Lernzielkatalog der Urologie

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Lernzielkatalog
Urologie
Wissen und Fertigkeiten
In Anlehnung an den Swiss Catalogue of learning objectives for
Undergraduate medical training
H. Bürgi, Ch. Bader, R. Bloch, F. Bosmann, B. Horn, V. Im Hof, P. Keel,
G.A. Spinas with assistance of C. Glauser
(2002)
von K.-J. Klebingat, Greifswald
Prof. Dr. med. K.-J. Klebingat
Klinik und Poliklinik für Urologie
Fleischmannstraße 42-44
17487 Greifswald
Tel.-Nr. 03834/86 59 79/80
Fax-Nr. 03834/86 59 78
e-mail: [email protected]
2
Zweck und Aufbau des Lernzielkataloges
Zweck für die Lehrenden und Lernenden
Den Lehrenden soll der Lernzielkatalog als Orientierung dienen. Selbstverständlich
können sie eigene Schwerpunkte und Gewichtungen setzen sowie über die Lernziele
hinaus gehen. Sie stellen ein Prüfungsminimum dar.
Den Studierenden hingegen beschreibt der Lernzielkatalog Urologie die zum
Abschluss des Medizinstudiums (2. Ärztliche Prüfung) erforderlichen ärztlichen
Kompetenzen (Wissen, Fertigkeiten und Haltung) im Fach Urologie. Dadurch wird
selbstverantwortliches Lernen möglich. Die Absolventen müssen fähig sein, sich
selbständig über Themen zu informieren, die im Unterricht nicht oder nur allgemein
behandelt wurden oder wenn sie in der Praxis genauere oder vertiefte Kenntnisse
benötigen.
Probleme, die einen Patienten zum Urologen führen, als Ausgangspunkte für
die Lehrenden und Lernenden
In der ärztlichen Praxis beginnt der Arzt bei den Beschwerden oder Problemen des
Patienten, die ihn zum Arzt geführt haben. Der Studierende muss lernen, mit diesen
adäquat umzugehen, d. h. sie zu erfassen, sie zu verstehen, weitere Analysen
anzustellen, eine Diagnose zu stellen, dazu erhobene Befunde zu interpretieren, zu
behandeln etc. In diesem Sinne ist das Spektrum der aufgelisteten, beispielhaften
Probleme sehr breit. Folglich ist die Liste (Seite 6) weder vollständig noch besteht
sie aus „rein“ urologischen Problemen. Denn die aufgelisteten urologischen Lernziele
sollen nicht dazu verleiten, nach Lehrbuch oder Checkliste Diagnosen und
Behandlungsschemata zu „büffeln“, sondern die „Startprobleme“ sollen zum Einstieg
in den Erwerb ganzheitlicher urologischer Grundkompetenzen dienen.
Anforderungen und Kriterien für jedes Lernziel
Damit ein Lernziel in den Katalog aufgenommen wird, muss mindestens eines der
„üblichen“ medizinischen oder spezifisch chirurgischen Kriterien erfüllt sein.
Handelt es sich um ein häufiges, bedeutendes oder bedrohliches
Krankheitsbild?
Handelt es sich um eine für die Grundversorgung wichtige diagnostische
oder therapeutische Technik oder Methode der Urologie?
Handelt es sich um eine wichtige Methode oder Technik in der ersten,
lebensrettenden Notfallversorgung?
3
Zu jedem Problem bzw. Krankheitsbild wird angegeben, welche Kompetenzen aus
dem ärztlichen Handlungsprozess gefordert werden. Abgekürzt wird dies durch die
Buchstaben:
D:
T:
N:
P:
G:
Q:
diagnostische Kompetenzen
Therapeutische Kompetenzen bei einem unkomplizierten Fall
Notfallmaßnahmen / Notfallbehandlung
Prävention inkl. Kompetenz zur Gesundheitsförderung
Generelle Kompetenz für Allgemeinpraxis
Besondere Eignung dieses Symptoms oder dieser Erkrankung für die
Vermittlung innerhalb eines Querschnittbereiches;
Die Kennzeichnung des betreffenden Querschnittbereiches erfolgt mittels
der Nummerierung derselben in der ÄAppO 2002 wie folgt:
Querschnittbereiche 1 – 12
1. Epidemiologie, medizinische Dokumentation
2. Geschichte, Theorie, Ethik der Medizin
3. Gesundheitsökonomie, Gesundheitssystem
4. Infektiologie, Immunologie
5. Klinisch-pathologische Konferenz
6. Klinische Umweltmedizin
7. Medizin des Alterns und des alten Menschen
8. Notfallmedizin
9. Pharmakotherapie/Klinische Pharmakologie
10. Prävention, Gesundheitsförderung
11. Bildgebende Verfahren, Strahlenbehandlung, Strahlenschutz
12. Rehabilitation, Physikalische Medizin
4
Entsprechend den genannten Kriterien werden zu jedem aufgenommenen Lernziel
die taxonomischen (kognitiven, praktischen) Anforderungen festgelegt.
Kenntnisse
werden
dabei
vereinfacht
lediglich
in
zwei
Niveaustufen
unterschieden:
1 = Kompetenz, Krankheitsbilder und Normalzustände in Funktion des Alters zu
erkennen, d. h. sie zu identifizieren und zu beschreiben.
2 = Kompetenz, mit den Problemen umzugehen, d. h. zum Beispiel ein
Krankheitsbild zu analysieren, Ursachen zu beschreiben,
Behandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, prophylaktische Maßnahmen
vorzuschlagen usw.
Fertigkeiten werden in vier Stufen unterschieden, wobei Stufe I noch keine
eigentliche Fertigkeit darstellt, sondern nur das Wissen dazu (zur Unterscheidung in
römischen Zahlen).
Die Studierenden haben
I
mindestens theoretische Kenntnisse (Prinzip, Indikation,
Kontraindikation, theoretische Kenntnis des Handelns,
mögliche Komplikationen) und können die Fertigkeit
beschreiben
Theorie
II
die Kenntnis der Fertigkeit und haben deren
Demonstration beobachtet
Beobachtung
III
die Fertigkeit mehrmals unter Aufsicht selbst ausgeführt
Ausführung
IV
Erfahrung in Indikationsstellung und Ausführung
Routine
5
Beispiel:
Der Lernzielkatalog ist wie folgt zu lesen:
Inhalt der Lernziele
Hufeisenniere
Paraphimose
Taxonomiestufe
1
2
Handlungkompetenz
D--- - DTNPGQ
Zum Lernziel Hufeisenniere ist gefordert, dass die Studierenden das Krankheitsbild
kennen und die Diagnostik beschreiben können.
Zum Lernziel Paraphimose ist gefordert, dass die Studierenden mit dem
Krankheitsbild umgehen können und zwar was die Diagnose (inkl. Ätiologie und
Pathogenese), die Therapie und die Prävention angeht. Unterstrichen wird
zusätzlich, dass es sich hierbei um generell erforderliches allgemeinärztliches
Wissen handelt und im Querschnittbereich „Notfall“ behandelt werden kann.
Probleme, die einen Patienten zum Urologen
Ausgangspunkte für die Lehrenden und Lernenden
Blutung
Fieber
Wunden
schmerzhafte, entzündliche Stellen
Abszesse
Neubildungen
Nausea
Erbrechen
Geblähtes Abdomen
(akute) Bauchschmerzen
Abdominalgeschwulst
Harnretention
Harninkontinenz
Hodenschmerz
Anomalie des äußeren männlichen
Genitale
führen,
als
Anomalie des äußeren weiblichen Genitale
Flankenschmerzen
Flankenschmerzen in der Schwangerschaft
Rückenschmerz
Bewusstseinsverlust
Lähmungen, andere Beschwerden
nach Trauma
postoperative Beschwerden
Probleme mit der Krankheit umzugehen
Anpassungsprobleme, z. B. nach
Harnumleitung
Ästhetische Probleme, z. B. nach
Penisamputation
Angst vor einer schweren Erkrankung
(Krebs)
Probleme im Terminalstadium
6
Urologische Basiskenntnisse
D T N P G Q
Leitsymptome urologischer Erkrankungen
Veränderungen der Harnmenge- und qualität
2
D - - - G -
Hämaturie
2
D - - - G 8
Schmerz (visceral/somatisch)
2
D T - - G 8
Miktionsstörungen
2
D - - - G 7
Urethraler Ausfluss
2
D - - -
Lage- und Verschmelzungsanomalie
Nierenbeckenabgangsstenose
Zystische Nierenanomalien
Nierenzyste
Polyzystische Nierendegeneration
1
2
D - - - - D T - - - -
2
2
D - - - - D - - - - -
fissus
duplex
ektope Insertion
1
1
1
D - - - - D - - - - D - - - - -
Hanblase
Vesikoureteraler Reflux
Harnblasendivertikel
Blasenekstrophie
2
1
1
T - - - - D - - - - D - - - - -
Harnröhre
Phimose
Epispadie
Hypospadie
Harnröhrenklappe
2
1
1
1
D
D
D
D
Hoden
Maldescensus
2
D T - - G-
- -
Fehlbildungen
Niere
Ureter
-
-
-
G- - - -
7
Unspezifische urogenitale Entzündungen
Niere und Nierenhüllen
Interstitielle Nephritis, Paranephritis
2
D T - - G-
Harnblase
Zystitissyndrom (prim./sek.)
2
D T - - G-
Harnwegsinfektionen in der Schwangerschaft
2
D T - - -4
Prostata und Bläschendrüsen
2
D - - - - -
Harnröhre
2
D T - - - -
Penis
2
D T - - G-
Hoden und Nebenhoden
2
D T - - - -
Urosepsis und septischer Schock
2
D T N - -4
2
D - - - - -
Bilharziose
1
D - - - - -
Echinokokkose
1
D - - - - -
Chlamydien
1
D - - P - 10
Mykoplasmen
1
D - - P - 10
Gonorrhoe
2
D - - P G 10
Syphilis
2
D - - P G 10
Ulcus molle
2
D - - P - 10
Aids
2
D - - P - 10
Spezifische Entzündungen des Urogenitalsystems
Urogenitaltuberkulose
Parasitäre Erkrankungen des Urogenitalsystems
Sexuell übertragbare Infektionen
8
Urolithiasis
Nierenbecken, -kelchausgussstein
2
D T - P - 10
Ureterstein, -kolik
2
D TNPG 8
Blasenstein
2
D T - - - -
Stressinkontinenz
2
D T - - G7
Urgeinkontinenz
2
D - - - -7
Reflexinkontinenz
2
D - - - -7
2
D - - - - -
Harnspeicherungsstörungen
Sonderformen:
Enuresis nocturna
ektope Uretermündungen
urogenitale Fisteln
Harnentleerungsstörungen
Obstruktiv:
Stein, Fremdkörper
Stenose
Tumor (BPH)
Überlaufblase
2
2
2
2
D
D
D
D
T T T TN
- - - - - - -G7
Neurogen:
„schlaffe“ Blase
2
D T - - G-
9
Urogenitale Tumoren
Nierenparenchym
benigne
1
D - - - - -
2
2
D - - - - D T - - - 10
Nierenbecken, -Ureter, Harnblase
Urothelkarzinom
2
D T - P - 10
Nebenniere (Karzinom / Phäochromozytom)
1
D - - - - -
BPH
Prostatakarzinom
2
2
D T - - G7
D T - PG7
benigne
maligne
1
2
D - - - - D T - P - -
Condylomata accuminata
Peniskarzinom
2
2
B T - P - 10
B T - P - 10
maligne
Wilms-Tumor
Nierenzellkarzinom
Prostata
Hoden
Penis
10
Urologische Notfälle
Anurie
prärenal
renal
postrenal
2
2
2
D TN - - 8
D TN - - 8
D TN - - 8
Hämaturie
2
D TN - - 8
Nierenkoliken
2
D TN - G8
Interstitielle Nephritis, Paranephritis bzw.
Abszess
2
D TN - - 8
Interstitielle Nephritis bei Obstruktion
2
D TN - - 8
Prostataabszess
2
D TN - - 8
Urinphlegmone
2
D TN - - 8
Fournier’sches Gangrän
2
D TN - - 8
Priapismus
2
D TN - - 8
Hodentorsion
2
D TN - - 8
Penisfraktur
2
D TN - - 8
Paraphimose
2
D TN - G8
2
D TN - - 8
Ureterverletzungen
1
D TN - - 8
Harnblasenverletzungen intra-, extraperitoneal
2
B TN - - 8
Harnröhrenverletzungen
2
B TN - - 8
Dialyse/Nierentransplantation
Urosepsis
Nierenverletzungen
Kontusion
Ruptur
Abriss
11
Sexuelle Funktionsstörungen des Mannes
Störungen der sexuellen Differenzierung
1
D - - - - -
Erektionsstörungen
1
D - - - - -
Induratio penis plastica
1
D - - - - -
Ejakulationsstörungen
1
D - - - - -
Reproduktionsmedizinische Maßnahmen
1
D - - - - -
Endokrine Veränderungen im Alter
(PADAM)
1
D - - - - -
2
D T - - G -
Fertilitätsstörungen des Mannes
Skrotale Raumforderungen
Hydro-, Funiculocele
Varicocele (idiopathisch, symptomatisch)
Hernie
Epididymitis
Orchitis
Hodentumor
12
Urologische Fertigkeiten
Diagnostik
Anamnese (persönliche, familiäre, Sozialanamnese)
IV
Körperinspektion
(Schwellungen, Rötung, Ausfluss)
IV
Körperpalpation
(Abdomen, äußeres Genitale, Rektum)
Urinstatus
III
Urethralabstrich
III
Sonografie von Nieren und Harnblase
III
Urologische Endoskopie
II
Urodynamische Untersuchung
II
Urologisches Röntgen
II
Therapie
Blasenkatheterismus Mann und Frau
IV
Suprapubische Harnblasenpunktion
III
Reposition Paraphimose
II
Harnableitung aus der Niere
Stent
Perk. Nephrostomie
II
II
13
Von den Fakultäten empfohlene Lehrbücher für Studenten im Fach Urologie
1. Sökeland, J.; Schulze, H.; Rübben, H.
Urologie: Verstehen – Lernen – Anwenden
Thieme 2001
2. Wetterauer, U.; Rutishauser, G.; Sommerkamp, H.
Urologie
3. Rutishauser, G.; Gasser, Th.
Basiswissen Urologie
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