Das Fremde, wenn es in die Krise gerät

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Das Fremde, wenn es in die
Krise gerät
Betreuung von Kindern und Familien im
interkulturellen Kontext
Interdisziplinäre Fachtagung des Berufsverbandes
Diplomierter Ehe-, Familien- und LebensberaterInnen
Salzburg, 27. Mai 2017
Mag.a Judith Pauderer
Ambulatorium für Kinder und
Jugendliche in
Krisensituationen
die Boje - Zielgruppe
Kinder und Jugendlichen, die konfrontiert sind:
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Tod eines Elternteils oder Geschwisters
Sterbenden Elternteil oder Geschwister
Chronisch kranken Eltern oder Geschwister, die bereits psychisch
Auffälligkeiten zeigen
Miterleben eines schweren Unfalls mit eigenen schweren Verletzungen
und/oder Verlust/schwere Verletzung einer nahen Bezugsperson
Tod eines Elternteiles durch Selbstmord
Schweren psychiatrischen Erkrankung eines Elternteiles
Langandauernder physischer und psychischer Gewalt
Zeugenschaft bei einem Verbrechen (Mord , Überfall, Misshandlung)
Traumatische Scheidung der Eltern
Flüchtlingstraumen
Nicht vorhersehbare Katastrophen und Großschadensereignisse (Brand,
Hochwasser…)
Eigene Selbstmordgefährdung
Vorstellungsgründe 2015
Tod von Anghörigen
14,2%
Gewaltsamer Tod
Unfalltod
5,2%
1,9%
Chronisch kranke Angehörige
9,3%
Psychisch kranke Angehörige
8,2%
Flüchtlingskind
11,3%
Physische und psychische
Gewalt
10,6%
Traumatische Scheidung
Psychische Auffälligkeiten
Sonstiges
22,1%
5,9%
11,1%
Herkunftsländer 2015
Iran 0,9%
40 weitere < 0,6%
7,2%
Somalia 1,1%
Polen 1,1%
Syrien 1,6%
Tschetschenien 1,9%
Afghanistan 4,9%
Türkei 4,9%
Ex-Jugoslawien 5,9%
Österreich 69,8%
Aktuelle Statistik
8.700.471 Menschen in Österreich
98% des Bevölkerungsanstieg durch Zuwanderung aus dem
Ausland
2010: 17,4% mit Migrationshintergrund
2015: 21,4% mit Migrationshintergrund
davon: 8% aus EU-Ländern
13% aus nicht EU-Ländern
die Boje - das Angebot
niederschwellig - zielgruppenorientiert - rasch - unkompliziert
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Krisenintervention
Diagnostik
Kinderneuropsychiatrische Behandlung
Kurzzeittherapie
Langzeittherapie
Gruppentherapie
Arbeit mit Eltern bzw. Bezugspersonen
Trauma
Traumen sind kurz oder lang anhaltende
Ereignisse oder Geschehen von
außergewöhnlicher Bedrohung mit
katastrophalem Ausmaß, die nahezu bei
jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen
würde (ICD – 10)
Psychische Traumatisierung
• Vitales Diskrepanzerlebnis zwischen
bedrohlichen Situationsfaktoren und
den individuellen
Bewältigungsmöglichkeiten
• Gefühle der Hilflosigkeit und
schutzloser Preisgabe
• Erschütterung von Selbst- und
Weltverständnis
Wirkung eines Traumas
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Überwältigende Angst
Gefühl des Ausgeliefertseins
Halt und Hilflosigkeit
Handlungsunfähigkeit
Verlust des Gefühls persönlicher Integrität
Traumaspezifische Speicherung von
Erinnerungen
Akute Belastungsreaktion
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Vorübergehende Störung (Stunden/Tage)
Betäubung
Desorientiertheit
Überaktivität
Fluchtreaktion
Vegetative Zeichen panischer Angst
Posttraumatische
Belastungsstörung
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Verzögerte oder protrahierte Reaktion
Wochen bis Monate
Aufdrängende Erinnerungen (flash-backs)
Übererregtheit (Vigilanzsteigerung,
Schlaflosigkeit)
• Vermeidung von allem, was an Trauma
erinnert
Folgen
• Bestehenbleiben von Hyperarrousal und
Angst oder Wut
• Körperliche Stressreaktionen (Zittern,
Schwitzen, Magen-Darm Beschwerden)
• Sozialer Rückzug
• Benommenheit, Konzentrationsprobleme
• Dissoziation
• Suchtmittelmissbrauch
Folgen
• Ereignis kann nicht in
Bedeutungskontext gebracht werden
• kann nicht in sprachlicher Form
kommuniziert werden
• Traumareaktivierung jederzeit
triggerbar (Geräusche, Gerüche)
Ziel der Krisenintervention
Hilfe zur Selbsthilfe
• Hilfe zu
aktiver, konstruktiver, innovativer
Bewältigung
• Hilfe zu
selbständiger Entscheidungsfähigkeit
kompetenter Handlungsfähigkeit
Wiederherstellung von
Sicherheit
• Äußere Sicherheit durch Ortswechsel,
Abschirmung usw.
• Gefühl von innerer Sicherheit durch
Unterstützung zur Bewältigung
• Rückkehr in die Realität bei Dissoziation
• Hier und Jetzt
• Bewegung bei motorischer Unruhe
Beziehung ist ein Hauptfaktor in
der Krisenintervention
• wie wir Beziehungen gestalten wird von
kulturellen Faktoren beeinflusst
• wechselseitige Beziehung
• Helfer sind in Akutphase die
handlungsfähigeren, aktiveren Personen
• Helfer tragen Verantwortung
Einflussfaktoren
• Sprache – Arbeit mit Dolmetsch
• Soziokulturelle Faktoren im Herkunftsland
und deren Tradierung in Österreich
• „Aufenthaltstatus“ in Österreich (äußere
Sicherheit)
• Religion
Sprache
• Dolmetscher erleichtern Kommunikationmehr Klarheit
• Können vermehrte Distanz schaffen –
Helfer als weniger unterstützend erlebt
• Aber auch selbst professionelle Distanz
verlieren-Verwirrung schaffen
• Wenn irgendwie möglich niemals Kinder
dolmetschen lassen!!!
Emotionales Mitschwingen
• Ernstnehmen und Ansprechen von
Emotionen
• Emotionen in Kontext bringen
• Reaktionen erklären, vergleichen
• Bedachtnahme auf Scham und
Tabuisierung
Äußere Sicherheit
Aufenthaltstitel
• Staatsbürgerschaft, Asyl, Aufenthaltsrecht
• Asylwerber, Paragraph 8
• Illegaler Aufenthalt
Soziokulturelle Faktoren
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Stellung Mann – Frau
Familienhierarchie
hierarchisches Denken allgemein
Bildungsniveau
Migration in 1., 2. oder 3. Generation
Herkunftsland
Migration und Generation
• Erste Generation: ökonomische Motive, ungenügende
Integration (Kinder übersetzen, wenig Inanspruchnahme
von medizinischer/psychologischer Unterstützung),
schlecht bezahlte Jobs, sparsam, wohnten in kleinen
Wohnungen, relativ stabile Identität, gefestigtes
Kulturverständnis, lang anhaltender Rückkehrwünsch,
Idealisierung der Heimat, im Verlauf Heimatlosigkeit
• Zweite Generation: sehr unterschiedlich, gut integrierte
vs. kaum integrierte, Familienzusammenführung als
Motiv, überwiegend herkunftsorientierte Sozialkontakte,
Alltagsleben ohne Fremdsprachenerwerb möglich,
erhofften Ziele der Eltern erreichen, schlechte Chancen
am Arbeitsmarkt, Diskriminierung
Migrationsbedingter Stress
• Stressoren die Coping-Mechanismen von Individuen und
Familien überfordern und pathogen wirken
 Ausmaß und Intensität der Stressoren
(Diskriminierung)
 verfügbare Coping-Fähigkeiten (Sprache,
Kohärenzgefühl)
• migrationsbedingte Trennung, alle Familienmitglieder
selten gleichzeitig migriert
• Eltern durch Stress nur begrenzt emotional verfügbar,
uU Erleichterung durch Therapie/Antidepressiva für
Eltern
Migrationsbedingter Stress
• Spracherwerb - Erstsprachenerwerb entscheidend,
Semilingualiät, nicht Benennen von Gefühlen + Konflikten
• Schuleinstieg doppelte Belastung: neue Sprach + Kultur
• Türkische Kinder besuchen seltener ein Gymnasium bzw. AHS
(33,3%) als österreichisches Kinder (46,7%)
• Andauernder Konflikt zwischen Kulturen – familiäre vs.
außerfamiliäre
• Pubertät Identitätsfindung: Konflikt wird verstärkt
beobachtbare
psychische Auffälligkeiten
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Kulturabhängige Besonderheit im Normbereich
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Migrationsspezifische Störungen
Heimweh (kognitiver Einengung, Antriebslosigkeit,
gedrückte Stimmung, sozialer Rückzug, Schlafstörung)
Entwurzelungsdepression (negative Verstimmung
durch Verlust der haltgebenden Strukturen)
Kulturtransferschocksyndrom (Wahnphänomene)
Identitätskrise
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Vermehrte Somatisierung
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Krisenintervention für Familien
• Rollenbilder
• Familienstruktur und Hierarchie
• Erziehungsstile
Rollenbilder
Familienvater
Rollenbild
• stark
• nach außen
beschützend
• Kontrolle nach
innen
Veränderte Situation
durch Trauma
• Handlungsunfähigkeit
• Demütigung
• selbst
hilfesuchend
Ältester Sohn, Kind
Rollenbild Sohn
• Verantwortung für
Familie
• besonders Mutter
und Geschwister
Veränderte Situation
durch Trauma
• Handlungsunfähig
keit
• selbst auf Hilfe
von außen
angewiesen
• schutz- und
trostbedürftig
Mutter
Rollenbild Mutter
• ins Innere der
Familie orientiert
• versorgend sonst
eher passiv
Veränderte Situation
durch Trauma
• durch Umstände
zu vermehrten
Außenaktivitäten
gezwungen
• Erreichen
größerer
Selbständigkeit
Tochter
Rollenbild Tochter
Veränderte Situation
durch Trauma
• Unterordnung
• Unterstützung der
zuhause
Familie bei
Außenkontakten
• begrenzte Aktivität
nach außen
• Diskrepanz von
Pflichten und
• Überwacht von
Freiheiten
Brüdern
Familienstruktur und
Hierarchie
Familienstruktur und Hierarche
• Hierarchie der Generationen
• Familien mit wenig bzw. schwer
überschaubaren Strukturen
• Spezifische Kulturen bzw. Wertesysteme –
- Umgang mit psychischen Erkrankungen
- sind Scheidungen erlaubt?
Erziehungsstil Umgang mit
Emotionen
• welche Emotionen sind wem erlaubt
• wer bekommt welche emotionale
Unterstützung
• welche Emotionen werden zurückgehalten
und unterdrückt
• wie groß ist der Leistungsdruck
Hilfreich in der Kommunikation
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Wissen um kulturelle Unterschiede und respektvoller
Umgang damit
wertbewusste Offenheit und Neugier
Erhebung der eigentlichen Migrationsmotive
Erfahrung selbst „fremd“ gewesen zu sein in einer
fremden Kultur
nonverbale Materialien für die Kinder
Mobilisieren von Stärken und Kräften
Befriedigende Beziehungen aufbauen
Eigenes finden – „das Beste aus 2 Welten“
Vielen Dank für ihre
Aufmerksamkeit und alles
Gute für Ihre Tätigkeit!
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