Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Leistungen DMP - Teil einer Ambulanzoffensive oder Profilierung der Kernkompetenzen ? Deutscher Krankenhaustag 20.11.2003 Dr. Matthias Geck AOK Westfalen-Lippe M.Geck 11/2003 0 DMP - Teil einer Ambulanzoffensive oder Profilierung der Kernkompetenzen 1. Begrüßung und Einführung 2. DMP - Der Entwicklungsprozess 3. Kernziele der DMP 4. DMP - Akteure und ihre Rollen 5. DRG und DMP: Perspektiven M.Geck 11/2003 1 Experten haben Defizite bei der Versorgung chronisch Kranker identifiziert Ergebnisse des Gutachtens des Sachverständigenrates 2001(1) Politische Probleme • Eine angemessene Versorgung chronisch Kranker ist die größte Herausforderung für das Gesundheitssystem in modernen Industrienationen. Ökonomische Probleme • Chronisch Kranke verursachen überproportional hohe Kosten: 40 v.H. der Versicherten verursachen 75 v.H. der Kosten. Medizinische Probleme • Es herrschen Über-, Unter- und Fehlversorgung - Überflüssige Doppeluntersuchungen - Unzureichende Grundversorgung - Inadäquate medikamentöse Therapie • Komplikationen und Begleiterkrankungen werden unzureichend beachtet. Die Die Experten Experten empfahlen empfahlen daher daher die die Einführung Einführung von von Disease-ManagementDisease-ManagementProgrammen Programmen (1) www.svr-gesundheit.de M.Geck 11/2003 2 Das BMGS hat rechtliche und institutionelle Voraussetzungen für DMPe geschaffen Reform Reformdes desRisikostrukturausgleichs Risikostrukturausgleichs Bundesversicherungsamt Bundesversicherungsamt • Förderung strukturierter Behandlungsprogramme für chronische Erkrankungen - Das BVA hat die Aufgabe, die DMP der • Vermeidung einer Benachteiligung von Krankenkassen, die chronisch Kranke betreuen, im RSA. - Eine rechtssichere Umsetzung der DMP Koordinierungsausschuss Koordinierungsausschuss(KoA) (KoA) Aufgaben des KoA • KoA empfiehlt dem BMGS Diagnosen für DMPs • KoA entwickelt Anforderungen an die Ausgestaltung der Programme Krankenkassen zu akkreditieren. erfordert aus Sicht von BMGS und BVA umfassende Detaillierungen und Transparenz. - Die Akkreditierungshürde kann nur überwunden werden, wenn bürokratischen Anforderungen erfüllt werden. - Das AOK-System setzt sich inzwischen gemeinsam mit der KBV für eine Entbürokratisierung ein. Die Die Einführung Einführung von von DMP DMP ist ist anfänglich anfänglich mit mit Bürokratie Bürokratie verbunden. verbunden. Die Die Bürokratie Bürokratie tritt tritt jedoch jedoch in in den den Hintergrund, Hintergrund, sobald sobald die die Prozesse Prozesse eingespielt eingespielt sind. sind. M.Geck 11/2003 3 Im Jahr 2002 wurde erstmalig ein aufwändiger Prozess zur Konsentierung der DMP-Anforderungen etabliert Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung Einrichtung von Fach-Sektionen zur Formulierung von Anforderungen 1-6 Sektion Diabetes Diabetes Typ 1 M.Geck 11/2003 Koordinierungsausschuss AA DMP Sektion KHK Diabetes Typ 2 RSAV Sektion Brustkrebs ... Aggregation der erzielten Ergebnisse zur Formulierung der RSAV Sektion Asthma/ COPD RSAV verabschiedet 4 DMP - Teil einer Ambulanzoffensive oder Profilierung der Kernkompetenzen 1. Begrüßung und Einführung 2. DMP - Der Entwicklungsprozess 3. Kernziele der DMP 4. DMP - Akteure und ihre Rollen 5. DRG und DMP: Perspektiven M.Geck 11/2003 5 DMP - Der Entwicklungsprozess (1/3) Bundesebene 01.01.2002 Inkrafttreten §§ 137 f und g SGB V 28.01.2002 Empfehlung Koordinierungsausschuss § 137 e SGB V für zunächst 4 DMP-geeignete Diagnosen (Diabetes Typ 1 + 2, Brustkrebs, KHK und Asthma/COPD) 07.02.2002 Festlegung des BMG der DMP-Diagnosen, für die der Koordinierungsausschuss Anforderungen an die Ausgestaltung der DMP zu benennen hat 29.06.2002 4. RSAV Änd. VO (vom 27.06.2002) DMPe für Diabetes mellitus Typ 2 (Anlagen 1 und 2) DMP Brustkrebs (Anlagen 3 und 4) 01.01.2003 M.Geck 11/2003 6. RSAV ÄndVO Anpassung der Dateninhalte Anlage 2 b Rostock/ BT-Wahl 09/02 6 DMP - Der Entwicklungsprozess (2/3) Beispiel Westfalen-Lippe 11.04.2003 - Vereinbarung zur strukturierten und qualitätsgesicherten ambulanten Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus durch diabetologische Schwerpunktpraxen in Westfalen-Lippe vom 31.03.2003 - DMP-Vereinbarung Diabetes mellitus Typ 2 vom 11.04.2003 - DMP-Vereinbarung Brustkrebs vom 11.04.2003 - Rahmenvereinbarung mit der KGNW über die Zusammenarbeit bei der Umsetzung des DMP Brustkrebs vom 11.04.2003 - Vereinbarung über die Bildung einer DMP-Arbeitsgemeinschaft nach § 219 Abs. 2 SGB V vom 11.04.2003 - Vereinbarung über die Bildung einer Gemeinsamen Einrichtung nach § 28 f Abs. 2 Nr. 4 RSAV vom 11.04.2003 M.Geck 11/2003 7 DMP - Der Entwicklungsprozess (3/3) Beispiel Westfalen-Lippe 26.05.2003 Datenstellenvertrag (Übergangs-Datenstelle) 16./17.06.2003 Zentrale Informationsveranstaltungen zum DMP Diabetes mellitus Typ 2 für Vertragsärzte in Dortmund und Münster 25.06.2003 Akkreditierungsantrag DMP Diabetes mellitus Typ 2 der AOK WL (AOK-Curaplan) 18.07.2003 Akkreditierungsantrag DMP Brustkrebs der AOK WL (AOK-Curaplan) 22./28.07.2003 Zentrale Informationsveranstaltungen zum DMP Brustkrebs für Gynäkologen in Dortmund und Münster M.Geck 11/2003 8 DMP - Teil einer Ambulanzoffensive oder Profilierung der Kernkompetenzen 1. Begrüßung und Einführung 2. DMP - Der Entwicklungsprozess 3. Kernziele der DMP 4. DMP - Akteure und ihre Rollen 5. DRG und DMP: Perspektiven M.Geck 11/2003 9 Kernziele • DMP gehen grundsätzlich vom Hausarzt als Lotsen des Patienten aus. Der Hausarzt wird vom punktuellen Behandler zum systematischen Disease-Manager. • Die Qualität der Behandlung wird durch Ausrichtung an konsentierten medizinischen Vorgaben (Anlagen RSAV) erhöht. • Durch Dokumentation aller wesentlichen Diagnose- und Behandlungsparameter wird die Behandlung transparent; ihre Ergebnisse werden erstmalig auswertbar (Gemeinsame Einrichtung). M.Geck 11/2003 10 Evidenzbasierte Medizin erleichtert die Anwendung gesicherter Informationen im konkreten Behandlungsfall "Die Praxis der evidenzbasierten Medizin bedeutet die Integration individueller klinischer Expertise mit der bestmöglichen externen Evidenz aus systematischer Forschung" Sackett (1998) Informationen werden nach drei Aspekten bewertet Aspekt Beschreibung Ergebnis Stimmt die Information? Validität Wichtigkeit • Beurteilung der Art der Fragestellung und der Qualität der Methodik • Einteilung der Informationen in Evidenzgrade Ist die Information von praktischer klinischer Bedeutung? • Übertragbarkeit in die medizinische Praxis? • Art der untersuchten Parameter Ist die Information für den konkreten Fall anwendbar? Fallbezug M.Geck 11/2003 • Gelten die Ergebnisse für diesen konkreten Patienten? • Wie groß sind möglicher Nutzen und Schaden? • Was sind die Präferenzen dieses Patienten? Die evidenzbasierte Medizin • ist keine "Kochbuchmedizin" • berücksichtigt die individuellen Bedürfnisse und Besonderheiten des Patienten • schränkt die Therapiefreiheit des Arztes nicht ein 11 Teilnahme als koordinierender DMP-Arzt (Bsp. WL) Jede Krankenkasse muss ihr Disease-Management-Programm vom Bundesversicherungsamt akkreditieren lassen. Mit seiner Teilnahmeerklärung gegenüber der KVWL erklärt sich der Vertragsarzt bereit, an den DMPen aller Krankenkassen teilzunehmen, die hierüber eine Vereinbarung mit der KVWL geschlossen haben und deren Programm akkreditiert worden ist. AOK Westfalen-Lippe Arzt Bundesknappschaft BKK Ersatzkrankenkassen IKK Landwirtschaftl. Krankenkasse KVWL Die Krankenkassen bestätigen dem koordinierenden Vertragsarzt seine Teilnahme am kassenspezifischen Programm (z. B. AOK-Curaplan). M.Geck 11/2003 12 Zentrale Aufgabe des Hausarztes ist die Führung des Patienten durch das DMP "Disease-Manager" Information/Beratung des chronisch Kranken über DMP Einschreibung in das Programm und Weiterleitung der Teilnahme-/Einwilligungserklärung an die Datenstelle Behandlung des Versicherten unter Berücksichtigung der Anlage zur RSAV Je nach Schweregrad der Erkrankung Überweisung zum Facharzt/ggf. ins Krankenhaus Erstellen der Erstdokumentationen und Versenden an die externe DMP-Datenstelle Ausfüllen von Patientenpässen Kontinuierliche Begleitung des weiteren Behandlungsprozesses (Folgedokumentation) Anmerkung: Prozesserleichterung durch elektronische Datenerfassung mittels Arzt-Praxis-Software geplant M.Geck 11/2003 13 Patienten-Broschüren der Krankenkassen erklären das DMP und die für die Einschreibung notwendigen Formulare M.Geck 11/2003 14 DMP - Teil einer Ambulanzoffensive oder Profilierung der Kernkompetenzen 1. Begrüßung und Einführung 2. DMP - Der Entwicklungsprozess 3. Kernziele der DMP DMP 4. DMP - Akteure und ihre Rollen 5. DRG und DMP: Perspektiven M.Geck 11/2003 15 Akteure und ihre Rollen; hier: DMP Diabetes mellitusTyp 2 Fachärzte • Augenarzt • Nephrologe Krankenhaus Hausarzt als Koordinator Diabetes Kernkompetenz: • Intervention bei Diabetologen schwerer Stoffwechsel-Entgleisung • Notfallindikation Andere LE • (Schwere) Infektiöse oder neuroosteopathische Fußkomplikation Der Schwerpunkt des Behandlungsgeschehens liegt im ambulanten Bereich M.Geck 11/2003 16 Akteure und ihre Rollen; hier: DMP Brustkrebs Andere LE Gynäkologe als Koordinator Brustkrebs Krankenhaus Kernkompetenzen: • Biopsie • Operation Brustkrebs häufigste Diagnose bei Frauen im Krankenhaus in 2000 (insgesamt Rang 4) • ggf. Strahlentherapie Fachärzte • Onkologe • Radiologe Der Schwerpunkt des Behandlungsgeschehens liegt zunächst im stationären Bereich M.Geck 11/2003 17 Akteure und ihre Rollen; hier: DMP Koronare Herzerkrankungen Andere LE Hausarzt als Koordinator DMP KHK Krankenhaus Kernkompetenzen: • invasive Diagnostik (LHKM) Chronische ischämische Herzkrankheit häufigste Diagnose im Krankenhaus in 2000 • Operation Fachärzte • Kardiologe • Radiologe Der Anlass für eine DMP-Teilnahme wird primär durch eine Krankenhausbehandlung gesetzt; Folgebehandlung vorrangig ambulant M.Geck 11/2003 18 DMP - Teil einer Ambulanzoffensive oder Profilierung der Kernkompetenzen 1. Begrüßung und Einführung 2. DMP - Der Entwicklungsprozess 3. Kernziele der DMP 4. DMP - Akteure und ihre Rollen 5. DRG und DMP: Perspektiven M.Geck 11/2003 19 DRG - Verhaltensänderungen der Krankenhäuser im Fokus erwünscht unerwünscht • Qualitätsorientierte Behandlung • Experimentelle, nicht evidenzbasierte Behandlungsmethoden • Optimierung des Ressourceneinsatzes (Personal-/Sachmittel) • Einschränkung des notwendigen Behandlungsumfangs („blutige Entlassung“) • Verkürzung einer medizinisch nicht erforderlichen Verweildauer M.Geck 11/2003 • Verlagerung von stationären Leistungen auf andere Sektoren (Rehabilitation, ambulante Behandlung, wie AB, AM, HeM, HiM, HKP) 20 Elemente für eine Ambulanzoffensive nach dem GMG • Trägerschaft eines medizinischen Versorgungszentrum nach § 95 (Zulassungsrecht) • Ambulante Operationen nach § 115 b SGB V • Ambulante Behandlung nach § 116 b SGB V • Arzneimittelversorgung nach § 129 a SGB V • Unzulässig: Privatrechtliche Kooperation zwischen Krankenhaus und Vertragsärzten im Rahmen der vor-/nachstationären Behandlung) ohne Beteiligung der Krankenkassen (Widerspruch zu den Vorgaben der integrierten Versorgung nach § 140 a SGB V - „Zuweisungs-Deal“?). M.Geck 11/2003 21 DMP - Die neue Option durch das GMG (§ 116 b SGB V) • Soweit DMP-Verträge es erfordern, können die Krankenkassen oder ihre Verbände mit Krankenhäusern, die an den DMP-Programmen teilnehmen, Verträge über ambulante ärztliche Behandlungen schließen. • Eine generelle Einbindung der Krankenhäuser in die ambulante Leistungserbringung ist nicht vorgesehen. Der vorläufige Katalog nach § 116 b Abs. 3 SGB V von - hochspezialisierten Leistungen - seltenen Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen sieht auch DMP-Erkrankungen (Brustkrebs als onkologische Erkrankungen, schwere Herzinsuffizienz) vor. • Die Kann-Regelung in den Absätzen 1 und 2 erfordert Einschätzungen, welche Kernkompetenzen bei den DM-Programmen im Vordergrund stehen. M.Geck 11/2003 22 Fazit • Die stationäre Krankenhausbehandlung als Kernkompetenz der Krankenhäuser hat in den Disease-Management-Programmen einen unterschiedlich hohen Stellenwert. • Die Teilnahme am DMP mit stationären Leistungen erfordert zusätzlich Qualifikationen. Diese werden nicht alle potenziellen Krankenhausabteilungen erfüllen (Beispiel: Brustzentren). • Die Rolle des Disease-Managers soll vorrangig der Hausarzt wahrnehmen; er soll (zunehmend) Anlaufstelle und Koordinator der Gesundheitsversorgung werden (vgl. Praxisgebühr). • Ambulante Behandlung von Krankenhäusern im Rahmen der DMP stellen eine eher nachrangige Option dar. • Die Krankenkassen werden am ehesten mit solchen Krankenhäusern Verträge nach § 116 b Abs. 1 SGB V schließen, die sich „versorgungsadäquat“ in die Behandlungsprozesse einbringen. M.Geck 11/2003 23 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! M.Geck 11/2003 24