Plasmozytom / Multiples Myelom Die blauen Ratgeber 22 Diese Broschüre wurde gemeinsam erstellt von der Deutschen Krebshilfe und der Deutschen Leukämie- & Lymphom-Hilfe e.V. (DLH) Herausgeber: Deutsche Krebshilfe e.V. Buschstraße 32 53113 Bonn Dr. A. Roth Prof. Dr. I. Schmidt-Wolf Medizinische Klinik und Poliklinik I Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Sigmund-Freud-Str. 25 53105 Bonn Plasmozytom / Multiples Myelom Für den medizinischen Inhalt verantwortlich: PD Dr. A. Glasmacher Medizinischer Direktor Celgene GmbH Joseph-Wild-Straße 20 81829 München Prof. Dr. M. Bamberg Klinik für Radioonkologie Universitätsklinikum Tübingen Hoppe-Seyler-Str. 3 72076 Tübingen Text: Arbeitskreis Literatur der Deutschen Leukämie- & Lymphom-Hilfe e.V. Redaktion: Dr. med. Eva M. Kalbheim, Deutsche Krebshilfe Stand 11/2007 Druck auf chlorfreiem Papier ISSN 0946-4816 Art.-Nr. 022 0117 Ein Ratgeber für Betroffene, Angehörige und Interessierte PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Inhalt Vorwort Wie ist unser Blut zusammengesetzt? Was versteht man unter Blutbildung? Wie alle Schriften der Deutschen Krebshilfe wird auch diese Broschüre von namhaften onkologischen Spezialisten auf ihre inhaltliche Richtigkeit überprüft. Der Inhalt wird jährlich aktualisiert. Der Ratgeber richtet sich in erster Linie an medizinische Laien und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Er orientiert sich an den Qualitätsrichtlinien DISCERN und Check-In für Patienteninformationen, die Betroffenen als Entscheidungshilfe dienen sollen. Die Deutsche Krebshilfe ist eine gemeinnützige Organisation, die ihre Aktivitäten ausschließlich aus Spenden und freiwilligen Zuwendungen finanziert. Öffentliche Mittel stehen ihr nicht zur Verfügung. In einer freiwilligen Selbstverpflichtung hat sich die Organisation strenge Regeln auferlegt, die den ordnungsgemäßen, treuhänderischen Umgang mit den Spendengeldern und ethische Grundsätze bei der Spendenaquisition betreffen. Dazu gehört auch, dass alle Informationen der Deutschen Krebshilfe neutral und unabhängig sind. Diese Druckschrift ist nicht zum gewerblichen Vertrieb bestimmt. Nachdruck, Wiedergabe, Vervielfältigung und Verbreitung (gleich welcher Art) auch von Teilen oder von Abbildungen bedürfen der schriftlichen Genehmigung des Herausgebers. 5 8 11 Plasmozytom/Multiples Myelom – Was ist das? Warum entsteht ein Plasmozytom/Multiples Myelom? Andere Arten der Erkrankung von Plasmazellen Monoklonale Gammopathie unbestimmter Signifikanz (MGUS) Smouldering Myelom („schwelendes” Myelom) Plasmazell-Leukämie Solitäres Plasmozytom Extramedulläres Plasmazytom Morbus Waldenström 19 19 20 20 20 21 Der Körper sendet Alarmsignale 22 Untersuchungen bei Verdacht (Diagnostik) Das Gespräch (Anamnese) und die körperliche Untersuchung Untersuchung von Blut und Urin Bildgebende Diagnostik Knochenmarkpunktion 26 28 29 30 31 Diagnose Krebs – wie geht es weiter? 33 Klassifikation des Tumors 36 Die Therapie beim Plasmozytom/ Multiplen Myelom Chemotherapie Kombination von Melphalan und Prednison 37 39 40 13 15 18 3 4 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM 41 42 44 Vorwort 45 Liebe Leserin, lieber Leser, 47 Sie halten eine Broschüre in den Händen, die Ihnen Informationen über das Plasmozytom und das Multiple Myelom geben soll. Vielleicht haben Sie nur rein interessehalber nach diesem Ratgeber gegriffen: Dann möchten wir Ihre Aufmerksamkeit besonders auf die Themen Risikofaktoren, Warnsignale und Früherkennung lenken. Vielleicht besteht bei Ihnen aber auch der Verdacht, dass Sie am Plasmozytom/Multiplen Myelom erkrankt sind: Dann möchten wir Sie im medizinischen Teil mit ausführlichen Informationen darüber versorgen, was Sie bei der Diagnostik erwartet, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt und wie die Nachsorge aussieht. Abschließend informieren wir Sie über konkrete Hilfsangebote durch die Deutsche Krebshilfe. VAD-Schema Mögliche Nebenwirkungen der Chemotherapie Hochdosis-Therapie und Stammzelltransplantation Hochdosis-Chemotherapie und Rückgabe eigener (autologer) Stammzellen Hochdosis-Chemotherapie und Übertragung fremder (allogener) Stammzellen Hochdosis-Chemotherapie und Ganzkörperbestrahlung Allogene Mini-Transplantation Strahlentherapie Biologische Grundlagen der Strahlentherapie Strahlentherapie beim Plasmozytom/ Multiplen Myelom Behandlung mit Interferon Behandlung mit Thalidomid Behandlung mit Bortezomib Die Behandlung von Begleitsymptomen Blutarmut (Anämie) Knochenschäden Infektionen Schmerzen 51 52 54 56 57 57 58 61 68 Klinische Studien 72 Seelische Auswirkungen der Erkrankung 73 Nachsorge 75 Hier erhalten Sie Informationen und Rat Informationen im Internet 80 84 Erklärung von Fachausdrücken 88 48 48 49 50 Informieren Sie sich 100 Quellenangaben 102 Fragebogen: Sagen Sie uns Ihre Meinung 104 Der vorliegende Ratgeber wendet sich vor allem an Betroffene. Beim Plasmozytom/Multiplen Myelom handelt es sich um eine Erkrankung, bei der sich Ihre weißen Blutkörperchen krankhaft verändert haben. Im Gegensatz zu Menschen, die an einem „greifbaren“ Organkrebs wie Darm- oder Magenkrebs erkrankt sind, fällt es Plasmozytomkranken vielleicht schwer, sich ein genaues Bild über ihre Krankheit zu machen. Wir haben deshalb Wert darauf gelegt, relativ ausführlich über das Blutsystem, über Bestandteile des Blutes, ihre verschiedenen Funktionen und über die „Defekte“, die zu einem Plasmozytom/Multiplen Myelom führen, zu berichten. Es folgen eine Beschreibung der Krankheit mit ihren Symptomen, Erklärungen zu den notwendigen Untersuchungen und eine Darstellung der gegenwärtigen Be- 5 6 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM handlungsmöglichkeiten. Schließlich widmet sich ein eigenes Kapitel den Risiken, die das Plasmozytom/Multiple Myelom mit sich bringt, sowie den Maßnahmen, die Sie ganz persönlich ergreifen können, um diese Folgeerscheinungen zu verringern oder völlig zu vermeiden. Bei der Nachsorge, der psychosozialen Betreuung und bei der Bewältigung alltäglicher Schwierigkeiten ist die Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe, Bundesverband der Selbsthilfeorganisationen zur Unterstützung von Erwachsenen mit Leukämien und Lymphomen e.V., von großer Bedeutung. Die Deutsche Krebshilfe fördert die Arbeit dieses Selbsthilfeverbandes seit seiner Gründung im Jahre 1995 ideell wie auch in erheblichem Umfang materiell. PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Wir hoffen, dass wir Sie mit diesem Ratgeber dabei unterstützen können, das Leben mit Ihrer Erkrankung zu bewältigen, und wünschen Ihnen alles Gute. Darüber hinaus stehen Ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Krebshilfe für weiter gehende Auskünfte gern zur Verfügung. Wenn Sie Fragen haben, rufen Sie uns an! Ihre Deutsche Krebshilfe und Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe Dieser Ratgeber entstand in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Leukämie- & Lymphom-Hilfe. Viele Einzelheiten, die hier angesprochen und empfohlen werden, basieren auf Anregungen und Erfahrungen von Betroffenen. Wir danken für diese Aufgeschlossenheit und Bereitschaft. Insbesondere bedanken wir uns bei den Kranken, die uns ihre sehr persönlichen Erfahrungsberichte zur Veröffentlichung anvertrauten. Diese Broschüre kann und darf den persönlichen Kontakt zum Arzt, Psychologen oder Sozialarbeiter nicht ersetzen. Sie soll Ihnen vielmehr dabei helfen, mehr über Ihre Erkrankung und deren Behandlung zu erfahren, und Ihnen die Möglichkeit bieten, Antworten auf einige Fragen nochmals in Ruhe nachlesen zu können. Die Tatsache, an einer bösartigen Erkrankung zu leiden, ist für niemanden leicht zu verkraften. Doch Ihre Ängste und Befürchtungen können abnehmen, wenn Sie wissen, was mit Ihnen geschieht. Helfen Sie mit, Ihre Krankheit aktiv zu bekämpfen! Eine Bitte in eigener Sache: Wir hoffen, dass wir Ihnen mit dieser Broschüre eine Hilfe für den Umgang mit Ihrer neuen Lebenssituation geben konnten. Wir würden uns freuen, wenn Sie uns hierzu eine Rückmeldung geben würden. Am Ende dieses Ratgebers finden Sie einen Fragebogen, mit dem wir von Ihnen erfahren möchten, ob die Broschüre die von Ihnen benötigten Informationen tatsächlich vermitteln konnte. Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie uns diesen Fragebogen gelegentlich zuschicken würden. Vielen Dank. 7 8 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Wie ist unser Blut zusammengesetzt? Um Signale, die der Körper uns gibt, richtig einordnen zu können, sollte man sich einige Tatsachen über das Blut, seine Zusammensetzung und seine Aufgaben im menschlichen Körper vergegenwärtigen. Unser Blut hat viele Aufgaben Das Blut, die in den Blutgefäßen zirkulierende Körperflüssigkeit, erfüllt vielfältige Aufgaben: Es dient der Versorgung des Gewebes mit Sauerstoff und Nährstoffen, dem Abtransport von Kohlendioxid und Stoffwechselprodukten, der Wärmeregulation sowie der Verteilung von Enzymen und Hormonen. Es nimmt im Darm Nährstoffe und in den Lungen Sauerstoff auf und führt sowohl die Nährstoffe als auch den Sauerstoff den Organen zu. Die normale Blutmenge beträgt bei einem Erwachsenen etwa ein Zwölftel seines Körpergewichtes. Bei einem Erwachsenen, der 60 Kilogramm wiegt, sind dies etwa fünf bis sechs Liter. Die wesentlichen Bestandteile des Blutes Blut besteht aus vielen verschiedenen Bestandteilen, deren richtige Zusammensetzung die Voraussetzung für das Wohlbefinden und die Gesundheit eines Menschen ist. Blutplasma Etwa die Hälfte des gesamten Blutes besteht aus Blutplasma, das sich hauptsächlich aus Wasser und Eiweißkörpern zusammensetzt. Die andere Hälfte des Blutes besteht aus Zellen. Die drei wichtigsten Zellelemente sind: ● ● ● die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) die Blutplättchen (Thrombozyten). PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) enthalten ein eisenbeladenes Eiweiß, das so genannte Hämoglobin, welches für den Sauerstofftransport von der Lunge zu den Zellen verantwortlich ist. Im Körper produziertes Kohlendioxid wird von den roten Blutkörperchen zur Lunge zurück transportiert, wo es über die Atmung ausgeschieden wird. Die Lebensdauer der Erythrozyten beträgt 120 Tage. Danach werden sie in der Milz abgebaut und durch neue Erythrozyten ersetzt. Jeder Mensch besitzt vier bis sechs Millionen rote Blutkörperchen pro Mikroliter Blut. 9 Rote Blutkörperchen und Hämoglobin Hat ein Mensch weniger Erythrozyten oder zu wenig Hämoglobin, so spricht man von Blutarmut (Anämie). Dadurch ist der Sauerstofftransport im Körper gefährdet. Krankheitszeichen der Blutarmut kennen Sie vielleicht selbst: Müdigkeit, Luftnot, Schwäche, Schwindel oder Kopfschmerzen. Hauptfunktion der Blutplättchen (Thrombozyten) ist die Blutgerinnung. Bei der Verletzung eines Blutgefäßes wird die Gefäßwand durch Thrombozyten abgedichtet. Innerhalb kürzester Zeit bilden sich an der verletzten Stelle Plättchenpfropfen, die zur sofortigen Blutstillung führen. Thrombozyten verweilen etwa zehn Tage in der Blutbahn, falls sie nicht vorher zur Blutstillung und Thrombusbildung verwendet werden. Ein Mangel an Blutplättchen kann sich in einer verstärkten Blutungsneigung äußern, was sich durch kleine punktförmige Einblutungen in die Haut oder durch Nasenbluten bemerkbar machen kann. Jeder Mensch besitzt 150.000 bis 300.000 Thrombozyten pro Mikroliter Blut. Blutplättchen Zu den weißen Blutkörperchen (Leukozyten) gehören Monozyten, Granulozyten sowie B- und T-Lymphozyten. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Krankheitserregern (Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten). Im Vergleich zu den Erythrozyten haben die weißen Weiße Blutkörperchen 10 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Zellen nur eine sehr kurze Lebensdauer (Ausnahme Lymphozyten). Sie müssen daher ständig nachproduziert werden. Jeder Mensch besitzt 4.000 bis 10.000 Leukozyten pro Mikroliter Blut. Die Monozyten und Granulozyten töten Bakterien dadurch, dass sie sie „auffressen“. Bei einem Mangel dieser Zellen ist die so genannte unspezifische Abwehr des Körpers beeinträchtigt. Die Lymphozyten dagegen sorgen für verschiedene Funktionen der spezifischen Abwehr: Lymphozyten Die T-Lymphozyten können als so genannte „Killerzellen“ Krankheitserreger und kranke Zellen vernichten und haben darüber hinaus eine Koordinationsfunktion im Abwehrsystem. Als T-Helfer-Lymphozyten ermöglichen sie durch Produktion verschiedener Wachstumsfaktoren die Differenzierung von B-Lymphozyten zu antikörperproduzierenden Plasmazellen. Die B-Lymphozyten sind für die Produktion von Antikörpern zuständig. Die B-Lymphozyten durchlaufen einen Reifungsprozess im Knochenmark und reifen zu Plasmazellen heran. Die Plasmazellen produzieren viele verschiedene Antikörper und versetzen so das menschliche Abwehrsystem in die Lage, auf jeden möglichen Krankheitserreger zu reagieren. Beim Plasmozytom/Multiplen Myelom liegt eine krankhafte Veränderung dieser Plasmazellen vor. Die krankhaften Plasmazellen werden auch Myelomzellen genannt. PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Was versteht man unter Blutbildung? Weiße und rote Blutkörperchen und die Blutplättchen gelangen erst nach einem Wachstums- und Reifungsprozess in die Blutbahn. Der Ort, an dem die Blutbildung stattfindet, ist das Knochenmark. Dort wachsen unreife Blutzellen zu funktionstüchtigen Zellen heran, die dann in das Blut ausgeschwemmt werden können. Das Knochenmark steht mit dem Blut- und Lymphgefäßsystem in Verbindung. Erkrankungen, die vom Knochenmark ausgehen, betreffen daher immer den gesamten Organismus. Deshalb können solche Erkrankungen durch eine ProbeEntnahme an einer beliebigen Stelle des Körpers (zum Beispiel eine Knochenmarkpunktion am Beckenknochen) nachgewiesen werden. Die Blutbildung, die im Knochenmark stattfindet, nimmt ihren Ausgang von unreifen Zellen, den so genannten Stammzellen. Sie zeichnen sich besonders dadurch aus, dass sich aus ihnen jede Art von Blutzelle entwickeln kann. So entstehen zunächst vor allem zwei Hauptarten von Vorläuferzellen, die myeloischen Stammzellen (Myeloblasten) und die lymphatischen Stammzellen (Lymphoblasten). Aus den Myeloblasten entwickeln sich die Granulozyten, aus den Lymphoblasten die Lymphozyten. Während des Reifungsprozesses nimmt die Spezialisierung der Zellen zu. Sind sie ausgereift, werden sie in die Blutbahn ausgeschwemmt, wo sie ihren Aufgaben nachkommen. Die Leistungsfähigkeit der Stammzellen ist enorm: Beim erwachsenen Menschen werden täglich etwa 300 Milliarden (als Zahl ausgeschrieben: 300.000.000.000!) Funktionszellen allein der myeloischen Reihe nachgebildet. Blutbildung im Knochenmark 11 12 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Plasmazellen vermehren sich ungebremst PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Das Zusammenspiel von Blutbildung, Erhalt und Abbau ist ein sehr wirkungsvoll geregelter Prozess. Eine übermäßige Vermehrung abnormaler Zellen im Rahmen einer Erkrankung des Blutzellsystems bedeutet daher eine nachhaltige Störung dieser Abläufe. Plasmozytom /Multiples Myelom – Was ist das? Beim Plasmozytom/Multiplen Myelom kommt es zu einer ungezügelten Vermehrung von Plasmazellen im Knochenmark, durch die das Wachstum der gesunden blutbildenden Zellen gehemmt wird. Folge für den Patienten ist eine Störung der Gesundheit und des Wohlbefindens. Beim Plasmozytom/Multiplem Myelom liegt eine bösartige Entartung der Plasmazellen vor. Diese Zellen vermehren sich überschießend und reagieren nicht mehr auf die Kontrollmechanismen des Körpers. Die krankhaft veränderten Plasmazellen produzieren Antikörper oder auch nur Bruchstücke von Antikörpern, die Paraproteine genannt werden. Ein Charakteristikum der Myelomzellen ist, dass sie nur Antikörper (Immunglobuline) einer bestimmten Sorte produzieren: Das Immunglobulin G ist dabei die häufigste entartete Antikörper-Form (60 Prozent), gefolgt vom Immunglobulin A (20 Prozent). Die Immunglobuline D, E und M sind deutlich seltener betroffen. Entscheidend ist, dass die Paraproteine in der Regel funktionsuntüchtig sind, das heißt sie kommen ihren Aufgaben in der Infektionsabwehr nicht nach. Der Patient ist daher erhöht infektanfällig. Zahlen, die Sie im Rahmen Ihrer Erkrankung immer wieder hören werden, sind die Werte, die die Zusammensetzung Ihres Blutes beschreiben. Ihr Arzt erhält diese Werte durch die Untersuchung Ihres Blutes im Labor. Die Normwerte dieses so genannten Blutbildes finden Sie in der folgenden Tabelle. Normwerte des menschlichen Blutes Hämoglobin (roter Blutfarbstoff) 12 - 14 g /100 ml bei Frauen 14 - 16 g /100 ml bei Männern Erythrozyten (rote Blutkörperchen) 4 - 6 Millionen/µl Thrombozyten (Blutplättchen) 150.000 - 300.000/µl Leukozyten (weiße Blutkörperchen) 4.000 - 10.000/µl 1µl (Mikroliter) = 1 Millonstel Liter 13 Myelomzellen produzieren entartete Antikörper Eine weitere Auswirkung der Plasmazell-Vermehrung im Knochenmark ist, dass das Wachstum der gesunden blutbildenden Zellen im Knochenmark gehemmt wird. Bei fortschreitender Erkrankung kommt es so zu einem Mangel an gesunden Erythrozyten und Leukozyten mit den entsprechenden Beschwerden: Müdigkeit, Schwäche und Kopfschmerzen als Zeichen der Anämie; gesteigerte Infektanfälligkeit durch den Mangel an Leukozyten. Die Plasmazellen bilden außerdem Substanzen, die zu einer Aktivierung der so genannten Osteoklasten im Knochenmark führen. Osteoklasten sind Zellen, welche die Knochensubstanz abbauen können. Durch die hohe Aktivität der Osteoklasten kommt es zur Aufweichung und Osteoklasten können Knochensubstanz abbauen 14 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Erhöhter Kalziumspiegel Ausdünnung des Knochens vor allem in Wirbelsäule, Beckenknochen, Rippen und Schädel. Die Folgen können Knochenbrüche oder Schmerzen sein. Warum entsteht ein Plasmozytom / Multiples Myelom? Das Knochengewebe ist sehr Kalzium-reich. Wenn sich der Knochen auflöst, wird Kalzium freigesetzt, was zu hohen Kalziumspiegeln im Blut führen kann. Ein kritischer Anstieg von Kalzium im Blut kann Bewusstseinsstörungen und Nierenschäden bis hin zum Nierenversagen verursachen. Die Frage, warum ein Plasmozytom/Multiples Myelom entsteht, ist bisher weitgehend ungeklärt. Bisher konnten nur wenige eindeutige Antworten gefunden werden. Überwiegend sind die Experten – wie die nachfolgenden Erläuterungen zeigen – auf Vermutungen angewiesen. Durch die Bildung großer Mengen von Paraproteinen kann der Eiweißgehalt des Blutes erheblich ansteigen. Ein Teil des Eiweißes wird über die Niere ausgeschieden. Dabei kann das Eiweiß die Nierenkanälchen verstopfen und so die Nierenfunktion beeinträchtigen. Es ist wichtig zu wissen, dass ein Plasmozytom/Multiples Myelom über Jahre hinweg ohne bemerkbare Krankheitszeichen verlaufen kann. Die eben beschriebenen Auswirkungen der Erkrankung treten in der Regel erst nach einem längerem Krankheitsverlauf auf. Typische Folgen der bösartigen Plasmazell-Vermehrung Normale Blutproduktion wird verdrängt: - Blutarmut ➡ Kurzatmigkeit - Wenig Blutplättchen ➡ Blutungsneigung - Wenig Leukozyten ➡ Infekt-Anfälligkeit Normale Abwehreiweiße fehlen ➡ Infekt-Anfälligkeit Immunsystem wird fehlreguliert ➡ Infekt-Anfälligkeit Osteoporose durch Osteoklasten ➡ Knochenbrüche Eiweißablagerungen (Amyloidose) ➡ Schäden von Niere, Darm, Herz Allgemeinsymptome PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM ➡ Nachtschweiß, Temperaturerhöhung, Gewichtsverlust, Müdigkeit Sie und Ihre Angehörigen werden sich fragen, ob das Erbgut bei der Krankheitsentstehung eine Rolle spielt. Eine gewisse Abhängigkeit von der Vererbung lässt sich aus der Tatsache schließen, dass erstgradige Verwandte (Eltern /Geschwister) von Plasmozytompatienten ein etwas höheres Risiko haben, selbst daran zu erkranken. Beim Plasmozytom handelt es sich aber nicht um eine Erbkrankheit im engeren Sinne. In der Erbsubstanz der entarteten Plasmazellen können Veränderungen nachgewiesen werden. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um vererbbare Störungen! Es ist lediglich die Krebs-Ursprungszelle mit all ihren Abkömmlingen betroffen. Die Keimzellen mit der Erbsubstanz, die der Betroffene an seine Kinder weitergibt, sind nicht betroffen. Eine häufige Veränderung im Erbgut der PlasmozytomZellen betrifft das Chromosom 13. Bei 30 Prozent der Betroffenen liegt an diesem Chromosom eine Veränderung vor. Dieser chromosomale Defekt ist mit einem eher ungünstigen Krankheitsverlauf verbunden. 15 Erbliche Veranlagung 16 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Risikofaktor ionisierende Strahlung Zu den wichtigsten Risikofaktoren für Veränderungen im Erbgut der Zellen zählen ionisierende Strahlen. Unter den Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki, die hohen Dosen radioaktiver Strahlung ausgesetzt waren, verstarben auffällig viele Menschen an einem Plasmozytom. Hinweise darauf, dass die Strahlendosis bei routinemäßig durchgeführten Röntgenuntersuchungen das Risiko einer Plasmozytom-Erkrankung erhöht, gibt es dagegen nicht. Risikofaktor Gifte Risikofaktor Immundefekte Weitere auslösende Faktoren können auch Gifte wie Pestizide oder Dioxine sein. Gesichert ist ferner ein erhöhtes Risiko bei Betroffenen mit angeborenen Immundefekt-Syndromen und bestimmten Autoimmunerkrankungen, beispielsweise der rheumatoiden Arthritis und verwandter Krankheitsbilder. Risiken bestehen hier vermutlich auch für erstgradige Verwandte, insbesondere Geschwister. Ein erhöhtes Risiko wurde auch nach Organ-, Knochenmark- und Stammzelltransplantation beobachtet. Die Befunde zu einem erhöhten Risiko durch Asthma, Heuschnupfen und Allergien sowie einer Vielzahl weiterer Faktoren mit Bezug zum Immunsystem sind uneinheitlich und können gegenwärtig nicht abschließend bewertet werden. Risikofaktor Infektionserkrankungen Einige Wissenschaftler vermuten Zusammenhänge mit einer früheren Exposition gegenüber viralen und bakteriellen Erkrankungen. Die Schwächung des Immunsystems während der Auseinandersetzung mit den Bakterien und Viren wird dabei als Entstehungsfaktor angesehen. Es ist beispielsweise bekannt, dass Betroffene mit bestimmten Virusinfektionen ein erhöhtes Risiko tragen, an einem Plasmozytom zu erkranken. Bei HIV-infi- PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM 17 zierten Patienten besteht ein 4- bis 5-mal höheres Erkrankungsrisiko. Weitere Viren, die als Ursache für ein Plasmozytom diskutiert werden, sind das Epstein-Barr-Virus (der Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers) und eine Untergruppe der Herpes-Viren, das Herpes-Virus 8. Hierbei scheinen auch geographische Besonderheiten eine Rolle zu spielen, da die Infektion mit dem Herpes-Virus 8 in den USA besonders häufig beobachtet wird, während sie in Europa wahrscheinlich keine große Rolle spielt. Zu den möglichen Risikofaktoren für ein Plasmozytom zählt Asbest. Dafür liegen international zahlreiche Hinweise aus Einzelfalldarstellungen, aber auch aus analytischen Studien vor. Ein erhöhtes Plasmozytom-Risiko durch Exposition gegenüber Dieselruß, organischen Lösungsmitteln, Farben und Lacken sowie die Verwendung permanenter Haarfärbemittel (insbesondere bei Männern) ist ebenfalls gut belegt. In einer Studie wurde außerdem ein erhöhtes Risiko durch starkes Übergewicht beobachtet. Mit dem Zigarettenrauchen, der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern und dem beruflichen Umgang mit Benzol scheint kein erhöhtes Risiko für das Plasmozytom verbunden zu sein. Schwangerschaften, insbesondere vor dem Erreichen des 20. Lebensjahres, scheinen das Plasmozytom-Risiko zu verringern. Schützend sind ebenfalls der Verzehr von Gemüse, Fisch und die Einnahme von Vitamin C. Bei der Entstehung eines Plasmozytoms handelt es sich – wie bei allen Tumoren – um einen Prozess von vielen aufeinander folgenden Schritten, der über Jahrzehnte ablaufen kann. Zumeist sind mehrere Faktoren gleichzeitig Risikofaktor Asbest Risikofaktor Übergewicht 18 PLASMOZYTOM/ MULTIPLES MYELOM beteiligt. In den meisten Fällen wird es daher nicht gelingen, eine Antwort auf die Frage zu bekommen, warum gerade Sie erkrankt sind. Hören Sie auf zu rauchen Obwohl das Zigarettenrauchen nicht als Ursache für das Plasmozytom nachgewiesen werden konnte, erhöht es Ihre Anfälligkeit und schadet Ihrem Immunsyst em. Im Zigaretten rauch sind zahlreic he krebserzeugende Substanzen enthalten, die beim Rauchen ins Blut übergehen und die Organe schädigen. Bei krebskranken Menschen, die weiter rauchen, verschlechtert sich die Durchblutung des Körpers. Damit nimmt auch die Wirksamkeit einer Chemotherapie ab. Unsere dringende Empfehlung lautet deshalb: Hören Sie auf zu rauchen! (Siehe dazu auch die Hinweise auf die Raucher-Hotline Seite 38) Andere Arten der Erkrankung von Plasmazellen Das Plasmo zyt om /Mu ltiple Mye lom ge hör t zu eine r Gruppe von Erkrankungen, die alle mit einer Vermehrung von Plasmazellen einhergehen. Wie zu Beginn dieser Broschüre erläutert, ist die wichtigste Eigenschaft der Plasmazellen, Immunglobuline nur einer Sorte zu produzieren. Das Spektrum der Erkra nkun gen, die sich hinter eine r monoklonalen Gammopathie verbergen, ist groß und umfasst neben bösartige n Erkrankungen auch Veränderungen, deren Gut- oder Bösartigkeit zum Zeitpunkt des Nachweises von Paraproteinen nicht eindeutig beurteilbar ist. Die Mehrzahl der Plasmazell-Erkrankungen hat ihren Sitz im Skelett beziehungsweise im Knochenmark. Der Plasmazell-Klon kann sich aber auch außerhalb des Knochenmarks befinden. Im Folgenden stellen wir Ihnen die wichtigsten Plasmazell-Erkrankungen vor. PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Monoklonale Gammopathie unbestimmter Signifikanz (MGUS) Die Diagnose dieser Erkrankung wird meist zufällig bei Patienten ohne Krankheitszeichen bei der Durchführung einer Blutuntersuchung (Serum-Elektrophorese) gestellt. Die Charakteristika einer MGUS sind das Vorliegen einer geringen Menge von Paraproteinen im Serum (zum Beispiel lgG unter 3 g/100 ml) sowie ein normaler Plasmazell-Anteil im Knochenmark (weniger als fünf Prozent Plasmazellen). Weitere Krankheitszeichen wie Knochenverdünnung, Anämie und Einschränkung der Nierenfunktion fehlen. Für den Betroffenen entscheidend sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen, da die MGUS mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 1 Prozent pro Jahr in ein Multiples Myelom oder eine verwandte bösartige Erkrankung übergehen kann. Eine vorbeugende Behandlung gibt es zur Zeit nicht. Der Verlauf der MGUS ist meist gutartig. Smouldering Myelom („schwelendes“ Myelom) Das „schwelen de“ Myelom nimmt eine Mittelstellung zwischen der MGUS und dem Plasmozyto m/Multiplen Myelom ein. Hierbei finden sich im Serum über 3 g/100 ml Paraproteine und im Knochenmark über 10 Prozent atypische Plasmazellen. Die Veränderungen sind jedoch nicht fortschreitend. Die für das Multiple Myelom typischen Krankheitszeichen fehlen. 19 20 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Plasmazell-Leukämie Eine Plasmazell-Leukämie liegt vor, wenn der Anteil von Plasmazellen im Differentialblutbild über 20 Prozent beträgt. Eine Plasmazell-Leukämie kann entweder primär bei der Erstdiagnose eines Plasmozytoms/Multiplen Myeloms vorliegen oder sich im Verlauf dieser Erkrankung entwickeln. Solitäres Plasmozytom Von einem solitären Plasmozytom des Knochens spricht man, wenn nur ein einziger Plasmazell-Herd im Körper nachgewiesen wird. Dieses lässt sich durch eine alleinige Strahlentherapie in zirka 30 Prozent aller Fälle heilen. Im englischen Sprachgebrauch wird der Begriff Plasmozytom oft für das solitäre Plasmozytom verwendet, während die ausgebreitete Erkrankung in der Regel Multiples Myelom genannt wird. Um Verwirrung zu vermeiden, empfehlen einige deutsche Experten, zwischen solitärem oder extramedullärem Plasmozytom und Multiplem Myelom zu unterscheiden und den Begriff Plasmozytom als gleichbedeutende Bezeichnung für das Multiple Myelom zu vermeiden. In dieser Broschüre sprechen wir von Plasmozytom/Multiples Myelom. Extramedulläres Plasmozytom Beim extramedullären Plasmozytom handelt es sich um monoklonale Plasmazell-Herde außerhalb des Knochenmarks. Primär extramedulläre Plasmozytome können entweder nur an einer oder an mehreren Stellen auftreten und entweder mit oder ohne Lymphknotenbefall einhergehen. PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Es gibt darüber hinaus auch sekundär extramedulläre Plasmozytome, die im Rahmen eines bereits bestehenden Plasmozytoms/Multiplen Myeloms auftreten. Morbus Waldenström Kennzeichnend für den Morbus Waldenström ist das Paraprotein Immunglobulin M. Die klonalen Zellen, die das Paraprotein produzieren, sind in den Lymphknoten, also außerhalb des Knochenmarks lokalisiert. Ein Knochenbefall tritt in der Regel nicht auf. 21 22 PLASMOZYTOM/ MULTIPLES MYELOM Anfangs oft keine Beschwerden Schäden im Skelettsystem führen zu Knochenschmerzen PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Der Körper sendet Alarmsignale Bei Diagnosestellung weisen 80 Prozent der Betroffenen eine Osteoporose und/oder Osteolysen im Röntgenbild auf. Ist nur eine einzige Osteolyse auf dem Röntgenbild zu sehen, muss an ein einzelnes Plasmozytom im Knochen gedacht werden. Die wichtigsten Symptome des Plasmozytoms/Multiplen Myeloms haben wir Ihnen bereits vorgest ellt. Um die Krankheitszeichen richtig einordnen zu können, ist es für Sie wichtig zu wissen, dass diese Symptome zumeist erst in fortgeschrit tenen Kran kheitsstadie n auftreten. Welche Symptome wann auftreten, kann man nicht vorhersagen. Um Knochenausdünnung und Knochenbrüchen vorzubeugen, stehen medikamentöse und orthopädische Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Diese stellen wir ab Seite 58 vor. 23 Ein Anstieg des Kalziumspiegels im Blut (Hyperkalzämie) ist immer Ausdruck einer fortgeschrittenen Erkrankung. Auslösend ist die gesteigerte Aktivität von Osteoklasten. Durch die Auflösung des Knochens kommt es zu einem Anstieg des Kalziumspiegels im Blut und zu einer vermehrten Ausscheidung von Kalzium im Urin. Das Harnvolumen nimmt zu, und der Körper droht auszutrocknen. Der hohe Kalziumgehalt im Blut bedingt Übelkeit und Erbrechen, wodurch noch mehr Flüssigkeit verloren geht. Erhöhter Kalziumspiegel bedingt Übelkeit und Erbrechen Nierenfunktion kann nachlassen Die Knochenschmerzen beginnen oft schleichend und ne hme n mi t der Zeit zu. Akut einset zende, starke Schmerzen sind typisch für Knochenbrüche in der Wirbelsäule, den Rippen oder den langen Röhrenknochen. Miterkrankungen der Niere im Rahmen eines Plasmozytoms/Multiplen Myeloms können jederzeit auftreten. Bei etwa 20 Prozent aller Betroffenen muss mit einer nachlassenden Nierenfunktion gerechnet werden. Die Nierenkanälchen werden durch die erhöhte Kalziumausscheidung sowie durch die Ausscheidung der Paraproteine geschädigt. Häufig stehen Rückenschmerzen im Bereich der Brustund Lendenwirbelsäule im Vordergrund. Oft lässt sich ein Körpergrößenverlust von mehreren Zentimetern feststellen. Ursache dafür ist ein Zusammensinken (Sintern) von Wirbelkörpern. Das Ausmaß der Beschwerden aufgrund der Blutbild-Veränderungen hängt von der Masse der entarteten Plasmazellen ab. Je größer die Menge der Myelomzellen im Knochenmark, desto stärker werden dort die Zellen der normalen Blutbildung in ihrem Wachstum behindert. Blutbild-Veränderungen Zu Beginn der Erkrankung bestehen bei den meisten Betr of fenen ke ine Besch wer den. Im weite re n Ve rlau f kommt es oft zu uncharakteristischen Symptomen wie Abn ahme der körperl ichen Leistungsfähigkei t, Abge schlagenheit, Müdigkeit, Schwäche, seltener Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen oder Gewichtsverlust. Bei den nachfolgenden, nach Organsystemen beschriebenen Krankheitszeichen, handelt es sich um Komplikationen der Erkrankung in fortgeschrittenen Krankhei tsstadien. 24 PLASMOZYTOM/ MULTIPLES MYELOM Blutarmut Die Reifung der roten Blutkörperchen wird als erstes bee int rächt igt . Symptom e der Anämie sind Blä sse , Schwäche, Müdigkeit, Kopfschmerzen und Luftnot, besonders bei körperlicher Belastung. Erhöhte Infektionsanfälligkeit Im weiteren Krankheitsverlauf kann es zu einem Abfall der Leukozyten und Thrombozyten kommen. Die niedrigen Leukozytenzahlen, insbesondere der Mangel an speziellen Leukozyten, so genannten neutrophilen Granulozyten, ist zusammen mit dem Antikörpermangel für eine deutlich erhöhte Infektanfälligkeit verantwortlich. Etwa 20 bis 25 Prozent der Betroffenen leiden unter wiederholt auftretenden, überwiegend bakteriellen Infekten. Ursächlich verantwortlich ist die Abwehrschwäche des Körpers durch den Mangel an funktionstüchtigen Antikörpern sowie durch den Mangel an neutrophilen Granulozyten. Atem- und Harnwegsinfekte In der frühen Erkrankungsphase stehen Infekte der Atemwege im Vordergrund. Weist der Betroffene Symptome wie Fieber oder gelblichen Auswurf auf, so sollte anhand einer Röntgenaufnahme des Brustkorbes nach den Zeichen einer Lungenentzündung gefahndet werden. Eine typische Komplikation der fortgeschrittenen Erkrankung sind Harnwegsinfekte. Durch eine frühzeitig einsetzende oder vorbeugende antibiotische Behandlung können Infektionen wirkungsvoll bekämpft werden. Was Sie und Ihr Arzt gegen die Infektionsgefahr tun können, erläutern wir Ihnen ab Seite 64. Erhöhte Blutungsneigung Der Mangel an Thrombozyten macht sich in einer erhöhten Blutungsneigung bemerkbar. Typisch ist das Auftreten von Nasenbluten, vermehrten Blutergüssen oder verstärkten Menstruationsblutungen bei Frauen. PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Krankhafte Veränderungen des Nervensystems treten nur bei sehr wenigen Betroffenen mit Plasmozytom/Multiplem Myelom auf. Wenn die langen Nerven an Armen oder Beinen betroffen sind, können brennende Schmerzen und Gefühlsstörungen in den Extremitäten auftreten. Selten und erst nach längerem Krankheitsverlauf kann es auch zu einem Querschnittssyndrom mit Lähmungen, Gefühlsstörungen und Inkontinenz kommen. Ursachen dafür sind meistens Wirbelkörperbrüche. Wichtig zur Vermeidung dieser Komplikationen ist eine frühzeitige Untersuchung der Wirbelsäule als Grundlage therapeutischer Entscheidungen. 25 Veränderungen des Nervensystems selten 26 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Untersuchungen bei Verdacht (Diagnostik) Keine Angst vor dem Arztbesuch Viele Menschen befürchten, bei der Verdachtsdiagnose „Krebs” in die medizinische „Mühle” zu geraten, und meiden den Arztbesuch aus Angst davor. Denken Sie aber bitte daran, dass die Untersuchungen notwendig sind, um folgende Fragen zu klären: 1. Handelt es sich wirklich um einen Tumor? 2. Ist dieser gut- oder bösartig? 3. Um welche Krebsart handelt es sich? 4. Wo sitzt der Tumor? 5. Wie ist der Allgemeinzustand des Patienten? 6. Wie weit ist die Krebserkrankung fortgeschritten? 7. Welche Behandlung wird den größten Erfolg bringen? Eine sinnvolle Therapieplanung ist nur möglich, wenn eine gründliche Diagnostik vorausgegangen ist. Dabei haben alle diagnostischen Maßnahmen zwei Ziele: Zum einen sollen sie den Verdacht auf eine Krebserkrankung bestätigen oder ausräumen. Wenn sich der Verdacht bestätigt, müssen die behandelnden Ärzte zum anderen genaue Kenntnis über den Tumor haben. Die Krankheit kann auf mehrere Arten festgestellt werden. Allgemeine Hinweise sind veränderte Blut- oder Urinwerte, Knochenschmerzen oder Knochenbrüche. Diese geben Anlass zu gezielten Untersuchungen auf ein Plasmozytom/Multiples Myelom. PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Für die Diagnose eines Plasmozytoms/Multiplen Myeloms müssen mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllt sein ● Mindestens eine Osteolyse nachweisbar ● Nachweis eines Paraproteines (meist lgG, lgA, freie Leichtketten) ● Knochenmarkinfiltration durch maligne Plasmazellen (mindestens 10 Prozent) Es gibt auch andere gleichwertige Diagnosekriterien. Für dieses System spricht, dass es gut überschaubar ist. Keiner der genannten Befunde würde demnach für sich allein die Diagnose zweifelsfrei zulassen. Erst das Zusammentreffen typischer Befunde macht die Verdachtsdiagnose sehr wahrscheinlich. Allerdings lassen sich anhand der oben genannten drei Kriterien nur relativ fortgeschrittene Krankheitsfälle feststellen. Ziel der modernen Diagnostik beim Plasmozytom/ Multiplen Myelom ist es aber, möglichst frühzeitig, also vor dem Auftreten von Komplikationen, die Diagnose zu sichern. Diese Strategie soll es dem behandelnden Arzt erlauben, vorbeugende Maßnahmen einzuleiten. Als Beispiel dafür ist die Behandlung mit knochenschützenden Substanzen zu nennen, die eingeleitet werden sollte, bevor es zu Knochenbrüchen kommt. Für den Betroffenen kann sich dies im Sinne einer verbesserten Lebensqualität auswirken. Ein weiteres Ziel der modernen Diagnostik ist es, anhand der Untersuchungsergebnisse eine Aussage über den 27 28 PLASMOZYTOM/ MULTIPLES MYELOM mutmaßlichen Verlauf der Erkrankung machen zu können. Dabei kann durch bestimmte Faktoren eine vorsichti ge Vor aussag e darüber ge macht werde n, wie der Tumor auf die Therapie anspricht. Be ste ht der Ve rd acht, dass Sie an ein em Plas mo zytom/Multiplen Myelom erkrankt sind, wird Ihr Arzt mit Ihnen über die Untersuchungen sprechen, die notwendig sind, um die Diagnose zu sichern. Im Folgenden stellen wir Ihnen eine Reihe der gängigsten Untersuchungsverfahren und ihre Bedeutung vor. Schon zu diesem Zeitpunkt, wo bisher nur der Verdacht auf eine Krebserkrankung besteht, und erst recht später, wenn sich dieser Verdacht vielleicht bestätigt hat, ist es wichtig, dass Sie ein vertrauensvolles Verhältnis zu Ihrem Arzt entwickeln. Wie Patient und Arzt an einem Strang ziehen, wie sie ihre Handlungen abstimmen und sich auf einer gemeinsamen Basis verständigen können, um das bestmögliche Behandlungs ergebnis zu erreichen, dazu hat die Deutsche Krebshilfe die Broschüre „TEAMWORK – Die bla uen Ratgeber 43“ her ausgegeben (Beste lladresse Seite 81). Das Gespräch (Anamnese) und die körperliche Untersuchung In einem ausführlichen Gespräch wird der Arzt sich mit Ihnen über Ihre aktuellen Beschwerden und deren Dauer, über Vor- und Begleiterkrankungen und eventuelle Risikofaktoren unterhalten (vergleiche dazu Seite 15 f.). Sehr wichtig ist auch, dass Sie Ihrem Arzt alle Medikamente nenne n, die Sie einnehmen, auch diejenig en, die Sie selbst ohne Verordnung einnehmen (zum Beispiel Johanneskraut oder Gingko-Präparate). Auch diese Medika - PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM mente können Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten verursachen. Vielleicht machen Sie sich vor dem Arztbesuch schon ein paar Notizen, damit Sie in dem Gespräch auch an alles denken. Schildern Sie Ihrem Arzt all Ihre Beschwerden und Vorerkrankungen. Jedes Ihnen noch so unwichtig erscheinende Detail kann für Ihren Arzt eine wichtige Information sein. Er wird Sie aber auch nach bestimmten Dingen fragen und sich so ein umfassendes Bild machen. Außerdem soll eine gründliche körperliche Untersuchung dem Arzt helfen, die Ursache Ihrer Beschwerden zu erkennen und die richtige Diagnose zu stellen. Wenn bei Ihnen typische Symptome vorliegen, die den Verdacht auf Plasmozytom/Multiples Myelom nahe legen, sollte Ihr Arzt umgehend weitere Untersuchungen veranlassen, um nicht wertvolle Zeit zu verlieren. Wenn Sie sich bei Ihrem behandelnden Arzt nicht gut auf gehoben fühlen oder Sie eine Best ätigung der vorgeschlagenen Maßnahmen haben möchten, dann scheuen Sie sich nicht, eine zweite Meinung bei einem anderen (Fach-)Arzt einzuholen. Untersuchung von Blut und Urin In Blut- und Urinproben werden zunächst die Art und die Menge der Immunglobuline bestimmt. Für die Beurteilung des Krankhei tsver lauf es sind weitere Blutwert e wichtig, wie zum Beispiel das beta-2-Mikroglobulin, das 29 30 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM C-reaktive Protein, das Albumin und verschiedene Zytokine. Durch Bestimmung dieser Eiweiße kann eine Aussage über die Aktivität der Erkrankung getroffen werden. Eine regelmäßige Überwachung des Blutbildes soll dazu beitragen, Funktionsbeeinträchtigungen des Knochenmarks infolge der Plasmazell-Infiltration rasch festzustellen. Das Ausmaß der Blutarmut gibt einen Hinweis auf den Verlauf der Erkrankung: je niedriger der Hämoglobinwert, desto ungünstiger der Krankheitsverlauf. Bildgebende Diagnostik Röntgenaufnahmen Zur Erkennung von Osteolysen sind Röntgenaufnahmen unentbehrlich. Wichtig sind Aufnahmen des Schädels, der Wirbelsäule, der langen Röhrenknochen, des Beckens und der Rippen. Ein Nachteil der Röntgendiagnostik ist, dass geringgradige Plasmazell-Infiltrationen auf den Bildern nicht erkennbar sind. Trotzdem haben sich diese Aufnahmen zur Beurteilung des Ausmaßes und des Schweregrades der Osteolysen bewährt. Kernspintomographie/ Computertomographie Neuere bildgebende Verfahren wie die Kernspintomographie (auch Magnetresonanztomographie MRT) oder die Computertomographie (CT) können ergänzend zu den Röntgenaufnahmen durchgeführt werden. Sinnvoll sind diese Untersuchungen zum Nachweis einer Früh-Infiltration der Wirbelsäule und zur genaueren Beurteilung von osteolytischen Bezirken, die auf konventionellen Röntgenaufnahmen nicht ausreichend zu beurteilen sind, zum Beispiel wenn es nicht klar ist, wie stabil der Knochen noch ist. PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Knochenmarkpunktion Eine Sicherung der Diagnose ist nur mittels einer Knochenmarkpunktion möglich. Dazu müssen Sie sich auf den Bauch oder auf die Seite legen. Dann wird im Bereich des Beckenknochens auf der Fläche eines etwa 2Euro-Stück großen Gebietes eine lokale Betäubung gesetzt und unter sterilen Bedingungen eine Nadel in das Knochenmark eingeführt. Nun werden mit einer Spritze wenige Milliliter Blut aus dem Knochen herausgesaugt. Anschließend wird mit einer anderen Nadel ein etwa 10 mm langes Knochenstückchen von 2 mm Durchmesser entfernt. Dies nennt man „Stanze“. Der ganze Vorgang dauert etwa eine Viertelstunde. Danach müssen Sie sich für gut 30 Minuten auf den Rücken legen, eventuell auf einen kleinen Sandsack, um die Entnahmestelle zusammenzupressen und so die Bildung eines Blutergusses an der Punktionsstelle zu vermeiden. An diesem und dem folgenden Tag dürfen Sie nicht in die Badewanne; Duschen hingegen ist ab dem Folgetag nach der Untersuchung unproblematisch. Manche Patientinnen und Patienten bezeichnen die Punktion als schmerzhaft; die meisten berichten hingegen, dass die Untersuchung gut erträglich war. Die Entnahme einer Knochenmark-Probe dient mehreren Zwecken. Einerseits wird der Infiltrationsgrad der Plasmazellen im Knochenmark bestimmt. Andererseits können die Plasmazellen unter dem Mikroskop nach ihrem Aussehen in gut differenzierte Zellen und weniger gut differenzierte Zellen eingeteilt werden. Damit kann eine Vorhersage über den Krankheitsverlauf gemacht werden: Plasmozytome/Multiple Myelome mit gut differenzierten Zellen nehmen einen eher günstigen Verlauf. 31 32 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Die Knochenmarkpunktion bildet das Fundament in der Diagnostik des Plasmozytoms/Multiplen Myeloms. Ihre Symptome, die Ergebnisse der Blut- und Röntgenuntersuchungen sowie die Beurteilung der Knochenmark-Probe helfen dabei, die Diagnose zu sichern. Diagnose Krebs – wie geht es weiter? Darüber hinaus kann durch die Bestimmung von bestimmten Blutwerten (beta-2-Mikroglobulin, C-reaktives Protein, Albumin und zytogenetische Veränderungen) eine Vorhersage über den mutmaßlichen Verlauf der Erkrankung getroffen werden. Sie haben inzwischen einige Untersuchungen hinter sich, und der Verdacht auf eine Krebserkrankung des Blutes hat sich bestätigt. Nun werden Sie von Ihrem Arzt an eine Klinik überwiesen, die auf die Diagnostik und Behandlung von Plasmozytom/Multiples Myelom spezialisiert ist. Fragen Sie Ihren Arzt ruhig, ob Ihre Klinik wirklich qualifiziert ist, Ihre Erkrankung zu behandeln. Aufgrund der Ergebnisse dieser Untersuchungen und Ihrer persönlichen Gesamtsituation werden Sie dann gemeinsam mit den behandelnden Ärzten entscheiden, welche Behandlung für Sie am geeignetsten ist. Sie werden von nun an von einer ganzen Reihe von Ärzten behandelt und betreut, denn bei einer Krebserkrankung müssen verschiedene Spezialisten Hand in Hand zusammenarbeiten. Dazu kommen das Pflegepersonal, aber vielleicht auch Psychologen, Sozialarbeiter oder Seelsorger. Nicht zuletzt werden Ihnen Ihre Familie und Ihr Freundeskreis helfend und unterstützend zur Seite stehen. Nach erfolgter Diagnose und abgeschlossener Diagnostik ist jetzt das Wichtigste das Gespräch mit dem behandelnden Arzt. Am besten wird es sein, wenn Sie sich aus dem Kreis der Ärzte einen heraussuchen, zu dem Sie das meiste Vertrauen haben und mit dem Sie alles, was Sie bewegt und belastet, besprechen können. Dazu gehören auch die Entscheidungen über die verschiedenen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen. Lassen Sie sich die vorgesehenen Behandlungsschritte genau erläutern und fragen Sie auch danach, ob es eventuell andere Möglichkeiten zu dem geplanten Vorgehen gibt. Wenn Sie etwas nicht verstanden haben, fragen Sie nach, bis Ihnen alles klar ist. In jedem Einzelfall müssen Lassen Sie sich alles erklären 33 34 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM alle an der Behandlung beteiligten Ärzte gemeinsam mit Ihnen die für Sie am besten geeignete Behandlungsstrategie festsetzen. Sollten Sie deutliche Zweifel haben, holen Sie von einem anderen Arzt eine zweite Meinung ein. Ihre Rechte als Patient Denn „Patienten haben ein Recht auf detaillierte Information und Beratung, sichere, sorgfältige und qualifizierte Behandlung und angemessene Beteiligung“, heißt es in dem Dokument „Patientenrechte in Deutschland heute“, das die Konferenz der Gesundheitsminister 1999 veröffentlicht hat. Je besser Sie informiert und aufgeklärt sind, desto besser verstehen Sie, was mit Ihnen geschieht. So können Sie zum Partner des Arztes werden und aktiv an Ihrer Genesung mitarbeiten. Ihre Rechte als Patient – so sehen sie aus Sie haben Anspruch auf ● angemessene und qualifizierte Versorgung ● Selbstbestimmung ● Aufklärung und Beratung ● eine zweite ärztliche Meinung (second opinion) ● Vertraulichkeit ● freie Arztwahl ● Dokumentation und Schadenersatz Informationen im Internet Weitere Informationen zum Thema Patientenrechte finden Sie im Internet. Die Bundesärztekammer veröffentlicht unter www.bundesaerztekammer.de die „Rechte des Patienten“. Die „Patientenrechte in Deutschland“ der Gesundheitsminister-Konferenz finden Sie unter www.bmj.de/media/archive/1025.pdf. PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Sprechen Sie mit Ihrem Arzt auch über die Auswirkungen der einzelnen Therapiemöglichkeiten auf ihre Lebensqualität, also auf Ihren körperlichen Zustand, wichtiger aber noch auf Ihr seelisches Wohlbefinden. Die Kosteneinsparungen im Gesundheitswesen führen leider oft dazu, dass für Gespräche zwischen Arzt, Patient und Angehörigen die zur Verfügung stehende Zeit nicht ausreicht. Hier ist auch Ihre Initiative gefragt. Wenn sich Ihr Arzt nicht genug Zeit für Sie nimmt, fragen Sie ihn nach einen Termin für ein ausführlicheres Gespräch. Oft ist dies machbar, wenn der Termin zu einer anderen Uhrzeit, etwa am Ende der Praxiszeit, gewählt wird. Wir möchten Sie ermutigen, auch mit erfahrenen Seelsorgern oder Psychotherapeuten zu sprechen, denn diese Gespräche, bei denen es weniger auf Ratschläge als auf Klärung ankommt, sind für viele Patienten sehr hilfreich. Ein solches Hilfsangebot in Anspruch zu nehmen, hat nichts damit zu tun, dass Sie bei sich selbst einen psychischen Konflikt sehen, sondern es bietet vielmehr eine Chance für einen aktiven Verarbeitungsprozess der Erkrankung. 35 36 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Klassifikation des Tumors Die Stadieneinteilung nach Salmon und Durie erlaubt zum Zeitpunkt der Diagnose eine Abschätzung der Tumorzellmasse anhand einfacher Kriterien. Die Erkrankung wird in drei Stadien unterteilt, abhängig von der Höhe des Kalziumwertes im Blut, des Hämoglobinwertes, der Menge an monoklonalem Immunglobulin sowie nach der Anzahl der Knochenschäden. Wie im vorhergehenden Kapitel erwähnt, ist das Krankheitsstadium wichtig zur Festlegung der für Sie richtigen Therapie. Internationale Staging System (ISS) Im Mai 2005 wurde von einer internationalen Expertengruppe eine neue Klassifikation, das „Internationale Staging System” (ISS) veröffentlicht. Vermutlich wird es sich in den nächsten Jahren durchsetzen, daher stellen wir es Ihnen hier vor. Es basiert allein auf den Konzentrationen von beta-2-Mikroglobulin (auch β2-Mikroglobulin) und von Albumin im Blut (Serum). Stadium I II III Kriterien Serum-beta-2-Mikroglobulin kleiner als 3,5 mg/Liter • Serum-beta-2-Mikroglobulin kleiner als 3,5 mg/Liter und Serum-Albumin kleiner als 3,5 g/Deziliter oder • Serum-beta-2-Mikroglobulin größer oder gleich 3,5 mg/Liter, aber kleiner als 5,5 mg/Liter Serum-beta-2-Mikroglobulin größer oder gleich 5,5 mg/Liter PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Die Therapie beim Plasmozytom/Multiplen Myelom Wurde bei Ihnen die Diagnose Plasmozytom/Multiples Myelom gestellt, sprechen Sie mit Ihrem Arzt ausführlich über den Befund und die Heilungschance (Prognose) Ihrer Erkrankung. Auch Ihr Arzt wünscht sich einen aktiven Patienten, der sich mit der Erkrankung und der Behandlung beschäftigt. Nur so kann eine Partnerschaft für eine erfolgreiche Behandlung entstehen. Das Hauptziel jeglicher Therapie ist es, den Tumor – und wenn Tochtergeschwülste vorliegen, möglichst auch diese – vollständig zu entfernen oder zu vernichten. Leider kann dies beim Plasmozytom/Multiplen Myelom nicht durch eine Operation geschehen. Als Therapiemöglichkeiten stehen heutzutage zur Verfügung: die Strahlenbehandlung, die Chemotherapie oder eine Kombination dieser Verfahren. Eine dauerhafte Heilung ist lediglich bei einem nur an einer Stelle lokalisierten Befall (solitäres Plasmozytom) durch eine Strahlentherapie und bei jüngeren Patienten nach einer allogenen Stammzelltransplantation möglich. Mit den derzeitigen Behandlungsmethoden kann das Plasmozytom/Multiple Myelom ansonsten nicht geheilt werden. Ziel der Therapie ist es daher, Ihr Leben zu verlängern und Ihre Lebensqualität zu optimieren. Im Folgenden stellen wir Ihnen die Therapiemöglichkeiten beim Plasmozytom/Multiplen Myelom vor. 37 38 PLASMOZYTOM/ MULTIPLES MYELOM Übrigens: Bei Rauchern ist der Körper schlechter durchblutet als bei Nichtrauchern. Bei krebskranken Men schen, die weiter rauchen, führt das zum Beispiel dazu, dass eine Chemo- oder Strahlen therapie wenig er gut wirkt. Deshalb raten wir Betroffenen dringend: Hören Sie auf zu rauchen. Wenn Sie es allein nicht schaffen, lassen Sie sich von der Raucher-Hotline der Deutschen Krebshilfe und des Deutschen Krebsforschungszentrums helfen. Raucher-Hotline Krebskranke und deren Angehörige, die mit dem Rauchen aufhören möchten, aber es allein nicht schaffen, können werktags zwischen 14 und 18 Uhr die RaucherHotline der Deutschen Krebshilfe und des Deutschen Krebsforschungszentrums anrufen. Dort können sie sich zwischen zwei Möglichkeiten der telefonischen Beratung entscheiden. Entweder für ein einmaliges Gespräch: dabei geht es zum Beispiel um die Vorgeschichte des Anrufers (Anamnese), um seine Beweggründe, es könne n konkrete Maßn ahmen zum Rauchstopp gepl ant und Durchhaltemöglichkeiten besprochen werden. Oder wer möchte, kann Folgeanrufe vereinbaren: Um einen Rückfall zu vermeiden, geht es dabei um Fortschritte, schwierige Situationen sowie Entzugssymptome. Sie erreichen dieses Rauchertelefon: Montag bis Freitag von 14 - 18 Uhr Tele fon: 0 62 21/ 42 42 24 Internet: www.tabakkontrolle.de Außerdem gibt die Deutsche Krebshilfe die Broschüre „Aufatmen – Erfolgr eich zum Nicht raucher“ heraus, die kostenlos angefordert werden kann (Bestelladresse Seite 81). PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM 39 Chemotherapie Im Gegensatz zu anderen bösartigen Tumoren, die einer sofortigen Therapie bedürfen, rechtfertigt die Diagnose eines Plasmozytoms/Multiplen Myeloms nicht zwangsläufig eine sofortige Chemotherapie. Bei jedem dritten neu diagnostizierten Plasmozytom handelt es sich um ein „schwelendes Myelom“ oder um frühe Krankheitsstadien (Stadium I), die ein Abwarten über einen längeren Zeitraum erlauben. Diese abwartende Haltung führt nicht dazu, dass sich der Krankheitsverlauf verschlechtert. In dieser Phase sind regelmäßige Kontrollen des Blutbildes und der Paraproteine im Serum notwendig. Eine Chemotherapie sollte in jedem Fall begonnen werden, wenn bei Ihnen ● Symptome wie eine Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit, Müdigkeit, Gewichtsabnahme oder Knochenschmerzen auftreten ● eine Einschränkung der Nierenfunktion nachgewiesen wird ● eine Hyperkalzämie besteht oder ● die Ausscheidung von Immunglobulinen über die Nieren zunimmt Chemotherapeutika sind Substanzen, die das Wachstum von Tumorzellen hemmen. Um die Tumorzellmasse wirkungsvoll zu reduzieren, muss die Chemotherapie in bestimmten Zeitabständen wiederholt werden. In der Behandlung des Plasmozy toms/ Multiplen Myeloms sind bestimmte Zytostatika, so genannte Alkylanzien, besonders wirksam. Zumeist werden Alkylanzien Medikamente werden kombiniert 40 PLASMOZYTOM/ MULTIPLES MYELOM wie Melphalan oder Cyclophos phami d mit Kor tisonPräparaten kombiniert. Die Einführung dieser Kombinationstherapie im Jahre 1969 stellte einen Durchbruch in der medikamentösen Therapie des Plasmozytoms/Multiplen Myeloms dar. Auch heute gilt diese Kombination bei älteren Betroffenen und bei Betroffenen in schlechtem Allgemeinzustand unverändert als Standardbehandlung. Für Betroffene unter 70 Jahren mit einem guten Allgemeinzustand hat sich in den letzte n Jahren ein neues Therapiekonzept etabliert: Sie werden intensiv mit einer hochdosierten Chemotherapie und anschließender Infusion von Blutstammzell-Konzentraten behandelt. Dieses Verfah ren wird ausfü hrlich im nächste n Abschni tt (ab Seite 44) besprochen. Kombination von Melphalan und Prednison Die bereits erwähnte Standardther apie mit Melphalan und Prednison (MP-Schema) wird an vier aufeinanderfolgenden Tagen im Monat durchgeführt. Da die Medikamente auch als Tabletten eingenommen oder als kurze Infusion verabreicht werden können, ist eine ambulante Therapie möglich. Nach einer vier- bis sechsw öchigen Pause wird das gleiche Schema wiederholt. Behandlung dauert bis zu einem Jahr Bei Patient en, die gut auf die Chemothe rapie ansprechen, wird die Therapie weitergeführt, bis die Menge der Paraproteine konstant bleibt. Die Dauer dieser Behandlung beträgt oft zirka ein Jahr. Untersuchungen haben gezeigt, dass 50 bis 70 Prozent aller Betroffenen gut auf diese Kombina tionst herapie anspre chen. Im medizinischen Sprachgebrauch bezeichnet man den Rückgang von Krankheitserscheinungen als Remission. Eine komplette Remission (dies bedeutet, dass die Erkrankung mit PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM den üblichen Mitteln nicht mehr nachweisbar ist) wird jedoch nur selten erreicht. Beim Plasmozytom/Multiplen Myelom ist eine komplette Remission nicht gleichbedeutend mit einer Heilung, da die Erkrankung nach einiger Zeit erneut auftreten kann. Man spricht dann von einem Rezidiv der Erkrankung. Melphalan kann die Blutstammzellen schädigen. Betroffene, bei denen eine autologe Stammzelltransplantation geplant ist, sollten daher nicht nach dem MP-Schema behandelt werden. VAD-Schema Alternativ zu Melphalan und Prednison kann die Erstbehandlung mit einer Kombination der Zytostatika Vincristin, Doxorubicin (Adriblastin) und Dexamethason (einem sehr starken Kortisonpräparat) erfolgen. Dieses Schema nennt man „VAD“. Die Ansprechrate ist mit der des MPSchemas vergleichbar. Nachteil ist, dass Vincristin über die Venen verabreicht werden muss. Somit kann diese Therapie nur stationär durchgeführt werden. Zudem sind die Nebenwirkungen gravierender als unter MP (vergleiche Seite 43). Daher wird diese Kombination vor allem bei einem Rezidiv und bei jüngeren Betroffenen eingesetzt, bei denen man sich die Option für eine Stammzelltransplantation offen lassen möchte. Neuerdings kann die intravenöse Gabe von Doxorubicin durch die Gabe von Idarubicin als Tablette ersetzt werden. Oft wird Vincristin nicht eingesetzt, um das Entstehen von Nervenschäden zu vermeiden. 41 42 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM 43 Mögliche Nebenwirkungen der Chemotherapie gebeugt werden. Entstehen sie trotzdem, kann durch Medikamente Linderung herbeigeführt werden. Die Nebenwirkungen einer Chemotherapie ergeben sich daraus, dass die eingesetzten Medikamente nicht nur die Tumorzellen, sondern auch gesunde Zellen angreifen. Welche Nebenwirkungen Sie im Detail zu erwarten haben, sollten Sie mit Ihrem Arzt besprechen. Auf einige besonders typische Nebenwirkungen gehen wir an dieser Stelle näher ein. Unter der Therapie mit Melphalan, Vincristin oder Doxorubicin kann es zu Haarausfall kommen, dies ist jedoch nicht sehr häufig. Hierbei handelt es sich nur selten um einen kompletten Haarausfall, und nach Beendigung der Chemotherapie wachsen die Haare in jedem Fall nach. Haarausfall Eine für Vincristin charakteristische Nebenwirkung ist eine mögliche Schädigung des Nervensystems. Dabei können sowohl die langen Nervenfasern, welche die Extremitäten versorgen, als auch Strukturen im zentralen Nervensystem Schaden nehmen. Dies kann sich in Gefühlsstörungen oder Gangunsicherheit bemerkbar machen. Treten solche Nebenwirkungen auf, wird die Therapie abgebrochen und nach einem gewissen Zeitraum mit reduzierter Dosis fortgesetzt. Zudem kann es unter Therapie mit Vincristin zu starker Verstopfung bis hin zum Darmverschluss kommen. Um dies zu verhindern, wird man Ihnen vorbeugend Abführmittel geben. Schädigung des Nervensystems Wahrscheinlich werden Sie unter der Therapie mit Kortison eine Verbesserung des Appetits und eine Gewichtszunahme bemerken. Während der Therapie muss der Blutzucker engmaschig kontrolliert werden. Zuckerkranken Betroffenen drohen unter einer Kortisontherapie Blutzuckerentgleisungen. Zudem kann Kortison die Magenschleimhaut schädigen und Magengeschwüre verursachen. Eventuell sollte eine augenärztliche Untersuchung mit einer Überprüfung von Linsen- und Augendruck erfolgen. Damit soll die beginnende Entwicklung eines grauen oder grünen Stars frühzeitig erkannt werden. Kortison kann auch Auswirkungen auf die Psyche haben. Bei manchen Patienten treten eine euphorische Stimmungslage, Unruhe oder Schlafstörungen auf. Gewichtszunahme Blutarmut Besonders schwerwiegende Auswirkungen hat die Schädigung der gesunden Zellen des Knochenmarks durch die Chemotherapie. Es kommt zu einer Anämie, zu einem Mangel an Blutplättchen und zu einem Mangel an weißen Blutkörperchen. Aufgrund der verminderten Zahl von Abwehrzellen besteht im Anschluss an die Chemotherapie eine erhöhte Infektionsgefahr. Übelkeit und Erbrechen Die am häufigsten auftretenden Nebenwirkungen der Chemotherapie sind Übelkeit und Erbrechen. Die Ursache hierfür liegt in einer Wirkung der Medikamente auf das „Brechzentrum“ im Gehirn. Psychische Faktoren wie beispielsweise Angst können erheblich zu dieser Symptomatik beitragen. In den letzten Jahren sind sehr wirkungsvolle Medikamente gegen Übelkeit (Antiemetika) entwickelt worden, die als Tropfen, Tabletten, Spritzen oder Infusionen zur Verfügung stehen. Falls notwendig, werden Antiemetika schon vor Beginn der Chemotherapie gegeben, um die Übelkeit erst gar nicht aufkommen zu lassen. Entzündungen der Schleimhäute PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Durch die Chemotherapie kann es zu einer Entzündung der Schleimhäute des Mundes und des Verdauungstraktes kommen. Das Schlucken ist oft schmerzhaft. Dadurch ist die Nahrungsaufnahme erschwert. Solchen Entzündungen kann durch regelmäßige Mundspülungen vor- 44 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Um die für Kortison typischen Nebenwirkungen abzuschwächen oder gänzlich zu vermeiden, erfolgt die Kortisongabe in den beschriebenen Schemata als IntervallTherapie. Das bedeutet, dass sich an eine Therapiedauer von einigen Tagen eine Pause von etwa vier Wochen anschließt. Auf diese Weise ist Kortison wesentlich nebenwirkungsärmer als bei einer Langzeittherapie. Nebenwirkungen verschwinden wieder Bitte seien Sie durch diese Auflistung von Nebenwirkungen nicht allzu beunruhigt. Die beschriebenen Symptome können, müssen aber nicht auftreten. Zudem sind die meisten von ihnen auf die Zeit der Chemotherapie begrenzt. Danach verschwinden sie rasch wieder. Ihr Arzt wird sich bemühen, diese Phase für Sie so erträglich wie möglich zu gestalten. Hochdosis-Therapie und Stammzelltransplantation Studien haben gezeigt, dass durch den Einsatz von Melphalan in sehr hoher Dosierung bei vielen Patienten eine komplette Remission erreicht werden konnte. Allerdings beeinträchtigte eine hochdosierte Melphalan-Therapie die Funktionsfähigkeit des Knochenmarks. Ein ausgeprägter Leukozyten-Mangel war die Folge. Dies bedeutete für die Betroffenen eine erhebliche Gefährdung durch Infektionen. Daher machten sich die Wissenschaftler auf die Suche nach neuen Möglichkeiten, um das Risiko einer lang anhaltenden Knochenmark-Schädigung zu mindern. Für die Hochdosis-Therapie des Plasmozytoms/Multiplen Myeloms haben sich dabei folgende Verfahren etabliert: PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM 1. Gabe von Wachstumsfaktoren, welche die Neubildung weißer Blutkörperchen beschleunigen. Diese Wachstumsfaktoren heißen Granulozyten-Kolonie-stimulierende-Faktoren (G-CSF). 2. Rücktransfusion von peripheren Blutstammzellen, die vor der Hochdosis-Therapie gewonnen wurden. Dieses Verfahren bezeichnet man auch als autologe Stammzelltransplantation. Durch die Kombination beider Verfahren konnte die Zeit bis zur vollständigen Erholung der Blutbildung deutlich verkürzt werden. Die Infektionsgefahr ist dadurch deutlich geringer. Die Grundzüge der autologen und allogenen Stammzelltransplantation stellen wir im Folgenden vor. Besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt, ob eine derartige Therapie für Sie in Frage kommt. Hochdosis-Chemotherapie und Rückgabe eigener (autologer) Stammzellen Bei dieser Therapieform wird zunächst versucht, möglichst viele Stammzellen zu gewinnen. Dazu wird eine Kombination aus Chemotherapie und der anschließenden Gabe von G-CSF eingesetzt. Die Chemotherapie hat den Sinn, die Tumorzellen in den zu gewinnenden Stammzellen (Transplantat) zu reduzieren. Eine häufig angewendete Substanz, die zur Gewinnung von Stammzellen eingesetzt wird, ist hochdosiertes Cyclophosphamid. Melphalan hat hingegen eine schädigende Wirkung auf die Stammzellen. Eine Vortherapie mit Melphalan-haltigen Schemata beeinträchtigt daher die Stammzellsammlung. Deshalb sollte die Entscheidung für oder gegen eine Hochdosis-Therapie möglichst frühzeitig im Krankheitsverlauf getroffen werden. Die besten Chancen für eine 45 46 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM erfolgreiche Stammzellgewinnung haben Patienten, die nicht zu stark chemotherapeutisch vorbehandelt wurden und die insbesondere kein Melphalan erhalten haben. Stammzellen sorgen für die Bildung neuer Blutzellen Lebenszeit verlängert Nach der Stammzellgewinnung schließt sich die Hochdosis-Therapie mit Melphalan an. Diese hat das Ziel, das von den monoklonalen Plasmazellen durchsetzte Knochenmark zu zerstören. Danach werden dem Patienten die vorher entnommenen Stammzellen als Infusion (wie eine Blutübertragung) zurückgegeben. Über die Blutbahn wandern sie in das nach der intensiven Chemotherapie „leere“ Knochenmark. Dort siedeln sie sich an. Die Stammzellen sind Ausgangspunkt für die Bildung neuer Blutzellen. Diese Therapie hat zahlreiche Nebenwirkungen, insbesondere ist ein Krankenhausaufenthalt von zirka drei Wochen notwendig, es kann zu vorübergehenden Schleimhautschäden, Fieber und Infektionen oder Blutungen kommen. Die Sterblichkeit während der Therapie liegt jedoch nur bei etwa zwei bis drei Prozent. Untersuchungen haben gezeigt, dass mit diesem Vorgehen die Lebenszeit von Plasmozytom-Patienten unter 60 - 70 Jahren im Stadium II und III im Vergleich zur konventionellen Therapie deutlich verlängert werden konnte. Dabei hat sich in den letzten Jahren bestätigt, dass die Hochdosistherapie zweimal im Abstand von zirka drei Monaten durchgeführt werden sollte, um den besten Effekt zu erzielen. Es ist noch nicht sicher, ob Betroffene durch diese intensive Therapie von der Erkrankung geheilt werden können. Jedoch sind etwa 10 - 20 Prozent der Patienten, die zwei Hochdosistherapien zu Beginn ihrer Erkrankung erhalten haben, auch nach sechs bis acht Jahren noch rückfallfrei. Wir alle wissen, dass der Gesundheitszustand im höheren Alter sehr unterschiedlich ist, und daher kann über die Altersgrenze für eine Hochdosistherapie keine allge- PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM 47 meingültige Aussage gemacht werden. Die Entscheidung zu einer derartigen Therapie bei Betroffenen über 65 - 70 Jahren ist eine individuelle Entscheidung. Viele ältere Kranke sind schon erfolgreich mit intensiveren Therapien behandelt worden. Eine italienische Studie hat bei Patienten, die eine normale Hochdosistherapie mit Melphalan nicht erhalten konnten, mit der halben Dosis ebenfalls eine Verlängerung des Überlebens im Vergleich zu einer Standardtherapie erreichen können. Hochdosis-Chemotherapie und Übertragung fremder (allogener) Stammzellen Die Übertragung von Stammzellen von einem verwandten oder nicht-verwandten Spender (allogene Stammzelltransplantation), stellt derzeit die einzige Heilungsmöglichkeit für Betroffene mit Plasmozytom/Multiplem Myelom dar. Bei dieser Methode werden die gespendeten Stammzellen nach einer hochdosierten Chemotherapie übertragen, indem sie als Infusion verabreicht werden. Der Spender sollte die gleichen Gewebe-Eigenschaften wie der Empfänger haben. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist bei Verwandten ersten Grades (Eltern, Kinder, Geschwister) am höchsten. Stammzellübertragung einzige Heilungschance Man erhofft sich bei der allogenen Transplantation einen so genannten „Transplantat-gegen-MyelomEffekt“. Dabei erkennen die transplantierten Zellen die entarteten Plasmazellen als fremd und zerstören sie. Dieses Vorgehen ist jedoch mit teilweise erheblichen Komplikationen behaftet. Die hochdosierte Therapie führt zu einer starken Knochenmark-Schädigung und damit zu einer großen Infektionsgefahr. Zum anderen besteht die Gefahr einer so genannten „Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion“: Der Organismus des Empfängers wird von den Nicht ohne Komplikationen 48 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Stammzellen des Spenders als fremd erkannt und attackiert. Tritt eine solche Reaktion auf, so äußert sich dies in Hautausschlag, Durchfall und in einer Entzündung der Leber. Die allogene Transplantation stellt auch bei jungen Patienten ein risikoreiches Unterfangen dar. Bisher wird sie daher nur bei jungen Betroffenen durchgeführt, die über einen Spender mit gleichen Gewebe-Eigenschaften verfügen und die bereit sind, dieses Risiko einzugehen. Neue wissenschaftliche Untersuchungen haben das Ziel, die Komplikationsrate einer allogenen Transplantation zu verringern. Durch vorbeugende Maßnahmen gegen eine Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion und bessere Behandlungsmöglichkeiten von Infektionen hat sich die Sterblichkeit infolge der Transplantation deutlich reduziert. Hochdosis-Chemotherapie und Ganzkörperbestrahlung Erprobung nur in klinischen Studien Neuere Untersuchungen konzentrieren sich auf einen kombinierten Einsatz einer Ganzkörperbestrahlung und einer Hochdosis-Chemotherapie. Ziel ist die Heilung der Erkrankung. Solche Therapien sind derzeit noch nicht etabliert und werden nur innerhalb klinischer Studien durchgeführt. PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM ren, dass keine vollständige Zerstörung des Knochenmarks mehr nötig ist. Damit wird die Infektionsgefahr gemindert. Durch die Ausschaltung des kranken Knochenmarks und Immunsystems soll das transplantierte Immunsystem sämtliche Aufgaben der Abwehr im Körper des Empfängers übernehmen. Es soll vor allem auch die verbliebenen Tumorzellen als fremdartig erkennen und zerstören. Diese neue Behandlungsform bedeutet für den Betroffenen, dass die vorbereitende Therapie weit besser vertragen wird. Hohes Fieber und die sehr unangenehme Schädigung der Mundschleimhaut treten deutlich seltener auf. Die Sterblichkeit konnte durch diese Methode deutlich vermindert werden. Eine Aussage über den Stellenwert der Mini-Transplantation in der Therapie des Plasmozytoms/Multiplen Myeloms kann erst nach Auswertung der laufenden Studien getroffen werden. Strahlentherapie Viele Menschen haben eine diffuse Angst vor der Strahlentherapie und denken dabei beispielsweise an die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Sie verbinden Strahlen verständlicherweise mit etwas Unheimlichem und Bedrohlichem. Allogene Mini-Transplantation Erprobung nur in klinischen Studien Bei der so genannten Mini-Transplantation (die korrekte Bezeichnung lautet „Transplantation mit reduzierter Konditionierung”) handelt es sich um ein experimentelles Therapieverfahren, das nur in klinischen Studien angewandt wird. Dieser neue Ansatz soll die vorbereitende Therapie (so genannte Konditionierung) soweit reduzie- Sehr wichtig ist jedoch, dass Sie wissen, dass bei der Strahlentherapie keinerlei radioaktive Substanzen in den Körper gelangen. Häufig besteht die Befürchtung, die Bestrahlung selbst sei krebsverursachend. In diesem Zusammenhang sollte sich jeder Betroffene, der sich einer Strahlentherapie 49 50 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM unterziehen muss, vor Augen halten, dass viele Menschen, die eine Krebserkrankung überstanden haben, ihr Leben der Strahlentherapie verdanken. Bei der Strahlentherapie wird der Körper entweder nur einer ganz gezielten, räumlich begrenzten Strahlung ausgesetzt oder – bei der Ganzkörperbestrahlung – nur einer ganz geringen Dosis. Das Risiko eines therapiebedingten Zweittumors hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Darum sollte dieses Thema individuell mit dem behandelnden Strahlentherapeuten besprochen werden. Das vergleichsweise geringe Risiko für das mögliche Auftreten eines Zweittumors sollte allerdings nicht dazu führen, dass die Behandlung der bestehenden Krebserkrankung nicht konsequent durchgeführt wird. Genau diesen Unterschied im Reparaturvermögen macht sich die Therapie zunutze: Während sich gesundes Gewebe wieder von der Bestrahlung erholt, können Tumoren oder auch einzelne Tumorzellen durch die Bestrahlung soweit geschädigt oder sogar zerstört werden, dass ein erneutes Tumorwachstum verhindert werden kann. Die Reparaturen im gesunden Gewebe werden durch biochemische Prozesse ermöglicht, die jedoch eine bestimmte Zeit benötigen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Aufteilung der gesamten Strahlendosis in mehrere Einzelsitzungen (Fraktionierung). Biologische Grundlagen der Strahlentherapie Der Knochenstoffwechsel ist bei Patienten mit Plasmozytom/Multiplem Myelom massiv gestört. Die Zerstörung des Knochens ist für den Betroffenen mit stärksten Beschwerden wie Knochenschmerzen, Knochenbrüchen oder lebensbedrohlichen Hyperkalzämien verbunden. Im Innern jeder Zelle befindet sich ein Zellkern als „Kommandozentrale“. An diesem Ort entscheidet sich, ob und wann sich eine Zelle teilt. Der Zellkern enthält die Schlüsselsubstanz für die Vererbung, die Desoxyribonukleinsäure (DNS). Dieses Molekül ist in zwei Strängen angeordnet und enthält sämtliche Erbinformationen. Vor der Zellteilung muss die DNS eine Kopie ihrer selbst anfertigen. Hier greift die Strahlung ein: Sie kann das DNS-Molekül so in seiner Struktur verändern, dass die Zelle ihre Teilungsfähigkeit verliert und abstirbt. Zellen verfügen jedoch für den Fall einer DNS-Schädigung über ein eigenes Reparatursystem, das aus speziellen Enzymen besteht. Diese Fähigkeit zur Reparatur ist im gesunden Gewebe wesentlich ausgeprägter als bei vielen Tumoren, so dass die Wirkung der Strahlung weit mehr Einfluss auf den Tumor nimmt als auf die ihn umgebenden gesunden Organe. 51 Tumorzellen können Schäden nicht reparieren Strahlentherapie beim Plasmozytom/Multiplen Myelom Die Strahlentherapie wird vor allem zur Behandlung von Knochenschmerzen eingesetzt. Außerdem kann die Strahlentherapie Knochenbrüchen in tragenden Knochenabschnitten vorbeugen. Bereits vorhandene Knochenbrüche können mittels Bestrahlung stabilisiert werden. Diese Therapie ist lokal, sie konzentriert sich also nur auf die befallenen Knochenabschnitte. Hierdurch kann bei fast allen Patienten eine deutliche Milderung der Knochenschmerzen erreicht werden. Die Bestrahlung kann ambulant durchgeführt werden. Dazu müssen Sie sich in der Regel fünfmal pro Woche über einen Zeitraum von mehreren Wochen in einem Zentrum vorstellen. Akute Nebenwirkungen wie Hautrötungen sind selten. Je nach Bestrahlungsregion können unterschiedliche wei- Behandlung von Knochenschmerzen 52 PLASMOZYTOM/ MULTIPLES MYELOM tere Nebenwirkungen auftreten, die mit dem zuständigen Radioonkologen individuell besprochen werden müssen. Aufgrund der niedrigen notwendigen Dosis, die üblicherweise beim Plasmozytom eingesetzt wird, sind nachteilige Spät folgen sehr selten . Mehr Info rmat ionen zum Thema finden Sie in der Broschüre „Strahlentherapie – Die blauen Ratgeber 53“ der Deutschen Krebshilfe (Bestelladresse Seite 81). Halbkörperbestrahlung Ganzkörperbestrahlung Neben der lokalen Behandlung wird beim Plasmozytom/ Multiplen Myelom auch die Halbkörperbestrahlung angewandt. Eine solche Bestrahlung ist bei Patienten mit sehr diffuser Verteilung schme rzende r Knoch enabsch nitte sinnvoll. Auch hier ist die Behandlung ähnlich effektiv wie bei lokaler Bestrah lung. Bei Halbkörpe rbestrahlungen sind spezielle zusätzliche medikamentöse Begleitbehandlungen notwendig, um etwaige akut auftretende Nebenwirkungen wie etwa Übelkeit zu verhindern. Eine Halbkörperbestrahlung kann auch im Falle eines Versagens der Chemotherapie zum Einsatz kommen. Eine Ganzkörperbestrahlung wird häufig in Verbindung mit einer Knochenmarktransplantation durchgeführt. Die Aufklärung und Beratun g über diese Form der Strahlenthe rap ie muss die spezielle Erkra nkun gssitu ation berücksichtigen und erfordert ein individuell abgestimmtes Gespräch mit dem zuständigen Radioonkologen. Behandlung mit Interferon Alpha-Interferon ist ein körpereigener Wirkstoff, der auf die Zellen des Immunsystems einwirkt. Unter anderem hemmt Interferon die Vermehrung von Plasmazellen. In den letzten 20 Jahren wurden zahlreiche Untersuchungen mit Interferon beim Plasmozytom/Multiplen Myelom PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM durchgeführt, so dass heute eine Bewertung von Nutzen und Nebenwirkungen einer Interferon-Behandlung möglich ist. Aufgrund der vorliegenden Erfahrungen empfiehlt sich der Einsatz von Interferon bei denjenigen Betroffenen, bei denen die Chemotherapie zu einer Remission, zumindest aber zu einer Stabilisierung des Krankheitsbildes geführt hat. Dies betrifft besonders Patienten nach Hochdosis-Therapie und Stammzelltransplantation. Ziel einer Interferon-Therapie ist die Erhaltung der durch Chemotherapie erzielten Remission. Die Behandlung mit Interferon erfolgt in der Regel dreimal wöchentlich. Der Betroffene kann sich das Mittel selbst spritzen, vergleichbar mit einem Diabetiker, der sich eine Insulin-Spritze setzt. In den ersten Behandlungswochen kann kurz nach der Verabreichung von Interferon Fieber auftreten. Die Symptome lassen sich aber meist durch einfache Maßnahmen wie die Gabe von Paracetamol (ein fiebersenkendes Mittel) wesentlich vermindern. Bei einem Teil der Betroffenen muss jedoch aufgrund von Nebenwirkungen entweder die Dosis reduziert oder die Therapie ganz abgebrochen werden. Nebenwirkungen von Interferon können sich in vielfältigen Symptomen äußern. Besonders typisch sind eine Grippe-ähnliche Symptomatik und depressive Verstimmungen. Diese Nebenwirkungen können die Lebensqualität des Betroffenen stark beeinträchtigen. Der routinemäßige Einsatz von Interferon in der Erhaltungsth erapie beim Plasmozytom/Multiplen Myelom wird daher weiterhin kontrovers diskutiert. Grippe-ähnliche Nebenwirkungen 53 54 PLASMOZYTOM/ MULTIPLES MYELOM Behandlung mit Thalidomid Mit der Erprobung von Thalidomid in der Therapie des Plasmozytoms/Multiplen Myeloms wird ein neuer therapeutischer Ansatz verfolgt. Wissenschaftler stellten fest, dass Thalidomid die Bildung neuer Blutgefäße hemmen kann. Die Neubildung von Blutgefäßen, auch Angiogenese genannt, ist für das Wachstum von Tumoren eine unabdingbare Voraussetzung. Außerdem wirkt Thalidomid auch au f das Imm un system und auf di e se hr wich ti ge Zusammenarbeit der Myelom-Zellen mit den so genannten Knochenmarkstromazellen (die wie ein Hotel für die Myelomzellen gute Lebensbedingungen bereitstellen) ein. Schwangerschaft muss ausgeschlossen werden! Die Wirkung von Thalidomid war für viele eine große Überraschung, schließlich hatte dieses Medikament unter dem Namen „Contergan” Anfang der 60er Jahre zu einer großen Arzneimittelkatastrophe geführt: Nach der Einnahme in der Schwangerschaft war es bei vielen Kindern zu schweren Missbildungen gekommen. Deshalb darf Thalidomid nie mehr von einer schwangeren Frau eingenommen werden! Alle an der Behandlung Beteiligten müssen gemeinsam Verantwortung für die sichere Anwendung übernehmen. Wissenschaftliche Untersuchungen an mehr als 1.600 Patienten konnten zeigen, dass etwa 30 Prozent der Betroffenen mit einem Rückfall (Rezidiv) oder nach Versagen der Vortherapie (refraktäre Erkrankung) auf eine Therapie mit Thalidomid alleine ansprechen. Sehr wahr scheinlich liegt die Ansprechrate bei Kombination von Thalidomid mit Kortison und/oder Chemotherapie noch höher . Thalidom id ist daher eine sehr wichtige Therapiemöglichke it für viele Patie nten . Leider ist es noch nicht zugelassen, und oft gibt es große Probleme mit der PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM 55 Kostenübernahme. Hier gibt es Hilfsangebote über die DLH - Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe (Adresse siehe Seite 83). Die Therapie mit Thalidomid ist jedoch mit vielen Nebenwirkungen verbunden, die – abhängig von der Dosis – zum Abbruch der Therapie zwingen können. Es können per iph ere Nerven sch äd en, Ve rs topfu ng , Müdi gke it, Schwächegefühl und Hautausschlag auftreten. Meist lassen sich die Nebenwirkungen mit einfachen Gegenmaßnahmen oder einer Vermindeurng der Dos is beherr schen. Therapie hat viele Nebenwirkungen Folgende Fragen zum Einsatz von Thalidomi d müssen noch geklärt werden: 1. Wann ist der optimale Einsatzzeitpunkt: Bei der Erstdiagnose oder bei einem Rückfall? 2. Soll Thalidomid kontinuierlich gegeben werden oder sind Pausen zwischen den Gaben sinnvoll? 3. Ist eine Kombination mit anderen Medikamenten wie etwa Dexamethason sinnvoll? Derzeit wird der Einsatz von Thalido mid in der Erhal tungstherapie beim Plasmozytom/Multiplen Myelom untersucht. Es wird in niedrigerer Dosis verabreicht, damit es besser verträglich ist. Die ersten Ergebnisse dieser Untersuchungen sind sehr positiv. Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie hat auf ihrer Website (www.dgho.de) gemeinsame Empfehlungen einer deutschen Expertengruppe veröffentlicht, die regelmäßig aktualisiert werden und für die Therapieentscheidung verwendet werden können. Dieser Text richtet sich vorrangig an Ärzte, eine allgemeinverständliche Fassung für Betroffene ist in Vorbereitung. Internetadresse 56 PLASMOZYTOM/ MULTIPLES MYELOM Behandlung mit Bortezomib Neues Medikament hemmt Zellwachstum Internetadresse Bortezomib ist ein weiteres neues Medikament, das die Behandlungsmöglichkeiten beim Plasmozytom/Multiplen Myelom erweitert. Es hat ebenfalls einen neuen, einzigartigen Wirkungsmechanismus. Durch das Medikament wird ein komplexes Eiweiß in der Zelle, das Proteasom, gehemmt, und die Zelle wird dadurch unfähig, weiter zu wachsen. Bei stark (auch mit Thalidomid) vorbehandelten Betroffenen konnte ein Ansprechen noch bei zirka 27 Prozent erreicht werden. Der Einsatz von Bortezomib in früheren Krankheitsphasen erwies sich ebenfalls als vorteilhaft. Möglicherweise wirkt auch Bortezomib in Kombination mit Kortison oder Chemotherapi e besser . Dies wird zur Zeit noch untersucht. Als wichtige Nebenwirkungen treten ein Abfall der Blutplättchen (Thrombozyten), der aber nur vorübergehend ist, und Nervenschädi gungen auf. Diese können auch schmerzhaft sein. Eine gute Verständigung mit Ihrem Arzt und eine rechtzeitige Dosisminderung sind daher wichtig. Im Internet können Sie unter www.myelom.net einen Patientenbrief zu Bortezomib herunte rlade n, in dem ausführliche Informationen zur Therapie mit Bortezomib bereitgestellt werden. Weiterführende Informationen erhalten Sie außerdem auch bei der DLH – Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe (Adresse siehe Seite 83). PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM 57 Die Behandlung von Begleitsymptomen Blutarmut (Anämie) Bei etwa 20 Prozent der Patienten mit Plasmozytom/Multiplem Myelom findet sich bereits bei Diagnosestellung eine Blutarmut. Diese normalisiert sich, wenn es gelingt, dur ch die Chem ot her api e ei ne Rem issi on he rb eizu führen. Bei Betroffenen, die nicht auf die Therapie ansp re ch en, bleib t die An ämie zume is t beste hen und nimmt mit zunehmender Krankheits- und Behandlungsdauer zu. Die Ursachen für die Blutarmut sind vielfältig. Oft ist die Unterd rüc kung der Blutbildung durch die Erkr ankung selbst dafür verantwortlich. Auch ein Mangel an Erythropoetin – dem wichtigsten Hormon für die Blutbildung – kann neben der durch die Chemo the rap ie bedin gten Schädigung des Knoche nmarks eine Rolle spielen. Im Einzelfall können die genannten Faktoren unterschiedlich große Bedeutung haben. Ursachen vielfältig Der Betroffene erlebt folgende Beschwerden: Müdigkeit, Leistun gsschw äche, Schlaflosigkei t, Herzrasen, kalte Haut, Beeinträchtigung der Sexualfunktion. In schweren Fällen kann es sogar zu lebensbedrohlic hen Herz- und Kreislaufkomplikationen kommen. Symptome Seit einiger Zeit steht der Wachstumsfaktor Erythropoetin für die Behandlung der Anämie als Medikament zur Verfügung, das ins Unterhautf ett gew ebe gespritzt wird. Diese Behandlung normalisiert bei etwa 70 bis 80 Prozent der Patienten den Hämoglobinwert. Der wesentliche Effekt liegt aber in einer entscheidenden Verbesse- Medikamentöse Behandlung 58 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM rung der Lebensqualität und der Leistungsfähigkeit. Betroffenen, bei denen die Erythropoetin-Therapie gut anschlägt, sind oft über das Ausmaß der Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit äußerst positiv überrascht. Aus diesem Grund sollte bei Vorliegen einer Anämie immer überlegt werden, ob eine Erythropoetin-Behandlung sinnvoll wäre. Knochenschäden Medikamentöse Therapie mit Bisphosphonaten Ziel der medikamentösen Therapie mit Bisphosphonaten ist es, die gefürchteten Komplikationen des Plasmozytoms/Multiplen Myeloms am Knochen zu vermeiden oder zu lindern. Verabreichung auch vorbeugend Bereits eingetretene Osteolysen können mit Bisphosphonaten stabilisiert werden. Bisphosphonate werden aber auch vorbeugend eingesetzt, um das Auftreten von Skelettkomplikationen zu verhindern: Diese Substanzen verringern die Zerstörungen des Knochens durch die Tumorzellen erheblich. Dadurch gehen auch die Knochenschmerzen deutlich zurück. Bisphosphonate werden meist als Infusion oder als Tablette gegeben. Aufgrund ihrer langen Wirkdauer genügt die Gabe einer Infusion pro Monat beziehungsweise die regelmäßige Einnahme als Tablette. Nebenwirkungen Die Gabe von Bisphosphonaten hat einige Nebenwirkungen, die beachtet werden müssen. Wenn Sie Clodronat einnehmen, beachten Sie die Einnahmehinweise im Beipackzettel genau, um Nebenwirkungen und einen Wirkungsverlust zu vermeiden. Einige Bisphosphonate (Zoledronat, Pamidronat) können in seltenen Fällen Nierenschäden verursachen, so dass eine entsprechende Über- PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM wachung notwendig ist. Weiterhin ist es unter der Therapie mit Bisphosphonaten nach größeren zahnärztlichen Eingriffen zu starken Schädigungen des Kieferknochens gekommen. Noch ist nicht klar, wann genau diese Nebenwirkung auftritt. Experten empfehlen daher zur Zeit folgendes Vorgehen: Lassen Sie vor Beginn einer Therapie mit Bisphosphonaten den Zahnstatus gründlich untersuchen und bei Bedarf behandeln. Die Therapie mit Bisphosphonaten sollte so lange aufgeschoben werden. Wenn Sie bereits mehr als sechs Monate mit Bisphosphonaten behandelt werden, lassen Sie zahnärztliche Eingriffe nur nach Absprache mit Ihrem Onkologen durchführen. Bitte informieren Sie unbedingt Ihren Zahnarzt über die Behandlung mit Bisphosphonaten. 59 Vor Beginn der Therapie zum Zahnarzt! Aufgrund der hervorragenden Wirksamkeit und ihrer geringen Nebenwirkungsrate sollten alle Betroffene mit Plasmozytom/Multiplem Myelom und Osteolysen regelmäßig Bisphosphonat-Infusionen erhalten. Die Therapie sollte nach Ansicht von Experten frühzeitig, also bereits zum Zeitpunkt der Erstdiagnose, beginnen. Orthopädische Behandlungsmöglichkeiten beim Plasmozytom/Multiplen Myelom Die wichtigste Maßnahme, um Knochenschäden vorzubeugen, ist die Behandlung der Grunderkrankung. Um das Wachstum der Myelomzellen zu stoppen, kann neben der zytostatischen Behandlung auch eine lokale Strahlentherapie sehr wirkungsvoll sein. Diese beiden Verfahren sowie die Möglichkeiten einer medikamentösen Therapie bei Knochenbefall haben wir bereits detailliert vorgestellt. Wenn bereits Knochenbrüche eingetreten sind oder die Knochenstruktur schon so ausgedünnt ist, dass ein hohes Risiko für einen Bruch besteht, müssen operative Operative Verfahren 60 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Verfahren in Betracht gezogen werden. Ansprechpartner ist hier ein Facharzt für Orthopädie. Er kann die Bruchgefahr einschätzen und gemeinsam mit dem Internisten und Strahlentherapeuten einen Heilungsplan aufstellen. Im Allgemeinen umfassen die Maßnahmen Schonung, Schienung oder operative Maßnahmen am befallenen Skelettabschnitt. Korsett Bei Wirbelkörperdeformierungen und Einsinken des Wirbelkörpers (Sinterungen) kann Ihnen ein Korsett helfen. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung ist die Korsett-Behandlung keineswegs schädlich und führt nicht zum Muskelabbau. Die Korsette müssen individuell angepasst und ständig auf ihre Wirksamkeit hin überwacht werden. Gehen die Schmerzen nicht zurück und nimmt Ihre Belastbarkeit nicht deutlich zu, so muss das Korsett überprüft werden. Allerdings kann der Effekt eines Korsetts erst nach einer Phase der Gewöhnung und einer krankengymnastischen Schulung beurteilt werden. Operation Ein operatives Vorgehen ist immer dann sinnvoll, wenn durch Maßnahmen wie Strahlentherapie und Korsettbehandlung die Schmerzen oder die Bruchgefahr nicht gemindert werden können. Durch eine Operation können die Störungen, die durch Schädigung der Rückenmarksnerven auftreten (Gefühlsstörungen, Lähmungserscheinungen), behoben werden. PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM In Einzelfällen sind Operationen sinnvoll, bei denen direkt von vorne über den Bauchraum oder den Brustraum ein Eingriff an der Wirbelsäule vorgenommen wird. Nötigenfalls kann ein ganzer Wirbel entfernt und dafür eine Wirbelprothese eingesetzt werden. Auch damit lassen sich gute Behandlungsergebnisse erzielen. Bei einem Befall der langen Röhrenknochen können viele Herde durch vorübergehende Entlastung, beispielsweise durch Gehstützen oder Schienen, vor einem Bruch bewahrt werden. Um das Tumorwachstum zu stoppen, reicht in der Regel die Strahlenbehandlung der jeweiligen Knochenherde aus. Bei drohenden oder bereits eingetretenen Knochenbrüchen hat sich eine spezielle Operationstechnik bewährt, bei der die Knochendefekte durch einen selbsthärtenden Kunststoff (PMMA) aufgefüllt werden. Zusätzlich wird die Schienung des Knochens durch verschraubte Metallplatten oder Knochennägel vorgenommen. Sind Gelenke zerstört oder gelenknahe Knochenabschnitte betroffen, kann der ganze befallene Knochenabschnitt operativ entfernt und durch ein spezielles künstliches Gelenk ersetzt werden. Oft weist auch der Schädelknochen Plasmozytom-Herde auf. Hier sind spezifische Behandlungen zumeist nicht nötig. Infektionen Wirbelsäule wird stabilisiert In den meisten Fällen genügt eine Entlastungs- und Stabilisierungsoperation des Rückens aus. Dabei wird die Wirbelsäule durch Metallstäbe stabilisiert. Gleichzeitig können das Rückenmark und die eingeklemmten Nerven behandelt werden. Komplikationen sind bei dieser Operation selten. Betroffene mit einem Plasmozytom/Multiplen Myelom haben ein hohes Infektionsrisiko. Dies resultiert in erster Linie aus dem Mangel an funktionsfähigen Immunglobulinen. Das spezifische Abwehrsystem (die Funktion der TZellen) bleibt beim Plasmozytom/Multiplen Myelom hingegen im Wesentlichen unbeeinträchtigt. 61 62 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Das Infektionsrisiko wird zusätzlich erhöht, wenn durch eine schmerzhafte Knochenschädigung die Beweglichkeit des Patienten eingeschränkt ist. Wenn tiefes Durchatmen Schmerzen bereitet, kommt es zu einer ungenügenden Belüftung der Lunge. Dies kann Lungenentzündungen begünstigen. Die Chemotherapie führt darüber hinaus zu einer Verminderung der Blutbildungsrate im Knochenmark. Dadurch können die Leukozyten auf sehr niedrige Werte absinken. Bei einem Absinken der neutrophilen Granulozyten auf Werte unter 500/µl Blut spricht man von einer Aplasie. Infektionen sind dann häufig und können einen schwereren Verlauf nehmen. Auch die Kortisonpräparate Prednison oder Dexamethason sowie die Durchführung einer autologen oder allogenen Stammzelltransplantation beeinträchtigen die Immunabwehr. Innerhalb der ersten zwei Monate nach Beginn der Chemotherapie besteht eine vier- bis fünfmal höhere Infektionsrate als vor der Behandlung. Überwiegend treten bakterielle Infekte an den Harn- oder Luftwegen auf. Während der Chemotherapie ist das Infektionsrisiko erhöht. Es nimmt nach Abschluss dieser Behandlung jedoch rasch wieder ab, und zwar umso stärker, je besser der Patient auf die Chemotherapie angesprochen hat. Tritt jedoch ein Rezidiv auf, so nimmt die Infektionsanfälligkeit wieder zu. Fieber Was sind die klinischen Zeichen eines Infektes? Erstes Zeichen eines Infektes ist häufig Fieber über 38 °C (zweimal innerhalb von 24 Stunden gemessen oder eine einmalige Temperatur über 38,3 °C). PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Betroffene mit einer geringen Zahl an weißen Blutkörperchen (vor allem der neutrophilen Granulozyten) müssen sofort Kontakt mit ihrem Arzt aufnehmen. Eine antibiotische Therapie ist dringend erforderlich! Fieber kann allerdings auch Symptom der Erkrankung sein, ohne dass eine Infektion vorliegt. Des Weiteren kann Fieber infolge einer Transfusionsreaktion oder als Reaktion auf die Einnahme bestimmter Medikamente auftreten. Krankheitszeichen, die Sie dazu veranlassen sollten, Ihren Arzt umgehend aufzusuchen, sind in der folgenden Übersicht aufgelistet. Gehen Sie bei folgenden Beschwerden umgehend zu Ihrem Arzt ● Fieber, also eine erhöhte Körpertemperatur über 38 oC, im Mund oder im After gemessen ● Schüttelfrost mit oder ohne Fieber ● Durchfälle, die länger als 24 Stunden andauern oder sehr heftig sind ● Husten, atmungsabhängige Schmerzen, Atemnot ● Blutungen aus der Nase oder anderen Körperöffnungen, Bluterbrechen oder schwarz gefärbter Stuhl ● Brennen oder Schmerzen beim Wasserlassen, Schmerzen in der Nierengegend ● Veränderungen an Haut und Schleimhäuten, wie beispielsweise weißliche Beläge, Schmerzen beim Schlucken, Halsentzündungen ● Bewusstseinsstörungen, Verwirrtheit 63 64 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Wichtig ist auch, dass Sie jeden Arzt, der Sie behandelt (auch Ihren Zahn- oder Augenarzt), über Ihre Erkrankung informieren. Antibiotika Immunglobuline Wie können Infektionen verhindert werden? Zu Beginn der Chemotherapie können vorbeugend Antibiotika gegeben werden. Da dies aber nicht zwingend notwendig ist, sollten Sie mit Ihrem Arzt besprechen, ob eine solche Maßnahme für Sie in Frage kommt. Der Nutzen einer solchen vorbeugenden (prophylaktischen) Therapie konnte durch Untersuchungen nicht zweifelsfrei belegt werden. PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM 65 zug auf Virus-Infektionen, sondern auch bei begleitenden bakteriellen Infektionen und bei schwer verlaufenden Lungenentzündungen. Die Impfung sollte daher jedem Betroffenen mit Plasmozytom/Multiplem Myelom angeboten werden. Grundsätzlich sollten Sie auf die oben genannten Anzeichen einer Infektion sehr schnell mit einer Konsultation Ihres Arztes reagieren. Mit den heutigen Breitspektrum-Antibiotika sind die meisten infektiösen Komplikationen bei frühzeitig einsetzender Therapie gut beherrschbar. Weiterhin kann man Patienten mit stark verminderter Abwehr Immunglobuline durch eine Infusion übertragen. Einerseits kann so die Abwehrlage verbessert werden. Andererseits ist diese Behandlungsmaßnahme jedoch sehr teuer und birgt, wie jede Übertragung von Blutprodukten, ein gewisses Risiko für die Übertragung von Infektionserregern aus der Blutspende. Obwohl dieses Risiko gering ist, müssen Nutzen und Risiko dieser Behandlung sorgfältig abgewogen werden. Wie können Sie selbst zur Vermeidung von Infektionen beitragen? Ihr Arzt kann Ihnen Antibiotika, Wachstumsfaktoren oder Immunglobline verordnen, um Infektionen zu verhindern oder abzuschwächen. Wachstumsfaktoren Bei einem ausgeprägten therapiebedingten Abfall der weißen Blutkörperchen können Blutzell-Wachstumsfaktoren wie G-CSF das Wachstum und die Teilung der gesunden Zellen beschleunigen. Die Aplasiephase kann damit verkürzt und die Infektionsgefahr gesenkt werden. Wichtig ist ausreichender Schlaf. Jeder Mensch braucht unterschiedlich viel Schlaf. Maßgeblich ist das subjektive Gefühl des „Ausgeschlafenseins“. Ihr Schlafbedürfnis kann je nach Krankheitszustand ansteigen. Geben Sie diesem Bedürfnis nach! Schlafen Sie ausreichend Schutzimpfung Eine im Herbst durchzuführende Grippe-Schutzimpfung ist ganz sicher empfehlenswert. Die Immunantwort ist hierbei nicht so zuverlässig wie bei gesunden Erwachsenen. Dennoch konnten Studien zeigen, dass sich dadurch infektiöse Komplikationen in den Herbst- und Wintermonaten bei Plasmozytom-Patienten gut vermindern lassen. Die geringere Infekthäufigkeit zeigte sich nicht nur in Be- Ihr Gesamtbefinden kann durch eine gesunde Ernährung verbessert werden. Es gibt keine spezielle Diät für Ihre Erkrankung und somit auch keine „verbotenen” Nahrungsmittel. Dies gilt allerdings nicht für die Aplasiephase, in der Ihre neutrophilen Granulozyten auf Werte unter 500/µl abfallen (siehe nächste Seite). Ernähren Sie sich gesund Aber auch Sie selbst können viel tun, um Infektionen zu vermeiden. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber, worauf Sie persönlich besonders achten sollten. 66 PLASMOZYTOM/ MULTIPLES MYELOM Es ist für jeden krebskranken Mensch en wichtig, sich ausgewogen zu ernähren und darauf zu achten, optimal mit Nährstoffen versorgt zu sein. Zu einer bedarfsgerechten Energiezufuhr mit wenig Fett und Zucker gehören ausreichend viele, aber nicht zuviel e Eiweiß-Produkte, reichlich Vitamine und Mineralstoffe. Der Anteil an unverdaulichen Ballaststoffen sollte hoch sein. Einige Betroffene mit Plasmozytom/M ultiplem Myelom entwicke ln eine Abneigung gegen Fleisch. Keine Sorge - Sie können Eiweiß auch aus anderen Quellen (Milchprodukte, Fisch) zu sich nehmen. Nähere Informationen finden Sie in der Broschüre „Ernährung bei Krebs – Die blauen Ratgeber 46“ der Deutschen Krebshilfe (Bestelladresse Seite 81). Körperliche Aktivität Körperliche Bewegung fördert den Muskelaufbau und die Leistungsfähigkeit. Die Lunge wird besser belüftet und Infektionen kann vorgebeugt werden. Regelmäßige Gymnastikübungen am Morgen oder Spaziergänge sind hierzu ausreichend. Vermeiden Sie Auskühlung. Wie vermeiden Sie Infektionen aus Nahrungsmitteln? Nahrungsmittel, die nicht sterilisiert sind, enthalten immer Mikroorganismen und gelegentlich auch Krankheitserreger. Die meisten gesunden Menschen werden dadurch nicht krank. In der Phase der Abwehrschwäche ist das Risiko aber deutlich größer. Bitte beachten Sie daher die folgenden Regeln Wegen Salmonellengefahr essen Sie bitte keine rohen oder weichen Eier, keine Spiegeleier und auch keine Gerichte, in denen rohe Eier ohne entsprechende Erhitzung verarbeitet worden sind (Tiramisu, Pudding mit Eischnee) ● Essen Sie keine Rohmi lch produkte (Rohmil ch oder Rohmilchkäse) ● PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM ● ● ● ● Essen Sie möglichst nur frisch zubereitete und ausreichend lange gekochte Speisen (Kochdauer mindestens 10 Minuten bei mindestens 60 oC) Bewahren Sie Nahrungsmittel, die gekühlt sein müssen, nicht außerhalb des Kühlschranks auf Verbrauchen Sie alle geöffneten Nahrungsmittel sofort oder werfen Sie den Rest weg. Kaufen Sie möglichst kleine Verpackungseinheiten Beim Genuss von Eiscreme bevorzugen Sie Tiefkühlware und das auch nur, wenn Sie sicher sind, dass die Kühlk ette nicht länger unte rbrochen wurde. Meiden Sie Softeis auf jeden Fall, da hier oft sehr große Mengen von Krankheitserregern gemessen wurden Bei Aplasie – also Gra nulozy tenza hlen unter 500/µl – beachten Sie zusätzlich noch folgende Regeln, bis Ihre Zellzahlen wieder angestiegen sind ● Vermeiden Sie Gewürze (Pfeffer, Curry), Nüsse oder Nussprodukte (Erdnussbutter), weil diese oft erhöhte Mengen von Schimmelpilzen enthalten ● Essen Sie nicht in Restaurants und bestellen Sie keine Mahlzeiten beim Lieferservice. Auch hier können erhöhte Keimzahlen nicht ausgeschlossen werden ● Essen Sie Obst und Gemüse nur, wenn es ausreichend lange gekocht oder wenn es geschält wurde. Obst, das nicht geschält werden kann, dürfen Sie nicht essen ● Vermeiden Sie Salate mit Mayonnaisen oder ähnlichen Saucen (etwa Kartoffel- oder Nudelsalat) 67 68 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Schimmelpilz-Erreger Weiterhin besteht die Gefahr, aus der Atemluft Schimmelpilz-Erreger aufzunehmen. Das Risiko einer Infektion mit Schimmelpilzen ist jedoch für Betroffene mit mehr als 1000 Leukozyten pro Mikroliter geringer, bei Werten darunter steigt es aber deutlich an. Beachten Sie daher folgende Regeln ● Für alle Betroffenen gilt, keine Biotonne zu benutzen. Dort finden sich in der Regel extrem hohe Konzentrationen von Schimmelpilz-Sporen, die ein hohes Infektionsrisiko mit sich bringen. Gleiches gilt für den Komposthaufen im Garten ● Lassen Sie schimmelpilzbefallene Stellen in ihrer Wohnung sanieren. Stellen Sie keine Zimmerpflanzen in Ihr Schlafzimmer. Verwenden Sie in der übrigen Wohnung Hydrokulturen, da diese wesentlich seltener verschimmeln. Machen Sie keine Gartenarbeiten selbst! Schmerzen Schmerzen lassen sich gut bekämpfen Jeder Mensch hat Angst vor starken Schmerzen. Gerade für Krebspatienten bedeuten Schmerzen eine nachhaltige Beeinträchtigung der Lebensqualität, die durch die bösartige Erkrankung ohnehin schon eingeschränkt ist. Im Rahmen einer Plasmozytom-Erkrankung sind Schmerzen leider häufig. Diese können jedoch sehr effektiv bekämpft werden. Einige Patienten erreichen Beschwerdefreiheit auch schon durch begleitende Therapie-Maßnahmen (Bisphosphonate, Bestrahlung oder operative Stabilisierung von Osteolysen). PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM 69 Auf die Ursachen der Schmerzen und die mögliche Therapie gehen wir in diesem Kapitel detailliert ein. Wodurch werden die Schmerzen verursacht? Knochenschmerzen sind ein besonders oft auftretendes Symptom beim Plasmozytom/Multiplen Myelom. Die Plasmazellen wuchern unkontrolliert im Knochen. Sie verursachen so einen Druck, der zu Schmerzen führt. Der Zusammenbruch eines Wirbels geht mit einem starken, plötzlich einsetzenden Schmerz einher. Man bezeichnet diese Schmerzen auch als traumatische Schmerzen. Knochenschmerzen Durch das Wachstum eines Tumors außerhalb des Knochens kann Druck auf das umliegende Gewebe entstehen. Dies löst ebenfalls Schmerzen aus. Wenn ein Tumor auf die Nervenwurzeln drückt, die aus der Wirbelsäule austreten, entsteht ein brennender Schmerz, der begleitet sein kann durch plötzlich einschießende elektrische Empfindungen. Druckschmerzen Als weitere Ursache für Schmerzen beim Plasmozytom/ Multiplen Myelom kommt auch die Gürtelrose in Betracht. Es handelt sich dabei um eine schmerzhafte VirusErkrankung der Haut. Sehr beeinträchtigend sind auch Pilz-Infektionen in Mund und Rachen, die zu Schmerzen beim Schlucken führen. Gürtelrose Wie stark die Schmerzen empfunden werden, ist individuell sehr unterschiedlich. Dabei geht es nicht nur um körperliche, sondern auch um psychische Faktoren: Schmerzen werden als stärker empfunden, wenn der Betroffene die Schmerzen als Verschlechterung seines Allgemeinzustandes interpretiert. Pilz-Infektionen 70 PLASMOZYTOM/ MULTIPLES MYELOM Welche Möglichkeiten der Schmerztherapie gibt es? Werden die Schmerzen hauptsächlich durch das Tumorwach stum verursach t (mal igne Schme rzen), so kann durch eine tumorverkleinernde Therapie auch gleichzeitig Schmerzfreiheit erzielt werden. In diesem Fall kann auf eine spezielle Schmerztherapie verzichtet werden. Weitaus häufiger kommt es jedoch infolge des starken Kno che nabbaus zu Schmerz en. Wichti g ist es, diese Schmerzen frühzeitig medikamentös zu behandeln. Je zeit ige r eine Beh an dlun g ein se tzt, de st o nied riger e Schmerzmittel-Dosierungen sind notwendig. „Heldentum“ ist hier nicht angezeigt: Sie brauchen Schmerzen nicht still zu ertragen. Sprechen Sie stattdessen bei deren Auftreten sofort mit Ihrem behandelnden Arzt über die therapeutischen Möglichkeiten. Es gibt Schmerzmittel unterschiedlicher Stärke. Prinzip der modernen Schmerzther api e ist es, zunäch st mit leichten Medikamenten wie etwa Paracetamol zu beginnen. Kann hiermit das Therapieziel – nämlich vollständige Schmerzfreiheit – nicht erreicht werden, so stellt man auf stärkere Medikamente um. Wichtig ist auch, dass die Medikamente in festen Intervallen, also „nach der Uhr“ eingenommen werden. Das he iß t fü r Sie, das s Sie di e Tabletten auch bei Schmerzfreiheit immer zur gleichen Uhrzeit einnehmen. Durch eine geregelte Einnahme sinkt der Schmerzmittelbedarf, und es kommt gar nicht erst zu Schmerzspitzen. Die wirksamsten Medikamente in der Schmerztherapie sind Morphinderivate. Gegen diese Medikamente bestehen vie le Vorurte ile . Im Vorde rgrund steht dabei die PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Angst vor einer Sucht. Diese Befürchtung ist bei Tumorpatienten unberechtigt. Häufige Nebenwirkungen einer Morphintherapie sind Verstopfung und Übelkeit. Begleitend werden daher stuhlgangsfördernde Mittel und Antiemetika gegeben. Wenn Ängs te und Spannungszustände die SchmerzWahrnehmung verstärken, können angstlösende Psychopharmaka helfen. Diese Medikamente sind heute wesentlich nebenwirkungsärmer als früher. Zudem können Entspan nungs verfa hre n (be isp ielswe ise die Muske lrelaxation nach Jacobsen) oder eine Psychotherapie eine stabilisierende Wirkung haben. Nähere Informationen zum Thema Schmerzen finden Sie in der Broschüre „Krebsschmerzen wirksam bekämpfen – Die blauen Ratgeber 50“ der Deutsch en Krebshilfe (Bestelladresse Seite 81). Gegen eine Schutzgebühr von 10,- € erhalten Sie bei uns auch ein Video zu diesem Thema. 71 72 PLASMOZYTOM/ MULTIPLES MYELOM Klinische Studien Um Behandlungsfortschritte zu erreichen, müssen neue Therapieformen zunächst gründlic h überprüft werden. Diese Therapieprüfung geschieht in klinischen Studien. Die Behandl ung ssi cherh eit ist in klinischen Studien größer als außerhalb von Studien. Dies liegt nicht zuletzt an dem intensiven Austausch der beteiligten Ärzte und Wissenschaftler innerhalb einer Studiengruppe und der genauen Dokumentation jeder Behandlung. Viele Betroffene werden von ihrem Arzt gefragt, ob sie bereit sind, an einer Studie teilzunehme n. Manche zögern, da sie befürchte n, ein „Versuchs kaninch en” zu sein. Diese Sorge ist jedoch unbegründet, so dass wir Sie dazu ermutigen möchten, an Studien teilzunehmen. Sie können Ihre Ärzte auch von sich aus nach einer laufenden Studie fragen. PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Seelische Auswirkungen der Erkrankung Die Mitteilung, dass Sie an einem Plasmozytom/Multiplem Myelom erkrankt sind, wird Ihr Leben siche rlich deutlic h verändern, auch wenn Sie bishe r keine Beschwerden haben und noch keine Therap ie nötig ist. Plötzlich tritt etwas Schicksal haftes und vom eigenen Willen nicht Beeinflussbares in Ihr Leben ein. Sie müssen sich mit Themen wie Krankheit und Sterben, die bisher in Ihrem Leben möglicherweise keine große Rolle gespielt haben, auseinander setzen. Gerade die Teilnehmer an Therapiestudien sind die ersten, die von neuen Behandlungsschemata profitieren. Die Diagnose löst bei fast allen Menschen Unsicherheitsgefühle und Ängste aus, und Sie als Betroffene oder Betroffener müssen lernen, damit umzugehen. Oft besteht das Bedürfnis, eine Ursache für die Erkrankung zu finden. Vielleicht stoßen Sie auf ein zurückliegendes Lebensereignis, das schwierig oder belastend gewesen ist, vielleicht suchen Sie die Ursache in Ihrem eigenen Verhalten. So verständlich diese Suche ist, so wenig erfolgreich wird sie in der Regel sein. Es ist uns heute nicht möglich, die Ursache für ein Plasmozytom/Multiples Myelom sicher festzustellen. Damit besteht auch keine Möglichkeit, beim einzelnen Patienten eine sichere Ursache festzulegen. Wenn Sie diesbezüglich Fragen haben, wenden Sie sich an den Arzt Ihres Vertrauens. Nähere Informationen zum Konzept der Klinischen Studien können Sie darüber hinaus in der Broschüre „Klinische Studien – Die blauen Ratgeber 60“ der Deutschen Krebshilfe nachlesen (Bestelladresse Seite 81). Suchen Sie nicht die „Schuld” bei sich selbst oder bei jemand anderem. Das ist wenig hilfreich. Es ist meist sinnvoller, die Erkrankung als ein schicksalhaftes Ereignis zu akzeptieren und nicht zu sehr rückwärts gewandt zu denken. Versuchen Sie, sich auf die Gegenwart und die Zukunft zu konzentrieren. Nur durch die Bereitschaft zur Teilnahme an Studien ist ein klinischer Fortschritt möglich. Für Sie bedeutet die Behandlung innerhalb einer Studie eine sehr gute Überwac hung Ihrer Therapie sowi e eine zusät zlich e Heilungschance durch neue Therapiefortschritte. Unsicherheit und Angst 73 74 PLASMOZYTOM/ MULTIPLES MYELOM Gehen Sie offen miteinander um Wichtig ist es, über Ihre Erfahrungen und Gefühle zu spr ec he n. Ih re Angehörigen und Freu nde werd en zunächst vor den gleichen Schwierigkeiten stehen wie Sie, und es wird – so zeigt es die Erfahrung vieler Patienten – am Anfang nicht leicht sein, mit ihnen ein offenes Gespräch zu führen. Trotzdem möchten wir Sie und Ihre Angehörigen ermutigen, die Ängste gemeinsam zu überwinden und einen offenen Umgang mit der Erkrankung zu finden. Nähere Informationen finden Sie in der Broschüre „Hilfen für Angehörige – Die blauen Ratgeber 42“ der Deutschen Krebshilfe (Bestelladresse Seite 81) PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Nachsorge Wenn Sie die erste Behandlungsphase (Primärbehandlung) Ihrer Kre bse rk ra nkung – als o Che motherapi e und/oder Strahlentherapie oder auch eine Stammzelltransplantation – geschafft haben, beginnt die nächste Phase: die Tumornachsorge. Diese hat zur Aufgabe, rechtzeitig zu erkennen, wenn die Krankheit wieder auftritt (Tumorrezidiv), ● Begleit- oder Folgeerkrankungen festzustellen und zu behandeln sowie ● Ihnen bei Ihren physischen, psychischen und sozialen Problemen zu helfen. Dazu gehören auch die Rehabilitation krankheitsbedingter Beeinträchtigungen und die Wiederherstellung Ihrer Arbeitsfähigkeit. ● Es kann hilfreich sein, die Unterstützung von erfahrenen Menschen anzunehmen. Dies können Freunde oder Bekannte sein, aber auch Ihre behandelnden Ärzte, Mitglieder des Pflegeteams, Mitpatienten, Seelsorger oder Psychotherapeuten. Bitte haben Sie keine Scheu, hier nachzufragen. Eine große Hilfe stellen häufig auch Selbsthilfegruppen dar. Nähere Informationen hierzu finden Sie auf Seite 82 f. Widmen Sie Ihrer Erkrankung das notwendige Maß an Aufmer ksamkeit. Es ist jedoch wichtig, dass sich Ihr Leben nicht ausschließlich um die Erkrankung dreht, sondern dass Sie so weit wie möglich Ihren bisherigen Interessen nachgehen. Versuchen Sie, die Lähmung, die von der Erkrankung oder von den dadurch ausgelösten Ängsten ausgeht, zu überwinden und das Hier und Jetzt nicht zu vergessen. Suchen Sie sich für die Nachsorge einen Arzt Ihres Vertrauens. Dies sollte ein Arzt mit onkologischer Erfahrung sein oder auch ein niedergelassener Arzt, der sich auf die Betreuung von Tumorpatienten spezialisiert hat (onkologische Schwerpunktpraxis). Wichtig ist vor allem, dass alle notwendigen Informationen zwischen der Klinik und dem Nachsorgearzt ausgetauscht werden. Dies e Daten werd en von der behand elnde n Klinik in Form von medizinischen Berichten, die auch „Arztbrief“ oder „Epikrise“ genannt werden, so zusammengefasst, dass ein anderer Arzt sie verstehen kann. Vielfach werden dabei auch weitere Unterlagen eingearbeitet, zum Beispiel Laborbefunde oder Ergebnisse bildgebender Untersuchungen. 75 76 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Damit dieser die Nachsorge fachgerecht durchführen kann, muss er alle Einzelheiten der Primärbehandlung und der bereits erfolgten Nachsorge-Untersuchungen kennen. Aus diesen Gründen empfehlen wir Ihnen, sich eine eigene „Materialsammlung“ anzulegen, die folgende Dokumente als Fotokopie enthält: ● ● ● ● ● ● ● Feingewebliche Befunde Laborbefunde Befunde bildgebender Verfahren Chemotherapieprotokolle Berichte der Bestrahlungsbehandlung Arztbriefe Nachsorgeberichte. Aufnahmen von Röntgen- oder anderen bildgebenden Untersuchungen werden von modernen Kliniken nicht mehr auf Folie belichtet, sondern elektronisch gespeichert. Die gespeicherten Bilder können Sie sich auf eine CD brennen lassen. Grundsätzlich sind Kliniken und Ärzte verpflichtet, ihren Patienten die genannten Unterlagen zu überlassen. Sie dürfen dabei die Kosten für die Kopien in Rechnung stellen. Wenn eine Institution diese Informationen benötigt, lohnt sich diese Investition in jedem Falle. Die Nachsorgetermine werden entweder mit dem behandelnden Krankenhaus, dem Fach- oder dem Hausarzt vereinbart. Die Abstände der notwendigen Untersuchungen legen Ihre Ärzte individuell fest – in Abhängigkeit von Ihrem Befinden und dem Krankheitsverlauf. Nicht zuletzt sind natürlich auch Ihre persönlichen Wünsche, Vorstellungen und Bedürfnisse in Bezug auf die Häufigkeit der Kontrollen wichtig. PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM 77 Im Mittelpunkt der Nachsorgeuntersuchungen stehen die Besprechung mit dem Patienten, Fragen nach dem bisherigen Verlauf der Erkrankung, nach dem Befinden (Anamneseerhebung) und die regelmäßige körperliche Untersuchung. Schließlich betrifft der Krebs nicht nur ein einziges Organ, sondern den ganzen Menschen. Falls notwendig, erfolgen ergänzend zusätzliche Untersuchungen. Wenn Sie Beschwerden haben, schildern Sie diese Ihrem Arzt genau, geben Sie ihm, wenn möglich, auch an, wann diese Beschwerden auftreten und wie lange sie anhalten. Ihre Hinweise auf Symptome wie etwa auf Schmerzen oder Schwellungen helfen Ihrem Arzt zu entscheiden, welche diagnostischen Verfahren zum Einsatz kommen sollen und wann. Untersuchungsprogramm individuell unterschiedlich An den Krankenhausaufenthalt kann sich direkt oder zeitnah eine Anschlussrehabilitation (AR) anschließen. Dafür gibt es spezielle Nachsorgekliniken, die sowohl mit den körperlichen als auch mit den psychischen Problemen von Krebspatienten vertraut sind. Hier können Sie wieder zu Kräften kommen; meistens wird auch der Ehepartner in die Betreuung einbezogen. Der Antrag für die Anschlussrehabilitation muss bereits im Krankenhaus gestellt werden. Sprechen Sie den Sozialdienst der Klinik darauf an – er wird Ihnen helfen. Rehabilitation Die meisten Krebskranken trifft die Diagnose völlig überraschend. Die Behandlung und alles, was sich daran anschließt, die Befürchtung, dass das Leben früher als erwartet zu Ende sein könnte, die praktischen, alltäglichen Folgen der Krankheit – all das sind neue Probleme, die sich stellen. 78 PLASMOZYTOM/ MULTIPLES MYELOM In dieser Situation kann für viele der Kontakt zu anderen ebenfalls Betroffenen, die Sie zum Beispiel in einer Selbsthilfegruppe finden, eine große Hilfe sein. Denn sie kennen die Probleme aus eigener Erfahrung und können mit Rat und Tat helfen. Selbsthilfegruppe Diesen Kontakt bietet zum Beispiel die Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe (DLH), die Selbsthilfeorganisation für Erwachsene mit Leukämie und Lymphomen. Falls Ihr Arzt oder das Pflegepersonal im Krankenhaus Ihnen nicht schon Hinweise gegeben haben, erhal ten Sie die Anschrift einer Gruppe in Ihrer Nähe und weitere Informationen beim Bundesverband (Adresse Seite 83). Die Behandlung einer Krebse rkrankung verändert das Leben des Betroffenen und seiner Angehörigen. Danach wieder in den Alltag zurückzufinden, ist nicht immer leicht und oft eine große Herausforderung für den Krebskranken. Familie, Freunde, Kollegen, Ärzte und eventuell auch andere berufliche Helfer, zum Beispiel Sozialarbeiter, Mitarbeit er von kirchlichen Institutionen, Beratungsst ellen sowie Psychologen können Sie dabei unterstützen. Hilfe bei der Rückkehr in den Alltag Wenn Sie wieder berufstätig sein möchten, gibt es verschiedene Möglichkeiten, Ihnen den Einstieg zu erleichtern oder krankheitsbedingte Nachteile wenigstens teilweise auszugleichen. Wichtig ist, dass Sie über die verschiedensten Hilfsmöglichkeiten und -angebote gut informiert sind. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass Sie die für Sie wichtigen Entscheidungen für die weitere Gestaltung Ihres Lebens treffen können. Nehmen Sie die Hilfen, die Ihnen angeboten werden, in Anspruch. PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Dazu gehört auch eine Reihe von finanziellen Unterstützungen. Informationen über Sozialleistungen, auf die Sie Anspruch haben, enthält der „Wegweiser zu Sozialleist ung en – Die blau en Ratg ebe r 40 “ de r De uts chen Krebshilfe. Sie können ihn kostenlos unter der auf Seite 81 angegebenen Adresse bestellen. Dank der Fortschritte im Wissen um das Plasmozytom/ Multiple Myelom und seine Behandlungsmöglichkeiten kann das Leben vieler Betroffener verlängert werden. Wiss enschaftle r arbeiten daran, die Krankheitse ntste hung zu klären. Einige Faktoren, die ein Fortschreiten der Erkrankung signalisieren und somit bedeutsam für die Prognose sind, wurden bereits identifiziert. Dies hat dazu geführt, die Behandlung zu verbessern. Neue Medikamente und Therapieansätze werden laufend untersucht mit dem Ziel, die Prognose und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Neben der Weiter- und Neuentwicklung wirksamer Medikamente und anderer Therapieverfahren gehören dazu auch die Verbesserung der unterstützenden Maßnahmen wie Infektionsbekämpfung und -vorbeugung, Übertragung von Blutzellprodukten und Behandlung mit Blutzell-Wachstum sfaktoren. Wesentliche Voraussetzung für den Erfolg dieser Maßnahmen ist eine aktive Mitarbeit der Patienten. Lebensqualität verbessern 79 80 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Hier erhalten Sie Informationen und Rat Die Deutsche Krebshilfe ist für Sie da: Sie hilft, unterstützt, berät und informiert Krebskranke und ihre Angehörigen – selbstverständlich kostenlos. Wichtige Adressen Die umfangreiche Datenbank des Informations- und Beratungsdienstes der Deutschen Krebshilfe enthält Adressen, die für Betroffene wichtig sind. Diese Adressen können Sie bei der Deutschen Krebshilfe bekommen ● Tumorzentren oder onkologische Schwerpunktkrankenhäuser in Ihrer Nähe, die Ihnen bei medizinischen Fragen weiterhelfen ● Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen an Ihrem Wohnort ● Adressen von Fachkliniken und Kliniken für Krebsnachsorgekuren ● Palliativstationen und Hospize; wenn Sie zum Beispiel Fragen zum Thema Schmerz haben, erhalten sie dort besonders fachkundige Auskunft Hilfe bei finanziellen Problemen Manchmal kommen zu den gesundheitlichen Sorgen eines Krebskranken noch finanzielle Probleme – zum Beispiel wenn ein berufstätiges Familienmitglied statt des vollen Gehaltes nur Krankengeld erhält oder wenn durch die Krankheit Kosten entstehen, die der Betroffene selbst bezahlen muss. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Härtefonds der Deutschen Krebshilfe Betroffenen, die sich in einer finanziellen Notlage befinden, PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM einen einmaligen Zuschuss geben. Das Antragsformular erhalten Sie bei der Deutschen Krebshilfe oder im Internet unter www.krebshilfe.de/haertefonds.html. 81 Internetadresse Immer wieder kommt es vor, dass Betroffene Probleme mit Behörden, Versicherungen oder anderen Institutionen haben. Die Deutsche Krebshilfe darf zwar keine rechtliche Beratung geben, aber oft kann ein Gespräch mit einem Mitarbeiter in der jeweiligen Einrichtung dabei helfen, die Schwierigkeiten zu beheben. Wer Informationen über Krebserkrankungen sucht, findet sie bei der Deutschen Krebshilfe. Ob es um Diagnostik, Therapie und Nachsorge einzelner Krebsarten geht oder um Einzelheiten zu übergeordneten Themen wie Schmerzen, Palliativmedizin oder Sozialleistungen: „Die blauen Ratgeber“ erläutern alles in allgemeinverständlicher Sprache. Die weißen Präventionsfaltblätter und – broschüren informieren darüber, wie sich das Risiko, an Krebs zu erkranken, weitgehend vermeiden lässt. Sie können alle Drucksachen im Internet unter der Adresse www.krebshilfe.de aufrufen und lesen beziehungsweise per E-Mail, Fax oder Post bestellen. Deutsche Krebshilfe e.V. Buschstraße 32 53113 Bonn Postfach 1467 53004 Bonn Telefon: (Mo bis Do 9 - 16 Uhr, Fr 9 - 15 Uhr) Zentrale: 02 28 / 7 29 90 - 0 Härtefonds: 02 28 / 7 29 90 - 94 Informationsdienst: 02 28 / 7 29 90 - 95 (Mo bis Fr 8 - 17 Uhr) Telefax: 02 28 / 7 29 90 - 11 E-Mail: [email protected] Internet: www.krebshilfe.de Allgemeinverständliche Informationen Internetadresse 82 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM RaucherHotline Raucher-Hotline für Krebspatienten und deren Angehörige: Montag bis Freitag von 14 - 18 Uhr Telefon: 0 62 21/ 42 42 24 Internet: www.tabakkontrolle.de Ein Gemeinschaftsprojekt der Deutschen Krebshilfe und des Deutschen Krebsforschungszentrums. Dr. Mildred Scheel Akademie Internetadresse Betroffene, Angehörige, Ärzte, Pflegepersonal, Mitarbeiter in Krebs-Beratungsstellen, Mitglieder von KrebsSelbsthilfegruppen, Seelsorger, Psychotherapeuten, Studenten – wer immer täglich mit Krebs und Krebskranken zu tun hat, kann an Seminaren in der Dr. Mildred Scheel Akademie für Forschung und Bildung teilnehmen. In unmittelbarer Nähe zu den Kölner Universitätskliniken bietet die von der Deutschen Krebshilfe gegründete Weiterbildungsstätte ein vielseitiges Programm an. Dazu gehören Fortbildungen zu ausgewählten Krebsarten sowie zu Palliativ- und Hospizpflege, Seminare zur Konflikt- und Stressbewältigung, Verarbeitungsstrategien für den Umgang mit der Krankheit und den Kranken, Gesundheitstraining, Trauer- und Sterbebegleitung, Krankheit und Lebensgestaltung sowie Kommunikationstraining. Das ausführliche Seminarprogramm steht im Internet unter www.krebshilfe.de/akademie.html. Dort können Sie sich auch anmelden. Oder fordern Sie das gedruckte Programm an bei: Dr. Mildred Scheel Akademie für Forschung und Bildung gGmbH Kerpener Str. 62 50924 Köln Telefon: 02 21/ 94 40 49 - 0 Telefax: 02 21/ 94 40 49 - 44 E-Mail: [email protected] Internet: www.mildred-scheel-akademie.de PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Nähere Informationen zu Selbsthilfegruppen der Arbeitsgemeinschaft Plasmozytom/Multiples Myelom (APMM – eine Arbeitsgemeinschaft in der Deutschen Leukämie- & Lymphom-Hilfe) und weitere Selbsthilfe-Initiativen erhalten Sie über: 83 Selbsthilfegruppe Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe, Bundesverband der Selbsthilfeorganisationen zur Unterstützung von Erwachsenen mit Leukämien und Lymphomen e.V. Thomas-Mann-Str. 40 53111 Bonn Telefon: 02 28 / 3 38 89 - 200 Telefax: 02 28 / 3 38 89 - 222 E-Mail: [email protected] Internet: www.leukaemie-hilfe.de Selbsthilfegruppen der Arbeitsgemeinschaft Plasmozytom/Multiples Myelom Internet: www.myelom.org Myeloma Euronet – Europäisches Netzwerk von Myelom-Patientengruppen Internet: www.myeloma-euronet.org Arbeitsgemeinschaft Refraktäre Myelome Internet: www.myelom.net Arbeitsgruppe Biologische Krebstherapie 5. Medizinische Klinik Institut für Medizinische Onkologie, Hämatologie und Knochenmarktransplantation Klinikum Nürnberg Nord Prof.-Ernst-Nathan-Str. 1 90491 Nürnberg Telefon: 09 11/ 398 - 30 56 (Mo - Fr 9 -12 Uhr und 14 -16 Uhr) Weitere nützliche Adressen 84 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Telefax: 09 11/ 398 - 35 22 E-Mail: [email protected] Internet: www.agbkt.de Deutsche Krebsgesellschaft e.V. Steinlestr. 6 60596 Frankfurt/M. Telefon: 0 69 / 63 00 96 - 0 Telefax: 0 69 / 63 00 96 - 66 E-Mail: [email protected] Internet: www.krebsgesellschaft.de KID – Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums Telefon: 08 00 /4 20 30 40 (täglich 8 - 20 Uhr, aus dem deutschen Festnetz kostenlos) E-Mail: [email protected] Internet: www.krebsinformationsdienst.de Verein Hilfe für Kinder krebskranker Eltern e.V. Dr. Lida Schneider Güntherstr. 4a 60528 Frankfurt/M. Telefon: 0 69 / 67 72 45 04 Telefax: 0 69 / 67 72 45 04 E-Mail: [email protected] Internet: www.hilfe-fuer-kinder-krebskranker.de Informationen im Internet Immer häufiger informieren sich Betroffene und Angehörige im Internet. Hier gibt es sehr viele Informationen, aber nicht alle davon sind wirklich brauchbar. Deshalb müssen – besonders wenn es um Informationen zur Behandlung von Tumorerkrankungen geht – gewisse (Qualitäts-)Kriterien angelegt werden: PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM 1. Es muss eindeutig erkennbar sein, wer der Verfasser der Internetseite ist (mit Namen, Position und verantwortlicher Institution. 2. Wenn Forschungsergebnisse zitiert werden, muss die Quelle der Daten (zum Beispiel eine wissenschaftliche Fachzeitschrift) angegeben sein. 3. Diese Quelle muss sich (am besten über einen Link) ansehen beziehungsweise überprüfen lassen. 4. Es muss eindeutig erkennbar sein, ob – und wenn ja, wer – die Internetseite finanziell unterstützt. 5. Es muss eindeutig erkennbar sein, wann die Internetseite aufgebaut und wann sie zuletzt aktualisiert wurde. 85 Qualitätskriterien Auf den nachfolgend genannten Internetseiten finden Sie sehr nützliche, allgemeinverständliche medizinische Informationen zum Thema Krebs. Auf diese Seiten kann jeder zugreifen, sie sind nicht durch Registrierungen oder dergleichen geschützt. www.krebsinformationsdienst.de (KID – Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums) www.inkanet.de (Informationsnetz für Krebspatienten und Angehörige) www.krebs-webweiser.de (Informationen des Tumorzentrums Freiburg) www.meb.uni-bonn.de/cancernet/deutsch (Informationen des US-amerikanischen Cancernet in Deutsch) www.patienten-information.de (Qualitätsgeprüfte Gesundheitsinformationen über unterschiedliche Krankheiten, deren Qualität das ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin gemeinsam mit Patienten bewertet) Allgemeine medizinische Informationen zu Krebs 86 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM www.gesundheit-aktuell.de/krebs-aktuell.html (Online-Gesundheitsratgeber mit zahlreichen weiterführenden Internetseiten) www.gesundheitsinformation.de (Patientenportal des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) www.medinfo.de (größter Webkatalog im deutschsprachigen Raum für Medizin und Gesundheit, bietet systematisch geordnete und redaktionell zusammengestellte Links zu ausgewählten Internetquellen) www.agbkt.de (Arbeitsgruppe Biologische Krebstherapie) www.studien.de (Therapiestudienregister der Deutschen Krebsgesellschaft) www.cancer.gov/cancerinfo (Amerikanisches National Cancer Institute, aktuelle Informationen; nur in Englisch) www.cancer.org (American Cancer Society, aktuelle, umfangreiche Informationen zu einzelnen Krebsarten und ihren Behandlungsmöglichkeiten; nur in Englisch) Informationen zu Leben mit Krebs und Nebenwirkungen www.dapo-ev.de www.vereinlebenswert.de www.psychoonkologie.org (drei Seiten mit Informationen über psychosoziale Beratung) www.krebskreis.de (OnlineTreff für Krebsbetroffene, Angehörige und Freunde mit Informationen zum Thema Bewegung, Sport und Krebs) PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM 87 www.deutsche-fatigue-gesellschaft.de (umfangreiche Hinweise auf Kliniken und Patientenorganisationen, Linktipps und Buchempfehlungen; spezielle Informationen zu Psychoonkologie und dem FatigueSyndrom) www.hospiz.net (Deutscher Hospiz- und Palliativ Verband e.V.) www.unabhaengige-patientenberatung.de (umfangreiche Informationen zur gesundheitsrelevanten Themen, Beratung in gesundheitsrechtlichen Fragen und Auskünfte zur Gesundheitsversorgung) Informationen zu Sozialleistungen www.deutsche-rentenversicherung.de (Deutsche Rentenversicherung u.a. mit Informationen zu Rente und Rehabilitation) www.bmg.bund.de www.die-gesundheitsreform.de (Bundesministerium für Gesundheit mit Informationen zu den Leistungen der Kranken-, Pflege- und Rentenkassen sowie zu Pflegebedürftigkeit und Pflege) www.medizinrechts-beratungsnetz.de (Stiftung Gesundheit in Kiel; sie bietet bundesweit kostenfreie Erstberatungen bei Konflikten zwischen Patienten und Ärzten sowie bei Problemen mit Ihrer Kranken-, Renten- oder Pflegeversicherung) www.kbv.de/arztsuche/178.html (Datenbank der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen zur Suche nach spezialisierten Ärzten und Psychologen) www.arztauskunft.de (Klinik-Datenbank mit rund 24.000 Adressen von mehr als 1.000 Diagnose- und Therapieschwerpunkten) Arzt- oder Kliniksuche 88 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Erklärung von Fachausdrücken alkylierende Mittel/Alkylantien häufig in der Tumorbehandlung verwendete ➠ Zytostatika. Alkylierend bezieht sich auf die Art und Weise, in der die Medikamente die Erbsubstanz bösartiger Zellen vernetzen und so deren Teilung und Vermehrung blockieren allogen allos (griechisch) = anders, verschieden ambulant ohne dass ein Krankenhausaufenthalt erforderlich ist; der Kranke sucht einen Arzt in einer Praxis oder Klinikambulanz auf oder er wird dort betreut und behandelt, wo er wohnt Anämie Blutarmut (zu wenig rote Blutkörperchen) Anamnese Krankengeschichte; Art, Beginn und Verlauf der (aktuellen) Beschwerden, die der Arzt im Gespräch mit dem Kranken erfragt Antibiotikum (Pl. Antibiotika) Medikament, das Bakterien abtötet und bei der Behandlung von Infektionskrankheiten, die durch Bakterien ausgelöst werden, zum Einsatz kommt Antiemetikum (Pl. Antiemetika) Medikament, das Übelkeit und Erbrechen verhindert beziehungsweise abschwächt; Antiemetika werden besonders bei der Behandlung von Nebenwirkungen der Chemo- und Strahlentherapie eingesetzt Antigene bestimmte Strukturen auf der Zell-Oberfläche von Bakterien, Viren oder Pilzen; befinden sich solche Krankheitserreger im Körper, so bilden die aus den ➠ B-Lymphozyten entstandenen ➠ Plasmazellen ➠ Antikörper PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Antikörper Bestandteil des körpereigenen Abwehrsystems; Antikörper binden fremde und körpereigene Stoffe wie zum Beispiel Giftstoffe und Viren und machen sie unschädlich. In der Medizin können Antikörper zu diagnostischen und Behandlungszwecken eingesetzt werden. So genannte monoklonale Antikörper können im Labor hergestellt und therapeutisch zur Bekämpfung von Tumorzellen eingesetzt werden. Aplasie bei Krebspatienten: Zustand mit sehr schlechten Blutwerten als Folge der Chemo- und Strahlentherapie asymptomatisch Krankheit ohne Symptome oder Beschwerden autolog autos (griechisch) = selbst aus dem Körper entstanden, nicht von außen eingebracht Biopsie mit einem Instrument (zum Beispiel Spezialkanüle, Zangeninstrument oder Skalpell) wird Gewebe entnommen und mikroskopisch untersucht. Die genaue Bezeichnung richtet sich entweder nach der Entnahmetechnik (zum Beispiel Nadelbiopsie) oder nach dem Entnahmeort (zum Beispiel Schleimhautbiopsie) Bisphosphonate Medikamente, die die Knochenfresszellen in ihrer Aktivität bremsen; mit ihnen lassen sich Schmerzen lindern und das Risiko eines Knochenbruchs verringern. Sie beseitigen auch die lebensgefährliche Hyperkalzämie-Krise. ➠ Osteoporose Blasten unreife Vorstufen der weißen Blutkörperchen; ➠ Leukozyten Blutplasma Bestandteil des Blutes (55 Prozent des Gesamtblutes), der sich zu mehr als 90 Prozent aus Wasser und Eiweißkörpern zusammensetzt 89 90 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM B-Lymphozyten Untergruppe der ➠ Lymphozyten, die beim Menschen im Knochenmark, in den ➠ Lymphknoten, in der Milz und in anderen Lymphorganen heran reifen. B-Lymphozyten entwickeln sich beim Kontakt mit einem bestimmten Antigen zu den Antikörper-produzierenden Plasmazellen oder zu den so genannten Gedächtniszellen. Letztere werden beim erneuten Kontakt mit dem gleichen Antigen (unter Mitwirkung der T-Lymphozyten) wieder aktiv und geben die gespeicherten Informationen an die Plasmazellen weiter, die daraufhin spezifische Antikörper bilden (➠ spezifisches Abwehrsystem); ➠ T-Lymphozyten B-Symptomatik drei Symptome treten bei Krebserkrankungen gehäuft gemeinsam auf: Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsabnahme; diese drei Krankheitszeichen werden unter dem Begriff B-Symptomatik zusammengefasst Chemotherapie Behandlung mit chemischen Substanzen, die eine Wachstumshemmung von Tumorzellen im Organismus bewirken. Der Begriff steht meistens speziell für die Bekämpfung von Tumorzellen mit Medikamenten, die die Zellteilung hemmen (zytostatische Chemotherapie); ➠ Zytostatika Chromosomen sichtbare Träger der Erbinformation; Bestandteile des Zellkerns, die sich intensiv färben lassen chronisch langsam verlaufend, sich langsam entwickelnd (im Gegensatz zu akut) Computertomographie (CT) computergestütztes röntgendiagnostisches Verfahren zur Herstellung von Schnittbildern (Tomogramme, Quer- und Längsschnitte) des menschlichen Körpers. Mit Hilfe von Röntgenstrahlen, die durch die zu untersuchende Schicht hindurch geschickt werden, kann der Computer rechnerisch ein Abbild des untersuchten Gebietes zusammensetzen. Mit der Computertomographie können innere Organe oder auch das Schädelinnere präzise abgebildet werden. PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Diagnostik Sammelbegriff für alle Untersuchungen, die durchgeführt werden, um eine Krankheit festzustellen Differentialblutbild beim Differentialblutbild wird die prozentuale Verteilung der weißen Blutkörperchen untersucht Dignität Gutartigkeit einer Geschwulst Dioxine giftige chemische Verbindungen (am bekanntesten ist das so genannte Seveso-Gift), die als unerwünschte Nebenprodukte bestimmter technischer Prozesse entstehen; sind extrem wasserunlöslich, verflüchtigen sich nur sehr langsam und gelangen im Wesentlichen an Staub- und Bodenteilchen gebunden in die Umwelt; können Krebs verursachen Elektrophorese Methode, mit der bestimmte Gene sichtbar gemacht werden können. Die Molekülgemische, meist Eiweiß- oder Nukleinsäuregemische werden in einer Trägersubstanz – meist ein Gel (Gelelektrophorese) – einem elektrischen Spannungsfeld ausgesetzt. Da die einzelnen Teilchen verschieden groß und verschieden elektrisch geladen sind, bewegen sie sich unterschiedlich schnell durch das Gel und werden dadurch getrennt. Dies funktioniert wie bei einem Sieb: Kleinere Moleküle wandern schneller durch das Gel als größere. Nach einiger Zeit finden sich die Teilchen an unterschiedlichen Stellen im Gel und lassen sich mit Hilfe eines fotografischen Verfahrens sichtbar machen. Enzyme Eiweißstoffe im menschlichen Körper, die ganz verschiedene Aufgaben haben. Enzymgemische werden zum Beispiel von der Magen-Darm-Schleimhaut, von Leber, Galle und Bauchspeicheldrüse produziert und werden dafür benötigt, Nahrungsstoffe zu zerkleinern und zu verarbeiten 91 92 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Erythrozyten rote Blutkörperchen, die für den Sauerstofftransport im Blut zuständig sind Fraktionierung hier: Aufteilung der Bestrahlungsserien in einzelne Sitzungen Granulozyten Untergruppe der weißen Blutkörperchen, die eine große Bedeutung für die eigentliche Infektionsabwehr haben Hämoglobin roter Farbstoff in den roten Blutkörperchen, der unter anderem für den Transport beziehungsweise die Bindung von Sauerstoff zuständig ist Hormone Botenstoffe des Körpers, die in spezialisierten Zellen und Geweben hergestellt werden; sie erreichen ihren Wirkort entweder auf dem Blutweg (hämatogen) oder auf dem Lymphweg (lymphogen) Humane Leukozyten-Antigene (HLA) Bezeichnung für bestimmte Gewebe-Eigenschaften, die im Erbgut vorbestimmt sind. Die Bestimmung (Typisierung) der HLA ist bei der Vorbereitung der allogenen Transplantation wichtig. Je ähnlicher das HLA-System von Spenderorgan und Empfängerorgan ist, desto größere Chancen bestehen für eine erfolgreiche ➠ allogene ➠ Stammzelltransplantation. Hyperkalzämie zu hoher Kalziumspiegel im Blut; diese Komplikation lässt sich durch eine Therapie mit ➠ Bisphosphonaten gut beheben Immunabwehr Fähigkeit des körpereigenen Abwehrsystems, Fremdkörper wie Bakterien und Pilze zu bekämpfen Immunglobuline anderer Begriff für ➠ Antikörper; zur Unterstützung bei Immunschwäche werden Immunglobulin-Gemische (polyklonale Immunglobuline) von einem Spender verabreicht PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Infektion wenn Mikroorganismen wie Bakterien, Viren oder Pilze in den Körper eindringen und sich vermehren Infektionsabwehr Abwehrkräfte des Organismus gegen eine Infektion durch Bakterien, Viren oder Pilze. Zur Infektionsabwehr gehören die unverletzte Haut mit ihrem Säuremantel und der natürlichen Keimbesiedlung, die Schleimhaut, deren Flüssigkeit (Sekret) Stoffe enthält, die Erreger abtöten können, sowie das ➠ spezifische und ➠ unspezifische Abwehrsystem Infusion größere Flüssigkeitsmengen (Nährlösungen, Medikamente) werden dem Organismus meist tröpfchenweise über ein Blutgefäß zugeführt Inkontinenz Undichtigkeit, hier: ungewollter Abgang von Urin, gestörte Harnkontrolle Interferone Botenstoffe, mit denen sich die körpereigenen Abwehrzellen untereinander verständigen. Diese Stoffe können heute künstlich hergestellt werden und finden Anwendung bei der Behandlung verschiedener Krebsarten intravenös Verabreichen eines Medikamentes oder einer flüssigen Substanz direkt in die Vene Kernspintomographie, Magnetresonanztomographie (MRT) Die Kernspintomographie oder Magnetresonanztomographie ist ein bildgebendes Verfahren, das im Gegensatz zur Computertomographie keine Röntgenstrahlen, sondern ein starkes Magnetfeld und Radiowellen nutzt. Wissenschaftlicher Hintergrund ist, dass der menschliche Körper aus Atomen besteht, vor allem aus ungeordneten Wasserstoffatomen. Die Kernspintomographie zwingt durch ihr starkes Magnetfeld die Atomkerne in eine bestimmte Richtung, ähnlich wie ein Magnet, der die Kompassnadel ausrichtet. Die Atome stehen nun unter einer gewissen Spannung und werden durch Radiowellen aus ihrer erzwungenen Position „befreit“. Schaltet man 93 94 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM die Radiowellen wieder ab, werden die Atome durch das starke Magnetfeld wieder in die vorherige Richtung gezwungen. Dabei senden sie bestimmte Signale aus, die sich durch hochempfindliche Antennen messen lassen. Ein Computer berechnet aus diesen Signalen auf der Basis komplizierter mathematischer Verfahren genaue Schnittbilder durch den Körper. Ungeeignet ist die Kernspintomographie häufig für Menschen mit Herzschrittmachern, für Menschen mit Ängsten und für Menschen, denen nur eine sehr kurze Untersuchungszeit zugemutet werden kann. Klon ➠ monoklonal Knochenmark jeder Knochen besitzt eine Produktionsstätte für Blutzellen, die dann im Blut herumschwimmen. Man unterscheidet die Blutzellen in: Rote Blutkörperchen (Erytrozyten): Sauerstofftransport. Normwert: 4 - 5 Mio. pro Mikroliter Blut. Weiße Blutkörperchen (Leukozyten): Abwehrzellen. Normwert: 4.000 9.000 pro Mikroliter Blut. Blutplättchen (Thrombozyten): Blutstillung/ Gerinnung. Normwert: 150.000 - 300.000 pro Mikroliter Blut. Knochenmarktransplantation / Stammzelltransplantation Übertragung von Blutstammzellen, die aus dem Knochenmark oder aus dem Blut gewonnen werden. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen der Übertragung eigenen Knochenmarks (➠ autologe Knochenmark- / Stammzelltransplantation) und der eines Familien- oder Fremdspenders (➠ allogene Knochenmark- / Stammzelltransplantation). Leukozyten weiße Blutkörperchen; sie spielen die Hauptrolle im Kampf des Körpers gegen Infektionen. Diese Zellen sind in drei Hauptgruppen unterteilt: ➠ Granulozyten, ➠ Lymphozyten, ➠ Monozyten. Beim gesunden Menschen ist nur ein geringer Teil der im Körper vorhandenen Leukozyten im Blut zu finden; die meisten Leukozyten befinden sich im Knochenmark beziehungsweise in verschiedenen Organen und Geweben. Eine Erhöhung der Leukozytenzahl im Blut deutet auf eine Krankheit hin. PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Lymphozyten Untergruppe der weißen Blutzellen, die bei der Abwehr von Krankheiten und Fremdstoffen mitwirken, mit den beiden Unterarten ➠ B-Lymphozyten und ➠ T-Lymphozyten. Von den Lymphozyten befindet sich nur ein kleiner Teil im Blut, die meisten befinden sich in den lymphatischen Organen (wie Thymusdrüse und Milz), wo sie sich vermehren. Makrophagen Fresszellen der Gewebe; bilden zusammen mit den ➠ Monozyten ein Abwehrsystem gegen körperfremde feste Teilchen maligne/Malignität bösartig/Bösartigkeit monoklonal zu ein- und demselben Klon gehörig. Das Plasmozytom/Multiple Myelom entwickelt sich z. B. aus einer einzigen bösartigen Plasmazelle, und alle hiervon abstammenden Zellen sind gleich. Die Mutterzelle und alle ihre Tochterzellen bilden einen Zellklon. Monozyten Untergruppe der weißen Blutkörperchen; Monozyten und ➠ Granulozyten töten Bakterien dadurch, dass sie diese auffressen; bei einem Mangel dieser Zellen ist das ➠ unspezifische Abwehrsystem des Körpers beeinträchtigt Morphinderivate Abkömmlinge des ➠ Morphins, also ähnlich wirkende Substanzen Myeloblasten Vorläuferzellen von ➠ Granulozyten Neutropenie Mangel an neutrophilen ➠ Granulozyten Osteoklast, Osteoblast auch Knochenfresszelle genannt, weil durch ihn Knochensubstanz abgebaut wird; Gegenspieler der Osteoklasten sind die Osteoblasten, die die Knochensubstanz aufbauen helfen 95 96 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Osteolyse Stelle im Knochen, an der Knochensubstanz abgebaut wird; beim Plasmozytom findet dieser Abbau statt, weil die Osteoklasten übermäßig aktiv sind Osteoporose Erkrankung des Skelettsystems, bei dem Knochensubstanz und -struktur verloren geht beziehungsweise vermindert wird; Folge ist eine erhöhte Anfälligkeit für Knochenbrüche Paraproteine Sammelbegriff für monoklonal gebildete ➠ Immunglobuline und Immunglobulin-Fragmente; sie werden von den Plasmozytomzellen gebildet und können in hoher Konzentration im Blut auftreten Pestizide Pflanzenschutzmittel physisch körperlich PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM psychisch seelisch Punktion mit einer Hohlnadel wird Körperflüssigkeit aus (Blut-)Gefäßen, Körperhohlräumen, Hohlorganen oder Tumoren entnommen Radiotherapie (Radiatio) ➠ Strahlenbehandlung Remission das Nachlassen chronischer Krankheitszeichen; eine Remission ist aber nicht zwingend mit Heilung gleichzusetzen. Die klinische Terminologie unterscheidet darüber hinaus zwischen Voll- und Teilremission. Im ersten Fall sind sämtliche Krankheitszeichen verschwunden, Blutbild und Knochenmark weisen normale Werte auf. Bei einer Teilremission sind diese Anzeichen lediglich verbessert Rezidiv „Rückfall” einer Krankheit, im engeren Sinn ihr Wiederauftreten nach einer erscheinungsfreien Periode Plasmazelle besondere Art von Lymphzellen. Normale Plasmazellen produzieren ➠ Antikörper gegen fremde Erreger, wie etwa gegen Infektionserreger. Beim Plasmozytom/Multiplen Myelom kommt es zu einer ungehemmten Vermehrung krankhafter Plasmazellen, die atypisch und ineffektive Antikörper produzieren Sepsis Infektion, die den ganzen Körper betrifft und durch Mikroorganismen wie z.B. Bakterien oder Viren ausgelöst wird Plasmazell-Infiltration Durchdringung von Gewebe durch Plasmazellen Sinterung Einsinken von Wirbelkörpern polyklonal Gegenteil von ➠ monoklonal; nicht zu ein- und demselben Zellklon gehörig Prognose Heilungsaussicht, Voraussicht auf den Krankheitsverlauf spezifisches Abwehrsystem eine Hälfte des körpereigenen Abwehrsystems; man unterscheidet eine unspezifische angeborene Immunität von einer spezifischen erworbenen Immunität. Beide Systeme sind miteinander verzahnt. Träger des spezifischen Abwehrsystems sind vor allem die ➠ Lymphozyten Prophylaxe vorbeugende Maßnahme Stammzellen Blutvorläuferzellen, aus denen die roten und weißen Blutkörperchen und die 97 98 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Blutplättchen entstehen. Diese Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Hieraus können sie für eine Transplantation entnommen, behandelt und dem Spender zurückgegeben werden (➠ autologe Knochenmark- / Stammzelltransplantation) oder bei einem HLA-identischen Empfänger transplantiert werden (➠ allogene Knochenmark- / Stammzelltransplantation). stationär im Krankenhaus Strahlenbehandlung (Radiotherapie) Behandlung mit ionisierenden Strahlen, die über ein spezielles Gerät (meist Linearbeschleuniger) in einen genau festgelegten Bereich des Körpers eingebracht werden. Hierbei werden grundsätzlich sehr viel höhere Strahlendosen notwendig als bei der Anfertigung eines Röntgenbildes zu diagnostischen Zwecken. Diese Bestrahlungsfelder werden vorab so geplant und berechnet, dass die Dosis in der Zielregion ausreichend hoch ist und gleichzeitig gesundes Gewebe bestmöglich geschont wird. Man unterscheidet die interne Strahlentherapie („Spickung”/Afterloading mit radioaktiven Elementen) und die externe Strahlentherapie, bei der der Patient in bestimmten, genau festgelegten Körperregionen von außen bestrahlt wird. Beide Methoden können auch gemeinsam zur Bekämpfung eines Tumorleidens eingesetzt werden. Die Strahlentherapie unterliegt strengen Sicherheitsauflagen, die eine Gefährdung des Patienten vermeiden helfen. Symptom Krankheitszeichen Thrombozyten Blutplättchen, kleinste Form der Blutkörperchen; sie haben die Aufgabe, die Blutgerinnung aufrecht zu erhalten T-Lymphozyten die Differenzierung der T-Lymphozyten erfolgt im ➠ Thymus, einem kleinen Organ hinter dem Brustbein. Die T-Lymphozyten tragen einen Eiweißkomplex auf ihrer Zelloberfläche, der ➠ Antigene erkennen und binden kann. Dabei reagiert der Eiweißkomplex nur mit dem für ihn spezifischen Antigen, ähnlich wie ein Schlüssel, der nur in ein bestimmtes Schloss passt. Dadurch PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM kommt es zur Aktivierung der T-Lymphozyten. Man unterscheidet zytotoxische T-Lymphozyten, die als fremd erkannte, also Antigene-tragende Zellen binden und auflösen können, von den T-Helfer-Lymphozyten. Diese ermöglichen durch Produktion verschiedener Wachstumsfaktoren die Differenzierung von ➠ B-Lymphozyten zu Antikörper-produzierenden Zellen. Therapie Kranken-, Heilbehandlung Thymus hinter dem Brustbein gelegene Drüse; sie gehört zum lymphatischen System und ist Teil des körpereigenen Abwehrsystems Tumor allgemein jede umschriebene Schwellung (Geschwulst) von Körpergewebe; im engeren Sinne gutartige oder bösartige, unkontrolliert wachsende Zellwucherungen, die im gesamten Körper auftreten können unspezifisches Abwehrsystem Teil des körpereigenen Abwehrsystems; der unspezifischen Abwehr von Fremdstoffen dienen Fresszellen (➠ Makrophagen), ➠ Monozyten und neutrophile ➠ Granulozyten. Letztere wandern nach Eindringen der Erreger an den Ort des Geschehens und nehmen die Erreger in sich auf, um sie anschließend zu zerstören; ➠ spezifisches Abwehrsystem Wachstumsfaktoren Medikamente, die den Anstieg der Blutzellen zum Beispiel nach einer Chemotherapie beschleunigen können Zytokine Botenstoffe, mit denen sich zum Beispiel die körpereigenen Abwehrzellen untereinander verständigen Zytostatika Medikamente, die das Wachstum von Tumorzellen hemmen, aber auch gesunde Zellen in gewissem Ausmaß schädigen können. Ziel ist dabei, die Zellteilung zu verhindern; ➠ Chemotherapie 99 100 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM Quellenangaben PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM ● Zur Erstellung dieser Broschüre wurden die nachstehend aufgeführten Informationsquellen herangezogen*: Multiples Myelom ● ● ● ● Das Multiple Myelom ( Plasmozytom). Diagnose und Therapie (UNI-MED Science) von Hartmut Goldschmidt und Friedrich W. Cremer (Gebundene Ausgabe – März 2002) Therapie des multiplen Myelomes: Indikationen und Therapieoptionen. Peest D, Ganser A. Internist (Berlin). 2007 Oct 26 (im Druck). Kyle RA, Yee GC, Somerfield MR, Flynn PJ, Halabi S, Jagannath S, Orlowski RZ, Roodman DG, Twilde P, Anderson K; American Society of Clinical Oncology. American Society of Clinical Oncology 2007 clinical practice guideline update on the role of bisphosphonates in multiple myeloma. J Clin Oncol. 2007 Jun 10;25(17):2464- 72. Epub 2007 May 21. Anderson KC, Alsina M, Bensinger W, Biermann JS, Chanan-Khan A, Comenzo RL, De Castro CM, Djulbegovic B, Farag S, Huff CA, Meredith R, Schriber J, Shrieve D, Singhal S, Smith MR, Stockerl-Goldstein K, Vose JM, Weber D, Yahalom J, Yunus F; National Comprehensive Cancer Network (NCCN). Multiple myeloma. Clinical practice guidelines in oncology. J Natl Compr Canc Netw. 2007 Feb;5(2):118 - 47. (www.nccn.org) ● Smith A, Wisloff F, Samson D; UK Myeloma Forum; Nordic Myeloma Study Group; British Committee for Standards in Haematology. Guidelines on the diagnosis and management of multiple myeloma 2005. Br J Haematol. 2006 Feb;132(4):410-51. (www.bcshguidelines.com) ● Harrouseau JL, Greil R, Kloke O; ESMO Guidelines Task Force. ESMO Minimum Clinical Recommendations for diagnosis, treatment and follow-up of multiple myeloma. Ann Oncol. 2005;16 Suppl 1:i45-7. 101 Durie BG, Kyle RA, Belch A, Bensinger W, Blade J, Boccadoro M, Child JA, Comenzo R, Djulbegovic B, Fantl D, Gahrton G, Harousseau JL, Hungria V, Joshua D, Ludwig H, Mehta J, Morales AR, Morgan G, Nouel A, Oken M, Powles R, Roodman D, San Miguel J, Shimizu K, Singhal S, Sirohi B, Sonneveld P, Tricot G, Van Ness B; Scientific Advisors of the International Myeloma Foundation. Myeloma management guidelines: a consensus report from the Scientific Advisors of the International Myeloma Foundation. Hematol J. 2003;4(6):379-98. Review. Erratum in: Hematol J. 2004;5(3):285. Neuere Arbeiten zur Therapie ● New drugs for myeloma. Richardson PG, Mitsiades C, Schlossman R, Munshi N, Anderson K. Oncologist. 2007 Jun;12(6):664- 89. ● Advances in oral therapy for multiple myeloma. Morgan GJ, Krishnan B, Jenner M, Davies FE. Lancet Oncol. 2006 Apr;7(4):316- 25. ● Bortezomib. Simons S, Scheulen ME, Jaehde U. Deutsch Med Wochenschr. 2006 Feb 3;131(5):214 - 8. ● Thalidomide and lenalidomide in multiple myeloma. Mazumder A, Jagannath S. Best Pract Res Clin Haematol. 2006;19(4):769- 80. ● Migliorati CA, Siegel MA, Elting LS. Bisphosphonate-associated osteonecrosis: a long-term complication of bisphosphonate treatment. Lancet Oncol. 2006 Jun;7(6):508-14. Review. Erratum in: Lancet Oncol. 2006 Jul;7(7): 533. Laienverständliche Informationen ● MSD Manual - Handbuch Gesundheit. Medizinisches Wissen und ärztlicher Rat für die ganze Familie (Mosaik bei Goldmann) von Mark H. Beers, Martin Arndorfer, Beate Bettenhauser und Imke Brodersen (Gebundene Ausgabe – August 2005) * Diese Quellen sind nicht als weiterführende Literatur für Betroffene gedacht, sondern dienen als Nachweis des wissenschaftlich abgesicherten Inhalts des Ratgebers. Nr. Anzahl Titel 019 ____ Nierenkrebs 002 ____ Brustkrebs 020 ____ Leukämie bei Erwachsenen 003 ____ Gebärmutter- und Eierstockkrebs 021 ____ Morbus Hodgkin 004 ____ Krebs im Kindesalter 040 ____ Wegweiser zu Sozialleistungen 005 ____ Hautkrebs 042 ____ Hilfen für Angehörige 006 ____ Darmkrebs 043 ____ TEAMWORK – 008 ____ Gehirntumoren Die Patienten-Arzt-Beziehung 046 ____ Ernährung bei Krebs 009 ____ Schilddrüsenkrebs 048 ____ Bewegung und Sport bei Krebs 010 ____ Lungenkrebs 049 ____ Kinderwunsch und Krebs 011 ____ Rachen- und Kehlkopfkrebs 050 ____ Krebsschmerzen wirksam bekämpfen 012 ____ Krebs im Mund-, Kiefer-, 051 ____ Fatigue – Chronische Müdigkeit Gesichtsbereich bei Krebs 013 ____ Speiseröhrenkrebs 053 ____ Strahlentherapie 014 ____ Bauchspeicheldrüsenkrebs 057 ____ Palliativmedizin 015 ____ Krebs der Leber und Gallenwege 060 ____ Klinische Studien 016 ____ Hodenkrebs 017 ____ Prostatakrebs 018 ____ Blasenkrebs 230 ____ Leben Sie wohl – Hörbuch Palliativmedizin Name: PLZ/Ort: ✂ Straße: 53113 Bonn 007 ____ Magenkrebs Deutsche Krebshilfe e.V. Buschstraße 32 Anzahl Titel 001 ____ Krebs – Wer ist gefährdet? Antwortkarte Nr. Die Angaben werden selbstverständlich vertraulich behandelt. „Die blauen Ratgeber“ (ISSN 0946-4816) Ihren Beruf: Informationen für Betroffene und Angehörige Ihr Geschlecht: Fax-Nr.: 02 28 / 72 99 0 -11 Ihr Alter: Liebe Leserin, lieber Leser, Das kostenlose Informationsmaterial der Deutschen Krebshilfe können Sie online unter www.krebshilfe.de oder per Post bzw. Fax bestellen: Aus statistischen Gründen wüssten wir gern: Informieren Sie sich Bitte beantworten Sie die Fragen auf der Rückseite und schicken Sie uns das Blatt in einem Umschlag zurück. Vielen Dank! 103 die Informationen in dieser Borschüre sollen Ihnen helfen, dass Sie Ihrem Arzt gezielte Fragen über Ihre Erkrankung und zu Ihrer Behandlung stellen können, damit Sie gemeinsam mit ihm über Ihre Behandlung entscheiden können. Wir möchten gerne wissen, ob Sie in diesem Ratgeber alles erfahren haben, was Sie dafür brauchen. 102 PLASMOZYTOM / MULTIPLES MYELOM 022-11/2007 ❒ nein (PLZ) Ort: (Dafür benötigen wir Ihre Anschrift!) Straße: der Deutschen Krebshilfe. im Mildred Scheel Kreis, dem Förderverein Name: Ich interessiere mich für eine Mitgliedschaft zur Nachsorge ❒ ❒ ja Prof. Dr. Dagmar Schipanski Präsidentin der Deutschen Krebshilfe ❒ ❒ ❒ ❒ ❒ ❒ ❒ ❒ ❒ ❒ zu den Risiken der Behandlungsverfahren ❒ ❒ ❒ ❒ ❒ zum Nutzen der Behandlungsverfahren Kannten Sie die Deutsche Krebshilfe bereits? ❒ Bücherregal im Wartezimmer ❒ Angehörige/Freunde ❒ Internetausdruck ❒ Internetbestellung ❒ vom Arzt persönlich ❒ Krankenhaus ❒ Selbsthilfegruppe ❒ Hinweis in der Zeitung ❒ ❒ ❒ ❒ ❒ zur Wirkung der Behandlungsverfahren Woher haben Sie die Broschüre bekommen? ❒ ❒ ❒ ❒ ❒ zu Untersuchungsverfahren 5 4 3 2 1 3 „stimmt teilweise” 5 „stimmt überhaupt nicht” 2 „stimmt einigermaßen” ❒ ❒ ❒ ❒ ❒ Der Text ist allgemein verständlich Das hat mir gefehlt: 4 „stimmt kaum” 1 „stimmt vollkommen” Dabei entspricht: Die Broschüre hat meine Fragen beantwortet. ❒ ❒ ❒ ❒ ❒ ❒ Betroffener ❒ Angehöriger ❒ Interessierter? Ich bin 1 2 3 4 5 Die Broschüre hat mir geholfen, Entscheidungen über meine Behandlung zu treffen Sagen Sie uns Ihre Meinung! „Liebe Leserin, lieber Leser, die Deutsche Krebshilfe hat in den vergangenen Jahren mit ihren vielfältigen Aktivitäten Verantwortung in unserer Gesellschaft übernommen, die beispielgebend ist. Sie hat Forschungen über Krankheitsursachen,Therapie und Diagnose tatkräftig unterstützt und damit unser Wissen über diese bedrohliche Krankheit erweitert. Zugleich wurde von der Deutschen Krebshilfe eine offene Diskussion über die Krankheit Krebs und aller damit verbundenen Aspekte in der Öffentlichkeit geführt. Diese Leistungen ließen sich nur dank der Hilfsbereitschaft vieler Hunderttausender Menschen verwirklichen, die mit ihrem ehrenamtlichen Einsatz, ihren Spenden, Aktionserlösen und Mitgliedsbeiträgen unsere Arbeit erst ermöglichen. Als Präsidentin der Deutschen Krebshilfe möchte ich mich aus ganzem Herzen in den Dienst der Bekämpfung dieser – noch – unbesiegten Krankheit stellen. Damit auch künftig beraten, geforscht und aufgeklärt werden kann, brauchen wir weiterhin Sie und Ihre wohlwollende Unterstützung der Deutschen Krebshilfe. Herzlichen Dank.“ Deutsche Krebshilfe Helfen. Forschen. Informieren. • Information und Aufklärung über Krebskrankheiten und Möglichkeiten der Krebsvorbeugung • Motivation, die jährlichen kostenlosen Früherkennungsuntersuchungen zu nutzen • Verbesserungen in der Krebsdiagnostik • Weiterentwicklungen in der Krebstherapie • Finanzierung von Krebsforschungsprojekten/-programmen • Gezielte Bekämpfung der Krebskrankheiten im Kindesalter • Förderung der medizinischen Krebsnachsorge, der psychosozialen Betreuung einschließlich der Krebs-Selbsthilfe • Hilfestellung, Beratung und Unterstützung in individuellen Notfällen Die Deutsche Krebshilfe ist für Sie da. Rufen Sie uns an: Zentrale: 02 28/72 99 0 - 0, Mo - Fr 8 - 17 Uhr Informationsdienst: 02 28/72 99 0 - 95, Mo - Fr 8 - 17 Uhr Härtefonds: 02 28/72 99 0 - 94, Mo - Do 8.30 - 17 Uhr, Fr 8.30 - 16 Uhr Oder schreiben Sie uns: Deutsche Krebshilfe, Buschstraße 32, 53113 Bonn E-Mail: [email protected] Deutsche Krebshilfe gegründet von Dr. Mildred Scheel 90 90 93 Sparkasse KölnBonn BLZ 370 501 98 269 100 000 Dresdner Bank Bonn BLZ 370 800 40 2 009 090 013 Volksbank Bonn Rhein-Sieg eG BLZ 380 601 86 ISSN 0946-4816