die Seestadt (er)lebt Demokratie?

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1
2
Jürgen Chmielek und Elke Rüdiger
Haltern am See
- die Seestadt (er)lebt die Demokratie?
Erinnerungen und Ausblicke
zur Demokratieentwicklung unserer Stadt
Eine Zusammenfassung von Erhebungen,
Interviews, Erlebnissen und Erfahrungen
sowie Aufbereitung statistischen Materials
Herausgegeben vom
3
Dieses Buch ist entstanden durch den
Projektaufruf des Bundesministeriums für
Familie, Frauen, Senioren und Jugend
im Rahmen der Partnerschaft
für Demokratie des Kreises
Recklinghausen
4
Inhalt:
Seite
Grußworte
7
Die Seestadt (er)lebt die Demokratie?
16
Was bedeutet Demokratie?
18
Demokratieentwicklung in Haltern
28
Fragebogenaktion
48
Seniorenpolitik
57
Jugendpolitik
62
Kritisches zu Haltern
68
Der informierte Bürger
87
Der Halterner und die Wahlen
89
Frauenpower
96
Hat die Demokratie in Haltern eine Zukunft?
103
Ausgewählte Interviews
111
Anhang: Auszug aus der Chronik
137
5
1
Zitat
„Demokratie
ist die Herrschaft des Volkes
durch das Volk
und für das Volk“
Platon
(427 v. Chr. bis 347 v.Chr.)
1
Laut Prof. Dr. Sage (Demokratie-Theorien, FernUni Hagen) und
andere, nur eine von vielen möglichen Definitionen des Begriffs Demokratie‘, aber die am weitläufigsten bekannte.
6
Grußwort des Schirmherrn Bodo Klimpel
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
den Anstoß für das aus meiner Sicht sehr interessante Projekt „Demokratie (er)leben“ gab das Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und
Jugend. Nun engagieren sich Halterner, allen voran
die Mitglieder des Seniorenbeirats, um dieses Projekt hier vor Ort mit Leben zu füllen. Damit ist für
mich schon ein großer Teil des Namens in die Tat
umgesetzt, denn hier beweisen wir sofort, dass wir
die Demokratie ernst nehmen und wirklich leben.
So soll es auch sein.
Wir alle wissen, dass die Demokratie – also die
Herrschaft des Volkes – die beste Regierungsform
ist. Das bleibt sie selbstverständlich, auch wenn sie
manchmal Mühe und Geld kostet und auch hier und
da viel Zeit in Anspruch nimmt. Deshalb mag ich
7
gern den Satz von Johann Wolfgang von Goethe.
Er sagte schon vor fast 200 Jahren: „Die Demokratie rennt nicht, aber sie kommt sicherer zum Ziel.“
Diese Erfahrung machen wir alle einmal, damit können (und müssen) wir leben. Wir tun gut daran.
Denn spätestens seit Mitte des letzten Jahrhunderts wissen wir Deutschen, was es bedeutet, diktatorische, menschenverachtende Politik zu betreiben. Die Väter unseres Grundgesetzes haben daraus die richtigen Konsequenzen gezogen. Die
meisten Deutschen sind inzwischen in festen demokratischen Strukturen aufgewachsen, haben
diese verinnerlicht. Und deshalb wissen wir auch,
wie wichtig es ist, für diese demokratischen
Grundsätze einzutreten, diese gegen Andersdenkende zu verteidigen.
Ich begrüße es sehr, dass sich die Initiatoren nun
auch konkret in unserer Stadt bemühen, in allen
Teilen der Bevölkerung nachzuhaken, wie es um
die Demokratie bestellt ist. So stellen sie zum Beispiel die Frage, was gut und was schlecht ist in unserem Miteinander. Als Schirmherr dieses Projekts
freue ich mich, dass sich so viele Bürgerinnen und
Bürger zu Wort meldeten. Dazu gehören freilich
auch kritische Stimmen. Wir alle sollten keine
Scheu haben vor diesem offenen Dialog haben, wir
8
sollten offen sein für Antworten, die uns nicht so gut
gefallen.
Ich bin jedenfalls gespannt auf die Ergebnisse, die
in diesem Buch zu lesen sein werden.
Ihr
Bodo Klimpel
(Bürgermeister)
9
Grußwort des Seniorenbeirates der Stadt
Haltern am See als Träger des Projektes
Liebe Leserinnen und Leser,
wenn man heute Menschen fragt, was sie sich für
die Zukunft am meisten wünschen, stehen „Frieden“ und „Freiheit“ oft vorne an! Dann folgen „Gesundheit, Familie, Beruf“ und viele andere Dinge.
Als nach dem Ende des 2. Weltkriegs 1945 mit Millionen Toten Deutschland in Schutt und Asche lag,
konnte sich kaum jemand vorstellen, dass es irgendwann wieder aufwärts gehen könnte!
Die alliierten Westmächte, Amerika, Frankreich und
England, verordneten Deutschland nach eigenen
Vorbildern eine demokratische Verfassung. Am 23.
Mai 1949 trat das Grundgesetz in Kraft, wurde
mehrfach überarbeitet und den Erfordernissen angepasst.
10
Langsam, sehr langsam erholte sich das geschundene Land. Durch den Willen und den Fleiß der
Bürger und nicht zuletzt durch die Hilfe der Westmächte kam es zum Wiederaufbau, ja sogar zum
Wirtschaftswunder. Deutschland kam in der Welt
wieder zu Ansehen, aus ehemaligen Feinden wurden sogar Freunde! Argwöhnisch wurden die politischen Entscheidungen beobachtet, mehr als einmal stand die demokratische Entwicklung auf dem
Prüfstand.
Demokratie ist die schwierigste Staatsform, sie verlangt jedem einzelnen Bürger viel ab: stete Information aus unabhängigen Medien, das Miteinander
und Füreinander in politischen und sozialen Vereinigungen, Achtung von Recht und Ordnung durch
unabhängige Gerichte Aber es bescherte unserem
Land und seinen Menschen auch fast 70 Jahre
Frieden in Freiheit. Einige Mitglieder des Seniorenbeirates der Stadt Haltern am See haben diese Entwicklung noch selbst miterlebt, Eindrücke, die nie
vergessen werden.
Als das Ministerium für Familie, Frauen, Senioren
und Jugend anregte, eine große Befragung zu dem
Thema „Demokratie (er-)leben“ durchzuführen, war
die Zustimmung im SBR groß, unser Mitglied Jürgen Chmielek in Zusammenarbeit mit der kompetenten und erfahrenen Redakteurin Elke Rüdiger
mit dieser Aufgabe zu betrauen.
11
Viele Bürgerinnen und Bürger aller Altersgruppen
standen Rede und Antwort und zeigen so ein Bild
unserer Gesellschaft mit allen Ecken und Kanten.
Mit Sicherheit ist ein wichtiges Ziel dieser Aktion
bereits erreicht: das Bewusstsein zu schärfen für
die Zeit, in der wir leben (wollen)!
Ihre
Sigrid Geipel
(Erste Vorsitzende)
12
Vorwort der Autoren
Jürgen Chmielek und Elke Rüdiger
Liebe Leserinnen und Leser,
gerne sind wir dem Aufruf des Halterner Seniorenbeirats gefolgt, das Demokratieprojekt zu planen
und durchzuführen. Wir beide kannten uns aus
mehreren gemeinsamen Projekten und wussten
daher, dass wir uns in der Arbeit ergänzen.
„Demokratie und Demokratieentwicklung in Haltern
am See“ ist ein hoch aktuelles Thema. Allein deshalb hat es uns schon gereizt: Ist die Demokratie
am Ende, nachdem in der deutschen Bevölkerung
ein immer stärkerer Rechtsdruck erkennbar wird?
Gibt es überhaupt Alternativen zur Demokratie, die
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unser Land seit mehr als 70 Jahren zu dem gemacht hat, was es ist? Ist es noch einer der stärksten sozialen und wirtschaftlichen Standorte in der
Welt?
Wir haben uns gefragt: Wie empfinden es wohl die
Halterner Bürger, die älteren Menschen, die die Demokratieentwicklung seit Ende des Nationalsozialismus’ hautnah erlebten, die Menschen der Nachkriegszeit, aber auch die Jugendlichen, die irgendwann diese Art des gesellschaftlichen Zusammenlebens fördern oder verändern?
Es war spannend, Zeitungsrecherchen über die politische Entwicklung in Haltern durchzuführen, die
vielen ausgefüllten Fragebögen auszuwerten, Interviews mit interessanten Menschen zu führen und
die Ergebnisse mit der Politik und dem Bürgermeister zu erörtern. Wir waren erstaunt, wie offen und
ehrlich die angesprochenen Bürger Kritik und Anregungen vortrugen und erfreut, dass sich Halterns
Politiker aller im Stadtrat vertretenen Parteien dieser Hinweise annehmen wollen. Aus Zeit- und
Platzgründen haben wir uns entschlossen, bei diesem Projekt unsere Heimatstadt in den Mittelpunkt
zu rücken. Wir betonen, dass wir keinen Anspruch
auf Vollständigkeit einer wissenschaftlichen Analyse erheben. Zur besseren Lesbarkeit nennen wir
14
in der Regel nur die männliche Form, die jedoch die
weibliche Form stets mit einschließt.
Wir hoffen, dass unser Projekt zum Verständnis
zwischen Politikern und Wählern beiträgt, und dass
die Menschen verstehen, wie wichtig es ist, ihre
Stimme abzugeben. Nur so kann unsere Demokratie fortbestehen.
Wir danken allen Bürgen, Politikern und den Medien – allen voran der Halterner Zeitung -, die uns
bei diesem Projekt unterstützt haben. Wir danken
Bürgermeister Bodo Klimpel, dass er sofort bereit
war, die Schirmherrschaft zu übernehmen.
Die Ergebnisse des Projektes fassen wir in diesem
Buch zusammen. Wir hoffen, dass es den Halterner
Vereinen und vor allem den Schulen im Unterricht
im Rahmen der politischen Bildung als Diskussionsgrundlage dient.
Darüber freuen sich
Jürgen Chmielek
und Elke Rüdiger
15
Haltern am See
- die Seestadt (er)lebt die Demokratie?
Das Projekt
Das Projekt basiert auf der Ausschreibung des Bundesministeriums für Familie, Frauen, Senioren und Jugend
unter dem Themenfeld „Demokratie leben“ in Zusammenarbeit mit dem Kreis Recklinghausen und soll öffentlichkeitswirksam umgesetzt werden.
Die drei Ziele waren vereinbart:
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
Öffentliche Erarbeitung der Themenfelder zur
Entwicklung der Demokratie in Haltern am See;
Erhebungen, Interviews, Sammeln von Erlebnissen und Erfahrungen, Aufbereitung statistischen
Materials.

Dokumentation der Ergebnisse (Begleitung
durch die Halterner Zeitung) und Zusammenfassung in einem Buch.

Fazit-Diskussion in Form eines Forums einschließlich Buchvorstellung; Erreichen einer
Nachhaltigkeit durch die Vergabe von Buchexemplaren an die örtlichen Schulen (Sekundarstufen I und II) zur politischen Bildung.
Kurz-Beschreibung des Projekts
Auf Basis der Projektausschreibung durch das Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend
wollen Jürgen Chmielek und Elke Rüdiger als Projektleiter gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern der
Stadt Haltern am See den Fragen nachgehen:

Wie hat die Stadt Haltern die Entwicklung in eine
Demokratie nach dem Ende der Nazi-Diktatur
erlebt?
 Gibt es Zeitzeugen?
 Welche Störungen, zum Beispiel durch Alt-Nationalsozialisten und heute durch Neo-Nationalsozialisten, gab oder gibt es?
 Wie unterscheiden sich die Erfahrungen mit denen der heutigen Jugend?
Statistiken und Definitionen sollen die Geschichten und
Erlebnisse unterstützen oder kritisch hinterfragen.
Die Ergebnisse werden in einem Buch verarbeitet und
anschließend zur Ergänzung der politischen Bildung
den Mitwirkenden, Organisationen und vor allem den
Schulen zur Verfügung gestellt.
Der finanzielle Zusatzbedarf errechnet sich im Wesentlichen durch die Produktionskosten des Buches.
17
Was bedeutet Demokratie?
Demokratie = Demokratie?
Um das Wort „Demokratie“ definieren und verstehen zu
können, müssten wir eine lange Reise in die Vergangenheit, in die Antike, in den Stadtstaat Griechenland,
antreten. Sie würde uns durch die Geschichte der französischen, der englischen und amerikanischen Revolutionen, die Weltkriege und die Nachkriegszeiten in die
moderne Zeit führen.
Es wurde und
wird viel über
diese
Entwicklung
geforscht
und geschrieben.
Wer sich mit diesen
wichtigen
Zeitepochen beschäftigt, bekommt ein Gefühl dafür, wie wertvoll unsere
heute in Deutschland verankerte Demokratieform ist.
„Deutschland hat einen langen Weg zur Demokratie hinter sich“, so der renommierte Politologe Prof. Dr. Dr.
Manfred G. Schmidt / Heidelberg. Dabei stellt er die
auch in Deutschland oft diskutierten Formen der repräsentativen, der direkten und einer streitbaren Demokratie gegenüber. 2
Die Form der parlamentarischen Demokratie, also eher
einer repräsentativen Demokratie, stellt die indirekte
2
Manfred G. Schmidt: Demokratietheorien (5. Auflage 2010)
18
Beteiligung des Volkes an der Politik durch die Wahlmöglichkeit unserer Vertreter sicher. Ist diese Form
noch zukunftsfähig? Löst die von den „Vätern unseres
Grundgesetzes“ festgelegte Regierungsform unsere
heutigen Probleme? Schätzen wir und unsere politischen Vertreter, die Abgeordneten in Bund, Land und
der Europäischen Union wie auch die Ratsmitglieder unserer Stadt Haltern am See noch die Freiheit der Gedanken, der Wahlen und das Für- und Miteinander in
der Gesellschaft, dass uns die „Erfinder“ der Demokratie
versprochen haben? Wollen wir mehr oder weniger
„Führung“ bei politischen Entscheidungen haben? Oder
fühlen wir uns gut beteiligt an Entscheidungen, die unser Leben beispielsweise in der Renten-, Steuer-, Familien- oder Schulpolitik beeinflussen?
Bürger kommen in von uns ausgearbeiteten Fragenbögen, in Diskussionsrunden und in Interviews zu Wort –
und wir stellen die Ergebnisse hier vor.
Zitate zur Demokratie
aus den Fragebögen und Interviews
„Demokratie bedeutet für mich, dass jeder Mensch die
gleichen, angeborenen Menschenrechte hat, und das
ist in Deutschland so.“
19
„Demokratie bedeutet für mich
freie Meinungsäußerung auch
über Grenzen hinweg, ein möglichst friedvolles Zusammenleben nach den Prinzipien des
Grundgesetzes“.
Hans Kirschbaum
***
„Demokratie bedeutet für mich, sich bei Notwendigkeit
dort ehrenamtlich einzubringen, wo Hilfe, die ich leisten
kann, angebracht ist.“
***
„Demokratie ist für mich, dass jeder Bürger das gleiche
Recht hat zu wählen und es bei jedem gleich gewertet
wird. Jeder sollte das wählen, was er wählen möchte
und sollte nicht zu irgendwas gezwungen werden.“
***
„Demokratie ist für mich die Möglichkeit, sich in alle beruflichen Richtungen auszuleben, da uns Freiheit und
Gleichheit gesichert sind.“ (Anna, 16)
***
„Demokratie ist eine Staatsform, in der Menschen gleich
behandelt werden und aktiv in die Politik eingreifen können, wenn sie wollen.“ (Nikita, 16).
***
20
„Demokratie bedeutet für mich, alle Freiheiten in Anspruch nehmen zu können, ohne die Freiheit anderer
einzuschränken.“ (Albert Slaski, 76)
***
„Demokratie bedeutet für mich, dass man wählen und
seine eigene Meinung frei äußern darf, dass man wahlberechtigt ist, und dass man an wichtigen Entscheidungen teilnehmen kann.“
„Demokratie bedeutet für mich, nicht
nur die Grundrechte zu sichern und
zu stärken, sondern auch die Bestie
im Menschen zu zähmen.“
Manuel Gurzny (35)
***
„Meiner Meinung nach ist Demokratie die Gleichheit für
alle, dass es keinen Alleinherrscher gibt, der alles entscheidet.“
***
„Demokratie ist für mich eine Staatsform, in der alle
Bürger eines Landes mitwirken dürfen. Das heißt, dass
alle, die die deutsche Staatsbürgerschaft haben und 16
bzw. 18 Jahre alt sind, wählen gehen können. Jeder
kann jeder seine Meinung frei äußern und Kritik oder
Anregungen geben (z.B. an den Bundestag).“
21
„Demokratie bedeutet für mich die
politische Fokussierung auf den
Bürger und die Möglichkeit, sich
als Wähler aktiv in den Prozess
der Politikgestaltung einzubringen“.
Sara Deitermann (20)
***
„Demokratie ist eine Staatsform, die theoretisch mein
persönliches Eingreifen ermöglichen würde, worauf ich
auch nicht verzichten wollen würde.“
***
„Demokratie ist wichtig für die Welt.“
***
„Demokratie bedeutet für
mich das Substanzielle, das
die Gesellschaft zusammenhält, denn ohne Demokratie
ist alles nichts!“
Erwin Kirschenbaum
Altbürgermeister (1994 – 1999)
***
„Demokratie bedeutet für mich, dass jeder seine eigene
Meinung haben und vertreten darf, solange sie nicht in
Gewalt oder Extremismus endet. Sie steht für mich auch
22
für „einer für alle, alle für einen"! Sie gilt nicht nur in Verbindung mit politischen Fragen, sondern wird auch in
der Schule oder in der Kirche praktiziert.“
***
„Alle reden von Demokratie, leben sie aber nicht,
 Demokratie muss gelebt werden.
 Wählen sollte man die Menschen, nicht die Parteien.
 Mich ärgert das Desinteresse der Menschen an
der Politik, an den Wahlen und damit an der Demokratie.“
Christian Rüdiger (87)
***
„Demokratie ist gut – aber noch nicht vollendet.“
***
„Demokratie ist Mitbestimmung bei (politischen) Entscheidungen, ist das Gefühl, dass jede Stimme etwas
wert ist. Ich lebe in einer Welt lebe, die von jedem einzelnen mitgestaltet/-bestimmt werden kann. Selbst
1000mal zu diskutieren ist möglich. Es herrscht Gleichberechtigung.“
23
Demokratie (er)leben und bewahren!
Otto K. Rohde
ist stellvertretender Vorsitzender
des Seniorenbeirats Haltern am
See und Vorstandsmitglied der
Landesseniorenvertretung NRW
„Niemand behauptet, dass Demokratie perfekt ist oder
der Weisheit letzter Schluss. In der Tat wurde gesagt,
dass Demokratie die schlechteste Regierungsform ist,
mit Ausnahme all der anderen Formen, die von Zeit zu
Zeit ausprobiert wurden."3
Im Nachkriegs-Deutschland gibt es seit dem 23. Mai
1949 eine demokratische Verfassung, das Grundgesetz
für die Bundesrepublik Deutschland (GG). Für uns
heute selbstverständliche Rahmenbedingungen wurden
darin manifestiert. Einige besonders wichtige demokratische Errungenschaften sollen hier erwähnt werden:
In Artikel 1 werden die Unantastbarkeit der Würde des
Menschen und die unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechte ganz an den Anfang gestellt. Es
3
Winston Churchill (1874-1965), Politiker und zweimaliger britischer Premierminister, am 11. November 1947 in einer Rede im
britischen Unterhaus
Quelle: http://www.bpb.de/lernen/grafstat/grafstat-bundestagswahl-2013/145190/mw-01-01-demokratie-als-regierungsform-zitat
[2016-11-14]
24
folgen die Grundrechte (Artikel 2 bis 19 GG), an die Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung
(Gewaltenteilung) als unmittelbar geltendes Recht gebunden sind. Freiheit und Gleichheit sind hier die großen Überschriften. Geschützt werden u. a. die freie Entfaltung der Persönlichkeit, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, die Gleichheit vor dem Gesetz,
die Glaubens- und Gewissensfreiheit, die Meinungsäußerungs-, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
neben der garantierten Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet und der Unverletzlichkeit der Wohnung. Das
Asylrecht für politisch Verfolgte muss in diesen Tagen
besonders hervorgehoben werden. Auch an eine Wesensgehaltsperre für die Grundrechte (Artikel 19) hat
der Verfassungsgeber gedacht.
Die Gestalt der Bundesrepublik Deutschland wird in Artikel 20 manifestiert: Sie ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat, in dem alle Staatsgewalt vom Volke
ausgeht. Diese Macht wird vom Volke in Wahlen und
Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und
die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden. Und es ist auch an das Recht zum Widerstand gegen jeden gedacht, der diese Ordnung beseitigen will.
Als eine Lehre aus den Schwächen der Weimarer
Reichsverfassung von 1919 hat der Verfassungsgeber
verfügt, dass das Grundgesetz nur durch ein Gesetz
verändert werden kann, das die Zustimmung von zwei
25
Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates erlangt hat. Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch die die Gliederung
des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung
der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.
Die Anlagen für eine wehrhafte Demokratie sind also
vorhanden. Doch reicht das aus? Nein, bei weitem nicht!
Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich immer wieder
bewusstmachen, dass es eigener Anstrengungen bedarf, damit dieses Gemeinwesen sich in Frieden und guter Nachbarschaft stabilisieren und weiterentwickeln
kann.
Auch und gerade in einer parlamentarischen Demokratie sind die Menschen aufgerufen, die demokratischen
Errungenschaften zu erhalten und zu verteidigen. Ein
„die da oben werden es schon richten“ ist nicht genug.
Fremdenfeindlichkeit und geringe Wahlbeteiligung haben die Parteienlandschaft und die Stimmungen in den
Ländern, in Deutschland, Europa und der Welt verändert. Der Trend zur Wahl von Alternativen zu den etablierten Parteien ist klar erkennbar. Diese besorgniserregende Entwicklung kann der „schweigenden demokratischen Mehrheit“ nicht egal sein. Nutzen wir die Instrumente unseres demokratischen und sozialen Rechtsstaats.
26
Die Beteiligung an Wahlen muss uns allen wichtig sein.
Nur wenn sich möglichst viele Bürger beteiligen, kann
sichergestellt werden, dass extreme Gruppierungen
keine Mehrheiten in unseren Parlamenten erlangen.
Auch wenn die demokratischen Parteien in den Augen
nicht weniger Wahlbürger deutliche Luft nach oben haben bei der Umsetzung des Bürgerwillens – dem
Churchill-Zitat folgend –, sind suboptimal aufgestellte
demokratische Parteien immer noch besser als die Alternativen an den Rändern des politischen Spektrums.
Doch der verantwortliche Umgang mit dem Wahlrecht
setzt einiges voraus. So bleibt es den Bürgern nicht erspart, die aktuellen politischen Entwicklungen aufmerksam zu verfolgen und die Stimme zu erheben, wenn es
notwendig erscheint. Die gewählten Politiker auf kommunaler ebenso wie auf Landes- und Bundesebene kritisch zu begleiten und zu beraten, ist wichtig. Auch das
Petitionsrecht und die Demonstrationsfreiheit sind dazu
da, dem Einzelnen und Gruppen eine Stimme zu verleihen. Nur wenn die Wähler nach der Abgabe ihrer
Stimme nicht für vier oder fünf Jahre stumm in den Sessel zurückfallen, sondern im möglichen Rahmen an der
Politikgestaltung teilhaben, werden sie ihrer Verantwortung gerecht. Demokratie verlangt jedem Einzelnen viel
ab. Aber sie beschert unserem Land und seinen Menschen seit über 70 Jahren Frieden in Freiheit.
27
Demokratieentwicklung in Haltern
Besonderheiten in den Legislaturperioden
Spricht man heute Zeitzeugen an, erlebt man
unterschiedliche Reaktionen, von „früher war alles
besser“ bis „schon früher war alles korrupt“. Die einen
sind stolz darauf, dass sie zu den ersten Wählern der
jungen Bundesrepublik gehörten und auch heute keine
Wahl – egal, ob Bund, Land oder Kommune –
auslassen.
Weit verbreitet ist die Aussage: „Wir müssen doch
wählen gehen, das ist unsere Bürgerpflicht.“
Doch es gibt auch die
anderen, die „späten
Nichtwähler“,
die
enttäuscht sind von der
politischen Entwicklung
„ihres Landes“ und/oder
ihrer Stadt: „Ich gehe nicht mehr wählen, warum auch –
ändert sich doch eh nichts.“ Andere kritisieren „die
leeren Versprechungen“ und das „fehlende Rückgrat
bei Entscheidungen für die Sache und im Ernstfall
gegen die Partei“. Diesen Menschen merkt man den
politischen Frust an. Viele wollen „nichts mehr mit Politik
zu tun haben“ und das, obwohl einige früher sogar sehr
aktiv waren und die eine oder andere Funktion in Partei
oder Gesellschaft ausgeübt hatten.
Was war denn früher anders, wie hat denn die Politik
funktioniert hier in Haltern?
28
Wir sind der Frage insofern nachgegangen, dass wir im
Archiv der Stadt Haltern alle Zeitungen rund um die
Zeiten jeweiliger Kommunalwahlen der Legislaturperioden von 1949 bis 2014 gesichtet und ausgewertet
haben. Bedauerlicherweise liegen dem Archiv
Zeugnisse aus 1946 nicht vor. An dieser Stelle gebührt
dem Archivar der Stadt Haltern am See, Gregor
Husmann, ein großes Lob und Dank. Er hat uns
unermüdlich mit Zeitungskopien der jeweiligen
Jahrgänge versorgt.
So werteten wir hunderte Zeitungsartikel aus. Aus
Platzmangel haben wir uns entschieden, hier nur die
wesentlichen Ereignisse im Sinne der Demokratieentwicklung der Seestadt vorzulegen.
Die Halterner Parteien:
CDU
(Christliche Demokratische Union)
SPD
(Sozialdemokratische Partei Deutschland)
Grüne
(1979 als Wählergemeinschaft Grüne; 1984
WGH
FDP
UBP
DZP
BHE
bis 1989 Grüne; ab 1979 Bündnis 90 / Grün)
(Wählergemeinschaft Haltern)
Freie Demokraten Deutschland)
(Unabhängige-Bürger-Partei)
(Deutsche Zentrumspartei)
(Bund der Heimatvertriebenen und
Entrechteten)
Wichtig zu wissen bei den Wahlanalysen ist, dass bis
Mitte 1996 die Bürgermeister von den Mitgliedern des
Stadtrates gewählt wurden; ab Juni 1996 wurden aus
den nebenberuflichen Bürgermeistern hauptberufliche.
29
Unser erster hauptberuflicher Bürgermeister war Erwin
Kirschenbaum (SPD). Auch sollte man wissen, dass es
vor 1952 schwierig war, exakte, vergleichbare,
Wahlergebnisse darzustellen. Haltern war bis dato
wahltechnisch aufgeteilt in verschiedene mehr oder
weniger selbstständige Bezirke wie Haltern-Kirchspiel,
Lippramsdorf, Hullern und Haltern-Amt.
Leider lagen uns Wahlergebnisse zu den Legislaturperioden 1946 und 1949 sowie 1960 und 1964 bis zum
Redaktionsschluss des Buches nicht vor. Für 1960 und
1964 fehlten im Archiv außerdem Zeitungsexemplare.
Was die nachfolgenden Wahljahre angeht, so haben wir
uns aus Gründen der Übersichtlichkeit nur auf einzelne
Zeitungssplitter (Besonderheiten zur jeweiligen Wahl)
beschränkt.
1946
Bürgermeister: Clemens Sebbel (CDU)
Wie erwähnt liegen uns aus dieser Zeit keine
Zeitungsartikel vor. Das ist schade, wurde doch zum
ersten Mal nach Kriegsende und dem Verbot der
NSDAP eine quasi freie Kommunalwahl durchgeführt.
Sicher kann man diese nicht mit den heute geltenden
demokratischen Maßstäben messen, aber die
Menschen konnten sich erstmalig durch ihr Votum in die
Politik einbringen.
Es erinnern sich:
30
Hedwig Himmelmann (80): „Politik war bei uns zuhause immer ein Thema. Ich bin damit groß geworden.
Als mein Vater 1946 Bürgermeister wurde, war das fast
Alltag. Aber ich war stolz, als ich mit 21 Jahren wählen
durfte.“
Sigrid Geipel (78): „An die ersten freien Wahlen 1946
kann ich mich nicht erinnern. Sicher war das ein besonderes Ereignis, aber damals standen das Überleben
und der Wiederaufbau im Vordergrund. Und als ich das
erste Mal wählen durfte, sah ich das als Pflicht an, aber
meine Gedanken kreisten um Heirat, Gründung einer
Familie und Haus.
Christian Rüdiger (87): Ich kann mich an diese Zeit
und die ersten Schritte in die Demokratie gut erinnern.
Trotz meiner jungen Jahre war ich politisch sehr aktiv.
1946 war zwar die erste offizielle freie Wahl, aber man
fühlte sich schon noch sehr beobachtet. Außerdem
kämpften wir ums Überleben. Schulabschlüsse wurden
zum Problem, der Wiederaufbau begann. Ich war damals zu jung zum Wählen, erst 1950 wurde ich 21 Jahre
alt. Und dann auch erstmals zum Wahlhelfer berufen.
Das war schon etwas Besonderes. Alles per Hand auszählen, mehrfach gegenrechnen, Computer gab es
nicht. Einige Stimmzettel waren ungültig. Die einen
mussten lachen, die anderen waren schockiert. Auf einem stand unter den zu wählenden Kandidaten: „Von
Euch doch keinen…“.
1949
Bürgermeister: Gerhard Ribbeheger (DZP)
31
Der „altgediente Bürgermeister Clemens Sebbel (CDU
verliert die Wahl gegen seinen Kontrahenten Gerhard
Ribbeheger (DZP).
Die Wahl verlief anders als erwartet. Sebbel galt als der
Experte in Politik und Verwaltung, so dass die
Bevölkerung davon ausging, dass er erneut in das Amt
des Bürgermeisters gewählt würde. Doch der Rat
wählte anders. Möglich durch die politische
Konstellation im Rat.
„Zentrum und SPD stürzten Altbürgermeister Sebbel.
Das Christliche Zentrum praktiziert mit der Sozialdemokratie.“ 4 Die Koalition machte es möglich. Es
folgte ein Aufschrei der Bevölkerung, auf Basis ihrer
mehrheitlich abgegebenen Stimmen5 hatte sie ein
anderes Ergebnis erwartet.
Im Anschluss an die Wahl mussten sich Parteienvertreter rechtfertigen, hielten sich aber in der Öffentlichkeit mit ihren Aussagen zurück.
„Zur sichtbaren Enttäuschung der 200 Zuhörer zog die
SPD ihren Antrag auf Stellungnahme zur Bürgermeisterwahl ohne jegliche Begründung zurück. Die
Tagesordnung unter dem Vorsitz des neuen
Bürgermeisters Ribbeheger versprach – auch nach dem
Publikumsbesuch zu rechnen – manche Sensation. Der
Saal des Josefshauses war derartig überfüllt, dass die
Türen geöffnet bleiben mussten, damit auch die Zuhörer
4
Ruhr Nachrichten am 15.11.1949: Überschrift zum Artikel
Anmerkung: Bis Mai 1996 konnten die Bürgermeister nicht direkt von den Bürgern gewählt werden, so wie es heute ist.
5
32
auf dem Flur der Verhandlung folgen konnten. Doch die
Sensationen blieben aber aus, als die SPD ihren Antrag
auf Stellungnahme zur Bürgermeisterwahl ohne
Angabe von Gründen zurückzog.“ 6
Damit zeigte die repräsentative oder parlamentarische
Demokratie erstmalig deutlich auf, dass Fraktionen
nicht unbedingt der mehrheitlichen Meinung der
Bevölkerung folgen müssen.
1952
Wahl-beteiligung
80,1 %
CDU
SPD
BHE
FDP
DZP
7
Sitze
3
Sitze
2
Sitze
1
Sitz
12
Sitze
Bürgermeister: Gerhard Ribbeheger (DZP)
Zeitungssplitter:
Wie 1949 war auch 1952 die Wahlbeteiligung mit 80
Prozent aus unserer heutigen Sicht sehr hoch. Bereits
im Vorfeld der Wahl wurde die Bevölkerung darauf
hingewiesen, dass diese 80 % nicht akzeptabel seien.
So finden wir in der Halterner Zeitung einen Aufruf:
„Jeder fünfte Halterner uninteressiert? Die Beteiligung
an der letzten Kommunalwahl in Haltern war 80,1 %. Ein
Fünftel der wahlberechtigten Bevölkerung ist also der
Wahl ferngeblieben. Bei den Kommunalwahlen am
6
Ruhr Nachrichten am 29.11.1949
33
9.11. wird jeder von Ihnen sein Gewissen fragen
müssen, ob er es verantworten kann, auch diesmal der
Wahl fernzubleiben und mit einem volkstümlichen
Ausdruck zu sprechen, den Karren einfach laufen zu
lassen, wohin er will!“ 7
1956
Wahlbeteiligung8
+ 80 %
CDU
SPD
BHE
10
Sitze
5
Sitze
1
Sitz
FDP
DZP
-
8
Sitze
Bürgermeister: Gerhard Ribbeheger (CDU)
Besonderheiten und Zeitungssplitter:
Zu dieser Zeit wurde nicht nur ein Bürgermeister für die
Stadt Haltern, sondern auch für die einzelnen
Ortsbezirke Bürgermeister gewählt. Hier und auch für
die späteren Wahljahre werden wir uns im Wesentlichen
auf die Kommunalwahl und damit auf die Bürgermeisterwahl der Stadt Haltern konzentrieren.
Auch in diesem Jahr erhoffte man sich eine recht hohe
Wahlbeteiligung. Leser der Halterner Zeitung schlugen
daher den verantwortlichen Parteien die eine oder
andere Idee vor, wie man Nichtwähler an die Wahlurne
holen könnte. Die kuriose Antwort eines Lesers:
7
Halterner Zeitung am 16.10.1952
In unserer Zeitungsrecherche konnte die exakte Zahl nicht abgelesen werden.
8
34
„Nichtwähler mit Zigaretten locken“.9
Trotz der gedanklich mehrheitlichen Sitzverteilung von
CDU (10), Zentrum (8), SPD (5) und BHE (1) erhielt der
von der CDU-Kandidat nicht die Mehrheit, da sich die
Zentrumspartei gemeinsam mit der SPD anders verhielt
als angenommen.
„Nach der Wahl: Erklärung der CDU (…): Die CDUFraktion ist zutiefst enttäuscht vom Ergebnis der
Bürgermeisterwahl, weil diese erstens gegen die
allgemein gültige demokratische Spielregel verstößt,
wonach der stärksten Fraktion der Vorsitz im Rat
zusteht und zweitens den eindeutigen Willen der Wähler
völlig missachtet und ins Gegenteil verkehrt hat.
Ratsherr Schmale gab im Namen der SPD eine
Erklärung ab. Er stellte dabei fest, dass er sich ohne
Rechenkünstler zu sein, ausmalen könne, wie die SPD
sich verhalten habe. Die SPD habe für Ribbeheger
gestimmt.“ 10 Da aber in der ersten Ratssitzung die Wahl
des Bürgermeisters nicht entschieden werden konnte,
wurde diese am 16.11.1956 wiederholt. Hier erhielt
dann der bisherige Amtsinhaber Möllers von der CDU
die bereits vorher erwartete Mehrheit.
1960 und 1964
Zu diesen beiden Wahljahren lagen uns keine
Zeitungsartikel im Archiv vor.
9
Halterner Zeitung am 28.10.1956
Halterner Zeitung am 7.11.1956
10
35
1969
Wahlbeteiligung
CDU
SPD
WGH
FDP
DZP
80,5 %
ohne
Angabe
o. A.
o. A.
o. A.
o. A.
Bürgermeister: Josef Paris (CDU)
Besonderheiten und Zeitungssplitter:
Auch in dieser Legislaturperiode konnte die CDU als
stärkste Fraktion in den Rat einziehen. Diesmal war die
Wahlbeteiligung zum Teil sehr gering.11 „Offenbar hielt
das regnerische und stürmische Wetter viele von der
Wahl ab. Hinzu kommt auch ein gewisses Maß an
Wahlmüdigkeit
fünf
Wochen
nach
der
12
Bundestagswahl.“
Eine Besonderheit aus 1969 sei noch erwähnt:
Erstmalig in der Stadt wurde eine Ratsfrau direkt
gewählt (Frau Tochtrop). Dazu kommt, dass in dieser
Legislaturperiode 33 statt der bisher 25 Mitglieder des
Rates vertreten sein werden.
1975
Gebietsreform: Die Gebiete des Amtes Haltern und die
Gemeinden Flaesheim und Hamm-Bossendorf (bis
dahin Teil der Gemeinde Hamm) werden durch eine
11
12
Anmerkung der Autoren: aus damaliger Sicht!
Halterner Zeitung am 10.9.1069
36
kommunale Gebietsreform mit dem Gebiet der Stadt
Haltern zur neuen Stadt Haltern vereinigt.
Wahlbeteiligung
CDU
SPD
WGH
FDP
DZP
o. A.
51,7 %
32,9 %
6,3 %
3,4 %
5,8 %
Bürgermeister: Josef Paris (CDU)
Besonderheiten und Zeitungssplitter:
Das Ergebnis der Kommunalwahl 1975 zeigt auf, dass
die CDU die absolute Mehrheit im Rat hatte.
1979
Wahlbeteiligung
CDU
SPD
Bündnis
90/Grüne
WGH
FDP
DZP
75,2 %
47,1
31,6
4,9
10,3
3,0
3,1
Bürgermeister: Josef Paris (CDU)
Besonderheiten und Zeitungssplitter:
Trotz Verluste von fast 10 % (4,6 %-Punkte) behielt die
CDU die absolute Mehrheit im Stadtrat. Als Gewinner
der Wahl sah sich die WGH, die ihren Stimmanteil von
6,2 auf 10,3 % steigern konnte. Die Zentrumspartei, die
vorher mit 5,8 % im alten Rat vertreten war, wurde mit
3,06 % abgestraft. Enttäuschend war das Ergebnis für
37
die FDP, die mit knappen 4,9 % an der Fünf-ProzentHürde scheiterte.
1979 war das Interesse an der Kommunalwahl sehr
groß: „Noch nie bei einer Wahl gab es im Rathaussaal
so einen Andrang (…) Dicht gedrängt standen Zivilisten
und Politiker nebeneinander, um das spannende
Rennen um Stimmen und Prozente zu verfolgen.“ 13
Wahlbeteiligung
CDU
1984
Bündnis
SPD 90/Grüne
75,2 %
47,8
27,6
WGH
FDP
12,3
1,7
10,6
Bürgermeister: Hermann Wessel (CDU)
Besonderheiten und Zeitungssplitter:
Der Stadtrat wird bunter: „Grüne brachten Farbe in den
dunkel gekleideten Rat. Ludwig Zahn (WGH) (…) blickte
auf die Uhr. Es war genau 16.55 Uhr, als die neue
Fraktion ‚Die Grünen‘ mit Sonnenblumen in der Hand
den längst gefüllten Rathaussaal betreten: Bunt und
leger gekleidet suchten die drei ‚grünen Frauen und
zwei Männer‘ ihren Platz zwischen den in feierlich
schwarz gekleideten Mitgliedern des Rates.“
Kuriose Ratssitzung: „Jürgen Huth (Grüne) sorgte zu
13
Halterner Zeitung am 2.10.1979
38
Beginn der Sitzung für einen Paukenschlag, als er
forderte, das Rauchen im Sitzungssaal zu unterlassen.
Die Hinweise auf die Geschäftsordnung fruchteten
nicht, denn Huth meinte, es handele sich um ein
Grundrecht, dazu brauche man keinen Antrag zu
stellen‘. Die allgemeine Erregung löste sich auf, als
Günther Ufermann (SPD) salomonisch den Vorschlag
machte, ‚alle sollten nicht rauchen‘. Darüber soll man
sich einigen. Da gingen die meisten Glimmstängel aus.
Doch einige glühten munter weiter.“ 14
1989
Wahlbeteiligung
CDU
75,5 %
41,9
SPD
Bündnis
90/Grüne
WGH
29,3
10,2
18,5
Bürgermeister: Hermann Wessel (CDU)
Besonderheiten und Zeitungssplitter:
Interesse an Senioren- und Jugendpolitik: „Halterner
Parteien wenden sich dem Interesse an Senioren zu.
Die Arbeit nicht nur auf Fürsorge beschränken. Die
Parteien haben die Zeichen der Zeit erkannt:
Generation des dritten Lebensabschnittes ist
anspruchsvoller geworden. Sie gibt sich mit bloßer
Betreuung nicht mehr zufrieden. Dieser Aufforderung
stellen sich CDU, SPD, WGH und Grüne
14
Halterner Zeitung am 19.10.1984
39
gleichermaßen. Bleibt zu hoffen, dass die Parteien
formulierte Absichten unabhängig vom Ausgang der
Kommunalwahlen in die Tat umsetzen. Engagement
von politischer Seite allein jedoch genügt nicht. Die
bestehenden Gemeinschaften müssen umdenken, und
auch die neuen Alten sollten sich verpflichtet fühlen,
neue Impulse zu geben. Die Einrichtung eines
Seniorenbeirats könnte Kräfte wecken.“ 15
„Junge Union lädt ein: Politiker stellen sich den
Jugendlichen. Zu einer Polit-Talkshow für Jugendliche
lädt der Stadtverband der Jungen Union ein (Old
Daddy). … Vor allem sollen die Themen Jugend,
Jugendfreizeitmöglichkeiten,
Jugendarbeitslosigkeit,
Jugend und Politik (warum haben so viele Jugendliche
keinen Bock auf Politik?) zur Sprache kommen.16
Ein Forum mit Vertretern aller Ratsparteien zeigt
gelebte Demokratie. „Bürger konnten die Vertreter der
Ratsparteien zu ihren Vorstellungen zu aktuellen
Problemen der Kommunalpolitik befragen. Eingeladen
hatte das Evangelische Sozialseminar. Herbert Tykwer
(WGH), Gottfried Lemloh (CDU), Annette Fleuster
(Grüne) und Erwin Kirschenbaum (SPD) stellten ihre
Parteiprogramme vor.
Verkehr und Verkehrsberuhigung waren die Stichworte,
um die es sich in der anschließenden Diskussion
drehte.17
„Bürgermeister Wessel fordert Jugend auf, Politik aktiv
15
Halterner Zeitung am 16.9.1989
Halterner Zeitung am 18.9.1989
17
Halterner Zeitung am 25.9.1989
16
40
mitzugestalten. Junge Union hatte Politiker ins Old
Daddy eingeladen. (…) Anwesend waren Hermann
Wessel, der Vorsitzende des Jugendwohlfahrtsausschusses Peter Bücker und der Kreistagsabgeordnete Paul Chruscz. Wessel betonte, nur der
könne mitbestimmen, der Politik mache. Viele junge
Menschen ließen sich von der Langatmigkeit politischer
Entscheidungen abschrecken und verließen nach ihrem
Abitur Haltern. Er forderte die Jugendlichen auf,
frühzeitig aktiv zu werden, egal in welcher Partei. Zum
Thema „rechtsradikale Tendenzen in Deutschland,
verstärkt
durch die
überwiegend polemische
Argumentation der Republikaner im Wahlkreis“ waren
alle der Meinung, dass die Linie dieser Partei strikt
abzulehnen wäre (…).18
Wahlbeteiligung
CDU
1994
Bündnis
SPD 90/Grüne
86.0 %
44,0
35,3
10,8
WGH
FDP
7,2
2,7
Bürgermeister: Erwin Kirschenbaum (SPD)
Besonderheiten und Zeitungssplitter:
Ein SPD-Kandidat den Bürgermeisterposten. Auch fällt
die Entscheidung zugunsten eines hauptamtlichen
Bürgermeisters. Ab 1.6.1996 ist Erwin Kirschenbaum
hauptamtlicher Bürgermeister der Stadt Haltern.
18
Halterner Zeitung am 27.9.1989
41
1999
Wahlbeteiligung
CDU
SPD
66,0 %
54,6
31,9
Bündnis
90/Grüne WGH
7,3
4,4
FDP
1,7
Bürgermeister: Josef Schmergal (CDU)
Besonderheiten und Zeitungssplitter:
„CDU für mehr Bürgerrechte: Der CDU-Landtagsabgeordnete Jürgen Hovenjürgen will sich mit seiner
Fraktion für den Abbau von formalen Hürden im Land
bei Bürgerbegehren und -entscheiden einsetzen.“ 19
Mit Ursula Kelders (CDU) wird erstmals eine Frau als
erste stellvertretende Bürgermeisterin gewählt.
Wahlbeteiligung
CDU
2004
Bündnis
SPD 90/Grüne
63,8 %
45,4
23,7
12,3
WGH
FDP
15,7
3,0
Bürgermeister: Bodo Klimpel (CDU)
Besonderheiten und Zeitungssplitter:
Im Wahlkampf 2014 steht das Thema Jugend im
19
Halterner Zeitung am 21.9.1999
42
Vordergrund. „Politik, die machen andere. Auch unter
Halterner Erstwählern scheint diese Ansicht verbreitet.
Nur wenige Jugendliche fühlen sich kurz vor der
Kommunalwahl am 26.9. von den Wahlplakaten und
Werbeaktionen der ansässigen Parteien angesprochen.
Kommunalpolitik und Wahlhergang sind für sie zudem
nicht selten ein ‚Buch mit sieben Siegeln‘.
Das soll sich ändern. Eine ‚Jugendinitiative für Haltern‘,
neun Erstwähler zwischen 16 und 18 Jahren, will
aufklären und Politikverdrossenheit entgegenwirken.
Und sie will sich für ein Jugendparlament einsetzen.
Treffen finden regelmäßig statt. Themen sind zum
Beispiel Mobilität, Freizeit, Rechtsradikalismus,
Sicherheit, Drogen oder auch Schule. Neben der
Formulierung eigener Ziele haben sie einen Flyer mit
der Losung „Du hast eine Meinung – gehe
wählen“ entworfen, der die Erstwähler zur Wahl aufrufen
und informieren soll.
Was sind die Aufgaben des Bürgermeisters oder des
Stadtrates. Die Antworten haben die Jugendlichen
gemeinsam mit Stefan Danigel, Mitinitiator der
Jugendinitiative, erarbeitet. Sie initiierten auch eine
„Probewahl“ in Halterner Schulen, befragten die
Parteien zu Themen, die sie bewegten. (…) 20
„Jugendinitiative macht die Politik nervös: .Die
‚Jugendinitiative für Haltern‘ ist gefragt. Noch vor
Wochen waren die Jungwähler gedanklich in der
Defensive. Keine Ahnung vom Wahlrecht, wenig
Interesse an der Kommunalwahl, geschweige denn am
20
Halterner Zeitung am 18.09.2004
43
Gang zur Wahlurne. Das wollen sie ändern. CDUBürgermeister-Kandidat
Bodo
Klimpel
habe
versprochen, eine Initiative gegen Politikverdrossenheit zu gründen. In der Jugendinitiative sieht sich
Stefan Danigel (30) als Moderator. Er biete den
Jugendlichen den Organisationsrahmen für ihren
Einsatz. ‚Die Jugendlichen legen eine unheimliche
Initiative an den Tag, und die will ich unterstützen.‘ (…)
Dass die Initiative vor der Kommunalwahl Wellen
schlage, habe er an unterschiedlichen Reaktionen
festgestellt. So sagte ihm ein Kommunalpolitiker: ‚Was
die Jugendlichen machen, passt nicht ins Konzept.‘“ 21
Erstmals tritt ein PDS-Kandidat aus Haltern am See bei
Landtags- und Kreistagswahl an. 22
„Die Nichtwähler waren die stärkste ‚Partei‘ in Haltern.
Von 30.752 Wahlberechtigten gingen nur 19.595 zur
Wahl. 11.137 blieben den Wahlurnen fern. (…)“ 375
Wahlzettel (fast 2 %) wurden durch einen schriftlichen
Zusatz ungültig gemacht.23
2009
Wahlbeteiligung
CDU
SPD
Bündnis
90/
Grüne
WGH
FDP
Linke
62,1 %
44,7
17,8
15,4
14,5
4,7
2,9
21
Halterner Zeitung vom 18.9.2004
Information aus der Halterner Zeitung am 24.9.2004
23
Halterner Zeitung am 2.10.2004
22
44
Bürgermeister: Bodo Klimpel (CDU)
Besonderheiten und Zeitungssplitter:
„Trotz Erdbeere ein bitterer Nachgeschmack. Kandidat
mit Kondomen auf Tour. Harte Zeiten für den SPDKandidaten Harry Meyer: Erst vermieste ihm
ausgerechnet Christoph Metzelder seine politischen
Kommentare in der Internetgemeinde Facebook, und
jetzt tappt er auch noch bei Straßen- oder besser gesagt
Kneipenwahl ins Fettnäpfchen. Zusammen mit einem
Mitglied der Jusos zog er an einem Augustwochenende
abends durch die Halterner Gaststätten, um für sich und
die SPD zu werben.
‚Harry
Meyer
verschenkte
Kondome,
Marke
‚Condomi‘ mit Erdbeergeschmack. Dazu gab es einen
roten Flyer ‚Lieber Rot wählen als Rot werden‘ vom
Juso-Stadtverband mit Fragen und Informationen zu
Aids und HIV: Wie wahrscheinlich ist es, dass Du Dich
in Haltern mit HIV infizierst? Wie viele Menschen wären
in Haltern mit Aids infiziert, wenn Haltern in Afrika liegen
würde. Zwar unkten Jugendliche, dass die Kondome
doch wohl nicht dazu ermuntern sollten, am Wahltag im
Bett zu bleiben, doch ein gewisses rebellisches Image
sei dem Kandidaten nicht abzuerkennen. Ja, wenn das
Verfallsdatum auf den kleinen roten Tütchen nicht um
vier Monate überschritten gewesen wäre.
Das Wahlmaterial bekomme er von der Parteizentrale
zur Verfügung gestellt, so der Bürgermeisterkandidat
lapidar auf die Frage der Jugendlichen nach den
abgelaufenen Kondomen. Wie heißt es doch in dem
45
Juso-Flyer: ‚Nicht kneifen, rot werden.‘“ 24
Bodo Klimpel, alter und neuer Bürgermeister: „(…) Fast
75 % der Stimmen – das ist ein Ergebnis, das auch dem
politischen Gegner Respekt und Beifall abverlangt. (…)
Klimpel begann seine kleine Ansprache mit einem Zitat
seiner Mutter: Selbstbewusst verlieren, in Demut
gewinnen.“ 25
Die Stimme der Jugend: „Ich will politische
Entscheidungen beeinflussen und damit über die
Zukunft meines Landes mitbestimmen.“ Das ist eine der
Antworten, die die Halterner Zeitung während der
Umfrage bekommen hat. So eine Antwort von einem
Erstwähler hat wohl niemand erwartet, der etwas von
der
viel
zitierten
„Politikverdrossenheit“
und
Jugendlichen gehört hat. (…) Die Umfrage unter
Schülern der Jahrgangsstufe 13 am Joseph-KönigGymnasium ergab, dass den Schülern Politik alles
andere als egal ist. Von 15 befragten Schülern wollen
14 an der Bundestagswahl teilnehmen.
Die häufigsten Gründe für die Wahlteilnahme waren,
dass durch das Nichtwählen nur die radikalen Parteien
unterstützt würden, und dass man aktiv Einfluss
nehmen will auf die Zukunft des Landes.“ 26
24
Halterner Zeitung am 25.8.2009
Halterner Zeitung am 31. 8.2009
26
Halterner Zeitung am 24.9.2009
25
46
2014 bis heute
Wahlbeteiligung
CDU
60,1 %
39,5
SPD
Bündnis 90/
Grüne
WGH
FDP
UBP
29,3
15,2
9,1
3,9
3,1
Bürgermeister: Bodo Klimpel (CDU)
Besonderheiten und Zeitungssplitter:
Bodo Klimpel bleibt Bürgermeister. Aber: SPDKandidatin Beate Pliete: „Wir haben den Bürgermeister
ins Schwitzen gebracht.“ 27
27
Halterner Zeitung am 26.5.2014
47
Fragebogenaktion
Wie sehen die Halterner die heutige politische
Konstellation? Wie zufrieden oder unzufrieden sind sie?
Dabei war es uns wichtig, das Wahlverhalten der Bürger
zu analysieren.
Um einen möglichst repräsentativen Überblick zur
Situation zu erhalten, haben wir einen Fragebogen
entwickelt, Interviews durchgeführt und öffentliche
Diskussionen geführt. Wir stellten das Projekt in den
weiterführenden Schulen, Parteien/ Fraktionen,
Vereinen, persönlich, über das Internet und die
Halterner Medienlandschaft vor. Wir besuchten
Schulklassen (ab 15 Jahren), kirchliche und weltliche
Vereine, diskutierten mit Jung und Alt, informierten
Menschen auf der Straße.
Redaktionsschluss für das Buch war Ende November.
Bis dahin werteten wir mehr als 500 Fragebögen aus.
Abgegeben wurden die Bögen in den Halterner Apotheken, der Sparkasse, der Volksbank und bei der Halterner Zeitung.
Großen Erfolg hatten wir bei unseren Aktionstagen am
20. September und 7. Oktober auf dem Markt. Diese
nutzten die Halterner Bürger sehr rege für Gespräche
zum Demokratiegedanken.
48
49
Wichtig war es uns, die jungen Menschen in die Diskussionen miteinzubeziehen. Schulleiter und Fachlehrer
des Joseph-König-Gymnasiums, der Joseph-Hennewig-Schule und der Alexander-Lebenstein-Realschule ermöglichten uns die direkte Ansprache der
Schüler der Sekundarstufen I und II.
Wer hat an der Fragebogenaktion teilgenommen?
Zunächst einmal in Kürze: junge Leute ab 15, ältere Mitbürger bis 90, Männer und Frauen, in und ohne Arbeit,
mit und ohne Parteibuch.
Wichtig erschien uns für die spätere Analyse zu unterscheiden nach
 Altersgruppen
50







Berufsgruppen
Parteimitgliedschaft
politischem Interesse
Kenntnissen in und über Halterns Kommunalpolitik und ihrer Vertreter
Lokalpolitik im Fokus (siehe Seite 68)
Wünschen und Anregungen (siehe Seite 55)
Wahlverhalten (siehe Seite 89).
Altersgruppen
300
255
250
200
150
116
100
42
50
62
25
1
0
15-20
Jahre
21-40
Jahre
41-60
Jahre
61-80
Jahre
über 80 keine
Jahre Angabe
Altersgruppen: 501 Halterner haben unseren Fragebogen ausgefüllt zurückgegeben. Die größte Gruppe bilden die 255 Jugendlichen und jungen Erwachsenen (51
Prozent) im Alter von 15 bis 20 Jahren. Es folgen die 61bis 80-Jährigen mit 23 Prozent (115 Befragte). 12 Prozent, das sind 62 Teilnehmer, sind zwischen 41 und 60
Jahre alt, 8 Prozent (42) 21 bis 40 Jahre. 25 Halterner
51
(5 Prozent) sind 81 Jahre und älter. Eine Person gab ihr
Alter nicht an.
Geschlecht: Männer und Frauen halten sich die
Waage: 51 Prozent Männer, 48 Prozent Frauen, 1 Prozent machte keine Angabe.
Berufsgruppen: Parallel zu den Altersangaben bilden
die 256 Schüler und Studenten (51 Prozent) und die 133
Rentner/Pensionäre (27 Prozent) die stärksten Gruppen. Eine Person machte keine Angaben. Neben 13 Arbeitsuchenden (3 Prozent) beteiligten sich 98 (20 Prozent) Halterner „in Arbeit“ an der Fragebogenaktion.
Parteim itglied
600
501
500
400
300
249
176
200
100
76
0
Mitglied
kein Mitglied
keine Antw ort
Gesamt
Parteimitglied: Bei unserer Umfrage gaben 76 Personen (15 Prozent) an, Mitglied einer Partei zu sein. Während 249 (50 Prozent) ohne Parteibuch sind, machten
52
176 Teilnehmer (35 Prozent) keine Angaben. 30 Parteimitglieder sind 61 bis 80 Jahre alt, 22 kommen aus der
Gruppe der 21- bis 40-Jährigen, je fünf Personen sind
bis 20 bzw. über 80 Jahre alt. Bei den 41- bis 60-Jährigen wirken 14 aktiv in einer Partei mit.
Parteienlandschaft bekannt
300
250
241
191
200
150
100
69
50
0
gut
schlecht
ohne Angabe
Wir wollten auch wissen, wer sich in der Halterner Parteienlandschaft auskennt, wer schon mal Kontakt zu
Ratsmitgliedern hatte, und wer sich über die Rats- und
Ausschussarbeit in und für Haltern interessiert.
Fast die Hälfte der Befragten (241, 48 Prozent) fühlt sich
in der Parteienlandschaft zuhause, 191 (35 Prozent) sagen „nein“, während 69 (14 Prozent) die Frage gar nicht
beantworteten. Ähnlich fallen die Antworten zu „Ich
53
kenne einige Ratsmitglieder“ aus: 313 (62 Prozent) sagen ja und 144 (29 Prozent) nein, 44 (9 Prozent) machten keine Angabe.
Nicht einmal die Hälfte der Befragten interessieren sich
für die Rats- und Ausschussarbeit: Nur 26 Prozent
(132 der Befragten) machen sich mit den Ergebnissen
der politischen Gremien vertraut, 211 (42 Prozent) kümmert es gar nicht, während 80 Personen zumindest informieren, wenn sie selbst von Entscheidungen des Rates oder der Ausschüsse betroffen sind. 78 machten
hierzu keine Angabe.
Rats-Ausschussarbeit
250
211
200
150
132
100
80
78
nur , wenn es mich bet r if f t
keine Angabe
50
0
inf or mier e mich
inf or mier e mich nicht
Politikinteresse: Politisch interessiert zeigen sich 383
(76 Prozent) der 501 Befragten, während nur 75 von
ihnen ein Parteibuch besitzen. 93 (19 Prozent) gaben
54
an, kein Interesse (mehr) an Politik zu haben. 25 (5 Prozent) beantworteten die Frage erst gar nicht.
Was interessiert den Halterner? Blickt er über den geographischen Tellerrand, oder kümmert sich lieber um
seine kleine Welt? Inwieweit weckt das politische Geschehen weltweit, Europa, Deutschland oder NRW betreffend das Interesse des Halterners? Hier waren
Mehrfachnennungen möglich. Der Halterner will an erster Stelle wissen, was in seinem nahen Umfeld geschieht: 417 Nennungen. Je 378 Personen interessieren sich für die Politik in Europa und Deutschland, 346
sind auch NRW-Themen wichtig, 317 sind ebenfalls offen, für alles, was weltweit Konsequenzen
Bürgerbeteiligung
400
363
350
300
250
200
150
117
100
50
21
0
mehr Bürgerbeteiligung erwünscht
kann so bleiben
keine Angaben
Bürgerbeteiligung ist offensichtlich ein zweischneidiges Messer. Sie sei nicht unbedingt nur gut, sie könne
55
auch viel kaputt machen. 21 (4%) wollen keine Veränderungen, „kann so bleiben“. Während 363 Teilnehmer
der Fragebogenaktion diese Frage gar nicht berücksichtigt haben, wünschen sich 117 Halterner (23%), vor allem bei großen Projekten/Baumaßnahmen mitentscheiden zu dürfen.
„Unter Experten ist ein Bürgerentscheid ohnehin umstritten. Denn schon 20 % Bürgerstimmen reichen aus,
um ein Projekt zu kippen“, erläuterte Thomas Gerlach
(Bürgermeisterbüro) auf Anfrage der Halterner Zeitung
im Juni 2014. Da ging es um einen Bürgerentscheid
zum Thema „Regionale 2016“. Die Durchführung sei in
jedem Fall teuer. 25.000 Euro hat er ausgerechnet:
Denn jeder Bürger ab 16 Jahren muss angeschrieben
werden“.
56
Senioren
Politisch weise oder bereits verwaist?
Spätestens, seitdem der demografische Wandel durch
die Wissenschaft publiziert wurde, wissen wir, dass
Wirtschaft und Politik sich auf das neue Phänomen einstellen müssten. Müssten! Tun sie es auch? Unsere
Auswertungen haben zumindest ergeben, dass die
Menschen in Haltern sich eine „seniorengerechtere“ Politik wünschen, die darüber hinaus idealerweise eine
„generationenübergreifende“ sein sollte.
Hier ein Blick auf die ‚Altersentwicklung‘ unserer Halterner Bürger bis 2040:
Altersentwicklung 2016 bis 2040
Haltern am See
60
50
40
30
20
10
0
2016
2040
60+ weiblich
26,2
41,8
60+ männlich
30,2
48,3
60+ gesamt
28,3
45,2
Betrachtet man die ältere Generation (60 Jahre +), sieht
man eine Steigerung von 63 Prozent innerhalb von
57
knapp 20 Jahren. Würde man die für Haltern geltende
Zuzugspraxis von jungen Familien neutralisieren, kämen wir fast auf eine Verdoppelung der Zahlen.
Bei unseren umfangreichen Zeitungsrecherchen zu den
einzelnen Wahlzeiträumen verdichtete sich unser Gefühl, dass Senioren zumindest in den vergangenen Jahren (Ausnahme 1989, siehe unten im Text), nicht unbedingt im politischen Fokus der Parteien standen. Wahlversprechen gab es dagegen häufiger zum Thema Jugendpolitik.
Oft wurde und wird – leider immer noch – Seniorenpolitik als „Fürsorge für Alte“ gesehen. Selbstverständlich
vermehren sich mit dem Älterwerden gesundheitliche
Probleme, von körperlichen Gebrechen bis zu Demenzerkrankungen. Aber darüber darf man nicht die
„jungen Alten“, die immer noch aktiven Senioren, vergessen. Deren Erfahrungen und „neu entdeckter Forschergeist“ gilt es, aufzunehmen und zu nutzen. Bereits
in den 90ern wurden die Politiker hellhörig und erweiterten ihre Programme entsprechend (Beispiel: Halterner
Zeitung, 16. September 1989):
„Halterner Parteien wenden sich den Interessen der
Senioren zu: Nicht auf Fürsorge beschränken.
Die Parteien haben die Zeichen der Zeit erkannt: Die
Generation des dritten Lebensabschnittes ist anspruchsvoller geworden. Sie gibt sich mit bloßer Betreuung nicht mehr zufrieden. Dieser Aufforderung stellen
sich CDU, SPD, WGH und Grüne gleichermaßen. Bleibt
zu hoffen, dass die Parteien ihre Absichten unabhängig
58
vom Ausgang der Kommunalwahlen28 in die Tat umsetzen. Engagement von politischer Seite allein jedoch
nützt nicht. Die bestehenden Gemeinschaften müssen
ebenso umdenken, und auch die „neuen Alten“ sollten
sich verpflichtet fühlen, neue Impulse zu geben. Die Einrichtung eines Seniorenbeirats29 könnte Kräfte wecken.“
Vorstand des SBR (v.l.) Marlies
Stevermür, Sigrid Geipel, Otto Rohde.
Siehe Kritik: „Politiker kümmern sich nur zur Wahlzeit um die
Bürger.“
29
Der Seniorenbeirat der Stadt Haltern am See wurde im Mai 1992
gegründet und kümmert sich seitdem überparteilich um die Belange der älter werdenden Menschen.
28
59
Der Seniorenberat (SBR) besteht zurzeit aus zwölf
stimmberechtigten Seniorinnen und Senioren und einem Vertreter, die per Urwahl von den Bürgerinnen und
Bürgern der Stadt Haltern am See (ab 60) im November
2014 für die Dauer der kommunalen Legislaturperiode
(2020) gewählt wurden. Er nimmt unter Berücksichtigung der generationenübergreifenden Aspekte die besonderen Belange und Interessen der älteren Menschen in Haltern am See wahr.
Der SBR berät darüber hinaus die Stadt Haltern am
See, den Rat und vier seiner Ausschüsse in seniorenrelevanten Fragen und gibt Anregungen, die das Lebensinteresse der älteren Bevölkerung betreffen. In den Ausschüssen ist er nicht stimmberechtigt.
Dass aber die Vertretung von älteren Menschen in den
Gemeinden nicht genügend durch die Politik – so auch
nicht durch die „älteren Abgeordneten“ – sichergestellt
wird, fokussiert die Landesseniorenvertretung (LSV)
NRW seit langem30. Der stellvertretende Vorsitzende
der LSV, Jürgen Jentsch, bezweifelt, dass die oft zitierten ‚lebenserfahrenen‘ Politiker sich um die spezifischen
Probleme der älter werdenden Menschen kümmern: „Ist
es nicht eigentlich so, dass man eher bemüht ist, sich
vom Alter abzugrenzen?“31 Die LSV und alle ihre angeschlossenen Seniorenbeiräte legen daher bei der Landesregierung und bei den Gemeinden den Finger in die
Wunden fehlender Seniorenpolitik.
30
Pressemitteilung der LSV vom 15.6.2016 (nachzulesen unter
www.lsv-nrw.de).
31
Wie unter 5; eine Aussage, die wir Autoren oft in Interviews mit
‚jungen Alten‘ (60 +) hörten.
60
Seniorenarbeit kann aber auch andere Plattformen nutzen: Seniorenvereine wie die Senioren Union der CDU,
die SPD-nahestehende AWO-Gruppe 55+ sowie kirchliche und caritative Organisationen bieten neben Freizeitangeboten auch eine Plattform für Diskussionen gesellschaftspolitischer Themen (zum Beispiel durch
Fachreferate).
Hervorzuheben sind in Haltern am See die Aktivitäten
der kfd (Katholische Frauengemeinschaft Deutschland),
die einen enormen Zulauf zu verzeichnen hat. Sie bietet
den Frauen ein vielfältiges Programm und setzt sich für
alle Frauen relevanten Themen ein (Kinder, Familie, Elterngeld, Senioren, Pflege, Rente, …).32
32
Siehe auch unter „Frauenpolitik“
61
Die Jugend
Null-Bock-Stimmung oder politische Zukunft?
Demokratie wird nach der Familie im Kindergarten und
in der Schule weitergeführt. Gruppen- oder Klassensprecher werden gewählt, Schulsprecher und Elternpflegschaft übernehmen Mitverantwortung bei schulischen Entscheidungen.
Schüler füllen den Fragebogen aus.
„Kommunale Jugendpolitik“ wird häufig durch die Verpflichtung, ein Jugendamt (oft angebunden ans Sozialamt) und einen städtischen Jugendausschuss, vorweisen zu können, definiert. Jugendarbeit wird dabei aber
gerne den Vereinen überlassen. In beispielsweise kirchlichen Vereinen, BDKJ, Evangelische Jugend, bei der
Jugendfeuerwehr, den Pfadfindern oder in Sportvereinen wird die Jugend an ein Leben im Alltag vorbereitet.
Zuständige Vertreter der Vereine – selten sind es die
62
betroffenen Jugendlichen selber – vertreten die Belange
ihres „Klientel“ in politischen Gremien, wenn diese es
zulassen. In Haltern am See ist der Stadtsportverband
als ständiges Mitglied im Ausschuss für Schule, Sport
und Kultur vertreten. Auch die Halterner Schulen sind
durch ihre Schulleiter vertreten.
Wir haben die Jugendlichen (15 Jahre aufwärts) in unseren Halterner Schulen, Joseph-König-Gymnasium,
Alexander-Lebenstein-Realschule und Joseph-Hennewig-Schule dazu befragt.
Das Thema Jugendpolitik beschäftigt die Kommune
Haltern schon lange. Immer wieder wird der Ruf der Jugendlich nach einem Jugendparlament laut; die Jugendlichen wollen ihre Probleme und Anregungen zu gesellschaftlichen Veränderungen vorbringen und Verantwortung mittragen, wenn es um sie selber geht.
Schüler erörtern den Fragebogen.
63
Das schrieb die Halterner Zeitung in ihrer Ausgabe vom
17.9.2004:
Lobby für Halterner Jugend
Neue Initiative bietet Wahlinfos
Politik, die machen andere. Auch unter Halterner Erstwählern scheint diese Ansicht verbreitet. Nur wenige Jugendliche fühlen sich kurz vor der Kommunalwahl am
26.9. von den Wahlplakaten und Werbeaktionen der ansässigen Parteien angesprochen. Kommunalpolitik und
Wahlhergang sind für sie zudem nicht selten ein „Buch
mit sieben Siegeln“.
Das soll sich ändern, denn seit einigen Wochen gibt es
die „Jugendinitiative für Haltern“. Das sind neun junge
Erstwähler zwischen 16 und 18 Jahren, die sich für die
Belange Jugendlicher einsetzen, aufklären und Politikverdrossenheit entgegenwirken möchten. „Halterner Jugendliche hatten bisher keine Lobby“, erklärt Burkhard
Tornau, Mitbegründer der Initiative. „Wir bilden nun eine
Lobby von der Jugend für die Jugend.“ Sie wollen sich
beispielsweise für ein Jugendparlament für Gleichaltrige
einsetzen.
Die Halterner Zeitung dazu am 18.9.2004:
„Jugendinitiative macht die Politiker nervös. Kritik:
Das passt nicht ins Konzept
(...) Dass die Jugendinitiative vor der Kommunalwahl
Wellen schlägt, hat er an unterschiedlichen Reaktionen
festgestellt. So sagt ihm ein Kommunalpolitiker: „Was
die Jugendlichen machen, passt nicht ins Konzept.“
64
Splitter aus unseren Besuchen der Fraktionen:
Es gab seitens der CDU-Fraktion viele Ansätze, auch
Schüler für Politik im Allgemeinen und für den kommunalen Bereich zu begeistern. Doch: „Es gibt nicht nur
eine Informations-Bringschuld, sondern auch eine Holschuld.“ Bürgermeister Bodo Klimpel berichtete von vielen seiner Besuche in den Schulen. Danach gibt es viele
Fragen der Schüler, die aber „sehr eingeübt wirkten“.33
Fraktionsvorsitzender Franz Schrief und Bodo Klimpel
wiesen darauf hin, dass in der CDU Haltern immer wieder junge Menschen die Mitgliedschaft beantragten. Paradebeispiel sei der junge Stadtverbandsvorsitzende,
Hendrik Griesbach.
Die Junge Union versuche seit vielen Jahren, mit ihren
Aktionen, die Bedürfnisse der jungen Menschen vor Ort
zu befriedigen.
Die SPD-Fraktion unterstreicht zwar die Notwendigkeit,
mit den Jugendlichen in den Schulen ins Gespräch zu
kommen, doch weist sie auch daraufhin, dass es für die
Parteien schwierig bis unmöglich sei, dieses Vorhaben
33
Gespräch in der Fraktionssitzung der CDU am 24.10.2016
65
umzusetzen. Beate Pliete: „Wir scheitern daran, dass
die Schulen auf ihrer Neutralitätspflicht zur Parteienpolitik bestehen. Das müssen wir akzeptieren.“ 34
Heinrich Wiengarten, selbst pensionierter Lehrer, weiß
aus Erfahrung, dass sich Jugendliche und vor allem
Schüler selbst einbringen sollten. Oft seien ihnen aber
„andere Interessen“ wichtiger.
Noch im November solle sich die Jugendorganisation
Jusos neu gründen und das Programm parteiübergreifend gestaltet werden.
Die Grünen betonen, dass sie verhältnismäßig viele
junge Mitglieder in ihren Reihen haben. Außerdem
seien es „Junge Grüne“ gewesen, die in der Vergangenheit die Idee des Jugendparlamentes erneut angestoßen hätten. Daraus hat sich die „AG 78“ entwickelt.
Gerne würden die Grünen der Anfrage der Schüler nach
einem stärkeren Dialog zwischen Schule und Politik folgen. Sie sehen ebenso wie alle anderen Fraktionen das
Problem bei den Schulleitern, die ihrer Neutralitätspflicht nachkommen müssten. Eine Lösung sehen sie in
34
Gespräch in der Fraktionssitzung der SPD am 17.10.2016
66
der Einladung an alle Parteien zu einer Podiumsdiskussion oder ähnlichem.
Die Wählergemeinschaft befürwortet die Einrichtung eines Jugendgremiums analog zum Seniorenbeirat. Allerdings müsse man die jungen Menschen zumindest anfangs „an die Hand nehmen“.
Jugendpolitik steht auch bei der Halterner FDP im Fokus ihrer Politik. Sie bedauert, dass man nicht mit Schülern im Unterricht ins Gespräch kommen kann bzw. darf
(Neutralitätspflicht der Schulen Parteien gegenüber).
Die Fraktionsmitglieder halten es für sinnvoll, im Politikoder Geschichtsunterricht die im Stadtrat vertretenen
Parteien zu interviewen.
Was die direkte Jugendarbeit angeht, so verweist man
auf die „intensive Zusammenarbeit mit den Jung-Liberalen im Kreis Recklinghausen“.35
35
Gespräch in der Fraktionssitzung der FDP am 28.10.2106
67
Kritisches zu Haltern
Wie sehen die Bürger ihre Heimatstadt?
Sehr zufrieden zeigt sich die Mehrheit der Befragten mit
Halterns Lokalpolitik. Auch das Bild von der Demokratie
in Haltern ist grundsätzlich positiv. Wird sie denn in Haltern großgeschrieben? Ja, das meinen 263 der Befragten (52%), „teils-teils“ sagen 45 Personen (9%). 122
(24%) machten keine Angabe, während sich 71 Menschen (14%) mehr Demokratie wünschen.
Demokratie groß geschrieben
300
263
250
200
150
122
100
71
45
50
0
groß geschrieben
zu wenig Demokratie
teils, teils
keine Angabe
Außerdem können wir festhalten, dass das, was die einen in den höchsten Tönen loben (beispielsweise Stadtmühlenbucht) von anderen verbal zerrissen wird. Zu
einzelnen Punkten gibt es wiederholt kritische Anmer-
68
kungen (oft im Bereich der Halterner Bautechnik). Einige Bürger fühlen sich von der Verwaltung bevormundet, klagen über fehlende Transparenz bzw. mangelnde
Informationen zu den Vorhaben.
Zufriedenheit
keine
Angabe
32%
gut
47%
teils-teils
13%
schlecht
8%
Gleichzeitig zeigt sich ein starkes Desinteresse an der
heimischen Parteienlandschaft, Ausschussarbeit und
an den Ratsmitgliedern. Das steht im Gegensatz zur Zufriedenheit mit der Lokalpolitik. Die überwiegende Mehrheit, das sind 235 der Befragten (47% beurteilen diese
mit „gut“. „Teils-teils“ sagen weitere 66 Halterner (13 %.
Nur 42 Personen geben ein schlechtes Urteil über die
Lokalpolitik ab. 158 (32%) beantworteten die Frage
nicht. Eine Zusammenfassung von Lob, Tadel und Anregungen ist nachzulesen auf Seite 68. Bürgermeister
Bodo Klimpel ist ein häufig angegebener Grund für dieses positive Ergebnis. Gelobt werden vor allem seine
Präsenz und Menschennähe, Sparsamkeit und sein Engagement.
69
Zusammenfassung der Bürgermeinungen
Positiv:
Bürgermeister: Viele Bürger sind insbesondere mit der
Arbeit von Bürgermeister Bodo Klimpel einverstanden.
Ihm werden Kompetenz, die notwendige Sparsamkeit
und ein fleißiger Arbeitsstil bescheinigt.
Auch seine Präsenz bei vielen öffentlichen Veranstaltungen, seine Bürgernähe wird gelobt. Sehr gut kommen auch die Bürgermeister-Sprechstunden bei den
Befragten an.
Bürgerbeteiligung: Entgegen vieler kritischer Meinungen zu Bürgerbeteiligungen gibt es unter den Befragten
viele Menschen, die die Politik in Haltern als sehr bürgernah empfinden. Sie fühlen sich in vielen städtischen
Objekten eingebunden. Die Belange der Bürger werden
berücksichtigt. Dass es im Rat zu kontroversen Meinungen kommt, letztlich aber eine demokratische Entscheidung fällt, begrüßen einige der Befragten.
Soziale Stadt: Das soziale Engagement von Bürgermeister und Politikern aller Fraktionen, insbesondere
die Flüchtlingsarbeit betreffend, wird positiv gewertet.
Man fühlt sich wohl in Haltern.
Miteinander von Politik und Verwaltung: Viele Bürger
sehen vor allem durch Bürgermeister Bodo Klimpel eine
positive Verflechtung von Politik und Verwaltung als gegeben. Es herrscht dadurch eine Vertrauensstimmung,
die es nicht immer im Halterner Stadtparlament gab.
70
Hier werden erneut die Themen Flüchtlings- und Baupolitik fokussiert.
Finanzsektor: Trotz Haushaltssicherungsgesetz schafft
es Haltern, Flüchtlinge zu integrieren, Tourismus und öffentlich Veranstaltungen nicht aufzugeben. Unsere Befragungen ergaben, dass viele Bürger Verständnis haben für städtische Sparmaßnahmen.
Baumaßnahmen: Trotz der Bedenken vieler Bürger, gibt
es einige positive Beispiele für notwendige Baumaßnahmen
in
Haltern; lobend erwähnt
werden der
„See schlägt
Wellen“ und
der Ausbau
der Radtouristik.
Die
Steigerung
der Attraktivität der Halterner Innenstadt wird besonders positiv hervorgehoben.
Haltern ist demokratisch: Der Rat der Stadt Haltern ist
ein Spiegel der Demokratie, Themen werden kontrovers
aber fair in den Ausschüssen besprochen und zur Entscheidung im Rat vorbereitet. Die Gruppierungen im Rat
sorgen für eine differenzierte Interessenvertretung und
eine starke Opposition. Bürgerversammlungen und
Bürgermeister-Sprechstunden bezeugen ebenfalls den
71
Demokratiegedanken Halterns. Die Bürger empfinden
die Politik als transparent.
Zusammenfassung: Als besonders positiv wird
parteiübergreifend die Arbeit von Bürgermeister Bodo Klimpel herausgehoben. Gute Noten
gab es ebenfalls für die Zusammenarbeit von
Politik und Verwaltung. Viele Menschen fühlen
sich durch gute Informationspolitik genügend
an Entscheidungen beteiligt. Danach wird in
Haltern die Demokratie hochgehalten.
Kritische Anmerkungen:
Vernachlässigung der Dörfer: Einige Bürger bemängeln, dass sich die „führenden Köpfe“ nur um die Stadtmitte kümmern und darüber die Dörfer vergäßen. Die
Infrastruktur der Außenbereiche ginge verloren.
Jugendpolitik: Es wird zu wenig für die Jugendlichen getan (Kritik kommt nicht selten von älteren Bürgern).
Seniorenpolitik: Es wird zu wenig für die älteren Menschen in Haltern getan (Kritik kommt hier nicht selten
von jungen Bürgern). Es mangelt an sozialen Wohnungen. Altengerechte Wohnungen meist für sozial schwächere Menschen sind nicht bezahlbar.
Baupolitik: Leider hört man insbesondere hier deftige
Worte wie „Klüngel- und Vetternwirtschaft“. Nach einer
Restrukturierung des Baubereiches erwarten viele eine
72
Verbesserung der Außenwirkung nach dem Motto
„neue Besen kehren gut“. Vielfach werden eine „Geldund Ressourcen-Verschwendung“ deklariert mit Hinweisen auf die Stadtmühlenbucht oder der „See schlägt
Wellen“, man gäbe „Unsummen für Tourismus aus, aber
nichts für die Bürger
Bauplan Stadtmühlenbucht (Quelle: Halterner Zeitung
Häufig werden die mangelnde Schulrenovierung und
der fehlende soziale Wohnungsbau kritisiert.
Klüngelwirtschaft: Auch in anderen politischen Bereichen vermuten einige Bürger eine Vettern- und Klüngelwirtschaft, die es zu bekämpfen gelte.
Windräder: Windräder stören einige Bürger.
73
Unkundige Politiker: Einige Befragte halten einige Politiker für fachlich und sozial nicht kompetent. Das machen sie fest an folgenden Beispielen: „Solange sie
nicht selber im Rollstuhl sitzen, wird nichts für Rollstuhlfahrer getan“, die „Abwahl“ des Ersten Beigeordneten
ist bei vielen Bürgern sehr schlecht angekommen (Vetternwirtschaft).
Finanzpolitik: Was für die einen sparsam ist, bedeutet
für die anderen „Abbau von sozialen Leistungen“ (Reduzierung von Kinderspielplätzen und beim Trigon).
„Die Grundsteuer für das eigene Haus ist für eine Witwe,
die nur 60 % Rente bekommt fast nicht aufzubringen.
Greift man da nicht das Privateigentum an und zerstört
es? Die Privatsphäre wird für die Sozialhilfeempfänger
oft als Entschuldigung angeführt. Wie steht es damit bei
uns als Steuer und Abgaben zahlenden Bürgern? Mit
aller Kraft verschönert man den Stausee. Landschaftsschutzgebiete erleben einen Bauboom. Schutzhütten
werden erweitert. Viel Unrat lagert dort. An Wochenenden werden dort Feten gefeiert. Wo ist da mal die Kontrolle? Gemeinderatsmitglieder sollten nach etwa drei
Perioden abgelöst werden. So entsteht bei den Bürgern
auch nicht das Gefühl der Vetternwirtschaft. Neue Besen kehren gut.“36
Häufig genannte Stichworte: unnötige – oft unverständliche - Geldverschwendung, überhöhte Kosten für
36
Zitat aus einem Fragebogen einer Halternerin (Rentnerin, 61 bis
80 Jahre).
74
Stadtmühlenbucht (statt das Geld für Flüchtlinge zu verwenden), die Abwahl von Hans-Josef Boeing und immer
wieder der Hinweis auf die Schuldenpolitik der Verwaltung.
Bürgerinteresse/Bürgerbeteiligung: Junge Menschen
erwägen häufig, Haltern den Rücken zu kehren, da sie
„hier nichts mehr zu erwarten haben“. Sie fühlen sich
nicht ernst genommen. Viele fühlen sich bei anderen politischen Themen ebenfalls nicht gefragt, nicht eingebunden (bei der Bau- und Straßenplanung, Verkehrsführung, in der Finanzpolitik, Angebote für Jung und Alt).
Marode Bauten und Straßen: Dieses Themenfeld wurde
von mehreren Bürgern
separat aufgenommen.
Man bemängelt verschiedene Straßenzustände, renovierungsbedürftige
Schulgebäude, die Gestaltung
der Innenstadt, aber
auch die Entwicklung
der Außenstadtteile.
Tourismus: Zusammenfassend wird die „Geldverschwendung“ (See schlägt Wellen, Stadtmühlenbucht
u.a.) angeklagt. „Haltern wirbt mit Tourismus, dafür
muss man aber auch etwas tun.“
75
Parteienzwang: Viele der von uns Befragten erkennen
bei verschiedenen Entscheidungen einen „Parteibuchzwang“. Danach zählt nicht die „Qualität der politischen
Idee, sondern vielmehr das Parteibuch“. Man glaubt,
dass „früher die Ratsmitglieder mehr Rückgrat gehabt
haben als die heutigen“. Und auch hier kommt der Hinweis auf Boeings Abwahl, die viele Halterner nicht nachvollziehen können.
Zusammenfassung: Bei allen kritischen Themen schwingt bei den Befragten immer ein großes Misstrauen gegenüber der Politik und den
Politikern mit. Man fühlt sich nicht genügend
eingebunden und hält die politischen Entscheidungen für nicht ausgewogen. Das Misstrauen
vieler Bürger geht sogar so weit, dass sie glauben, dass Politiker nicht das Allgemeinwohl im
Auge haben, sondern eher sich und die entsprechende Partei.
***
Wir Autoren erfuhren
in vielen Gesprächen sachliche Kritik
aber auch das ein oder andere Mal Gemecker!
76
Die wesentlichen kritischen Hinweise konnten wir
mit den Fraktionen sehr konstruktiv erörtern. Anschließend stellten wir den im Rat vertretenen Fraktionen sechs Fragen:
Frage 1:
Viele der Befragten kennen weder die Halterner Politiker noch ihre Parteiprogramme. Sie fühlen sich
nicht abgeholt und nicht informiert. Werden Sie dem
entgegenwirken? Wenn ja, wie?
CDU: Grundsätzlich sind Ausschuss- und Ratssitzungen öffentlich. Tagesordnungen, Vorlagen und Protokolle findet man auf der Internetseite unserer Stadt.
Weitere Informationen gibt es auf der CDU-Homepage.
CDU-Fraktionsmitglieder stehen zu Gesprächen zur
Verfügung. Interessierte können als Gäste die CDUFraktionssitzung besuchen und konkrete Anliegen vorbringen.
SPD: Zur Information nutzt die SPD u.a. diese Angebote: Bürgerdialog, Sprechstunden im SPD-Bürgerbüro,
Hausbesuche, Veranstaltungen zu politischen Fragestellungen, offene Fraktionssitzungen, Dämmerschoppen, Karnevalsfrühstück oder Boule. Weitere Infos gibt
es auf Facebook und der SPD-Website.
Grüne: Das entspricht nicht unseren Erfahrungen.
Grüne Politiker werden direkt angesprochen, per Mail oder Telefon kontaktiert, auch über die Fraktionsgeschäftsstelle. Unser Programm steht im Netz, Aktuelles
77
findet sich auf der Homepage und bei Facebook. Fraktionssitzungen sind öffentlich.
FDP: Wir bemühen uns, unser Programm sehr offen zu
kommunizieren, z.B. auf unserer Webseite. Einmal im
Monat gibt es einen offenen FDP-Stammtisch, zudem
wir alle Bürger herzlichst einladen. Wir haben jederzeit
ein offenes Ohr für die Anliegen oder Fragen aus der
Halterner Bevölkerung.
WGH: Die WGH plant ein Angebot, Halterner Bürger/innen mit Interesse an aktuellen Themen zu AusschussSitzungen zu begleiten. Dazu werden wir Ansprechpartner mit Kontaktdaten auf unserer Homepage bekannt
geben.
Frage 2:
Ein Vorwurf an die Lokalpolitiker lautet: „Sie lassen
sich nur vor den Wahlen bei den Wählern sehen.
Und dann gibt es nur leere Versprechungen.“ Den
Wählern fehlt auch Transparenz – zum Beispiel bei
großen Baumaßnahmen. Wie sehen Sie das?
CDU: Die CDU verfügt in jedem Ortsteil über eine
eigene Ortsunion. Große Bauvorhaben werden in
öffentlichen
Sitzungen
diskutiert.
Allein
zur
„Stadtmühlenbucht“ waren das über 20 Termine. Bürger
konnten
im
direkten
Gespräch
mit
den
Fraktionsmitgliedern ihre Meinungen einfließen lassen.
Bürgerversammlungen wurden in der Vergangenheit
gut besucht.
78
SPD: Die SPD ist regelmäßig vor Ort. Gerne nehmen
wir Anregungen der Bürger auf, um unsere Präsenz weiter zu verbessern. Transparenz bei der Umsetzung z. B.
von großen Projekten fördert die Akzeptanz. Seit Jahren
setzt sich die SPD für eine sehr frühe Beteiligung der
Bürger ein.
Grüne: Antwort siehe unter Frage 6
FDP: Naturgemäß ist im Wahlkampf die Präsenz der
Lokalpolitiker höher, doch auch die Bürger sind in dieser
Zeit besonders für politische Themen sensibilisiert. Das
Interesse vieler Bürger nimmt allerdings aber leider ab,
wenn sich die Themen nicht vor der eigenen Haustür
abspielen.
WGH: Die Verwaltung stellt größere Baumaßnahmen in
Bürgergesprächen vor. Zum Thema Lippe-Umbau und
LKW-Verkehr durch Flaesheim hat die WGH an zwei Infoabenden viele betroffene Anwohner erreichen und informieren können. Dabei wurde eine für den Ort optimale Alternativ-Route gefunden.
79
Frage 3:
Viele sehen die jungen Menschen als die
Entscheidungsträger von Morgen. Sie müssten
mehr in den Mittelpunkt gerückt werden. Zum
Beispiel durch einen Jugendbeirat. Hat der reelle
Chancen?
CDU: Interessierte junge Menschen können sich in der
Jungen Union engagieren. In der CDU-Fraktion sind
Mitglieder der JU vertreten. In allen Sitzungen des
Ausschusses für Generationen und Soziales lautet der
2. Tagesordnungspunkt „Anträge und Anfragen junger
Menschen". Diese Chance wird so gut wie nie genutzt.
SPD: Die Teilhabe junger Menschen an demokratischen
Prozessen wird von uns unterstützt. Es ist sinnvoll, alle
Bestrebungen zur Gründung eines Jugendbeirates oder
ähnlichem ideell und finanziell zu fördern, um die
Beteiligung
junger
Menschen
an
politischen
Entscheidungen zu stärken.
Grüne: Es ist wichtig, jungen Menschen die Mitarbeit in
demokratischen Parteien zu erleichtern. Von Jungen
Grünen kam der Vorstoß für ein Jugendparlament; nach
intensiver Diskussion waren die Initiatoren damit
einverstanden, Jugendprojekte zunächst unter dem
Dach der AG 78 durchzuführen.
FDP: Wir befürworten mehr Beteiligung von
Jugendlichen. Genauso wie der Seniorenbeirat die
Interessen der älteren Generationen vertritt, ist aus
unserer Sicht, der Einbezug von Jugendlichen sehr
80
wichtig, um politische Entscheidungen unter Abwägung
aller Interessen treffen zu können.
WGH: Wir schätzen die Mitarbeit junger Menschen in
der Politik. Dabei ist uns wichtig, dass Jugendliche
selbst die Initiative ergreifen und nicht nur von
etablierten Parteien geführt werden. Hilfe zur Selbsthilfe
ist hier gefragt. Nur dann hat ein Jugendbeirat eine
echte Chance.
Frage 4:
Viele Schüler wünschen sich eine Politik-Info in der
Schule. Können Sie sich vorstellen, gemeinsam mit
den Schulleitern ein regelmäßiges Politikforum in
den Schulen einzurichten? Zum Beispiel in Form
einer Podiumsdiskussion mit Vertretern aller im Rat
vertretenen Fraktionen oder eines PolitikProjekttages (Podiumsdiskussion, Infos der
Parteien, Vorstellung des Wahlverfahrens, ...)
CDU: Einladungen in die Schulen, um dort mit den
jungen Menschen themenorientiert zu diskutieren,
würde die CDU-Fraktion sehr begrüßen.
SPD: Ja, unbedingt. Auch Schule hat den Auftrag, zur
politischen Willensbildung unter Wahrung der
Neutralitätspflicht beizutragen.
Grüne: Die genannten Vorschläge begrüßen und
unterstützen wir. Ein regelmäßiges Politikforum in
Kooperation mit Schulen können wir uns gut vorstellen.
81
FDP: Ein Politikforum in den Schulen könnten wir uns
sehr gut vorstellen und würden dieses auch gerne
unterstützen wollen.
WGH: Wir würden gerne bei einer jährlich
stattfindenden
Podiumsdiskussion/einem
PolitikProjekttag in den weiterführenden Schulen mitwirken.
Frage 5:
Kritikpunkte gibt es auch rund um die
Seniorenpolitik. Wo ist der soziale Wohnungsbau?
Barrierefreies Leben in Haltern (Innenstadt/
Fußgängerzone)? Was ist generationsübergreifend
geplant?
CDU: Wir haben die
vollständige
Barrierefreiheit unserer Stadt stets
im Blick. Beim Projekt "der
See
schlägt
Wellen"
wurde die Verbindung
Innenstadt
–
See
optimiert. Der Stausee
kann von Rollstuhlfahrern
umrundet werden. Wir
befürworten
alternative
seniorengerechte Wohnformen wie zum Beispiel „LiNa – Leben in
Nachbarschaft“.
82
SPD: Eine liebenswerte Stadt muss die Belange aller
Menschen in ihrer Stadtentwicklung berücksichtigen. Es
muss ausreichend bezahlbaren Wohnraum geben. Bei
Veränderungen im Bestand müsste es für die
Eigentümer ausreichend Beratungsangebote geben,
um zum Beispiel Barrierefreiheit zu erreichen. Unser
politisches Engagement für einen barrierefreien
Bahnhof hat sich bezahlt gemacht. Die ersten
Baumaßnahmen sind begonnen worden.
Grüne: Beim Sozialen Wohnungsbau hat Haltern
Nachholbedarf, dazu ist unsere Fraktion initiativ
geworden. Zur Barrierefreiheit wünschen wir uns
Anregungen von Betroffenen. Neben dem LiNa-Bau
unterstützen
wir
die
bedarfsorientierte
Weiterentwicklung von Seniorenprojekten. Ansonsten
sind das Lebensumfeld verbessernde Projekte (z.B.
Bürgerbus, Stadtmühlenbucht, Steverradweg, See
schlägt Wellen) für Alt und Jung gleich positiv.
83
FDP: In den letzten Jahren wurden viele
Entscheidungen mit Blick auf Senioren-Interessen
gefällt: Neubau von Seniorenheimen in Lippramsdorf
und Sythen, Lavesum steht an, LINA, Bürgerbus,
endlich der Umbau des Bahnhofes, etc. Im Bereich des
sozialen Wohnungsbaus tut sich auch einiges. Die
Perspektive von Senioren wird zurecht stark
berücksichtigt, der Seniorenbeirat leistet dabei sehr
gute Arbeit und ist antreibende Kraft.
WGH: Wir unterstützen eine aktuelle Initiative ähnlich
wie sie vor einigen Jahren bei „55plus“ durchgeführt
wurde. Menschen mit und ohne Behinderung sollen
Vorschläge machen können, um bestehende Mängel
oder Barrieren in unserer Stadt zu erkennen und
möglichst beseitigen zu können.
Frage 6:
Rechnerisch
ist
nachgewiesen:
Sinkt
die
Wahlbeteiligung geht das zu Lasten der
renommierten Parteien, es profitieren nur die
(kleinen) Parteien mit radikalen Strukturen. Auch die
Wahlbeteiligung in Haltern lässt Wünsche offen.
Welche Ideen haben Sie, die Menschen zum Wählen
zu motivieren?
CDU: Wir gehen mit gutem Beispiel voran und leben
bürgerschaftliches Engagement vor, um die Demokratie
vor Ort zu stärken.
84
Gerade im Vergleich zu unseren Nachbarstädten sind
wir mit der Wahlbeteiligung in Haltern am See und dem
Interesse der Bürger an kommunaler Politik nicht
unzufrieden. Im ständigen Dialog mit den Bürgern
bemühen sich alle Aktiven darum, das Interesse am
kommunalpolitischen Geschehen zu fördern.
SPD: Eine hohe Wahlbeteiligung ist immer wünschenswert. Für die Teilhabe an gesellschaftlichen
Entscheidungsprozessen ist das Recht zur Wahl einer
Interessenvertretung ein wichtiger Baustein und
Grundlage der repräsentativen Demokratie. Wir wollen
außerdem mehr Mitwirkungsrechte der Menschen bei
der politischen Willensbildung. Dazu gehören
Volksinitiativen, Volks- oder Bürgerbegehren, Volksoder Bürgerentscheide
Grüne: Der Vorwurf leerer Versprechungen ist ohne
konkrete Beispiele für uns nicht nachvollziehbar. Menschen können zum Wählen und Mitgestalten motiviert
werden, wenn sie den Eindruck haben, von Verwaltung
85
und Politik gut informiert und ernst genommen zu werden. Dabei ist es wichtig, die Bürger mit ihren Anregungen und Sorgen frühzeitig zu Wort kommen zu lassen
(bei Bürgergesprächen, Sondersitzungen, Informationsveranstaltungen). Zur Transparenz gehört auch, gut zu
erklären, weshalb manche Bürgeranregungen nicht umgesetzt werden können. Lokalpolitiker sollten öffentlich
präsent sein, wir sind das z.B. bei regelmäßigen Fraktionssprechstunden, Grünen Stammtischen, Infoständen
und Veranstaltungen.
FDP: Der Großteil der Kommunalpolitiker arbeitet mit
viel Engagement, Gutes für unsere Stadt zu erreichen.
Das müssen wir den Bürgern besser vermitteln und
ihnen immer wieder klarmachen, dass das Wahlrecht
unsere Demokratie stärkt. Nur mit Kontinuität, Fleiß und
Einsatz kann man die Menschen für sich begeistern und
Vertrauen schaffen.
Die Gefahren von radikalen Parteien dürfen nicht unterschätzt werden.
WGH: Wir sind seit Jahrzehnten, neben diversen anderen Aktivitäten, mit Infoständen in der Stadtmitte und
den Ortsteilen präsent und bemühen uns dabei, die Bürger zum Wählen zu bewegen. Auch wenn die PolitikVerdrossenheit immer weiter zunimmt, so bleibt doch
festzustellen, dass gerade bei den Kommunalwahlen in
Haltern am See regelmäßig eine gute Wahlbeteiligung
erreicht wird.
86
Der informierte Bürger
Wie informiert sich der Halterner?
Die Frage „Wie informieren Sie sich?“ ließ vier Antworten zu: 80 Prozent nutzen vorrangig TV und Radio, immer noch 55 Prozent lesen die Zeitung, knapp gefolgt
von „Gespräche führen“. Festzustellen war auch – und
das war keine Überraschung –, dass sich die jüngeren
Befragten eher über das Internet und im Fernsehen Informationen heraussuchen.
So auch die Einschätzung von Hans Kirschbaum, Mitglied des Seniorenbeirats der Stadt Haltern am See:
„Ältere
Menschen informieren sich durch Zeitung, TV-Beiträge
und Internet. Jüngere Menschen nutzen die Zeitung
weniger, da geht die Information überwiegend über
„neue Medien“; oft jedoch oberflächlich. Quer durch alle
Altersgruppen gibt es mittlerweile auch viele Bürger, die
Politik und Wahlen gleichgültig und desinteressiert
gegenüberstehen.“ 37
Diskussionsrunden, Gespräche mit Gleichgesinnten,
sind nicht zu vernachlässigen. Mehr als die Hälfte der
Befragten holt sich danach Informationen bei Freunden,
Kollegen und Verwandten.
37
Auszug aus dem Interview mit Hans Kirschbaum
87
Recht kritisch mit dem Informationsverhalten der Bürger
geht Alt-Bürgermeister Erwin Kirschenbaum ins Gericht:
„Ich denke, dass das Informationsverhalten der Menschen grundsätzlich zu wünschen übriglässt. Die Menschen informieren sich meist nur noch oberflächlich
(Schlagzeilen-Informationen), sie interessieren sich
nicht für die Hintergründe (auch Kommentare), warum
etwas geschehen ist, und was man daraus schließen
kann.
Informationen aus dem Fernsehen werden selten abgerufen, glaube ich. Das Programm bietet durch die Vielfalt der Sender so viel buntes Seifenoper-Programm,
dass die Informationen der Unterhaltung gewichen sind.
Das war in Zeiten der 3-Programme anders.
(…) Aber Gesprächsrunden, Stadtratsinformationen
(Ratssitzungen) und andere Angebote, werden m.E. nur
noch angenommen, wenn man selber direkt und unmittelbar betroffen ist.“ 38
38
Auszug aus dem Interview mit Erwin Kirschenbaum
88
Der Halterner und die Wahlen
Wahlverhalten der Bürger
Wahlverhalten
In Haltern total
250
200
150
100
zu jung; 236
Wähler; 232
50
ab und zu; Nichtwähler;
13
13
keine
Antwort; 7
0
Wähler
ab und zu Nichtwähler
zu jung
keine
Antwort
Sind die 501 Teilnehmer der Fragebogenaktion Wähler? Regelmäßig? Ab und zu? Gar nicht? Sieben Befragte gaben keine Antwort (1 Prozent), je 13 (3 Prozent) wählen ab und zu oder gar nicht. 232 Personen
(46 Prozent) geben ihre Stimme ab. Die Zahl ist so gering, weil sich unter den Befragten 236 junge Menschen
befinden, die noch nicht wählen durften. Zwei von ihnen
sind sich nicht sicher, ob sie das Wahlrecht nutzen wollen, fünf lehnen es ab. 42 Wahlberechtigte sind in der
89
Gruppe der 21- bis 40-Jährigen, 37 von ihnen sind Wähler, zwei nicht. Drei wählen „ab und zu“. 61 Fragebogenteilnehmer sind 41 bis 60 Jahre alt. Zwei antworteten
nicht, vier zählen zu den Nichtwählern, fünf machen es
vom Wetter, der guten Laune, der Gesundheit abhängig. Für sie ist Briefwahl keine Alternative. 141 Personen sind über 60 Jahre alt: 135 Wähler, 2 Nichtwähler,
3 sporadische Wähler, einmal keine Angabe.
Wahlverhalten in Haltern
In Prozentzu jung;
Wähler;
50
47,1
46,3
40
30
20
10
0
90
ab und Nichtwäh
zu; 2,6 ler; 2,6
keine
Antwort;
1,4
Wahlbeteiligung beeinflusst Wahlergebnis
Eine Fiktion
Die Diskussion mit den Bürgern um die Notwendigkeit
von Wahlbeteiligungen hat uns dazu getrieben, eine fiktive Wahl zu projizieren.
Dazu haben wir nachfolgende Randbedingungen gewählt:
Wahlberechtigt:
20.000 Bürger
Parteien zur Wahl: A, B, C, D (D = Radikale)
Wahlverhalten:
Wahlbeteiligung sinkt bei A, B, C
Partei D/Radikale:
kontinuierlich: 2000 Wähler
Berechnung:
Einfaches Divisorverfahren
ohne Berücksichtigung der
Direktmandate
Beispiel 1: 100 Prozent nehmen das Wahlrecht
wahr; alle 20.000 nutzen ihr Wahlrecht.
Wahlergebnis
bei 100 % Wahlbeteiligung
Partei A
10%
20%
40%
Partei B
Partei C
30%
Radikale
91
Nach dem Berechnungsverfahren (ohne Direktmandate) entfallen bei 100 prozentiger Wahlbeteiligung die
38 Sitze wie folgt: A 8000 Stimmen = 15 Sitze, B 6000
Stimmen = elf Sitze, C 4000 Stimmen = acht Sitze und
D 2000 Stimmen = vier Sitze.
Beispiel 2: 80 Prozent der Wahlberechtigten geben
ihre Stimme ab.
Wahlergebnis
bei 80 % Wahlbeteiligung
Partei A
13%
37%
22%
Partei B
Partei C
28%
Radikale
Während nun die Wahlmüdigkeit bei A, B und C eintritt,
mobilisiert D auch weiterhin die 2000 Wähler. Das Ergebnis sieht so aus: A 6000 Stimmen = 14 Sitze, B 4500
Stimmen = elf Sitze, C 3500 Stimmen = acht Sitze und
D 2000 Stimmen = fünf Sitze
92
Beispiel 3: Die Wahlbeteiligung liegt noch bei 50
Prozent (10.000 Personen).
Wahlergebnis
bei 50 % Wahlbeteiligung
Partei A
20%
35%
Partei B
Partei C
20%
25%
Radikale
Und es geht mit der Wahlbeteiligung noch weiter bergab
– nur Partei D bringt seine Wähler wieder an die Urne.
Das Ergebnis: A 3500 Stimmen = 13 Sitze, B 2500 Stimmen = zehn Sitze, C 2000 Stimmen = acht Sitze und D
2000 Stimmen = acht Sitze.
Beispiel 4: Die Wahlbeteiligung singt weiter auf 40
Prozent (8000 Wähler).
Die Talfahrt geht weiter bis auf 40 Prozent, erschreckende Ausmaße für A, B und C. Alle 2000 D-Sympathisanten geben wieder ihre Stimme für D ab. Und so
sieht dann die Sitzverteilung aus: A 3500 Stimmen = elf
93
Wahlergebnis
bei 40 % Wahlbeteiligung
25%
31%
Partei A
Partei B
19%
Oartei C
25%
Radikale
Sitze, B 2000 Stimmen = zehn Sitze, C 1500 Stimmen
= sieben Sitze und D 2000 Stimmen = zehn Sitze.
Bewertung:
Wenn die Wahlbeteiligung grundsätzlich abnimmt, die
Wählerzahl bei einer Partei – D – aber durchweg stagniert, und ihre Wähler gültige Stimmzettel abgeben,
dann verbessert sich das Ergebnis dieser einen Partei.
Jede Stimme für eine der renommierten Parteien zählt,
um radikale Kräfte – egal ob links- oder rechtsradikal –
in ihre Schranken zu weisen. Anders ausgedrückt, so
betont auch Michael Schindler (Wahlamt): „Bei einer geringen Wahlbeteiligung lassen lediglich die renommierten Parteien Federn. Nur die kleinen Parteien profitieren.“
Während einige resignierte Alt-Wähler überlegen, nicht
mehr wählen gehen zu wollen, rechnen die jungen
Leute: Ich muss mir genau überlegen, was ich will. Nicht
94
wählen zu gehen oder den Stimmzettel ungültig zu machen, bedeutet letztlich nicht viel anderes, als die Partei
zu stärken, die ich keinesfalls wählen würde. Es ist eher
unwahrscheinlich, die perfekte Partei für mich zu finden.
Es gibt immer Verbesserungsvorschläge. Aber ich kann
der Partei meine Stimme geben, die mir am ehesten zusagt. Oder wie es eine ältere Dame auf den Punkt
brachte: „Dann entscheide ich mich für das kleinere
Übel.“
95
Frauenpower
Politik ist keine Männerdomäne mehr?
Sicher kein Witz, zumindest nicht für die Frauen in den
ersten Jahren der Demokratisierung. Hedwig Himmelmann erinnert sich an ein Sprichwort, das damals –
wenn auch versteckt – Gültigkeit besaß: „Frett di satt,
und drink di dick, und halt die Muhl von Politik.“
Dass es erst seit „neuestem“ Frauen in der Politik gibt,
stimmt nur statistisch bedingt. Bei unserer Zeitungsrecherche zu den Kommunalwahlen 1949 ist im nachfolgenden Artikel der Ruhr Nachrichten (18.12.1949) zu
lesen:
96
„Lippramsdorf wählte wieder eine Bürgermeisterin
Frl. Ita Völker-Albrecht einstimmig gewählt
Nach den Bürgermeisterwahlen im Amt und im Kirchspiel Haltern fand gestern Nachmittag auch in Lippramsdorf eine Sitzung der Gemeindevertretung mit der Wahl
des Bürgermeisters als Hauptpunkt statt. Lippramsdorf
hatte bisher39 als einzige Gemeinde des Landes eine
Bürgermeisterin, die sich im Laufe des vergangenen
Jahres so viel Vertrauen in der gesamten Bevölkerung
erworben hatte, dass sie gestern einstimmig wiedergewählt wurde (…)“
Erst 1969 stießen wir wieder auf einen Hinweis, dass
„eine Frau in den Rat der Stadt“ gewählt worden sei, wie
es der Auszug aus der Halterner Zeitung aufzeigt:
„(…) Besonders erwähnt wird die einzige gewählte
Ratsfrau als direkt gewählt: Frau Tochtrop“.
Dann aber in 1984 wurde es im Halterner Rathaus
nicht nur bunt, sondern auch weiblich. In der konstituierenden Sitzung des Rates erschienen erstmalig zur Sitzung drei „grüne Frauen“.40
39
Anmerkung der Autoren: Leider lagen uns aus den Jahren vor
1949 keine Zeitungskopien für eine Recherche vor.
40
Halterner Zeitung am 8.10.1984
97
1989 waren es die CDU-Damen, die „genau wissen,
was sie wollen“41. Sixta Lehmacher, Ursula Kelders und
Hedwig Himmelmann waren die neuen Ratsfrauen, die
sich nicht nur als Politikerinnen sahen, sondern stolz
auch darüber berichteten, dass sie sich als „Mütter,
Haus- und berufstätige Frauen sehen, die das in das
po0litische Geschehen einbringen wollen, was sie in der
41
Halterner Zeitung am 13.9.1989
98
Familie kennengelernt haben: Zuhören, jeden zu Wort
kommen lassen, Streit ausfechten, Streit schichten,
Kompromisse schließen, neue Lösungen finden und dabei auf einen guten Umgangston achten.“
Die Damen im Halterner Rat machten schon damals
ihre Sichtweisen zu aktuellen politischen Themen klar:
„Ein entschiedenes Ja zum Kind, mit dem Versprechen,
in Not geratenen Frauen jede Hilfe anzubieten. Ein Kindergartenplatz für jedes Kind ab drei Jahre, ein JugendCafé, Einbindung der älteren Generation in die Familien,
solange es möglich ist, konsequente Umweltpolitik im
Haushalt und die Pflege von Traditionen.“
1994 waren es bereits zwölf Frauen, die in ihren Fraktionen den weiblichen Blick einbrachten: „12 x Frauenpower für die Halterner Kommunalpolitik“.42
Die Zeit, dass Frauen in der Politik und im Halterner Rathaus eine Ausnahme darstellten, ist längst Vergangenheit. Heute treten die Politikerinnen selbstbewusst als
Fraktions- und Ausschussvorsitzende oder als Bürgermeisterkandidatinnen auf.
Wie bereits bei der Seniorenpolitik vorgestellt, übernehmen immer mehr Vereine eine Art Lobbyarbeit für ihre
Mitglieder, in diesem Fall für die Frauen. Eine der größten Organisationen für Frauen in Haltern am See ist die
kfd (Katholische Frauengemeinschaft Deutschland), die
in allen Kirchengemeinden vertreten ist.
42
Halterner Zeitung am 18.10.1994
99
Vor 156 Jahren als „Mütterverein“ gegründet, entwickelte sich die kfd zu einer Organisation, die sich für
Frauen stark macht. In den vergangenen 30 Jahren erreichte sie oder wirkte mit bei:
1986 erstes Bundeserziehungsgeldgesetz,
1990 Leitfaden zur Gründung eines Frauenhauses,
1992 Anerkennung von Erziehungsleistungen in der
Rente,
1995 Pflegeversicherung mit Leistungen für pflegende
Angehörige,
1997 Vergewaltigung in der Ehe wird strafbar,
2001 aus Erziehungsurlaub wird Elternzeit,
2004 Rentenmodell der katholischen Verbände,
2009 Mütterkuren werden Pflichtleistungen der Krankenkassen,
seit 2011 Aktionen zum Equal-PayDay (Gleichbezahlung von
Männern und Frauen),
2013 Notrufnummer für von Gewalt
betroffene Frauen, 2014 „Mütterrente“.
Die Geselligkeit kommt nicht zu kurz, neben Vorträgen,
Seminaren steht Alltägliches auf dem Programm: Singund Musizier-Tage, Krimi-Running-Dinner, Ausflüge,
Radtouren, Spiele-Abende, Theaterbesuche, Märchennachmittage, „Fit von Kopf bis Fuß“, Karnevalsfeiern…
Bei den größeren Parteien in Haltern haben sich – vergleichbar der Senioren Union – Frauenorganisationen
herausgebildet, die sich im Rahmen ihrer jeweiligen
100
Parteiprogramme speziell um Fragen von Frauenförderung und die politische Bildung von Frauen kümmern.
Angela Berkel von der CDU: „Wir brauchen Frauen in
der Politik“ 43 in einem Interview mit der Halterner Zeitung. Das sieht ihre Kollegin, Anne Feldmann von der
SPD, genauso.44 Marlies Breuer von der WGH beschreibt die Besonderheit der Politik von Frauen als „leiser, aber auch nachhaltiger“ 45. Sie erlebt dabei Männer,
die meist „forscher an Themen herangehen als Frauen.
Und, wenn es mal nicht klappt, wird die Sache beiseitegelegt (…) Das Klima im Halterner Stadtrat bezeichnet
sie „im Allgemeinen als sehr gut“. Sie alle weisen darauf
hin, dass immerhin 16 der 45 stimmberechtigten Sitze
im Stadtrat Halterns an Frauen vergeben sind.
Bürgermeister Bodo Klimpel in einer CDU-Fraktionssitzung: „Über junge Anwärter für unsere Parteiarbeit
können wir uns nicht beklagen, aber über mehr weibliche Mitglieder würden wir uns auch freuen.“ 46
43
Interview mit Angela Berkel, Halterner Zeitung vom 12.7.2016
Interview mit Annegret Feldmann, Halterner Zeitung vom
10.8.2016
45
Interview mit Marlies Breuer, Halterner Zeitung vom 27.7.2016
46
Fraktionssitzung am 24.10.2016
44
101
102
Hat die Demokratie in Haltern
eine Zukunft?
Fragen an den Bürgermeister
Sie waren spontan bereit, die Schirmherrschaft über
das Projekt „Demokratie (er)leben“ zu übernehmen.
Welche Erwartungen hatten Sie an das Projekt – und
sehen Sie sie erfüllt?
In erster Linie bin ich davon ausgegangen, dass sich
möglichst viele Halterner Bürgerinnen und Bürger daran
beteiligen, und dass sie sich darüber bewusst sind, in
welch guter Demokratie wir in
Deutschland seit
1945
leben.
Dazu
gehört
auch, dass ich
überzeugt war,
dass viele Halterner ihre Meinung kundtun. Das ist aus meiner Sicht ein sehr positives Merkmal unserer Bevölkerung. Wir Halterner sind
sehr diskussionsfreudig. Mich interessiert es schon, wie
in unserer Stadt die Demokratie erlebt wird.
Eine große Mehrheit aller befragten Bürger weist in
ihren Antworten darauf hin, dass sie mit ihrem Bürgermeister, also Ihnen, sehr zufrieden sind. Man
spart in den Interviews nicht mit Lob. Wie fühlen Sie
103
sich bei so viel Anerkennung in der Halterner Bevölkerung?
Natürlich freue ich mich darüber. Aber ich weiß auch,
dass dies kein Grund ist, sich auszuruhen. Mir ist bewusst, dass ich auch Entscheidungen treffen muss, für
die nicht 100 Prozent der Menschen Beifall klatschen.
Dazu gehören auch manch kritische Auseinandersetzungen, die wir fair austragen sollten. Ich jedenfalls
werde meinen Beitrag dazu leisten.
Auch wenn sich viele Befragte insgesamt positiv zur
Politik in Haltern am See äußern, gibt es Kritiker zum Beispiel rund um die Baupolitik. Es hat sich ein
Misstrauen gegenüber den verantwortlichen Politikern aufgebaut: für zu wenig Transparenz, zu späte
Information. Können Sie diese Vorwürfe entkräften?
Mir fällt
spontan
die teils
heftige
und ins
Persönliche gehende
Diskussion
zum
Thema Windkraft ein, in der die Gegner der Verwaltung
und Politik Intransparenz und zu späte Informationen
vorwerfen. Das teile ich nicht, denn das prall gefüllte
104
Zeitungsarchiv und auch unsere Akten belegen das Gegenteil. Viele Leute, die uns das vorwerfen, verwechseln
etwas Grundlegendes: Sie wollen, dass nur ihre Vorstellungen realisiert werden, wenn nicht, haben andere
nicht oder schlecht informiert und waren intransparent.
An dieser Diskussion werden aber zwei entscheidende
Punkte unseres gesellschaftlichen und politischen Lebens deutlich. Wir müssen uns erstens an Recht und
Gesetz halten, zweitens nehmen wir die Demokratie
und damit die Mehrheitsentscheidungen ernst und treten nicht nach.
Bei den Bauprojekten zum Beispiel „Nordwall“ oder
„Stadtmühlenbucht“ fühlen sich einige Kritiker
nicht richtig eingebunden, nicht informiert. Selbst,
wenn sie zur entsprechenden Ausschusssitzung
eingeladen werden, denken sie, dass „alles bereits
entschieden“ sei oder ihre Meinung nicht zähle. Wie
kann die Politik der fehlenden Transparenz begegnen?
Es fehlt keine Transparenz. Auch hier gilt das gerade
Gesagte. Und: Wenn Sie die angedachte Bebauung am
Nordwall/Rekumer Straße ansprechen, stelle ich fest,
dass es eine öffentliche und gut besuchte Sitzung des
Stadtentwicklungs- und Umweltausschusses gegeben
hat. Hier sind Für und Wider möglicher Konzepte angesprochen worden, entschieden ist nichts. Wie können
Sie hier von fehlender Transparenz reden? Für die
Stadtmühlenbucht stelle ich fest, dass es klare Mehrheiten für das Projekt gibt. Auch hier greifen die Vorwürfe
105
nicht, wohl noch nie hat es zu einem anderen Projekt so
viele Bürgerinformationen gegeben.
Ein Vorwurf an die Politiker lautet, sie könnten sich
als „Schreibtischtäter“ nicht in die Lage der Betroffenen hineinversetzen. Beispiele: Radwege,
schöne, aber unwegsame Innenstadt, zu kurze
Schaltzeiten an Ampeln. Wie gehen Sie vor?
Unsere Politiker sind als Teil der Gesellschaft in die jeweiligen Parlamente gewählt worden, sind keine
Schreibtischtäter. Natürlich weiß ich auch, dass bei uns
nicht jeder Radweg in einwandfreiem Zustand ist. Mir ist
auch klar, dass
nicht differenziert wird, ob
Land, Kreis oder Stadt jeweils zuständig
sind. Wir sollten aber auch hier den Ball flach halten, wir
haben, wie uns die zahlreichen Touristen stets bescheinigen, eine sehr gute Infrastruktur in unserer Innenstadt
und in der Umgebung.
Nicht selten begründen befragte Bürger ihr Desinteresse an Politik und ihren Vertrauensverlust mit
„Vettern- und Klüngelwirtschaft“ auf. Diese Vorwürfe gibt es bei der Diskussion um Baumaßnah-
106
men, aber auch rund um die Abwahl des Ersten Beigeordneten Hans-Josef Böing. Wie kann der negative Eindruck revidiert werden?
Das ist zu kurz gegriffen. Vorhin hieß der Vorwurf, alles
sei vorher schon entschieden. Nun hat die Ratsmehrheit
sich gegen meinen Vorschlag und damit gegen eine
weitere Amtszeit von Hans-Josef Böing entschieden.
Eine Entscheidung, die ich bedauere, die eben nicht
vorher klar war. Ansonsten empfehle ich allen, die gern
von „Vettern- und Klüngelwirtschaft“ reden, sich aktiv
einzubringen. Unsere demokratischen Parteien freuen
sich alle, wenn sie mehr Menschen haben, die sich engagieren und aktiv mitgestalten möchten.
Viele ältere Menschen wünschen sich eine intensivere Jugendpolitik, „Politiker machen zu wenig für
die Jugendlichen“. Die jungen Leute selbst erwarten
– schon in der Schule - von der Politik mehr Informationen, mehr Austausch Könnten Sie sich vorstellen, dass man gemeinsam mit den Schulleitern
ein regelmäßiges Politikforum (mit allen im Rat vertretenen Fraktionen) in den Schulen einrichten
könnte?
Das höre ich gern, wenn sich Ältere für die Jugend stark
machen. Mir ist allerdings der Vorwurf zu pauschal,
denn wir machen eine Menge. Natürlich könnte es – bei
einer besseren Finanzlage – gerne noch mehr sein, vergessen Sie aber nicht, dass sich alle Ratsfraktionen darüber einig sind, in unsere Jugend und gerade auch in
unsere Sportvereine zu investieren, die eine breitgefächerte und sehr gute Jugendarbeit leisten. Hier freue ich
107
mich über diesen Konsens. Natürlich könnte ein Forum,
wie Sie es ansprechen, durchaus belebend sein, um
sich besser auszutauschen und sich kennenzulernen.
Genau deshalb treffe ich mich regelmäßig mit den Schülersprechern der weiterführenden Schulen zum Gespräch.
Glauben Sie, einen aktiven Jugendbeirat in Haltern
installieren zu können?
Ich denke, wir sind hier längst gut aufgestellt, denn wir
haben im Rat einstimmig festgelegt, dass diesbezüglich
alle Aktivitäten um Themen wie Jugendparlament oder
Jugendforum bei der AG 78, der Arbeitsgemeinschaft
Jugendarbeit, gebündelt werden.
Die Wahlbeteiligung
in Haltern
am See ist
verglichen
mit anderen Gemeinden relativ hoch, wenn auch geringer als
in früheren Wahlperioden. Denken Sie, dass wir
rechtsradikale Einflüsse in Haltern verhindern oder
begrenzen können?
Für mich ist es positiv, dass unsere Wahlbeteiligung
noch relativ hoch ist, natürlich würde ich mich über noch
bessere Werte freuen. Und selbstverständlich wünsche
ich mir, dass wir als Halterner Gesellschaft die rechtsradikalen Einflüsse auch weiterhin möglichst geringhalten
108
können. Hier stelle ich fest, dass ein Großteil unserer
Bürgerinnen und Bürger sehr eindeutig für die Demokratie eintreten, sich gegen den Extremismus auflehnen. Ebenso positiv ist für mich, dass sich unsere Schulen hier sehr gut engagieren.
Im Grußwort unseres Buches sagen Sie, wie wichtig
für uns alle Demokratie ist. Glauben Sie, dass wir in
Haltern am See nach diesen demokratischen Regeln
leben und wirken?
Ja, natürlich, das wird schon an den von Ihnen angesprochenen Themen deutlich, um die gestritten worden
ist und auch noch wird. Wir stellen insgesamt fest, wie
stark unsere repräsentative Demokratie ist, mit der wir
seit über 70 Jahren leben. Erinnern wir uns an die Geschichte, um uns klar zu machen, dass andere Staatsformen nicht dazu taugen, die Grundrechte, auf die wir
stolz sind, so zu achten.
109
Was halten Sie von einem Nachfolgeprojekt, um
Nachhaltigkeit zu erzielen. Wie könnte dies Ihrer
Meinung nach aussehen?
Da bin ich noch ein wenig zurückhaltend, ob das zielführend ist. Natürlich will ich es nicht schlecht reden,
wichtiger erscheint mir allerdings, dass wir weiterhin dafür eintreten müssen, unsere Demokratie und das Bewahren des Grundgesetzes zu schützen.
110
Ausgewählte Interviews
Wir haben in der Zeit von Juni bis Oktober 2016 viele
junge und ältere Mitbürger interviewt. Hier stellvertretend für alle einige Beispiele:
Sara Deitermann (20 Jahre)
Als Studentin der Sozialwissenschaften und wahlberechtigte Bürgerin Halterns werden Sie sich sicher mit dem Begriff der „Demokratie“ auseinandergesetzt haben. Was sind für Sie die wichtigsten drei
Merkmale einer funktionierenden Demokratie?
Ich finde, dass die Regierung und politische Wahlen
durch das Volk bestimmt werden müssen.
Dazu gehören eine Transparenz und Bürgernähe, so
dass der Bürger und gleichzeitig Wähler einen Überblick
über das politische Geschehen hat und sich aktiv einbringen kann. Dazu gehört aber auch eine Meinungsund Pressefreiheit.
Was fällt Ihnen am Wahlverhalten Ihrer Mitmenschen auf?
Ich bemerke ein größeres Interesse an Lokalpolitik, da
Auswirkungen direkt spürbar sind, dafür aber weniger
Interesse an beispielsweise EU- Wahlen, da diese Politik weiter weg erscheint und es (auf den ersten Blick)
weniger Berührungspunkte gibt - zum Teil keine Identifikation mit EU- oder Bundestagwahlen und der Eindruck, dass die eigene Stimme bei großen Wahlen eher
marginal ist.
111
Als Studentin fällt mir auf, dass es hier an der Uni größeres Politikinteresse und viele verschiedene Meinungen gibt als anderswo. Aber zum Teil werden hier auch
extreme und kleinere Parteien unterstützt.
Was mir bei den Menschen auch meiner Altersstufe auffällt, ist eine wachsende Politikverdrossenheit.
Was wünschen Sie sich denn dazu?
Ich wünsche mir Kampagnen zu mehr politischem Verständnis, z.B. Erklärung der Wahlprogramme oder Inhalten der Partei plus Auswirkungen für Bürger und generelle Erklärung des politischen Systems in der Bundesrepublik Deutschland.
Ich wünsche mir aber auch mehr Bürgerentscheide auf
Kommunalebene, sodass der Bürger sich seinem Einfluss bewusst wird.
Wie sehen Sie das Informationsverhalten Ihrer Mitmenschen? Informieren sich die Menschen heute
noch? Gibt es noch politische Gesprächsrunden?
Zunächst erkenne ich, dass auf jeden Fall ein Interesse
vorhanden ist, hauptsächlich für Informationen aus dem
TV und der Zeitung. Bei spezifischen Interessen wird
das Internet mit einbezogen.
Hier an der Uni wird das Interesse eher geschürt durch
politische Vorlesungen und eine politische Präsenz – ich
denke da an Aufrufe gegen CETA und TTIP – gestärkt.
So gibt es im Uni-Bereich eigene Parteien und politische
Gruppierungen.
112
Was mir an meiner Heimatstadt Haltern imponiert, sind
die Gesprächsveranstaltungen der Parteien und Gesprächsrunden zu umstrittenen Vorhaben, wie z.B. der
Forensik. Man will das politische Interesse der Bürger –
meist zu Wahlen – wiedererwecken.
Was gefällt Ihnen an der Halterner Lokalpolitik, was
weniger?
Aus meiner Sicht wird viel Seniorenarbeit betrieben, dafür aber zu wenig für Kinder und Jugendliche getan.
Ich vermisse eine deutlichere Abgrenzung der einzelnen Parteien untereinander, vor allem, weil klare Parteiprogramme und deren politischen Ziele für Haltern am
See nicht bekannt sind. Dafür kann man aber einen guten Informationsfluss erkennen. Ich sehe dabei auch die
Vorteile einer Kleinstadt. Unser Bürgermeister Klimpel
ist sehr präsent und nicht wie in Großstädten unnahbar.
Glauben Sie, dass Demokratie in Haltern großgeschrieben wird? Kennen Sie Beispiele demokratischen Handelns im privaten Umfeld? Was läuft für
Sie undemokratisch in Haltern?
Haltern ist für mich so demokratisch wie andere Städte
auch, eben ans demokratische System angepasst. Es
gibt keine großen Änderungsmöglichkeiten; Entscheidungen sind systembedingt, vieles wird auf höheren
Ebenen entschieden.
Zu unserem Projekt: Was erwarten Sie persönlich
von unserem Projekt, dem Abschlussforum und
dem Buch „Die Seestadt (er)lebt die Demokratie?“
113
Welche Stichworte fallen Ihnen noch ein zum Thema
„Demokratie (er)lebe in Haltern am See“?
Ich hoffe, dass Sie eine Erklärung der Politik für die Bürger finden und die Einflussmöglichkeit der Bürger erläutern. Ich erwarte, dass Sie die Bürger zu allgemeinen
Themen und Wünschen, die Stadt betreffend, befragen.
***
Manuel Gurzny (33 Jahre)
Sie decken ein sehr breites politisches Interessensgebiet ab und haben sich darüber hinaus intensiv
mit dem Begriff „Demokratie“ auseinandergesetzt.
Was sind für Sie die wichtigsten Charakteristika bei
einer gelebten Demokratie?
Demokratie fängt für mich bereits im Kleinen an. Ich
denke dabei an unser Stadtbild. Es ärgert mich kolossal,
das gewisse Altbauten wie z.B. in der Nähe des Siebenteufelsturms, ohne Wissen der Bevölkerung abgerissen
werden. Wir würden uns für das alte Stadtbild entscheiden, das Haltern auch für Touristen so attraktiv macht.
Demokratie im Kleinen bedeutet für mich auch, mehr
Transparenz in die Tagespolitik zu bringen durch regelmäßige Bürgerforen mit unserem Bürgermeister und
dem Stadtparlament. Ich denke dabei nicht an die Stadtratssitzungen, an denen wir teilnehmen dürfen. Vielmehr sollten Themen direkt und überparteilich mit den
Bürgern diskutiert werden. Das wäre für mich eine
echte, demokratische Bürgerbeteiligung.
114
Was fällt Ihnen am Wahlverhalten Ihrer Mitmenschen auf, und was würden Sie tun, damit sich mehr
Menschen für Politik und Wahlen begeistern?
Meine ersten Erfahrungen mit Politik und Wahlen hatte
ich bereits in meiner Familie sammeln können. Dort war
und ist es eine Selbstverständlichkeit, sich für Politik zu
interessieren und zu allen Wahlen zu gehen. Stolz waren meine Eltern und ich dann auch, dass das Bundespräsidialamt die Patenschaft – wir sind zu sieben Kindern in der Familie – übernommen hat. Für mich ist es
eine Pflicht, als Demokrat auch wählen zu gehen.
Was meine Freunde und Bekannten angeht, glaube ich
eher an ein verhaltenes Interesse an Wahlen. Viele denken, dass man eh nichts bewirken könne.
Wie sehen Sie Ihr Informationsverhalten und das Ihrer Mitmenschen?
Wenn ich mit mir selber anfange, und ich spreche sicher
für die meisten jungen, politikinteressierten Menschen,
favorisiere ich Informations-Apps (breaking news), die
einen ständig über neueste Entwickelungen informieren. Andererseits bin ich noch richtig vernarrt in Papier.
Ich brauche das Rascheln einer Zeitung beim Lesen.
Das bevorzugen sicher die meisten älteren Bürger auch,
vermute ich. Andere, meist jüngere Menschen, informieren sich angeblich über das Internet. Das glaube ich
aber nicht immer. Für manche ist das auch nur ein
Pseudo-Argument, um nicht dumm dazustehen.
Was die Gesprächsrunden angeht, so vermisse ich die
alten Elefanten-Runden, die es momentan höchstens
115
noch kurz vor den Wahlen gibt. Hier würde ich mich über
mehr Kontinuität freuen.
Was gefällt Ihnen – oder auch nicht – an der Halterner Lokalpolitik? Haben Sie Beispiele für demokratisches Handeln im privaten Umfeld?
Für mich wird in Haltern Demokratie auch im Kleinen
gelebt. Das kann man im Alltag beobachten, wenn Menschen anderen Menschen helfen, sei es beim Koffertragen am Bahnhof oder in der Nachbarschaft. Auch steht
für mich Haltern vorbildlich da, was das Zusammenleben mit Flüchtlingen und Asylanten angeht. Das ist für
ein Stückweit Demokratie. Ich finde, hier machen unser
Bürgermeister, die Politik und die Verwaltung einen guten Job, denn sie schaffen den nötigen Spielraum dafür.
Was das demokratische Verhalten im Stadtparlament
angeht, so habe ich da nur wenig persönliche Erfahrungen. Beobachten kann man aber auf jeden Fall, dass
alle Politiker zwar kritisch, aber immer fair miteinander
umgehen.
Zu unserem Projekt: Was erwarten Sie als Halterner
von unserem Projekt, dem Abschlussforum und
dem Buch „Die Seestadt (er)lebt die Demokratie“?
Ich bin total gespannt auf alle Ergebnisse Ihres Projektes und glaube fest daran, dass es die Auseinandersetzung der Bürger, junge und alte, mit politischen Themen
fördern wird. Sehr interessiert bin ich auch daran, zu erfahren, ob es unterschiedlich Meinungen zur Demokratie in Haltern zwischen Jung und Alt gibt.
116
Erwin Kirschenbaum (68 Jahre)
Als ehemaliger Bürgermeister von Haltern haben
Sie sich nicht nur mit den alltäglichen Politik-Belangen befasst. Sie haben sich intensiv mit dem Begriff
„Demokratie“ auseinandergesetzt. Wenn Sie sich
für drei Charakteristika entscheiden müssten, welche wären es? Gibt es Beispiele aus Ihrer aktiven
Politikerzeit?
Demokratie bedeutet für mich auch, dass man in der Politik und im Alltagsleben an der richtigen Stelle etwas
sagt und nicht verschweigt. Die häufig angepriesene
Transparenz in der Politik muss mit Leben gefüllt werden – das ist leider nicht immer so.
Wenn ich mich in der Politik engagieren möchte, muss
ich mir die Partei suchen, mit der ich mindestens zu 51
Prozent übereinstimme. 100 % Übereinstimmung mit allen Facetten einer Partei ist dagegen illusorisch.
Selbstverständlich sind in einer Demokratie Koalitionen
möglich, manchmal gewünscht und akzeptabel, doch
sollten die einzelnen Parteien darüber nicht ihre eigene
Identität aufgeben, nur um an der „Macht teilhaben zu
können“. Ab und zu sollte man „Kante zeigen“.
Was fällt Ihnen am Wahlverhalten Ihrer Mitmenschen auf? Wie würden Sie auf die Menschen einwirken, um sie mehr für Politik und die Wahlen zu
begeistern?
117
Die Bereitschaft der
Menschen zur Wahl zu
gehen, ist bei einigen der
letzten Wahlen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene gesunken, was für mich als Demokraten sehr schwer
nachzuvollziehen ist.
Wer unzufrieden ist,
sollte versuchen, Veränderungen herbeizuführen; in einer parlamentarischen Demokratie ist
die Wahl das entscheidende legitime Mittel dazu!
Eine Gefahr sehe ich in der Tatsache, dass manche den
Ausbau der Demokratie nur durch Wahlen verstanden
wissen wollen. Das ist falsch. Demokratie lebt von Vorbildern, sowohl privat als auch in der Politik, vom Einüben der demokratischen Verhaltensweisen wie der Austausch von Argumenten, Zuhören zu können, ein sachliches Streitgespräch zu führen, Argumente mit innerer
Überzeugung zu präsentieren und vieles mehr.
Die beste Methode, Menschen frühzeitig an Politik und
die Demokratie heranzuführen, ist Bildung und Erziehung; Schon in der Schule sollten demokratische Verhaltensweisen eingeübt werden. Hier ist im Bildungsbereich sicherlich noch Luft nach oben. Auch hier, bei der
Erziehung zur Demokratie, spielt die gelebte Vorbildfunktion eine große Rolle.
118
Wie sehen Sie Ihr Informationsverhalten und das
Ihrer Mitmenschen? Informieren sich die Menschen
heute noch, z.B. über die Zeitung, TV oder Internet? Gibt es noch richtige politische Gesprächsrunden?
Ich denke, dass das Informationsverhalten mancher
Menschen grundsätzlich zu wünschen übriglässt. Diese
Menschen „informieren“ sich meist nur oberflächlich
(Schlagzeilen-Informationen), sie interessieren nicht für
die Hintergründe (auch Kommentare), warum etwas geschehen ist, und was man daraus schließen kann.
Das Fernsehprogramm bietet durch die Vielfalt der Sender so viel buntes Seifenoper-Programm, dass die Informationen fast komplett der Unterhaltung gewichen sind.
Politische Sendungen mit hoher Erkenntnisqualität gibt
es leider zu selten. Journalisten sollten da manchmal
die Politik härter anfassen.
Was Gesprächsrunden angeht, so denke ich, dass wir
in Haltern noch gut unterwegs sind, wenn ich zum Beispiel an die monatlichen Gesprächsrunden der SPD erinnere. Aber Gesprächsrunden, Stadtratsinformationen
(Ratssitzungen) und andere Angebote, werden vielfach
nur noch angenommen, wenn man selber direkt und unmittelbar betroffen ist.
Was gefällt Ihnen (oder nicht) an der Halterner Lokalpolitik? Was könnte besser laufen? Was sollte
geändert werden? War früher „alles besser“? Sehen
Sie Parallelen zur heutigen Zeit?
119
Informationspolitik könnte verbessert werden! Das gilt
nicht nur aus der Politik heraus an den Bürger, sondern
auch intern: Verwaltungsentscheidungen werden oft zu
spät und reichlich ungern an die Politik weitergegeben.
Ich wünschte mir – für die Verwaltung aber auch für die
heutige Politik – besseren und zeitnäheren Gedankenaustausch zwischen den handelnden Personen, sprich
„Teamwork“.
Früher war nicht alles besser. So habe ich neben guten
und sehr guten Erinnerungen an 100 % loyale Mitarbeiter in meiner Zeit als Verwaltungschef, auch andere Erfahrungen mit den „Beinchen-Stellern“ gemacht.
In der Politik müssen eigene Interessen, Profilierungen
und Karrieredenken zurückgefahren werden, um gemeinsame erfolgreiche Stadtpolitik machen zu können.
Das war und ist aber leider nicht immer möglich, weil
Menschen die Politik machen! Man sollte als Demokrat
kompromissbereit sein auf einer sachlichen Basis und
nicht die Fronten noch mehr verhärten!
Glauben Sie, dass Demokratie in Haltern großgeschrieben wird? Kennen Sie Beispiele demokratischen Handelns im privaten Umfeld?
Wir laufen in eine „Individualisierung der Gesellschaft“,
manche sehen in erster Linie nur noch sich. Diese Entwicklung scheint sich über die Generationen hinweg
stärker auszuprägen. Der Sozialgedanke, das Miteinander mit den Schwächeren der Gesellschaft, eine der
Grundlagen für das Funktionieren einer Demokratie, ist
leider in manchen Bereichen auf dem Rückzug.
120
Wie gesagt, für mich lebt eine Demokratie – auch bereits in Familien, Freundes- und Kollegenkreisen –
durch eine Vorbildfunktion. Das heißt im Klartext, man
muss auch andere Menschen, trotz unterschiedlicher
Meinungen, Kulturen und Religionen, so akzeptieren,
wie sie sind. Im Umkehrschluss bedeutet das Nichtakzeptieren dieser Menschen ein undemokratisches Verhalten.
Zu unserem Projekt: Was erwarten Sie persönlich
von unserem Projekt, dem Abschlussforum und
dem Buch „Die Seestadt (er)lebt die Demokratie“?
Ich begrüße das Projekt von ganzem Herzen. Ich verspreche mir davon, recht gute Hinweise auf die Weiterentwicklung der Demokratie zu erhalten. Was muss
noch getan werden, was muss sich ändern? Auch erwarte ich, dass das Projekt dabei hilft, sein eigenes Verhalten zu überprüfen oder sogar zu ändern.
***
Christian Rüdiger (87 Jahre)
Sie haben in Ihrem Leben viel erlebt, so auch in der
Politik. Wie haben Sie den Wandel der Demokratie
seit Gründung der BRD erlebt?
Als 18-Jähriger habe ich bereits fast alle Ratssitzungen
besucht, in den 50-er und 60-er Jahren habe ich als
sachkundiger Bürger der Zentrumspartei ohne Parteibuch teilgenommen.
121
In der gesamten Zeit, die ich die Politik und die Verwaltungsarbeit in Haltern verfolge und früher selbst mitgestaltete, habe ich viel Negatives erlebt. Dabei habe ich
die Politik als Parteibuchpolitik kennengelernt (Ämtervergabe nach Parteibuch, Korruption bei Bau- und
Grundstücksvergaben und Zuschustern von öffentlichen Aufgaben). Meines Erachtens hat sich das bis
heute noch nicht in Gänze geändert.
Was hat sich inzwischen geändert?
Demokratie muss gelebt werden, in Politik und Alltag.
Leider machen es uns die Politiker nicht leicht, daran zu
glauben. Vieles hat sich also nicht geändert.
Zuhause haben wir in der Familie mit fünf Kindern stets
offene politische Diskussionen geführt; als später die
Freunde dazu kamen, wurde die politische Vielfalt noch
bunter. Es wurde heiß diskutiert, mal konnten wir einen
gemeinsamen Nenner finden, mal nicht. Demokratie am
Tisch des kleinen Mannes. In vielen Familien finden
konstruktive (Politik-) Gespräche nicht mehr statt. Keine
Zeit, keine Lust, kein Vertrauen, Resignation. Wird das
weiter vorgelebt, geht die Demokratie baden.
Durch die Jugendarbeit, in die die ganze Familie eingebunden war, waren wir von so manch für uns unverständlicher politischer Entscheidung direkt betroffen.
Einzelne Politiker machten sich sogar in der Öffentlichkeit für (nicht nur) Jugendinteressen stark, beugten sich
bei der Abstimmung dann aber dem Partei-/Fraktionszwang.
122
Mein Traum ist es, dass wir Bürger nicht mehr Parteien,
sondern ausschließlich die Ratsfrauen und Ratsmänner
nach ihren Fähigkeiten und ihrem Charakter wählen. Da
wir in der Politik aber Koalitionen brauchen, werden wir
das System wohl nicht ändern können.
Wie zufrieden oder unzufrieden sind Sie mit der heutigen Politik?
Ich ärgere ich mich über das Desinteresse der Menschen an Politik, den Wahlen und damit an der Demokratie. Aber eine schlechte Demokratie ist besser als
alle anderen Staatsformen.
Glauben Sie, dass Demokratie in Haltern großgeschrieben wird?
Noch nicht, dazu muss sich noch das ein oder andere
ändern, zum Beispiel das Mitspracherecht der Bürger
bei wichtigen politischen
Vorhaben und
städtischen
Baumaßnahmen.
Dann
sollten
die Menschen erkennen, dass sie zur Wahl gehen müssen, um Veränderungen herbeizuführen.
Hinterm Ofen entsteht keine Demokratie.
123
Hans Kirschbaum (70 Jahre)
Als aktiver Bürger Halterns und Mitglied des
Seniorenbeirats haben Sie sich nicht nur mit den
alltäglichen Belangen in der Halterner Politik
befasst, darüber hinaus haben Sie sich intensiv mit
dem Begriff der „Demokratie“ auseinandergesetzt!
Zuerst einmal gehöre ich keiner Partei an, und das wird
sich definitiv auch in Zukunft nicht ändern. Vor zwei
Jahren wurde ich in den Seniorenbeirat gewählt; ohne
vorherige aktive Politikerzeit! Ich hatte vor der Wahl
deutlich gemacht, dass ich die Aufgaben im SBR als
Bürger für Bürger unserer Stadt wahrnehmen möchte;
parteiunabhängig!
Charakteristika zum Begriff „Demokratie“ sind für mich
Herrschaft des Volkes (analog zur Begriffsbestimmung),
Staatsform mit einer Verfassung, die persönliche und
politische Rechte garantiert, freie Wahlen, unabhängige
Gerichte, Leben in Freiheit, freie Meinungsäußerung.
Was fällt Ihnen am
Wahlverhalten Ihrer
Mitmenschen auf? Wie würden Sie auf die
Menschen einwirken, um sie mehr für Politik und die
Wahlen zu begeistern?
In den letzten Jahren ist die Wahlbeteiligung gesunken.
Die Menschen sind Parteien gegenüber häufig
gleichgültig („Die da oben machen sowieso, was sie
wollen.“), und viele gehen nicht zur Wahl. Andere jedoch
leben nach dem Slogan: „Wer nicht zur Wahl geht, der
darf hinterher auch nicht meckern!“
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Einige Bürger gehen unbedarft mit dem Recht auf freie
Wahlen um. Ein Beispiel aus der Vergangenheit: Am
Wahlsonntag kommt eine Familie mit zwei
wahlberechtigten Kindern eine Minute vor Schließung
ins Wahllokal. Obwohl durch die Stadt mehrfach
informiert (Presse, Wahlschein usw.) hatten sie nicht
mitbekommen, dass sich der Ort ihres Wahllokales
geändert hatte. „Wir waren in der Vergangenheit doch
immer hier zur Wahl!“ Also wollten sie unbedingt die
Stimmenzettel im nun „falschen“ Wahllokal ausfüllen,
was nicht möglich war. Es war keine Zeit mehr, das
richtige Wahllokal aufzusuchen, und so gingen vier
Menschen ohne Stimmabgabe wieder heimwärts. Die
Schuld sahen sie aber klar auf Seiten der Stadt, die
dann ihre Stimmen nicht mehr bekommen konnte. „Da
haben die halt Pech gehabt!“, war der Tenor beim
Verlassen des Wahllokals.
Was kann ich unternehmen, um Politik- und
Wahlverdrossenheit zu ändern? Versuchen, die
Menschen individuell (nicht nur) vor Wahlen zum
Beispiel auf der Straße, im Café, an der Bushaltestelle,
im Wartezimmer der Mediziner (da unterhalten sich die
Leute kaum, wenn ich nicht gerade dabei bin), am See
und
bei
Freizeitaktivitäten
aller
Art
gezielt
anzusprechen, ihre Probleme zu diskutieren und an die
entsprechenden
Mitarbeiter
der
Stadt
usw.
weiterzuleiten. Nicht mit allgemeinen politischen
Floskeln diskutieren!
Wie sehen Sie Ihr Informationsverhalten und das
Ihrer Mitmenschen? Wie informieren sich die
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Menschen heute? Gibt es noch richtige politische
Gesprächsrunden?
Ältere Menschen informieren sich durch Zeitung, TVBeiträge und Internet. Jüngere Menschen nutzen die
Zeitung weniger, da geht die Information überwiegend
über „neue Medien“; oft jedoch oberflächlich.
Quer durch alle Altersgruppen gibt es mittlerweile auch
viele Bürger, die Politik und Wahlen gleichgültig und
desinteressiert gegenüberstehen.
Ich informiere mich über die Tages- und
Wochenzeitung, im Hörfunk, und in politischen
Magazinen im TV. Eine weitere Informationsquelle ist
das Internet. Sobald ich einen meiner drei E–MailAccounts öffne, gibt’s zahlreiche Hinweise und Berichte
zum aktuellen Tagesgeschehen. Die Homepage
unserer Stadt wird von mir täglich nach Neuigkeiten aus
dem Rathaus abgegrast.
***
Hedwig Himmelmann (80 Jahre)
„Demokratie heißt für mich, freiheitlich leben.“
Sie gehören zu den Zeitzeugen, haben Sie doch den
Wandel der Demokratie seit Gründung der BRD miterlebt. Erinnern Sie sich?
1936 geboren habe ich den Nationalsozialismus als
Kind erlebt. Und lernen müssen, wann Menschen nicht
sagen dürfen, was sie sagen wollen. Zuhause haben wir
viel und offen diskutiert. Mein Onkel hat mit der Decke
überm Kopf BBC gehört. Er hat auch einen russischen
126
Kriegsgefangenen mit nach Hause genommen und gesagt: „Der soll sich erst mal einmal satt essen.“ Die Menschen waren schockiert, was bei Hitler passierte. Dabei
hatten sie ihn in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit 1931 als
„starken Führer“ gewählt. Es wurde nicht öffentlich propagiert, dass das Hab und Gut der Juden beschlagnahmt wurde, aber wir bekamen das doch mit. Wir durften dort plötzlich nicht mehr einkaufen.
1946 wurde mein Vater (Franz Hoffmann) Bürgermeister. Damals war er noch parteilos, später Mitbegründer
der CDU (Gemeinde Hamm, Hüls, Sickingmühle,
Herne, Hämmken).
Erinnern Sie sich an Ihre erste Wahl?
Ich war stolz, mit 21 Jahren wählen zu dürfen. Mein Opa
war im Gemeinderat für die Zentrums-Partei tätig, so
war ich familiär geprägt.
Wie zufrieden oder unzufrieden sind Sie mit der heutigen Politik?
Es ist schlimm, dass so viel gemeckert wird, denn eigentlich geht es uns gut. Ein Problem: Die Schere zwischen arm und reich wächst, der Mittelstand wird immer
ärmer. Wir können sagen, was wir wollen. Und ich finde
es toll, dass wir so was erreicht haben.
Was fällt Ihnen am Wahlverhalten Ihrer Mitmenschen auf?
Die Wahlbeteiligung dürfte größer sein; die AfD zum
Beispiel lebt von Nicht- und Protestwählern. Wir haben
das Recht zu wählen, und das sollten wir wahrnehmen.
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Doch einige sind zu bequem, sie denken, sie könnten
nichts verändern, die da oben machten, was sie wollten.
Wie würden Sie auf die Menschen einwirken, um sie
für Politik und Wahlen zu begeistern?
Vor allem durch persönliche Gespräche. Und da zähle
ich die vielen positiven Dinge auf (Rente, Reisen, Meinungsfreiheit, Freiheiten), die erreicht wurden. Wer
nicht wählt, hat kein Recht zu meckern und gibt zudem
einer „nichtgewollten“ Partei die Stimme.
Worauf ich achten würde, wäre, dass Geschäft und Politik sauber voneinander getrennt bleiben.
Wie sehen Sie das Informationsverhalten Ihrer Mitmenschen?
Menschen, die viel Erfahrung gesammelt haben, geben
zu wenig davon weiter. Wieso wissen sonst heute nicht
alle Menschen, dass Juden vergast wurden?
Andere haben keine Zeit für Gespräche oder Informationssuche, das fängt schon früh an: lange Schultage,
viel zu viele Hobbys wie Klavier, Chor, Reisen, Volleyball, Messdiener, Handys. Richtig spielen kann kaum
noch jemand. Das Internet nimmt immer mehr Raum ein
– zu Lasten der Kommunikation. Man hat gewonnen
durch die neuen Medien, aber auch viel verloren.
Gibt es noch politische Gesprächsrunden?
Ja. Die Parteien bieten Sprechstunden und „politische
Frühschoppen“ oder ähnliches an. In der Familie bleibt
das Miteinander immer häufiger auf der Strecke.
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Was gefällt Ihnen (oder nicht) an der Halterner Lokalpolitik, was weniger?
Man kann über alles reden, auch als Neue haben mich
Alteingesessene nicht mit „was will die denn“ aufs Abstellgleis geschoben. Manche mögen etwas abgehoben
sein, aber man kennt sich,
es läuft ganz gut – und man
hat nie Langeweile, denn es
gibt immer was zu verbessern: Viele sagen, wir hätten zu viel Geld ausgegeben bei der Stadtmühle,
aber Haltern lebt vom Tourismus, daher sollte man
auch was dafür tun. Manche sind gegen Windräder,
aber woher sonst wollen wir
die Windkraft nehmen? Manche Fahrradwege haben
eine komplizierte Wegeführung, das wäre noch ein Ansatzpunkt.
Die Flüchtlingspolitik ist noch ein aktuelles Thema. Aber
nicht zum ersten Mal. 1946 erlebten wir bereits eine
Flüchtlingswelle. Obwohl es teilweise „Landsleute“ waren, wurden sie auch nicht mit offenen Armen empfangen. Wir können nicht alle Probleme Afrikas lösen, aber
die Menschen, die hier sind, sollten wir gut behandeln.
Glauben Sie, dass Demokratie in Haltern großgeschrieben wird?
129
Ja. Man darf alles sagen, ob es gehört wird, ist eine andere Frage. Die Bürger waren zum Beispiel eingebunden bei der Planung Stadtmühlenbucht und beim „See
schlägt Wellen“. Es gibt Gegenbeispiele, Mehrzweckhalle, Muttergottesstiege. Es ist schwierig, alles zu berücksichtigen. Da beißt sich die Katze in den Schwanz,
es ist nicht so einfach, Entscheidungen zu fällen.
Kennen Sie Beispiele demokratischen Handelns im
privaten Umfeld?
Da gibt es ganz viele, es geht schon in der Familie los,
denn man muss mit dem Partner und den Kindern Kompromisse schließen. Demokratie wird ebenfalls im Kindergarten, in der Schule, Kirche, in den Vereinen, Parteien und im Beruf gelebt.
Was läuft für Sie undemokratisch in Haltern?
Auch Mehrheitsbeschlüsse können teilweise kontroverse Beschlüsse sein.
Welche Stichworte fallen Ihnen noch ein zum Thema
‚Haltern (er-) lebt Demokratie?“
Sie lebt! Die Politiker engagieren sich zum Wohle der
Allgemeinheit. In den Baugebieten sind Veränderungen
vorgestellt worden.
Die Wahlbeteiligung fällt immer geringer aus. Haben
Sie eine Erklärung? Was würden Sie tun, wenn Sie
könnten?
Manchmal denke ich, den Leuten geht es zu gut. Bei
vielen ist das eben nicht so. Vor allem ältere Menschen
130
sind nicht mobil, also könnten Fahrgemeinschaften organisiert werden. Ich halte es für wichtig, mich einzusetzen, auf die Menschen zu- und einzugehen, etwas gemeinsam tun, nicht nur Hilfe anbieten, sondern helfen.
***
Gabriele Nagel (63 Jahre)
„Demokratie wird gelebt mit einer ganz gesunden Lebenseinstellung; der Grundbaustein liegt in der Familie
und sich selbst.“
Was hat sich seit dem Wandel der Demokratie seit
Gründung der BRD geändert und warum?
Die BRD ist weltoffener geworden, hat aus dem 3. Reich
etwas gelernt. Gute Ansätze zur Demokratie vor allem
durch Politiker wie Wehner, Brandt, Schmidt, Genscher
und auch Merkel! Die Parteienlandschaft ist bunter geworden – wie man an AfD und Ultras sehen kann, nicht
immer auch besser.
Erinnern Sie sich noch an Ihre erste Wahl?
Oh, ja. Ich war stolz. Ich wollte was verändern, ja so naiv
war man mit 18 Jahren.
Wie zufrieden oder unzufrieden sind Sie mit der heutigen Politik?
Natürlich läuft es nur suboptional, aber den meisten
Deutschen geht es gut oder sogar sehr gut.
131
Darum sollten wir offener und hilfsbereiter gegenüber
Kriegsflüchtlingen und Asylanten werden. Es muss besser für Pflegebedürftige und ihre Angehörige werden.
Was fällt Ihnen am Wahlverhalten Ihrer Mitmenschen auf?
Die Menschen werden träger, lustloser, vieles ist ihnen
egal: Sie denken, „die oberen machen ja doch, was sie
wollen.“ und „Ich kann nichts ändern.“
Wie würden Sie auf die Menschen einwirken, um sie
für Politik und Wahlen zu begeistern?
Durch Diskussion, Vorleben und Animieren.
Wie sehen Sie Ihr Informationsverhalten und das Ihrer Mitmenschen?
Ich informiere mich durch Gespräche, Zeitung und Fernsehen. Andere sind sehr gleichgültig sich, dem Staat,
der Politik und ihren Mitmenschen gegenüber.
Was gefällt Ihnen an der Halterner Lokalpolitik, was
weniger?
Haltern ist schon sehr offen und eine Stadt, wo sich das
Leben lohnt. Verbesserungen wären im Sozialwesen
und Städtebau möglich. Gerade für Behinderte, Menschen im Rollstuhl, am Rollator und für Elternteile mit
Kinderwagen könnten manchmal schon kleine Veränderungen vieles vereinfachen und verbessern.
Glauben Sie, dass Demokratie in Haltern großgeschrieben wird?
132
Wenn ich von mir persönlich ausgehe, ja, sehr. Dennoch sollte nicht nur die Politik menschennäher werden,
sondern auch jeder einzelne von uns.
Kennen Sie Beispiele demokratischen Handelns im
privaten Umfeld?
Familie, Freunde, LiNa, Projekte.
Was läuft für Sie undemokratisch in Haltern?
Aber Politik und Verwaltung sollten offener mit Haushaltsgeldern umgehen.
Welche Stichworte fallen Ihnen ein zu „Haltern
(er)lebt Demokratie?“?
Offen, familienfreundlich, gutes Naturumfeld, viele Aktivitäten.
Die Wahlbeteiligung fällt immer geringer aus. Haben
Sie eine Erklärung? Was würden Sie tun, wenn Sie
könnten?
Die Menschen mehr einbeziehen und zu Selbstverantwortung aktivieren, parteipolitisch mehr an der Basis arbeiten. Wichtig ist es, korrupten Politikern das Handwerk zu legen. Die Politiker sollten offen und ehrlich mit
der Bevölkerung umgehen und sie ernst nehmen.
***
Sigrid Geipel (78 Jahre):
„Demokratie bedeutet für mich, entscheiden zu dürfen,
wem ich meine Stimme gebe, meine Meinung sagen,
133
Volksvertreter wählen, Programme haben und abwägen
zu können.“
Wie haben Sie den Wandel der Demokratie seit
Gründung der BRD erlebt?
Menschen in meinem Alter haben die Geschichte hautnah erlebt. Nach diesen schlimmen Erfahrungen und
Auswirkungen war die Demokratie als das Beste, was
uns passieren konnte. Endlich konnten alle mitreden.
Heute beeinflussen wir nicht nur, wir können kontrovers
diskutieren.
Erinnern Sie sich
noch an Ihre
erste Wahl?
Euphorisch war ich
nicht, Wählen war
unumstrittene
Pflicht. Wir hatten
ganz andere Probleme: Mauerbau, West-Berlin, Wiederaufbau, Heirat,
Kind, wie geht es weiter? Informationen bekamen wir
bei meiner Schwiegermutter. Sie hatte einen Fernseher.
Wie zufrieden oder unzufrieden sind Sie mit der heutigen Politik?
Bundesweit bin ich unzufrieden, um einige Stichworte
zu nennen: Flüchtlingspolitik, gestörtes Verhältnis zur
USA (Abhöraktion), Freihandelsabkommen. Wenn die
Familie zusammenkommt, wird heute noch kontrovers
diskutiert. Meine Söhne spucken manches Mal Gift und
Galle. Durch meine Arbeit im CDU-Büro habe ich viele
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Menschen kennengelernt und Hintergründe zur politischen Arbeit erfahren. Es jedem Recht zu machen, ist
eine Kunst, die keiner kann. Auf lokaler Ebene bin ich
im Großen und Ganzen zufrieden.
Was fällt Ihnen am Wahlverhalten Ihrer Mitmenschen auf?
Die Menschen verlieren das Interesse, auch die, die es
besser wissen müssten. Gründe können sein: Enttäuschung über manche Vorgehensweisen und Entscheidungen, wenig Rückgrat. Wir müssen alles daransetzen, dass die Menschen wieder Vertrauen in die Politik
und Politiker finden.
Wie würden Sie auf die Menschen einwirken, um sie
für Politik und Wahlen zu begeistern?
Ich rede mir den Mund fusselig, wie wichtig Wählen ist.
Ich erkläre, dass, wer nicht wählt, gerade die Partei
stärkt, die er gar nicht fördern wollte. Ansonsten durch
Information und Gespräche.
Wie sehen Sie Ihr Informationsverhalten und das Ihrer Mitmenschen?
Ich selbst nutze das Internet, viele Menschen in meinem
Umfeld aber nicht. Ich interessiere mich für politische
Sendungen und lese sehr viel.
Was gefällt Ihnen an der Halterner Lokalpolitik, was
weniger?
Ich will nicht sagen, dass alles super läuft, aber man es
auch nicht allen recht machen. Der Seniorenbeirat
müsste sich noch mehr in die älter werdenden Bürger
135
hineinversetzen. Das Kopfsteinpflaster zum Beispiel in
unserer ansonsten schönen Fußgängerzone ist ein
Stolperstein.
Glauben Sie, dass Demokratie in Haltern großgeschrieben wird?
Grundsätzlich ja.
Kennen Sie Beispiele demokratischen Handelns im
privaten Umfeld?
Seniorenbeirat, Parteien, Familie… - Ihr DemokratieProjekt. Überall dort, wo man sich bemüht, Probleme zu
lösen.
Welche Stichworte fallen Ihnen noch ein zum Thema
„Haltern (er-) lebt Demokratie?“?
Aufarbeitung unserer Vergangenheit. Stolpersteine. Miteinander.
Die Wahlbeteiligung fällt immer geringer aus. Haben
Sie eine Erklärung? Was würden Sie tun, wenn Sie
könnten?
Etwas zu fordern, ist immer leichter als selbst was tun.
Zunächst würde ich das den Leuten klarmachen, und
versuchen, sie zum Aktivwerden zu motivieren.
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Anhang
Die Entstehung einer Stadt
Auszüge aus der Chronik
3. Februar 1289: Der Bischof v. Münster, Eberhard v.
Diest, verleiht dem Dorf Haltern die Stadtrechte.
1756: Die Stadt Haltern wird in den „Siebenjährigen
Krieg" hineingezogen.
1802/03: Das Fürstbistum Münster wird säkularisiert
und hört auf, als staatliches Gebilde zu existieren. Die
Stadt Haltern wird als Teil des Amtes Dülmen den
Herzögen von Croy als Entschädigung für
Gebietsverluste auf der linken Rheinseite zugeteilt.
1810/11: Im Rahmen einer territorialen Neuordnung
durch Napoleon wird Haltern zur Grenzstadt des
Kaiserreiches Frankreich.
1815/16: Die Stadt Haltern wird Teil der preußischen
Provinz Westfalen und darin dem Regierungsbezirk
137
Münster und dem neugebildeten Kreis Coesfeld
zugeteilt.
1843: Das Amt Haltern wird gebildet aus den
Gemeinden Kirchspiel Haltern, Lippramsdorf und
Hullern.
1844: Die Rektoratsschule, die Vorläuferin des heutigen
Joseph-König Gymnasiums, wird eröffnet.
1929: Die Gebiete von Stadt und Amt Haltern werden
durch eine Gebietsreform dem Kreis Recklinghausen
zugeschlagen.
1926-30: Nachdem alle Voraussetzungen geklärt sind,
errichtet das Wasserwerk in Haltern eine Talsperre. Der
Halterner Stausee entsteht.
1931: Aus dem Gebiet des Amtes Haltern werden Teile
um den Stausee und in Berghaltern der Stadt Haltern
zugeschlagen.
1933-45: Nationalsozialistische Gewaltherrschaft in
Haltern: Die Stadtverwaltung wird gleichgeschaltet,
politische Gegner werden verhaftet, die Synagoge
geschändet und jüdische Bürger vertrieben, in
Konzentrationslager deportiert und ermordet.
1945-48: Die Alliierten errichten nach der Befreiung der
Stadt im westlichen Stadtgebiet im Auftrag der
Vereinten Nationen ein großes Auffanglager zur
Unterbringung
und
Rückführung
befreiter
Zwangsarbeiter aus dem Ruhrgebiet. Franz von Papen,
der Steigbügelhalter der Nationalsozialisten, wird nach
138
seiner Verhaftung 1945 nach Haltern eingeflogen und in
der
amerikanischen
Kommandantur
auf
der
Römerstraße verhört.
1946: Erstmals finden wieder freie Wahlen in der Stadt
Haltern nach demokratischen Spielregeln statt.
1973-85: Eine weitere Talsperre entsteht mit dem
Hullerner Stausee.
1975: Die Gebiete des Amtes Haltern sowie die
Gemeinde Flaesheim und Hamm-Bossendorf (bis dahin
Teil der Gemeinde Hamm) werden durch eine
kommunale Gebietsreform mit dem Gebiet der Stadt
Haltern zur neuen Stadt Haltern vereinigt.
2001: Mit einem großen Festakt und einer
Sondersitzung des Rates wird die Umbenennung der
Stadt Haltern in „Stadt Haltern am See" gefeiert.
Februar 2014: Haltern feiert „750 Jahre Stadtrecht“.
139
Wir sagen Dank …
… in erster Linie all den Bürgerinnen und Bürgern,
Jung und Alt, die es durch ihre Beiträge erst möglich
gemacht haben, dass dieses Buchprojekt ein Erfolg
werden konnte.
… unserem Bürgermeister, Bodo Klimpel, dass er sofort bereit war, die Schirmherrschaft über unser Projekt zu übernehmen, aber auch selber zu verschiedenen Themen Stellung zu beziehen.
… allen im Stadtrat vertretenen Fraktionen für ihre
Bereitschaft, auf die kritischen Fragen und Hinweise
der Bürger zu antworten.
… den Experten der Stadt Haltern am See, die den
Blick für die Demokratieentwicklung unserer Stadt
sachlich erläutert haben.
… den Vereinen, Parteien und Organisationen, die
ihre Sichtweisen dargestellt haben.
… den Schulen mit ihren Schülerinnen und Schülern
unserer Stadt, dass sie aufzeigten, dass Demokratie
schon früh geübt werden muss und auch getan wird
… und Mara Doreen Nyari, die unsere fantastischen
Ideen für ein Cover professionell umsetzte.
Ihre
140
Jürgen Chmielek und Elke Rüdiger
Dank auch an unsere Sponsoren:
141
***
Die Glaserei und Malerei in Haltern am See
142
***
143
***
144
Haltern am See
- die Seestadt (er)lebt die Demokratie?
Eine Studie zur Demokratieentwicklung
in Haltern am See
Ausgabe: Dezember 2016
Herausgeber: Seniorenbeirat der Stadt Haltern am See
Autoren: Jürgen Chmielek und Elke Rüdiger
Cover-Design: Mara Doreen Nyari, Halterner Druckerei
Fotos: Elke Rüdiger und Jürgen Chmielek, Halterner Zeitung,
Seniorenbeirat und Christian Rüdiger
Illustrationen im Buch: freiverfügbare Internetseiten
Grafiken: Elke Rüdiger und Jürgen Chmielek
Produktion: Bookstation GmbH
Gutenbergstraße 7
85646 Anzing
www.bookstation.de
Alle Rechte für Texte, Bilder und Illustrationen obliegen den Autoren.
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung und Vervielfältigung – auch auszugsweise – ist nur mit
ausdrücklicher, schriftlicher Genehmigung der Autoren gestattet.
Alle Rechte, auch die Übersetzung des Werkes,
liegen beim Herausgeber und den Autoren dieses Buches.
Zuwiderhandlungen sind strafbar und verpflichten zu Schadensersatz.
Alle im Buch enthaltenen Angaben wurden von den Autoren nach bestem Wissen und
Gewissen erstellt. Beiträge von Fremdautoren entsprechen nicht immer der Meinung
der Projektleiter und des Herausgebers, daher übernehmen sie keine Verantwortung
und Haftung für etwa vorhandene Unstimmigkeiten.
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Nachwort/Ausblick
„Haltern am See – die Seestadt (er)lebt die Demokratie?“ – diese Frage stellten wir uns am Anfang des Projektes. Und wir fanden eine klare Antwort: Ja, die Demokratie in Haltern am See hat eine Zukunft!
Das Projekt endete „eigentlich“ planmäßig mit dem Abschluss-Forum am 20. Dezember 2016. Doch das
Thema hat uns so sehr mitgerissen, dass wir mit einem
Nachfolgeprojekt liebäugeln. Das große Interesse aller
Beteiligten bestärkt uns in unseren Ideen: Gedenkstättenfahrt, internationaler Jugendaustausch, Politik-Projekttag in den Schulen, Diskussionsforen und mehr.
Basis für ein Gelingen ist die Gründung eines Netzwerkes mit weiteren Halterner weltlichen, kirchlichen und
politischen Organisationen. Im Vordergrund steht dabei
die Zusammenarbeit mit den weiterführenden Schulen.
Wir freuen uns über jede Anregung sowie persönliche,
sachliche und finanzielle Unterstützung.
Unsere Vision: Festigung des Demokratie-Gedankens bei Jung und Alt und die Erhöhung der Wahlbeteiligung.
Davon träumen
Jürgen Chmielek und Elke Rüdiger
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