Vorlesung Logiksysteme Teil 1: Aussagenlogik Martin Mundhenk Univ. Jena, Institut für Informatik 20. Oktober 2017 Winter 2017 – v02 Formalien zur Vorlesung/Übung I Termine: Vorlesung donnerstags 16:15-17:45 Übung montags 14:15-15:45 Logik-Sprechstunde freitags 10-12 Uhr (und n.V.) I Zulassungsvoraussetzung zur Prüfung: 80% der Übungsaufgaben wurden bestanden“ ” (Nachbesserung möglich) aktive Teilnahme an den Übungen I Modulprüfung: mündliche Prüfung in der vorlesungsfreien Zeit Termine werden bekanntgegeben 1 Aussagenlogik 1. Aussagenlogik 2. Modale Aussagenlogik 3. Temporale Aussagenlogik 1 Aussagenlogik 1. Aussagenlogik VL01: Umgangssprachliche und formale Aussagenlogik VL02: Äquivalente Formeln und adäquate Verknüpfungszeichen VL03: Ein Tableau-Kalkül VL04: Ein Frege-Kalkül VL05: Die Vollständigkeitssätze für die Kalküle [ Literatur (siehe Semesterapparat): Schöning: Logik für Informatiker Priest: An Introduction to Non-classical Logic Nerode, Shore: Logic for Applications Mendelson: Introduction to Mathematical Logic VL01/02 VL01/02/03/05 VL03/05 VL04/05 ] Kapitel 1 Inhaltsverzeichnis 1.1+2 Grundbegriffe der Aussagenlogik Zuerst werden wir uns aussagenlogische Konstrukte in der Umgangssprache anschauen. Dann werden die Grundbegriffe der (formalen) Aussagenlogik definiert: I Wie sehen aussagenlogische Formeln aus? I Was ist eine Belegung und wann erfüllt sie eine Formel? I Was sind gültige, erfüllbare und unerfüllbare Formeln? I Wann sind Formeln äquivalent? I Welche Verknüpfungszeichen braucht man überhaupt in Formeln? (adäquate Verknüpfungszeichen) VL 1+2 Übersicht Vorlesung 1: Umgangssprachliche und formale Aussagenlogik Wir benutzen Logik in der Umgangssprache. Daraus hat sich die formale Logik entwickelt. Wir wollen uns klarmachen, wann wir umgangssprachliche Logik und wann wir formale Logik benutzen. 1. Aussagenlogik VL01: Umgangssprachliche und formale Aussagenlogik Umgangssprachliche Aussagenlogik Formale Aussagenlogik VL02: Äquivalente Formeln und adäquate Verknüpfungszeichen VL03: Ein Tableau-Kalkül VL04: Ein Frege-Kalkül VL05: Die Vollständigkeitssätze für die Kalküle 1.1 Umgangssprachliche Aussagenlogik Einführendes Beispiel Aussagenlogik betrachtet Aussagen und deren Zusammensetzung, und untersucht das korrekte Schlussfolgern. Beispiel: (1) (2) (3) (4) Ingo trifft Peter oder Maria. Wenn er Peter trifft, dann trifft er Vera oder Andreas. Wenn er Vera trifft, dann trifft er auch Maria. Wenn er Vera nicht trifft, dann trifft er nicht Andreas. Ist Ingo trifft Maria“ eine korrekte Folgerung aus (1)–(4)? ” 1.1.2 Aussagen Eine ugs. Aussage ist ein Satz, der entweder wahr oder falsch ist. Aus einzelnen Aussagen können neue Aussagen gebildet werden, indem Aussagen sprachlich so verknüpft werden, dass neue Aussagen entstehen. Ob die neue Aussage wahr oder falsch ist, ergibt sich aus den Wahrheitswerten der Aussagen, aus denen sie gebildet wird. Dazu geben wir für jede Verknüpfung in einer Wahrheitswertetabelle an, wie sich der Wahrheitswert der neuen Aussage aus den Wahrheitswerten der verknüpften Aussagen ergibt. (Statt Aussage α ist wahr“ sagt man ” z.B. auch α ist korrekt“ oder α gilt“.) ” ” Umgangssprachliche Negation Die Negation einer ugs. Aussage α ist z.B. Nicht α“ oder α ist falsch“. ” ” Die Negation der Aussage x = 2 schreibt man auch x 6= 2. Diese Negation durch Durchstreichen“ macht man gerne mit formalen Symbolen. ” Das werden wir später auch so machen. Wenn α wahr ist, dann ist α ist falsch“ falsch, ” und wenn α falsch ist, dann ist α ist falsch“ wahr. ” Das schreiben wir als Wahrheitswertetabelle auf: α wahr falsch Nicht α falsch wahr 1.1.4 Umgangssprachliche Konjunktion Die Konjunktion zweier ugs. Aussagen α und β ist die Aussage α und β“. ” Zum schnellen oder kurzen Aufschreiben schreibt man α und β“ auch ” als α & β“. ” Die Wahrheitswertetabelle für die Konjunktion ist: α β wahr wahr wahr falsch falsch wahr falsch falsch α und β wahr falsch falsch falsch 1.1.5 Umgangssprachliche Disjunktion Die Disjunktion zweier ugs. Aussagen α und β ist die Aussage α oder β“. ” Die Wahrheitswertetabelle für die Disjunktion ist: α β wahr wahr wahr falsch falsch wahr falsch falsch α oder β wahr wahr wahr falsch Man beachte, dass die Bedeutung der Aussage Entweder α oder β“ ” anders ist als die von α oder β“. ” 1.1.6 Umgangssprachliche Implikation Die Implikation einer ugs. Aussage β aus einer ugs. Aussage α ist die Aussage Wenn α, dann β“ oder Aus α folgt β“. ” ” Zum schnellen oder kurzen Aufschreiben schreibt man Wenn α, dann β“ auch als α ⇒ β“. ” ” Die Wahrheitswertetabelle für die Implikation ist: α β wahr wahr wahr falsch falsch wahr falsch falsch wenn α, dann β wahr falsch wahr wahr 1.1.7 Umgangssprachliche Äquivalenz Die Äquivalenz zweier ugs. Aussagen α und β ist die Aussage α genau dann, wenn β“. ” Zum schnellen oder kurzen Aufschreiben schreibt man α genau dann, wenn β“ auch als α gdw. β“ oder als α ⇔ β“. ” ” ” Die Wahrheitswertetabelle für die Äquivalenz ist: α β wahr wahr wahr falsch falsch wahr falsch falsch α genau dann, wenn β wahr falsch falsch wahr 1.1.8 Zurück zum Beispiel (1) (2) (3) (4) Ingo trifft Peter oder Maria. (P oder M.) Wenn er Peter trifft, dann trifft er Vera oder Andreas. (Wenn P, dann (V oder A).) Wenn er Vera trifft, dann trifft er auch Maria. (Wenn V , dann M.) Wenn er Vera nicht trifft, dann trifft er nicht Andreas. (Wenn nicht V , dann nicht A.) Ist Ingo trifft Maria“ (M) eine Folgerung aus (1)–(4)? ” D.h.: ist die große“ Aussage ” Wenn (P oder M) und ” (wenn P, dann (V oder A)) und (wenn V , dann M) und (wenn nicht V , dann nicht A), dann M.“ wahr ? Dazu schauen wir uns die Wahrheitswertetabelle der großen Aussage an . . . P wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr falsch falsch falsch falsch falsch falsch falsch falsch M wahr wahr wahr wahr falsch falsch falsch falsch wahr wahr wahr wahr falsch falsch falsch falsch V wahr wahr falsch falsch wahr wahr falsch falsch wahr wahr falsch falsch wahr wahr falsch falsch A wahr falsch wahr falsch wahr falsch wahr falsch wahr falsch wahr falsch wahr falsch wahr falsch (1) wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr falsch falsch falsch falsch (2) wahr wahr wahr falsch wahr wahr wahr falsch wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr (3) wahr wahr wahr wahr falsch falsch wahr wahr wahr wahr wahr wahr falsch falsch wahr wahr (4) wahr wahr falsch wahr wahr wahr falsch wahr wahr wahr falsch wahr wahr wahr falsch wahr große Aussage wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr wahr Also: die große Aussage“ ( Ingo trifft Maria“ ist eine Folgerung aus (1)–(4)) ” ” ist wahr! 1.1.10 1.2 Formale Aussagenlogik Die formale Aussagenlogik ist ein abstraktes Modell der umgangssprachlichen Aussagenlogik. Zuerst modelliert man die Zusammensetzung von Aussagen (Syntax). Das ergibt die Formeln der Aussagenlogik (wie eine formale Sprache). Anschließend modelliert man die Wahrheitswerte durch eine Erfüllungsrelation (Semantik). Abschließend werden semantische Eigenschaften von Formeln definiert und betrachtet. 1.1.11 Definition 1.1 (die Sprache der Aussagenlogik: Formeln) Eine atomare Formel (kurz: Atom) hat die Form Ai für i = 0, 1, 2, . . . (Aussagenlogische) Formeln sind induktiv definiert wie folgt. 1. Die Konstanten > (verum) und ⊥ (falsum) und alle Atome sind Formeln. 2. Für alle Formeln α ist ¬α (Negation von α) ebenfalls eine Formel. Für alle Formeln α und β sind (α ∧ β) (Konjunktion von α und β, logisches Und ), (α ∨ β) (Disjunktion von α und β, logisches Oder ) und (α → β) (Implikation von α und β, logisches Wenn . . . dann ) ebenfalls Formeln. (3. Es gibt keine anderen Formeln.) 1.1.12 Die Begriffe Aussage, Wahrheitswert, wahr und falsch werden in der formalen Logik nicht verwendet! Wir haben bereits gesehen, wie die Form von ugs. Aussagen durch Formeln modelliert wird. Nun brauchen wir noch eine Modellierung der Wahrheitswerte. Dazu definieren wir die Belegung und die Erfüllungsrelation. Definition 1.2 (Belegung) Eine Belegung B ist eine Menge B ⊆ {A0 , A1 , A2 , . . .} von Atomen. Der Wahrheitswert der Aussage Ai ∈ B“ modelliert, ” dass Ai für eine wahre Aussage steht – bezogen auf die Welt B. Die Erfüllungsrelation modelliert, wie sich Wahrheitswerte in zusammengesetzten Aussagen übertragen ... Definition 1.3 (Erfüllungsrelation ) Sei B eine Belegung, α und β seien Formeln. Die Relation zwischen Belegungen und Formeln ist wie folgt definiert. B > B 6 ⊥ B Ai gdw. Ai ∈ B, für atomare Formeln Ai B ¬α gdw. B 6 α B (α ∧ β) gdw. B α und B β B (α ∨ β) gdw. B α oder B β (α → β) gdw. B 6 α oder B β B Man spricht die Aussage B ϕ als B erfüllt ϕ“ aus. ” Für Nicht B ϕ“ schreibt man B 6 ϕ. ” Eigenschaften von Formeln Von besonderem Interesse sind Formeln, die von jeder Belegung erfüllt werden. Definition 1.4 (gültig, erfüllbar) 1. Eine Formel α heißt gültig (oder Tautologie), wenn α von jeder Belegung erfüllt wird (Schreibweise: α). 2. Eine Formel heißt erfüllbar, wenn es eine Belegung gibt, die sie erfüllt. Anderenfalls heißt die Formel unerfüllbar (oder Kontradiktion). 1.1.15 Semantische Folgerung Eine Verallgemeinerung von Für Formelmengen Γ bedeutet B Γ ( B erfüllt Γ“), ” dass B ϕ für alle ϕ ∈ Γ gilt. Definition 1.5 (Semantische Folgerung) Sei Γ eine Formelmenge und ϕ eine Formel. Die Relation zwischen Formelmengen und Formeln ist wie folgt definiert: Γ ϕ genau dann, wenn jede Belegung, die Γ erfüllt, ebenfalls ϕ erfüllt. (D.h.: Γ ϕ gdw. für jede Belegung B gilt: wenn B Γ, dann B Die Aussage Γ ϕ spricht man ϕ ist Folgerung von Γ“ oder aus Γ folgt ϕ“ aus. ϕ.) 1.1.16 Schreibweisen: I Mengenklammern und Vereinigungszeichen lässt man gerne weg: ϕ oder Γ, α ϕ. z.B. schreibt man α1 , . . . , αn I Statt ∅ Lemma 1.6 ( ϕ schreibt man ϕ. verallgemeinert Sei ϕ eine Formel. Dann gilt: ) ϕ genau dann, wenn ϕ. Lemma 1.7 (Zusammenhang zwischen und →) Sei n ∈ N+ , und α1 , . . . , αn , ϕ seien Formeln. Die folgenden Aussagen sind äquivalent für alle i = 1, 2, . . . , n + 1. 1. α1 , . . . , αn ϕ 2. α1 , . . . , αi−1 (αi → (αi+1 → . . . (αn → ϕ) . . .)) 3. α1 , . . . , αi−1 ( n V αj ) → ϕ j=i Insbesondere gelten also folgende Äquivalenzen zu 1.–3. (i = 1) : I I (α1 → (α2 → . . . (αn → ϕ) . . .)) n V (( αi ) → ϕ) i=1 Außerdem folgt: α ϕ gdw. α → ϕ. 1.1.18 Was haben wir in Vorlesung 1 gelernt? I I I I I Wir haben die umgangssprachliche Aussagenlogik aus Aussagen, Aussageverknüpfungen nicht“, und“, oder“, wenn . . . dann. . .“ und ” ” ” ” . . . genau dann, wenn . . .“ kennengelernt und gesehen, wie sich die ” Wahrheitswerte wahr“ und falsch“ von Aussagen auf ” ” Aussageverknüpfungen übertragen. Das haben wir mit Hilfe von Wahrheitswertetabellen aufgeschrieben. Wir haben die formale Aussagenlogik kennengelernt. Wir kennen Formeln, die induktiv aus Atomen, ⊥, > und den Verknüpfungszeichen ¬, ∧, ∨ und → aufgebaut sind. Wir wissen, was eine Belegung ist, und kennen die Erfüllungsrelation zwischen Belegungen und Formeln, die induktiv über den Aufbau der Formeln definiert ist. Wichtig: wir wollen die Begriffe der umgangssprachlichen Logik mit denen der formalen Logik nicht durcheinanderbringen. Wir können Formeln die Eigenschaften erfüllbar, gültig und unerfüllbar zuordnen. Wir kennen die semantische Folgerung als Verallgemeinerung von . 1.1.19 Vorlesung 2: Äquivalente Formeln und adäquate Verknüpfungszeichen Unterschiedliche Formeln können von genau den gleichen Belegungen erfüllt werden – sie sind also semantisch gleich. Beim Rechnen“ mit Formeln kann ” man sie gegenseitig austauschen und ggf. das Rechnen vereinfachen. Semantisch gleiche Formeln heißen äquivalent – diesen Begriff werden wir zuerst definieren. Anschließend gehen wir der Frage nach, mit welchen Kombinationen der Verknüpfungszeichen >, ⊥, ¬, ∧, ∨, → man bereits alle Formeln äquivalent beschreiben kann. Wir werden eine Kombination finden, die uns später das Beweisen leichter machen wird. 1. Aussagenlogik VL01: Umgangssprachliche und formale Aussagenlogik VL02: Äquivalente Formeln und adäquate Verknüpfungszeichen Äquivalente Formeln Adäquate Verknüpfungszeichen 1.2.1 2.1 Äquivalente Formeln Abkürzende Schreibweise: wir schreiben auch A, B , C , . . . für A0 , A1 , A2 , . . . . Die Formeln (A ∧ B ) und ¬(¬A ∨ ¬B ) werden von den gleichen Belegungen erfüllt. I Die Belegung {A, B } erfüllt beide Formeln. I Die Belegungen ∅, {A} und {B } erfüllen beide Formeln nicht. I Jede andere Belegung entspricht für die Atome A und B einer der obigen Belegungen. Definition 2.1 ((semantische) Äquivalenz von Formeln) Seien α und β Formeln. Die Relation ≡ zwischen Formeln ist wie folgt definiert: α ≡ β genau dann, wenn für jede Belegung B gilt: B α genau dann, wenn B β. Die Aussage α ≡ β“ spricht man α ist äquivalent (zu) β“ aus. ” ” ≡ ist eine Äquivalenrelation. Äquivalenzen, die wir noch brauchen werden Lemma 2.2 Für jede Formel α gilt: ¬α ≡ α → ⊥. Beweis: Sei α eine beliebige Formel. Zu zeigen ist: für jede Belegung B gilt: B Sei B eine beliebige Belegung. Dann gilt: B ¬α gdw. B 6 α gdw. B 6 α oder B gdw. B α → ⊥ ¬α gdw. B ⊥ α → ⊥. (Semantik von ¬) (da B 6 ⊥) (Semantik von →) Damit ist B ¬α gdw. B α → ⊥“ gezeigt. ” Da > ≡ ¬⊥, folgt damit > ≡ ⊥ → ⊥. X Lemma 2.3 Für alle Formeln α und β gilt: α ∨ β ≡ (α → ⊥) → β. Beweis: Seien α und β beliebige Formeln. Zu zeigen ist: für jede Belegung B gilt: B α ∨ β gdw. B (α → ⊥) → β. Sei B eine beliebige Belegung. Dann gilt: B α ∨ β gdw. gdw. gdw. gdw. Damit ist B ” B α oder B β B 6 ¬α oder B β B 6 α → ⊥ oder B B (α → ⊥) → β α ∨ β gdw. B β (Semantik von ∨) (Semantik von ¬) (Lemma (2.2)) (Semantik von →) (α → ⊥) → β“ gezeigt. X 1.2.4 Lemma 2.4 Für alle Formeln α und β gilt: α ∧ β ≡ (α → (β → ⊥)) → ⊥. Beweis: Seien α und β beliebige Formeln. Zu zeigen ist: für jede Belegung B gilt: B α ∧ β gdw. B (α → (β → ⊥)) → ⊥. Sei B eine beliebige Belegung. Dann gilt: B α ∧ β gdw. gdw. gdw. gdw. gdw. gdw. gdw. gdw. Damit ist B ” B B6 ” B6 ” B6 ” B ” B6 B B α und B β α oder B 6 β“ ist falsch α oder B ¬β“ ist falsch α oder B β → ⊥“ ist falsch α → (β → ⊥)“ ist falsch α → (β → ⊥) ¬(α → (β → ⊥)) (α → (β → ⊥)) → ⊥ α ∧ β gdw. B (Semantik von ∧) (ugs.) (Semantik von ¬) (Lemma (2.2)) (Semantik von →) (Schreibweise) (Semantik von ¬) (Lemma (2.2)) (α → (β → ⊥)) → ⊥“ gezeigt. X 1.2.5 Lemma 2.5 (äquivalente Ersetzung von Teilformeln) Seien α, β, α0 und β 0 Formeln, Dann gilt: 1. ¬α ≡ ¬α0 2. α ∧ β ≡ α0 ∧ β 0 und es gelte α ≡ α0 und β ≡ β 0 . 3. α ∨ β ≡ α0 ∨ β 0 4. α → β ≡ α0 → β 0 Beweis: 1. Seien α und α0 Formeln mit α ≡ α0 . Zu zeigen ist: für jede Belegung B gilt B ¬α gdw. B ¬α0 . Sei B eine Belegung. Dann gilt: B ¬α gdw. B 6 α (Semantik von ¬) gdw. B 6 α0 (da α ≡ α0 , d.h. B α gdw. B 0 gdw. B ¬α (Semantik von ¬) 2.-4.: geht entsprechend. α0 ) X 2.2 Adäquate Verknüpfungszeichen Definition 2.6 (adäquate Mengen von Verknüpfungszeichen) Eine Menge M ⊆ {>, ⊥, ¬, ∧, ∨, →, . . .} von Verknüpfungszeichen heißt adäquat, falls es für jede Formel eine äquivalente Formel gibt, die nur aus Atomen sowie Verknüpfungszeichen aus M besteht. Beispiel: Da ((¬α) → β) ≡ (α ∨ β), kann man alle Formeln äquivalent durch Formeln ohne ∨ ausdrücken. Also ist {>, ⊥, ¬, ∧, →} adäquat. Lemma 2.7 ({⊥, →} ist adäquat) {⊥, →} ist eine adäquate Menge von Verknüpfungszeichen. D.h. für jede aussagenlogische Formel ϕ gibt es eine äquivalente Formel ϕ0 , die nur aus Atomen, ⊥ und → besteht. Der Beweis soll mittels Induktion über den Formelaufbau von ϕ geführt werden. Was ist zu zeigen? Induktionsanfang: Für jede aussagenlogische Formel ϕ, die >, ⊥ oder ein Atom ist, gibt es eine äquivalente Formel ϕ0 , die nur aus Atomen, ⊥ und → besteht. Induktionsschritt: Für alle aussagenlogischen Formeln α und β gilt: wenn α und β äquivalente Formeln besitzen, die nur aus Atomen, ⊥ und → bestehen, dann gibt es auch für ¬α, (α ∧ β), (α ∨ β) und (α → β) äquivalente Formeln, die nur aus Atomen, ⊥ und → bestehen. Der Induktionsschritt wird in zwei Teile aufgeteilt: Induktionsvoraussetzung: α und β seien beliebige Formeln mit äquivalenten Formeln α0 ≡ α bzw. β 0 ≡ β, die nur aus Atomen, ⊥ und → bestehen. Induktionsschluss – für α und β aus der Induktionsvoraussetzung ist zu zeigen: ¬α, (α ∧ β), (α ∨ β) und (α → β) besitzen äquivalente Formeln, die nur aus Atomen, ⊥ und → bestehen. 1.2.8 Beweis: mittels Induktion über den Formelaufbau der Formel ϕ. Induktionsanfang (IA): Zu zeigen ist: Für jede aussagenlogische Formel ϕ, die ⊥, > oder ein Atom ist, gibt es eine äquivalente Formel ϕ0 , die nur aus Atomen, ⊥ und → besteht. Fall 1: ϕ = >. Dann ist ϕ0 = (⊥ → ⊥) äquivalent zu ϕ, und ϕ0 besteht nur aus Atomen, ⊥ und →. Fall 2: ϕ = ⊥. Dann ist ϕ0 = ⊥ äquivalent zu ϕ, und ϕ0 besteht nur aus Atomen, ⊥ und →. Fall 3: ϕ = Ai . Dann ist ϕ0 = Ai äquivalent zu ϕ, und ϕ0 besteht nur aus Atomen, ⊥ und →. Induktionsvoraussetzung (IV): α und β besitzen äquivalente Formeln α0 bzw. β 0 , die nur aus Atomen, ⊥ und → bestehen. Induktionsschluss (IS): Zu zeigen ist: ¬α, (α ∧ β), (α ∨ β) und (α → β) besitzen äquivalente Formeln, die nur aus Atomen, ⊥ und → bestehen. Fall 1: ϕ = ¬α. Es gilt: ¬α ≡ ¬ α0 (IV und Lemma (2.5)) 0 ≡ α →⊥ (Lemma (2.2)) Also ist ϕ0 = (α0 → ⊥) äquivalent zu ϕ. Da in α0 laut IV nur Atome, ⊥ und → vorkommen, kommen in ϕ0 nur Atome, ⊥ und → vor. Fall 2: ϕ = (α ∧ β). Es gilt: (α ∧ β) ≡ (α0 ∧ β 0 ) ≡ ((α0 → (β 0 → ⊥)) → ⊥) (IV und Lemma (2.5)) (Lemma (2.3)) 1.2.10 Also ist ϕ0 = ((α0 → (β 0 → ⊥)) → ⊥) äquivalent zu ϕ. Da in α0 und β 0 laut IV nur Atome, ⊥ und → vorkommen, kommen in ϕ0 nur Atome, ⊥ und → vor. Fall 3: ϕ = (α ∨ β). Es gilt: (α ∨ β) ≡ (α0 ∨ β 0 ) (IV und Lemma (2.5)) 0 0 ≡ ((α → ⊥) → β ) (Lemma (2.4)) Dann ist ϕ0 = ((α0 → ⊥) → β 0 ) äquivalent zu ϕ. Da in α0 und β 0 laut IV nur Atome, ⊥ und → vorkommen, kommen in ϕ0 nur Atome, ⊥ und → vor. Fall 4: ϕ = (α → β). Dann ist ϕ0 = (α0 → β 0 ) äquivalent zu ϕ (IV und Lemma (2.5)), und in ϕ0 kommen gemäß IV nur Atome, ⊥ und → vor. X {⊥, →} ist nicht die einzige adäquate Menge. Satz 2.8 (Adäquate Mengen von Verknüpfungszeichen) Die folgenden Mengen von Verknüpfungszeichen sind adäquat. 1. {⊥, →} 2. {¬, ∧} 3. {¬, ∨} 4. {¬, →} Die Beweise für die anderen Mengen gehen ähnlich wie der Beweis von Lemma (2.7). 1.2.12 Was haben wir in Vorlesung 2 gelernt? I Wir kennen die Relation ≡ der Äquivalenz von Formeln. I Wir wissen, wie man die Äquivalenz von Formeln beweisen kann. I Wir wissen, dass {⊥, →} eine adäquate Mengen von Verknüpfungszeichen ist und können das mittels Induktion über den Formelaufbau beweisen. I Wir kennen weitere Mengen adäquater Verknüpfungszeichen. 1.3–5 Zwei aussagenlogische Beweis-Kalküle 1. Aussagenlogik VL01: Umgangssprachliche und formale Aussagenlogik VL02: Äquivalente Formeln und adäquate Verknüpfungszeichen VL03: Ein Tableau-Kalkül VL04: Ein Frege-Kalkül VL05: Die Vollständigkeitssätze für die Kalküle 1.3–5 Aussagenlogische Beweis-Kalküle α korrekt ist Wir wollen überprüfen, ob eine Folgerung Γ — für den Fall Γ = ∅ heißt das: α ist gültig. Wir wollen also eine semantische Eigenschaft von Formeln überprüfen. Ein Beweis-Kalkül liefert ein Verfahren dafür. Diese Verfahren arbeiten rein syntaktisch – d.h. sie argumentieren nur über die Struktur der Formeln. Wir werden zwei beispielhafte Kalküle kennenlernen: I Tableau-Kalkül (die Formel wird auseinandergenommen, um sie zu analysieren) I Frege-Kalkül (die Formel wird zusammengesetzt, um sie zu analysieren) Da Beweis-Kalküle syntaktisch arbeiten, der Begriff der Gültigkeit jedoch semantisch ist, ist nicht offensichtlich, dass die beiden Kalküle genau die gültigen Formeln herausfinden. Deshalb muss das abschließend bewiesen werden – und das ist die Hauptarbeit in diesen Vorlesungen. Vorlesung 3: Ein Tableau-Kalkül 1. Aussagenlogik VL01: Umgangssprachliche und formale Aussagenlogik VL02: Äquivalente Formeln und adäquate Verknüpfungszeichen VL03: Ein Tableau-Kalkül Einführende Beispiele Tableau Tableau-Beweisbarkeit Algorithmische Umsetzung VL04: Ein Frege-Kalkül VL05: Die Vollständigkeitssätze für die Kalküle 3.1 Einführende Beispiele (1) ¬(A ∧ B) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) Ein (semantisches) Tableau ist ein Baum, dessen Knoten mit Formeln markiert sind. Man beginnt mit einem Baum, der nur aus einer Wurzel besteht. Die Knoten werden nach gegebenen Regeln expandiert und die Markierungen dadurch in ihre Bestandteile zerlegt bis auf die Literale“. ” 1.3.2 3.1 Einführende Beispiele (1) ¬(A ∧ B) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) Expansionsregeln: α∧β : • α β Ein (semantisches) Tableau ist ein Baum, dessen Knoten mit Formeln markiert sind. Man beginnt mit einem Baum, der nur aus einer Wurzel besteht. Die Knoten werden nach gegebenen Regeln expandiert und die Markierungen dadurch in ihre Bestandteile zerlegt bis auf die Literale“. ” 3.1 Einführende Beispiele (1) ¬(A ∧ B) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) Expansionsregeln: ¬(A ∧ B) α∧β : • ¬(¬A ∧ ¬B) α β Ein (semantisches) Tableau ist ein Baum, dessen Knoten mit Formeln markiert sind. Man beginnt mit einem Baum, der nur aus einer Wurzel besteht. Die Knoten werden nach gegebenen Regeln expandiert und die Markierungen dadurch in ihre Bestandteile zerlegt bis auf die Literale“. ” 3.1 Einführende Beispiele (1) ¬(A ∧ B) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) Expansionsregeln: ¬(A ∧ B) α∧β : • ¬(¬A ∧ ¬B) α ¬(α ∧ β) : • ¬α ¬β β Ein (semantisches) Tableau ist ein Baum, dessen Knoten mit Formeln markiert sind. Man beginnt mit einem Baum, der nur aus einer Wurzel besteht. Die Knoten werden nach gegebenen Regeln expandiert und die Markierungen dadurch in ihre Bestandteile zerlegt bis auf die Literale“. ” 3.1 Einführende Beispiele (1) ¬(A ∧ B) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) ¬A Expansionsregeln: ¬(A ∧ B) α∧β : • ¬(¬A ∧ ¬B) α ¬B ¬(α ∧ β) : • ¬α ¬β β Ein (semantisches) Tableau ist ein Baum, dessen Knoten mit Formeln markiert sind. Man beginnt mit einem Baum, der nur aus einer Wurzel besteht. Die Knoten werden nach gegebenen Regeln expandiert und die Markierungen dadurch in ihre Bestandteile zerlegt bis auf die Literale“. ” 3.1 Einführende Beispiele (1) Expansionsregeln: ¬(A ∧ B) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) ¬(A ∧ B) α∧β : • ¬(¬A ∧ ¬B) α ¬A ¬¬A ¬B ¬¬B ¬¬A ¬(α ∧ β) : • ¬α ¬β β ¬¬B Ein (semantisches) Tableau ist ein Baum, dessen Knoten mit Formeln markiert sind. Man beginnt mit einem Baum, der nur aus einer Wurzel besteht. Die Knoten werden nach gegebenen Regeln expandiert und die Markierungen dadurch in ihre Bestandteile zerlegt bis auf die Literale“. ” 3.1 Einführende Beispiele (1) Expansionsregeln: ¬(A ∧ B) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) ¬(A ∧ B) α∧β : • ¬(¬A ∧ ¬B) α ¬A ¬¬A ¬B ¬¬B ¬¬A ¬(α ∧ β) : • ¬α ¬β ¬¬β : • β β ¬¬B Ein (semantisches) Tableau ist ein Baum, dessen Knoten mit Formeln markiert sind. Man beginnt mit einem Baum, der nur aus einer Wurzel besteht. Die Knoten werden nach gegebenen Regeln expandiert und die Markierungen dadurch in ihre Bestandteile zerlegt bis auf die Literale“. ” 3.1 Einführende Beispiele (1) Expansionsregeln: ¬(A ∧ B) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) ¬(A ∧ B) α∧β : • ¬(¬A ∧ ¬B) α ¬A ¬¬A ¬B ¬¬B ¬¬A ¬(α ∧ β) : • ¬α ¬β ¬¬β : • β β ¬¬B A Ein (semantisches) Tableau ist ein Baum, dessen Knoten mit Formeln markiert sind. Man beginnt mit einem Baum, der nur aus einer Wurzel besteht. Die Knoten werden nach gegebenen Regeln expandiert und die Markierungen dadurch in ihre Bestandteile zerlegt bis auf die Literale“. ” 3.1 Einführende Beispiele (1) Expansionsregeln: ¬(A ∧ B) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) ¬(A ∧ B) α∧β : • ¬(¬A ∧ ¬B) α ¬A ¬B ¬¬A ¬¬B A B ¬¬A ¬(α ∧ β) : • ¬α ¬β ¬¬β : • β β ¬¬B Ein (semantisches) Tableau ist ein Baum, dessen Knoten mit Formeln markiert sind. Man beginnt mit einem Baum, der nur aus einer Wurzel besteht. Die Knoten werden nach gegebenen Regeln expandiert und die Markierungen dadurch in ihre Bestandteile zerlegt bis auf die Literale“. ” 3.1 Einführende Beispiele (1) Expansionsregeln: ¬(A ∧ B) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) ¬(A ∧ B) α∧β : • ¬(¬A ∧ ¬B) α ¬A ¬B ¬¬A ¬¬B ¬¬A A B A ¬(α ∧ β) : • ¬α ¬β ¬¬β : • β β ¬¬B Ein (semantisches) Tableau ist ein Baum, dessen Knoten mit Formeln markiert sind. Man beginnt mit einem Baum, der nur aus einer Wurzel besteht. Die Knoten werden nach gegebenen Regeln expandiert und die Markierungen dadurch in ihre Bestandteile zerlegt bis auf die Literale“. ” 3.1 Einführende Beispiele (1) Expansionsregeln: ¬(A ∧ B) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) ¬(A ∧ B) α∧β : • ¬(¬A ∧ ¬B) α ¬A ¬B ¬(α ∧ β) : • ¬α ¬β ¬¬β : • β β ¬¬A ¬¬B ¬¬A ¬¬B A B A B Wenn alle Knoten expandiert sind, dann gibt es für jede erfüllende Belegung der Wurzel-Formel einen Pfad, auf dem die Belegung alle Formeln erfüllt, und jeder nicht-widersprüchliche Pfad bestimmt erfüllende Belegungen der Wurzel-Formel. Erfüllende Belegungen sind hier: {A} und {B }. Einführende Beispiele (2) ¬(A ∧ ¬(A ∧ ¬B)) wird expandiert zu Expansionsregeln: α∧β : • α β ¬(α ∧ β) : • ¬α ¬β ¬¬β : • β ¬(A ∧ ¬(A ∧ ¬B)) Einführende Beispiele (2) ¬(A ∧ ¬(A ∧ ¬B)) wird expandiert zu ¬A ¬¬(A ∧ ¬B) Expansionsregeln: α∧β : • α β ¬(α ∧ β) : • ¬α ¬(A ∧ ¬(A ∧ ¬B)) ¬β ¬¬β : • β Einführende Beispiele (2) ¬(A ∧ ¬(A ∧ ¬B)) wird expandiert zu ¬A ¬¬(A ∧ ¬B) Expansionsregeln: α∧β : • α β ¬(α ∧ β) : • ¬α ¬(A ∧ ¬(A ∧ ¬B)) ¬β ¬¬β : • β A ∧ ¬B Einführende Beispiele (2) ¬(A ∧ ¬(A ∧ ¬B)) wird expandiert zu ¬A ¬¬(A ∧ ¬B) Expansionsregeln: α∧β : • α β ¬(α ∧ β) : • ¬α ¬(A ∧ ¬(A ∧ ¬B)) ¬β ¬¬β : • β A ∧ ¬B A ¬B Einführende Beispiele (2) ¬(A ∧ ¬(A ∧ ¬B)) wird expandiert zu ¬A ¬¬(A ∧ ¬B) Expansionsregeln: α∧β : • α ¬(α ∧ β) : • ¬α ¬(A ∧ ¬(A ∧ ¬B)) ¬β ¬¬β : • β β Erfüllende Belegungen: ∅, {A} und {B}. A ∧ ¬B A ¬B Einführende Beispiele (2) ¬(A ∧ ¬(A ∧ ¬B)) wird expandiert zu ¬A ¬¬(A ∧ ¬B) Expansionsregeln: α∧β : • α ¬(α ∧ β) : • ¬α ¬(A ∧ ¬(A ∧ ¬B)) ¬β ¬¬β : • β β Erfüllende Belegungen: ∅, {A} und {B}. Disjunktive Normalform: ¬A ∨ (A ∧ ¬B) A ∧ ¬B A ¬B Einführende Beispiele (2) ¬(A ∧ ¬(A ∧ ¬B)) wird expandiert zu ¬A ¬¬(A ∧ ¬B) Expansionsregeln: α∧β : • α ¬(α ∧ β) : • ¬α ¬(A ∧ ¬(A ∧ ¬B)) ¬β ¬¬β : • A ∧ ¬B A β β ¬B Erfüllende Belegungen: ∅, {A} und {B}. Disjunktive Normalform: ¬A ∨ (A ∧ ¬B) ≡ ¬A ∨ ¬B 3.2 Tableaux Definition 3.1 (Tableau für Formeln aus Atomen, ¬ und ∧) Sei ∆ eine nicht-leere endliche Menge aussagenlogischer Formeln aus Atomen, ¬ und ∧. 1. Ein Pfad, dessen Knoten mit Formeln aus ∆ markiert sind, ist ein Tableau für ∆. 2. Sei T ein Tableau für ∆, und v sei ein Knoten in T mit Markierung ψ. Wenn ϕ eine Formel der Form α ∧ β, ¬(α ∧ β) oder ¬¬α ist, dann kann v mit der entsprechenden Expansionsregel expandiert werden. ¬¬α: • • • α ∧ β: ¬(α ∧ β): α ¬α ¬β α β Expansion von v heißt: für jeden Pfad durch T , auf dem v vorkommt: hänge die durch die Expansionsregel für ψ bezeichneten Knoten an das Ende des Pfades an. In der Expansionsregel steht • für den letzten Knoten im Pfad. Durch Expansion von v entsteht ein (weiteres) Tableau für ∆. Falls ∆ = {ϕ}, schreiben wir vereinfachend auch Tableau für ϕ“. ” Systematischer Aufbau eines Tableaus für ¬ (A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C ) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C Jeder Knoten wird einmal expandiert. Der nächste zu expandierende Knoten ist der erste (gemäß pre-order) nicht-expandierte Knoten des Baumes. 1.3.5 Systematischer Aufbau eines Tableaus ¬ (A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C ) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C ¬((A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C )) ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C Jeder Knoten wird einmal expandiert. Der nächste zu expandierende Knoten ist der erste (gemäß pre-order) nicht-expandierte Knoten des Baumes. 1.3.5 Systematischer Aufbau eines Tableaus ¬ (A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C ) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C ¬((A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C )) ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C ¬(A ∧ ¬C ) ¬(B ∧ ¬C ) Jeder Knoten wird einmal expandiert. Der nächste zu expandierende Knoten ist der erste (gemäß pre-order) nicht-expandierte Knoten des Baumes. 1.3.5 Systematischer Aufbau eines Tableaus ¬ (A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C ) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C ¬((A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C )) ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C ¬(A ∧ ¬C ) ¬(B ∧ ¬C ) ¬(¬A ∧ ¬B) ¬(¬A ∧ ¬B) ¬C ¬C Jeder Knoten wird einmal expandiert. Der nächste zu expandierende Knoten ist der erste (gemäß pre-order) nicht-expandierte Knoten des Baumes. 1.3.5 Systematischer Aufbau eines Tableaus ¬ (A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C ) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C ¬((A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C )) ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C ¬(A ∧ ¬C ) ¬(B ∧ ¬C ) ¬(¬A ∧ ¬B) ¬(¬A ∧ ¬B) ¬C ¬C ¬A ¬¬C × Jeder Knoten wird einmal expandiert. Der nächste zu expandierende Knoten ist der erste (gemäß pre-order) nicht-expandierte Knoten des Baumes. 1.3.5 Systematischer Aufbau eines Tableaus ¬ (A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C ) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C ¬((A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C )) ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C ¬(A ∧ ¬C ) ¬(B ∧ ¬C ) ¬(¬A ∧ ¬B) ¬(¬A ∧ ¬B) ¬C ¬C ¬A ¬¬A × ¬¬C × ¬¬B Widersprüchliche Pfade werden nicht expandiert. 1.3.5 Systematischer Aufbau eines Tableaus ¬ (A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C ) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C ¬((A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C )) ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C ¬(A ∧ ¬C ) ¬(B ∧ ¬C ) ¬(¬A ∧ ¬B) ¬(¬A ∧ ¬B) ¬C ¬C ¬A ¬¬A × ¬¬C × ¬¬B B Widersprüchliche Pfade werden nicht expandiert. 1.3.5 Systematischer Aufbau eines Tableaus ¬ (A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C ) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C ¬((A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C )) ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C ¬(A ∧ ¬C ) ¬(B ∧ ¬C ) ¬(¬A ∧ ¬B) ¬(¬A ∧ ¬B) ¬C ¬C ¬A ¬¬A × ¬¬C × ¬B ¬¬C × ¬¬B B Widersprüchliche Pfade werden nicht expandiert. 1.3.5 Systematischer Aufbau eines Tableaus ¬ (A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C ) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C ¬((A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C )) ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C ¬(A ∧ ¬C ) ¬(B ∧ ¬C ) ¬(¬A ∧ ¬B) ¬(¬A ∧ ¬B) ¬C ¬C ¬A ¬¬A × ¬¬C × ¬¬B B ¬B A ¬¬C × B × Widersprüchliche Pfade werden nicht expandiert. 1.3.5 Systematischer Aufbau eines Tableaus ¬ (A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C ) ∧ ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C ¬((A ∧ ¬C ) ∧ (B ∧ ¬C )) ¬(¬A ∧ ¬B) ∧ ¬C ¬(A ∧ ¬C ) ¬(B ∧ ¬C ) ¬(¬A ∧ ¬B) ¬(¬A ∧ ¬B) ¬C ¬C ¬A ¬¬A × ¬¬C × ¬¬B B ¬B A ¬¬C × B × Erfüllende Belegungen: {B} und {A}. 1.3.5 Fast systematischer Aufbau eines Tableaus für ¬(A ∧ ¬B) ∧ ¬(B ∧ ¬C ), ¬¬(A ∧ ¬C ) 1.3.6 Fast systematischer Aufbau eines Tableaus ¬(A ∧ ¬B) ∧ ¬(B ∧ ¬C ) ¬¬(A ∧ ¬C ) 1.3.6 Fast systematischer Aufbau eines Tableaus ¬(A ∧ ¬B) ∧ ¬(B ∧ ¬C ) ¬¬(A ∧ ¬C ) ¬(A ∧ ¬B) ¬(B ∧ ¬C ) 1.3.6 Fast systematischer Aufbau eines Tableaus ¬(A ∧ ¬B) ∧ ¬(B ∧ ¬C ) ¬¬(A ∧ ¬C ) ¬(A ∧ ¬B) ¬(B ∧ ¬C ) A ∧ ¬C 1.3.6 Fast systematischer Aufbau eines Tableaus ¬(A ∧ ¬B) ∧ ¬(B ∧ ¬C ) ¬¬(A ∧ ¬C ) ¬(A ∧ ¬B) ¬(B ∧ ¬C ) A ∧ ¬C A ¬C 1.3.6 Fast systematischer Aufbau eines Tableaus ¬(A ∧ ¬B) ∧ ¬(B ∧ ¬C ) ¬¬(A ∧ ¬C ) ¬(A ∧ ¬B) ¬(B ∧ ¬C ) A ∧ ¬C A ¬C ¬A × ¬¬B 1.3.6 Fast systematischer Aufbau eines Tableaus ¬(A ∧ ¬B) ∧ ¬(B ∧ ¬C ) ¬¬(A ∧ ¬C ) ¬(A ∧ ¬B) ¬(B ∧ ¬C ) A ∧ ¬C A ¬C ¬A × ¬¬B B 1.3.6 Fast systematischer Aufbau eines Tableaus ¬(A ∧ ¬B) ∧ ¬(B ∧ ¬C ) ¬¬(A ∧ ¬C ) ¬(A ∧ ¬B) ¬(B ∧ ¬C ) A ∧ ¬C A ¬C ¬A × ¬¬B B ¬B × ¬¬C × 1.3.6 Definition 3.2 (Eigenschaften von Pfaden und Tableaux) Ein Pfad durch ein Tableau heißt widersprüchlich, wenn er ⊥, ¬> oder zwei widersprüchliche Formeln α und ¬α enthält. Ein Pfad durch ein Tableau heißt geschlossen, wenn er nicht widersprüchlich ist und jeder seiner expandierbaren Knoten expandiert wurde. Ein Tableau heißt geschlossen, wenn jeder Pfad durch das Tableau geschlossen oder widersprüchlich ist. (Widersprüchliche Pfade werden nicht weiter expandiert.) Ein Tableau heißt widersprüchlich, wenn alle Pfade durch das Tableau widersprüchlich sind. Uns interessiert, ob eine Formelmenge ein widersprüchliches Tableau hat. Wir werden sehen: I Formel α ist gültig genau dann, wenn {¬α} ein widersprüchliches Tableau hat. I Γ α genau dann, wenn Γ ∪ {¬α} ein widersprüchliches Tableau hat. In den folgenden drei Beispielen werden wir diese beiden Sätze bereits benutzen (auch wenn wir sie noch nicht bewiesen haben) . . . 1.3.8 Bsp.: ¬(A ∧ (B ∧ ¬A)) ist gültig Wir zeigen α, indem wir ein widersprüchliches Tableau für {¬α} angeben: ¬¬(A ∧ (B ∧ ¬A)) A ∧ (B ∧ ¬A) A B ∧ ¬A B ¬A × 1.3.9 Bsp.: ¬(A ∧ ¬B ) ∧ ¬(B ∧ ¬C ) ¬(A ∧ ¬C ) Wir zeigen Γ α, indem wir ein widersprüchliches Tableau für Γ ∪ {¬α} angeben: ¬(A ∧ ¬B) ∧ ¬(B ∧ ¬C ) ¬¬(A ∧ ¬C ) A ∧ ¬C ¬(A ∧ ¬B) ¬(B ∧ ¬C ) A ¬C ¬A × ¬¬B B ¬B × ¬¬C × 1.3.10 Expansionsregeln für andere Verknüpfungszeichen Man kann Tableau-Kalküle für Formelmengen mit beliebigen“ ” Verknüpfungszeichen definieren. Typ 1: Typ 2: α∧β : • ¬(α ∨ β) : • ¬(α → β) : • ¬¬α : • α ¬α α α β ¬β ¬β ¬(α ∧ β) : • ¬α ¬β α∨β : • α α→β: • β ¬α β 1.3.11 Bsp: ((A → B ) ∧ (B → C )) → (A → C )) ist gültig Wir zeigen α, indem wir ein widersprüchliches Tableau für {¬α} angeben: ¬(((A → B) ∧ (B → C )) → (A → C )) (A → B) ∧ (B → C ) ¬(A → C ) A→B B→C A ¬C ¬A × B ¬B × C × 1.3.12 3.3 Tableau-Beweisbarkeit Wir definieren nun ein Beweissystem, das auf Tableaux basiert. Da alle aussagenlogischen Formeln äquivalent zu Formeln aus Atomen, ⊥ und → sind, reicht es dabei, Tableaux für solche Formeln zu definieren. Ein Vorteil dieser Tableaux ist es, dass sie mit zwei Expansionsregeln auskommmen. Das macht einen der Kern-Sätze dieses Kapitels, dass man mit dem Tableau-System genau die korrekten Folgerungen beweisen kann, einfacher beweisbar. 1.3.13 Definition 3.3 (Tableau für Formeln aus Atomen, ⊥ und →) Sei ∆ eine nicht-leere endliche Menge von Formeln aus Atomen, ⊥ und →. Wir fassen ¬α als abkürzende Schreibweise für α → ⊥ auf. 1. Ein Pfad, dessen Knoten mit Formeln aus ∆ markiert sind, ist ein Tableau für ∆. 2. Sei T ein Tableau für ∆, und v sei ein Knoten in T mit Markierung ψ. Wenn ψ eine Formel der Form α → β (mit β 6= ⊥) oder ¬(α → β) ist, dann kann v mit der entsprechenden Expansionsregel expandiert werden. • α → β: ¬(α → β): • ¬α β α ¬β Durch Expansion von v entsteht ein (weiteres) Tableau für ∆. Bem.: Die Expansionsregel für ¬¬α steckt in der für ¬(α → ⊥) . . . 1.3.14 Lemma 3.4 (endliche Tableaux reichen) 1. Für jede Formel α gibt es ein geschlossenes Tableau mit 6 2|α| Pfaden. 2. Für jede endliche Formelmenge ∆ = {α1 , . . . , αm } gibt es ein geschlossenes Tableau mit 6 2|α1 |+...+|αm | Pfaden. Beweis: Übungsaufgabe. 1.3.15 Definition 3.5 (Tableau-beweisbar) Sei Γ eine endliche Formelmenge und α eine Formel. Die Relation Tab zwischen Formelmengen und Formeln ist definiert durch: Γ Tab α gdw. es ein widersprüchliches Tableau für Γ ∪ {¬α} gibt. Man spricht Γ ” Tab α“ aus als α ist Tableau-beweisbar aus Γ“. ” Wir werden zeigen (Satz (5.12)): Für jede endliche Formelmenge Γ und jede Formel α gilt: Γ Tab α genau dann, wenn Γ α. Das heißt also: I α gdw. es ein widersprüchliches Tableau für {¬α} gibt. I Γ α gdw. es ein widersprüchliches Tableau für Γ ∪ {¬α} gibt. 1.3.16 3.4 Algorithmische Umsetzung des Tableau-Aufbaus Pfade werden durch Mengen von Formeln, die auf ihnen noch nicht expandiert wurden, dargestellt. ¬[((A → C ) ∨ (B → C )) → ((A ∨ B) → C )] (A → C ) ∨ (B → C ) ¬((A ∨ B) → C ) A→C B→C A∨B A∨B ¬C ¬C ¬A A × ¬B C × B A C × B × 1.3.17 3.4 Algorithmische Umsetzung des Tableau-Aufbaus Pfade werden durch Mengen von Formeln, die auf ihnen noch nicht expandiert wurden, dargestellt. {¬[((A → C ) ∨ (B → C )) → ((A ∨ B) → C )]} (A → C ) ∨ (B → C ) ¬((A ∨ B) → C ) A→C B→C A∨B A∨B ¬C ¬C ¬A A × ¬B C × B A C × B × 1.3.17 3.4 Algorithmische Umsetzung des Tableau-Aufbaus Pfade werden durch Mengen von Formeln, die auf ihnen noch nicht expandiert wurden, dargestellt. {¬[((A → C ) ∨ (B → C )) → ((A ∨ B) → C )]} {(A → C ) ∨ (B → C ), ¬((A ∨ B) → C )} A→C B→C A∨B A∨B ¬C ¬C ¬A A × ¬B C × B A C × B × 1.3.17 3.4 Algorithmische Umsetzung des Tableau-Aufbaus Pfade werden durch Mengen von Formeln, die auf ihnen noch nicht expandiert wurden, dargestellt. {(A → C ) ∨ (B → C ), ¬((A ∨ B) → C )} A→C B→C A∨B A∨B ¬C ¬C ¬A A × ¬B C × B A C × B × 1.3.17 3.4 Algorithmische Umsetzung des Tableau-Aufbaus Pfade werden durch Mengen von Formeln, die auf ihnen noch nicht expandiert wurden, dargestellt. {(A → C ) ∨ (B → C ), ¬((A ∨ B) → C )} {A → C , ¬((A ∨ B) → C )} B→C A∨B A∨B ¬C ¬C ¬A A × ¬B C × B A C × B × 1.3.17 3.4 Algorithmische Umsetzung des Tableau-Aufbaus Pfade werden durch Mengen von Formeln, die auf ihnen noch nicht expandiert wurden, dargestellt. {A → C , ¬((A ∨ B) → C )} B→C A∨B A∨B ¬C ¬C ¬A A × ¬B C × B A C × B × 1.3.17 3.4 Algorithmische Umsetzung des Tableau-Aufbaus Pfade werden durch Mengen von Formeln, die auf ihnen noch nicht expandiert wurden, dargestellt. {A → C , ¬((A ∨ B) → C )} B→C A∨B {A → C , A ∨ B, ¬C } ¬A A × ¬C ¬B C × B A C × B × 1.3.17 3.4 Algorithmische Umsetzung des Tableau-Aufbaus Pfade werden durch Mengen von Formeln, die auf ihnen noch nicht expandiert wurden, dargestellt. B→C A∨B {A → C , A ∨ B, ¬C } ¬A A × ¬C ¬B C × B A C × B × 1.3.17 3.4 Algorithmische Umsetzung des Tableau-Aufbaus Pfade werden durch Mengen von Formeln, die auf ihnen noch nicht expandiert wurden, dargestellt. B→C A∨B {A → C , A ∨ B, ¬C } {¬A, A ∨ B, ¬C } A × B ¬C ¬B C × A C × B × 1.3.17 3.4 Algorithmische Umsetzung des Tableau-Aufbaus Pfade werden durch Mengen von Formeln, die auf ihnen noch nicht expandiert wurden, dargestellt. B→C A∨B ¬C {¬A, A ∨ B, ¬C } A × B ¬B C × A C × B × 1.3.17 3.4 Algorithmische Umsetzung des Tableau-Aufbaus Pfade werden durch Mengen von Formeln, die auf ihnen noch nicht expandiert wurden, dargestellt. B→C A∨B ¬C {¬A, A ∨ B, ¬C } A × {¬A, B, ¬C } ¬B C × A C × B × 1.3.17 3.4 Algorithmische Umsetzung des Tableau-Aufbaus Pfade werden durch Mengen von Formeln, die auf ihnen noch nicht expandiert wurden, dargestellt. B→C A∨B ¬C ¬B C × A × {¬A, B, ¬C } A C × B × 1.3.17 Jedes Tableau bestimmt einen Formelmengenbaum {¬[((A → C ) ∨ (B → C )) → ((A ∨ B) → C )]} {(A → C ) ∨ (B → C ), ¬((A ∨ B) → C )} {A → C , ¬((A ∨ B) → C )} {B → C , ¬((A ∨ B) → C )} {A → C , A ∨ B, ¬C } {B → C , A ∨ B, ¬C } {¬A, A ∨ B, ¬C } {C , A ∨ B, ¬C } {¬B, A ∨ B, ¬C } {C , A ∨ B, ¬C } × × {¬A, A, ¬C } {¬A, B, ¬C } {¬B, A, ¬C } {¬B, B, ¬C } × × Jede Menge repräsentiert einen Präfix eines Pfades durch das Tableau. 1.3.18 Idee für einen Algorithmus Stelle mittels Tiefensuche durch den Formelmengenbaum fest, dass alle Pfade des Tableaus widersprüchlich sind. Das geht genauso wie: Stelle mittels Tiefensuche durch den Formelmengenbaum fest, dass es einen geschlossenen (nicht-widersprüchlichen) Pfad durch das Tableau gibt. 1.3.19 Gültigkeitstest gemäß Tableau-Kalkül für aussagenlogische Formeln mittels einer rekursiven Methode für die Tiefensuche durch den Formelmengenbaum Methode erfüllbar(Formelmenge S): (∗ liefert Ergebnis 1, falls S erfüllbar ist, und Ergebnis 0 sonst ∗) falls S widersprüchlich ist: return 0 (∗ S ist widersprüchlich ∗) falls S eine Formel ψ der Form ¬(α → β) enthält: (∗ ersetze ψ durch alle ihre Zerlegungsformeln ∗) return erfüllbar((S − ψ) ∪ {α, ¬β}) sonst: falls S eine Formel ψ der Form α → β mit β 6= ⊥ enthält: (∗ ersetze ψ parallel“ durch jeweils eine Zerlegungsformel ∗) ” return max erfüllbar((S − ψ) ∪ {γ}) γ∈{¬α,β} sonst: (∗ S ist nicht widersprüchlich und enthält nur noch Literale ∗) return 1 (∗ S ist erfüllende Belegung von ϕ ∗) Tableau-Algorithmus (liefert Ergebnis 1, falls ϕ gültig ist, und Erg. 0 sonst) Eingabe Formel ϕ Ausgabe 1 − erfüllbar({¬ϕ}) 1.3.20 Grobe Analyse des Tableau-Algorithmus für Aussagenlogik Der Algorithmus simuliert das Tableau-Verfahren. Jeder Tiefensuchepfad entspricht einem Pfad durch das Tableau. Die Menge S enthält stets die Knoten-Markierungen auf dem Pfad, die noch nicht zerlegt/expandiert wurden. Da jede Formel der Länge n höchstens 2n Teilformeln besitzt, wird jeder Tiefensuchepfad in polynomieller Zeit durchlaufen, Da das Tableau für eine Formel der Länge n höchsten 2n Pfade hat, hat der Algorithmus exponentielle Rechenzeit. 1.3.21 Das gleiche als nichtdeterministischer Algorithmus nichtdeterministischer Tableau-Algorithmus: Eingabe: Formelmenge S solange S nicht widersprüchlich und expandierbar ist, wiederhole: falls S eine Formel ψ der Form ¬(α → β) enthält: (∗ ersetze ψ durch alle ihre Zerlegungsformeln ∗) S = (S − ψ) ∪ {α, ¬β} sonst: falls S eine Formel ψ der Form α → β mit β 6= ⊥ enthält: (∗ wähle nichtdeterministisch eine Zerlegungsformel ∗) wähle (existentiell) nichtdeterministisch γ ∈ {¬α, β} S = (S − ψ) ∪ {γ} falls S nicht widersprüchlich ist: akzeptiere (∗ entspricht Ausgabe 1 ∗) sonst: verwirf (∗ entspricht Ausgabe 0 ∗) Es gilt: (1) der nichtdetermistische Algorithmus hat bei Eingabe {ϕ} einen akzeptierenden Berechnungspfad genau dann, wenn ϕ erfüllbar ist. (2) der nichtdeterministische Algorithmus hat polynomielle Rechenzeit. 1.3.22 Was haben wir in Vorlesung 3 gelernt? I I I I I Wir wissen, wie man mittels Expansionsregeln für verschiedene Verknüpfungszeichen ein Tableau für eine Formel oder eine Formelmenge aufbaut, und wie groß das Tableau höchstens werden kann, wenn man sich nicht zu ungeschickt anstellt. Wir kennen die Eigenschaften geschlossen und widersprüchlich von Tableaux. Wir kennen die Relation Tab der Tableau-Beweisbarkeit. Wir haben gehört, dass gültige Formeln genau die Tableau-beweisbaren Formeln sind. Wir wissen, wie man die Idee der Tableau-Konstruktion algorithmisch umsetzen kann. Dadurch erhält man einen determistischen Gültigkeitstest mit exponentieller Rechenzeit oder einen nichtdeterministischen Erfüllbarkeitstest mit polynomieller Rechenzeit ( NP-Algorithmus“). ” 1.3.23 Vorlesung 4: Ein Frege-Kalkül 1. Aussagenlogik VL01: Umgangssprachliche und formale Aussagenlogik VL02: Äquivalente Formeln und adäquate Verknüpfungszeichen VL03: Ein Tableau-Kalkül VL04: Ein Frege-Kalkül Axiome, Regeln und Beweise Das Deduktionstheorem Ähnliche Kalküle VL05: Die Vollständigkeitssätze für die Kalküle [Literatur: Mendelson: Introduction to Mathematical Logic] 1.4.1 Gottlob Frege (1848-1925) Grundgesetze der Arithmetik (1893, 1902) Gottlob Frege (1848-1925) war Professor in Jena. Er wollte die Grundgesetze der Mathematik finden, aus denen sich jeder mathematische Satz herleiten lässt. Dadurch wurde er zum Gründungsvater der formalen Logik. 1.4.2 Gottlob Frege (1848-1925) Grundgesetze der Arithmetik (1893, 1902) Gottlob Frege (1848-1925) war Professor in Jena. Er wollte die Grundgesetze der Mathematik finden, aus denen sich jeder mathematische Satz herleiten lässt. Dadurch wurde er zum Gründungsvater der formalen Logik. 1.4.2 Frege-Kalkülen liegt die Idee zu Grunde, dass man aus grundlegenden gültigen Formeln (Axiomen) alle anderen gültigen Formeln zusammensetzen kann. Die Regeln für das Zusammensetzen spiegeln das korrekte Ziehen von Schlüssen wider. Wir werden für den Frege-Kalkül nur Formeln aus Atomen, → und ⊥ betrachten. In dieser Vorlesung werden wir folgendes machen. I Definition von Axiomen und Schlussregeln für Frege-Beweise. I Werkzeuge zum Vereinfachen von Frege-Beweisen. I (Viele) Beispiele für Frege-Beweise. 4.1 Axiome, Schlussregeln und Beweise Definition 4.1 (Herleitung von Formeln im Frege-Kalkül) Der Frege-Kalkül dient zur Herleitung von Formeln aus Axiomen. 1. Die Elemente des Frege-Kalküls sind die aussagenlogischen Formeln aus Atomen, ⊥ und → (¬α ist abkürzende Schreibweise für α → ⊥; > ist Abkürzung für ¬⊥). 2. Die Axiome des Frege-Kalküls sind für alle Formeln α, β, ϕ: (A1) α → (β → α) (A2) (α → (β → ϕ)) → ((α → β) → (α → ϕ)) (A3) (¬¬α) → α 3. Die einzige Schlussregel des Frege-Kalküls ist modus ponens (MP): aus α und α → β kann man in einem Schritt β herleiten. α α→β Das wird auch beschrieben durch . β (Fortsetzung von Definition 4.1) 4. Eine Herleitung einer Formel α aus einer Formelmenge Γ im Frege-Kalkül ist eine Folge α1 , α2 , . . . , α` von Formeln, an deren Ende α(= α` ) steht und deren Elemente folgende Eigenschaften haben (für i = 1, 2, . . . , `): I I αi ist ein Axiom oder αi ∈ Γ (αi ist eine Hypothese), oder es gibt αa , αb mit a, b < i, aus denen αi in einem Schritt mit modus ponens hergeleitet werden kann (d.h. es gibt a, b < i mit αb = αa → αi ). (Statt Herleitung verwendet man gerne auch (Frege-)Beweis.) Bsp.: eine Herleitung für B → B α1 = B → ( (B → B ) → B ) Axiom (A1) α2 = ( B → ( (B → B ) → B )) → (( B → (B → B ) ) → ( B → B )) Axiom (A2) α3 = (B → (B → B )) → (B → B ) MP mit α1 und α2 α4 = B →(B → B ) α5 = B → B Axiom (A1) MP mit α4 und α3 Nimmt man statt B eine beliebige Formel β, dann hat man eine Herleitung für β → β für alle β. 1.4.6 Definition 4.2 (Frege-beweisbar) Sei Γ eine Formelmenge und α eine Formel. Die Relation Fre zwischen Formelmengen und Formeln ist definiert durch: Γ Fre α genau dann, wenn es eine Herleitung von α aus Γ im Frege-Kalkül gibt. Γ ” α“ spricht man aus als α ist Frege-herleitbar aus Γ“ oder α ist Frege-beweisbar aus Γ“. ” ” Fre Für ∅ Fre α schreibt man kurz Fre α. Eine Formel α mit Fre α nennt man auch (Frege-)Theorem. 1.4.7 Wir zeigen (wie im obigen Beispiel), dass β → β ein Theorem des Frege-Kalküls ist. Lemma 4.3 Fre β→β für jede Formel β. Beweis: Sei β eine Formel. Wir geben eine Herleitung von β → β im Frege-Kalkül an. (1) (2) (3) (4) (5) β → ((β → β) → β) (A1) (β → ((β → β) → β)) → ((β → (β → β)) → (β → β)) (A2) (β → (β → β)) → (β → β) MP (1), (2) β → (β → β) (A1) β→β MP (4), (3) X Nun schauen wir uns Herleitungen mit Hypothesen an. Lemma 4.4 (TRANS) {α → β, β → γ} Fre α→γ für alle Formeln α, β, γ. Beweis: Seien α, β und γ Formeln. Wir geben eine Herleitung von α → γ aus α → β und β → γ im Frege-Kalkül an. (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) β→γ (β → γ) → (α → (β → γ)) α → (β → γ) (α → (β → γ)) → ((α → β) → (α → γ)) (α → β) → (α → γ) α→β α→γ Hypothese (A1) MP (1), (2) (A2) MP (3), (4) Hypothese MP (6), (5) X Wie bei verzichten wir zur Abkürzung auf Mengenzeichen. Lemma 4.5 ⊥ Fre α für alle Formeln α. Beweis: Seien α eine Formel. Wir geben eine Herleitung von α aus ⊥ im Frege-Kalkül an. (1) ⊥ (2) ⊥ → (¬α → ⊥}) | {z Hypothese (A1) (3) ¬¬α (4) ¬¬α → α (5) α MP (1), (2) (A3) MP (3), (4) ¬¬α X Wir wissen, dass ⊥ → α gültig ist. Es ist nicht soo leicht zu sehen, wie man ⊥ → α herleiten kann. Man kann aus der Herleitung von α aus ⊥ eine Herleitung von ⊥ → α (ohne Hypothese) machen, indem man systematisch ⊥ → vor jede hergeleitete Formel schreibt und ein paar Zwischenschritte einfügt . . . (1) ⊥ ⊥→⊥ Lem. (4.3) (2) ⊥ → (¬α → ⊥}) (A1) | {z ⊥ → (⊥ → ¬¬α) MP(1.1),(1.2) (3) ¬¬α MP(1),(2) ⊥ → ¬¬α MP(1),(2.2) (4) ¬¬α → α (A3) ⊥ → (¬¬α → α) MP(3.1),(3.2) (5) α MP(3),(4) ⊥→α MP (3),(4.2) Hyp ¬¬α (1) ⊥ Hyp (1.1) (1.2) (2) ⊥ → (¬α → ⊥}) (A1) | {z ⊥→⊥ Lem. (4.3) ⊥ → ¬¬α (⊥ → ¬¬α) → (⊥ → (⊥ → ¬¬α)) (A1) (A1) ⊥ → (⊥ → ¬¬α) MP(1.1),(1.2) ¬¬α (2.1) (⊥ → (⊥ → ¬¬α)) → ((⊥ → ⊥) → (⊥ → ¬¬α)) (2.2) (⊥ → ⊥) → (⊥ → ¬¬α)) (A2) MP(2),(2.1) ⊥ → ¬¬α MP(1),(2.2) ¬¬α → α (¬¬α → α) → (⊥ → (¬¬α → α)) (A3) (A1) ⊥ → (¬¬α → α) MP(3.1),(3.2) (3) ¬¬α MP(1),(2) (3.1) (3.2) (4) ¬¬α → α (A3) (4.1) (⊥ → (¬¬α → α)) → ((⊥ → ¬¬α) → (⊥ → α)) (4.2) (⊥ → ¬¬α) → (⊥ → α) (A2) MP(4),(4.1) ⊥→α MP (3),(4.2) (5) α MP(3),(4) 4.2 Werkzeuge zum Vereinfachen von Herleitungen Satz 4.6 (Deduktionstheorem (DT)) Sei Γ eine Menge von Formeln, α und β seien Formeln. Dann gilt: Γ ∪ {α} Fre β genau dann, wenn Γ Fre α → β. Beweis: ⇐: Sei Γ Fre α → β. Dann gibt es folgenden Beweis mit Hypothesen aus Γ ∪ {α}. ) (1) ... .. .. hier steht der Beweis für Γ Fre α → β . . (k ) α→β (k + 1) α Hypothese (k + 2) β MP (k + 1), (k ) Damit haben wir einen Beweis von β aufgeschrieben, in dem Hypothesen aus Γ (Schritte (1)–(k )) und Hypothese α benutzt wird (Schritt (k + 1)). Also haben wir Γ ∪ {α} Fre β. ⇒: Wir führen einen Induktionsbeweis über die Länge ` von Herleitungen α1 , . . . , α` von β aus Γ ∪ {α}. IA ` = 1: Sei Γ ∪ {α} Fre β mit einer Herleitung der Länge 1. Dann ist β ein Axiom oder β ∈ Γ ∪ {α} (andere Herleitungen von β mit Länge 1 gibt es nicht). Zu zeigen ist nun: Γ Fre α → β. Fall 1: β ist Axiom oder β ∈ Γ: dann können wir folgende Herleitung aus Γ aufschreiben: (1) β Hyp. aus Γ oder Axiom (2) β → (α → β) (A1) (3) α → β MP (1),(2) Also folgt Γ Fre α → β. Fall 2: β = α: es gilt Fre β → β für jede Formel β (4.3). Also gilt auch Γ Fre β → β, d.h. hier Γ Fre α → β. Das sind alle Möglichkeiten für β, und stets folgt Γ Fre α → β. 1.4.13 IV: Für bel. festes k und für alle Γ, α, β gilt: Wenn Γ ∪ {α} Fre β mittels einer Herleitung mit ` ≤ k Schritten, dann folgt Γ Fre α → β. IS: z.z: Wenn Γ ∪ {α} dann folgt Γ Fre Fre β mittels einer Herleitung aus k + 1 Schritten, α → β. Sei α1 , . . . , αk+1 eine Herleitung von β (= αk+1 ) aus Γ ∪ {α}. Fall 1: β ist Axiom oder β ∈ Γ ∪ {α}. Dann folgt Γ Fre α → β wie im IA. 1.4.14 Fall 2: β entsteht mit MP aus αi und αj (i , j ≤ k ). Dann ist αj = αi → β. Nach IV gilt Γ Fre α → (αi → β) und Γ Folgende Herleitung zeigt Γ Fre α → β. (1) .. . ... .. . Fre α → αi . ) Herleitung für Γ Fre α → (αi → β) gemäß IV ) Herleitung für Γ Fre α → αi gemäß IV (s ) (s + 1) .. . α → (αi → β) ... .. . (m) (m + 1) (m + 2) (m + 3) α → αi (α → (αi → β)) → ((α → αi ) → (α → β)) (α → αi ) → (α → β) MP (s ), (m + 1) α→β MP (m), (m + 2) (A2) Damit haben wir eine Herleitung von α → β aus Hypothesen in Γ, d.h. Γ Fre α → β. X 1.4.15 Beispiele: Anwendung des Deduktionstheorems zur Vereinfachung von Herleitungen Lemma 4.7 (Die fehlende Richtung des Doppelnegationsgesetzes) Fre α → ¬¬α Beweis: (1) α (2) ¬α (3) ⊥ (4) ¬¬α (5) α → ¬¬α für alle Formeln α. Hyp Hyp MP (1),(2) DT (2),(3) DT (1),(4) (Nun ist {α, ¬α} (Nun ist {α} (Nun ist Fre Fre Fre ⊥ bewiesen.) ¬¬α bewiesen.) α → ¬¬α bewiesen.) X Andere Schreibweise für Herleitungen mit Hypothesen (mit Mengenschreibweise wie bei (1) (2) (3) (4) (5) α, ¬α α, ¬α α, ¬α α Fre Fre Fre Fre Fre α ¬α ⊥ ¬¬α α → ¬¬α Hyp Hyp MP (1),(2) DT (3) (¬α → ⊥ = ¬¬α) DT (4) ): Lemma 4.8 (ex falso quod libet) Fre ⊥→α Beweis (1) (2) (3) (4) (5) (6) für alle Formeln α. (anders als im Beispiel vor dem Deduktionstheorem): ¬α ⊥ ¬¬α ¬¬α → α α ⊥→α Hyp Hyp DT (1),(2) (A3) MP (3),(4) DT (2),(5) Andere Schreibweise: (1) ¬α, ⊥ Fre ¬α (2) ¬α, ⊥ Fre ⊥ (3) ⊥ Fre ¬¬α (4) ⊥ Fre ¬¬α → α (5) ⊥ Fre α (6) ⊥→α Fre (Nun ist {¬α, ⊥} Fre ⊥ bewiesen.) (Nun ist {⊥} Fre α bewiesen.) (Nun ist Fre ⊥ → α bewiesen.) Hyp Hyp DT (2) (A3) MP (3),(4) DT (5) X 1.4.17 Formeln, deren Herleitung bereits bekannt ist (Theoreme), können in Herleitungen wie Axiome benutzt werden. Lemma 4.9 (ex falso quod libet (allgemeiner)) Fre ¬α → (α → β) Beweis: (1) α, ¬α (2) α, ¬α (3) α, ¬α (4) α, ¬α (5) α, ¬α (6) ¬α (7) Fre Fre Fre Fre Fre Fre Fre für alle Formeln α und β. α ¬α ⊥ ⊥→β β α→β ¬α → (α → β) Hyp Hyp MP (1),(2) (4.8) MP (3),(4) DT (5) DT (6) X 1.4.18 Vereinfachte Schreibweise für Hypothesenmengen: Mengenklammern und ∪ weglassen . . . Lemma 4.10 (MID) α → (β → γ), β Fre α→γ für alle Formeln α, β, γ. Beweis: (1) (2) (3) (4) (5) (6) α, α → (β α, α → (β α, α → (β α, α → (β α, α → (β α → (β → γ), β → γ), β → γ), β → γ), β → γ), β → γ), β Fre Fre Fre Fre Fre Fre α α → (β → γ) β→γ β γ α→γ Hyp Hyp MP (1),(2) Hyp MP (4),(3) DT (5) X 1.4.19 Mit Hypothesen bewiesene Formeln können wie Regeln benutzt werden. Lemma (4.4) α → β, β → γ Fre α→γ kann als Regel TRANS α→β β→γ α→γ benutzt werden. Lemma (4.10) α → (β → γ), β Fre α→γ α → (β → γ) α→γ kann als Regel MID β benutzt werden. 1.4.20 Lemma 4.11 (Verallgemeinerung von TRANS) Für jedes k ≥ 1 und alle Formeln α1 , . . . , αk , β, γ gilt α1 → (α2 → (. . . → (αk → β) . . .)), β → γ Fre α1 → (α2 → (. . . → (αk → γ). . .)). Beweis mittels Induktion über k . IA k = 1: für k = 1 ist die Behauptung gleich TRANS (4.4). IV: die Behauptung gilt für bel. festes k . (Also gilt z.B. α2 → (. . . → (αk+1 → β) . . .), β → γ Fre α2 → (. . . → (αk+1 → γ) . . .).) =:ψ z }| { IS: zu zeigen: α1 → (α2 → (. . . → (αk +1 → β) . . .)), β → γ Fre α1 → (α2 → (. . . → (αk +1 → γ) . . .)) (1) (2) (3) (4) ψ, β → γ ψ, β → γ, α1 ψ, β → γ, α1 ψ, β → γ Fre Fre Fre Fre α1 → (α2 → (. . . → (αk +1 → β) . . .)) α2 → (. . . → (αk +1 → β) . . .) α2 → (. . . → (αk +1 → γ) . . .) α1 → (α2 → (. . . → (αk +1 → γ) . . .)) Hyp DT (1) IV mit (2) DT (3) X Satz 4.12 ( Wichtige“ Theoreme des Frege-Kalküls) ” Für alle Formeln α und β gilt: 1. Fre α→α (4.3) 2. Fre α → ¬¬α (4.7) 3. Fre ¬α → (α → β) (4.9) 4. Fre (α → β) → (¬β → ¬α) 5. Fre α → (¬β → ¬(α → β)) 6. Fre (α → β) → ((¬α → β) → β) 7. Fre ¬(α → β) → α 8. Fre ¬(α → β) → ¬β 1.4.22 (4) (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) Fre (α → β) → (¬β → ¬α) α → β, ¬β, α α → β, ¬β, α α → β, ¬β, α α → β, ¬β, α α → β, ¬β, α α → β, ¬β α→β Fre Fre Fre Fre Fre Fre Fre Fre α→β ¬β α β ⊥ ¬α ¬β → ¬α (α → β) → (¬β → ¬α) Hyp Hyp Hyp MP (1),(3) MP (2),(4) DT (5) DT (6) DT (7) 1.4.23 (5) (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) Fre α → (¬β → ¬(α → β)) α, ¬β, α → β α, ¬β, α → β α, ¬β, α → β α, ¬β, α → β α, ¬β, α → β α, ¬β α Fre Fre Fre Fre Fre Fre Fre Fre α→β ¬β α β ⊥ ¬(α → β) ¬β → ¬(α → β) α → (¬β → ¬(α → β)) Hyp Hyp Hyp MP (1),(3) MP (2),(4) DT (5) DT (6) DT (7) 1.4.24 (6) (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12) (13) (14) (15) (16) (17) Fre (α → β) → ((¬α → β) → β) α → β, ¬α → β, ¬β α → β, ¬α → β, ¬β α → β, ¬α → β, ¬β α → β, ¬α → β, ¬β α → β, ¬α → β, ¬β α → β, ¬α → β, ¬β α → β, ¬α → β, ¬β α → β, ¬α → β, ¬β α → β, ¬α → β, ¬β α → β, ¬α → β, ¬β α → β, ¬α → β, ¬β α → β, ¬α → β, ¬β α → β, ¬α → β α → β, ¬α → β α → β, ¬α → β α→β Fre α→β ¬α → β Fre (α → β) → (¬β → ¬α) Fre ¬β → ¬α Fre (¬α → β) → (¬β → ¬¬α) Fre ¬β → ¬¬α Fre ¬β Fre ¬α Fre ¬¬α Fre ¬¬α → α Fre α Fre ⊥ Fre ¬¬β Fre ¬¬β → β Fre β Fre (¬α → β) → β Fre (α → β) → ((¬α → β) → β) Fre Hyp Hyp Satz 4.12(4) MP (1),(3) Satz 4.12(4) MP (2),(5) Hyp MP (7), (4) MP (7),(6) (A3) MP (9),(10) MP (8),(11) DT (12) (A3) MP (13),(14) DT (15) DT (16) 1.4.25 (7) (1) (2) (3) (4) (5) Fre Fre Fre Fre Fre Fre ¬(α → β) → α ¬α → (α → β) (¬α → (α → β)) → (¬(α → β) → ¬¬α) ¬(α → β) → ¬¬α ¬¬α → α ¬(α → β) → α Satz 4.12(3) Satz 4.12(4) MP (1),(2) (A3) TRANS (3),(4) 1.4.26 (8) (1) (2) (3) Fre Fre Fre Fre ¬(α → β) → ¬β β → (α → β) (A1) (β → (α → β)) → (¬(α → β) → ¬β) Satz 4.12(4) ¬(α → β) → ¬β MP (1),(2) 1.4.27 4.3 Ähnliche Kalküle Die Auswahl der Axiome in unserem“ Frege-Kalkül hat das Ziel, den Beweis des ” Vollständigkeitssatzes technisch einfach zu machen. Eine Theorie von Kleene (1952) hat Modus Ponens und die folgenden Axiome (für Formeln mit Verknüpfungszeichen →, ∧, ∨ und ¬). 1. α → (β → α) 2. (α → (β → γ)) → ((α → β) → (α → γ)) 3. (α ∧ β) → α und (α ∧ β) → β 4. α → (β → (α ∧ β)) 5. α → (α ∨ β) und β → (α ∨ β) 6. (α → γ) → ((β → γ) → ((α ∨ β) → γ)) 7. (α → β) → ((α → ¬β) → ¬α) 8. ¬¬α → α Durch Weglassen des letzten Axioms (Doppelnegationsgesetz) erhält man einen Kalkül für die intuitionistische Logik. Ein Kalkül, der im Buch von Mendelson benutzt wird, hat Modus Ponens und die folgenden Axiome (für Formeln mit Verknüpfungszeichen → und ¬). 1. α → (β → α) 2. (α → (β → γ)) → ((α → β) → (α → γ)) 3. (¬β → ¬α) → ((¬β → α) → β) 1.4.29 Was haben wir in Vorlesung 4 gelernt? I Wir kennen die drei Axiomenschemata und die Schlussregel modus ponens und wissen, was die Herleitung einer Formel im Frege-Kalkül ist. I Wir kennen die Relation I Wir kennen das Deduktionstheorem und können es zum Herleiten von Formeln benutzen. I Wir haben gehört, dass gültige Formeln genau die Frege-beweisbaren Formeln sind, und warten gespannt auf die nächste Vorlesung, in der wir den Beweis dafür sehen werden. Fre der Frege-Beweisbarkeit. Vorlesung 5: Die Vollständigkeitssätze für die Kalküle 1. Aussagenlogik VL01: Umgangssprachliche und formale Aussagenlogik VL02: Äquivalente Formeln und adäquate Verknüpfungszeichen VL03: Ein Tableau-Kalkül VL04: Ein Frege-Kalkül VL05: Die Vollständigkeitssätze für die Kalküle Korrektheit des Frege-Kalküls Vollständigkeit des Tableau-Kalküls Umwandlung von Tableau-Beweisen in Frege-Beweise Die Vollständigkeitssätze 1.5.1 Einleitung Ein Kalkül unterteilt die Menge aller Formeln in beweisbare und nicht-beweisbare Formeln. Wir vermuten, dass die beweisbaren Formeln genau die gültigen Formeln sind. In dieser Vorlesung werden wir beweisen, dass das stimmt. Unsere Vermutung besteht aus zwei Teilen: 1) Jede beweisbare Formel ist gültig. (Korrektheit des Kalküls) 2) Jede gültige Formel ist beweisbar. (Vollständigkeit des Kalküls) Die beiden Teile lassen sich am besten getrennt beweisen. Da wir das für zwei Kalküle machen wollen, sieht es so aus, als ob wir vier (dicke) Beweise führen müssten. Aber: wir können uns einen Beweis sparen! Wir zeigen die Korrektheit des Frege-Kalküls, die Vollständigkeit des Tableau-Kalküls und wie man Tableau-Beweise in Frege-Beweise umwandeln kann. Daraus folgt dann die Vollständigkeit des Frege-Kalküls und die Korrektheit des Tableau-Kalküls . . . 1.5.2 5.1 Korrektheit des Frege-Kalküls Wir wollen zeigen, dass jede herleitbare Formel gültig ist, bzw. allgemeiner, dass jede Formel, die aus einer Hypothesenmenge Γ herleitbar ist, auch semantische Folgerung der Hypothesenmenge ist – d.h. aus Γ Fre α folgt Γ α. Wir werden den Beweis mittels Induktion über die Länge der Herleitung führen. Jede Herleitung beginnt mit einer Hypothese oder einem Axiom. Also werden wir benötigen, dass jedes Axiom gültig ist. 1.5.3 Lemma 5.1 (Alle Axiome des Frege-Kalküls sind gültig) Für alle Formeln α, β und ϕ gilt 1. α → (β → α) ist gültig, 2. (α → (β → ϕ)) → ((α → β) → (α → ϕ)) ist gültig und 3. ¬¬α → α ist gültig. Beweis: Sei A eine Belegung. zu (A1): Es gilt A α → (β → α) ⇔ A 6 ⇔ A6 ⇔ A6 Wir zeigen A γ für jedes Axiom γ. α oder A β → α α oder A 6 β oder A α oder A α Da A 6 α oder A α“ eine wahre Aussage ist, ” ist A α → (β → α)“ ebenfalls eine wahre Aussage. ” α zu (A2): Es gilt A (α → (β → ϕ)) → ((α → β) → (α → ϕ)) ⇔ A 6 α → (β → ϕ) oder A 6 α → β oder A 6 α oder A ϕ ⇔ A 6 α oder A ϕ oder (A α und A β und A 6 ϕ) oder (A α und A 6 β) Da jede Kombination von Erfüllungen von α, β und ϕ diesen Ausdruck erfüllt, folgt A (α → (β → ϕ)) → ((α → β) → (α → ϕ)). zu (A3): Es gilt A ¬¬α → α ⇔ A 6 ⇔ A ⇔ A6 ¬¬α oder A α ¬α oder A α α oder A α (∗) Die Aussage (∗) ist wahr. Folglich ist die äquivalente Aussage A ” ¬¬α → α“ ebenfalls wahr. Da A beliebig gewählt wurde, folgt A γ für jede Belegung A und jedes Axiom γ. X 1.5.5 Lemma 5.2 (Korrektheit von Fre ) Sei α eine Formel und Γ eine Formelmenge. Aus Γ Fre α folgt Γ α. (Das verallgemeinert: jedes Theorem des Frege-Kalküls ist gültig.) Beweis: Induktion über die Länge ` der Herleitung von α. IA ` = 1: Sei α mit einer Herleitung der Länge 1 aus Γ herleitbar. Dann ist α ein Axiom oder α ∈ Γ. Da jedes Axiom gültig ist (5.1), folgt Γ α. IV: wenn eine Formel α mit einer Herleitung der Länge 6 k aus Γ herleitbar ist, dann folgt Γ α. IS ` = k + 1: α sei mit einer Herleitung der Länge k + 1 aus Γ herleitbar. Falls α ein Axiom ist oder α ∈ Γ, dann folgt Γ α (5.1). Sonst entsteht α mit MP aus αi und αj = αi → α (mit i, j ≤ k). Nach IV gilt Γ αi und Γ αi → α. Dann muss auch Γ α gelten (das hatten wir mal als Übungsaufgabe). X 1.5.6 5.2 Vollständigkeit des Tableau-Kalküls Wir wollen zeigen: Jede gültige Formel ist Tableau-beweisbar. D.h.: Für jede Formel α gilt: wenn α gültig ist, dann ist α Tableau-beweisbar. Das ist äquivalent zu: Für jede Formel α gilt: wenn α nicht Tableau-beweisbar ist, dann ist α nicht gültig. Anders gesagt: Für jede Formel α gilt: wenn jedes geschlossene Tableau für ¬α einen nicht-widersprüchlichen Pfad hat, dann gibt es eine Belegung B mit B ¬α. Besser gesagt: Für jede Formel α gilt: wenn jedes geschlossene Tableau für α einen nicht-widersprüchlichen Pfad hat, dann gibt es eine Belegung B mit B α. Gibt es einen Zusammenhang zwischen nicht-widersprüchlichen Pfaden in geschlossenen Tableaux und erfüllenden Belegungen? 1.5.7 Man betrachtet die Belegung Bπ aus den Atomen auf einem geschlossenen Pfad π und zeigt, dass diese Belegung alle Formeln auf dem Pfad erfüllt. Lemma 5.3 (Pfad bestimmt Belegung, die alle seine Formeln erfüllt) Sei T ein nicht-widersprüchliches geschlossenes Tableau und π = α1 , α2 , . . . , αk ein geschlossener Pfad durch T . Dann gilt für die Belegung Bπ = {Ai | Ai ∈ {α1 , α2 , . . . , αk }} und alle j = 1, 2, . . . , k: Bπ αj . Beweis: Sei T ein nicht-widersprüchliches geschlossenes Tableau, und π = α1 , α2 , . . . , αk sei ein geschlossener Pfad durch T . (Also ist π nicht widersprüchlich.) Sei Bπ = {Ai | Ai ∈ {α1 , α2 , . . . , αk }} die Belegung, die genau aus den Atomen auf dem Pfad besteht. Wir zeigen induktiv über den Formelaufbau aller αj , dass Bπ αj . IA: αj ist eine Formel, die nicht expandiert wird. Dann ist (1) αj = Ai mit Ai ∈ Bπ , oder (2) αj = ¬Ai mit Ai 6∈ Bπ (da π nicht widersprüchlich ist) oder (3) αj = ¬⊥. In allen drei Fällen gilt Bπ αj . Andere Fälle gibt es nicht. 1.5.9 IV: Bπ αi und Bπ αj . IS: zu zeigen: Bπ αq , bei dessen Expansion αi und ggf. αj entstehen. αq kann expandiert werden. Also gibt es folgende Möglichkeiten. Fall 1: αq = ¬(β → γ) mit αi = β und αj = ¬γ. ¬(β → γ) : • Da Bπ αi und Bπ αj (gemäß IV), folgt Bπ β und Bπ ¬γ, also Bπ β ∧ ¬γ. β Da β ∧ ¬γ ≡ ¬(β → γ), folgt Bπ ¬(β → γ), d.h. B αq . ¬γ Fall 2: αq = β → γ mit αi = ¬β oder αi = γ (und γ 6= ⊥). β→γ: • ¬β γ Da Bπ αi (IV), folgt Bπ ¬β oder Bπ γ. Daraus folgt Bπ 6 β oder Bπ γ (Semantik von ¬). Mit der Semantik von → folgt Bπ β → γ, d.h. Bπ αq . X Lemma 5.4 (Vollständigkeit des Tableau-Kalküls) Sei α eine Formel und Γ eine endliche Formelmenge. Aus Γ α folgt Γ Tab α. (Das verallgemeinert: wenn α gültig ist, dann ist α Tableau-beweisbar.) Beweis: Wir zeigen die äquivalente Aussage: wenn Γ 6 Tab α, dann Γ 6 α. Sei Γ 6 Tab α. Dann gibt es für Γ ∪ {¬α} ein geschlossenes Tableau T0 (3.4), das nicht widersprüchlich ist. Also gibt es einen nicht-widersprüchlichen Pfad π durch T0 , auf dem jeder Knoten expandiert ist. Nach (5.3) gibt es eine Belegung Bπ , die jede Formel auf π erfüllt. Da alle Formeln aus Γ ∪ {¬α} auf π stehen, folgt Bπ Also gilt Bπ Γ und Bπ 6 α. Das heißt Γ 6 α. Γ ∪ {¬α}. X 5.3 Umwandlung von Tableau-Beweisen in Frege-Beweise Wir wissen, dass jede gültige Formel einen Tableau-Beweis besitzt (5.4). Wir werden jetzt zeigen, wie man einen Tableau-Beweis in einen Frege-Beweis umwandelt (5.7). Damit folgt dann, dass jede gültige Formel einen Frege-Beweis hat (5.9). Wir wissen auch, dass jeder Frege-Beweis eine gültige Formel liefert (5.2). Da man jeden Tableau-Beweis in einen Frege-Beweis umwandeln kann (5.7), sind alle Tableau-beweisbaren Formeln ebenfalls gültig (5.11). Also folgen die Vollständigkeit des Frege-Kalküls und die Korrektheit des Tableau-Kalküls aus unseren bisherigen Ergebnissen und der Möglichkeit, Tableau-Beweise in Frege-Beweise umzuwandeln. Letzteres werden wir jetzt zeigen. 1.5.12 Frege-Herleitungen aus widersprüchlichen Tableaux Aus einem widersprüchlichen Tableau für eine Formelmenge ∆ lässt sich eine Frege-Herleitung von ⊥ aus ∆ konstruieren. Zuerst zeigen wir, dass Formeln, die durch Anwendung einer Expansionsregel zu einer Formelmenge dazukommen, für die Herleitung von Formeln überflüssig sind. 1.5.13 Lemma 5.5 (Aus ¬(β → γ) expandierte Formeln sind überflüssig) Sei Γ eine Formelmenge, β und γ seien Formeln. Wenn Γ, ¬(β → γ), β, ¬γ Fre ⊥, dann Γ, ¬(β → γ) Fre ⊥. (Die Beweislänge wächst dabei um eine Konstante unabhängig von Γ, β und γ.) Beweis: (1) Γ, ¬(β → γ), β, ¬γ (2) (3) (4) (5) (6) (7) Γ, ¬(β → γ), β Γ, ¬(β Γ, ¬(β Γ, ¬(β Γ, ¬(β → γ), β → γ) → γ) → γ) Fre Fre Fre Fre Fre Fre Fre ⊥ Voraussetzung ¬¬γ ¬¬γ → γ γ β→γ ¬(β → γ) ⊥ DT (1) (A3) MP (2) (3) DT (4) Hyp MP (5) (6) X 1.5.14 Lemma 5.6 (Aus β → γ expandierte Formeln sind überflüssig) Sei Γ eine Formelmenge, β und γ seien Formeln. Wenn Γ, β → γ, ¬β Fre ⊥ und Γ, β → γ, γ Fre ⊥, dann Γ, β → γ Fre ⊥. (Die Beweislänge wächst dabei um eine Konstante unabhängig von Γ, β und γ.) Beweis: Γ, β → γ, ¬β Γ, β → γ (1) (2) (3) (4) Γ, β → γ (5) (6) Γ, β → γ, γ Γ, β → γ (7) (8) (9) (10) (11) Γ, β Γ, β Γ, β Γ, β Γ, β →γ →γ →γ →γ →γ Fre Fre Fre Fre Fre Fre Fre Fre Fre Fre Fre ⊥ ¬¬β ¬¬β → β β Voraussetzung DT (1) (A3) MP (2) (3) ⊥ ¬γ Voraussetzung DT (5) β → (¬γ → ¬(β → γ)) ¬γ → ¬(β → γ) ¬(β → γ) β→γ ⊥ (4.12(5)) MP (4),(7) MP (6),(8) Hyp MP (9),(10) X Lemma 5.7 (Frege-Herleitungen von ⊥ aus widersprüchlichen Tableaux) Sei T ein widersprüchliches Tableau für eine endliche Formelmenge ∆. Für jeden Pfad π = α1 , . . . , α` durch T gilt: für jedes i = |∆|, |∆| + 1, . . . , ` ist α1 , . . . , αi Fre ⊥. Beweis: Sei m die Länge des längsten Pfades durch T . Wir führen eine Induktion über i = m, m − 1, . . . , 1. IA: zu zeigen: für alle Pfade π = α1 , . . . , αm mit maximaler Länge m durch T gilt α1 , . . . , αm Fre ⊥. Da T widersprüchlich ist und π ein maximaler Pfad durch T ist, ist π widersprüchlich – d.h. es gibt i, j ≤ m mit αi = ¬αj . Mit Fre ¬αj → (αj → ⊥) (4.3) und (DT) folgt αi , αj Fre ⊥, und |{z} | {z } αi damit α1 , . . . , αm ¬αj Fre ⊥. 1.5.16 IV: Für ein j > |∆| und für jeden Pfad π = α1 , . . . , α` durch T gilt α1 , . . . , αj IS: zu zeigen ist: Für jeden Pfad π = α1 , . . . , α` durch T gilt α1 , . . . , αj−1 Fre ⊥. Fre ⊥. Fall 1: ` ≤ j − 1, d.h. π ist ein widersprüchlicher Pfad. Dann folgt α1 , . . . , αj−1 Fre ⊥ wie im IA. Fall 2: ` ≥ j, d.h. αj entsteht durch Expansion eines αe mit e < j. Fall 2a: αe = (β → γ). Dann gibt es die beiden Pfade α1 , . . . , αj−1 , ¬β, . . . und α1 , . . . , αj−1 , γ, . . . durch T . Nach IV gilt für deren Anfangsabschnitte der Länge j α1 , . . . , αj−1 , ¬β Fre ⊥ und α1 , . . . , αj−1 , γ Fre ⊥. Damit folgt aus Lemma (5.6), dass α1 , . . . , αj−1 Fre ⊥. 1.5.17 Fall 2b: αe = ¬(β → γ). Dann folgt α1 , . . . , αj−1 Fre ⊥ aus der IV und aus Lemma (5.5). Andere Fälle gibt es nicht. Also gilt stets α1 , . . . , αj−1 Fre ⊥. X Satz 5.8 (aus Tableau-Beweisen können Frege-Beweise gemacht werden) Sei α eine Formel und Γ eine endliche Formelmenge. Aus Γ Tab α folgt Γ Fre α. Die Länge der Frege-Herleitung von α aus Γ ist dabei asymptotisch höchstens so groß wie ein widersprüchliches Tableau für Γ ∪ {¬α}. Beweis: Sei T ein widersprüchliches Tableau für Γ ∪ {¬α}. Der Fall i = |Γ ∪ {¬α}| von Lemma (5.7) liefert Γ ∪ {¬α} Fre ⊥ und damit Γ Fre α. Die Abschätzung der Länge der Herleitung folgt daraus, dass gemäß (5.5)–(5.7) jede Expansion eines Knotens im Tableau durch eine konstante Anzahl an Schritten in der Frege-Herleitung simuliert“ wird. X ” Der Vollständigkeitssatz für den Frege-Kalkül Lemma 5.9 (Vollständigkeitslemma für Fre ) Sei ϕ eine Formel und Γ eine endliche Formelmenge. Wenn Γ ϕ, dann Γ Fre ϕ. Beweis: Gelte Γ ϕ. Dann folgt Γ Tab ϕ (5.4). Mit Satz (5.8) folgt Γ Fre ϕ. Die Korrektheit (5.2) und Vollständigkeit (5.9) liefert den Vollständigkeitssatz für den Frege-Kalkül: Satz 5.10 (Vollständigkeitssatz für Fre ) Sei ϕ eine Formel und Γ eine endliche Formelmenge. Dann gilt: Γ ϕ genau dann, wenn Γ Fre ϕ. X Der Vollständigkeitssatz für den Tableau-Kalkül Lemma 5.11 (Korrektheit des Tableau-Kalküls) Sei ϕ eine Formel und Γ eine endliche Formelmenge. Aus Γ Tab ϕ folgt Γ ϕ. Beweis: Gelte Γ Tab ϕ. Mit (5.8) folgt Γ Fre ϕ und mit (5.2) erhalten wir Γ Die Korrektheit (5.11) und Vollständigkeit (5.4) liefert den Vollständigkeitssatz für den Tableau-Kalkül: Satz 5.12 (Vollständigkeitssatz für den Tableau-Kalkül) Sei ϕ eine Formel und Γ eine endliche Formelmenge. Dann gilt Γ ϕ genau dann, wenn Γ Tab α. ϕ. X Zusammenfassung Struktur der wichtigen Ergebnisse von Kapitel 1 (5.2) Korrektheit von Fre (5.7) Tableau-Beweise können in Frege-Beweise umgewandelt werden. (5.9) Vollständigkeit von (5.10) Vollständigkeitssatz für Fre Fre (5.4) Vollständigkeit von (5.11) Korrektheit von Tab Tab (5.12) Vollständigkeitssatz für Tab 1.5.21 Was haben wir in Vorlesung 5 gelernt? I I I I I I I Wir kennen die Begriffe Korrektheit, Vollständigkeit und die Vollständigkeitssätze für den Frege-Kalkül und den Tableau-Kalkül. Wir wissen, dass die Axiome des Frege-Kalküls gültig sind und können den Beweis für (A1) reproduzieren. Wir wissen, dass im Frege-Kalkül nur gültige Formeln herleitbar sind und können den Beweis mittels Induktion über die Länge der Herleitung reproduzieren. Wir wissen, dass jede gültige Formel in Tableau-Kalkül bewiesen werden kann und können den Beweis mittels Induktion über die Pfadlänge in geschlossenen Tableaux reproduzieren. Wir wissen, wie man Tableau-Beweise in Frege-Beweise umwandeln kann und können den Beweis mittels Induktion über die Pfadlänge in widersprüchlichen Tableaux reproduzieren. Wir wissen, wie die Vollständigkeit des Frege-Kalküls aus der Vollständigkeit des Tableau-Kalküls gefolgert werden kann. Wir wissen, wie die Korrektheit des Tableau-Kalküls aus der Korrektheit des Frege-Kalküls gefolgert werden kann.