Untersuchung und Optimierung des Reaktionssinterverhaltens schwindungsfreier Zirkoniumsilikat-Keramiken Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Fakultät für Angewandte Wissenschaften der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau vorgelegt von Kirsten Honnef Freiburg im Breisgau Januar 2002 Dekan: Prof. Dr. Gerald Urban 1. Gutachter: Prof. Dr. Jürgen Haußelt 2. Gutachter: Prof. Dr. Wolfgang Menz Tag der Promotion: 8. März 2002 Der Mensch muss im Glauben verharren, dass das Unbegreifliche begreiflich sei; er würde sonst nicht forschen. J. W. von Goethe ZUSAMMENFASSUNG Im Rahmen dieser Arbeit wurde zum einen das Reaktionssinterverfahren zur Herstellung schwindungsfreier, oxidkeramischer Mikroformteile im System Zr-Si-O detailliert untersucht. Zum anderen wurde das untersuchte System um eine neue Komponente, eine Li-haltige Phase, erweitert. Die zugrundeliegende schwindungsfreie ZrSiO 4-Keramik besitzt gute Materialeigenschaften und sintert bei Temperaturen von ca. 1650°C. Für die industrielle Anwendung (z.B. im Dentalbereich) stellt sich jedoch das Problem, dass die Prozesszeiten bei bis zu 120 Stunden liegen. In der vorliegenden Arbeit wurde dieser Reaktionssinterprozess experimentell in seine Einzelschritte (Zersetzung des Binders, Oxidation von ZrSi2, Bildung der ZrSiO 4-Phase und Sintern) zerlegt. Dabei gelang es, ein formalkinetisches Modell für die Zersetzung des Binders PMSS aufzustellen und damit eine Vorhersage für den Verlauf dieser Zersetzung bei gegebenem Temperaturprogramm zu treffen. Die Oxidation von ZrSi2 wurde bis 800°C an Sauerstofftiefenprofilen an massiven Proben modelliert und auf diesem Weg wurden Diffusionskoeffizienten und Aktivierungsenergien für diesen Prozess berechnet. Die so gewonnenen Ergebnisse ließen sich anhand von Modellierungen an Umsatzkurven von ZrSi2Pulvern bestätigen und bis zu einer Temperatur von 1100°C erweitern. An den massiven Proben wurden des weiteren Röntgendiffraktometrie- und Raman-Messungen vorgenommen, mit deren Hilfe der Aufbau der entstehenden Oxidschicht geklärt werden konnte. Die Phasenbildung und der Sinterprozess wurden mit Hilfe von XRD- und DilatometerMessungen und Gefügebildern dokumentiert, so dass sowohl die Phasenentwicklung ohne reaktive Komponente als auch der Zusammenhang zwischen Dichte und Längenänderung beschrieben werden konnte. Da es in der Arbeit nicht nur um das Verständnis des Reaktionssinterprozesses ging, sondern auch darum, diesen im Hinblick auf eine industrielle Anwendung zu optimieren, wurde am Beispiel Lithium-haltiger Verbindungen der Einfluss von Zusätzen auf die Kinetik des Oxidationsprozesses untersucht. Der Einsatz von Li2ZrO3 zeigte dabei gute Ergebnisse, so dass es mit diesem neuen System gelungen ist, eine Keramik herzustellen, die bereits bei 1300°C sintert und eine hohe Dichte von 95 %TD und eine offene Porosität kleiner 1Vol-% hat. Die Keramik weist zudem mit einer Biegebruchfestigkeit von 291 MPa, einem WeibullModul von 12 und einer Härte von 927 ± 17 HV vergleichbar gute mechanische Eigenschaften wie die herkömmliche schwindungsfreie ZrSiO 4-Keramik auf. ABSTRACT This work examined in detail the reaction-bonding process to produce shrinkage-free, oxideceramic microparts in the system Zr-Si-O was examined in detail. Additionally, the examined system was extended by a new component, e.g. a Li-containing phase. The original shrinkage-free ceramic ZrSiO 4 possesses favourable material characteristics and sinters at temperatures of about 1650°C. The process time, however, lasts up to 120 hours, thus presenting a problem for industrial applications, e.g. dentistry. In the present work, each single step of the reaction-bonding process was analyzed by experimental approach (decomposition of the binder, oxidation of ZrSi2, formation of the ZrSiO 4-phase and sintering). In this way a formal kinetic model for the decomposition of the binder PMSS could be obtained allowing the prediction of the decomposition process using a defined temperature program. Based on oxide depth profiles of bulk specimens the oxidation of ZrSi2 was modelled up to a temperature of 800°C; in this way diffusion coefficients and activation energies of the process were calculated. The results obtained thereby could be confirmed and extended to temperatures up to 1100°C by modeling conversion curves of ZrSi2 powders. Furthermore, bulk specimens were examined by X-ray diffractometry and Raman measurements thereby clarifying the composition of the emerging oxide layer. The phase formation and the sintering process was documented by X-ray diffractometry and dilatometry measurements and the microstructure characterization. In this way it was possible to describe the phase development without reactive component as well as the relationship between density and length modifications. As the objective of the work was not only the understanding of the reaction-bonding process but also its optimization with regard to its industrial application, the influence of additions on the kinetics of oxidation processes was examined exemplary use of compositions containing lithium. The results of the utilization of Li2ZrO3 were such that with this new system a new ceramic could be successfully produced which sinters at a temperature of 1300°C and has a high density of 95 %TD and an open porosity of less than 1vol-%. Moreover, having a bending strength of 291 MPa, a Weibull modulus of 12 and a hardness of 927±17 VH it shows good mechanical characteristics which are comparable to that of the conventional shrinkagefree ZrSiO 4 ceramic. DANKE Ich danke recht herzlich Herrn Prof. Dr. Haußelt für die Betreuung der Arbeit, die Ratschläge zum Verfassen der Dissertation sowie die vielfältige Diskussion, durch die ich immer wieder gezwungen war, die Richtigkeit meiner Überlegungen zu überprüfen. Herrn Prof. Dr. Menz für die Übernahme des Korreferats. Herrn Dr. Ritzhaupt für seine Diskussionsbereitschaft und das Überarbeiten des ersten Entwurfes der Arbeit. Herrn Dr. Binder für die, trotz räumlicher Distanz, sehr gute Betreuung der Arbeit und die ständige Bereitschaft zur Diskussion sowie für das äußerst kritische Korrekturlesen des ersten Entwurfs der Dissertation. Herrn Nold für die Durchführung der Auger-Elektronen-Messungen und seine wertvollen Tipps beim Auswerten der Ergebnisse. Herrn Dr. Steiner und Herrn Schanz für die Diskussion der kinetischen Fragestellungen sowie ihre hilfreichen Tipps zur Modellierung. Herrn Dr. Ade für die Durchführung der XRD-Messungen sowie seine Diskussionsbereitschaft. Herrn Dr. Rotter für die Durchführung der Raman-Messungen. Herrn Dr. Opfermann für die Hilfestellungen beim Arbeiten mit der Kinetik-Software. Frau Offermann für die Hg-Porositätsmessungen und die Bestimmungen der HeDichte. Frau Wagner für die Unterstützung bei den keramographischen Untersuchungen. meiner Kollegin und meinen Kollegen sowie meinem Hiwi vom Lehrstuhl für Werkstoffprozesstechnik, die das Zustandekommen der Arbeit in vielfältiger Form unterstützt haben. INHALTSVERZEICHNIS EINLEITUNG .......................................................................................................................... 1 1 Einführung in das Themengebiet...........................................................................................2 2 Aufgabenstellung und Zielsetzung.........................................................................................7 GRUNDLAGEN.......................................................................................................................9 3 Grundlegende Betrachtungen................................................................................................10 3.1 Mathematische Beschreibung des Sinterprozesses .............................................10 3.2 Diffusion ..................................................................................................................12 3.3 Die Kinetik-Software ...............................................................................................14 4 Phasendiagramme und Oxidationsverhalten ........................................................................16 4.1 Das System Zr-Si-O ...............................................................................................16 4.1.1 Phasendiagramme...................................................................................16 4.1.2 Oxidationsverhalten..................................................................................19 4.2 Das System Zr-Si-Li-O ...........................................................................................20 EXPERIMENTELLER T EIL ..................................................................................................23 5 Verwendete Charakterisierungsmethoden und Edukte.........................................................24 5.1 Übersicht der verwendeten Charakterisierungsmethoden.....................................24 5.1.1 Physikalisch-Chemische Methoden ........................................................24 5.1.2 Mechanische Charakterisierung..............................................................28 5.2 Verwendete Edukte.................................................................................................30 6 Untersuchungen zur Kinetik im System Zr-Si-O...................................................................31 6.1 Thermische Zersetzung von PMSS........................................................................31 6.2 Oxidationsverhalten von ZrSi2 .................................................................................31 6.2.1 Pulver .......................................................................................................31 6.2.2 Massive Formkörper ................................................................................31 6.3 Sinterverhalten von Keramiken ohne reaktive Komponente...................................32 7 Untersuchungen im System Zr-Si-Li-O.................................................................................33 7.1 Thermische Zersetzung von PMSS + Li-Phase.....................................................33 7.2 Oxidationsverhalten von ZrSi2 + Li-Phase..............................................................33 7.3 Herstellung einer Keramik mit Li-Phase.................................................................34 7.3.1 Pulveraufbereitung und Herstellung der Granulate ..................................34 7.3.2 Formgebung.............................................................................................34 7.3.3 Reaktionssinterverfahren .........................................................................35 ERGEBNISSE & DISKUSSION............................................................................................37 8 Kinetische Betrachtungen zum Reaktionssinterprozess im System Zr-Si-O ......................38 8.1 Umsatz von PMSS..................................................................................................38 8.2 Oxidation von ZrSi2.................................................................................................43 INHALTSVERZEICHNIS 8.2.1 Modellierung der Oxidation von ZrSi2 an massiven Proben.....................43 8.2.2 Modellierung der Oxidation von ZrSi2 an Pulvern .....................................52 8.2.3 Vergleich der beiden Modellierungen .......................................................57 8.2.4 Aufbau der entstandenen Oxidschicht.....................................................59 8.3 Der Sinterprozess von Keramiken ohne reaktive Komponente .............................63 8.3.1 Phasenbildung..........................................................................................63 8.3.2 Sinterprozess...........................................................................................66 9 Materialoptimierung im System Zr-Si-Li-O ............................................................................69 9.1 Grundlegende Untersuchungen..............................................................................69 9.1.1 PMSS + Li-haltige Phase.........................................................................69 9.1.2 ZrSi2 + Li-haltige Phase............................................................................72 9.2 Herstellung der Keramik .........................................................................................73 9.2.1 Charakterisierung des Granulates ...........................................................73 9.2.2 Einfluss der Formgebung.........................................................................75 9.2.3 Der Reaktionssinterprozess ....................................................................77 9.3 Eigenschaften der Keramik ....................................................................................80 9.3.1 Physikalische und chemische Eigenschaften .........................................80 9.3.2 Mechanische Eigenschaften....................................................................83 SCHLUSSFOLGERUNG .......................................................................................................85 ANHANG .................................................................................................................................A1 A Literatur..................................................................................................................................A2 B Verwendete Abkürzungen und Symbole...............................................................................A7 C Herleitung der Berechnung der Oxiddicke............................................................................A9 D Modellierung der Oxidation von ZrSi2 ................................................................................. A12 E Ergänzende Abbildungen ................................................................................................... A20 EINLEITUNG EINLEITUNG 1 Einführung in das Themengebiet Keramiken zählen mit zu den ältesten Werkstoffen der Menschheit und finden auch in der Gegenwart zahlreiche Anwendungen. In der Mikrosystemtechnik ist dieses Material jedoch aufgrund seiner bisher meist aufwendigen Prozesstechnik bis vor kurzem nicht häufig zum Einsatz gekommen. Erst n i jüngster Zeit gewinnen moderne Hochleistungskeramiken zunehmend auch in der Mikrotechnik an Bedeutung, da die Eigenschaften der speziellen keramischen Werkstoffe oft denen anderer Werkstoffklassen überlegen sind. Zu diesen Eigenschaften zählen die besonderen elektrischen oder magnetischen Eigenschaften der Funktionskeramiken sowie die hohe Härte, die Abrasionsfestigkeit und die Einsatzfähigkeit bei hohen Temperaturen und in aggressiven Medien der Strukturkeramiken. Dabei kommt gerade in der Mikrosystemtechnik dem Korrosionsverhalten aufgrund des hohen Verhältnisses von Oberfläche zu Volumen besondere Bedeutung zu. Beim Einsatz als Wärmetauscher oder Mikroreaktoren bieten keramische Bauteile entscheidende Vorteile, wenn eine Erhöhung der Einsatztemperatur notwendig ist oder eine aggressive Atmosphäre nicht ausgeschlossen werden kann [KNITTER96]. Auch die hohe mechanische Belastbarkeit keramischer Werkstoffe führt dazu, dass diese in Bereichen eingesetzt werden, für die Metalle oder Polymere nicht oder nur unzureichend geeignet sind [MENZ97]. Ein weiteres Anwendungsfeld neben der Mikrosystemtechnik stellt die Medizin- bzw. Dentaltechnik dar. Hier finden Implantate bzw. Brücken oder Kronen aus keramischen Materialien immer häufiger ihren Einsatz. Auch hierbei sind insbesondere die hohe Härte und die chemische Beständigkeit von Bedeutung. Ein weiterer Pluspunkt von Keramiken in diesen Bereichen ist die Biokompatibilität dieses Werkstoffes. Den materialspezifischen Vorteilen der Keramik stehen jedoch die größeren Schwierigkeiten bei der Verarbeitung und Formgebung gegenüber; dies wird insbesondere bei der Mikrostrukturierung deutlich. Konventionelle keramische Formgebungsmethoden werden diesen Anforderungen meistens nicht gerecht. In der Vergangenheit wurden hierfür innovative Prozesse entwickelt, wobei sich die Formgebungsmethoden in der Designfreiheit, dem Aspektverhältnis und dem resultierenden Fertigungsaufwand unterscheiden und den jeweiligen Anforderungen angepasst werden müssen. Mittels Zentrifugalabformung bzw. Folienprägen können zum Beispiel PZT (Blei-Zirkonat-Titanat)-Arrays mit säulenförmigen Strukturen gefertigt werden, deren laterale Abmessung bei Aspektverhältnissen von ca. 5 bis im 30µmBereich liegen können. Hieraus werden u.a. 1-3 Composites gefertigt, deren Piezoeigenschaften die von unstrukturierten Elementen zum Teil übertreffen [RITZHAUPT-KLEISSL98]. Bei den meisten Verfahren zur Herstellung von Keramiken werden die Bauteile über die Zwischenstufe eines porösen Formkörpers (dem so genannten Grünkörper) mit geringen Festigkeiten hergestellt. Hierfür wird ein keramisches Ausgangspulver mit organischen Additiven, z.B. den Bindern, versetzt und über unterschiedliche Verfahren (z.B. Prägen, Pressen, 2 EINLEITUNG Spritzgießen) zum Formkörper verdichtet. Der Binder hat hierbei zwei Funktionen, er trägt zum einen zur Stabilisierung des Grünkörpers bei, zum anderen erleichtert er die Herstellung des Formkörpers, da er das Fließverhalten des Pulvers bei der Verarbeitung gewährleistet. Der so erhaltene Grünkörper wird nach dem Ausbrand des Binders zu einem dichten und festen Körper gesintert. Hierbei tritt bei herkömmlichen Verfahren eine Schwindung des Formkörpers auf, die sowohl von der Porosität des Grün- und Sinterkörpers als auch vom Anteil des Binders abhängt und in der Größenordnung von 15 – 20% lineare Schrumpfung liegt. Um nach dem Sintern die gewünschte Bauteilgröße zu erhalten, muss der Grünkörper entsprechend größer dimensioniert werden, sofern dies überhaupt möglich ist. Handelt es sich beispielsweise um Formteile mit sehr individuellen Abmessungen, wie Dental-Kronen, dann ist es nur schwer möglich, den auftretenden Sinterschrumpf in das Formwerkzeug einzuberechnen. Zur Einhaltung enger Maßtoleranzen muss nach dem Sintern meist ein aufwendiger und kostenintensiver Schleifprozess nachgeschaltet werden, der sich für Mikrobauteile praktisch verbietet. Aus diesem Grund sind gerade solche Verfahren von Vorteil, bei denen der Sinterschrumpf minimiert oder gar vermieden werden kann. Durch Minimierung bzw. Ausschaltung der linearen Schwindung kann nach [GREIL 99] die Reproduzierbarkeit der Maßhaltigkeit deutlich verbessert werden, da es, wie Abbildung 1-1 veranschaulicht, einen Zusammenhang zwischen der Schrumpftoleranz ∆ε , der Schrumpfung ε und der Maßhaltigkeit ai sowie der Länge des Grünkörpers lgrün gibt: ai = 2 ε ∆ε lgrün Maßhaltigkeit in µm 1000 100 Sc hru mp fun g1 0% 1% 10 1 Sintern 0,1 % 100 Abb. 1-1: 10 1 0,1 Bauteilgröße in mm Zusammenhang zwischen Schrumpftoleranz und Maßhaltigkeit nach [GREIL99] 3 EINLEITUNG Der Sinterschrumpf kann u.a. durch Zugabe einer oder mehrerer Komponenten, die während des Reaktionssinterprozesses ihr Volumen vergrößern, minimiert oder kompensiert werden (Abb. 1-2). In der Literatur sind hierzu verschiedene Systeme und Verfahren beschrieben. Ausgangspunkt sind Metalle oder intermetallische Verbindungen, die unter entsprechender Atmosphäre zur gewünschten Keramik umgesetzt werden. vor dem Sintern nach dem Sintern Länge: l0 Länge: l < l 0 vor der Oxidation nach der Oxidation nach dem Sintern Länge: l0 Länge: l > l 0 Länge: l = l 0 Abb. 1-2: Schematische Darstellung des Sinterprozesses herkömmlicher und reaktionsgebundener Keramik Die Herstellung oxidkeramischer Verbindungen wurde bisher u.a. im Falle des Al 2O3 untersucht. Für das so genannte RBAO-Verfahren (reaction bonding aluminium oxide) werden Grünkörper, die aus Al 2O3 und Aluminium bestehen im Laufe der Temperaturbehandlung zur Oxidkeramik umgesetzt [CLAUSSEN89, CLAUSSEN90, WU93]. Mit einem ähnlichen Verfahren erfolgt die Herstellung von Al 2O3/ZrO2-Keramiken [ZHANG96]. Eine weitere Möglichkeit, den Sinterschrumpf zu minimieren, stellt der Weg über polymere Precursoren dar [SCHWARTZ86, SEYFERTH 91, SEYFERTH 92]. Zu dieser Gruppe gehören u.a. die sogenannten low loss binder. Diese Binder verbrennen nicht komplett, sondern es bleibt nach der thermischen Zersetzung ein Rückstand erhalten, der einen Teil der späteren Keramik bildet. Eine Kombination dieser beiden Verfahren stellt die in dieser Arbeit untersuchte schrumpfungsfreie Zirkonsilikat-Keramik dar. Sie basiert auf einem 1997 von Hennige entwickelten Verfahren [HENNIGE98]. Dieses beruht darauf, dass die Schwindung durch die Oxidation einer intermetallischen Verbindung (ZrSi2), die mit einer Volumenvergrößerung verbunden ist, 4 EINLEITUNG kompensiert. Zum anderen wird der Sinterschrumpf durch den Einsatz eines low loss binders (Polymethylsilsesquioxan, PMSS), der nicht rückstandslos verbrennt, von vornherein verringert. Abbildung 1-3 stellt die Massen- und Längenänderung in Abhängigkeit vom Temperaturverlauf dar. Zu erkennen ist, dass sich im Bereich der Massenzunahme (Oxidation von ZrSi2) die Probe ausdehnt und im anschließenden Sinterprozess bei höheren Temperaturen die Probe genau um den Betrag dieser Ausdehnung schrumpft. 25 1600 Masse 1400 20 Temperatur 15 1000 10 800 600 Länge 5 400 0 Oxidation von ZrSi2 Pyrolyse von PMSS Temperatur [°C] relative Änderung [%] 1200 200 Bildung von ZrSiO4 und Sinterprozess -5 0 0 5 10 15 20 25 30 35 Zeit [h] Abb. 1-3: Darstellung der Massen- und Längenänderung einer schwindungsfreien, jedoch nicht dicht gesinterten Keramik in Abhängigkeit von der Temperatur (aus [HENNIGE98]) Der gesamte Reaktionssinterprozess lässt sich dabei in drei Schritte einteilen. Als erstes findet die Pyrolyse von PMSS statt. Dies geschieht in einem Temperaturbereich von 150 bis ca. 700°C. Hierbei bleibt nach der thermischen Zersetzung des Polymers SiO 2 als Rückstand übrig. Dieser Schritt ist mit einer leichten Massenabnahme verbunden und die Reaktion läuft dabei nach folgendem Schema ab: [Si(CH3)O1,5]n à SiO 2 + ... Ab 400°C setzt die Oxidation von ZrSi2 ein, die mit einer deutlichen Massenzunahme und einer Volumenvergrößerung verbunden ist. Die Reaktion verläuft dabei wie folgt: ZrSi2 + 3 O2 à ZrO2 + 2 SiO 2. 5 EINLEITUNG Noch während des Oxidationsprozesses, ab ca. 1000°C, setzt die Phasenbildung von ZrSiO 4 und der Sinterprozess ein. Dies ist an der deutlichen Längenabnahme zu beobachten. Auf diesem Weg lassen sich durch die Wahl der korrekten Mengenanteile geeigneter Edukte und durch einen geeigneten Temperaturverlauf Proben herstellen, die nach dem Sintern die gleichen Abmessungen besitzen wie im Grünzustand. 6 AUFGABENSTELLUNG 2 Aufgabenstellung und Zielsetzung Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen die Schritte, die während des Reaktionssinterprozesses zur Herstellung einer schwindungsfreien Zirkonsilikatkeramik ablaufen, untersucht werden. Ausgangspunkt hierfür ist eine Keramik, die ihre Schwindungsfreiheit durch Einsatz einer reaktiven Komponente und eines so genannten low loss binders erzielt [HENNIGE98]. Hierbei werden aus einem keramischen Granulat, das aus ZrSi2 als intermetallische, reaktive Komponente, ZrO2 und Binder (Polymethylsilsesquioxan, PMSS) besteht, Formkörper hergestellt, die im Laufe der Temperaturbehandlung zu Oxidkeramik umgesetzt werden. Zur Herstellung einer dichtgesinterten, fehler- und schrumpffreien ZrSiO 4-Keramik werden bisher Prozesszeiten von bis zu 120 Stunden benötigt [HENNIGE98]. Soll diese Keramik eine industrielle Anwendung finden (z.B. in der Mikrotechnik oder im Dentalbereich), ist es aus Kostengründen jedoch unabdingbar, den gesamten Prozess auf wenige Stunden zu verkürzen. Ziel ist es, den Prozess detailliert zu verstehen und somit optimieren zu können. Hierfür wird dieser zunächst experimentell in die thermische Zersetzung des Binders, die Oxidation der reaktiven Komponente und das Sintern aufgeteilt. Im weiteren Verlauf soll durch Verständnis insbesondere der Kinetik dieser Einzelschritte die gesamte Reaktion optimiert werden können. In einem weiteren Schritt soll die Kinetik des Oxidationsprozesses von ZrSi2 durch Zusätze von Lithiumverbindungen beeinflusst und optimiert werden. Die Praxis zeigte bisher, dass ein wichtiger Schritt im Herstellungsverfahren die Entbinderung ist. Diese Reaktion stellt einen exothermen Prozess dar, bei dem Reaktionsgase freigesetzt werden. Geschieht dies bei der Prozessführung zu schnell, können die Bauteile Risse bekommen oder sogar komplett zerreißen. Wichtig ist es demnach, ein Temperaturprofil zu wählen, das die Reaktion einerseits möglichst schnell und andererseits ohne heftige Entgasungen stattfinden lässt. Optimierte Temperatur-Zeit-Profile lassen sich entweder über thermoanalytische Untersuchungen oder mit Hilfe von Formalkinetik erstellen. Die Berechnungen bieten den Vorteil, dass die zum Teil sehr zeitaufwendigen Versuchsreihen wegfallen können, da mit ihnen die Abbaureaktion mathematisch beschrieben werden kann und mit den so gewonnenen Daten eine Vorhersage über den Verlauf der Reaktion getroffen werden kann. Die Oxidation der reaktiven Komponente ZrSi2 ist mit einer deutlichen Volumenvergrößerung verbunden. Diese bewirkt ein Ausdehnen des Bauteils und kann, findet sie zu heftig statt, ebenfalls dazu führen, dass die Probe zerstört wird. Damit der Reaktionssinterprozess und die anschließende Phasenbildung vollständig ablaufen kann, muss die Probe außerdem komplett oxidiert werden. Ziel ist es, den kinetischen Prozess der Oxidationsreaktion von ZrSi2 zu ZrSiO 4 und SiO 2 zu erfassen. Hierfür wird zunächst ein Modell aufgestellt, das den Prozess mit Hilfe von Sauerstofftiefenprofilmessungen an massiven Proben beschreibt. Mit diesem Modell werden anschließend Berechnungen durchgeführt, die Diffusionskoeffizienten 7 AUFGABENSTELLUNG und Aktivierungsenergien dieser Reaktion liefern. Des Weiteren soll versucht werden, die Ergebnisse dieser Modellierung an massiven Proben auf ZrSi2-Pulver zu übertragen. Die Phasenbildung soll unabhängig von der Oxidationsreaktion von ZrSi2 beschrieben werden, damit evtl. überlappende Effekte ausgeschlossen werden können. Deshalb wird eine Modellsubstanz hergestellt, die ZrSi2 durch ZrO2 und SiO 2 ersetzt. An dem Granulat dieser Modellsubstanz wird die Phasenentwicklung untersucht. Um den Sinterprozess ebenfalls unabhängig von Oxidation und Phasenbildung beschreiben zu können, werden Proben aus gepresstem ZrSiO 4 hergestellt und im Dilatometer untersucht. Besonders kritisch ist der Überlappungsbereich zwischen Oxidations- und Sinterprozess. Setzt der Sintervorgang ein, bevor die Oxidation abgeschlossen ist, schließen sich die Porenkanäle, die dem Luftsauerstoff den Zutritt an ZrSi2 ermöglichen und die Probe wird nicht vollständig oxidiert. Es wäre demnach von Vorteil, diese beiden Prozessschritte besser trennen zu können. Diese Trennung kann zum Beispiel dadurch erreicht werden, dass die Oxidation sehr langsam durchgeführt wird. Da es aber unter anderem Ziel dieser Arbeit ist, den Prozess zu beschleunigen, muss ein anderer Weg gewählt werden. Deshalb wird am Beispiel Lithium-haltiger Verbindungen der Einfluss von Zusätzen auf die Kinetik des Oxidationsprozesses untersucht. Diese Verbindungen werden gewählt, da diese zusätzlich die Eigenschaft haben als Mineralisator zu wirken. Ein weiterer Effekt der Lithium-Phasen liegt darin, dass nach [POLEZHAEV65] die Reaktion von ZrO2 und SiO 2 zu ZrSiO 4, die normalerweise bei 1500°C stattfindet, bei Zugabe von 3-5% Li2CO3 bereits bei 900°C abgeschlossen ist. Zunächst wird der Einfluss Li-haltiger Phasen auf das Pyrolyseverhalten des Binders PMSS und auf das Oxidationsverhalten der reaktiven Komponente ZrSi2 beschrieben und zum Abschluss wird eine Li-haltige Keramik hergestellt und deren Materialeigenschaften untersucht. 8 GRUNDLAGEN GRUNDLEGENDE BETRACHTUNGEN 3 Grundlegende Betrachtungen 3.1 Mathematische Beschreibung des Sinterprozesses Volumenänderung ~ Die relative Volumenänderung ∆V während des Reaktionssinterprozesses lässt sich für Kör- per mit beliebiger Geometrie über folgenden Zusammenhang berechnen, sofern die relative Gründichte vor und die relative Sinterdichte nach dem Reaktionssinterprozess sowie die relativen Volumenanteile im Ausgangsmaterial und die relativen Volumenänderungen der Einzelkomponenten bekannt sind [HENNIGE98]: ~ ∆V = (1 + Darin sind: ~ ~ ~ ρgrün Vi∆Vi ) ~ −1 ρSinter i ∑ ~ Vi : relativer Volumenanteil der Komponente i im Ausgangsmaterial [−] ~ ∆Vi : relative Volumenänderung der Komponente i [−] ~ ρ Sinter: relative Sinterdichte [%TD] ~ ρ grün: relative Gründichte [%TD] Daraus lässt sich der lineare Sinterschrumpf ableiten (vgl. Anhang C): S = 1 − 3 (1 + wobei gilt: S: ~ ~ ~ ρgrün Vi ∆Vi ) ~ ρSinter i ∑ linearer Sinterschrumpf [−] Um die relativen Grün- bzw. Sinterdichten zu bestimmen, müssen die jeweiligen theoretischen Dichten der Stoffe bekannt sein und hierfür ist die genaue Kenntnis der Phasenzusammensetzung erforderlich. Dies ist jedoch nicht immer der Fall, so dass es von Vorteil sein kann, anstelle der relativen Dichten die absoluten Dichten zu verwenden. Nach [BINDER2001] ergibt sich demnach folgender Ansatz zur Berechnung der Volumenänderung: ~ ∆V = (1 + ~ ∆m ~ ) ρ grün − 1 m i i ρ Sinter i =1 k ∑ 10 GRUNDLEGENDE BETRACHTUNGEN Darin bedeuten: ~ : relativer Massenanteil der Komponente i in der Mischung [−] m i ~ : relative Massenänderung der Komponente i in der Mischung [−] ∆m i ρ Sinter: Sinterdichte [g/cm³] ρ grün: Gründichte [g/cm³] In diesem Fall lassen sich Grün- und Sinterdichte einfach über Bestimmung der geometri~ der Komponenschen Dichte oder der Auftriebsdichte ermitteln. Die Massenänderungen ∆m i ten i im System Zr-Si-O berechnen sich wie folgt: ~ ∆m PMSS = ~ ∆m ZrSi2 = wobei Mi: m SiO2 m PMSS −1 M ZrO 2 + 2 ⋅ M SiO2 MZrSi2 −1 Molmasse der Komponente i [g/mol] Hierbei entsprechen die Quotienten jeweils der keramischen Ausbeute α von PMSS bzw. ZrSi2. Zusammenhang zwischen Dichte und Längenänderung Anhand von Dilatometer-Messungen, mit denen ∆L(t) aufgenommen wird, kann über folgenden Zusammenhang die Dichte ρ t zu jeder beliebigen Zeit berechnet werden, sofern die theoretische Gründichte und die Ausgangslänge der Probe bekannt sind. ∆L ρ t = ρ g / 1 − L 0 wobei 3 ρ t: Dichte zur Zeit t [g/cm³] ρ g: theoretische Gründichte [g/cm³] ∆L: Längenänderung zur Zeit t [µm] L0: Ausgangslänge [µm] 11 GRUNDLEGENDE BETRACHTUNGEN 3.2 Diffusion Diffusion ist der Stofftransport in Festkörpern, Flüssigkeiten oder Gasen durch atomaren Platzwechsel. Triebkraft hierfür ist das Streben nach Minimierung der Freien Enthalpie zum Beispiel durch Vergrößerung der Entropie. Bei Vorliegen von Konzentrationsunterschieden ist im allgemeinen der Konzentrationsgradient die Triebkraft [ASKELAND96]. Bei Festkörpern wird zwischen Volumendiffusion, Korngrenzendiffusion und Oberflächendiffusion unterschieden. Bei der Volumendiffusion bewegen sich die Atome von einem Gitteroder Zwischengitterplatz zum nächsten. Die Aktivierungsenergie ist wegen der umgebenden Atome groß und die Diffusionsgeschwindigkeit sehr klein. Atome können aber auch längs von Korngrenzen, flächenhaften Gitterstörungen und Oberflächen diffundieren. Wegen der im Vergleich zum ungestörten Kristall geringeren Packungsdichte des Korngrenzenbereiches ist hier auch die Aktivierungsenergie für atomare Fortbewegung kleiner. Daher ist Korngrenzendiffusion sehr effektiv. Als Maß für die Geschwindigkeit des Diffusionsvorgangs dient der Diffusionsstrom j, der angibt, wie viele Atome pro Zeiteinheit durch die Einheitsfläche hindurchtreten. Bei konzentrationsunabhängigen Diffusionskoeffizienten lässt sich der Diffusionsstrom mit Hilfe des vereinfachten ersten Fick´schen Gesetz beschreiben: ji = −Di ⋅ wobei: dc i dx ji: Stromdichte [Atome/cm2sec] D i: Diffusionskoeffizient [cm²/sec] c i: Konzentration [Atome] x: Tiefe bzw. Weg [cm] dc i : dx Konzentrationsgefälle [Atome/cm³cm] Im stationären Fall gilt: dc i = const. dx Das Konzentrationsgefälle beschreibt die Ortsabhängigkeit der Zusammensetzung des Materials. Ein Konzentrationsgefälle entsteht zum Beispiel, wenn Gase oder Flüssigkeiten mit einem Festkörper in Kontakt stehen. 12 GRUNDLEGENDE BETRACHTUNGEN Der Diffusionsstrom bleibt bei gegebener Temperatur nur konstant, wenn dies auch für das Konzentrationsgefälle zutrifft. Ein anfänglich großer Strom verringert sich in dem Maße, wie der zugrunde liegende Konzentrationsunterschied abnimmt. Der Zusammenhang zwischen Diffusionskoeffizient und der Temperatur kann durch eine Arrhenius-Gleichung beschrieben werden: D = D0 exp (-EA / RT) wobei: EA: Aktivierungsenergie [J/mol] R: Gaskonstante [8,314 J/mol K] T: Temperatur [K] D0: Konstante im betrachteten System Der Diffusionskoeffizient und der Diffusionsstrom werden mit steigender Temperatur größer. Eine kleine Aktivierungsenergie bedeutet schnelle Diffusion, da wenig thermische Energie benötigt wird, um die zugehörige Energiebarriere zu überwinden. Als zweites Fick´sches Gesetz wird die Differentialgleichung ∂ 2c dc = D 2 dt ∂x bezeichnet. Mit ihrer Hilfe kann berechnet werden, wie sich die in einem Festkörper vorhandenen Konzentrationsunterschiede im Laufe der Zeit ändern. Die Lösung dieser Gleichung hängt von den Konzentrationswerten an den Grenzen des betrachteten Volumens ab. Für den Fall, dass die Konzentrationsänderung nur in eine Richtung erfolgt, lautet die Lösung: ca − cx x = erf ca − c 0 2 Dt wobei: c a: konstante Konz. an der Oberfläche des betrachteten Volumens c 0: Ausgangskonzentration im Inneren c X: Konzentration an der Stelle x nach der Zeit t erf Fehlerfunktion (error function) Unter der Voraussetzung, dass die Konzentration an der Oberfläche und in der Tiefe des Körpers konstant bleibt, kann mittels der angeführten Lösung des zweiten Fick´schen Geset13 GRUNDLEGENDE BETRACHTUNGEN zes die Konzentration einer diffundierenden Spezies nahe der Oberfläche bzw. Grenzfläche als Funktion von Zeit und Abstand berechnet werden. Die Geschwindigkeit, mit der sich zum Beispiel bei einer Oxidationsreaktion eine Oxidschicht bildet, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ist der Stofftransport des Gases an das Edukt heran der geschwindigkeitsbestimmende Schritt, so lässt sich ein lineares Zeitgesetz aufstellen, d.h. x( t ) = k ⋅ t . Das gleiche gilt, wenn sich das Gas entlang von Schichtdefekten in die Probe bewegt. Ist dagegen die Diffusion in das Edukt hinein oder durch die Produktschicht hindurch der geschwindigkeitsbestimmende Schritt, so folgt die zeitliche Abhängigkeit einem parabolischen Zeitgesetz, d.h. x( t ) = k ⋅ t oder x 2 ( t ) = k ⋅ t . Durch Auftragen von x gegen t (im linearen Fall) bzw. x² gegen t (im parabolischen Fall) lässt sich demnach die Steigung k der Geraden ermitteln. Wird der so ermittelte k-Wert in einem lnk gegen 1/T Diagramm aufgetragen, lässt sich über einen Arrhenius-Zusammenhang die Aktivierungsenergie ermitteln. 3.3 Die Kinetik-Software Mit Hilfe der Formalkinetik kann eine Aussage über die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion gemacht werden ohne die stöchiometrische Umsatzgleichung genau zu kennen [FITZER95]. Die Formalkinetik chemischer Prozesse kann modelliert werden. Im Folgenden wird hierzu eine kommerziell erhältliche Software verwendet [NETZSCH2001]. Die Modellierung basiert hierbei auf thermoanalytischen Messdaten wie Thermogravimetrie (TG), Differentialthermoanalyse (DTA) oder Dilatometrie. Diese erforderliche experimentelle Datenbasis muss jeweils durch mehrere dynamische Messungen mit variierender Heizrate erzeugt werden. In Abbildung 3-2 soll veranschaulicht werden, dass bei isothermen Messungen der Bereich niedriger Umsätze nicht gut aufgelöst werden kann; diese werden quasi zu schnell „überfahren“. Mit Hilfe dynamischer Messungen wird dagegen jeder Bereich langsam durchlaufen und kann somit besser erfasst werde. Die so gewonnenen Daten werden rechnerisch zu einem formalkinetischen Modell verarbeitet, das ein-, zwei-, drei- oder vierstufige Prozesse beinhaltet, die in Einzelschritten als unabhängig, parallel, konkurrierend oder aufeinanderfolgend verknüpft sind. Jedem Reaktionsschritt kann hierbei wahlweise die Reaktionsordnung und die Art der Reaktion (Diffusions-, Phasengrenz- bzw. autokatalytische Reaktion) zugewiesen werden. 14 GRUNDLEGENDE BETRACHTUNGEN 280 40 K/min Umsatz 20 K/min 240 10 K/min 200 160 120 Temperatur in °C 98 % 90 % 75 % 50 % 25 % 10 % 5% 2% dynamisch 80 isotherm 40 20 0 4 8 12 16 20 24 Zeit in min Abb. 3-2: Erfassung des Reaktionsfeldes durch dynamische und isotherme Messungen (aus [NETZSCH98]) Der Kern des Programmpaketes ist eine multivariate nichtlineare Regression (Mehrkurvenanalyse). Die Bestimmung der das Modell charakterisierenden kinetischen Parameter erfolgt über ein GAUSS-NEWTON – Verfahren, in das ein RUNGE-KUTTA – Verfahren zur Lösung der Differentialgleichungen eingebunden ist. Das RUNGE-KUTTA – Verfahren nutzt die Taylorreihenentwicklung der Funktion aus. Es wird zum Lösen von Differentialgleichungen wegen seiner hohen Genauigkeit der Approximation herangezogen. Laut RUNGE-KUTTA kann man den gesuchten Prognosewert dadurch verbessern, indem man den für die lineare Fortschreitung benutzten Steigungswert nicht nur aus der anfänglichen Steigung bestimmt, sondern von dem mittels der Differentialgleichung bekannten weiteren Steigungsverhalten der Funktion abhängig macht. Dies geschieht, indem man zunächst mit einer gewissen Teilschrittweite „Hilfsprognosen“ erstellt und schließlich die dabei gewonnenen „Hilfssteigungen“ passend mittelt. Das GAUSS-NEWTON – Verfahren ist eine Methode der nichtlinearen Ausgleichsrechnung. Dabei wird, ähnlich wie in der linearen Ausgleichsrechnung zu einem Satz von Daten eine Funktion gesucht, so dass die Summe der Fehlerquadrate minimal wird. 15 PHASENDIAGRAMME 4 Phasendiagramme und Oxidationsverhalten 4.1 Das System Zr - Si - O 4.1.1 Phasendiagramme Im System Zr - Si existieren neben ZrSi2 eine Reihe weiterer Zr-reicher Verbindungen, wie in Abbildung 4-1 im Phasendiagramm nach [KOCHERZINSKII76 & OKAMOTO90] zu sehen ist. ZrSi2 kristallisiert orthorhombisch und besitzt die Punktgruppe Cmcm [NARAY-SZABO37, SEYFARTH 28]. Es unterliegt bei ca. 1620°C einer peritektischen Zersetzung, bei der neben Schmelze β-ZrSi entsteht [KOCHERZINSKII76]. 10 at% Zirkonium 50 100 2250°C L 2215°C 2180°C 1925°C 1855°C 1660°C 1745°C 1650°C 1620°C 1570°C 1460°C 1370°C 0 Si Abb. 4-1: 50 gew.-% Zirkonium Zr3Si α− ZrSi αZr5Si4 Zr3Si2 Zr2Si ZrSi2 28.5 883°C 100 Zr Phasendiagramm des Systems Zr-Si nach [OKAMOTO90] Im System ZrO2 - SiO2 wurde das erste Phasendiagramm von [CURTIS53] beschrieben (vgl. Abbildung 4-2). Demzufolge liegt als einzige ternäre Verbindung tetragonaler Zirkon (ZrSiO 4) stabil vor. Laut [KREIDL42] beginnt dieser sich bereits unterhalb der Soliduslinie, die bei 1687°C liegt, in ZrO2 + SiO 2 zu zersetzen. Wie im Phasendiagramm zu sehen, liegt neben ZrSiO 4 bei einer SiO 2-reicheren Zusammensetzung freies SiO 2, bei einer SiO 2-ärmeren freies ZrO2 vor. 16 PHASENDIAGRAMME Abb. 4-2: Phasendiagramm des Systems ZrO2 – SiO2 nach [CURTIS53] Dabei liegt SiO 2 je nach Temperatur in folgenden Modifikationen vor: α − Quarz 2,65 g / cm³ 575°C → β − Quarz 2,51 g/cm³ 870°C → β − Tridymit 2,26 g / cm³ 1470°C → β − Cristobalit 2,22 g / cm³ 1713°C → Schmelze Der kubische β-Cristobalit weist mit 2,22 g/cm³ eine deutlich geringere Dichte auf als der trigonale α-Quarz mit 2,65 g/cm³. Für keramische Prozesse interessant sind die mit den Phasenbildungen einhergehenden Volumenänderungen. Die Umwandlung von α zu β-Quarz gehört zu den leicht reversibel (enantiotrop) verlaufenden Umwandlungen im System SiO 2. Sie findet mit großer Schärfe bei 575°C statt und geht mit einer Volumenänderung von ca. 1% einher. Die Umwandlung von α-Quarz in α-Tridymit ist eine Langzeitreaktion, die mit einer Volumenvergrößerung von ca. 14% verbunden ist [EITEL41]. Ganz im Gegensatz zu den volumenvergrößernden Effekten, die bei der Umwandlung von αin β-Quarz und von α-Quarz in α-Tridymit stattfinden, schrumpft β-Quarz bei Erwärmung oberhalb 573°C [SOSMAN55]. Die Hochtemperatur(β)-Modifikationen von Cristobalit und Tridymit verhalten sich ähnlich. β-Cristobalit hat bei ca. 800°C sein größtes Volumen; oberhalb dieser Temperatur schrumpft der Kristall. Tridymit hat bei 900°C einen thermischen Ausdehnungskoeffizienten von null. Bei höheren Temperaturen ist dieser ebenfalls negativ. Die Tieftemperatur-Modifikationen von Quarz, Tridymit und Cristobalit expandieren dagegen alle normal mit steigender Temperatur. Auch die Stabilitäten der ZrO2 Modifikationen sind temperaturabhängig: 17 PHASENDIAGRAMME 1205°C monoklin (m) → 2285°C tetragonal (t ) → kubisch(k ) Das ZrO2 liegt dabei je nach Temperatur monoklin, tetragonal oder kubisch vor. Monoklines ZrO2 wandelt sich bei 1205°C mit einer Volumenabnahme von 3-5 Vol-% in tetragonales ZrO2 um. Bei einer Temperatur von 2285°C wandelt sich ZrO2 (t) in ZrO2 (k) um. Durch Dotierung mit anderen Oxiden, wie z.B. Y2O3 [SCOTT75, SRIVASTAVA74], können diese Umwandlungstemperaturen verändert werden, so dass bei Raumtemperatur die monokline und die kubische Phase des ZrO2 im Gleichgewicht nebeneinander vorliegen (teilstabilisiertes ZrO2). Die Umwandlung von der monoklinen in die tetragonale Modifikation erfolgt bereits bei 550°C. Bei höherem Y2O3 Anteil liegt bereits bei Raumtemperatur nur die kubische Modifikation vor (kubisch stabilisiertes ZrO2). Im Gegensatz zu den gut untersuchten Modifikationen des SiO 2 ist der gesamte Bereich der substöchiometrischen Oxide des Siliziums im System Si - O strukturell noch nicht eindeutig geklärt (Abbildung 4-3). Insbesondere die Existenz des Siliziummonoxids (SiO) ist ein kontrovers diskutiertes Thema. In natürlicher Form existiert SiO auf der Erde nicht, da es unter Anwesenheit von Sauerstoff zu SiO 2 weiter reagiert und damit die bevorzugte Oxidationsstufe +4 erreicht. Siliziumdioxid ist unter bestimmten Umständen volatil, existiert aber nicht in der Gasphase. Meistens dissoziiert es in gasförmiges SiO und molekularen Sauerstoff; fällt die Temperatur, können diese beiden Phasen unter Bildung von SiO 2 und Si rekombinieren Cristoba lit [SOSMAN55]. 1723 SiO+ SiO2 Si + SiO 0 Atom% Sauerstoff HochQuarz Si + SiO2 Si Abb. 4-3: SiO + SiO2 Tridym it Tem peratur in °C 1420 50 66,6 SiO SiO2 Phasendiagramm des Systems Si-O nach [SOSMAN55] 18 PHASENDIAGRAMME 4.1.2 Oxidationsverhalten Die Oxidation von ZrSi2 wurde zuerst von [HÖNIGSCHMID 06] untersucht. Demnach verbrennt feingemahlenes ZrSi2-Pulver unter Luft lebhaft zu ZrO2 und SiO 2. Bei der Oxidation massiver Körper entsteht gemäß [LAVRENKO91] zunächst eine Schicht ZrO2 mit eingelagertem SiO 2. Bei Temperaturerhöhung entsteht daraus schließlich eine ZrSiO 4-Schicht, welche die weitere Oxidation hemmt. Von [PEREZ2000] wurde das Oxidationsverhalten an einer Al-haltigen ZrSi2 – Legierung bei 700°C untersucht. Im TG-Versuch wurde zunächst eine starke Massenzunahme, die mit der Sauerstoffaufnahme im ZrSi2 erklärt werden kann, beobachtet. Im Anschluss daran nimmt die Masse jedoch kaum noch zu. Trägt man diese Massenänderungen gegen die Zeit auf, ist die Steigung dieser Kurve zu beginn steiler als im Laufe der Reaktion. Anfangs lassen sich diese Kurven mit einem parabolischen Verlauf beschreiben, der bei fortschreitender Oxidation in einen subparabolischen Verlauf übergeht. Zunächst findet demnach die Sauerstoffdiffusion durch die intermetallische Matrix statt und es bildet sich ZrO2 und SiO 2. Mit fortschreitender Oxidation führen diese Oxide dazu, dass der Sauerstofftransport ins Innere gehemmt wird und somit an der Oxidationsfront nicht mehr so viel O2 zur Verfügung steht um die Reaktion mit der gleichen Geschwindigkeit am Laufen zu halten. [VEYTIZOU 2001] betrachtet die Reaktion von amorphem SiO 2 mit tetragonalem ZrO2. Aus der Form der Umsatzkurven wird geschlossen, dass die Diffusion von Silizium aus der äußeren SiO 2-Schicht durch die gebildete ZrSiO 4 Phase an die Reaktionszone mit ZrO2 der reaktionsbestimmende Schritt ist. Die Gültigkeit dieser Annahme wird dadurch gestützt, dass die experimentellen Daten zum kinetischen Gesetz von [CARTER61] passen, bei dem angenommen wird, dass die chemische Diffusion durch das Reaktionsprodukt (die Oxidlage) der geschwindigkeitsbestimmende Schritt ist. Im Einzelnen wird angenommen, dass die Reaktion wie folgt verläuft: Si4+ das vom SiO 2 stammt, löst sich im ZrO2. Ist das Löslichkeitslimit erreicht, fällt eine ZrSi1+x O4-x Schicht aus bzw. wird an der ZrO2 Grenze gebildet. Das Si4+ muss demnach jetzt durch diese Phase hindurch diffundieren, um weiter mit ins ZrO2 zu gelangen. Mit der Wachstumsgeschwindigkeit der ZrSi1+x O4-x Schicht, nimmt der Radius des ZrO2 Partikels ab. Nach [BEYERS86] bewegt man sich im ternären Phasendiagramm von Zr - Si - O bei fortschreitender Oxidation von ZrSi2 im Temperaturbereich von 700 bis 1000°C nicht direkt auf ZrSiO 4 zu, sondern wie von [HENNIGE98] beschrieben, wird zunächst das Zirkonium aufoxidiert, es bildet sich ZrO2 und man bewegt sich im Feld von ZrSi2 - ZrO2 - Si bis alles ZrSi2 abreagiert ist. Im Bereich Si – ZrO2 – ZrSiO 4 wird das Silizium oxidiert und bildet zusammen mit ZrO2 das ZrSiO 4 (Abbildung 4-4). 19 PHASENDIAGRAMME Abb. 4-4: Phasendiagramm von Zr-Si-O nach [BEYERS86] Sobald im Feld ZrSiO 4 - Si - SiO 2 kein ZrO2 mehr zur Verfügung steht, um ZrSiO 4 zu bilden, erhält man die Zusammensetzung ZrSiO 4/SiO 2 1:1. Anhand der Betrachtung der Bildungsenthalpien der Oxide ZrO2 bzw. SiO 2 scheint diese Annahme berechtigt (Tabelle 4-1). Tab. 4-1: Bildungsenthalpien der Oxidationsreaktionen von Zirkonium und Silizium nach [HOLLEMANN85] Oxidationsreaktion Bildungsenthalpien ∆H0 Zr + O2 à ZrO2 -1101 kJ/mol Si + O2 à SiO 2 - 911 kJ/mol Bestätigt werden diese Annahmen von [W ANG88]. Demnach dissoziiert bei der Reaktion von SiO 2 und Zirkonium ab ca. 650°C das SiO 2. Die dabei frei werdenden Sauerstoffatome diffundieren und lösen sich im Zirkonium. Zunächst reagiert das Zirkonium mit dem verbleibenden Silizium. Ab ca. 750°C ist die Temperatur hoch genug, damit sich ZrO2 bilden kann. Es entsteht demnach folgende Abfolge: SiO 2 / Zr-Si / ZrO2. 4.2 Das System Zr - Si - Li - O Im System Li2O - SiO2 (Abbildung 4-5) existieren drei stabile Phasen: Li4SiO 4, Li2SiO 3 und Li2Si2O5. Als metastabile Phasen sind Li6Si2O7 und Li2Si3O7 zu erwähnen. Nach [EITEL41] schmilzt Li4SiO 4 bei 1255°C inkongruent, Li2SiO 3 bei 1201°C kongruent und das Di-Silikat Li2Si2O5 bei 1033°C inkongruent. 20 PHASENDIAGRAMME 1723 + L 1470 L Li2O + L 1258 40 Abb. 4-5: Li4SiO4+ L Li2O + Li4SiO4 + L 1209 Li2SiO3 +L 1033 1024 Li2SiO3 + Li2Si2O5 Li4SiO4 + Li2SiO3 50 1028 Li2Si 2O 5 + 960 936 80 60 70 SiO2 in gew-% 90 100 Phasendiagramm des Systems SiO2 – Li2O nach [KRACEK30] Von [QUINTANA81] wurde das System Li2O – ZrO2 – SiO2 untersucht. Dabei wurde eine neue Verbindung, Li2ZrSi6O15, beschrieben (Abbildung 4-6). Diese kristallisiert monoklin und schmilzt bei ca. 1078°C inkongruent zu ZrSiO 4 und Schmelze. SiO2 Li2 ZrSi6O15 ZrSiO4 1500 Li2SiO3 11 0 0 1 30 0 Li2 Si2O5 Li4 SiO4 Li2O Abb. 4-6: Li2ZrO3 ZrO2 Phasendiagramm von Li2O-ZrO2-SiO2 nach [QUINTANA 81] 21 PHASENDIAGRAMME Für das System Li2O - ZrO2 wurde später von [SKOKAN 90] ein Phasendiagramm beschrieben (vgl. Abbildung 4-7). Demnach existieren als stabile Komponenten Li8ZrO6, Li6Zr2O7 und Li2ZrO3. Li8ZrO6 bildet sich bei 550°C aus den Oxiden und schmilzt bei 1345°C [SKOKAN 90]. [ORTMANN82] beschreibt den Schmelzpunkt bereits bei 1295°C. Die Eutektika zwischen Li2O und Li8ZrO6 bzw. zwischen Li8ZrO6 und Li6Zr2O7 liegen bei 1100°C bzw. 1055°C. Li6Zr2O7 kristallisiert monoklin und schmilzt inkongruent bei 1290°C. Li2ZrO3 kristallisiert monoklin in der Raumgruppe Cc - Cs 4 [DITTRICH69] und ist bis zu seinem kongruenten Schmelzpunkt bei 1690°C stabil. Bei Anwesenheit von Li2ZrO3 finden die Phasenumwandlungen von ZrO2 bereits bei niedrigeren Temperaturen statt (vgl. 4.1.1): 1190°C → monoklin (m) 1450°C → tetragonal (t ) kubisch(k ) Das Eutektikum zwischen Li2ZrO3 und ZrO2 liegt bei 1640°C. 2710 2500 L + ZrO2 (kub.) Liquid (L) 1690 1640 Li2ZrO3 + ZrO2 (kub.) 1500 1430 1345 1450 1290 Li2ZrO3 + ZrO2 (tetr.) 1100 500 1055 Li2 ZrO 3 (high) Li8 ZrO 6 1000 1190 Li6 Zr2 O7 Temperatur in °C 2000 Li2ZrO3 + ZrO2 (mkl.) (Low) 420 0 Li2O 20 40 60 80 100 ZrO2 mol% ZrO 2 Abb. 4-7: Phasendiagramm des Systems Li2O – ZrO2 nach [SKOKAN90] 22 EXPERIMENTELLER T EIL CHARAKTERISIERUNGSMETHODEN 5 Verwendete Charakterisierungsmethoden und Edukte 5.1 Übersicht der Charakterisierungsmethoden Zur Charakterisierung der Edukte sowie der Zwischen- und Endprodukte werden die in Tabelle 5-1 aufgeführten Charakterisierungsmethoden angewandt. Diese Methoden sollen in den beiden folgenden Kapiteln kurz erläutert werden. Tab. 5-1: Übersicht über die angewandten Charakterisierungsmethoden Charakterisierungsmethode verwendetes Gerät Physikalisch - chemische Methoden: Thermogravimetrie/Differenzthermoanalyse NETZSCH STA 409 Dilatometrie NETZSCH DIL 402 C Infrarot-Spektroskopie (FT-IR) BRUKER IFS 28 Röntgendiffraktometrie (XRD) SIEMENS / AXS D 5000 Lichtmikroskopie ZEISS AXIOPLAN 2 Rasterelektronenmikroskopie (REM) ZEISS DSM 69 Energiedispersive Röntgenanalyse (EDX) LINK Auger-Elektronen-Spektroskopie (AES) AUGER NANOPROBE PHI 680 Raman-Spektroskopie BRUKER FRA 106 Quecksilber(Hg)-Porosimetrie CE INSTRUMENTS, PASCAL 140 / 440 Helium-Dichte CE INSTRUMENTS, PYCNOMATIC 200 Partikelgrößen-Analyse MICROTRAC X100 Oberflächenbestimmung MICROMERITICS FLOW SORB II 2300 Mechanische Charakterisierung: Härtebestimmung nach Vickers PAAR PHYSICA MHT - 10 Biegebruchfestigkeit UTS 10T 5.1.1 Physikalisch - chemische Methoden Thermische Analyse Mit Hilfe der Thermischen Analyse (TA) lassen sich physikalische und chemische Änderungen einer Probe in Abhängigkeit von der Temperatur erfassen. Die TA ist damit eine der wichtigsten Methoden zur Untersuchung des Reaktionssinterverfahrens. Bei der Thermogravimetrie (TG) wird die Massenänderung, bei der Dilatometrie die Längenänderung einer Probe als Funktion der Temperatur bestimmt. Mittels der Differenzthermo- 24 CHARAKTERISIERUNGSMETHODEN analyse (DTA) lassen sich die thermischen Effekte messen, die ein Material im Vergleich zu einer inerten Referenzprobe während der Temperaturbehandlung erfährt. Die bei der TG freigesetzten Gase können zudem mittels IR-Spektroskopie analysiert werden. Bei dieser Methode, der TA-IR-Kopplung, werden die gasförmigen Pyrolyse-Produkte in die Gasmesszelle eines FT-IR-Spektrometers überführt und kontinuierlich gemessen. So werden zum Beispiel Informationen über das Pyrolyseverhalten des eingesetzten Binders erhalten. Alle Versuche zur Thermischen Analyse werden unter getrockneter Druckluft (100ml/min) durchgeführt. Für die simultan erfolgende TG und DTA werden 50 bis 100 mg Pulver bzw. Granulat eingesetzt. Als Tiegel- und Referenzmaterial dient Al 2O3. Zur Bestimmung der Längenänderung dienen Formkörper mit einer Länge von ca. 10 mm und einem Durchmesser von 6 bzw. 7 mm, die durch axiales Pressen hergestellt wurden. Diffraktometrie Die Röntgenpulverdiffraktometrie ist eine gängige Methode zum Nachweis kristalliner Phasen in einem Material. Auf diese Weise lassen sich die verschiedenen im Laufe der Temperaturbehandlung auftretenden Phasen analysieren. Die Diffraktometrie beruht auf dem Prinzip, dass Röntgenstrahlen an den Gitterebenen eines Kristalls gebeugt werden. Als Röntgenquelle dient ein Cu-Anode. Die Messungen werden entweder als Theta-2Theta Messungen oder mit streifendem Einfall unter einem Winkel von 4° durchgeführt. Als Proben dienen zumeist gepresste Tabletten oder Zylinder. Die Zuordnung der erhaltenen Reflexe erfolgt mit Hilfe einer Auswertesoftware, die auf der JCPDS (Joint Committee of Powder Diffraction Standards) - Datei basiert. Mikroskopie Die Lichtmikroskopie (LM) dient zur Untersuchung des Gefüges fester Proben. Hierzu werden Schliffbilder der gesinterten Formkörper mittels Auflichtmikroskopie angefertigt. Die Rasterelektronenmikroskopie (REM) ist eine Methode zur Untersuchung der Morphologie und des Aufbaus von Pulvern bzw. des Gefüges von Formkörpern. Zudem kann mit der energiedispersiven Röntgenanalyse (EDX-Analyse) eine halbquantitative Elementanalyse durchgeführt werden. Diese stellt somit eine Ergänzung der Diffraktometrie zur Untersuchung des Phasenbestandes insbesondere an gesinterten Keramiken dar. Beim REM werden die von einer Elektronenkanone emittierten Elektronen über mehrere elektromagnetische Linsen auf die Probe fokussiert. Der Elektronenstrahl wird über einen Ablenkgenerator gesteuert und rastert die Probe zeilenförmig ab. Detektoren erfassen die von der Probe emittierten Sekundär (Reliefbild)- und /oder Rückstreuelektronen (Materialkontrastaufnahme) und geben das Signal an eine Bildröhre weiter. 25 CHARAKTERISIERUNGSMETHODEN Die EDX-Analyse beruht auf der Wechselwirkung von hochenergetischen Elektronen mit Materie. Neben der Entstehung von Rückstreu- und Sekundärelektronen wird zusätzlich eine für jedes Element charakteristische Röntgenstrahlung freigesetzt, die auf den Elektronenübergang von höheren in tiefere Energieniveaus zurückzuführen ist. Diese freigesetzte Strahlung wird energiedispersiv mittels eines Halbleiterdetektors registriert. Auger-Elektronen-Spektroskopie Die Auger-Elektronen-Spektroskopie (AES) liefert reproduzierbare Daten an ebenen, elektrisch leitenden Oberflächen [KRISHNAN 81, SCHUSTER86, GRASSERBAUER86]. Da jedes Atom einen für seine Ordnungszahl charakteristischen Aufbau hat, ist über die Bestimmung des Energieniveauschemas eine chemische Analyse möglich. KLL Auger-Elektron L2, 3 äußere Schale L1 K Abb. 5-1: innere Schale Schematische Darstellung der Emission von Auger-Elektronen (nach [GRASSERBAUER86]) Die Emission der Auger-Elektronen wird dadurch erklärt, dass die beim Sprung eines Elektrons aus einer höheren, d.h. außen liegenden, in eine tiefere Schale frei werdende Energie nicht in Form von Röntgenstrahlen emittiert wird, sondern auf ein weiteres Elektron einer äußeren Schale des selben Atoms übertragen wird [GRASSERBAUER86]. Dieses emittiert dann als so genanntes Auger-Elektron (vgl. Abbildung 5-1). Das verwendete Gerät hat eine Informationstiefe von wenigen Atomlagen und eine laterale Auflösung von ~13nm. Mit der Argon-Ionenquelle kann die Probe zur Tiefenprofilanalyse gesputtert werden. Zum Spektrum tragen nur Auger-Elektronen bei, die noch keine Energie verloren haben, die Informationstiefe ist somit abhängig von der mittleren freien Weglänge. Für die Tiefenprofilmessungen wurde ein 1 x 1mm großes Fenster gesputtert. Gemessen wurde in diesem Feld mit einem defokussiertem 1µm Elektronenstrahl. Die Beschleunigungsspannung betrug dabei 10keV. 26 CHARAKTERISIERUNGSMETHODEN Raman- und Infrarot-Spektroskopie Die molekül-theoretischen Grundlagen der Raman-Spektroskopie entsprechen weitgehend denen der Infrarot-(IR)-Spektroskopie. Mit beiden Methoden werden die Rotations- und Schwingungsanregungen von Molekülen beobachtet. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass für das Auftreten eines Raman-Spektrums mit Rotation und Schwingung eine Änderung der Polarisierbarkeit der Moleküle verbunden sein muss, während für das IR-Spektrum gilt, dass das Molekül für die Anregung der Rotation ein permanentes Dipolmoment besitzen und für die Schwingungsanregung mit der Schwingung eine Änderung des Dipolmomentes verbunden sein muss. Raman- und IR-Spektroskopie ergänzen sich daher. Raman: Bestrahlt man Moleküle mit monochromatischem Licht, so wird das eingestrahlte Licht gestreut. Nach Zerlegung des Streulichts zeigen sich neben der intensiven Spektrallinie der Lichtquelle zusätzliche Spektrallinien, die gegenüber der Frequenz der Lichtquelle verschoben sind. Die letzteren Linien nennt man Raman-Linien. Diese Frequenzverschiebung entspricht gerade der Energie der elementaren Anregung. Aus der Energie, der Intensität und der Polarisation des gestreuten Lichtes lassen sich Informationen über die elementare Anregung selbst und über verschiedene Eigenschaften der Probe (z.B. Zusammensetzung, Dotierung usw.) gewinnen [MATOSSI59]. IR: Durch Infrarotlicht werden in Molekülen Schwingungen angeregt. Bestrahlt man Materie damit, dann wird Licht bestimmter Frequenz absorbiert. In Abhängigkeit von der Energie nimmt das Infrarotspektrometer die so genannten Schwingungsbanden auf. Aufgrund deren energetischen Lagen gewinnt man genaue Informationen über die Struktur und Aufbau der untersuchten chemischen Verbindung. Quecksilber(Hg)-Porosimetrie Mit Hilfe der Hg-Porosimetrie kann sowohl die Dichte von Formkörpern als auch deren offene Porosität bestimmt werden. Die Dichte wird direkt über die Menge an verdrängtem Quecksilber im Probengefäß bestimmt. Zur Bestimmung der Porosität macht man sich zunutze, dass Quecksilber eine nicht benetzende Flüssigkeit ist, die nur durch einen äußeren Druck p [Pa] in eine Pore vom Radius r [m] gepresst werden kann. Dieser Druck wird durch die Washburn-Gleichung folgendermaßen beschrieben: p = - (2 γ cosθ) / r mit γ: Oberflächenspannung [N/m] θ: Benetzungswinkel [°] 27 CHARAKTERISIERUNGSMETHODEN He-Dichte Mit dem Heliumpyknometer lassen sich die Dichten von Festkörpern und Pulvern bestimmen. Dabei dürfen die Proben keine flüchtigen oder sublimierenden Bestandteile haben. Die Einwaage der Probe mit dem Probengefäß erfolgt vor der Messung auf einer Präzisionswaage. Das Heliumpyknometer besteht hauptsächlich aus einem Probengasraum und einem hiermit absperrbar verbundenen Expansionsraum. Der Probenraum wird mit Helium gespült und mit einem Überdruck gefüllt. Nach einer Temperaturangleichung wird das Gas in den Expansionsraum geleitet. Sobald sich der Druck- und auch der Temperaturausgleich eingestellt haben, ist der abgelesene Ausgleichsdruck ein Maß für das Probenvolumen. Dem Prinzip liegt das Gesetz von Boyle-Mariotte zugrunde, demzufolge das Produkt aus Druck und Volumen einer abgeschlossenen Gasmenge bei gleichbleibender Temperatur konstant ist. Partikelgrößen-Analyse Die Bestimmung der Partikelgröße von Pulvern beruht auf der Tatsache, dass ein Laserstrahl, der durch eine Küvette tritt, in der das zu untersuchende Pulver aufgeschlämmt wurde, an den einzelnen Partikeln gestreut wird. Aus der Winkellage und Intensität des Streulichtes kann die Volumenverteilung der Partikel bestimmt werden. Die Partikelfeinheit wird charakterisiert durch den dn-Wert. Darunter versteht man den Partikeldurchmesser d [µm] bei einem Summenanteil von n Vol-%. Oberflächenbestimmung Mittels der BET-Methode [BRUNAUER38, SEIFERT87] kann die spezifische Oberfläche von Festkörpern bestimmt werden. Die Oberfläche des Materials wird hierbei anhand der Adsorption von Stickstoff ermittelt. Geht man davon aus, dass sich auf einer Oberfläche eine monomolekulare Stickstoffschicht ausbildet, so lässt sich, falls der Platzbedarf eines Moleküls bekannt ist, aus der Menge an adsorbiertem Stickstoff die Oberfläche des Materials berechnen. 5.1.2 Mechanische Charakterisierung Die mechanische Charakterisierung umfasst die Bestimmung der Härte und der Festigkeit. Diese Größen beschreiben die für eine spätere Anwendung wichtigsten mechanischen Eigenschaften einer Keramik. Bestimmung der Härte Als Härte wird der Widerstand bezeichnet, den ein Körper dem Eindringen eines anderen entgegensetzt. Beim Vickers-Härtetest wird eine vierseitige Diamantpyramide mit Flächenwinkeln von 136° in die Probe eingedrückt. Gemessen werden die zwei Diagonalen des Ein28 CHARAKTERISIERUNGSMETHODEN drucks. Die Prüfkraft ist bei der Vickers-Härteprüfung beliebig wählbar, da die Eindruckfläche proportional zu dieser ist. Die Härte H [GPa] berechnet sich aus der Last F [N] und der halben Diagonalen a [µm] der Eindruckfläche zu: H= F 2a 2 Die Vickers-Härte wird zumeist dimensionslos angegeben als HV [HV] und es gilt: mm2 HV = 0,102 ⋅H N Biegebruchfestigkeit Als Methode zur Feststellung der Biegebruchfestigkeit wurde die biaxiale Biegeprüfung nach der EN ISO 6872 durchgeführt. Der Aufbau der Prüfanordnung ist in Abbildung 5-2 dargestellt. Hierfür werden Scheiben mit einem Durchmesser von 15mm und einer Höhe von 2mm gepresst und gesintert und anschließend werden diese Probekörper auf eine Dicke von 1,2 ± 0,2mm planparallel geschliffen. Der erste Schliff erfolgt mit einer Körnung von 46µm; der Endschliff mit 15 µm. 1 2 10 3 9 4 8 5 7 6 Abb. 5-2: 1 Stahlkugel 2 Präzisionskugellagergehäuse 3 oberer Lagergehäusehalter 4 Stange aus gehärtetem Stahl 5 gehärteter auf Präzision geschliffener Stift 6 Stahlkugel auf Auflagescheibe 7 Grundplatte 8 Probekörperhalter 9 drei Abstandhalter 10 obere Platte Prüfanordnung zur biaxialen Biegeprüfung nach EN ISO 6872 29 CHARAKTERISIERUNGSMETHODEN Für die Messung wird die Probe konzentrisch auf die Auflagerkugeln platziert, so dass die Belastung in der Mitte des Probenkörpers erfolgt. Die biaxiale Biegefestigkeit wird für jeden Probekörper nach folgender Formel berechnet: S = -0,2387 P (X-Y)/d² Hierin ist: dabei ist: S: maximale Zugfestigkeit [MPa] P: Gesamtbruchbelastung [N] d: Dicke des Probekörpers [mm] X: (1 + ν) ln(r2/r3)² + [(1 – ν)/2] (r2/r3)² Y: (1 + ν) [1 + ln(r1/r3)²] + (1 – ν) (r1/r3)² ν: Poisson-Zahl; wenn nicht bekannt, wird dieser Wert auf 0,25 gesetzt r1: Radius der Trägerscheibe [mm] r2: Radius des belasteten Bereichs [mm] r3: Radius des Probekörpers [mm] 5.2 Verwendete Edukte In Tabelle 5-2 wird eine Übersicht über die verwendeten Ausgangsmaterialien gegeben. Tabelle 5-3 stellt die Zusammensetzung der eingesetzten Gase vor. Tab. 5-2: Übersicht über die verwendeten Edukte Material Hersteller Charge Molmasse [g/mol] Dichte [g/cm³] Li2ZrO3 ABCR 179213 153,1 3,511) Li2O ALFA AESAR 12057-24-8 29,9 2,011) PMSS ABCR 97B-3813-9H18 - 1,352) SiO 2 ALFA AESAR 7631-86-9 60,1 2,601) ZrO2 TOSOH TZ-3Y Z308531P 123,2 6,05 1) ZrSi2 ALDRICH 33107-129 147,4 4,881) ZrSiO 4 ACCUMET MATERIALS 183,3 4,701) 1) Herstellerangaben 2) HENNIGE98 Tab. 5-3: Übersicht über die verwendeten Gase Gas getrocknete Druckluft Argon Taupunkt: -40°C Argon 5.0 30 KINETIK IM SYSTEM Zr-Si-O 6 Untersuchungen zur Kinetik im System Zr-Si-O 6.1 Thermische Zersetzung von PMSS Um die thermische Zersetzung von PMSS zu untersuchen, wurden thermogravimetrische (TG)-Kurven sowie TA-IR Kopplungen mit Heizraten von 1, 2, 5 bzw. 10 K/min und einer anschließenden Haltezeit von 30 Minuten aufgenommen. Geheizt wurde unter getrockneter Druckluft bis 1000°C. Mit Hilfe dieser Temperaturprofile wurde mit der Kinetik-Software der Firma NETZSCH ein formalkinetisches Modell aufgestellt. Hierzu werden die experimentell ermittelten Daten der Massenänderung in das Kinetik-Programm eingelesen und mit Hilfe der Software kann ein zuvor ausgewähltes Modell automatisch an diese Kurven angefittet werden. 6.2 Oxidationsverhalten von ZrSi2 Die Untersuchungen zur Oxidation des ZrSi2 erfolgten sowohl an Pulvern als auch an daraus hergestellten massiven Formkörpern. 6.2.1 Pulver Der Oxidationsfortschritt an ZrSi2-Pulver lässt sich über die Massenzunahme beobachten. Mit Hilfe von thermogravimetrischen Messungen kann quantifiziert werden, wie viel Massenzunahme bei gegebener Temperatur und Zeit stattgefunden hat. Hieraus lässt sich ein direkter Rückschluss ziehen, inwieweit das ZrSi2 umgesetzt, d.h. oxidiert worden ist. Für die Modellierung der Oxidation wurden isotherme Messungen durchgeführt. Hierfür wurde das Pulver zunächst unter Argon mit 5K/min auf die gewünschte Temperatur geheizt und dort 10 Minuten unter Schutzgas gehalten. Anschließend wurde auf Luftatmosphäre umgestellt und 12 Stunden bei der jeweiligen Temperatur oxidiert. 6.2.2 Massive Formkörper Um ein Konzentrationsprofil bzw. ein Sauerstofftiefenprofil erstellen zu können, musste eine Methode gewählt werden, die ortsabhängige Aussagen über den Sauerstoffgehalt treffen kann. Hierzu können nur Methoden eingesetzt werden, die zum einen Sauerstoff detektieren können und zum anderen ein genügend großes Auflösungsvermögen haben, um in den entstehenden dünnen Oxidschichten ein genaues Profil erstellen zu können. Aus diesen genannten Gründen wurde die Auger-Elektronen-Spektroskopie (AES) gewählt. Um massive Proben zur Verfügung zu haben, an denen das Sauerstofftiefenprofil erstellt werden kann, musste zunächst das ZrSi2-Pulver heißisostatisch gepresst werden. Dabei wurde das Pulver bei 1500°C und 1500bar zu 100% verdichtet. Aus den so gewonnenen Proben wurden Pellets gesägt, die auf einer Seite poliert und anschließend bei unterschiedlichen Temperaturen verschieden lange im Kammerofen unter Luft getempert wurden. Hierfür wurden die ZrSi231 KINETIK IM SYSTEM Zr-Si-O Scheiben in den auf Temperatur gebrachten Ofen auf Al 2O3-Tiegel gelegt, nach der entsprechenden Zeit herausgenommen und abgeschreckt. Die mittels AES gewonnenen Tiefenprofile beschreiben den Oxidationsverlauf in die Probe hinein. Sie werden herangezogen, um ein Modell, das diesen Verlauf beschreibt, aufzustellen. Mit Hilfe dieses Modells können Diffusionskoeffizienten und Aktivierungsenergien berechnet werden. Um den Aufbau der entstehenden Oxidschicht zu klären, wurden an den dichten, polierten und getemperten Proben außerdem Röntgendiffraktometrie- und Raman-Messungen durchgeführt. Mit Hilfe der Röntgendiffraktometrie unter kleinen Winkeln lassen sich die entstandenen kristallinen Phasen in den oberen Mikrometern nachweisen. Mit Hilfe der RamanMessungen wird überprüft, ob zusätzlich amorphe Phasen entstanden sind. 6.3 Sinterverhalten von Keramiken ohne reaktive Komponente Um den Sintervorgang unabhängig von der Oxidation des ZrSi2 zu beobachten, wurde zum einen ein Granulat ohne reaktive Komponente aus PMSS, ZrO2 und SiO 2 hergestellt (ZS) und daraus Pellets uniaxial gepresst; zum anderen wurde reines ZrSiO 4 uniaxial verpresst (ZN). Der Ansatz für ZS wurde so berechnet, dass nach dem Sintern ein Überschuss an SiO 2 vorhanden ist (Tabelle 6-1). Im Dilatometerversuch wurden die ZS-Pellets jeweils mit 2K/min auf verschiedene Endtemperaturen geheizt. Ziel war es, den Zeitpunkt, ab dem der Sinterprozess einsetzt, zu bestimmen. Außerdem sollte analysiert werden, welche Phasen sich bis zu den jeweiligen Temperaturen gebildet haben. Die Entwicklung der Phasen wurde anhand von Röntgenpulverdiffraktogrammen (XRD) analysiert. Die ZN-Pellets wurden mit unterschiedlichen Heizraten auf 1650°C geheizt und die Sinterkurve sowie das Gefüge wurden untersucht. Tab. 6-1: Zusammensetzung der „Modellsubstanzen“, an denen der Sinterprozess und die Phasenbildung beobachtet wurde Anteil an ... [Vol-%] TD [g/cm³] Bezeichnung SiO 2 ZrO2 PMSS ZrSiO 4 ρ grün ρ sinter ZS 32,5 37,5 30,0 - 3,51 4,62 ZN - - - 100,00 4,70 4,70 32 UNTERSUCHUNGEN IM SYSTEM Zr-Si-Li-O 7 Untersuchungen im System Zr-Si-Li-O 7.1 Thermische Zersetzung von PMSS + Li-Phase Um den Einfluss der Zugabe von Li2O bzw. Li2ZrO3 auf die Zersetzung des Binders zu untersuchen, wurde PMSS mit Li2O bzw. Li2ZrO3 im Volumenverhältnis 3:1 gemischt (Tabelle 7-1) und die Reaktion mit Hilfe der Thermowaage beobachtet. Zusätzlich wurden TG-IR gekoppelte Messungen an diesen Gemischen durchgeführt, um die bei der Reaktion entstehenden gasförmigen Abbauprodukte zu bestimmen. Tab. 7-1: Mischungen aus PMSS + Li2ZrO3 (PLZ) bzw. PMSS + Li2O (PLO) Anteil an ... [Vol-%] Bezeichnung Li2ZrO3 Li2O PMSS PLZ 25,0 - 75,0 PLO - 24,7 75,3 7.2 Oxidationsverhalten von ZrSi2 + Li-Phase Um den Einfluss von Li-haltigen Phasen auf das Reaktionsverhalten und die –dauer zu untersuchen, wurden Mischgranulate aus ZrSi2 und verschiedenen Anteilen Li2O bzw. Li2ZrO3 hergestellt (Tabelle 7-2) und ihr Oxidationsverhalten in der Thermowaage untersucht. Das Temperaturprogramm wurde hierfür wie bei reinem ZrSi2 gewählt (vgl. Kapitel 6.2.1). Tab. 7-2: Zusammensetzung der verwendeten Pulvergemische Anteil an ... [Vol-%] Bezeichnung ZrSi2 Li2O Li2ZrO3 MP01401H 98,3 - 1,7 MP02401H 95,9 - 4,1 MP03401H 92,1 - 7,9 MP04401H 85,4 - 14,6 MP04800H 99,0 1,0 - MP01800H 97,5 2,5 - MP02800H 95,0 5,0 - Die Bezeichnung der verwendeten Pulver bzw. Granulate setzt sich aus den ersten beiden Buchstaben, die für Mahlen in der Planetenmühle (MP) stehen, einer laufenden Nummerie- 33 UNTERSUCHUNGEN IM SYSTEM Zr-Si-Li-O rung (z.B. 01), dem Monat der Herstellung (1-9, bzw. O, N, D) und dem Jahr (01 für 2001) sowie dem Anfangsbuchstaben des Herstellers (H für Honnef) zusammen. 7.3 Herstellung einer Li-haltigen ZrSiO4-Keramik 7.3.1 Pulveraufbereitung und Herstellung der Granulate Zur Herstellung der Granulate wurde zunächst das ZrSi2 für 48h mit einer Planetenkugelmühle in Ethanol gemahlen. Hierbei wurde das Verhältnis Kugeln : Pulver : Ethanol von 2:2:1 gewählt. Becher und Mahlkugeln bestehen aus MgO stabilisiertem ZrO2. Das anschließend getrocknete Pulver wurde für weitere 24h mit ZrO2 und Li2ZrO3 mischgemahlen, anschließend aufgemörsert und auf eine Feinheit kleiner 125 µm gesiebt. Im weiteren Verlauf wurde es in Ethanol mit dem Ultra-Turrax suspendiert und das ebenfalls in Ethanol gelöste PMSS zugegeben. Das Lösemittel wurde im Sprühtrockner entfernt (Sprühbedingungen siehe Anhang E). Das so entstandene Sprühgranulat (Probenbezeichnung „SG“) wurde wiederum auf eine Teilchenfeinheit von kleiner 125 µm gesiebt. Die nachfolgende Tabelle 7-3 gibt einen Überblick über die Granulate, die in dieser Arbeit genauer besprochen werden. Die Ansätze wurden auf ein Zr:Si Verhältnis von 0,98 berechnet. Das heißt, dass Silizium im Überschuss vorhanden ist und neben ZrSiO 4 auch SiO 2 in der gesinterten Keramik vorhanden sein wird. Schrumpfungsfreiheit war nicht der vordergründige Aspekt. Es sollte vielmehr zunächst geprüft werden, ob sich dichtgesinterte Lihaltige Keramiken herstellen lassen. Tab. 7-3: Überblick über die hergestellten Keramiken im System Li-Zr-Si-O Anteil an ... [Vol-%] TD [g/cm³] Bezeichnung ZrSi2 ZrO2 Li2ZrO3 PMSS ρ grün ρ sinter SG01401H 35,5 33,6 0,95 30,0 4,16 4,68 SG02401H 34,9 32,7 2,4 30,0 4,13 4,67 SG03401H 34,0 31,2 4,8 30,0 4,08 4,65 SG04401H 32,8 27,8 9,4 30,0 3,98 4,59 Die angegebenen Sinterdichten wurden unter der Annahme, dass sich die Phasenbildung im Teildreieck Li2SiO 3 - ZrSiO 4 - ZrO2 des SiO 2 - Li2O - ZrO2 Phasendiagramms abspielt, berechnet. 7.3.2 Formgebung Die Formgebung der so gewonnenen Granulate erfolgte durch axiales Kaltpressen. Hierzu wurden zur Herstellung von Pellets bzw. zylindrischen Körpern Standardwerkzeuge eingesetzt. Das Granulat wurde bei Raumtemperatur bei Drücken von 400 MPa zum Grünkörper 34 UNTERSUCHUNGEN IM SYSTEM Zr-Si-Li-O verpresst. Das Presswerkzeug wurde mit Stearinsäure geschmiert. Für Proben, die im Kammerofen gesintert wurden, wurden Pellets mit 10mm Durchmesser und Höhen von 1 bis 3mm verwendet, für die Dilatometerversuche Proben mit 6 bzw. 7mm Durchmesser und einer Höhe von ca. 10mm. Für die Biegebruchversuche wurden Scheiben mit 15mm Durchmesser und einer Höhe von ca. 2mm hergestellt. 7.3.3 Reaktionssinterverfahren Anschließend wurde im Reaktionssinterverfahren der Grünkörper zur eigentlichen Keramik umgewandelt. Dieses Verfahren lässt sich in drei Teilbereiche untergliedern. In Anlehnung an [HENNIGE98] wurden zunächst folgende Prozessschritte unterschieden und danach wurde ein Temperaturprogramm standardmäßig festgelegt (vgl. Tabelle 7-4): • Entbindern, d.h. Umsetzung des PMSS bis 800°C • Oxidation des ZrSi2 bis ca. 1350°C • Sintern und Phasenbildung bis 1600°C Die Entbinderung fand in einem Niedrigtemperaturofen unter strömender Luft (5l/min) statt. Der anschließende Oxidations- und Sinterprozess wurde im Hochtemperaturofen ebenfalls unter Luft (5l/min) vorgenommen. Die Entbinderung erfolgte in mehreren Stufen bis 800°C bei langsamen Heizraten von 0,5 bis 2 K/min, das anschließende Sintern erfolgte mit einer Heizrate von 10K/min. Tab. 7-4: Temperaturprogramm zur Herstellung der Li-haltigen Keramiken 1300°C Ofen 1700°C Ofen Heizrate [K/min] Endtemperatur [°C] Haltezeit [h] 0,5 650 12 2 800 6 6 25 ENDE 10 variabel zwischen 4 1300 und 1600 6 25 ENDE 35 UNTERSUCHUNGEN IM SYSTEM Zr-Si-Li-O Eine Übersicht über den Ablauf des gesamten Herstellungsprozesses gibt Abbildung 7-1 ZrSi2 ZrO2 Li2ZrO3 in Ethanol mahlen in Ethanol mischmahlen PMSS in Ethanol lösen Sprühgranulieren GRANULAT Verdichten durch Pressen GRÜNKÖRPER Umsatz des Binders Oxidation des Silizides Sintern KERAMIK Abb. 7-1: Fließbild zur Herstellung von Li-haltigen ZrSiO4-Keramiken 36 ERGEBNISSE & DISKUSSION UMSATZ VON PMSS 8 Kinetische Betrachtungen zum Reaktionssinterprozess im System Zr - Si - O Der Reaktionssinterprozess zur Herstellung schwindungsfreier ZrSiO 4-Keramik kann in drei Teilschritte unterteilt werden. Zunächst wird der Binder thermisch umgesetzt. Im Anschluss daran setzt die Oxidation von ZrSi2 ein und in höheren Temperaturbereichen findet die Phasenbildung und das Sintern statt. Um diesen Prozess im Einzelnen zu dokumentieren und zu verstehen, werden diese Schritte experimentell getrennt und jeweils für sich untersucht. 8.1 Umsatz von PMSS Im untersuchten System wird als Binder PMSS (Polymethylsilsesquioxan) eingesetzt. Dieses Polymer gehört zu der Gruppe der so genannten low loss binder. Dies bedeutet, dass dieser Binder nicht vollständig verbrennt, sondern dass bei der Zersetzung ein Rückstand verbleibt, der mit den übrigen Edukten zur Keramik reagiert. Bei der thermischen Zersetzung von PMSS bleibt SiO 2 als Rückstand übrig. [Si(CH3)O1,5]n à SiO 2 + ... Diese Reaktion wurde mit Hilfe der Thermischen Analyse bzw. TG-IR gekoppelten Messungen untersucht. Der genaue Verlauf dieser Zersetzung wird in Abbildung 8-1 dargestellt. 100 0,25 exotherm 98 0 DSC-Signal 96 -0,25 94 92 -0,75 90 -1 88 DSC in µV/mg Masse in % -0,5 -1,25 86 -1,5 84 TG-Signal -1,75 82 80 0 100 200 300 400 500 600 700 800 -2 900 Temperatur in °C Abb. 8-1: Darstellung einer mit 10K/min geheizten TG-Kurve der Zersetzung von PMSS und dem zugehörigen DSC-Signal 38 UMSATZ VON PMSS Betrachtet man den TG-Kurvenverlauf der an Luft durchgeführten Zersetzung von PMSS, ist deutlich ein mindestens zweistufiger Abbaumechanismus zu erkennen. Die erste Stufe liegt zwischen 200 und 400°C, die zweite schließt direkt an und wird bei 700°C als abgeschlossen angesehen. Verbunden damit findet im Bereich von 400 bis 600°C eine stark exotherme Reaktion statt, die ihr Maximum bei ca. 450°C hat. Des Weiteren lässt sich im DSC-Signal ein endothermer Peak bei ca. 70°C beobachten. Dies ist der Schmelzpunkt von PMSS. Um Aussagen über die gasförmigen Abbauprodukte machen zu können, werden diese mit Hilfe der TG-IR-Kopplung kontinuierlich im IR-Spektrometer erfasst. Die dabei aufgenommenen charakteristischen Schwingungsbande werden über ihre Flächen integriert und man erhält so die Spuren der Abbauprodukte. Abbildung 8-2 stellt diese Spuren dar. Bei ca. 230°C hat der Peak, der die SiO x -Gruppen, d.h. die niedermolekularen Siloxane, repräsentiert, sein Maximum. Diese dampfen unzersetzt aus dem PMSS ab. Zwischen 400 und 600°C hat der Kohlenmonoxid (CO) - Peak sein Maximum, im Anschluss daran lässt sich bis 900°C Kohlendioxid (CO2) nachweisen. Das Freisetzen dieser Gase lässt in Übereinstimmung mit [HENNIGE98] darauf schließen, dass hier die Verbrennung des PMSS stattfindet. Diese Annahme wird ebenfalls durch den ausgeprägten exothermen Peak im DSC-Signal von Abbildung 8-1 gestützt. 30 25 CO2 Absorption 20 SiOx 15 10 5 CO 0 0 200 400 600 800 1000 1200 Temperatur in °C Abb. 8-2: Spuren der gasförmigen Reaktionsprodukte der Verbrennung von PMSS unter Luft Um die thermische Zersetzung von PMSS mathematisch zu beschreiben, wurde ein Softwareprogramm der Firma NETZSCH (NETZSCH Kinetics) herangezogen. Diese Software bietet die Möglichkeit, Reaktionen zu beschreiben und ein formales Modell für sie aufzustellen, so dass Vorhersagen über den Reaktionsverlauf bei vorgegebenen Temperaturprogrammen 39 UMSATZ VON PMSS gemacht werden können. Um ein breites Reaktionsfeld zu betrachten (vgl. Kapitel 3.3), werden vier verschiedene Heizraten gewählt, mit denen PMSS in der TG auf 1000°C geheizt wird (vgl. Abbildung 8-3). Bei den TG-Messungen ändert sich mit steigender Heizrate die Kurvenform der ersten Stufe (Verdampfung) deutlich. Deshalb wird angenommen, dass die niedermolekularen Bestandteile des PMSS unzersetzt verdampfen. Dies wird durch die IRSpektren bestätigt. Da diese Bestandteile bereits neben den höhermolekularen Polymeren im Ausgangsmaterial vorliegen, bleibt als Konsequenz daraus nur ein Modell, das davon ausgeht, dass neben diesen Polymeren noch zwei unterschiedliche niedermolekulare Anteile vorliegen [OPFERMANN2001]. Unterschiedlich heißt hier, dass diese Bestandteile einen unterschiedlichen Dampfdruck besitzen; chemisch können sich diese sehr ähnlich sein. Betrachtet man zusätzlich die Spuren der gasförmigen Abbauprodukte (Abb. 8-2), zeigt sich, dass CO und CO2 nacheinander auftreten. Aus dieser Betrachtung und den vorangegangenen Überlegungen heraus wurde folgendes formales Modell gewählt: A ------> B Verdampfen der niedermolekularen Anteile C ------> D Verdampfen der niedermolekularen Anteile E ------> F ------> G Abbau des Polymers 102 100 98 A B C D E F G Masse in % 96 94 92 10 K/min 90 5 K/min 2 K/min 88 86 1 K/min 84 82 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 Temperatur in °C Abb. 8-3: Experimentelle (schwarze Linien) und modellierte Kurven (Symbole) der thermischen Zersetzung von PMSS an Luft Abbildung 8-3 zeigt den Verlauf der Messungen (durchgezogene Linien) und die Ergebnisse der Berechnungen mit dem angenommenen Modell (Symbole). Wie zu sehen, ist die Anpas40 UMSATZ VON PMSS sungsgüte sehr hoch. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass dieses Modell den tatsächlichen Abbaumechanismus nur sehr vereinfacht darstellt. In der Realität dürften weit mehr Stufen vorliegen als mit der Software modelliert wurden, diese hat aber bisher nicht die Möglichkeiten mehr als vier Stufen zu berücksichtigen. Die Güte dieses formalen Modells sollte nun mit Hilfe der Vorhersagefunktion des Programms überprüft werden. Hierfür wurde zunächst eine einfache Messung, die bereits zur Modellierung herangezogen worden war, vorhergesagt. Abbildung 8-4 zeigt, dass die beiden Kurven, wie zu erwarten war, gut übereinstimmen. 102 100 98 Masse in % 96 94 92 90 88 86 Vorhersage 84 Messung 82 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 Temperatur in °C Abb. 8-4: Vorhersage (Symbol) und Experiment (Linie) einer mit 10K/min geheizten TG - Kurve von PMSS Im Folgenden wurde ein einfaches Temperaturprogramm aufgestellt. Mit diesem wurde zum einen eine Messung in der Thermowaage durchgeführt und zum anderen wurde der Verlauf der Massenänderung von PMSS mit diesem Temperaturprogramm vorhergesagt. Abbildung 8-5 zeigt, dass auch in diesem Fall die Übereinstimmung zwischen Vorhersage und Messung außerordentlich gut ist. Dies fällt insbesondere nach 120 Minuten auf. An dieser Stelle zeigt sowohl die gemessene als auch die berechnete Kurve eine weitere Stufe in der Massenänderung. 41 UMSATZ VON PMSS 1000 100 Temperatur 900 800 700 600 500 90 400 Temperatur in °C Masse in % 95 300 85 Messung 200 Vorhersage 100 80 0 50 100 150 200 250 300 350 400 0 450 Zeit in min Abb. 8-5: Vergleich von der über die Vorhersage mit der tatsächlich durchgeführten Messung Aus den vorgestellten Ergebnissen lässt sich schließen, dass sich das zugrunde liegende Modell durchaus eignet, um die Zersetzung von PMSS formell zu beschreiben und dass sich den einzelnen Reaktionsschritten reale Vorgänge zuordnen lassen. Des Weiteren kann der Reaktionsverlauf bei gegebener Temperaturrampe mit dem verwendeten Programm simuliert werden und somit kann der experimentelle Aufwand geringer gehalten werden. Bei komplexeren Temperaturprogrammen mit mehr Haltezeiten bzw. sich stark ändernden Heizraten zeigte sich jedoch, dass das relativ einfache Modell die thermische Zersetzung von PMSS nicht ausreichend beschreibt. Je nach Komplexität der Temperaturprofile waren die Abweichungen der simulierten Massenänderungen von den experimentell ermittelten beachtlich, so dass man hier an die Grenzen dieses Programmes gestoßen ist. Ebenfalls zeigte sich, dass das Programm nicht geeignet ist, Reaktionsabläufe zu beschreiben, die noch vielschichtiger sind als die Zersetzung von PMSS. Dies zeigte sich bei dem Versuch, ein geeignetes Modell zu finden, das die Oxidation von ZrSi2 beschreibt. Hierfür müssen deshalb andere Wege gefunden werden, die Reaktion mathematisch zu beschreiben. 42 OXIDATION VON ZrSi2 8.2 Oxidation von ZrSi2 Die Oxidation von Zirkondisilizid (ZrSi2) wurde zum einen an Pulvern und zum anderen an massiven Proben untersucht. 8.2.1 Modellierung der Oxidation von ZrSi2 an massiven Proben An massiven, polierten und an Luft verschieden lang getemperten Proben wurden mittels Auger-Elektronen-Spektroskopie (AES) Sauerstofftiefenprofile aufgenommen, die den Oxidationsverlauf in die Probe hinein beschreiben. Diese Tiefenprofile wurden herangezogen, um ein Modell aufzustellen, das deren Verlauf beschreibt. Mit Hilfe dieses Modells werden anschließend Diffusionskoeffizienten und Aktivierungsenergien des Oxidationsprozesses von ZrSi2 berechnet. Sauerstofftiefenprofile an massiven ZrSi2-Proben Abbildung 8-6 zeigt den Sauerstoffverlauf in die Tiefe an jeweils 10 Minuten an Luft ausgelagerten ZrSi2-Pellets. Bei den bei 400°C bzw. 600°C getemperten Proben nimmt der Sauerstoffgehalt kontinuierlich in die Tiefe ab. Die Tiefenprofile der 700°C und 800°C-Proben bilden jeweils ein Plateau im O2-Gehalt aus, das ca. 30 nm bzw. 580 nm tief in die Probe eindringt. 70 60 O 2-Gehalt in at% 50 400°C 600°C 700°C 800°C 40 30 20 10 0 1 10 100 1000 10000 Tiefe in nm Abb. 8-6: Sauerstofftiefenprofile von ZrSi2-Pellets, die jeweils 10 Minuten getempert wurden Abbildung 8-7 zeigt O2-Tiefenprofile, die an Pellets aufgenommen worden sind, die jeweils 360 Minuten getempert wurden. Die 400°C-Probe hat im Vergleich zum 10 minütigen Tempern einen höheren Anfangsgehalt an Sauerstoff und dieser dringt etwa 3 nm tief ein. Es 43 OXIDATION VON ZrSi2 bildet sich aber auch nach 6 Stunden Tempern kein Plateau aus. Anders bei den 600°C bis 800°C behandelten Proben. Bei den 600°C bzw. 700°C-Proben nimmt der Sauerstoffgehalt bis in eine Tiefe von 30 nm bzw. 250 nm kaum ab. Im Anschluss daran geht die Kurve jedoch sehr schnell gegen null. 70 60 O2-Gehalt in at% 50 400°C 600°C 700°C 800°C 40 30 20 10 0 1 10 100 1000 10000 Tiefe in nm Abb. 8-7: Sauerstofftiefenprofile von ZrSi2-Pellets, die jeweils 360 Minuten bei unterschiedlichen Temperaturen getempert wurden Bei der bei 800°C getemperten Probe verhält es sich anders. Es bildet sich bis 110 nm ebenfalls ein Plateau aus. Im Anschluss nimmt der O2-Gehalt leicht ab, schwankt dann jedoch im Tiefenbereich von ca. 1000 bis ca. 6000nm zwischen 25 und 60 at.%. Erklären lässt sich dies anhand von Abbildung 8-8. Hier wird im Querschliff sichtbar, dass sich keine einheitliche Oxidationsfront bildet, sondern dass der stärker oxidierte Bereich verzweigt in die Probe hinein wächst. Da mit einem Probenstrahl von 1µm Durchmesser gemessen wurde, ist in Abbildung 8-7 abwechselnd der Sauerstoffgehalt des oxidierten und des nur teilweise oxidierten Bereichs dargestellt. Abb. 8-8: Wachstum der Oxidschicht an ZrSi2 im Materialkontrast (dunkel oxidierter 10 µm Bereich; hell Matrix (ZrSi2)). Die Probe wurde 6h bei 800°C an Luft getempert 44 OXIDATION VON ZrSi2 Aufstellen des Modells Die Sauerstoff-Tiefenprofile wurden herangezogen, um ein Modell aufzustellen, das deren Kurvenverlauf hinreichend genau beschreibt und mit dessen Hilfe Diffusionskoeffizienten und daraus Aktivierungsenergien für den Oxidationsvorgang berechnet werden können. Betrachtet man die Tiefenprofile (Abb. 8-9) der bei 700°C unterschiedlich lange getemperten Proben, zeigt sich, dass sich diese in zwei Bereiche einteilen lassen. Von der Oberfläche der Probe her gesehen, nimmt der O2-Gehalt zunächst nur sehr schwach ab. Dieser Bereich wird im Folgenden als Plateau bezeichnet. Ab einem deutlich sichtbaren „Knick“ (cK) sinkt die Sauerstoffkonzentration jedoch schnell Richtung einer Nulllinie. Es wird angenommen, dass das Plateau die Diffusion von Sauerstoff in einer neugebildeten Phase (DI ) und der darauffolgende Bereich die O2-Diffusion in ZrSi2 (DII ) beschreibt. Demnach gilt: D I für c > c k DII für c ≤ c k 70 60 O 2-Gehalt in at% 50 40 30 20 20 min 360 min 60 min 10 0 0 100 200 300 400 500 600 Tiefe in nm Abb. 8-9: Sauerstofftiefenprofile der bei 700°C unterschiedlich lange getemperten ZrSi2-Proben Betrachtet werden Profile im Bereich von 600 bis 800°C und Temperzeiten von 20 bis 360 Minuten. Unterhalb dieses Temperaturbereiches lässt sich noch keine neugebildete Phase nachweisen, oberhalb ist die Produktschicht zu dick, um mit den gewählten Abtragsraten des Ar-Strahl vertretbare Messzeiten zu haben. Der Verlauf dieser Sauerstoffkonzentrationsprofile ähnelt Konzentrationsprofilen von Lithium in Blei. Von [STEINER99] wurde dieser Kurvenverlauf modelliert. Das dort aufgestellte Modell wurde für die hier durchgeführten Berechnungen als Grundlage herangezogen. Für die Übertragung dieses Modells auf die eigenen Messkurven wurden zunächst nur die Proben, die 45 OXIDATION VON ZrSi2 bei 700°C für 20, 60 und 360 Minuten getempert wurden, herangezogen, da diese ein deutliches Plateau zeigen (Abb. 8-9). Es sollen die beiden Diffusionskoeffizienten DI und DII bestimmt werden. Hierfür müssen zunächst ck und der zugehörige x-Wert xk bestimmt werden. Die Anfangskonzentration ca wird mit 66 at.% O2, der maximal möglichen Menge Sauerstoff in ZrSiO 4 und SiO 2, immer konstant gewählt. Ebenso wird die Lage des „Knicks“ mit 59,7 at.% ebenfalls konstant gewählt, da sich aus Abbildung 8-9 ablesen lässt, dass sich ab dieser Konzentration der Verlauf der Kurven ändert. In die beiden näherungsweise linearen Bereiche der Profile werden zunächst Regressionsgeraden gelegt (Abb. 8-10). Für den ersten Bereich wird cI so definiert, dass die Gleichung das Konzentrationsgefälle von O2 in der neugebildeten Produktschicht beschreibt. c II stellt mit Hilfe des zweiten Fick´schen Gesetzes die Sauerstoffverteilung in ZrSi2 dar. cI bzw. cII stellen somit die Konzentrationen von O2 in Abhängigkeit von x für die jeweiligen Teilbereiche dar und sind wie folgt definiert: cI = c a − c a − ck xk x x −x k c II = c k − c k erf ( ) 2 DIIt c a = angenommene konstante Konzentration am äußeren Bereich (66%) c k = kritische Konzentrationsgrenze, Wechsel des Diffusionskoeffizienten x k = x-Wert zu c K t = Diffusionszeit Um cII berechnen zu können, muss als erstes die Fehlerfunktion erf gelöst werden. Aus der Errorfunktion-Reihenentwicklung folgt für große x-Werte: erf(x ) = 2 2 x3 x5 (−1)nx 2n+1 x− + − +... + + ... ≅ x 1!3 2 !5 n ! (2n + 1) π π für c II ergibt sich somit: c II = c k − c k x − xk π DII t 46 OXIDATION VON ZrSi2 Daraus folgen die linearen Gleichungen für die Regressionsgeraden: c − ck c I (x ) = c a − a x xk 14243 mI c II ( x ) = c k − c k x − xk π DII t =− ck π DII t 1 424 3 xk x + c k + ck πD t 144244II3 mII BII folglich ist ca − ck xk Steigung von c I : mI = − Steigung von c II : m II = − y-Achsenabschnitt von c II : BII = c k + c k ck π D IIt xk π DII t Die Lösung der drei Gleichungen für die drei Unbekannten xk , DII und c k ergibt: xk = − c a + BII mI − mII 1 m c DII = I ⋅ x k − a tπ − mII mII 2 c k = −m II DII t π Unter der Annahme, dass der Stromerhaltungssatz gilt, ist DI dc I dc = DII II und DI kann dx dx folgendermaßen berechnet werden: c − ck ck DI a = DII xk DII tπ ⇒ DI = DII xk c k (c a − c k ) DII tπ 47 OXIDATION VON ZrSi2 Im Folgenden wird die Durchführung der Modellierung am Beispiel der bei 700°C 60 Minuten lang getemperten Probe dargestellt. Die genauen Daten für alle anderen Temperaturen und Zeiten finden sich im Anhang D. 70 60 y = -0,0543x + 64,215 O2-Gehalt in at% 50 Experiment C1 C2 Linear (C 1) Linear (C 2) y = -1,2329x + 202,74 40 30 20 10 0 0 50 100 150 200 250 300 Tiefe in nm Abb. 8-10: Anlegen der linearen Regressionsgeraden an ein O2-Tiefenprofil Die Werte für mI , mII und BI (vgl. Tabelle 8-1) können direkt aus den Geradengleichungen der Regressionsgeraden aus Abbildung 8-10 abgelesen werden. Tab. 8-1: Ergebnis der Werte, die mit den aufgestellten Gleichungen ermittelt wurden Parameter t [sec] 3600 m I [at.%/nm] -0,054 m II [at.%/nm] -1,233 B [at.%] 202,740 c a [at.%] 66,0 xk [nm] 116,02 c k [at.%] 59,7 Diff-Koeffizienten: DII [nm 2/sec] 2 DI [nm /sec] 0,207 4,707 Zur Modellierung der Kurven werden folgende Gleichungen aufgestellt, mit denen der Verlauf der Messkurven beschrieben werden soll: 48 OXIDATION VON ZrSi2 cI = c a − c a − ck x erf ( ) x k ( t) 2 D t I erf ( ) 2 DI t c II = c k − c k erf ( x − x k ( t) 2 DII t ) Eingesetzt werden die jeweils für die verschiedenen Zeiten berechneten Werte (Tabelle 8-1 bzw. D-2). Die D-Werte stellen hingegen die Mittelwerte aus allen betrachteten Temperzeiten dar, da der Diffusionskoeffizient als zeitunabhängig angesehen wird (vgl. Tab. 8-2). Abbildung 8-11 zeigt die Ergebnisse der Modellierung für die jeweils bei 700°C getemperten Proben. 70 60 O 2-Gehalt in at% 50 Messung 20 min Modell 20 min Messung 60 min Modell 60 min Messung 360 min Modell 360 min 40 30 20 10 0 0 100 200 300 400 500 600 Tiefe in nm Abb. 8-11: Vergleich von experimentellen und berechneten Daten für alle 700°C Messungen Die Abbildungen 8-12 und 8-13 zeigen die Modellierung an Profilen, die bei 600 bzw. 800°C getemperten Proben durchgeführt wurden. Auch hier zeigt sich eine gute Anpassung zwischen gemessenem Tiefenprofil und der modellierten Kurve. Die berechneten Werte finden sich im Einzelnen im Anhang D. 49 OXIDATION VON ZrSi2 80 70 O 2-Gehalt in at% 60 50 Messung 20 min Modell 20 min Messung 360 min Modell 360 min 40 30 20 10 0 0 20 40 60 80 100 120 Tiefe in nm Abb. 8-12: Vergleich von experimentellen und berechneten Daten für alle 600°C Messungen 70 60 O 2-Gehalt in at% 50 Messung 20 min Modell 20 min Messung 60 min Modell 60 min Messung 360 min Modell 360 min 40 30 20 10 0 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 Tiefe in nm Abb. 8-13: Vergleich von experimentellen und berechneten Daten für alle 800°C Messungen Wie in den Tabellen D-3 für die 800°C Messungen im Anhang D zu sehen, stimmen die berechneten Diffusionskoeffizienten nur bedingt überein. Die Abweichung der DII -Werte voneinander ist gering; die der DI -Werte dagegen hoch. Diese große Streuung der DI -Werte kann durchaus daher kommen, dass es bei dem Verlauf der Tiefenprofile nicht möglich ist, vernünftige Regressionsgeraden anzulegen und dass diese nur eine grobe Näherung darstellen können. Da die Anpassungsgüte des Modells an die Messdaten jedoch sehr gut ist, wird zunächst mit dem Mittelwert dieser Daten sowohl modelliert als auch im Folgenden die Aktivierungsenergie berechnet. Um zu veranschaulichen, dass die Abweichungen der ein50 OXIDATION VON ZrSi2 zelnen DI -Werte auf die Berechnung der jeweiligen Aktivierungsenergie einen zu vernachlässigenden Einfluss haben, sind im Anhang D mit den unterschiedlichen DI -Werten der 800°CKurven die Aktivierungsenergien berechnet. Das hier vorgestellte Modell lässt sich unter den angenommenen Voraussetzungen (beide Teilreaktionen sind diffusionskontrolliert) auf den hier untersuchten Temperaturbereich anwenden. Das Anfitten der Kurven gelingt gut und es können auf diesem Weg Diffusionskoeffizienten berechnet werden (Tabelle 8-2). Tab. 8-2: Mittelwerte der DI bzw. DII -Werte bei 600 bis 800°C T [°C] DI [cm²/sec] DII [cm²/sec] 600 1,4 E-15 1,8 E-16 700 3,7 E-14 1,7 E-15 800 1,3 E-11 8,5 E-14 Berechnung der Aktivierungsenergie Für die Berechnung der Aktivierungsenergie wurden die in Tabelle 8-2 dargestellten Mittelwerte herangezogen. Nach der Arrhenius-Gleichung log D = log D0 − E , lässt sich aus der RT Steigung der Geraden direkt die Aktivierungsenergie E berechnen. -10 -11 y = -18,355x + 5,9482 2 R = 0,95 log D I -12 153 kJ/mol -13 -14 -15 -16 0,9 0,95 1 1,05 1,1 1,15 1,2 1/T * 1000 [K-1] Abb. 8-14: Arrhenius-Plot für die Aktivierungsenergien, die sich mit den mittleren DI -Werten berechnen lassen 51 OXIDATION VON ZrSi2 Wie in den Abbildungen 8-14 und 8-15 dargestellt, beträgt die Aktivierungsenergie für den Bereich der Reaktion, der die Diffusion durch die Produktschicht an der Oberfläche der Probe darstellt, EAI = 153 kJ/mol. Der D0-Wert, der über den y-Achsenabschnitt bestimmt wird, ist D0I = 403 cm²/sec. Die Aktivierungsenergie EAII für die Diffusion des Sauerstoffs ins ZrSi2 beträgt 104 kJ/mol; der zugehörige D0II-Wert beträgt 0,183 cm²/sec. -13 y = -12,485x - 1,6114 2 R = 0,9588 -14 log D II 104 kJ/mol -15 -16 -17 0,9 0,95 1 1,05 1,1 1,15 1,2 1/T * 1000 [K-1] Abb. 8-15: Arrhenius-Plot für die Aktivierungsenergien, die sich mit den mittleren DII -Werten berechnen lassen 8.2.2 Modellierung der Oxidation von ZrSi2 an Pulvern Wie in 8.2.1 gezeigt, kann der Oxidationsprozess von ZrSi2 bis 800°C mit Hilfe eines Modells beschrieben werden. Da dieser Weg über AES-Tiefenprofile jedoch äußerst aufwendig und langwierig ist, war ein weiteres Ziel, den Prozess über einfachere experimentelle Arbeiten beschreiben zu können. Deshalb wurde über die Massenänderungen ∆m , die mittels isothermer Messungen in der Thermowaage an Pulvern gewonnen wurden, der Radius des verbleibenden reaktiven ZrSi2-Kerns r(t) berechnet. Für die Berechungen wird vorausgesetzt, dass die Oxidschichtdicke x [µm] mit zunehmender Oxidationszeit wächst. Weiter wird angenommen, dass das eingesetzte Pulver aus kugelförmigen Partikeln besteht. Zu Beginn der Oxidation haben diese Kugeln die Anfangskorngröße d0; diese ist von der verwendeten Pulverqualität und/oder der Vorbehandlung des Pulvers abhängig (Werte in Anhang E; verwendet wurde das Pulver im Anlieferungszustand). Stark vereinfachend wird angenommen, dass dieser d0-Wert dem d50-Wert des eingesetzten ZrSi2-Pulvers (d50 = 2r0) entspricht. Ebenso 52 OXIDATION VON ZrSi2 wird in diesem Modell davon ausgegangen, dass sich der Radius r dieser Partikel während der Oxidation nicht verändert. Demnach berechnet sich die Oxidschichtdicke x(t) zu: x(t) = r0 – r(t) Zur Berechnung des Radius des verbleibenden reaktionsfähigen Feststoffkerns r(t) wird die ~ , die über thermogravimetrische Messungen ermittelt wurde, relative Massenänderung ∆m herangezogen. Gegeben sind die Einwaage m [g], die Dichte ρ [g/cm³], der d50-Wert der Kornverteilung und somit r(t=0) [µm], der Radius der ZrSi2-Partikel zur Zeit t=0 sowie die Massenänderung ∆m(t) zur Zeit t. Unter der Annahme, dass die Reaktion wie folgt abläuft: ZrSi2 + 3O 2 à ZrO2 + 2SiO 2 ergibt sich für die Oxidschichtdicke x(t) folgender Zusammenhang (Herleitung siehe Anhang C): ∆m ⋅ MZrSi 2 x (t) = r (t = 0) ⋅ 1 − 3 1 − 2 ⋅ M SiO + M ZrO − M ZrSi 2 2 2 Gasgrenzschicht Produkt reaktionsfähiger Feststoff c1 c1,g c1(rP) Abb. 8-16: r0 r 0 r r0 Schematische Darstellung einer Gas-Feststoff-Reaktion (schräg: reaktiver Feststoffkern; kariert: Produktschicht) Bei dem auf diese Weise berechneten Modell werden einige, den Prozess stark vereinfacht darstellende, Grundannahmen gemacht. Da die Oxiddicke eines ZrSi2-Partikels hierbei über die Massenänderung bestimmt werden soll, ist zu beachten, dass hierzu nur Körner beitragen, die noch nicht komplett durchoxidiert sind; d.h. Körner, deren Radius größer ist als die berechnete Oxiddicke. Vergleicht man die Partikelgrößenverteilung des eingesetzten ZrSi253 OXIDATION VON ZrSi2 Pulvers (vgl. Anhang E; Pulver im Anlieferungszustand) mit den folgenden Ergebnissen, zeigt sich, dass diese Voraussetzung zum größten Teil gegeben ist und die Berechnungen in ihrer stark vereinfachten Form somit ihre Gültigkeit haben. Trägt man nun die Oxiddicke gegen die Zeit auf, lässt sich eine Aussage über die Geschwindigkeit, mit der der Sauerstoff in die Probe eindringt, machen. Betrachtet man die Kurven aller Messungen im x gegen t – Diagramm (Abb. 8-17) wird deutlich, dass sich diese rein optisch in vier Bereiche einteilen lassen. Zum einen ist die Kurvenform der Messungen von 600 bis 700°C eine andere als die im Bereich 800 bis 1100°C und zum anderen zeigen alle Kurven, insbesondere die oberhalb 800°C, einen steilen Anfangsbereich und einen flachen Verlauf hin zu längeren Oxidationszeiten. Der zeitliche Bereich, in dem der Übergang von einer steilen Steigung hin zu einer flachen stattfindet, variiert stark, deshalb werden im folgenden die Kurven in einen ersten Oxidationsbereich „bis 15 Minuten tempern“ und in einen Bereich „ab 100 Minuten tempern“ eingeteilt. In den folgenden Überlegungen wird die 750°CKurve ausgeschlossen, da diese sich nicht in das oben beschrieben Schema einordnen lässt. Es ergibt sich somit folgende Einteilung für die gemessenen Kurven: a) bis 15 Minuten 600 – 700°C b) bis 15 Minuten 800 – 1100°C c) ab 100 Minuten 600 – 700°C d) ab 100 Minuten 800 – 1100°C 0,60 1100°C 1000°C 0,50 800°C Oxiddicke in µm 0,40 700°C 850°C 900°C 950°C 0,30 750°C 650°C 0,20 600°C 0,10 0,00 0 100 200 300 400 500 600 700 800 Zeit in min Abb. 8-17: Verlauf der Oxidschichtdickenänderungen für alle betrachteten Temperaturen 54 OXIDATION VON ZrSi2 Im Folgenden wird überlegt, ob der Kurvenverlauf des jeweiligen Bereichs einem parabolischen oder linearen Wachstumsgesetz folgt. Die Bereiche a) und b) repräsentieren den Anfangsbereich der Oxidation. Dies entspricht im Modell aus 8.2.1 dem Bereich der Diffusion von Sauerstoff in ZrSi2. Der Verlauf der Sauerstofftiefenprofile dieser Diffusion wird dort parabolisch beschrieben. Deshalb werden analog dazu auch die Bereiche a) und b) zunächst mit einem parabolischen Wachstumsgesetz beschrieben, d.h. es wird x² gegen t aufgetragen. Für den Bereich a) gelingt dies, wie Abbildung D-9 zeigt, sehr gut. Für den Bereich b) findet sich jedoch auf diese Weise keine gute Anfittung der Regressionsgeraden, so dass versucht wird, ob eine höhere Anpassungsgüte durch lineare Auftragung erzielt werden kann. Wie in Abbildung D-10 zu sehen, wird auf diese Weise eine gute Anfittung der Regressionsgeraden erreicht. Die Regressionskoeffizienten haben alle einen Wert von nahezu 1. Ein lineares Zeitgesetz würde u.a. dann seine Berechtigung haben, wenn der Stoffantransport einen Einfluss hat. Da es sich bei den experimentellen Versuchen um die Oxidation von Pulverhaufwerken handelt, ist es durchaus möglich, dass der Sauerstoff nicht schnell genug an jedes einzelne ZrSi2-Korn herantransportiert werden kann. Das hieße, dass der Stoffantransport von O2 an ZrSi2 heran der geschwindigkeitsbestimmende Schritt wäre. Ein weiteres Indiz dafür, dass diese Annahme gerechtfertigt ist, ist die mit 12kJ/mol sehr niedrige Aktivierungsenergie, die für diesen Bereich berechnet wird. Wären die apparativen Bedingungen günstiger (könnte zum Beispiel die Massenänderung an einer Pulvermonolage gemessen werden) als in der Thermowaage, ist zu vermuten, dass die Oxidation einem parabolischen Gesetz folgen würde und der Stoffantransport keinen Einfluss mehr hätte. Die Bereiche c) und d) repräsentieren die Diffusion von Sauerstoff in der entstandenen Produktschicht. Bleibt man dabei, die zeitliche Änderung der Oxiddicke analog dem Modell aus 8.2.1 zu beschreiben, so müssen die Bereiche c) und d) demnach linear beschrieben werden. Dies gelingt, wie Abbildung D-11 und D-12 zeigen, sehr gut. Aus den so aufgestellten x gegen t bzw. x² gegen t Diagrammen (Abbildungen in Anhang D) lässt sich über die Steigung der Geraden direkt die Geschwindigkeitskonstante k ablesen. Diese wird in einem ln k gegen 1/T Diagramm aufgetragen. Aus der Arrhenius-Gleichung ( RT ) ln k = ln A − E lässt sich über die Steigung die Aktivierungsenergie E berechnen. In Tabelle 8-3 werden diese Steigungen bei den entsprechenden Temperaturen aufgeführt. 55 OXIDATION VON ZrSi2 Tab. 8-3: Darstellung der k-Werte Temperatur in °C bis 15 Minuten ab 100 Minuten 600 0,000060 0,000064 650 0,000096 0,000154 700 0,000290 0,000386 800 0,017907 0,000042 850 0,018828 0,000061 900 0,018075 0,000081 950 0,014568 0,000096 1000 0,023530 0,000119 1100 0,019294 0,000238 Die folgenden Abbildungen veranschaulichen die Arrhenius-Plots für die Zeiten „bis 15 Minuten tempern“ (Abb. 8-18) und „länger als 100 Minuten oxidieren“ (Abb. 8-19). -2 -3 12 kJ/mol -4 y = -1,3898x - 2,7901 2 R = 0,2533 ln k -5 -6 -7 -8 110 kJ/mol -9 y = -13,273x + 5,3687 2 R = 0,9339 -10 -11 0,7 Abb. 8-18: 0,8 0,9 1 1/T* 1000 [K-1] 1,1 1,2 Arrhenius-Plot für die Aktivierungsenergien in den ersten 15 Minuten der Oxidation Beide Darstellungen verdeutlichen, dass sich der Prozess zwischen 700 und 800°C unabhängig von den Oxidationszeiten ändert. Bei kurzen Temperzeiten wird bis 700°C mit 110kJ/mol eine höhere Aktivierungsenergie benötigt als bei Temperaturen über 800°C. Die mit 12 kJ/mol sehr niedrige Aktivierungsenergie ist ein Indiz dafür, dass es sich tatsächlich um einen Prozess handelt, bei dem der Stoffantransport von Sauerstoff ans ZrSi2 der geschwindigkeitsbestimmende Schritt ist [SCHANZ2001]. 56 OXIDATION VON ZrSi2 Bei Oxidationszeiten länger als 100 Minuten wird ebenfalls im Bereich bis 700°C eine höhere Energie benötigt, um den Prozess in Gang zu bringen, als bei höheren Temperaturen. -7,5 y = -18,037x + 10,967 2 R = 0,9978 -8 ln k -8,5 y = -7,9318x - 2,7151 2 R = 0,9236 -9 150 kJ/mol -9,5 66 kJ/mol -10 -10,5 0,7 Abb. 8-19: 0,8 0,9 1 1/T* 1000 [K-1] 1,1 1,2 Arrhenius-Plot für die Aktivierungsenergien für Zeiten länger als 100 Minuten 8.2.3 Vergleich der beiden Modellierungen In Kapitel 8.2.2 wurden mit Hilfe eines sehr einfachen Modells, das über TG-Messungen an Pulvern aufgestellt wurde, Zahlenwerte für die Aktivierungsenergien des Oxidationsprozesses von ZrSi2 im Temperaturbereich von 600 bis 1100°C erhalten. Diese sollen nun mit den Daten der Modellierung, die anhand von Sauerstofftiefenprofilen durchgeführt wurde, verglichen werden. Dieses Modell hat im Bereich bis 800°C seine Gültigkeit und die zur Berechnung eingesetzten experimentellen Daten wurden mittels AES – Tiefenprofilen an massiven Proben gewonnen. Abbildung 8-20 stellt nun die gewonnenen Daten im Vergleich dar. Die Graphik soll veranschaulichen, dass der oberflächennahe Bereich der Probe, der die Diffusion durch die Produktschicht beschreibt, vergleichbar ist mit dem Bereich der isothermen Messungen, der die Oxidationszeit länger 100 Minuten beschreibt. Der in den massiven Proben tiefer liegende Bereich, der durch die Diffusion von Sauerstoff in ZrSi2 beschrieben wird, entspricht dem Bereich der isothermen Messungen „bis 15 Minuten Temperzeit“. So dargestellt, lässt sich gut veranschaulichen, wie gut die auf diesen beiden Wegen berechneten Aktivierungsenergien übereinstimmen. 57 OXIDATION VON ZrSi2 70 60 c [at%] 50 40 30 20 10 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Tiefe in nm Modellierung Diffusion in der an massiver Produktschicht Diffusion in ZrSi2 Probe ≤ 800°C 153 kJ/mol 104 kJ/mol am Pulver Ab 100 min Bis 15 min tempern ≤ 700°C 150 kJ/mol 110 kJ/mol ≥ 800°C 69 kJ/mol Abb. 8-20: Stoffantransport 12 kJ/mol Vergleich der über die beiden Modellierungen gewonnenen Aktivierungsenergien Tabelle 8-4 stellt Literaturwerte für die Aktivierungsenergien für die Sauerstoffdiffusion in Zirkonium Modifikationen, Zirkondioxid, sowie Silizium und Siliziumoxid im Vergleich mit den experimentell gewonnenen Daten dar. Tab 8-4: Vergleich der Aktivierungsenergien der O2-Diffusion in den jeweiligen Substanzen in kJ/mol Temperatur [°C] α-Zr β-Zr ZrO2 400 1661) 600 1661) 1) ZrSi2 Produktschicht 1211) 1044) 1534) 1211) 1044) 1534) 1044) 1534) 800 2301) 1211) 1000 1401) Si SiO 2 1211) 301) 1211) 694) 1100 302) 3) 822) 694) 1200 302) 3) 694) 1300 694) 1400 694) KUBASCHEWSKI76 2) SCHAEFFER80 3) FITZER68 4) eigene Arbeit 58 OXIDATION VON ZrSi2 Vergleicht man die Zahlenwerte der für die Produktschicht bis 800°C gewonnenen Aktivierungsenergie mit den Literaturwerten, so liegt der Wert in der Größenordnung der Angaben für die Sauerstoffdiffusion in α-Zr bzw. ZrO2. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass zunächst das Zirkonium oxidiert wird. Für den Temperaturbereich größer 800°C sinkt die erforderliche Aktivierungsenergie deutlich. Der Zahlenwert liegt zwischen den Werten für die O2Diffusion in Silizium und der in SiO 2. Um zu klären, welche Produkte bei der Oxidation entstehen, soll der Aufbau der entstehenden Schicht im Folgenden geklärt werden. 8.2.4 Aufbau der entstandenen Oxidschicht In Abbildung 8-20 ist deutlich zu erkennen, dass die über die unterschiedlichen Modellierungen berechneten Werte für die Aktivierungsenergie EA sehr gut miteinander übereinstimmen. Anhand der Untersuchungen an Pulvern ist zu sehen, dass sich ab einer Temperatur von ca. 800°C der Oxidationsprozess ändert. Dies lässt sich auch mit TG-Messungen darstellen, dort ist ein deutlicher Stopp in der Massenzunahme zwischen 800°C und 1000°C zu beobachten. Abbildung 8-21 zeigt TG-Kurven an unterschiedlich feinen ZrSi2-Pulvern. Zu erkennen ist, dass das Pulver das am längsten gemahlen wurde, bereits bei niedrigeren Temperaturen mit der Oxidation beginnt. Den Stopp in der Massenzunahme zeigen jedoch alle Pulver. Um das sich ändernde Verhalten von ZrSi2 bei höheren Temperaturen zu klären, wurden XRD- und Raman-Messungen an massiven ZrSi2-Pellets durchgeführt. Mittels XRD lassen sich die entstehenden kristallinen Phasen klären; Raman gibt zusätzlich Auskunft über Schwingungen von chemischen Verbindungen, die auch amorph vorliegen können. 60 Massenzunahme in % 50 40 10 h gemahlen 30 20 4 h gemahlen 10 Anlieferungszustand 0 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 Temperatur in °C Abb. 8-21: TG-Kurve von ZrSi2 mit einer Heizrate von 5K/min 59 OXIDATION VON ZrSi2 Röntgendiffraktogramme Die Röntgenaufnahmen wurden an jeweils 12 Stunden unter Luft getemperten zuvor heißisostatisch gepressten und polierten ZrSi2-Pellets mit streifendem Einfall unter einem Winkel von 4° aufgenommen. Abbildung 8-22 zeigt, dass bei 600°C nur ZrSi2 beobachtet wird. Die Oxidphasen haben sich bisher nur in geringen Mengen gebildet oder liegen amorph vor, so dass sie sich nicht nachweisen lassen. Ab 800°C zeigt sich tetragonales ZrO2 und metallisches Silizium. SiO 2 findet sich nicht. Es wird angenommen, dass dieses bei dieser Temperatur amorph vorliegt. Ab 1000°C tritt zusätzlich monoklines ZrO2 auf. Ab 1200°C zeigt sich erstmals SiO 2 in Form von Cristobalit. Bei einer bei 1500°C getemperten Probe findet sich immer noch ZrO2 in der tetragonalen wie auch monoklinen Modifikation sowie Cristobalit. Deutlich treten jetzt auch die Peaks für ZrSiO 4 auf. Die gebildete Oxidschicht ist so dick, dass ZrSi2 mit den Messungen unter streifendem Einfall nicht mehr nachzuweisen ist. Diese Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass sich zunächst eine Schicht aus ZrO2 und amorphem SiO 2 bildet. Da der Sauerstofftransport durch das amorphe SiO 2 behindert ist, wird die Diffusion der geschwindigkeitsbestimmende Schritt (vgl. Kapitel 3.2) und es oxidiert zunächst nur das reaktivere Zirkonium weiter zu ZrO2 und Silizium bleibt übrig. Erst ab Temperaturen oberhalb 1100°C wird entweder die amorphe Schicht aufgebrochen oder es findet eine Umkristallisation statt, so dass der Sauerstoff wieder ungehindert in die Probe eindringen kann. Bei 1500°C findet deutlich sichtbar die Phasenbildung von Zirkon statt. 1395 1195 ZrSiO4 ZrSiO 4 ZrSiO 4 995 ZrO2mkl. ZrO2mkl. ZrO 2mkl. ZrO2tetr. Lin (Cps) SiO2 795 ZrSiO4 ZrSiO4 ZrSiO 4 ZrSiO4 ZrSiO4 ZrSiO4 1500°C ZrO ZrO2mkl. ZrO 2mkl. 2tetr. ZrSi2 SiO 2 ZrO2mkl. ZrSi2 ZrSi2 ZrO2mkl. ZrSi2 ZrSi2 ZrO2tetr. ZrSiO4ZrSi 2 1200°C 595 ZrSi2 ZrO2mkl. Si 395 ZrSi2 Si ZrO 2tetr. ZrO 2tetr. ZrSi2 ZrO 2mkl. ZrO2mkl. ZrO2tetr. Si ZrO2tetr. 1000°C ZrSi2 ZrSi 2 ZrSi2 Si Si ZrSi2 ZrO 2tetr. ZrSi 2 800°C 195 ZrSi 2 ZrSi2 ZrSi2 ZrSi2 ZrSi2 ZrSi2 ZrSi2 ZrSi2 ZrSi2 600°C -5 10 20 30 40 50 60 70 2 - Theta - Skala Abb. 8-22: Röntgenbeugungsdiagramme an ZrSi2-Pellets 60 OXIDATION VON ZrSi2 Raman – Messungen Um die Vermutung, dass sich amorphes SiO 2 bildet, das den Sauerstofftransport in die Probe behindert, zu bestätigen, wurden an den gleichen Proben Raman – Spektren aufgenommen. Wie Abbildung 8-23 darstellt, zeigt sich bei den 800 bis 1200°C Probe jeweils ein Silizium Peak. Dies bestätigt die XRD-Messungen, bei denen ebenfalls Silizium nachgewiesen wurde. Die bei den 800 und 1000°C Pellets auftretenden Peaks bei 280 cm-1 lassen sich laut [ANDREWS92] SiO 2 zuordnen. Die Bande bei 950 cm-1 lässt sich nach [ROTTER2001] Si-OBindungen zuordnen. Si-Si 0,14 1200°C Intensität [cps/mW] 0,12 0,1 1000°C Si-O X 0,08 800°C 0,06 Si-Si 0,04 700°C 0,02 600°C 0 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 Wellenzahl [1/cm] Abb. 8-23: Raman-Spektren an gehippten ZrSi2-Pellets Da sich diese Phasen nicht in den XRD-Messungen zeigen, wird davon ausgegangen, dass es ich um amorphe Phasen handelt. Die Bildung von amorphem SiO 2 würde die Hinderung des Sauerstofftransports in die Probe hinein erklären, da sich dadurch der Diffusionskoeffizient ändert. Sobald die Temperatur über 1000°C hinaus geht, entsteht jedoch kristallines SiO 2 und dieses lässt den Sauerstoff besser in die Probe eindringen. 61 OXIDATION VON ZrSi2 Abbildung 8-24 soll die Ergebnisse der vorangegangenen Untersuchungen schematisch darstellen. Die Abbildung stellt die Oberfläche eines ZrSi2-Partikels bei unterschiedlichen Temperaturen und einer Oxidationszeit von 12 Stunden dar. Ebenfalls sollte die Volumenzunahme, die bei der Oxidation stattfindet, veranschaulicht werden. 25°C 600°C 800°C 1000°C 1200°C 1500°C ZrSi2 ZrO2 tetr. & mkl. + SiO2 ZrO2 tetr. + Si + SiO x amorph ZrSiO 4 + ZrO2 tetr. & mkl. + SiO2 ZrO2 tetr. & mkl. + Si + SiOx amorph Abb. 8-24: Schalenmodell der Oxidation von ZrSi2 Alle in diesem Kapitel vorgestellten Untersuchungen ergänzen sich somit zu einem Bild, so dass abschließend festgestellt werden kann, dass die Oxidation von ZrSi2 unter Luft ein komplexer Vorgang ist, bei dem zunächst das Zirkonium zu ZrO2 aufoxidiert wird. Das verbleibende Silizium liegt dabei zunächst elementar vor (Abb. 8-23). Ab 800°C beginnt die Oxidation des Silizium und es bildet sich zu Beginn eine amorphe SiOx -Phase. Erst ab einer Temperatur von 1200°C liegt SiO 2 kristallin als Cristobalit vor und ab 1500°C setzt die Phasenbildung von ZrSiO 4 ein. 62 PHASENBILDUNG UND SINTERPROZESS 8.3 Der Sinterprozess von Keramiken ohne reaktive Komponente Um die Phasenbildung von ZrSiO 4 unabhängig von der Oxidation des ZrSi2 zu beobachten, wurde ein Granulat ohne reaktive Komponente aus ZrO2, SiO 2 und Binder (ZS) hergestellt und Pellets daraus uniaxial gepresst. Um auch den Effekt der Phasenbildung auszuschließen und nur den reinen Sintervorgang zu beobachten wurde des weiteren reines ZrSiO 4 (ZN) ebenfalls uniaxial verpresst. 8.3.1 Phasenbildung Im Dilatometerversuch wurden die Pellets jeweils mit 2K/min auf verschiedene Endtemperaturen geheizt. Ziel war es, zu analysieren welche Phasen sich bis zu den jeweiligen Temperaturen bilden und den Zeitpunkt, ab dem der Sinterprozess einsetzt, zu bestimmen. Abbildung 8-25 zeigt anhand der Dilatometermessung bis 1550°C das Sinterverhalten. Bei ca. 580°C ist eine Verlängerung der Probe um gut 1 % festzustellen, direkt im Anschluss schrumpft sie wieder um insgesamt ca. 2%. In diesem Temperaturbereich findet unter anderem die Phasenumwandlung von Tiefquarz zu Hochquarz statt. Diese ist mit einer theoretischen Volumenänderung von 0,8 % verbunden [BAUMGART84]. Da mit Y2O3 kubisch teilstabilisiertes ZrO2 eingesetzt wird, findet bereits bei 550°C die Umwandlung von der monoklinen in die tetragonale Phase statt. Diese ist mit einer Volumenabnahme von 4 % verbunden. Das ausgeprägte Maximum im Längenverlauf lässt sich vermutlich dadurch erklären, dass sich diese beiden Effekte überlagern. Tatsächlich ist der Absolutwert des Peaks größer als der eigentliche Effekt sein würde. 2 Temperatur in °C 0 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 Längenänderung in % -2 -4 -6 -8 -10 -12 Abb. 8-25: Relative Längenänderung einer ZS-Probe im Dilatometerversuch bis 1550°C 63 PHASENBILDUNG UND SINTERPROZESS Die Phasenumwandlung von SiO 2 und ZrO2 zu ZrSiO 4 ist mit einer theoretischen Volumenabnahme von ca. 13% verbunden (vgl. Anhang E). Ab ca. 1100°C ist eine deutliche Längenabnahme von 11% zu beobachten. Die Längenzunahme, die zwischen 1400°C und 1500°C zu beobachten ist, ist ein Anzeichen dafür, dass sich der Hochquarz in Cristobalit umwandelt [BAUMGART84]. Diese Phasenumwandlung ist mit einer Volumenzunahme von 15% verbunden. Bildet man die 1. Ableitung über der Dilatometerkurve, lassen sich zwei Wendepunkte auf der Kurve bestimmen. Der erste liegt bei ca. 1160°C der zweite bei 1285°C. Die Entwicklung der Phasen wurde anhand von Röntgenpulverdiffraktogrammen (XRD) analysiert. Anhand der XRD-Aufnahmen in Abbildung 8-26 lässt sich die Phasenentwicklung dokumentieren. Zu beobachten ist, dass bei 500°C Tiefquarz sowie tetragonales bzw. monoklines ZrO2 auftreten. Da Zirkonoxid verwendet wurde, das mit Y2O3 dotiert ist, findet die Phasenumwandlung von monoklinem zu tetragonalem ZrO2 bereits bei 550°C statt. Der Reflex der kubischen Phase findet sich auch bereits bei niedrigen Temperaturen, da das verwendete ZrO2-Pulver kubisch teilstabilisiert war. Ab 1500°C ist deutlich Zirkonsilikat (ZrSiO 4) zu finden. Die Reaktion ist jedoch nicht vollständig abgeschlossen, da sich sowohl Cristobalit als auch ZrO2 noch nachweisen lässt. 600 500 ZrSiO4 ZrSiO4 ZrO2 kub. ZrSiO4 ZrO2 Lin (Cps) 400 ZrSiO 4 ZrO2 tetr. Cristobalit ZrSiO4 ZrO 2 mkl. ZrSiO4 ZrSiO4 ZrSiO4 ZrSiO4 ZrSiO4 ZrSiO4 ZrSiO4 ZrSiO4 300 1500°C ZrO2 kub. β -SiO2 200 ZrO2 tetr. ZrO2 tetr. ZrO2 tetr. ZrO2 tetr. ZrO 2 mkl. 1100°C ZrO2 tetr. 100 ZrO2 tetr. ZrO2 mkl. ZrO2 tetr. ZrO2 mkl. α-SiO 2 α-SiO2 ZrO2 mkl. 500°C 0 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 2 - Theta - Skala Abb. 8-26: XRD-Spektren des Phasenbestands einer ZS-Probe bei verschiedenen Temperaturen 64 PHASENBILDUNG UND SINTERPROZESS 16 4,5 geometrische Dichte 14 4,3 4,1 12 10 3,7 8 3,5 3,3 6 Dichte in g/cm³ Totale Porosität in % 3,9 3,1 4 Hg-Porosität 2 0 800 2,9 2,7 900 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600 2,5 1700 Temperatur in °C Abb. 8-27: Darstellung der Dichte- bzw. Porositätsänderung in Abhängigkeit von der Temperatur Abbildung 8-27 zeigt den Verlauf der Dichte und der offenen Porosität in Abhängigkeit von der Temperatur. Die Dichte nimmt ab 1100°C deutlich zu, dies entspricht dem Zeitpunkt, ab dem sich im Verlauf der Messkurve eine deutliche Längenabnahme nachweisen lässt und zudem der erste Wendepunkt auf der Kurve bestimmt wurde. Die Porosität nimmt ab diesem Punkt zudem deutlich ab. Zwischen 1400 und 1500°C nimmt die Dichte noch einmal leicht ab. Dies könnte mit der Phasenbildung von Cristobalit zusammenhängen. Der anschließende Anstieg der Dichte hängt mit dem eigentlichen Sinterprozess zusammen. Abbildung 8-28 zeigt Gefügeaufnahmen von Bruchflächen im Grünzustand (links) und im gesinterten Zustand bei 1500°C der ZS-Proben. Die Probe im Grünzustand zeigt ein homogenes Gefüge ohne größere Agglomerate. Auch die gesinterte Probe zeigt ein feines homogenes Gefüge mit vielen feinverteilten Poren, die einen Durchmesser von unter 1µm haben. Abb. 8-28: Gefügeaufnahme von Bruchflächen im Sekundärelektronenbild einer ZS-Probe im Grünzustand (links) und einer bei 1500°C gesinterten Probe (rechts) 65 PHASENBILDUNG UND SINTERPROZESS 8.3.2 Sinterprozess Abbildung 8-29 zeigt den Verlauf der Dilatometerkurve einer mit 2K/min geheizten ZN-Probe. Es soll veranschaulicht werden, ab welcher Temperatur der Sinterprozess einsetzt. Auffällig ist der scheinbar negative Ausdehnungskoeffizient der Probe. Da diese Messung jedoch reproduzierbar war, wird davon ausgegangen, dass es sich um einen apparativ bedingten Effekt handelt. Es könnte sein, dass hier die nur wenig verdichtete Grünprobe durch den Andruck des Dilatometerstempels so zusammengedrückt wird, dass dieser Effekt die thermische Ausdehnung, die zu Beginn der Messung zu erwarten wäre, überlagert. Ab 1200°C ist eine deutliche Längenabnahme zu beobachten. Bestimmt man hier ebenfalls die 1. Ableitung, so findet sich im Verlauf der Messkurve nur ein Wendepunkt, der bei 1395°C liegt. Vergleicht man dies mit der Lage der Wendepunkte der ZS-Probe, so wird deutlich, dass das Sintern bei reinem ZrSiO 4 ca. 100 bis 200°C später beginnt als bei Proben, die aus ZrO2 und SiO 2 hergestellt wurden. Temperatur in °C 0 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 -2 -4 Längenänderung in % -6 -8 -10 -12 -14 -16 -18 Abb. 8-29: Sinterkurve von axial gepresstem ZrSiO4 bis 1650°C In Abbildung 8-30 wird die Dichte gegen die Temperatur aufgetragen. Zum einen handelt es sich um Proben, die bis zu den jeweiligen Temperaturen mit 2K/min geheizt und dort für 30 Minuten gehalten wurden; deren Dichte wurde geometrisch ermittelt. Zum anderen wurde die Dichte in Abbildung 8-28 anhand der Messergebnisse im Dilatometerversuch nach folgender Formel berechnet: ρ t = ρ g /[1 − (∆L L 0 )]3 Beide Kurven stimmen von ihrem Verlauf her sehr gut überein. 66 PHASENBILDUNG UND SINTERPROZESS 4,5 95 90 4 85 3,5 75 % TD Dichte in g/cm³ 80 70 3 65 60 2,5 geometrische Dichte berechnete Dichte 55 % TD 2 400 600 800 1000 1200 1400 1600 50 1800 Temperatur in °C Abb. 8-30: Temperaturabhängigkeit der Dichte Ab 1200°C ist eine deutliche Zunahme im Dichteverlauf zu beobachten. Dies stimmt gut mit dem Beginn der Längenabnahme über ein. Zwischen 1300 und 1650°C nimmt die Dichte sehr stark zu. Insgesamt ist diese aber mit 86% (geometrisch bestimmt) bzw. 93% (berechnet) theoretischer Dichte sehr niedrig. Dies ist ein Zeichen für die schlechte Sinteraktivität des reinen ZrSiO 4-Pulvers. Die Abbildungen in 8-31 zeigen das Grüngefüge einer polierten ZrSiO 4-Probe (links) sowie diese Probe nach dem Sintern bei 1600°C (rechts). Vergleichbar dem Grüngefüge der ZSProbe aus Abbildung 8-27 zeigt sich auch hier ein homogenes Gefüge ohne auffällige Agglomerate oder Poren. Betrachtete man dagegen das Bild der gesinterten Probe, so zeigen sich große Poren im Gefüge, die einen Durchmesser von bis zu 5µm haben. Die ZS-Probe wies dagegen ein homogenes Gefüge mit vielen feinverteilten Poren auf. Abb. 8-31: Gefügeaufnahme an Schliffen im Sekundärelektronenbild einer Probe im Grünzustand (links) und einer bei 1600°C gesinterten Probe (rechts) 67 PHASENBILDUNG UND SINTERPROZESS Diese Tatsache und die Vermutung, dass der Sinterprozess bei reinem ZrSiO 4 erst etwa 100 bis 200°C später einsetzt als bei dem Granulat aus ZrO2, SiO 2 und Binder lässt die Vermutung aufkommen, dass reines ZrSiO 4 keine besonders gute Sinteraktivität hat. Vergleicht man diese Ergebnisse mit der thermischen Analyse eines Keramikgranulates mit reaktiver Komponente aus [HENNIGE98], so zeigt sich auch hier eine erste Längenänderung ab 1100°C, eine sehr starke Abnahme der Ausdehnung jedoch erst ab 1550°C. Die Ergebnisse ergänzen sich demnach gut. 68 MATERIALOPTIMIERUNG 9 Materialoptimierung im System Zr - Si - Li - O 9.1 Grundlegende Untersuchungen Wie in Kapitel 4.2 beschrieben, reagiert ZrO2 mit SiO 2 unter Zugabe von Li2CO3 bereits bei 900°C zu ZrSiO 4 [POLEZHAEV65]. Aus dieser Überlegung heraus wurde die Eignung Lithiumhaltiger Phasen als Zuschlagstoffe zu der bisher beschriebenen schrumpfungsfreien ZrSiO 4Keramik am Beispiel von Li2O und Li2ZrO3 getestet. Li2CO3 wurde nicht eingesetzt, da der Massenverlust beim Zersetzen des Karbonats dem Effekt der Schwindungsfreiheit entgegenwirkt. Die grundlegenden Untersuchungen dienen dazu, das Verfahren zur Herstellung der Li-haltigen Keramik festzulegen und die geeigneten Edukte auszuwählen sowie deren Eigenschaften vorzustellen. Hierzu wurden zunächst Pulvermischungen aus PMSS und verschiedenen Anteilen Li2O bzw. Li2ZrO3 hergestellt, sowie Gemische aus ZrSi2 und den entsprechenden Li-haltigen Phasen. Es wurde dabei darauf geachtet, dass der berechnete Molanteil Lithium in der gesinterten Keramik bei den Lithiumoxid-Ansätzen ungefähr denen der Lithiumzirkonat-Ansätze entspricht. 9.1.1 PMSS + Li-haltige Phase An den Mischungen aus PMSS und Li2O bzw. Li2ZrO3 wurden TG-IR gekoppelte Messungen durchgeführt. PMSS + Li2O Abbildung 9-1 stellt den Verlauf der Massenänderung, das DSC-Signal, sowie die Spuren der zugehörigen IR-Spektren der Abspaltungsprodukte beim Aufheizen von PMSS + Li2O dar (analog der Zersetzung von reinem PMSS in Kapitel 8.1). Die Proben wurden hierfür jeweils mit 5K/min auf 1000°C geheizt. Bis 400°C nimmt die Masse der Probe kaum ab. Ab 450°C bis hin zu 650°C nimmt diese sogar stark zu. Erst ab 700°C ist eine starke Massenabnahme auf 87% der Ausgangsmasse zu verzeichnen. Im DSC-Signal findet sich bei ca. 70°C ein endothermer Peak. Dieser entspricht dem Schmelzpunkt von PMSS. Ein weiterer auffälliger endothermer Peak liegt bei 720°C. Bei 405, 416 und 536°C treten deutliche exotherme Signale auf. Betrachtet man im Vergleich dazu die Spuren der gasförmigen Abbauprodukte, so fällt auf, dass hier bei den gleichen Temperaturen Maxima in den Spuren zu finden sind. Die exothermen Peaks bei 405 und 416°C passen genau auf die Maxima im Kurvenverlauf der Methan (CH4) Spur. Der stark endotherme Peak im DSC-Signal bei ca. 720°C ist verbunden mit einem sehr stark ausgeprägtem Maximum im Verlauf der CO2-Spur. Vergleicht man diese Ergebnisse mit den Untersuchungen an reinem PMSS (siehe Kapitel 8.1), so weisen die kaum vorhandene Massenabnahme bei niedrigen Temperaturen sowie das Fehlen eines deutlichen Maximums der 69 MATERIALOPTIMIERUNG SiO X-Spur bei der Li-haltigen Probe darauf hin, dass die Anwesenheit von Li2O die niedermolekularen Anteile des PMSS chemisch verändert hat. Betrachtet man die Spuren der gasförmigen Abbauprodukte von reinem PMSS (Abb. 8-3) bei ca. 450°C, so sieht man, dass dies der Punkt ist, ab dem CO bzw. CO2 freigesetzt werden. Bei reinem PMSS ist dies mit einer Massenabnahme verbunden, da das Gas aus der Probe entweicht. Bei der PMSS + Li2O Mischung nimmt bei dieser Temperatur die Masse stark zu und bei den gasförmigen Abbauprodukten findet sich vergleichsweise wenig CO2. Der CO2Peak tritt erst bei einer Temperatur von 700°C auf. Hier nimmt zudem die Masse stark ab. Im DSC-Signal zeigt sich bei dieser Temperatur ein deutlicher endothermer Peak, der genau mit der Schmelztemperatur von Li2CO3 zusammenfällt [HOLLEMANN95]. Dies führt zu der Annahme, dass CO2, das bei der thermischen Zersetzung von PMSS entsteht, in Anwesenheit von Li2O zur Karbonatisierung führt. Dies verhindert zunächst das Abdampfen des Kohlendioxid. Ist die Schmelztemperatur des Karbonats erreicht, kommt es zu der starken Massenabnahme, die mit einem ausgeprägten CO2-Peak in den Spuren der IR-Spektren der Spaltprodukte verbunden ist. 104 0,6 722.9°C 102 0,4 70.4°C DSC-Signal Masse in % 98 443.1°C 0,2 DSC in µV/mg 100 0 96 -0,2 94 -0,4 92 404.7°C -0,6 90 416.1°C 88 TG-Signal -0,8 535.8°C 86 0 100 200 300 400 500 600 700 800 9 -1 1 0 0 01 0 9 8 Intensität 900 CO 8 2 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3 RSiO 2 C H 2 4 1 1 CO 0 0 eeeeeeeee 10 2 0 0 4 0 0 6 0 0 8 0 0 0 1000 Temperatur in °C Abb. 9-1: TG- & DSC-Signal sowie Spuren der IR-Spektren der thermischen Zersetzung von PMSS + Li2O 70 MATERIALOPTIMIERUNG PMSS + Li2ZrO3 In Abbildung 9-2 ist das Ergebnis der Messungen, die an PMSS + Li2ZrO3 Mischungen stattgefunden haben, dargestellt. Der TG-Kurvenverlauf ähnelt dem von reinem PMSS, da ebenfalls zwei Abbaustufen zu beobachten sind. Die Masse nimmt bis auf 92% der Einwaage ab. Damit ist die Massenabnahme wesentlich geringer als bei reinem PMSS. Es finden sich jedoch auch hier, wenn auch deutlich weniger, Spuren niedermolekularer Anteile. Demnach werden auch bei Zugabe von Li2ZrO3 weniger niedermolekulare Polymere freigesetzt. Sie scheinen wie bei der Zugabe von Li2O chemisch verändert zu werden. Wie bei reinem PMSS und bei der Mischung mit Lithiumoxid findet sich auch hier bei 70°C der endotherme Peak im DSC-Signal. Vergleicht man den Verlauf des DSC-Signal mit den Spuren der Abbauprodukte, so lässt sich auch hier eine gute Übereinstimmung der jeweiligen Maxima finden. Der schwach exotherme Peak bei ca. 500°C stimmt mit dem Maximum der CO-Spur überein. Die beiden folgenden exothermen Peaks bei 600 und 650°C decken sich mit den „Spitzen“ im CO2-Signal. 1 0 1 0,2 1 0 0 0,1 9 9 -0,1 9 7 Masse in % 0 9 6 -0,2 9 5 -0,3 DSC in µV/mg D S C - S i g n a l 9 8 9 4 -0,4 9 3 TG-Signal -0,5 9 2 9 1 0 2 0 0 400 6 0 0 C O 9 Intensität 8 0 0 2 -0,6 1 0 0 0 10,0 9,0 8 8,0 7 7,0 6 6,0 5 5,0 4 4,0 3 3,0 RSiO 2 C H 1 eeeeeeeeeee 1 0 2,0 4 1,0 C O 0 0,0 0 200 4 0 0 600 8 0 0 1 0 0 0 Temperatur in °C Abb. 9-2: TG- & DSC-Signal sowie Spuren der IR-Spektren der thermischen Zersetzung von PMSS + Li2ZrO3 71 MATERIALOPTIMIERUNG 9.1.2 ZrSi2 + Li-haltige Phase Abbildung 9-3 zeigt den Massenverlauf bei der Oxidation von reinem ZrSi2 im Vergleich zu Mischungen mit 1 bis 4 mol% Li2O. Das bereits in Kapitel 8.2.4 (Oxidation von ZrSi2) beschriebene Plateau in der Massenzunahme von ZrSi2 zwischen 800 und 1200°C verschwindet mit zunehmendem Anteil an Li2O. Die Oxidation scheint bei den höheren Li-Anteilen bereits bei 1100°C abgeschlossen. 60 MP04800H MP01800H MP02800H 50 Massenzunahme in % ZrSi2 40 30 20 10 0 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 Temperatur in °C Abb. 9-3: Massenzunahme von reinem ZrSi2 im Vergleich zu Mischgranulaten aus ZrSi2 und Li2O Abbildung 9-4 zeigt die Massenänderung von ZrSi2 + Li2ZrO3. Auch hier, wie bereits bei der Zugabe von Li2O, zeigt sich ein Verschwinden des Plateaus in der Massenänderung mit zunehmendem Gehalt an Li2ZrO3. Ebenfalls wird bei höheren Li2ZrO3-Gehalten ab 1100°C keine Massenänderung mehr beobachtet, die Oxidation kann als abgeschlossen angesehen werden. Zudem fällt auf, dass mit zunehmendem Li-Anteil die beobachtete maximale Massenzunahme abnimmt. Dies lässt sich damit erklären, dass je mehr Lithium-haltige Phase zugegeben wurde, desto geringer ist der ZrSi2-Anteil und nur dieser ist es, der zur Massenzunahme beiträgt. Bei den gezeigten Kurven fällt dies auf, da nicht die Umsatzkurven dargestellt sind, sondern die prozentuale Massenänderung bezogen auf die Gesamteinwaage und nicht nur den ZrSi2-Anteil. 72 MATERIALOPTIMIERUNG 70 MP02401H 60 MP03401H MP04401H Massenzunahme in % 50 MP01401H ZrSi2 40 30 20 10 0 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 Temperatur in °C Abb. 9-4: Massenzunahme von reinem ZrSi2 im Vergleich zu Mischgranulaten aus ZrSi2 und Li2ZrO3 Die grundlegenden Untersuchungen zum System Li-Zr-Si-O haben gezeigt, dass die Verwendung von Li2ZrO3 als Li-haltige Phase erfolgversprechend ist, da dieses das Abbauverhalten von PMSS nur geringfügig verändert und zudem die Oxidation von ZrSi2 dahingehend verändert, dass sich je nach Anteil an Li2ZrO3 kein Plateau mehr in der Massenaufnahme zeigt. Des Weiteren ist die Oxidation bereits bei 1100°C abgeschlossen. 9.2 Herstellung der Keramik Die im Folgenden beschriebenen Untersuchungen wurden an vier verschiedenen Li2ZrO3haltigen Ansätzen durchgeführt. 9.2.1 Charakterisierung des Granulates Die Herstellung des Granulates erfolgt durch Entfernen des Lösemittels einer ethanolischen Suspension aus mischgemahlenem Pulver und PMSS. Dies geschieht im allgemeinen durch Sprühtrocknung, bei geringen Mengen kann das Lösemittel auch mit Hilfe eines Rotationsverdampfers abgezogen werden. Die Teilchengrößenverteilung im fertigen Granulat ist am Beispiel von SG04401H in Abbildung 9-9 dargestellt. Im REM-Schliffbild (Materialkontrast) wird der Aufbau der Granulatkörner veranschaulicht. Zu erkennen ist, dass diese aus den feingemahlenen Pulvern der eingesetzten Edukte zusammengesetzt sind. Das Granulat besteht aus annähernd sphärischen Vollpartikeln. Die Größe der Granulatpartikel variiert dabei von 10µm bis 100 µm Durchmesser. Der d50-Wert liegt dabei bei 30 µm (vgl. Abbildung 9-9, rechts). 73 Volumenanteil in % MATERIALOPTIMIERUNG 1 Abb. 9-9: 10 100 Granulatgröße in µm 1000 REM-Schliffbild (Materialkontrast) und Kornverteilung des SG04401H-Granulates Abbildung 9-10 zeigt die Massenänderung von zwei unterschiedlichen Sprühgranulaten. SG01401H enthält 0,95 Vol-% und SG04401H 9,4 Vol-% Li2ZrO3. Beide Granulate wurden mit 5K/min auf 1550°C geheizt. Die Massenzunahme, d.h. die Oxidation, des SG01 Granulates setzt bereits bei 400°C ein, die des Granulates mit dem höheren Lithium-Anteil erst bei 500°C. Im Temperaturbereich von 800 bis 1000°C ist bei SG01401H ein Stopp in der Massenaufnahme zu beobachten. Damit verhält es sich annähernd wie ein lithiumfreies Sprühgranulat. Bei ca. 1400°C ist die Massenzunahme und damit die Oxidation abgeschlossen. Das Granulat mit 9,4 Vol-% Lithiumzirkonat zeigt dagegen durchgehend eine Massenzunahme, die bereits bei gut 1000°C abgeschlossen ist. Die theoretische Massenzunahme der Granulate liegt bei 25,2% für SG01401H bzw. bei 24,2% für SG04401H. Diese Werte werden mit 21,0% (SG01) bzw. 20,5% (SG04) Massenzunahme nicht ganz erreicht. Dies kann daran liegen, dass das ZrSi2 bereits während des Mahlprozesses leicht voroxidiert worden ist. 74 MATERIALOPTIMIERUNG 125 SG04401H 120 Masse in % SG01401H 115 110 105 100 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 Temperatur in °C Abb. 9-10: TG-Kurven der Massenänderung der Sprühgranulate SG01401H und SG04401H 9.2.2 Einfluss der Formgebung Als Formgebungsverfahren zur Herstellung der Grünkörper wurde Trockenpressen gewählt. Die Pressbarkeit des Granulates spielt bei der Herstellung von Formkörpern eine große Rolle. Der Verdichtungsdruck darf dabei nicht zu hoch gewählt werden, um die typischen Pressfehler wie Abschieferung oder Ausbrüche zu vermeiden. Abbildung 9-11 zeigt den Zusammenhang zwischen theoretischer Gründichte, Pressdruck und offener Porosität der Grünkörper. Die Dichte wurde geometrisch ermittelt. Die Porosität wurde mit Hilfe von HgPorosimetrie bestimmt. Wie zu erwarten, nimmt mit steigendem Pressdruck die Dichte zu und die Porosität ab. Da bei Drücken oberhalb 400 MPa jedoch die Proben beim Entbindern deutliche Rissbildung zeigen, werden die für die nachstehenden Versuche verwendeten Proben mit einem Pressdruck von 400 MPa hergestellt. Zu vermuten ist, dass der Einfluss von Li2ZrO3 das PMSS dahingehend verändert, dass der Effekt als Presshilfsmittel zu wirken, insoweit verloren geht, dass Pressfehler auftreten. Diese werden jedoch aufgrund des hohen Polymeranteils erst nach dem Entbindern sichtbar. 75 MATERIALOPTIMIERUNG 82 26 81 25 80 Dichte 24 % TD 78 23 77 22 76 Porenanteil 75 Porenanteil in Vol-% 79 21 74 20 73 72 150 200 250 300 350 400 450 500 19 550 Pressdruck in MPa Abb. 9-11: Pressdruckkurve des Sprühgranulates SG04401H In Abbildung 9-12 ist ein Sekundärelektronenbild eines mit 400 MPa aus SG04401H gepressten Grünkörpers dargestellt. Zu erkennen ist, dass die Probe keine sichtbaren Pressfehler aufweist. Abb. 9-12: Sekundärelektronenbild eines Grünkörpers aus SG04401H 76 MATERIALOPTIMIERUNG 9.2.3 Der Reaktionssinterprozess Zur Herstellung fehlerfreier, dichter Keramiken muss ein geeignetes Temperaturprogramm gewählt werden. Hierbei kann zwischen drei Schritten im Reaktionssinterprozess unterschieden werden: Entbindern der Formkörper Oxidationsprozess Phasenbildung und Sinterbereich Das Entbindern der Grünkörper erfolgt langsam, um die Entstehung von Rissen im Bauteil zu vermeiden. Wie die in Abbildung 8-1 dargestellte thermische Analyse zeigt, liegt die Temperatur, bei der die Pyrolyse von PMSS fast vollständig abgeschlossen ist, bei knapp 700°C. Bei der Entbinderung kommt es, wie in Kapitel 8.1 gezeigt, zur Freisetzung von niedrigmolekularen Anteilen und zur Zersetzung der hochmolekularen Polymere. In diesem Bereich darf also nicht zu schnell geheizt werden, damit Rissbildung vermieden wird. Deshalb wurden die Proben zumeist mit 0,5 K/min auf 650°C geheizt und 12 Stunden bei dieser Temperatur gehalten. Anschließend wurden sie langsam mit 2 K/min auf 800°C geheizt. Im weiteren Verlauf des Reaktionssinterprozesses ist es wichtig, dass sich Oxidations- und Sinterprozess wenn möglich nicht überschneiden. 14 1600 SG03401H 12 SG04401H SG02401H SG01401H 1400 10 1200 1000 6 4 800 2 600 Temperatur in °C Längenänderung in % 8 0 400 -2 200 -4 -6 0 200 400 600 800 1000 0 1200 Zeit in min Abb. 9-13: Relative Längenänderung der verschiedenen Li-haltigen Granulate; geheizt wurde jeweils mit 5K/min auf 1500°C 77 MATERIALOPTIMIERUNG Abbildung 9-13 zeigt den Kurvenverlauf der relativen Längenänderung der unterschiedlichen Sprühgranulate. Alle Proben zeigen bis 800°C eine deutliche Längenausdehnung sowie zwei Stufen der Längenabnahme. Je nach Granulat und somit je nach Lithium-Anteil sind diese Stufen mehr oder weniger ausgeprägt und setzen, je höher der Li-Gehalt ist, bei immer niedrigeren Temperaturen ein (vgl. Tabelle 9-1). Tab. 9-1: Daten zu den Dilatometermesskurven der verschiedenen Sprühgranulate Granulat Längenabnahme relative % theoretische erste Stufe zweite Stufe Längenänderung Sinterdichte SG01401H 1000 – 1200°C ab 1450°C + 3% 75,88 SG02401H 950 – 1100°C ab 1350°C + 2% 78,25 SG03401H 850 – 950°C ab 1300°C - 2% 87,62 SG04401H 800 – 900°C ab 1050°C - 4% 94,07 Die Längenzunahme bis 800°C entspricht dem Temperaturbereich, in dem die Oxidation des ZrSi2 erfolgt (vgl. Abbildung 9-4). Wie bereits bei [POLEZHAEV65] beschrieben, ist die Reaktion von ZrO2 und SiO 2 zu ZrSiO 4, die normalerweise bei 1500°C stattfindet, nach Zugabe von 3-5% Li2CO3 bereits bei 900°C abgeschlossen. Wie Röntgendiffraktometrie-Messungen zeigen (vgl. Abbildung 9-15), findet sich auch nach Zugabe von Li2ZrO3 bereits bei Temperaturen unterhalb 1500°C ZrSiO 4. Die Bildung dieser Phase aus ZrO2 und SiO 2 ist mit einer Längenabnahme verbunden (vgl. Kapitel 8.3). Aus diesen beiden Gründen wird davon ausgegangen, dass es sich bei der ersten Stufe der Längenänderung um die Effekte der Phasenbildung von ZrSiO 4 handelt. Auf diese Weise wird deutlich, dass mit steigendem Li-Anteil die Temperatur abnimmt, bei der die Phasenbildung einsetzt. Der zweiten Stufe der Längenabnahme wird der eigentliche Sinterprozess zugeordnet. Auch hier wird deutlich, dass der Beginn dieser Stufe direkt mit dem Li-Gehalt der Probe zusammenhängt. Je höher der Li-Anteil, desto niedriger die Anfangstemperatur des Sinterprozesses. Betrachtet man die jeweils erzielten Sinterdichten, wird deutlich, weshalb die Längenänderungen der Ansätze so unterschiedlich sind. Die Keramiken sind bei geringen Li-Anteilen nicht lange genug oder bei zu niedrigen Temperaturen gesintert worden. Durch Zugabe von Li2ZrO3 ist es demnach gelungen, den Oxidationsprozess, die Phasenbildung und den Sinterprozess weitestgehend zu trennen. Dieser Effekt wird um so deutlicher je mehr Li-Anteil dem Granulat zugegeben wurde. Auffällig ist zudem, dass diese drei Effekte in einem so engen Temperaturbereich liegen und trotzdem nacheinander stattfinden. Die Festlegung der Temperaturparameter erfolgte mittels der thermischen Analyse und wurde bereits in Kapitel 7 vorgestellt. 78 MATERIALOPTIMIERUNG Abbildung 9-14 veranschaulicht den kompletten Reaktionssinterprozess anhand der relativen Längenänderung. Hierbei wurde ausschließlich darauf geachtete, eine möglichst dichte, porenfreie Keramik herzustellen. Die Prozessdauer bzw. die Schwindungsfreiheit waren kein Kriterium. Im Vergleich zum standardisierten Sinterprogramm aus [HENNIGE98] ist jedoch bereits hier eine deutliche Zeitverkürzung von 120 auf 50 Stunden gelungen. 1400 14 12 1200 10 8 6 800 4 Temperatur 2 600 dL/Lo in % Temperatur in °C 1000 0 400 -2 -4 200 -6 Längenänderung 0 -8 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 Zeit in min Abb. 9-14: Relative Längenänderung einer Probe aus SG04401H während des Reaktionssinterprozesses Das Maximum im Kurvenverlauf der Längenänderung bei 800°C kann wiederum in Zusammenhang gebracht werden mit dem Einsetzen der Phasenbildung von ZrSiO 4. Der eigentliche Sinterprozess setzt bei knapp 1100°C ein. Die Phasenentwicklung der SG04401H-Keramik während des Reaktionsinterprozesses wurde mit Hilfe von XRD-Messungen untersucht. Als Problem stellte sich dabei heraus, dass die entstehenden Li-haltigen Phasen meist amorph vorliegen und dementsprechend nicht mittels Röntgendiffraktometrie beobachtet werden können. Lithium lässt sich zudem nicht mit Hilfe von EDX-Analysen nachweisen, deshalb kann nur über die Entwicklung der anderen Phasen eine Aussage gemacht werden. Abbildung 9-15 veranschaulicht die Phasenentwicklung anhand von Diffraktogrammen, die an Proben aufgenommen wurden, die bis zu unterschiedlichen Endtemperaturen geheizt wurden. Am auffälligsten dürfte hierbei sein, dass sich bereits bei 1000°C Zirkon (ZrSiO 4) nachweisen lässt. 79 MATERIALOPTIMIERUNG 2000 1800 1600 ZrSiO4 1400 ZrSiO4 Lin (Cps) 1200 ZrSiO4 ZrSiO 4 ZrSiO4 ZrSiO 4 ZrO2tetr. ZrSiO4 ZrSiO4 ZrSiO4 1300°C 1000 ZrSiO4 ZrO2tetr. ZrSiO4 ZrSiO4 ZrSiO 4 ZrSiO4 ZrO2tetr. ZrSiO4 ZrSiO4 1200°C 800 ZrSiO4 ZrO2tetr. ZrSiO4 SiO2 600 ZrSiO4 ZrSiO4 ZrO2tetr. ZrSiO4 ZrSiO4 ZrO2 tetr. ZrSiO4 1000°C ZrO2tetr. ZrO2tetr. ZrO2mkl. ZrO2 tetr. ZrO 2tetr. ZrO2tetr. 800°C 400 ZrO2mkl. ZrO2tetr. ZrSi2 ZrSi2 tetr. tetr. ZrSi2 ZrO2 ZrSi 2 ZrO2 ZrO2tetr. 600°C 200 Li2 ZrO3 ZrO2mkl. ZrO2 tetr.ZrSi2 ZrSi2 ZrO2 tetr. ZrO2tetr. ZrSi2 ZrSi2 Li2ZrO3 ZrSi2 ZrO2tetr. ZrSi2 ZrSi 2 400°C 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 2 - Theta - Skala Abb. 9-15: Diffraktogramme der Phasenentwicklung in SG04401H-Keramik 9.3 Eigenschaften der Keramik 9.3.1 Physikalische und chemische Eigenschaften Die Ergebnisse der Röntgendiffraktometrie lassen sich im Gefügebild bestätigen. Abbildung 9-16 zeigt die Materialkontrastaufnahme einer bei 1300°C gesinterten SG04401H-Keramik. Die graue Matrix besteht ausschließlich aus ZrSiO 4. Die hellen Phasen bestehen aus ZrO2, die dunklen aus SiO 2. Wie Lithium in den Phasen verteilt ist oder ob es an den Kornrändern vorliegt, lässt sich auf diese Weise nicht klären, da Lithium als Element in der EDX-Analyse nicht nachgewiesen werden kann. Abb. 9-16: REM-Bild einer bei 1300°C gesinterten SG04401HKeramik (Materialkontrast) 80 MATERIALOPTIMIERUNG Neben der chemischen Zusammensetzung der Keramik und dem Gefüge ist noch die Kristallitgröße von Interesse, da hierdurch die Festigkeit beeinflusst wird. Laut [SALMANG82] ist im Allgemeinen die Festigkeit der Keramik geringer, je größer die Körner im Sintergefüge sind. Deshalb wurde die Keramik thermisch geätzt und unter dem REM die Kristallitgröße ausgemessen. Abbildung 9-17 veranschaulicht das Korngefüge in der bei 1300°C gesinterten Keramik. Mit einer durchschnittlichen Korngröße von 2-3 µm kann eine mechanisch feste Keramik hergestellt werden. Ungeklärt bleibt, ob es sich bei den Zwischenräumen um Poren handelt oder ob diese mit einer Glasphase gefüllt sind. Für die Glasphase spricht, dass in Abbildung 9-16 im Schliff kaum Poren zu sehen sind. Da beide Proben mit dem gleichen Temperaturprogramm behandelt wurden, sollte man vermuten, dass sie auch ein ähnliches Gefüge zeigen. Abb. 9-17: Korngröße einer bei 1300°C gesinterten SG04401H- Keramik Das Verfahren zur Herstellung der Formkörper wird im Hinblick auf eine möglichst hohe Dichte optimiert, da u.a. die Dichte direkt mit den mechanischen Eigenschaften verknüpft ist. In Abbildung 9-18 sind die erzielten Dichten und Porositäten für verschiedene Sinterbedingungen graphisch dargestellt. Die angegebenen theoretischen Sinterdichten (vgl. Tab. 9-2) wurden unter der Annahme berechnet, dass sich die Phasenbildung im Teildreieck Li2SiO 3 – ZrSiO 4 – ZrO2 des SiO 2 – Li2O – ZrO2 Phasendiagramms abspielt (vgl. Abb. 4-6). Die Dichte wird im Allgemeinen über die geometrische Methode bestimmt. 81 MATERIALOPTIMIERUNG 96 SG01401H SG02401H SG03401H SG04401H 94 92 90 % TD 88 86 84 82 80 78 76 1600; 4 1650; 4 1650; 6 1550; 4 1600; 4 1650; 4 1300; 4 1400; 4 1500; 4 1300; 4 1300; 6 1400; 4 Sintertemperatur in °C; Sinterzeit in h 18 SG01401H SG02401H SG03401H SG04401H 16 14 Porenanteil in Vol-% 12 10 8 6 4 2 0 1600; 4 1650; 4 1650; 6 1550; 4 1600; 4 1650; 4 1300; 4 1400; 4 1500; 4 1300; 4 1300; 6 1400; 4 Sintertemperatur in °C; Sinterzeit in Stunden Abb. 9-18: Porositäten und Dichten der verschiedenen Ansätze im Vergleich Die Dichten der Keramiken liegen zwischen 83 und 95 %TD. Die mittels Hg-Porosimetrie bestimmte offene Porosität liegt je nach Ansatz und Sintertemperatur und –zeit zwischen 1 und 20 Vol-%. Tab. 9-2: Dichten der verschiedenen Ansätze in Abhängigkeit vom Li-Gehalt [mol%] [g/cm³] Li2O in der gesinteren Keramik theor. Sinterdichte SG01401H 0,4 4,68 SG02401H 1,0 4,67 SG03401H 2,0 4,65 SG04401H 4,0 4,59 Bezeichnung Auf Grund dieser Ergebnisse wurde für die weiteren Untersuchungen der mechanischen Eigenschaften das Granulat SG04401H zu Herstellung der zu untersuchenden Proben ausge82 MATERIALOPTIMIERUNG wählt, da mit diesem hohe Sinterdichten bei sehr niedriger offener Porosität bei einer Sintertemperatur von 1300°C erzielt werden können. Dies kommt dem Ziel, die Sintertemperatur und somit auch die Prozesszeit herabzusetzen, sehr entgegen. 9.3.2 Mechanische Eigenschaften Die Festigkeit der Pellets wurde über biaxiale Biegeprüfung wie in 5.1.2 beschrieben, ermittelt. Die Weibull-Festigkeit σ0 der SG04401H Keramik liegt demnach bei 291MPa. Abbildung 9-19 stellt die Weibull-Verteilung der Festigkeiten, die über biaxiale Biegebruchmessungen bestimmt wurden, dar. 1,5 1 0,5 ln(ln(1/(1-P))) 0 y = 11,946x - 67,767 2 R = 0,9308 -0,5 -1 -1,5 -2 -2,5 -3 -3,5 4,5 4,75 5 5,25 5,5 5,75 6 6,25 6,5 lnσ Abb. 9-19: Weibull-Verteilung der Festigkeiten, die über biaxiale Biegebruchmessungen an SG04401H Keramik bestimmt wurden Im Hinblick auf die potentielle Anwendung im Dentalbereich ist es interessant, die Festigkeitswerte der Li-haltigen Keramik mit denen kommerziell erhältlicher Dentalkeramiken (Empress 2 und In-Ceram) und mit denen der Li-freien, schrumpffreien Keramik zu vergleichen. 83 MATERIALOPTIMIERUNG Tab. 9-3: Mechanische Eigenschaften der Li-haltigen Keramik im Vergleich zur herkömmlichen schwindungsfreien Keramik und einer Dentalkeramik Werkstoff Li-haltige Keramik (SG04401H) schwindungsfreie Keramik In-Ceram Alumina (Vita) 1) 2) Empress 2 (Ivoclar) 2) 1) KLOSE2001 2) Weibullfestigkeit Weibull-Modul σ0 [MPa] m [-] 291 12 299 14 290 5 289 9 FISCHER2000 Tabelle 9-3 zeigt, dass im Vergleich zu diesen Keramiken das SG04401H Granulat gute Ergebnisse liefert und der Einsatz dieser Keramik auch im Dentalbereich durchaus erfolgversprechend erscheint. Die Härte der Keramik wurde an polierten SG04401H-Proben bestimmt. Die Sinterdichte der verwendeten Proben betrug 94%TD. Es wurde die HV10 Härte bestimmt. Dabei ergab sich ein Wert von 927 ± 17. Damit liegt die Härte der Keramik über dem Wert von 800 ± 20 HV, der von [HENNIGE98] bei der Li-freien, schwindungsfreien Keramik ermittelt wurde. 84 SCHLUSSFOLGERUNG SCHLUSSFOLGERUNG Ziel der Arbeit war die Untersuchung und Optimierung des Reaktionssinterprozesses schwindungsfreier ZrSiO 4-Keramik. Dieses Ziel wurde über zwei Routen verfolgt: Ø Untersuchung der am Reaktionssinterprozess beteiligten Mechanismen Ø Beeinflussung des Reaktionssinterprozesses durch Li-haltige Zusätze Zum Verständnis des Reaktionssinterprozesses wurde dieser experimentell in drei Teilschritte zerlegt: Ø Thermische Zersetzung von PMSS Ø Oxidation von ZrSi2 Ø Phasenbildung von ZrSiO 4 und Sintern der Keramik Voruntersuchungen zeigten, dass es für die Prozessführung wichtig ist, dass das Ausbrennen des Binders kontinuierlich vor sich geht. Zudem sollte der Prozess bei beginnender Oxidation möglichst vollständig abgeschlossen sein. Im Rahmen der Arbeit gelang es, die thermische Zersetzung von PMSS formalkinetisch zu beschreiben, so dass Vorhersagen über den Verlauf dieser komplexen Reaktion bei gegebenem Temperaturprogramm möglich wurden. Ebenso konnten die entstehenden Abbauprodukte identifiziert und den jeweiligen Reaktionsstufen zugeordnet werden. Auf diesem Weg ist es nun möglich, den Reaktionsverlauf bei Wahl einfacher Temperaturprogramme vorherzusagen, so dass eine Zeitersparnis durch den Wegfall experimenteller Arbeiten erreicht werden konnte. Durch Erweiterung der formalkinetischen Berechnungen auf mehrere Reaktionsstufen, würde es möglich werden, den Prozess auch für komplexere Temperaturführungen vorhersagen zu können. Den kinetischen Prozess der Oxidationsreaktion von ZrSi2 zu ZrSiO 4 und SiO 2 zu verstehen, war ein weiteres Ziel dieser Arbeit. Diese Reaktion konnte durch Aufnahme von Sauerstofftiefenprofilen an massivem ZrSi2 modelliert werden. Es gelang, ein Modell aufzustellen, das den Oxidationsfortschritt im Temperaturbereich bis 800°C beschreiben kann. Mit Hilfe dieses Modells konnte gezeigt werden, dass bei der Oxidation zwei Diffusionsprozesse eine Rolle spielen. Zum einen ist dies die Diffusion von Sauerstoff durch eine entstandene Produktschicht und zum anderen die Diffusion von O2 ins ZrSi2. Mit Hilfe der Modellierung ist es außerdem möglich, Diffusionskoeffizienten und Aktivierungsenergien dieser beiden Diffusionsprozesse zu berechnen. Für die Diffusion durch die Produktschicht beträgt der D0-Wert 403 cm²/sec und die Aktivierungsenergie 153 kJ/mol. Für die Diffusion von Sauerstoff in ZrSi2 lauten die Werte: D0 = 0,183 cm²/sec bzw. EA = 104 kJ/mol. Die so gewonnenen Ergebnisse konnten durch Untersuchungen an Pulvern und anschließender Modellierung mit 86 SCHLUSSFOLGERUNG diesen Daten noch untermauert und bis in einen Temperaturbereich von 1100°C erweitert werden. Beide Methoden zeigen dabei sehr gute Übereinstimmungen. Im Laufe der durchgeführten Untersuchungen zeigte sich, dass der Aufbau der entstehenden Produktschicht einen entscheidenden Einfluss auf das Oxidationsverhalten des ZrSi2 hat. Die daraufhin durchgeführten Untersuchungen der Oberflächen von ZrSi2 bei unterschiedlichen Temperaturen zeigten, dass sich zwischen 800 und 1000°C eine amorphe SiO x -Phase bildet. Diese hemmt die weitere Sauerstoffaufnahme. Erst ab 1200°C wird die amorphe Phase in kristallines SiO 2 in Form von Cristobalit umgewandelt und die Oxidation kann ungehindert weitergehen. Erst wenn diese bei ca. 1500°C abgeschlossen ist, setzt die Phasenbildung von ZrSiO 4 ein. An einer Modellsubstanz, die aus ZrO2, SiO 2 und Binder besteht, konnte die Phasenbildung während des Sinterns unabhängig vom Oxidationsprozess beobachtet werden. Im Verlauf der Dilatometerkurven sind die Effekte der Umwandlung von Tief- in Hochquarz zu beobachten. Des Weiteren kann eine Aussage über den Sinterbeginn getroffen werden. Im Verlauf der Dilatometermesskurve lassen sich zwei Wendepunkte bestimmen. Der erste liegt bei ca. 1160°C der zweite bei 1285°C. An Presslingen aus reinem ZrSiO 4 konnte unabhängig von der Oxidation und Phasenbildung ebenfalls das Sintern dokumentiert werden. Die Längenabnahme der Probe setzt bei 1200°C ein. Der Wendepunkt auf dieser Dilatometerkurve liegt bei 1395°C. Vergleicht man die Lage der Wendepunkte dieser beiden Ansätze, so wird deutlich, dass reines ZrSiO 4 später zu sintern beginnt als Proben aus ZrO2 + SiO 2, wo zunächst ZrSiO 4 aus ZrO2 und SiO 2 entsteht. Ziel dieser Arbeit war unter anderem, das Verfahren hinsichtlich der Prozesszeiten zu optimieren. Dabei ist es von Vorteil, die Phasenbildung von ZrSiO 4 in Bereiche niedrigerer Temperaturen zu bringen. Dies kann zum Beispiel über Mineralisatoren erreicht werden. Da sich laut Literatur Li2CO3 als geeignet herausgestellt hat, die Phasenbildung von Zirkonsilikat aus ZrO2 und SiO 2 bei geringeren Temperaturen stattfinden zu lassen und da die Li-haltigen Phasen Li2O und Li2ZrO3 bereits für Keramiken eingesetzt werden, wurden diese beiden auf ihre Eignung als Zusatzstoff getestet. Das System wurde demnach von einem ternären auf ein quaternäres erweitert. Zunächst wurde der Einfluss der Li-haltigen Phase auf PMSS bzw. ZrSi2 im Einzelnen untersucht. Hierbei zeigte sich, dass Li2O nicht geeignet ist, da die Zersetzungsprodukte der thermischen Reaktion von PMSS mit Li2O reagieren. Es kommt zu einer Karbonatisierung, die das Entbindern erschwert. Das Schmelzen des Karbonats ist eine so heftige Reaktion, dass die Proben dabei zerreißen. Diese Probleme ergaben sich beim Einsatz von Li2ZrO3 nicht. Beide Li-haltigen Phasen zeigen einen vergleichbaren Einfluss auf die Oxidation des 87 SCHLUSSFOLGERUNG ZrSi2: die Reaktion setzt laut Thermogravimetrie zwar nicht bei niedrigeren Temperaturen ein, ist jedoch, je nach Li-Anteil, bereits bei 1100°C abgeschlossen. Zusätzlich zeigte sich, dass durch Zusatz der Li-haltigen Phase der Stopp in der Massenzunahme verschwindet, d.h. es findet eine kontinuierliche Oxidation statt. Die Keramik, die aus ZrSi2, ZrO2, Li2ZrO3 und PMSS hergestellt wurde, weist mit einer Biegebruchfestigkeit von 291 MPa, einem Weibull-Modul von 12 und einem HV10-Wert von 927 vergleichbar gute mechanische Eigenschaften wie die herkömmliche schwindungsfreie ZrSiO 4-Keramik auf. Ihr Vorteil ist, dass sie bereits bei 1300°C gesintert werden kann. In dieser Arbeit wurde primär das Augenmerk auf eine dichte, porenfrei Keramik gelegt, so dass die Schwindungsfreiheit bisher nicht erfüllt wurde. Das System hat aber das Potential, dies durch Variation der Zusammensetzung und Einstellung der Gründichte durch den Pressdruck zu erreichen. Dadurch dass die Sintertemperatur und somit auch die Prozesszeit deutlich herabgesetzt werden konnte, wird der Einsatz der Keramik für industrielle Zwecke äußerst interessant. Aus wissenschaftlicher Sicht ist es von Interesse, auf welche Weise das Lithium auf den Oxidationsprozess Einfluss nimmt und wie die entstehende Oxidschicht in diesem Fall aufgebaut ist. Auch dürfte es sehr interessant sein, zu untersuchen, ob und wenn ja in wie weit, andere chemische Zusätze einen Einfluss auf die entstehende Oxidschicht haben. Resümee Im Rahmen dieser Arbeit wurde zum einen das Reaktionssinterverfahren zur Herstellung schwindungsfreier, oxidkeramischer Mikroformteile im System Zr-Si-O detailliert untersucht. Zum anderen wurde dieses Verfahren um eine neue Komponente, eine Li-haltige Phase, erweitert. In der vorliegenden Arbeit wurde dieser Reaktionssinterprozess experimentell in seine Einzelschritte zerlegt. Dabei gelang es, ein formalkinetisches Modell für die Zersetzung des Binders PMSS aufzustellen und damit eine Vorhersage für den Verlauf dieser Zersetzung bei gegebenem Temperaturprogramm zu treffen. Die Oxidation von ZrSi2 wurde bis 800°C an Sauerstofftiefenprofilen an massiven Proben modelliert und auf diesem Weg wurden Diffusionskoeffizienten und Aktivierungsenergien für diesen Prozess berechnet. Die so gewonnenen Ergebnisse ließen sich anhand von Modellierungen an Umsatzkurven von ZrSi2-Pulvern bestätigen und der Temperaturbereich konnte bis 1100°C erweitert werden. An den massiven Proben wurden des weiteren Röntgendiffraktometrie- und Raman-Messungen vorgenommen, mit deren Hilfe der Aufbau der entstehenden Oxidschicht geklärt werden konnte. Die Phasenbildung und der Sinterprozess wurden mit Hilfe von XRD- und Dilatometer-Messungen und Gefügebildern dokumentiert, so dass die Phasenentwicklung beschrieben werden konnte und ein Zusammenhang zwischen Dichte und Längenänderung beschrieben wurde. 88 SCHLUSSFOLGERUNG Die Zugabe von Li2ZrO3 zum bestehenden System zeigte gute Ergebnisse, so dass es gelungen ist, eine Keramik herzustellen, die bei 1300°C sintert und eine hohe Dichte von 95 %TD und eine offene Porosität kleiner 1Vol-% hat. Das Material zeichnet sich außerdem durch gute mechanische Eigenschaften wie einer Festigkeit von 290 MPa und einer Härte von 927 ± 17 HV aus. 89 ANHANG ANHANG A A Literatur [ANDREWS92] L. Andrews, M. McCluskey; Journal of Molecular Spectroscopy 154 (1992), 223 [ASKELAND96] D.R. Askeland; Materialwissenschaften (1996), Spektrum, Heidelberg [BALE89] C.W. Bale; Bulletin of Alloy Phase Diagrams 8 (1989), 45-50 [BAUMGART84] W. Baumgart; Process mineralogy of ceramic materials (1984), Enke, Stuttgart [BEYERS86] R. Beyers, R. Sinclair; Proceedings of the Electrochemical Society 86 (1986), 1-3 [BINDER2001] J. Binder; mündliche Mitteilung (2001) [BRUNAUER38] S. Brunauer, P.H. Emmett, E. Teller; Journal of the American Chemical Society 60 (1938), 2682-2687 [BUCHKOV59] Y.F. Buchkov, A.N. Rosanov, V.B. Yakoleva; Atom. Ener. 7 (1959), 531-536 [CARTER61] R.E. Carter ; Journal of Chemical Physics 34 (1961), 2010 [CLAUSSEN89] N. 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Hasselmann; Science of Sintering 28 (1996), 165-173 A6 ANHANG B B Verwendete Abkürzungen und Symbole Abkürzungen AES Auger-Elektronen-Spektroskopie DTA Differential-Thermoanalyse Erf steht für die sogenannte Fehlerfunktion (error function) EDX Energiedispersive Röntgenanalyse HIP Heißisostatische Presse IR Infrarot LM Lichtmikroskopie MP Mahlen in der Planetenmühle SG Sprühgranulat PMSS Polymethylsilsesquioxan PZT Blei-Zirkonat-Titanat RBAO reaction bonding aluminium oxide REM Rasterelektronenmikroskopie TA Thermischen Analyse TG Thermogravimetrie XRD Röntgendiffraktometrie Symbole a² Eindruckfläche [µm 2] ai Maßhaltigkeit B y-Achsenabschnitt c Konzentration D Diffusiosnkoeffizient [cm²/sec] EA Aktivierungsenergie [J/mol] F Kraft [N] HV Vickers-Härte [GPa] ji Stromdichte [Atome/cm2sec] L0 Ausgangslänge [µm] ∆L Längenänderung [µm] m ~ m Steigung ~ ∆m i relative Massenänderung der Komponente i [−] Mi Molmasse der Komponente i [g/mol] r Radius [µm] R Gaskonstante [8,314 J/mol K] i relativer Massenanteil der Komponente i [−] A7 ANHANG B t Zeit [min] T Temperatur [K] ~ ∆V relative Volumenänderung des Formkörpers [−] x Tiefe bzw. Weg bzw. Oxidschichtdicke [µm] α keramischen Ausbeute ε Schrumpfung ρ Dichte [g/cm³] ~ ρ relative Dichte [% TD] A8 ANHANG C C Herleitung einiger verwendeter Gleichungen Herleitung zur Berechnung der Oxiddicke Die Oxidschichtdicke x [µm] ändert sich mit der Oxidationszeit. Wird angenommen, dass sich der Radius des Gesamtpartikels während der Oxidation nicht verändert und als Anfangskorngröße r0 der halbe d50-Wert des eingesetzten ZrSi2-Pulvers angenommen, berechnet sich demnach die Oxidschichtdicke x(t) folgendermaßen: x(t) = r0 – r(t) C-1 Zur Berechnung des Radius des verbleibenden reaktionsfähigen Feststoffkerns r(t) wird die ~ , die über thermogravimetrische Messungen ermittelt wurde, relative Massenänderung ∆m herangezogen. Gegeben sind die Einwaage m [g], die Dichte ρ [g/cm³], der d50-Wert der Kornverteilung und somit r(t=0) [µm], der Radius der ZrSi2-Partikel zur Zeit t=0 sowie die Massenänderung ∆m(t) zur Zeit t. Die verwendeten Variabeln werden wie folgt definiert: r (t ) : Radius des verbleibenden Feststoffkerns [µm] VK (t ) : Volumen eines verbleibenden ZrSi2-Partikel [µm³] nK : Anzahl der ZrSi2-Partikel [−] VZrSi2 (t ) : Volumen aller verbleibenden ZrSi2-Partikel [cm³] mZrSi2 ( t ) : Masse aller verbleibenden ZrSi2-Partikel [mg] Mi : Molmasse der Komponenten i [g/mol] Das Volumen VP des kugelförmigen Feststoffteilchens ergibt sich aus: VP = 4 π ⋅ rP3 3 C-2 Der Radius r (t ) des reaktionsfähigen Feststoffkerns zur Zeit t berechnet sich über: r (t) = 3 3 ⋅ Vk ( t) 4⋅ π C-3 wobei das Volumen eines einzelnen ZrSi2-Partikels VK(t) abhängig ist vom Gesamtvolumen und der Anzahl der Kugeln nK im Granulat. A9 ANHANG C VK (t ) = VZrSi2 (t ) nK ⋅ 1012 C-4 Die Kugelanzahl nK errechnet sich aus dem Anfangsvolumen aller ZrSi2-Partikel VZrSi2 ( t= 0 ) geteilt durch das Volumen einer Kugel VK(t=0) zur Zeit t=0 nK = VZrSi2 ( t = 0) VK ( t = 0) ⋅ 1012 C-5 Das Gesamtvolumen VZrSi 2 ( t ) an reaktionsfähigem Feststoff ändert sich im Laufe der Zeit und ist abhängig von der Masse m ZrSi 2 ( t ) der ZrSi2-Partikel sowie deren Dichte ρ ZrSi2 VZrSi2 (t ) = m ZrSi 2 ( t) C-6 ρ ZrSi2 Und die aktuelle Masse aller Partikel berechnet sich über die Masseänderung ∆m, die mittels TG-Messungen ermittelt wurde. ∆m ⋅ M ZrSi2 m ZrSi2 (t ) = m1 − 2 ⋅ MSiO + M ZrO − MZrSi 2 2 2 C-7 Unter der Annahme, dass die Reaktion wie folgt abläuft: ZrSi2 + 3O 2 à ZrO2 + 2SiO 2, ergibt sich für den Radius r(t) zur Zeit t der von der Einwaage unabhängige Term: ∆m ⋅ M ZrSi2 r( t) = r( t = 0 ) ⋅ 3 1 − 2 ⋅ MSiO + M ZrO − M ZrSi 2 2 2 C-8 C-9 Setzt man Gleichung C-8 in C-1 ein so ergibt sich für x(t) ∆m ⋅ M ZrSi2 x( t) = r(t = 0) ⋅ 1 − 3 1 − 2 ⋅ MSiO + M ZrO − M ZrSi 2 2 2 A 10 ANHANG C Herleitung linearer Sinterschrumpf Der Sinterschrumpf ist definiert als: L − LE S= A , d.h. LA L S = 1− E LA C-10 dabei sind LE bzw. LA: LE = 3 V + ∆V bzw. L A = 3 V C-11 ~ Die Volumenänderung ∆V und die relative Volumenänderung ∆V sind definiert über: ~ ∆V = ∆V ⋅ V ~ ∆V = (1 + und ~ ~ ~ ρgrün Vi∆Vi ) ~ −1 ρSinter i ∑ C-12 Setz man C-11 und C12 diese in C-10 ein, ergeben sich folgende Zusammenhänge: S = 1− S 3V = 1− 3 3 + ∆V ⇒ S = 1− 3 V ~ V + ∆V ⋅ V V ⇒ V + ∆V V ~ S = 1 − 3 1 + ∆V C-13 C-14 und nach weiterem Einsetzen und Umformen folgt: ~ ~ ~ ρgrün S = 1− 3 1+ Vi ∆Vi ~ ρS int er i ∑ C-15 A 11 ANHANG D D Modellierung der Oxidation von ZrSi2 In diesem Kapitel werden die Ergebnisse aller für die Ermittlung der Diffusionskoeffizienten verwendeten Kurven im Einzelnen dargestellt. Es werden die AES-Tiefenprofile und die daran angelegten Regressionsgeraden gezeigt sowie die daraus resultierenden Ergebnisse in Tabellen dargestellt. Die Modellierung mit diesen Zahlenwerten findet sich bereits in 8.2.1. Des Weiteren wird gezeigt, dass die große Abweichung der DI -Werte bei den 800°C-Kurven nur geringen Einfluss auf die Berechnung der Aktivierungsenergie hat. Ebenfalls werden die x gegen t bzw. x² gegen t -Diagramme dargestellt, die zur Modellierung der Oxidationsreaktion an Pulvern herangezogen worden sind. Es werden die Regressionsgeraden auf die jeweils betrachteten Kurvenbereiche gelegt und die Geradengleichungen aufgetragen. Aus der Steigung dieser Geraden wurden die in 8.2.2 verwendeten k-Werte abgelesen. Modellierung von Sauerstofftiefenprofilen an bei 600°C getemperten ZrSi2-Proben 70 y = -0,0044x + 67,164 60 Konz. in at% 50 Exp C1 C2 Linear (C1) Linear (C2) 40 30 y = -8,8233x + 131,92 20 10 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 Tiefe in nm Abb. D-1: Regressionsgeraden an Tiefenprofil der 600°C, 20 Minuten Probe A 12 ANHANG D 70 y = -0,0957x + 60,715 60 Konz. in at% 50 Exp C1 C2 Linear (C1) Linear (C2) 40 30 y = -1,721x + 112,084 20 10 0 0 20 40 60 80 100 120 Tiefe in nm Abb. D-2: Regressionsgeraden an Tiefenprofil der 600°C, 360 Minuten Probe Tab. D-1: Daten für die Modellierung und berechnete D-Werte 600°C und 20 min 600°C und 360 min Parameter Parameter t [sec] 1200 t [sec] 21600 m I [at.%/nm] -0,004 m I [at.%/nm] -0,096 m II [at.%/nm] -8,823 m II [at.%/nm] -1,721 B [at.%] 131,920 B [at.%] 112,084 c a [at.%] 66,0 c a [at.%] 66,0 xk [nm] 7,487 xk [nm] 28,325 c k [at.%] 59,70 c k [at.%] 59,70 Diff-Koeffizienten: 2 DII [nm /sec] 2 DI [nm /sec] Diff-Koeffizienten: 0,015 0,141 DII [nm 2/sec] 2 DI [nm /sec] 0,020 0,146 A 13 ANHANG D Modellierung von Sauerstofftiefenprofilen an bei 700°C getemperten ZrSi2-Proben 70 y = -0,1953x + 66,276 60 O2-Gehalt in at % 50 Exp C1 C2 Linear (C1) Linear (C2) 40 y = -2,1832x + 136,96 30 20 10 0 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 Tiefe in nm Abb. D-3: Regressionsgeraden an Tiefenprofil der 700°C, 20 Minuten Probe 70 60 y = -0,0189x + 66,208 O2-Gehalt in at% 50 Exp C1 C2 Linear (C2) Linear (C1) 40 30 y = -0,6666x + 292,44 20 10 0 0 100 200 300 400 500 600 Tiefe in nm Abb. D-4: Regressionsgeraden an Tiefenprofil der 700°C, 360 Minuten Probe A 14 ANHANG D Tab. D-2: Daten für die Modellierung und berechnete D-Werte 700°C und 20 min 700°C und 360 min t [sec] 1200 t [sec] 21600 m I [at.%/nm] -0,195 m I [at.%/nm] -0,019 m II [at.%/nm] -2,183 m II [at.%/nm] -0,667 B [at.%] 136,960 B [at.%] 292,440 c a [at.%] 66,0 c a [at.%] 66,0 xk [nm] 35,696 xk [nm] c k [at.%] 59,70 c k [at.%] Diff-Koeffizienten: 349,391 59,70 Diff-Koeffizienten: DII [nm 2/sec] 0,194 DII [nm 2/sec] 0,117 DI [nm 2/sec] 2,426 DI [nm 2/sec] 4,345 Modellierung von Sauerstofftiefenprofilen an bei 800°C getemperten ZrSi2-Proben 70 y = -0,0115x + 57,262 60 O 2-Gehalt in at% 50 40 Exp C1 C2 Linear (C1) Linear (C2) 30 y = -0,2866x + 249,35 20 10 0 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 Tiefe in nm Abb. D-5: Regressionsgeraden an Tiefenprofil der 800°C, 20 Minuten Probe A 15 ANHANG D 70 y = -0,0025x + 58,563 60 O2-Gehalt in at% 50 Exp C1 C2 Linear (C1) Linear (C2) 40 y = -0,1804x + 303,58 30 20 10 0 0 500 1000 1500 2000 2500 Tiefe in nm Abb. D-6: Regressionsgeraden an Tiefenprofil der 800°C, 60 Minuten Probe 70 60 y = -0,001x + 49,643 O2-Gehalt in at% 50 Exp C1 C2 Linear (C1) Linear (C2) 40 y = -0,083x + 552,94 30 20 10 0 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 Tiefe in nm Abb. D-7: Regressionsgeraden an Tiefenprofil der 800°C, 360 Minuten Probe A 16 ANHANG D Tab. D-3: Daten für die Modellierung und berechnete D-Werte 800°C und 20 min 800°C und 60 min 800°C und 360 min Parameter Parameter Parameter t [sec] 1200 t [sec] 3600 t [sec] 21600 m I [at.%/nm] -0,012 m I [at.%/nm] -0,003 m I [at.%/nm] -0,001 m II [at.%/nm] -0,287 m II [at.%/nm] -0,180 m II [at.%/nm] -0,083 B [at.%] 249,35 B [at.%] 303,580 B [at.%] 552,940 c a [at.%] 66,0 c a [at.%] 66,0 c a [at.%] 66,0 xk [nm] 666,91 xk [nm] 1397,341 c k [at.%] 59,70 c k [at.%] 59,70 Diff-Koeffizienten: Diff-Koeffizienten: 2 2 DII [nm /sec] 9,329 2 DI [nm /sec] DII [nm /sec] 2 879,903 xk [nm] DI [nm /sec] 5994,756 c k [at.%] 59,70 Diff-Koeffizienten: DII [nm 2/sec] 9,592 2 987,563 DI [nm /sec] 6,550 2157,140 Auswirkungen der unterschiedlichen DI -Werte auf den berechneten Wert der Aktivierungsenergie Die für 800°C berechneten Diffusionskoeffizienten stimmen nur bedingt überein. Die Anpassungsgüte des Modells an die Messdaten ist jedoch gut, so dass in Kapitel 8.2.1 mit diesen Werten die Aktivierungsenergien berechnet wurden. In Abbildung D-8 sind die unterschiedlichen DI -Werte der jeweiligen Zeiten dargestellt. Da bei 600°C nur zwei Messpunkte existieren, wird hier keine Trendlinie aufgetragen. Ebenfalls aufgetragen sind die Trendlinien und deren Geradengleichungen. Dort ist zu sehen, dass sich die Steigungen und die yAchsenabschnitte, und somit auch die daraus resultierenden Aktivierungsenergien, kaum unterscheiden. 4,5 20 min: y = -17,501x + 18,925 360 min: y = -19,2x + 20,914 3,5 145 kJ/mol 159 kJ/mol log D I 2,5 log DI_20min log DI_60min log DI_360min Linear (log DI_20min) Linear (log DI_360min) 1,5 0,5 -0,5 -1,5 0,9 Abb. D-8: 0,95 1 1,05 1,1 1/T * 1000[K] 1,15 1,2 Darstellung der bei unterschiedlichen Temperzeiten berechneten DI -Werte A 17 ANHANG D Im Folgenden werden die in 8.2.2 beschriebenen Regressionsgeraden im Kurvenverlauf der Oxiddickenänderung über die Zeit vorgestellt werden. 0,007 650°C 0,006 700°C Oxiddicke² in µm² 0,005 0,004 600°C y = 0,000060x + 0,000345 2 R = 0,928512 650°C y = 0,000096x + 0,005149 2 R = 0,993757 y = 0,000290x + 0,002026 2 R = 0,995090 700°C 0,003 0,002 0,001 600°C 0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Zeit in min Abb. D-9: Parabolische Auftragung der Oxiddicke gegen die Zeit für Temperaturen von 600 bis 700°C und Oxidationszeiten bis 15 Minuten Oxiddicke in µm 0,4 800°C y = 0,017907x + 0,030693 2 R = 0,999944 0,35 850°C y = 0,018828x + 0,050846 2 R = 0,999953 0,3 900°C y = 0,018075x + 0,035324 2 R = 0,999975 1000°C 1100°C 850°C 900°C 800°C 0,25 950°C 0,2 950°C y = 0,014568x + 0,032508 2 R = 0,999385 0,15 1000°C y = 0,023530x + 0,060119 2 R = 0,999858 0,1 1100°C y = 0,019294x + 0,049826 2 R = 0,999712 0,05 0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 Zeit in min Abb. D-10: Lineare Auftragung der Oxiddicke gegen die Zeit für Temperaturen von 800 bis 1100°C und Oxidationszeiten bis 15 Minuten A 18 ANHANG D 0,45 600°C y = 0,000064x + 0,043193 2 R = 0,987236 0,40 650°C y = 0,000154x + 0,094325 2 R = 0,995168 0,35 700°C Oxiddicke in µm 0,30 700°C y = 0,000386x + 0,124752 2 R = 0,989969 0,25 650°C 0,20 0,15 600°C 0,10 0,05 0,00 0 100 200 300 400 500 600 700 800 Zeit in min Abb. D-11: Lineare Auftragung der Oxiddicke gegen die Zeit für Temperaturen von 600 bis 700°C und Oxidationszeiten ab 100 Minuten 0,6 800°C y = 0,000042x + 0,432655 2 R = 0,989986 850°C y = 0,000061x + 0,396516 2 R = 0,944292 900°C y = 0,000081x + 0,382679 2 R = 0,985693 0,55 1100°C 0,5 Oxiddicke in µm 1000°C 800°C 0,45 850°C 950°C y = 0,000096x + 0,375123 2 R = 0,996756 1000°C y = 0,000119x + 0,409661 2 R = 0,980884 0,4 900°C 950°C 0,35 1100°C y = 0,000238x + 0,415534 2 R = 0,989842 0,3 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 Zeit in min Abb. D-12: Lineare Auftragung der Oxiddicke gegen die Zeit für Temperaturen von 800 bis 1100°C und Oxidationszeiten ab 100 Minuten A 19 ANHANG E E Sonstiges Tab. E-1: Sprühparameter für 100g Pulver auf 500g Ethanol. Zuvor wird 1,5min bei 10000U/min und anschließenden 1,5min bei 80000U/min mit dem Ultra-Turrax dispergiert TEingang, SOLL: 142 °C TEingang, IST: 142 °C TAusgang, SOLL: 110 °C TAusgang, IST: 91 °C Gasfluss: 18 m³/hN2 Prozessgas Fliess: 30 mm WS Prozessgas Druck: 0 mm WS Gas Zerstäuberrad: 3,5 bar Zerstäuberrad-Druck: 1,5 bar Pumpe-Speed: 8 80 70 Volumenanteil in % 60 50 Anlieferungszustand 4h Attritor 10h Attritor 40 30 20 10 0 0,01 0,1 1 10 100 1000 Korngröße in µm Abb. E-1: Korngrößenverteilung unterschiedlich lang im Attritor gemahlener ZrSi2-Pulver A 20 ANHANG E Theoretische Volumenänderung bei der Phasenbildung von ZrSiO4 Bei der Phasenbildung von ZrSiO 4 aus ZrO2 und SiO 2 wird jeweils ein Mol ZrO2 und ein Mol SiO 2 eingesetzt: ZrO2 + SiO 2 à ZrSiO 4 Aus den bekannten Dichten und Molmassen lässt sich die theoretische Volumenänderung ~ ∆V der Phasenbildungsreaktion berechnen: ~ ∆V = VZrSiO4 ( VZrO 2 + VSiO2 ) −1 Tab. E-2: Stoffkonstanten der verwendeten Edukte Molmasse [g/mol] Dichte [g/cm³] Volumen pro Mol [cm³] SiO 2 60,1 2,51 23,94 ZrO2 123,0 5,95 20,67 ZrSiO 4 183,3 4,7 38,94 A 21