
Pflichtbeiträge an einen Sozialversicherungsträger ausgelöst hat.
Der vorliegende Sachverhalt ist anders gelagert, da die Auslandstätigkeit in Aserbaidschan gerade keine Pflichtbeiträge
ausgelöst hat, sondern der Arbeitnehmer die Zahlungen aus freiem Entschluss geleistet hatte.
-2-
2.
Berechnung Arbeitslosengeld: Lohnsteuerklasse zu Beginn des Jahres maßgeblich
Die Arbeitsverwaltung ist im Rahmen der Berechnung der Höhe des Arbeitslosengelds grundsätzlich an die Lohnsteuerklasse gebunden, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, gebildet war. So lautet eine
Entscheidung des Sozialgerichts Stuttgart.
Hintergrund
Der Kläger begehrte mit der erhobenen Klage ein höheres Arbeitslosengeld I. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete
durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit Gewährung einer vorgezogenen Betriebsrente ab dem 1.1.2013. Am
29.11.2012 meldete sich der Kläger arbeitslos und stellte einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld I. Er legte
eine Lohnsteuerkarte vor, in der die Lohnsteuerklasse 3 eingetragen war.
Berechnung nach Steuerklasse 6 nicht korrekt
Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin Arbeitslosengeld I unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse 6. Dies
begründete sie damit, dass zwar grundsätzlich diejenige Steuerklasse zu berücksichtigen sei, die zu Beginn des Jahres,
in dem der Anspruch entstanden sei, als Lohnsteuerabzugsmerkmal gebildet worden sei. Allerdings sei bei der Bewilligung von Arbeitslosengeld die Steuerklasse zugrunde zu legen, die im Fall einer Arbeitsaufnahme in Betracht komme.
Dies sei beim Kläger die Steuerklasse 6, da die Betriebsrente bereits nach Steuerklasse 3 versteuert werde.
Keine hypothetische Lohnsteuereingruppierung
Diese Vorgehensweise erklärte das Sozialgericht in Stuttgart für nicht zulässig. Die Arbeitsverwaltung sei grundsätzlich
an das seitens der Finanzverwaltung eingetragene Lohnsteuerabzugsmerkmal gebunden. Gründe für eine hypothetische Lohnsteuereingruppierung im Fall von Arbeitsaufnahme seien nicht ersichtlich.
3.
Einzelner Wohnungseigentümer kann Sanierung des Gemeinschaftseigentums
verlangen
Wohnungseigentümer müssen die Kosten dringend erforderlicher Sanierungen gemeinsam bezahlen. Das gilt selbst
dann, wenn sie sich die Renovierung nicht leisten können. Stimmen sie einem entsprechenden Beschluss nicht zu,
können sie sich schadensersatzpflichtig machen.
Hintergrund
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft bestand zunächst aus 2 Einheiten im Erd- und Dachgeschoss. Durch den
Ausbau von Kellerräumen und einer entsprechenden Teilungserklärung entstand ab 1996 eine dritte Sondereigentumseinheit. Die Klägerin erwarb die im Keller gelegene Wohnung im Jahr 2002 unter Ausschluss der Sachmängelhaftung.
Seit 2008 weist die Kellerwohnung einen Feuchtigkeitsschaden auf und ist inzwischen unbewohnbar. Ursache hierfür
sind Baumängel, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen.
Das Amtsgericht hat die Eigentümer der 2 anderen Wohnungen verurteilt, der anteiligen Aufbringung der Kosten für
die Sanierung der Kellergeschosswohnung und der entsprechenden Bildung einer Sonderumlage zuzustimmen. Zusätzlich wurden sie verpflichtet, Schadensersatz aufgrund der verzögerten Renovierung der Kellergeschosswohnung zu
zahlen. Das Berufungsgericht hat das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Begründung: die Kostenbelastung
überschreitet die "Opfergrenze" der betagten und finanzschwachen Eigentümer, deren Wohnungen auch ohne die
Sanierung nutzbar seien.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof sieht das anders. Er hat entschieden, dass die Klägerin sowohl die Zustimmung zu der anteiligen Kostentragung als auch zur Bildung der Sonderumlage verlangen kann. Im Grundsatz kann jeder Wohnungseigentümer die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums beanspruchen.
Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Wohnungseigentümer einen Gestaltungsspielraum haben, d. h. sie
müssen das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten und auf die Leistungsfähigkeit der Wohnungseigentümer Rücksicht
nehmen. Deshalb ist eine Abwägung von Kosten und Nutzen einer Maßnahme rechtens mit dem Ergebnis, dass nicht
zwingend erforderliche Maßnahmen zurückgestellt werden dürfen. Anders liegt der Fall aber dann, wenn eine sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich ist. Dies war vorliegend der Fall, denn durch die sanierungsbedürftigen Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum war die Wohnung der Klägerin inzwischen unbewohnbar. Da es hier um den
notwendigen Erhalt der Wohnungseigentumsanlage geht, spielt es auch keine Rolle, ob die Eigentümer betagt oder
-3-
finanzschwach sind. Im Ergebnis müssen deshalb alle Wohnungseigentümer anteilig für die Sanierungskosten aufkommen, auch wenn sie in erster Linie der Kellergeschosswohnung zugutekommen.
Und noch eine weitere wichtige Feststellung hat der Bundesgerichtshof getroffen: Eine Ersatzpflicht der Wohnungseigentümer kommt für solche Schäden an dem Sondereigentum in Betracht, die dadurch entstehen, dass die gebotene
Beschlussfassung über die Vornahme zwingend erforderlicher Maßnahmen unterbleibt. Eine Haftung kann diejenigen
Wohnungseigentümer treffen, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder gegen die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben.
4.
Wohnungseigentumsrecht: Bestehende Rauchwarnmelder müssen berücksichtigt werden
Ein Beschluss der Wohnungseigentümer, Rauchwarnmelder für alle Wohnungseigentümer anzuschaffen und zu
warten, ist unzulässig, wenn ein Wohnungseigentümer bereits seit einigen Jahren Rauchwarnmelder betreibt, die
den technischen Erfordernissen entsprechen.
Hintergrund
Bauordnungsrechtlich war es geboten, die Eigentumswohnungen bis Ende 2015 mit Rauchwarnmeldern auszustatten.
Deswegen hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft beschlossen, Rauchwarnmelder im Rahmen eines 10-JahresVertrags anzumieten und einer Drittfirma die Funktionsprüfung, Wartung und Dokumentation vertraglich zu überlassen. Die anfallenden Kosten sollten dann jeweils im Rahmen der Jahresabrechnung nach Miteigentumsanteilen verteilt werden. Hiermit war ein Wohnungseigentümer aus verständlichen Gründen nicht einverstanden und hat den
Beschluss angefochten. Er hatte nämlich schon vor einigen Jahren Rauchwarnmelder in seiner Wohnung installiert, die
auch den technischen Voraussetzungen (DIN 14676) genügen.
Entscheidung
Seine Klage war erfolgreich. Unproblematisch wurde eine entsprechende Beschlusskompetenz der Gemeinschaft noch
bejaht. Nach Ansicht des Gerichts widerspricht der Beschluss aber ordnungsmäßiger Verwaltung. Denn völlig unberücksichtigt blieb die Tatsache, dass der Wohnungseigentümer bereits seit einigen Jahren in seinen Räumen technisch
ausreichende Rauchwarnmelder betreibt. Ohne Not wird der Wohnungseigentümer mit den Kosten für die Anschaffung und Wartung anderer Rauchwarnmelder belastet, obwohl für seine Wohneinheit kein Bedürfnis dafür besteht.
Unstreitig werden Rauchwarnmelder nicht nur zum Schutz des jeweiligen Sondereigentümers, sondern aller Bewohner und Besucher der Wohnanlage eingebaut. Selbstverständlich muss die Verwaltung sicherstellen, dass sämtliche
Rauchwarnmelder zuverlässig funktionieren. Diesem Sicherungsinteresse kann aber nicht nur in der Weise genügt
werden, dass seitens der Gemeinschaft für sämtliche Wohnungen neue Rauchwarnmelder angeschafft werden und
dass die Gemeinschaft dann für diese Geräte einen einheitlichen Wartungsvertrag abschließt. Es wäre auch möglich
gewesen, dass der jeweilige Wohnungseigentümer, der bereits Rauchwarnmelder angeschafft hat, der Verwaltung
gegenüber nachweist, dass die betreffenden Geräte den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und dass die Wartung in dem erforderlichen Umfang durchgeführt wird.
5.
Ehescheidungskosten nach wie vor steuerlich absetzbar
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat als erstes über die Frage entschieden, ob Scheidungskosten nach der ab 2013
geltenden gesetzlichen Neuregelung als außergewöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt werden können.
Hintergrund
Nach einer neuen Vorschrift sind Prozesskosten grundsätzlich vom Abzug ausgeschlossen und nur ausnahmsweise
steuerlich anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige ohne diese Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage
zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Das Finanzgericht bejahte das Vorliegen der Abzugsvoraussetzungen bei den Prozesskosten für die Ehescheidung
selbst, lehnte sie hingegen bezüglich der Scheidungsfolgesachen ab.
-4-
Entscheidungsgründe
Die gesetzliche Bestimmung, nach welcher Aufwendungen für Prozesse mit existentieller Bedeutung für den Steuerpflichtigen abzugsfähig seien, gehe auf eine Formulierung in einem Urteil des Bundesfinanzhofs aus dem Jahre 1996
zurück, in welchem gerade die ständige Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Scheidungskosten bestätigt worden
sei. Mit der Übernahme dieser Formulierung habe der Gesetzgeber offensichtlich auch die dem Urteil des Bundesfinanzhofs zugrunde liegenden Wertungen – einschließlich der Anerkennung der Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung – übernommen. Für einen Steuerpflichtigen sei es existentiell, sich aus einer zerrütteten Ehe lösen zu
können. Die Kosten der Ehescheidung, die nur durch einen zivilgerichtlichen Prozess herbeigeführt werden könne,
seien daher für den Betroffenen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig.
Dieses Ergebnis entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, der mit der Verschärfung der Abzugsvoraussetzungen
lediglich die für zu weitgehend erachtete neue Rechtsprechung des VI. Senats des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr
2011 zur Anerkennung von Prozesskosten auch für beliebige (nicht aussichtslose) Prozesse als außergewöhnliche Belastung habe korrigieren und die bis zu dieser Rechtsprechungsänderung bestehende Rechtslage wiederherstellen
wollen. So ergebe sich aus einer Stellungnahme des Bundesrats im Gesetzgebungsverfahren das Ziel, die Anerkennung
von Prozesskosten auf den "bisherigen engen Rahmen" zu beschränken. Hierzu hätten die unmittelbaren Kosten eines
Scheidungsprozesses stets gezählt.
Scheidungsfolgekosten sind keine außergewöhnlichen Belastungen
Demgegenüber seien nach der Neuregelung ab 2013 die Scheidungsfolgekosten nicht als außergewöhnliche Belastung
abzugsfähig. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, die für das neue Familienrecht entsprechend
gelte, seien Prozesskosten im Zusammenhang mit den Folgesachen Unterhalt, Ehewohnung und Haushalt, Güterrecht,
Sorgerecht, Umgangsrecht nicht als zwangsläufig anzusehen. Diese Folgesachen würden nicht zwingend, sondern nur
auf Antrag eines Ehepartners mit dem Scheidungsverfahren zusammen – im Zwangsverbund – verhandelt und entschieden. Sie könnten auch in einer außergerichtlichen Scheidungsfolgenvereinbarung geregelt werden. Die geänderte
Rechtsprechung des VI. Senats des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2011 sei ab dem Veranlagungszeitraum 2013 durch
die gesetzliche Verschärfung der Abzugsvoraussetzungen überholt.
6.
Versicherungsschutz als Student endet mit 37 Jahren
Die Versicherungspflicht als Student in der gesetzlichen Krankenversicherung endet auch im Fall des nahtlosen Vorliegens von sog. Hinderungsgründen (z. B. Erkrankung, Behinderung), spätestens mit dem 37. Lebensjahr.
Die Krankenversicherungspflicht als Student über den Zeitpunkt der Vollendung des 30. Lebensjahrs hinaus kommt
nur infrage, wenn Hinderungsgründe für die Überschreitung dieser Altersgrenze ursächlich waren.
Keine zeitlich unbegrenzte Verlängerung
Liegen solche Gründe vor und bestehen sie über den Zeitpunkt der Vollendung des 30. Lebensjahrs hinaus nahtlos
fort, verlängern sie gleichwohl die Versicherungspflicht nicht zeitlich unbegrenzt. Vielmehr hat sich das Fortdauern des
kostengünstigen Versicherungsschutzes als Student an dem maximalen Zeitrahmen zu orientieren, den das Gesetz
auch vor Vollendung des 30. Lebensjahrs für das nicht verzögerte Erreichen eines Studienabschlusses akzeptiert. Das
sind 14 Fachsemester, mithin 7 Jahre. Die Höchstdauer der Versicherungspflicht als Student reicht daher längstens bis
zur Vollendung des 37. Lebensjahrs.
Bundessozialgericht ist Vorinstanzen nicht gefolgt
Im konkreten Fall hatte der Kläger am 30.9.2009 (= von der Beklagten in ihrem Bescheid festgelegtes Ende der Versicherungspflicht) das 37. Lebensjahr längst überschritten.
Das Bundessozialgericht ist damit nicht den Vorinstanzen und der Beklagten gefolgt, die als maximalen Verlängerungszeitraum eine Zeitspanne von 11 bis 12 Jahren angenommen hatten (= typischer Zeitraum zwischen dem Erwerb der
Hochschulreife und der gesetzlichen Altersgrenze des 30. Lebensjahrs).
Verstoß gegen Diskriminierungsverbot nicht ersichtlich
Die vom Kläger gerügte Verletzung des behinderte Menschen schützenden Diskriminierungsverbots, anderer Regelungen höherrangigen Rechts und der UN-Behindertenrechtskonvention liegt nicht vor. Ein Verstoß gegen das Verbot der
Diskriminierung behinderter Menschen ist nicht ersichtlich. Zu ihren Gunsten bestehen keine Ansprüche auf eine bestimmte Art der Durchführung der Gesundheitsversorgung, insbesondere nicht darauf, die kostengünstig ausgestaltete Versicherungspflicht als Student zeitlich unbegrenzt zur Verfügung gestellt zu erhalten.
-5-
7.
Übernahme fehlerhafter Lohndaten
Übernimmt das Finanzamt bei der Bearbeitung einer Einkommensteuererklärung falsch übermittelte Lohndaten des
Arbeitgebers, obwohl der Steuerbürger seinen Lohn korrekt erklärt hat, darf der Steuerbescheid nach Ansicht des
Niedersächsischen Finanzgerichts später nicht wegen einer offenbaren Unrichtigkeit geändert werden.
Hintergrund
Die klagenden Eheleute übermittelten ihre Einkommensteuererklärung 2012 via Elster (ohne Authentifizierung) und
reichten den unterschriebenen Papierausdruck beim Finanzamt nach. Auf der Anlage N des Ehemannes hatten sie
(zutreffend) einen Bruttoarbeitslohn von 41.046 EUR und einbehaltene Lohnsteuer von 4.605 EUR erklärt. Der Arbeitgeber des Ehemannes hatte dem Finanzamt allerdings im Verfahren Elster Lohn I falsche Daten zur elektronischen
Lohnsteuerbescheinigung übermittelt (Bruttoarbeitslohn von 27.364 EUR und Lohnsteuer von 3.070 EUR). Das Finanzamt berücksichtigte im Rahmen der Veranlagung zunächst die falschen Lohndaten des Arbeitgebers; 2 Monate später
erkannte es aber seinen Fehler und änderte den Steuerbescheid. Durch den nachträglichen Ansatz des höheren Arbeitslohns ergab sich eine Steuernachzahlung.
Entscheidung
Das Niedersächsische Finanzgericht kam im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung zu dem Ergebnis, dass der
Bescheid nicht geändert werden durfte. Die Finanzbehörden können Schreib- und Rechenfehler, sowie ähnliche offenbare Unrichtigkeit zwar jederzeit berichtigen, wenn der Fehler in ihrer Sphäre entstanden ist. Die Übernahme fehlerhaft übertragener Lohnsteuerdaten wertete das Finanzgericht jedoch weder als Schreib- oder Rechenfehler, noch
als ähnliche offenbare Unrichtigkeit.
Vorliegend hatten die Eheleute ihre Daten korrekt in der Steuererklärung angegeben. Im Zuge der Veranlagung hatte
der Bearbeiter die elektronisch übermittelten Erklärungsdaten abgerufen, wobei das Programm der Finanzbehörde im
Rahmen einer maschinellen Probeberechnung die übermittelten Daten des Arbeitgebers mit den übermittelten Daten
des Steuerbürgers abgleicht. Wenn es dabei – wie vorliegend – zu Abweichungen kommt, wird dem Bearbeiter folgender Bearbeitungshinweis ausgegeben: "Bei [dem Steuerpflichtigen] weichen die Daten der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung von den erklärten Werten ab […]. Bitte prüfen". Der Sachbearbeiter wurde also deutlich auf die
vorliegende Divergenz zwischen den übermittelten Lohndaten hingewiesen, was nach Auffassung des Finanzgerichts
ein Grund hätte sein müssen, die fehlende Stimmigkeit der Daten zu überprüfen.
8.
Behinderte Kinder: Kein Kindergeld bei eigenem Einkommen
Auch nachdem die Grenzbetragsregelung mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 entfallen ist, besteht ein Kindergeldanspruch für behinderte Kinder nur dann, wenn das Kind nicht in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten. Das
entschied das Finanzgericht Sachsen-Anhalt.
Eltern behinderter Kinder haben auch dann einen Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind älter als 18 Jahre ist. Es ist
sogar möglich, dass dieser Kindergeldanspruch über das 25. Lebensjahr hinaus weiterbesteht. Eine Einschränkung gibt
es: Übersteigt das Einkommen des behinderten Kindes bestimmte Grenzen, entfällt der Anspruch. Bis 2011 wurde für
die Berechnung des Grundbedarfs der sogenannte Grenzbetrag der Einkünfte in Höhe von 8.004 EUR herangezogen.
Grundfreibetrag ersetzt Grenzbetrag
Allerdings ersetzte der Gesetzgeber diesen Grenzbetrag mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 durch den Grundfreibetrag, der im Jahr 2012 bei 8.004 EUR lag. Diese Änderung war Gegenstand eines Rechtstreits, den das Finanzgericht Sachsen-Anhalt zu entscheiden hatte.
In dem Streit ging es um das Kindergeld für den seelisch behinderten Sohn einer Familie, der seit 2007 mit einem Grad
der Behinderung von 70 % eingestuft ist und seit 2002 eine Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit bezieht. Der Sohn
lebt zudem in einem eigenen Haushalt.
Nachdem die Familienkasse im Jahr 2012 den Bedarf und die verfügbaren Mittel des Sohns errechnet hatte, hob es die
Festsetzung des Kindergelds ab 1.9.2012 auf. Begründung: Der Sohn sei aufgrund der eigenen finanziellen Mittel in der
Lage, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Konkret: Die Einkünfte lagen über dem Grundfreibetrag von 8.004 EUR.
-6-
Dagegen legte die Familie Einspruch ein und verwies darauf, dass mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 der
Grenzbetrag entfallen sei und damit unabhängig von den eigenen Einkünften des Sohns ein Anspruch auf Kindergeld
bestehe. Nachdem das Finanzamt den Einspruch zurückgewiesen hatte, erhob die Familie die Klage vor dem Finanzgericht.
Finanzgericht lässt keine Revision zu
Das Finanzgericht folgte jedoch der Rechnung der Familienkasse, dass der Sohn der Klägerin in der Lage sei, sich selbst
zu unterhalten. Das sei dann der Fall, wenn das Kind genügend Geld verdiene, um den Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Dieser setze sich dabei zusammen aus dem allgemeinen Grundbedarf und dem individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf. Für den Streitzeitraum 2012 sei der Grundbedarf mit dem damaligen Grundfreibetrag von
8.004 EUR anzusetzen. Hinzu komme ein individueller behinderungsbedingter Mehraufwand. Dafür könne der Steuerpflichtige Einzelnachweise vorlegen, andernfalls komme der maßgebliche Behinderten-Pauschbetrag zum Ansatz.
Liegen dann die Einkünfte des Kindes über der Summe aus Grundfreibetrag und Mehraufwand, entfalle auch der Anspruch der Eltern auf das Kindergeld.
9.
Steuerberater darf Einspruch nicht eigenmächtig zurücknehmen
Nimmt ein Steuerberater einen Einspruch ohne vorherige Rücksprache mit seinem Mandanten zurück, verstößt er
gegen seine Pflichten aus dem Beratungsvertrag und macht sich schadensersatzpflichtig.
Hintergrund
Streckt ein Steuerberater im Streit mit dem Finanzamt vorzeitig die Waffen ohne sich zuvor mit seinem Mandanten
abzusprechen, so kann dieses Vorgehen für ihn in einer Schadensersatzzahlung münden. So geschehen kürzlich in
einem Fall vor dem Bundesgerichtshof, in dem ein Steuerberater für seinen Mandanten die Kosten einer doppelten
Haushaltsführung geltend gemacht hatte; der Mandant hatte seinen Ersthaushalt jedoch aus privaten Gründen vom
Beschäftigungsort wegverlegt (sog. Wegverlegungsfall), was von der damals geltenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht steuerlich anerkannt wurde. Nachdem das Finanzamt den Kostenabzug verwehrt hatte, legte der Berater zunächst im Auftrag seines Mandanten Einspruch ein. Als das Amt jedoch signalisierte, dass es an seiner ablehnenden Auffassung festhalten wird, nahm der Steuerberater den Einspruch am 12.2.2009 zurück – ohne diesen Schritt mit
seinem Mandanten zu besprechen. Es kam wie es kommen musste: 3 Wochen später, am 5.3.2009, änderte der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung und erkannte eine doppelte Haushaltsführung nun auch in Wegverlegungsfällen
an. Aufgrund des zurückgenommenen Einspruchs konnte der Mandant nun nicht mehr von der Rechtsprechungsänderung profitieren, sodass er vom Berater einen Schadensersatz in Höhe der entgangenen Steuerersparnis verlangte.
Das Amtsgericht verurteilte den Berater zur Zahlung von 1.100 EUR und das Berufungsgericht folgte der Entscheidung.
Auch die Revision des Beraters vor dem Bundesgerichtshof blieb nun ohne Erfolg
Bundesgerichtshof nimmt Pflichtverletzung des Beraters an
Der Bundesgerichtshof urteilte, dass der Berater gegen seine Pflichten aus dem Beratungsvertrag verstoßen hatte,
indem er den Einspruch eigenmächtig zurückgenommen hatte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Steuerberater grundsätzlich verpflichtet, die Weisungen seines Mandanten zu befolgen. Will er von
dessen Weisungen abweichen, muss er ihn darüber informieren und (grundsätzlich) dessen Entscheidung abwarten.
Da der Mandant das Misserfolgs- und Kostenrisiko des Auftrags trägt, hat er und nicht der steuerliche Berater die
grundlegenden Entscheidungen darüber zu treffen, in welcher Weise seine Interessen wahrgenommen werden sollen.
Trotz höherer Sachkunde darf ein Berater seine Entscheidung nicht an die Stelle derjenigen seines Mandanten stellen.
Vorliegend hat der Berater mit seiner Einspruchsrücknahme gegen die Weisung seines Mandanten verstoßen, da ein
Auftrag zur Einspruchseinlegung nach Ansicht des Bundesgerichtshofs in aller Regel zugleich beinhaltet, dass der Einspruch auch "durchgefochten" und eben nicht zurückgenommen wird.
-7-
Pflichtverletzung hat Schaden versursacht
Der Bundesgerichtshof ging zudem davon aus, dass die begangene Pflichtverletzung den vorliegend geltend gemachten Schaden des Mandanten auch verursacht hat. Zwar hatte der Berater mehrfach erklärt, dass sein Mandant einer
Einspruchsrücknahme zugestimmt hätte, wenn er zuvor informiert worden wäre. Der Bundesgerichtshof ließ dieses
Argument jedoch unberücksichtigt und zog stattdessen den Beweis des ersten Anscheins heran. Dieser sprach dafür,
dass der Mandant der Einspruchsrücknahme nicht zugestimmt hätte. Denn er hatte die Einlegung eines Einspruchs
zuvor beauftragt, obwohl die Zeichen gegen ihn standen (= die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs seinem
Anliegen entgegenstand). Daraus wird deutlich, dass er einen Kostenabzug nur mit "durchgefochtenem" Einspruch
hätte erreichen können.
Aussagen zur Pflichtlektüre eines Steuerberaters
Das Berufungsgericht hatte die Pflichtverletzung zuvor noch darin gesehen, dass der Berater von dem möglicherweise
anstehenden Rechtsprechungswechsel hätte wissen müssen. Demnach sei er gehalten gewesen, den Jahresbericht
des Bundesfinanzhofs zu lesen, in dem über das anhängige Revisionsverfahren berichtet worden sei.
Der Bundesgerichtshof erteilte diesem Argument jedoch eine klare Absage und erklärte, dass dem Berater nicht vorgeworfen werden kann, dass er bei Rücknahme des Einspruchs auf den Fortbestand der (ablehnenden) Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu Wegverlegungsfällen vertraut hatte. Denn ein Berater ist (ohne besonderen Anlass)
nicht verpflichtet, die Jahresberichte des Bundesfinanzhofs einzusehen. Zum Themenkreis "Pflichtlektüre eines Steuerberaters" machte der Bundesgerichtshof zudem folgende Aussagen:
· Ein Steuerberater darf grundsätzlich auf den Fortbestand der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertrauen. Er
muss sich aber über deren Entwicklung anhand der amtlichen Sammlungen und der einschlägigen Fachzeitschriften unterrichten.
· Eine Änderung der Rechtsprechung muss der Berater in Betracht ziehen, wenn ein oberstes Gericht sie in Aussicht
stellt oder neue Entwicklungen in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft sich auf eine ältere Rechtsprechung
auswirken können und es zu einer bestimmten Frage an neueren höchstrichterlichen Erkenntnissen fehlt.
· Ausnahmsweise kann der Berater verpflichtet sein, die Rechtsprechung der Instanzgerichte und das Schrifttum
(einschließlich Aufsatzliteratur) heranzuziehen, wenn sich ein Rechtsgebiet eindeutig fortentwickelt und neue
höchstrichterliche Rechtsprechung erwartet werden kann. Hat der Berater einen entsprechenden Fall zu bearbeiten, muss er auch Spezialzeitschriften durchsehen.
· Als Pflichtlektüre eines Beraters kommen vor allem das Bundessteuerblatt und die Zeitschrift "Deutsches Steuerrecht" in Betracht.
· Reine Entscheidungssammlungen wie z. B. die Zeitschrift "BFH/NV" muss der Berater nicht vollständig auswerten.
· Die monatlich als Anlage zum Bundessteuerblatt erscheinende Liste der anhängigen Verfahren beim Bundesfinanzhof muss der Berater ebenfalls nicht durchsehen.
· Die Zeitschrift "Der Ertragsteuerberater" gehört nicht zur Pflichtlektüre eines Steuerberaters.
10. Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter neben der Promotion keine Ausbildung
Für ein Kind, das nach abgeschlossenem Studium einem Promotionsvorhaben nachgeht und vollschichtig als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität beschäftigt ist, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Kindergeld.
Hintergrund
Der Sohn des Klägers war nach Abschluss seines Lehramtsstudiums mit dem ersten Staatsexamen mit einer vollen
Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität beschäftigt. Daneben ging er einem Promotionsvorhaben
nach, wozu ihm laut Anstellungsvertrag im Rahmen seiner Dienstaufgaben ausreichend Gelegenheit gegeben wurde.
Gegen die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für seinen Sohn durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung
wandte der Kläger ein, dass die Tätigkeit für die Universität ein Ausbildungsdienstverhältnis im Hinblick auf das Berufsziel Hochschullehrer darstelle. Hierfür seien sowohl der Abschluss der Promotion als auch der Inhalt die Tätigkeiten – z. B. das Abhalten von Lehrveranstaltungen – zwingend erforderlich.
-8-
Entscheidung
Dem folgte das Gericht nicht und wies die Klage ab. Der Sohn des Klägers habe sich zwar aufgrund des Promotionsvorhabens in einer Berufsausbildung befunden. Der Kindergeldanspruch sei jedoch ausgeschlossen, weil er bereits
durch das erste Staatsexamen eine Erstausbildung abgeschlossen habe und einer Erwerbstätigkeit mit einer Wochenarbeitszeit von mehr als 20 Stunden nachgehe. Die Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter stelle auch kein Ausbildungsdienstverhältnis dar, weil kein hinreichender sachlicher Zusammenhang zum Promotionsvorhaben bestehe.
Hierfür reiche es nicht aus, dass die Promotion durch den Arbeitgeber gefördert wird und die Tätigkeit für das Ausbildungsziel nützlich ist. Vielmehr müsse eine enge inhaltliche Verflechtung zwischen Ausbildung und Erwerbstätigkeit
bestehen, die über bloße Synergieeffekte hinausginge. Die im Rahmen des Dienstverhältnisses zu erledigenden Aufgaben dienten allerdings in erster Linie dem Lehrbetrieb der Universität. Der Umstand, dass der Sohn des Klägers eine
Laufbahn als Hochschullehrer anstrebe, sei nicht von Bedeutung, da es allein auf die konkrete Ausgestaltung des
Dienstverhältnisses ankomme.
11. Trennungsunterhalt nach 10 Jahren Trennungszeit verwirkt
In einer Grundsatzentscheidung hat das Oberlandesgericht Bamberg eine ungewöhnlich lange Trennungszeit als
Verwirkungsgrund für den Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt zwischen Ehegatten gewertet.
Hintergrund
Zum Zeitpunkt der Geltendmachung seines Unterhaltsanspruchs lebte der Antragsteller bereits mehr als 10 Jahre von
seiner Ehefrau getrennt. Die beiden aus der Ehe hervorgegangen Kinder waren inzwischen volljährig. Der Antragsteller
lebte mit einer neuen Lebensgefährtin zusammen. Er bezog eine kleine Rente und bestritt seinen Lebensunterhalt im
Übrigen mithilfe von Sozialleistungen. In dieser Situation besann er sich darauf, dass seine Ehefrau, von der er noch
immer nicht geschieden war, seine finanzielle Situation durch Unterhaltszahlungen aufbessern könnte. Nachdem die
Ehefrau nicht freiwillig zur Zahlung von Unterhalt bereit war, zog der Ehemann vor Gericht.
Familiengericht lässt Ehemann abblitzen
Das angerufene Familiengericht verweigerte die vom Antragsteller erstrebte Unterhaltszahlung unter Hinweis auf die
mehr als 10-jährige Trennungszeit. Nach Auffassung des Familiengerichts wäre eine Unterhaltsgewährung nach 10jähriger Trennung unbillig. Hiermit gab der Antragsteller sich nicht zufrieden und legte Beschwerde beim Oberlandesgericht ein. Er verwies darauf, dass es für die Gewährung von Trennungsunterhalt auf die Dauer der Trennungszeit
nach dem Gesetz nicht ankomme. Auch im Rahmen des Zugewinns habe der Bundesgerichtshof in der sog. "LottoEntscheidung" einen Ehepartner nach langer Trennungszeit dazu verpflichtet, die Hälfte des während der Trennungszeit erlangten Lottogewinns im Rahmen der Scheidung als Zugewinnausgleich an den anderen Ehepartner zu zahlen.
Unterhaltsanspruch ist nach mehr als 10-jähriger Trennung verwirkt
Die Richter beim Oberlandesgericht zeigten für die Argumentation des Ehemanns kein Verständnis. Zwar sehe das
Gesetz eine Berücksichtigung der Dauer der Trennungszeit bei der Zuerkennung von Trennungsunterhalt tatsächlich
nicht vor. Jedoch könne eine überlange Trennungszeit im Rahmen des Verwirkungstatbestands berücksichtigt werden.
Pflicht zur ehelichen Solidarität währt nicht unbegrenzt
Das Oberlandesgericht wies darauf hin, dass die Verpflichtung zur Zahlung von Trennungsunterhalt auf dem Grundgedanken beruhe, dass Ehepartner einander zur ehelichen Solidarität verpflichtet seien. Die Verpflichtung zur ehelichen
Solidarität gelte aber nicht unbeschränkt, vielmehr sei unter Würdigung der Gesamtumstände zu beurteilen, inwieweit die auf dem Solidaritätsgedanken fußenden ehelichen Pflichten noch bestünden. Nach einer Trennungszeit von
mehr als 10 Jahren und einem weitgehenden Verlust des persönlichen Kontaktes der Eheleute bestehe eine Pflicht zur
ehelichen Solidarität nur noch in sehr eingeschränktem Maß. Vorliegend seien darüber hinaus keine besonderen Umstände ersichtlich, die eine auch nach 10-jähriger Trennung noch bestehende Unterhaltsverpflichtung begründen
könnten. Aus diesem Grund sei nach diesem Zeitablauf eine Verwirkung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt eingetreten. Das Oberlandesgericht versagte dem Ehemann daher den geltend gemachten Unterhaltsanspruch.
-9-
12. Kein Werbungskostenabzug für nachträgliche Schuldzinsen bei Kapitaleinkünften
Nachträgliche Schuldzinsen für die Anschaffung einer Beteiligung sind ab 2009 nicht als Werbungskosten abziehbar.
Hintergrund
X hielt ab 1999 eine wesentliche Beteiligung (15 %) an einer GmbH. In 2001 veräußerte er seine Geschäftsanteile zum
Preis von 1 DM, wobei ein gewisses Eigenkapital der GmbH garantiert wurde. Hieraus ergab sich ein an den Erwerber
zu leistender Ausgleichsbetrag. Um seiner Ausgleichsverpflichtung nachzukommen, verzichtete X auf die Rückzahlung
eines Gesellschafterdarlehens, das er bei einer Bank refinanziert hatte. Außerdem leistete er eine Sonderzahlung, die
durch ein weiteres Bankdarlehen finanziert wurde.
Die Finanzierungskosten (Schuldzinsen) wurden vom Finanzamt für 2005 bis 2008 als nachträgliche Werbungskosten
bei den Einkünften des X aus Kapitalvermögen anerkannt. Für das Streitjahr 2009 versagte das Finanzamt jedoch den
Abzug. Das Finanzgericht gab der dagegen erhobenen Klage statt. Das ab 2009 geltende Abzugsverbot komme nicht
zur Anwendung, da die Zinsen – wegen der Veräußerung der Beteiligung bereits in 2001 – mit Kapitalerträgen der
Vorjahre zusammenhingen.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hält die Sachbehandlung durch das Finanzamt für zutreffend. Er hob das Urteil des Finanzgerichts auf und wies die Klage ab.
Mit der Einführung der Abgeltungssteuer für private Kapitalerträge wurde ab 2009 der Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten ausgeschlossen. Abziehbar ist lediglich noch der Sparer-Pauschbetrag von 801 EUR (bei
Zusammenveranlagung: 1.602 EUR). Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung sieht der Bundesfinanzhof keine
Bedenken. Der Gesetzgeber hat einerseits mit der Gewährung des Sparer-Pauschbetrags bei den Beziehern niedriger
Kapitaleinkünfte und andererseits mit der Senkung des Steuertarifs von bisher 45 % auf nunmehr 25 % bei den Beziehern höherer Kapitaleinkünfte eine verfassungsrechtlich anzuerkennende Typisierung der Werbungskosten vorgenommen. Denn bei Kleinanlegern fallen regelmäßig nicht mehr als 801 EUR an Werbungskosten an und bei Spitzeninvestoren dürfte das Abzugsverbot durch die Senkung des Steuertarifs ausgeglichen sein.
Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts gilt das Abzugsverbot auch für den Fall, dass – nach 2009 – keine Erträge
fließen. Eine einschränkende Betrachtung auf Kapitalerträge, die erst nach 2008 zufließen, ist mit dem Wortlaut und
den Besonderheiten der Abgeltungsteuer nicht vereinbar.
13. Operationskosten als außergewöhnliche Belastung
Eine Methode ist wissenschaftlich nicht anerkannt, wenn Qualität und Wirksamkeit nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen.
Hintergrund
Zu entscheiden war, ob Aufwendungen für die operative Behandlung eines Lipödems (an den Unterschenkeln auftretende Schwellung des Fettgewebes, "Reiterhosenfettsucht") durch Liposuktion ("Fettabsaugung") als außergewöhnliche Belastung absetzbar sind.
A machte für 2007 rund 12.000 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend. Es handelt sich im Wesentlichen um
Vorauszahlungen für eine im November 2007 und im Januar 2008 (Beine) sowie im April 2008 (Arme) durchgeführte
Liposuktion.
Nach einem privatärztlichen Attest vom Juli 2007 wurde im Sommer 2006 ein Lipödem diagnostiziert. Die Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme ab. Es handele sich um eine "unkonventionelle Behandlungsmethode". Aus schulmedizinischer Sicht ständen konservative Behandlungsmethoden (physikalische Entstauungstherapie) zur Verfügung.
Nach einem Attest des behandelnden Arztes vom April 2008 sowie den Befundberichten vom Januar 2008 war die
Operation aus medizinischer Sicht notwendig. Im Februar 2008 stellte das Gesundheitsamt eine Bescheinigung aus,
nach der die Liposuktion als Behandlung des vorliegenden Störungsbildes "nicht anerkannt" sei und aus medizinischer
Sicht nicht als notwendig angesehen werden könne.
Das Finanzamt lehnte die Anerkennung der Operationskosten als außergewöhnliche Belastung ab. Ebenso entschied
das Finanzgericht mit der Begründung, es sei kein vor der Behandlung ausgestelltes amtsärztliches Attest vorgelegt
worden, aus dem sich die Zwangsläufigkeit ergebe.
- 10 -
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.
Bei krankheitsbedingten Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden (z. B. Frischund Trockenzellenbehandlungen, Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie) ist der Nachweis der Zwangsläufigkeit
durch ein vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu führen.
Im Streitfall ist daher entscheidend, ob es sich bei der Liposuktion um eine wissenschaftlich anerkannte Methode zur
Behandlung des diagnostizierten Lipödems handelt.
Der Bundesfinanzhof führt zunächst aus, dass eine Behandlungsmethode dann wissenschaftlich anerkannt ist, wenn
Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Das wird
angenommen, wenn "die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler)" die Behandlungsmethode befürwortet.
Sodann legt der Bundesfinanzhof dar, dass im Streitfall für die Würdigung des Finanzgerichts, es handele sich um eine
nicht wissenschaftlich anerkannte Methode, eine nachvollziehbare Ableitung aus einer tragfähigen Tatsachengrundlage fehlt. Denn die amtsärztliche Bescheinigung vom Februar 2008, auf die sich das Finanzgericht stützt, führt lediglich
aus, die Liposuktion ist als Behandlungsmethode "nicht anerkannt". Es fehlt jedoch an Darlegungen, die dieses Ergebnis im Einzelnen stützen. Entsprechendes gilt von der Aussage des medizinischen Dienstes, es handele sich um eine
"unkonventionelle Behandlungsmethode". Daraus ergibt sich ebenfalls nicht die fehlende wissenschaftliche Anerkennung. Das Urteil des Finanzgerichts beruht somit auf einer nicht tragfähigen Tatsachengrundlage.
Unternehmer und Freiberufler
1. Wahlrechtsausübung bei Einbringung
Bei einer Einbringung oder einem Anteilstausch hat die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Jedoch kann auf Antrag das übernommene Betriebsvermögen unter bestimmten Voraussetzungen auch mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert angesetzt werden.
Der Wertansatz des eingebrachten Betriebsvermögens gilt beim Einbringenden als Veräußerungspreis. Zu den Details
dieser Antragstellung hat sich die Finanzverwaltung nun wie folgt geäußert und konkretisiert damit die Ausführungen
im sog. Umwandlungssteuererlass.
Der Antrag ist spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz zu stellen. Dies ist die auf den
steuerlichen Übertragungsstichtag zu erstellende Übernahmebilanz. Sind der steuerliche Übertragungsstichtag und
der Bilanzstichtag identisch, ist die steuerliche Schlussbilanz auf diesen Tag zu erstellen. Liegt der steuerliche Übertragungsstichtag vor dem Bilanzstichtag, ist die steuerliche Schlussbilanz auf den Bilanzstichtag maßgebend.
Beispiel:
Steuerlicher Übertragungsstichtag = 1.4.2013, Bilanzstichtag = 31.12.2013.
Die steuerliche Schlussbilanz des Übernehmers wird auf den 31.12.2013 erstellt. Daran ändert die Buchung der Übernahme des Betriebsvermögens als Geschäftsvorfall am 1.4.2013 nichts, denn maßgebend ist die mit der Bewertung
der Wirtschaftsgüter verbundene Ausübung des Antrags in der Übernahmebilanz zum 31.12.2013.
Die steuerliche Schlussbilanz ist grundsätzlich eine eigenständige Bilanz, die von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1
bzw. § 5 Abs. 1 EStG zu unterscheiden ist. Wird nur eine Steuerbilanz zur Gewinnermittlung auf den Bilanzstichtag
abgegeben, ist damit noch kein Antrag gestellt. Dies kann durch Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz nachgeholt
werden; die Antragsfrist ist bis dahin noch nicht verstrichen.
Wird hingegen zusätzlich eine ausdrückliche Erklärung abgegeben, dass die Steuerbilanz der Gewinnermittlung zugleich auch die steuerliche Schlussbilanz nach dem Umwandlungssteuergesetz sein soll, ist dies ein konkludenter Antrag, denn für den Antrag ist keine konkrete Form vorgeschrieben.
- 11 -
Wurde der Antrag auf Ansatz mit einem Wert unterhalb des gemeinen Werts gestellt, ist dieser unwiderruflich. Der
Antrag ist auch bedingungsfeindlich und kann somit nicht bis zum Ablauf der Antragsfrist widerrufen oder geändert
werden.
Um Rechtsklarheit zu erlangen, werden die Finanzämter angewiesen, eine steuerliche Schlussbilanz der übernehmenden Gesellschaft anzufordern und die Gesellschaft gleichzeitig aufzufordern, sich zur Ausübung des Bewertungswahlrechts ausdrücklich zu äußern. Mit Eingang der Antwort ist die Antragsfrist verstrichen und der gestellte Antrag kann
danach nicht mehr geändert werden. Bleibt eine Antwort aus, liegt kein Antrag vor, sodass die gemeinen Werte anzusetzen sind.
Hintergrund für diese Anweisung sind in der Praxis vermehrt aufgetretene Fälle, in denen bei der übernehmenden
Personengesellschaft die Abschreibung auf Basis der gemeinen Werte ermittelt worden sind, bei den Einbringenden
bisher aber noch keine steuerliche Schlussbilanz abgeben und damit auch die stillen Reserven nicht versteuert worden
sind.
2.
Berichtigung bei Fehlbeurteilung des Vorsteuerabzugs
Darf das Finanzamt einen rechtlich unzutreffend gewährten Vorsteuerabzug in den Folgejahren korrigieren oder
kann es nur eine rückwirkende Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung vornehmen? Eine Antwort darauf
lieferte jetzt das Thüringer Finanzgericht.
Hintergrund
Ein Unternehmer erwarb in 2002 ein Fahrzeug und machte die entstandene Umsatzsteuer in voller Höhe als Vorsteuer
geltend. Das Finanzamt stimmte der Umsatzsteuererklärung zu, obwohl nach damaliger Rechtslage nur ein Vorsteuerabzug von 50 % zulässig war. Da der Unternehmer das Fahrzeug in der Folgezeit nicht seinem Unternehmensvermögen zuordnete (= materiell-rechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug), berichtigte das Finanzamt die Vorsteuer für die Folgejahre; entsprechende Änderungsbescheide ergingen in 2009. Eine Änderung der ursprünglich fehlerhaften Umsatzsteuerfestsetzung 2002 war wegen abgelaufener Festsetzungsfrist nicht mehr möglich.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt nicht zur Vorsteuerberichtigung berechtigt war. Denn vorliegend
hatte sich nicht die rechtliche Beurteilung der Ausgangsumsätze als steuerpflichtig/steuerfrei geändert, sondern das
Finanzamt hatte versucht, eine frühere rechtliche Fehlbeurteilung zu korrigieren. Eine Berichtigung aus diesen Gründen hielt das Finanzgericht aber nicht für zulässig, da § 15a Abs. 1 UStG lediglich eine geänderte Verwendung von
Wirtschaftsgütern erfasst und nicht die Fehlbeurteilung eines Vorsteuerabzugs. Letztere kann allenfalls über die allgemeinen Änderungsvorschriften der Abgabenordnung korrigiert werden (Änderung der ursprünglich fehlerhaften
Steuerfestsetzung), was im Urteilsfall jedoch nicht mehr zulässig war.
3.
Investitionsabzugsbetrag: Berechnung der Betriebsgröße
Die für den Investitionsabzugsbetrag maßgebliche Betriebsgröße ist bei bilanzierenden Unternehmen aus dem in
der Steuerbilanz ausgewiesenen Kapitalkonto abzuleiten. In der Handelsbilanz ausgewiesene Ansprüche auf Investitionszulage bleiben dabei unberücksichtigt.
Hintergrund
Das steuerliche Kapitalkonto der Klägerin betrug zum 31.12.2009 325.000 EUR. Ein Anspruch auf Investitionszulage
von ca. 43.000 EUR wurde dabei nicht berücksichtigt. Das Finanzamt erfasste auch diesen Anspruch, sodass der für
2009 maßgebliche Grenzwert für die Betriebsgröße von 335.000 EUR überschritten wurde und versagte den beantragten Investitionsabzugsbetrag.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Nach Auffassung des Finanzgerichts muss der Anspruch
auf Investitionszulage für das abgelaufene Wirtschaftsjahr in der Handelsbilanz ausgewiesen werden. Steuerrechtlich
sei er, jedenfalls für Zwecke des § 7g EStG nicht zu berücksichtigen, weil die Werte der Handelsbilanz für die Größenmerkmale unerheblich seien. Der Anspruch auf Investitionszulage sei in der Steuerbilanz nicht zu erfassen und beeinflusse die Höhe des Betriebsvermögens somit nicht.
Die Investitionszulage sei ausdrücklich von der Steuerpflicht ausgenommen und falle unter keine Einkunftsart. Der
Anspruch auf Investitionszulage sei keine Forderung im Sinne der Steuerbilanz. Daraus folge, dass in der Handelsbilanz
- 12 -
ein anderer Wert anzusetzen sei als in der Steuerbilanz. Das Investitionszulagengesetz beabsichtige die Vermeidung
steuerlicher Gewinnauswirkungen der Investitionszulage. Eine Berücksichtigung des Anspruchs bei der Ermittlung der
Betriebsgröße konterkariere den Sinn und Zweck der steuerlichen Förderung, denn sowohl die Investitionszulage als
auch der Investitionsabzugsbetrag sollen die Liquidität von kleinen und mittelständischen Unternehmen stärken.
Steuerrechtlich sei die Investitionszulage als außerbilanzieller Posten daher für die Berechnung des Betriebsvermögens unschädlich.
4.
Lohnsteuer-Nachschau: Wenn das Finanzamt spontan vorbeischaut
Lohnsteuer-Nachschau ohne Ankündigung möglich
Die Lohnsteuer-Nachschau muss nicht angekündigt werden. Der Arbeitgeber hat dem mit der Lohnsteuer-Nachschau
beauftragten Amtsträger auf Verlangen Lohn- und Gehaltsunterlagen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und
andere Urkunden vorzulegen. Zudem muss er Auskünfte erteilen, soweit dies zur Feststellung steuerlich erheblicher
Sachverhalte zweckdienlich ist.
Darüber hinaus haben die Mitarbeiter dem Amtsträger jede gewünschte Auskunft über Art und Höhe ihrer Einnahmen
zu geben und auf Verlangen in ihrem Besitz befindliche Bescheinigungen über den Lohnsteuerabzug sowie Belege
über bereits entrichtete Lohnsteuer vorzulegen.
Nahtloser Übergang zur Außenprüfung zulässig
Geben die bei der Lohnsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung zu einer Lohnsteuer-Außenprüfung übergegangen werden. Dies kann insbesondere angezeigt sein,
· wenn bei der Lohnsteuer-Nachschau erhebliche Fehler beim Steuerabzug vom Arbeitslohn festgestellt wurden,
· wenn der Sachverhalt im Rahmen der Lohnsteuer-Nachschau nicht abschließend geprüft werden kann und weitere Ermittlungen erforderlich sind,
· wenn der Arbeitgeber seinen Mitwirkungspflichten im Rahmen der Lohnsteuer-Nachschau nicht nachkommt oder
· wenn die Ermittlung aufgrund fehlenden Datenzugriffs nicht oder nur erschwert möglich ist.
5.
Amtliche AfA-Tabellen sind nur für das Finanzamt bindend
Die amtlichen AfA-Tabellen sollen eine gleichheitsgerechte Anwendung der AfA-Vorschriften gewährleisten. Sie
binden deshalb das Finanzamt wie eine Dienstanweisung. Der Steuerpflichtige kann dagegen jederzeit eine für Ihn
günstigere Nutzungsdauer darlegen.
Hintergrund
Das Finanzgericht hatte über die Nutzungsdauer einer Kartoffelhalle in einem Land- und Forstwirtschafts-Betrieb zu
entscheiden. Das Finanzamt ging nach bausachverständiger Begutachtung von der üblichen Nutzungsdauer von 33 1/3
Jahren aus, während der Kläger sich auf eine vom Hersteller angeforderte Bescheinigung und auf die amtliche AfATabelle berief, die eine Nutzungsdauer von 17 Jahren für Gebäude in Leichtbauweise ausweisen.
Entscheidung
Das Finanzgericht stellte fest, dass die amtlichen AfA-Tabellen für das Finanzamt den Charakter einer Dienstanweisung
besitzen. Für den Steuerpflichtigen handele es sich dagegen um das Angebot der Verwaltung für eine tatsächliche
Verständigung im Rahmen einer Schätzung, das er annehmen kann, aber nicht muss. Danach sei die Anwendung der
AfA-Tabellen aus Gleichheits- und Gerechtigkeitsgesichtspunkten zwingend geboten. Es seien keine Umstände erkennbar, wonach die dort ausgewiesene Nutzungsdauer den hier entschiedenen Einzelfall nicht vertretbar abbilde. Ein
Abweichen von der amtlichen AfA-Tabelle durch das Finanzamt verlange auch eine Auseinandersetzung mit den eigenen Begriffsbestimmungen und Erkenntnisgrundlagen. Es könne sich insoweit nicht auf ein Sachverständigengutachten stützen, das diese Vorgaben nicht erfüllt.
Zudem sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den Werten der AfA-Tabelle um grobe Schätzungen handelt, die auch
der Verwaltungsvereinfachung dienen und für eine gleichmäßige Anwendung sorgen. Da der Kläger nichts weiter
begehre, sei die Einholung eines eigenen Sachverständigengutachten entbehrlich und der Klage stattzugeben.
6.
Ausgleichszahlung für rechtswidrig geleistete Mehrarbeit ist Arbeitslohn
Erhält ein verbeamteter Feuerwehrmann von seinem Arbeitgeber eine Ausgleichszahlung für rechtswidrig erbrachte
Mehrarbeit, muss er diese Gelder als Arbeitslohn versteuern.
- 13 -
Hintergrund
Ein Feuerwehrbeamter der städtischen Berufsfeuerwehr erhielt von seinem Arbeitgeber im Jahr 2012 eine Ausgleichszahlung für rechtswidrig erbrachte Mehrarbeit in Höhe von 20.000 EUR, die er als steuerfreie Schadensersatzleistung
anerkannt wissen wollte. Er argumentierte, dass die Gelder keinen Entlohnungs- oder Lohnersatzcharakter hätten, da
entsprechende Schadensersatzansprüche nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vorrangig auf Freizeitausgleich (Naturalrestitution) gerichtet seien. Das Finanzamt setzte die Zahlungen hingegen als (ermäßigt zu besteuernden) Arbeitslohn an.
Entscheidung
Das Finanzgericht Münster urteilte, dass das Amt die Zahlungen zu Recht als Arbeitslohn angesetzt hatte.
Zu den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit gehören alle Güter in Geld- oder Geldeswert, die einem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Nach der
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs werden Vorteile "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind – wenn also der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne (objektiv) als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist.
Legt man diese Grundsätze zugrunde, sind die streitbefangenen Ausgleichszahlungen letztlich dafür zugeflossen, dass
der Arbeitnehmer seine individuelle Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat.
Ob die Zahlung Ausfluss eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs ist, konnte das Finanzgericht dahingestellt
lassen, da das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden hatte, dass der zusätzliche Dienst eines Beamten und
der damit verbundene Freizeitverlust nach nationalem Recht keinen Schaden darstellt; demnach steht dem Arbeitnehmer für unionsrechtswidrig geleistete Mehrarbeit (neben einem möglichen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch) ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch zu. Diese Einordnung als auch die Berechnung der Ausgleichszahlung im Urteilsfall (angelehnt an das Gesetz über die Mehrarbeit von Feuerwehrleuten) sprachen für den Arbeitslohncharakter der Ausgleichszahlung.
7.
Nachträgliche Berücksichtigung von Umsatzsteuerzahlungen als Betriebsausgaben ist möglich
Übersieht ein Finanzamt, dass ein Unternehmer in seiner Umsatzsteuererklärung zwar Umsatzsteuerzahlungen
erklärt hat, diese aber versehentlich nicht in seiner Gewinnermittlung als Betriebsausgaben erfasst hat, können
diese Zahlungen später noch im Wege einer Änderung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit im Einkommensteuerbescheid berücksichtigt werden.
Die entsprechende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs hat nun die Oberfinanzdirektion Koblenz aufgegriffen.
Hintergrund
Es war aus steuerlicher Sicht ein "teurer" Fehler, der einem selbstständigen Ingenieur aus Berlin unterlaufen war:
Über Jahre hinweg hatte er seine an das Finanzamt geleisteten Umsatzsteuerzahlungen zwar in seinen Umsatzsteuererklärungen abgerechnet, es aber versäumt, diese Beträge in seiner Einnahmen-Überschussrechnung als Betriebsausgaben zu verbuchen. Das Finanzamt veranlagte erklärungsgemäß, sodass sich über die Jahre Umsatzsteuerbeträge von
insgesamt rund 65.000 EUR nicht gewinnmindernd auswirkten. Nachdem Bestandskraft der Bescheide eingetreten
war, legte der Unternehmer schließlich Einspruch ein und begehrte die nachträgliche Berücksichtigung der Umsatzsteuerzahlungen als Betriebsausgaben. Der Bundesfinanzhof hielt eine Bescheidänderung für möglich.
Verfügung der Oberfinanzdirektion Koblenz
Die Oberfinanzdirektion Koblenz hat sich mit Verfügung vom 12.5.2014 näher mit den Urteilsgründen auseinandergesetzt und zur allgemeinen Anwendbarkeit der Rechtsprechung geäußert. Danach gilt:
Nach dem Urteil konnten die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide geändert werden, da der Bundesfinanzhof eine offenbare Unrichtigkeit annahm.
Der Bundesfinanzhof nahm im Urteilsfall ein mechanisches Übersehen an, weil die Umsatzsteuerzahlungen bei der
Festsetzung der Umsatzsteuer stets berücksichtigt worden waren. Einer Änderung stand dabei nicht entgegen, dass
noch zu ermitteln war, welche Umsatzsteuerbeträge tatsächlich als Betriebsausgaben abgezogen werden konnten.
Mit dieser Entscheidung rückte der Bundesfinanzhof von seinem Grundsatz ab, dass eine mangelnde Sachverhaltsermittlung eine Änderung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit eigentlich ausschließt.
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Die Oberfinanzdirektion weist darauf hin, dass der Bundesfinanzhof seine Entscheidung offensichtlich darauf stützte,
dass die vollständige Nichtberücksichtigung der Umsatzsteuerbeträge "offenbar" war. Demnach blieb offen, ob eine
Änderung auch dann möglich ist, wenn gezahlte Umsatzsteuerbeträge zuvor nur zum Teil als Betriebsausgaben erklärt
worden sind.
Weiter erklärt die Oberfinanzdirektion, dass die Finanzämter die Urteilsgrundsätze ab sofort auch in anderen Fällen
(allgemein) anwenden. Auch der Anwendungserlass zur Abgabenordnung soll um einen Passus ergänzt werden, wonach eine offenbare Unrichtigkeit auch dann anzunehmen ist, wenn das Finanzamt zur Berichtigung des übernommenen offenbaren Fehlers noch Sachverhaltsermittlungen zur Höhe des berücksichtigungsfähigen Betrags anstellen
muss.
8.
Geldwerter Vorteil: Übernommene Vereinsbeiträge gelten als Arbeitslohn
Übernimmt der Arbeitgeber für seine Mitarbeiter die Mitgliedsbeiträge zu privaten Vereinen, sind diese Aufwendungen steuerpflichtiger Arbeitslohn. Dies kann auch gelten, wenn der Mitarbeiter bereits im Ruhestand ist. Es gibt
aber auch Alternativen.
Übernimmt der Arbeitgeber Vereinsbeiträge des Arbeitnehmers wie zum Beispiel für einen Golf- oder Tennisclub, liegt
ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil vor.
Dies gilt auch dann, wenn eine solche Mitgliedschaft dem Beruf förderlich ist, weil sich auf diesem Weg Kontakte mit
(künftigen) Kunden des Arbeitgebers anknüpfen oder vorhandene Geschäftsbeziehungen intensivieren lassen.
Ausnahmen sind kaum möglich
Selbst die Tatsache, dass sich der Mitarbeiter – wie im Streitfall in einem Golfclub – sportlich nicht betätigt oder mangels Platzreife nicht betätigen kann, soll keine Rolle spielen. Eine seltene Ausnahme könnte nur gelten, wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter den Beitritt derart aufdrängt, dass er sich dem nicht entziehen kann, ohne Nachteile in
Kauf zu nehmen.
Mitgliedsbeiträge ausgeschiedener Mitarbeiter
Nach dem Eintritt in den Ruhestand werden die Voraussetzungen dann etwas lockerer. Nach einem neuen Urteil liegt
nur dann Arbeitslohn vor, wenn mit der Zuwendung noch die Arbeitsleistung entlohnt werden soll und nicht bereits
deshalb weil der Arbeitgeber daran mitgewirkt hat, die Ehrenmitgliedschaft zu erhalten.
Steuerliche Alternativen zum sportlichen Stressabbau
Es gibt aber Möglichkeiten für die Unterstützung der Arbeitnehmer im sportlichen Bereich, die steuerlich anders behandelt werden. Dazu zählen Betriebssportanlagen und Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung.
· Betriebssportanlagen: Stellt der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern unentgeltlich Sportanlagen zur Verfügung wie
zum Beispiel einen Fitnessraum, eine Betriebssportanlage mit Fußballplatz oder ein Schwimmbad handelt es sich
um eine steuer- und beitragsfreie Leistung im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers.
Achtung: Die Bereitstellung von Tennis- oder Squashplätzen, eines Reitpferds, einer Segeljacht oder einer Golfanlage ist dagegen steuer- und beitragspflichtig.
· Betriebliche Gesundheitsförderung: Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands der Belegschaft oder der betrieblichen Gesundheitsförderung bleiben bis zu 500 EUR im Kalenderjahr je
Arbeitnehmer steuerfrei. Unter die Steuerbefreiung fallen auch Barzuschüsse des Arbeitgebers an seine Mitarbeiter für extern durchgeführte Maßnahmen.
Achtung: Die Übernahme oder Bezuschussung von Mitgliedsbeiträgen an Sportvereine und Fitnessstudios ist jedoch
nicht steuerbefreit. Unter die Steuerbefreiung fällt aber, wenn durch den Arbeitgeber ein Zuschuss für Maßnahmen
gewährt wird, die Fitnessstudios oder Sportvereine anbieten und die den fachlichen Anforderungen des Leitfadens
Prävention der Krankenkassen gerecht werden.
- 15 -
9.
Wann Alkohol eine Kündigung rechtfertigt
Alkoholisiert Autofahren im Dienst, das geht nicht. Daher hatte das Arbeitsgericht Berlin die Kündigung eines Berufskraftfahrers bestätigt. Nicht so das Landesarbeitsgericht in zweiter Instanz: Da der alkoholabhängige Beschäftigte zu einer Therapie bereit war, kann die Krankheit eventuell geheilt werden.
Natürlich verletze ein Berufskraftfahrer seine Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag in erheblichem Maße, wenn er
das Firmenfahrzeug unter Alkoholeinfluss am öffentlichen Straßenverkehr teilnehme, urteilte nun das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg. Allerdings hielten die Richter dem Beschäftigten seine Alkoholabhängigkeit zugute. Aufgrund der Krankheit sei dem Beschäftigten kein Schuldvorwurf zu machen.
Bei Alkoholkrankheit: Bereit zur Therapie?
Für eine wirksame Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist in diesem Fall eine Prognose zu treffen: Wenn anzunehmen
ist, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten dauerhaft nicht
nachkommen kann, kann die Kündigung gerechtfertigt sein. Von einer solchen negativen Prognose könne man jedoch
nicht ausgehen, wenn der Arbeitnehmer – wie im entschiedenen Fall – im Zeitpunkt der Kündigung ernsthaft zu einer
Alkoholtherapie bereit war.
Im konkreten Fall war der Arbeitnehmer als Berufskraftfahrer beschäftigt und verursachte mit seinem Lkw unter Alkoholeinfluss (0,64 Promille) einen Unfall. Es entstand ein größerer Sachschaden, der Unfallgegner wurde dabei verletzt.
Im Betrieb bestand ein absolutes Alkoholverbot.
Bundesarbeitsgericht: Keine Therapie, keine positive Prognose
Letztlich orientierte sich das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am Bundesarbeitsgericht. Das oberste Arbeitsgericht entschied zum Beispiel über die Kündigung eines alkoholkranken Mitarbeiters; für den zweiten Senat kam es
damals auf folgendes an: "Ist im Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt, der Arbeitnehmer biete aufgrund einer Alkoholsucht dauerhaft nicht die Gewähr, in der Lage zu sein, die vertraglich geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen, kann eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt sein."
Das Bundesarbeitsgericht billigte damals die Kündigung, da der Mitarbeiter gerade nicht zu einer entsprechenden
Therapie bereit war. "Für die Prognose im Hinblick auf die weitere Entwicklung einer Alkoholerkrankung kommt es
entscheidend darauf an, ob der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung bereit ist, eine Entziehungskur beziehungsweise Therapie durchzuführen. Lehnt er das ab, kann erfahrungsgemäß davon ausgegangen werden, dass er von
seiner Alkoholabhängigkeit in absehbarer Zeit nicht geheilt wird", urteilte das Bundesarbeitsgericht. Da die Alkoholerkrankung zudem die betrieblichen Interessen erheblich beeinträchtigte und eine Interessenabwägung zugunsten des
Arbeitgebers ausfiel, war die damalige Kündigung für das Bundesarbeitsgericht rechtmäßig.
Landesarbeitsgericht: Abmahnung hätte genügt
Im Ergebnis anders entschied nun das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Es lehnte die Kündigung im aktuellen
Fall ab. Bei einer – im aktuellen Fall – bestehenden Therapiebereitschaft könne vom Arbeitgeber in der Regel erwartet
werden, das Fehlverhalten abzumahnen und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.
Das Arbeitsgericht Berlin hatte noch die ordentliche Kündigung für sozial gerechtfertigt gehalten. Die Arbeitsrichter
urteilten: Ob alkoholerkrank oder nicht, dem Beschäftigten sei vorzuwerfen, eine Fahrt mit dem Kraftfahrzeug unter
Alkoholeinfluss angetreten und hierdurch andere gefährdet zu haben. Wegen der Schwere der Pflichtverletzung rechtfertige dieses Verhalten die Kündigung – auch ohne Ausspruch einer Abmahnung.
Arbeitsgericht: Keine Abmahnung wegen schwerer Pflichtverletzung
Der Arbeitgeber müsse dafür Sorge tragen, dass das Alkoholverbot von allen Fahrern beachtet werde. Dies sei mit
einer bloßen Abmahnung nicht zu erreichen, argumentierten noch die Richter der ersten Instanz. Auch habe der Arbeitnehmer letztlich keine Einsicht in sein Fehlverhalten gezeigt.
Dieser Argumentation ist das Landesarbeitsgericht letztlich nicht gefolgt.
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10. Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb unterliegen nicht der Umsatzsteuer
Die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb erfolgt
nicht für außerhalb des Unternehmens liegende Zwecke und unterliegt daher nicht der Umsatzsteuer.
Hintergrund
A betrieb ein Einzelunternehmen. Zugleich war er alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Zwischen
A (als Organträger) und der GmbH (als Organgesellschaft) bestand ein Organschaftsverhältnis. Nach dem Geschäftsführeranstellungsvertrag hatte A Anspruch auf Benutzung eines der GmbH gehörenden Pkw auch für private Zwecke.
A nutzte den Pkw auch für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb/Arbeitsstätte. Das Finanzamt unterwarf die
Pkw-Überlassung für diese Fahrten als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer (mit geschätzten 0,87 EUR je
gefahrenem km). Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage mit der Begründung ab, da die unentgeltliche
Beförderung von Arbeitnehmern grundsätzlich unternehmensfremden Zwecken zuzurechnen sei, müsse Entsprechendes auch für die Fahrten eines Unternehmers zwischen Wohnung und Betrieb gelten.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof lehnt die Parallelbetrachtung zu den Fahrten eines Arbeitnehmers ab. Die Pkw-Nutzung für die
Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb durch den Unternehmer ist nicht als unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern. Das Finanzgerichtsurteil wurde daher aufgehoben. Der Bundesfinanzhof gab der Klage statt.
Die unentgeltliche Beförderung von Arbeitnehmern von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück mit einem betrieblichen Pkw durch den Arbeitgeber dient grundsätzlich dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer und damit unternehmensfremden Zwecken. Denn es ist normalerweise Sache des Arbeitnehmers, den Ort seiner Wohnung und das geeignete Verkehrsmittel zu wählen.
Anders ist es jedoch bei den entsprechenden Fahrten des Unternehmers. Diese Fahrten sind unternehmerisch veranlasst. Der Arbeitnehmer ist arbeitsvertraglich verpflichtet, während der Arbeitszeit an der Arbeitsstätte zu sein, sodass
grundsätzlich kein unternehmerischer Grund dafür besteht, ihn zwischen Wohnung und Betrieb zu befördern. Im Gegensatz dazu sucht jedoch der Unternehmer den Betrieb auf, um dort unternehmerisch tätig zu sein. Es ist nicht ersichtlich, welchem privaten Bedarf diese Fahrten dienen sollten. Sie dienen der Ausführung von Umsätzen und es
besteht daher – anders bei einem Arbeitnehmer – ein unmittelbarer Zusammenhang der Fahrten zu dem Unternehmen.
Das zwischen A und der GmbH bestehende Organschaftsverhältnis bewirkt, dass die Leistungen zwischen der GmbH
und A als nichtsteuerbare Innenleistungen zu behandeln sind. Die Verwendung des Pkw durch A war daher – anders
als bei der entgeltlichen Überlassung an einen Arbeitnehmer – nicht als steuerbare sonstige Leistung (tauschähnliches
Geschäft), sondern unter dem Gesichtspunkt einer unentgeltlichen Wertabgabe zu unternehmensfremden Zwecken
zu prüfen. Hierfür ist die Sicht des Unternehmers entscheidend, die für die Fahrten auf den unmittelbaren unternehmerischen Zusammenhang hinweist.
11. Kein Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt für zu Unrecht in Rechnung
gestellte Umsatzsteuer
Ein Leistungsempfänger kann die ihm zu Unrecht vom leistenden Unternehmer in Rechnung gestellte und an diesen
gezahlte Umsatzsteuer auch dann nicht vom Finanzamt erstattet verlangen, wenn der Rechnungsaussteller zur
Rückerstattung nicht bereit oder in der Lage ist.
Hintergrund
Die Klägerin, eine GmbH, nahm aus Eingangsrechnungen verschiedener Kapitalgesellschaften einen Vorsteuerabzug in
Anspruch. Aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung versagte ihr das Finanzamt diesen Anspruch, weil die Rechnungen
eine unzutreffende Leistungsbezeichnung enthielten. Nachdem entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide
ergangen waren, zahlte die Klägerin die zu Unrecht in Anspruch genommenen Vorsteuerbeträge an das Finanzamt
zurück.
Etwa 2 Jahre später begehrte die Klägerin die Erstattung eines Teils der zurückgezahlten Vorsteuern vom Finanzamt,
weil ihr insoweit eine Inanspruchnahme der Rechnungsaussteller nicht möglich sei. Hierzu berief sie sich auf die
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, nach der einem gutgläubigen Leistungsempfänger ein unmittelbarer
Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt zustehe, wenn der Leistende zahlungsunfähig oder -unwillig sei. Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, dass die Klägerin keinen Anspruch habe, da die geänderten Umsatzsteuerbescheide einen Rechtsgrund für die Rückzahlung der Vorsteuerbeträge darstellten. Überdies habe sie ihre Gutgläubigkeit nicht nachgewiesen.
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Entscheidung
Das Finanzgericht Münster, das die Ablehnung des Finanzamts als Abrechnungsbescheid auslegte, wies die Klage ab.
Für einen Erstattungsanspruch der Klägerin gegen das Finanzamt fehle es an einer Rechtsgrundlage. Einen Anspruch
auf Erstattung überzahlter Umsatzsteuer hätten allein die Rechnungsaussteller, die ihre Rechnungen berichtigt haben.
Dem stehe der europarechtliche Grundsatz der Neutralität und Effektivität der Mehrwertsteuer nicht entgegen. Dieser
werde grundsätzlich auch dann beachtet, wenn der Leistungsempfänger im Hinblick auf die Erstattung zu Unrecht
gezahlter Vorsteuerbeträge auf den Zivilrechtsweg verwiesen werde. Nach der Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs könne sich der Rechnungsempfänger zwar ausnahmsweise unmittelbar an die Steuerbehörde wenden,
wenn die Erstattung unmöglich oder übermäßig erschwert sei. Da diese Rechtsprechung zu einem grenzüberschreitenden Sachverhalt im Vorsteuervergütungsverfahren ergangen sei, sei sie auf einen reinen Inlandssachverhalt nicht
übertragbar. Anderenfalls würde der Leistungsempfänger im Insolvenzfall gegenüber anderen Gläubigern des Rechnungsausstellers bevorzugt werden.
12. Vermieter darf Kamera-Attrappen anbringen
Das Anbringen von Kamera-Attrappen im Hauseingangsbereich verstößt nicht gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mieter, wenn diese wissen, dass es sich nicht um funktionsfähige Kameras handelt.
Hintergrund
Der Mieter einer Wohnung verlangt, dem Vermieter per einstweiliger Verfügung den Betrieb einer Überwachungsanlage im Eingangsbereich des Hauses zu untersagen.
Der Vermieter hatte im Eingangsbereich Geräte anbringen lassen, die wie Videokameras aussehen, bei denen es sich
allerdings um Attrappen handelte, um Vandalismus in diesem Bereich zu verhindern. Er informierte den Mieter, dass
es sich bei den im Hausflur installierten Geräten um Attrappen handelt. Dennoch beantragte und bekam der Mieter
eine einstweilige Verfügung, die dem Vermieter untersagte, im Hauseingangsbereich eine Überwachungsanlage zu
betreiben. Hiergegen hat der Vermieter Widerspruch eingelegt.
Entscheidung
Das Gericht hebt die einstweilige Verfügung auf. Der Mieter hat keinen Anspruch darauf, dass der Vermieter die Anbringung von Videokameras im Eingangsbereich unterlässt. Eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts des
Mieters liegt nicht vor, weil es sich bei den installierten Geräten nur um Attrappen handelt.
Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht daraus, dass bereits die Attrappen einen Überwachungsdruck entstehen lassen. Es kommt nicht darauf an, ob Besucher des Hauses oder andere Mieter die Geräte für tatsächlich funktionierende Videokameras halten. Entscheidend ist, dass der klagende Mieter weiß, dass er von den Geräten keine
Überwachung zu befürchten hat.
Auch die Befürchtung, der Vermieter könnte die Attrappen eines Tages gegen echte Kameras tauschen, ist kein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass der Vermieter einen solchen Austausch
beabsichtigt. Selbst wenn man insoweit von einem Unterlassungsanspruch ausginge, könnte eine einstweilige Verfügung mangels Eilbedürftigkeit nicht ergehen. Einen solchen vorbeugenden Unterlassungsanspruch müsste der Mieter
in einem ordentlichen Verfahren geltend machen.
13. Wertminderung eines Grundstücks als Werbungskosten
Wertminderungen eines Grundstücks können ausnahmsweise als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden, wenn ein Teil des Grundstückswerts zielgerichtet und bewusst "geopfert" wird, um die Vermietungseinkünfte zu erzielen.
Hintergrund
Der Kläger hält im Privatvermögen ein zunächst für landwirtschaftliche Zwecke verpachtetes Grundstück. Im Jahr 1997
schloss er mit D, einem Straßenbaubetrieb, einen Nutzungsvertrag. Danach war D berechtigt, das Grundstück als Erddeponie zu nutzen und dort Verkippungsmaßnahmen durchzuführen. Nach dem Ende der Nutzung gab D das Grundstück rekultiviert im Jahr 2005 an den Kläger zurück. Dieser verpachtete das Grundstück wieder als landwirtschaftliche
Nutzfläche.
Der Kläger bekam in 2005 von D 150.000 EUR ausbezahlt, die er als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung erklärte. Zudem machte er eine durch die Verkippungsmaßnahmen entstandene Wertminderung des Grund und Bodens
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in Höhe von rund 30.000 EUR als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte diese nicht an, weil eine Wertminderung im Privatvermögen nicht berücksichtigt werden könne.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat dem Kläger Recht gegeben und die Wertminderung steuermindernd berücksichtigt.
Im Rahmen der Überschusseinkünfte bleiben positive und negative Wertveränderungen des Grund und Bodens
grundsätzlich außer Betracht. Wird allerdings ein Teil des Grundstückswerts zielgerichtet und bewusst "geopfert", um
die Vermietungseinkünfte zu erzielen, kann diese Wertminderung ausnahmsweise berücksichtigt werden. Dementsprechend stellt der Verlust der Ackerkrume nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung dar, wenn der Wert des Grund und Bodens durch diese Beeinträchtigung gesunken ist.
Die Höhe der Wertminderung ergibt sich aus der Differenz zwischen dem gemeinen Wert des Grund und Bodens vor
und nach der Verkippung. Da die Ausgaben in einer Werteinbuße bestehen, sind sie in dem Jahr abzugsfähig, in dem
die Wertminderung feststeht.
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1. Verzicht auf Finanzplandarlehen bei Sanierungsgewinnen
Für Sanierungsgewinne gelten besondere Billigkeitsregelungen, die im Kern eine Steuerstundung und einen Steuererlass vorsehen. Das Finanzministerium Schleswig-Holstein erklärt, wann diese Regelungen auf Gewinne aus dem
Darlehensverzicht von GmbH-Gesellschaftern angewandt werden können.
Um ein Unternehmen vor dem finanziellen Zusammenbruch zu retten, verzichten dessen Schuldner häufig auf Teile
ihrer Forderungen, um so zur Sanierung beizutragen. Da durch den Schuldenerlass jedoch Gewinne entstehen (Erhöhung des Betriebsvermögens), würde ein regulärer Steuerzugriff darauf die Sanierungsbemühungen schnell konterkarieren. Um diese erhebliche Härte für das sanierungsbedürftige Unternehmen abzumildern, hat das Bundesfinanzministerium bereits mit Schreiben vom 27.3.2003 (sog. Sanierungserlass) besondere Billigkeitsregelungen aufgestellt, die
im Kern eine Stundung und einen Erlass der auf Sanierungsgewinne entfallenden Steuern vorsehen.
Darlehensverzicht von Gesellschaftern
Wann der Darlehensverzicht eines GmbH-Gesellschafters gegenüber seiner Gesellschaft zu einem solchen begünstigten Sanierungsgewinn führen kann, hat das Finanzministerium Schleswig-Holstein mit Erlass vom 16.4.2014 näher
beleuchtet. Nach der Weisung können die begünstigenden Billigkeitsregelungen des Bundesfinanzministeriums nur
zur Anwendung kommen, wenn der Darlehensverzicht eigenbetrieblich und nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst ist.
Eine solche schädliche gesellschaftsrechtliche Veranlassung liegt dabei grundsätzlich vor, wenn das Darlehen als Finanzplandarlehen ausgereicht wurde – es von den Gesellschaftern also zur Finanzierung des Unternehmens ("finanzplanmäßig") gewährt worden ist.
Verzicht auf Finanzplandarlehen kann begünstigt sein
Nach der Weisung des Finanzministeriums können allerdings auch Gewinne aus dem Verzicht auf Finanzplandarlehen
begünstigt sein, sofern nicht nur der Gesellschafter, sondern auch unbeteiligte Dritte auf Darlehen verzichten bzw.
anderweitig zur Sanierung beitragen. In diesem Fall – der als Gläubigerakkord bezeichnet wird – handelt der Gesellschafter mit seinem Darlehensverzicht wie ein fremder Dritter und somit aus betrieblichen Gründen heraus, sodass
die begünstigenden Regelungen für Sanierungsgewinne dann auf alle Darlehensformen – somit auch auf Finanzplandarlehen – angewandt werden können.
Nachträgliche Anschaffungskosten
Hat ein Gesellschafter im Zuge eines Gläubigerakkords auf sein Darlehen verzichtet und das Finanzamt einen begünstigten Sanierungsgewinn angenommen, so können nach der Weisung des Finanzministeriums bei einer späteren Veräußerung oder Auflösung der Gesellschaft gleichwohl nachträgliche Anschaffungskosten anzunehmen sein.
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Einheitliche Betrachtungsweise
Beim Darlehensverzicht eines Gesellschafters darf keine Aufteilung in der Form erfolgen, dass der werthaltige Teil der
Forderung als gesellschaftsrechtlich und der nicht werthaltige Teil als eigenbetrieblich angesehen wird. Stattdessen
kann der Verzicht nur als Ganzes entweder als eigenbetrieblich oder gesellschaftsrechtlich veranlasst beurteilt werden. Nur wenn die Gesamtbetrachtung ergibt, dass der Verzicht eigenbetrieblich veranlasst ist, kann von einer Sanierungsabsicht des Gesellschafters ausgegangen werden, die Voraussetzung für die Annahme eines begünstigten Sanierungsgewinns ist. Liegt hingegen eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung vor, müssen die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 9.6.1997 zum Verzicht eines Gesellschafters auf eine nicht mehr vollwertige Forderung gegenüber seiner Kapitalgesellschaft beachtet werden.
2.
Private Pkw-Nutzung des Geschäftsführers: Tauschähnlicher Umsatz oder unentgeltliche Wertabgabe?
Die Umsatzbesteuerung der Pkw-Überlassung an einen Gesellschafter-Geschäftsführer kann anhand der ertragsteuerrechtlichen Werte geschätzt werden.
Hintergrund
Die A-GmbH hatte ihrem zu 90 % beteiligten Geschäftsführer G arbeitsvertraglich den Anspruch auf ein Firmenfahrzeug eingeräumt. Die Überlassung umfasste auch private Fahrten. Dementsprechend wurden G in den Streitjahren
2004 bis 2006 nacheinander 2 Pkw zur Verfügung gestellt, für die kein Fahrtenbuch geführt wurde. Der geldwerte
Vorteil wurde monatlich als Lohnaufwand gebucht. Allerdings wurde die Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte (sog. 0,03 %-Regelung) nicht berücksichtigt
Bei der Festsetzung der Umsatzsteuer erhöhte das Finanzamt die Umsätze der GmbH in Höhe des Zuschlags nach der
0,03 %-Regelung (monatlich 0,03 % des Listenpreises). Den Einwand, G habe den Pkw nur sporadisch – weniger als
einmal wöchentlich – für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt, wies das Finanzamt und ihm folgend
das Finanzgericht zurück.
Entscheidung
Überlässt der Arbeitgeber einem Gesellschafter-Geschäftsführer einen Pkw zur privaten Nutzung, kann dies als Entgelt
für die Arbeitsleistung zu versteuern sein. Es handelt sich dann um einen tauschähnlichen Umsatz, bei dem ein Teil der
Arbeitsleistung Entgelt für die sonstige Leistung (Nutzungsüberlassung) ist. Es kann aber auch der Fall einer der Besteuerung unterliegenden unentgeltlichen Wertabgabe vorliegen. Das ist bei der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch den Unternehmer für Zwecke, die
außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf des Personals gegeben. Die unternehmensfremde
Verwendung wird einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt.
Bei einer entgeltlichen Überlassung (tauschähnlicher Umsatz) kann der Wert des Umsatzes anhand der Kosten/Ausgaben für die Pkw-Überlassung geschätzt werden. Im Fall einer unentgeltlichen Wertabgabe sind als Bemessungsgrundlage die Kosten/Ausgaben, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben, anzusetzen. Auch hier ist eine Schätzung möglich.
Der Bundesfinanzhof ist der Auffassung, dass in beiden Fällen die Bemessungsgrundlage entsprechend der lohnsteuerrechtlichen bzw. ertragsteuerrechtlichen Werte geschätzt werden kann, die vom Bundesfinanzministerium festgelegt
wurden.
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3.
Auflösungsvertrag: Wann gilt für eine Abfindung ein ermäßigter Steuersatz?
Der ermäßigte Steuersatz für Abfindungen kommt nur zur Anwendung, wenn der Arbeitnehmer durch diese Zahlung insgesamt höhere Einkünfte erzielt, als er bei ungestörter Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses erhalten
hätte (Zusammenballung). Wie diese Vergleichsberechnung durchzuführen ist, veranschaulicht ein aktuelles Urteil
des Niedersächsischen Finanzgerichts.
Hintergrund
Ein GmbH-Geschäftsführer erhielt nach seinem Anstellungsvertrag neben einem Festgehalt auch eine Tantieme, die
aber erst nach der Feststellung des jeweiligen Jahresabschlusses fällig wurde.
Im Jahr 2010 schlossen die Arbeitsparteien einen Aufhebungsvertrag, wonach der Geschäftsführer freigestellt wurde,
jedoch noch bis zum 31.12.2010 sein Festgehalt fortbeziehen konnte. Zudem wurde ihm eine Abfindung von 225.000
EUR zugesagt, die am 31.1.2011 zur Auszahlung kam; die Tantieme für 2010 in Höhe von 50.000 EUR sollte er darüber
hinaus noch in 2010 erhalten.
Der Geschäftsführer bezog für 2010 einen Bruttoarbeitslohn von insgesamt 288.725 EUR (einschließlich der vorgezogenen Tantieme). Im Jahr 2011 bezog er neben seiner Abfindung noch Einnahmen aus einer Dienstwagennutzung von
3.878 EUR, sowie Lohnersatzleistungen von 10.383 EUR.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass die Abfindung nicht der ermäßigten Besteuerung unterlag, da es an einer Zusammenballung von Einkünften fehlte. Eine Zusammenballung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer im Jahr der Entschädigungszahlung mehr erhält ("Ist-Größe"), als ihm bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zugeflossen
wäre ("Soll-Größe"). Ein Vergleich dieser beiden Kenngrößen ergab, dass der Arbeitnehmer trotz der Entschädigungszahlung insgesamt nicht mehr Einkünfte in 2011 erzielt hatte als bei einem "normalen Lauf der Dinge". Hervorzuheben
ist, dass das Finanzgericht die bezogenen Lohnersatzleistungen in 2011 nicht in die "Ist-Größe" einbezog, weshalb
diese letztlich die "Soll-Größe" unterschritt.
Sie haben noch Fragen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wir beraten Sie gerne.
Mit freundlichen Grüßen
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